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Was haben Luigi Schifferle und Don Mario gemeinsam? Und was Alfredo Rispano und Winnie W.? Vier Personen von denen zwei mehr Gemeinsamkeiten besitzen, als es den Anschein vermuten lässt. Und auch sonst ist wieder jede Menge los am Gardasee und ganz besonders in der Residence Villa Rosa, wo sich mal wieder jede Menge skurrile Persönlichkeiten die Klinke in die Hand geben. Commissario Stefano Botatzi versucht derweil den Attentäter von Luigi Schifferle zu finden und verzichtet dabei beinahe auf seine sichere Pension als Polizist.
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Seitenzahl: 223
Veröffentlichungsjahr: 2025
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Paolo Botti, ist das italienische Pseudonym von Sven Bottling. 1977 in Deutschland geboren und aufgewachsen, verbrachte er in seiner Jugend auch wenige Wochen im Schweizer Kanton Graubünden. Er hat Familie in Deutschland, der Schweiz und in Amerika. Botti ist verheiratet und hat eine Tochter. In den Jahren 2014 – 2021 hatte er bereits bei mehreren Buchprojekten mitgewirkt. „Ah Che Bello“ ist nach den bereits erschienenen Büchern „Vinceremo“, „Io ci credo“, „Speranza“ und „Andrà Tutto Bene“ sein mittlerweile fünfter Roman.
Was haben Luigi Schifferle und Don Mario gemeinsam? Und was Alfredo Rispano und Winnie W.? Vier Personen von denen zwei mehr Gemeinsamkeiten besitzen, als es den Anschein vermuten lässt.
Und auch sonst ist wieder jede Menge los am Gardasee und ganz besonders in der Residence Villa Rosa, wo sich mal wieder jede Menge skurrile Persönlichkeiten die Klinke in die Hand geben.
Commissario Stefano Botatzi versucht derweil den Attentäter von Luigi Schifferle zu finden und verzichtet dabei beinahe auf seine sichere Pension als Polizist.
Einer geht noch, ein weiterer, bisschen von allem „Roman“
per Mama
Mit Cuore, Speranza und Amore werden wir uns wiedersehen.
-Ingolf Keil-
Kapitel 1
Kapitel 2
Kapitel 3
Kapitel 4
Kapitel 5
Kapitel 6
Kapitel 7
Kapitel 8
Kapitel 9
Kapitel 10
Kapitel 11
Kapitel 12
Kapitel 13
Kapitel 14
Kapitel 15
Kapitel 16
Kapitel 17
Kapitel 18
Kapitel 19
Kapitel 20
Kapitel 21
Kapitel 22
Kapitel 23
Kapitel 24
Kapitel 25
Kapitel 26
Kapitel 27
Kapitel 28
Kapitel 29
Kapitel 30
Kapitel 31
Kapitel 32
Kapitel 33
Kapitel 34
Kapitel 35
Kapitel 36
Kapitel 37
Kapitel 38
Kapitel 39
Kapitel 40
Kapitel 41
Kapitel 42
Kapitel 43
Kapitel 44
Kapitel 45
Kapitel 46
Kapitel 47
Kapitel 48
Kapitel 49
Kapitel 50
Kapitel 51
Kapitel 52
Kapitel 53
Kapitel 54
Kapitel 55
Kapitel 56
Kapitel 57 - Epilog
Luigi Schifferle lag auf einer Pritsche in der Notaufnahme der Azienda Ospedaliera Universitaria Integrata Verona. Mehrere Ärzte und Krankenschwestern liefen hektisch durch die weißen sterilen Räume. Gerade erst hatten sie ihn zum wiederholten Male wiederbelebt.
Nach der Schussverletzung und dem offensichtlichen Anschlag auf Luigi Schifferle vor seiner Wohnung hatte sich Panik breitgemacht. Eine Vielzahl der Gäste waren unmittelbar nach den Schüssen geflüchtet. Botatzi hatte direkt die Ambulanza verständigt, die neben einem Krankenwagen auch den Rettungshubschrauber losgeschickt hatten. Beide kamen etwa zeitgleich in Tignale an, wobei der Hubschrauber Mühe hatte einen Landeplatz zu finden. Er ging etwas außerhalb, auf einem Parkplatz, runter.
Bereits auf dem Weg zum Krankenhaus hatte man Luigi zweimal wiederbelebt. Eine der Kugeln, die ihn traf, trat von vorne im Brustkorb ein und durchschlug seine Lunge. Dabei verfehlte sie nur knapp das Herz. Das Projektil trat am Rücken wieder aus und schlug in die dahinterliegende Wand ein. Eine Arterie, die ebenfalls getroffen wurde, sorgte dafür, dass Luigi innerhalb weniger Minuten sehr viel Blut verlor. Botatzi und di Gallo hatten direkt erste Hilfe geleistet und drückten Tücher auf die stark blutende Wunde.
Luigi war da bereits seit knapp zwei Minuten nicht mehr bei Bewusstsein, atmete aber noch selbstständig. Birgit stand abseits. Sie hatte das Ganze mit Schrecken beobachtet und war einer Ohnmacht nahe. Bis auf ganz wenige Gäste hatten alle den Tatort verlassen. Birgit hielt sich an einem der Tische fest. Ihre Knie zitterten. Eine ältere Frau griff sie unter den Armen und zog sie zur Seite. Birgit wehrte sich, doch die Frau zog sie unaufhaltsam weiter. Dann versagten die Beine von Birgit vollends und sie klappte endgültig zusammen.
Schemenhaft nahm sie jetzt ihr Umfeld wahr. Kaltes Wasser holte sie zurück. Die ältere Frau hatte ihr ein Glas Wasser ins Gesicht geschüttet und ihr mehrere leichte Schläge auf die Wange verpasst.
Aus den Augenwinkeln sah sie die herannahenden Sanitäter. Sie eilten direkt zum leblosen Körper von Luigi. Wieder verlor Birgit das Bewusstsein, wurde aber direkt von der älteren Frau zurückgeholt.
Luigi hatte man auf die Trage gehoben. Der Defibrillator ließ den Körper von Schifferle zucken. Der Notarzt kniete neben ihm.
Die Trage wurde aufgebockt und man schob Luigi vom Grundstück in den Rettungswagen. Aus der Ferne war der Rettungshubschrauber zu hören. Der Wagen fuhr mit Sirene davon.
Dann war es still. Botatzi und di Gallo standen erschöpft auf der Wiese, an dem vor wenigen Sekunden noch Schifferle lag.
Ein Sanitäter kam zu Birgit. Sie atmete ruhig. Starr blickte sie ins Leere. Zusammen mit der älteren Frau brachten sie sie ins Haus. Dort legte sie sich im Wohnzimmer auf das Sofa. Der Sanitäter gab ihr eine Spritze. Botatzi und di Gallo kamen ebenfalls ins Haus und standen im Türrahmen.
Kurz darauf verließ der Sanitäter die Wohnung. Zurück blieben Birgit und die ältere Frau. Botatzi und di Gallo, die beide blutverschmiert waren, standen ebenfalls noch im Wohnzimmer. Birgit schlief ein.
„Gehen sie ruhig Commissario!“
Die Frau hielt die Hand von Birgit.
„Ich bleibe hier.“
Botatzi nickte nur und verließ den Raum.
„Finden Sie den Schweinekerl und erledigen Sie ihn!“
Di Gallo und Botatzi blieben in der Tür stehen und schauten nochmal zu Birgit und der älteren Frau. Dann verließen beide wortlos die Wohnung.
Knapp hundert Kilometer weiter, in der Uniklinik Verona, hatte man Luigi bereits in einen der Operationssäle geschoben.
In einer mehr als zwölfstündigen Operation hatten die Ärzte es geschafft, die Blutung vorerst zu stoppen, die beschädigte Arterie abzuklemmen und umzuleiten sowie den Lungenflügel durch ein Luftkissen zu stabilisieren. Zwei Mal mussten sie ihn während der Operation wiederbeleben. Fast ein Dutzend Blutkonserven waren nötig gewesen, den Blutverlust auszugleichen.
Luigi Schifferle wurde nach der Operation in ein künstliches Koma versetzt und auf die Intensivstation verlegt. Die nächsten Stunden und Tage waren kritisch und noch war nicht sicher, ob Schifferle überleben würde.
Birgit wusste, dass es nicht gut um Luigi stand. Sie war in Tignale und lag mittlerweile in ihrem Bett. Die Beruhigungsspritze wirkte noch immer. Sie schlief. Die Nachbarin war noch immer bei ihr. Sie saß in einem Sessel und strickte an einem Paar Socken.
Vor der Klinik standen bereits Vertreter der hiesigen Presse und die Intensivstation wurde bis auf weiteres durch die Polizei bewacht. Botatzi hatte dies nach Rücksprache mit Dottoressa Luca und den Kollegen in Verona veranlasst.
Mehr als 700 Kilometer nördlich war die Stimmung ausgelassen und fröhlich. Silke Kochhan feierte zusammen mit ihrem Mann Uwe und einigen Freunden ihren Geburtstag in ihrem Garten in Buch. Am Mittelfinger der rechten Hand funkelte ein neuer Ring mit einem kleinen Stein. Immer wieder schaute sie ihn an. Ein Lächeln huschte jedes Mal über ihr Gesicht. Verliebt schaute sie zu Uwe.
Dieser stand am Grill. Würstchen und Steaks lagen darauf. Etwas Abseits in einer Feuerschale stand ein kleiner Dutch-Oven. In ihm schmorte Schichtfleisch.
Aus einer kleinen Anlage war Eros Ramazzotti zu hören. Die Stimmung war ausgelassen.
Auf einem Seitentisch standen Salate und allerlei anderer Köstlichkeiten.
Uwe klopfte mit einem Kochlöffel auf eine dünne Metallplatte. Schlagartig war alles still. Nur der Ramazzotti war noch leise zu hören.
„Bevor ihr euch alle auf die Salate und das Fleisch stürzt, welches fertig ist, möchte ich gerne noch etwas sagen.“
Alle schauten ihn an. Silke lächelte.
„Mein Schatz, heute ist dein Geburtstag. Den ersten Teil deines Geschenkes hast du heute Morgen bereits bekommen.“
Silke schaute auf ihren Ring und hielt die Hand hoch.
„Der ist einfach traumhaft schön. Du hast wie immer genau meinen Geschmack getroffen.“
Uwe warf ihr einen Kuss zu.
„Der Ring ist aber nur ein kleiner Teil meines Geschenkes. Wir beide werden in Kürze mit dem Motorrad aufbrechen und zusammen Richtung Süden fahren.“
Silke schaute ihn schelmisch an. Sie grinste und machte große Augen. Die anderen Gäste warteten gespannt.
„Ich dachte, wir zwei könnten mal wieder eine größere Tour machen und deshalb werden wir in einigen Wochen zum Gardasee aufbrechen.“
Silke war für einen Augenblick sprachlos. Aber nur für einen ganz kurzen.
„Du bist verrückt!“
Der Rest applaudierte, während Silke ihrem Uwe einen dicken Kuss gab.
Wenig später saßen alle zusammen an den Tischen und ließen es sich schmecken. Silke schaute ständig in ihr Handy. Sie hatte im Internet bereits den Gardasee eingegeben und schaute sich ein paar Bilder an.
„Wo genau fahren wir dort denn hin?“
„Ich habe ein schönes kleines Hotel gebucht in Torbole. Das liegt im Norden des Sees.“
Silke kaute und schluckte runter.
„Torbole, wie schön. Da habe ich eben schon ein paar Bilder gesehen. Ich freue mich riesig. Wann geht es los, Schatz?“
Der Platz neben Silke war frei. Uwe war aufgestanden und stand am Grill. Er verteilte gerade eine weitere Runde Fleisch und hatte die letzte Frage seiner Frau nicht gehört.
„Was sagtest du Schatz?“
Uwe hatte wieder neben seiner Frau Platz genommen.
„Ich hatte gefragt, wann es los geht?“
„Gebucht ist für Sommer. Ich habe auch schon alles mit deiner Arbeitsstelle geklärt. Dein Urlaub ist genehmigt.“
Silke schaute ihn mit großen Augen an und nickte freudig.
„Ich freu mich Schatz!“
Sie hielt Uwe ihr leeres Glas hin.
„Machst du mir noch einen Aperol Spritz?“
Uwe aß auf und ging dann in die Wohnung. Minuten später kam er mit einem vollen Glas zurück.
„Unser Hotel ist das Piccolo Mondo. Ein schönes Hotel mitten in Torbole.“
Silke nahm das Glas und trank einen großen Schluck.
Sie verdrehte die Augen.
„Du machst einfach den besten Aperol Spritz, mein Schatz. Weißt du das?“
Sie nahm einen weiteren Schluck.
„Ich weiß mein Schatz. Meiner ist der Beste.“
Uwe nahm seine Flasche alkoholfreies Radler und prostete ihr zu.
Gut zwei Stunden später und weiteren drei Aperol Spritz ging es Silke bestens. Lauthals grölte sie die Lieder von Ramazzotti, Celentano, Nannini und Cutugno mit, die seit einer Stunde aus dem kleinen Lautsprecher kamen.
Uwe saß etwas abseits und schaute vergnügt zu seiner Frau. Er unterhielt sich immer wieder angeregt mit seinem Nachbarn. Uschi, eine Freundin von Silke, tanzte und versuchte ebenfalls mitzusingen. Jedoch gelang ihr das nicht sonderlich gut. Daher summte sie meist nur. Auch sie hatte bereits den dritten Aperol Spritz. Allerdings war sie darin nicht sonderlich geübt. Uschi hatte sichtlich Probleme mit dem Gleichgewicht.
„Ui-jui-jui! Das dreht sich aber ganz schön schnell jetzt! Und… Süße, du bist ja plötzlich zweimal da.
Seit wann hast du denn eine Schwester?“
Uschi lallte sichtlich und musste immer wieder kichern.
Silke hörte abrupt auf zu singen. Verwundert schaute sie zu ihrer Freundin.
„Uschi. Liebes. Ich habe doch gar keine Schwester.“
„Doch! Doch! Sie steht direkt neben dir.“
Silke schaute zu Uwe. Der hatte bereits mitbekommen, dass der letzte Spritz von Uschi nicht mehr gut gewesen war.
„Ich bringe dich nach Hause.“
Uwe stand bereits neben Silke und Uschi.
Diese saß jetzt zusammengesackt auf einem Stuhl und nahm noch einen letzten Schluck von ihrem Spritz.
„Der ist echt, echt gut, dieser Spritz! Ein feines Stöffchen! Ich glaube daran könnte ich mich gewöhnen.“
Uschi lallte und war kaum noch zu verstehen. Uwe und Silke schauten sich an. Beide mussten grinsen.
„Uwe bringt dich nach Hause, gell Uschi.“
Silke umarmte ihre Freundin und half ihr auf. Uwe stützte sie und beide gingen langsam zum Auto.
Wenig später verließ er zusammen mit ihr das Grundstück. Silke ging zurück zu dem kleinen Lautsprecher und drehte die Musik wieder auf. Dann nahm sie einen Schluck von ihrem Spritz und grölte wieder lauthals im Rhythmus der Musik.
Birgit hatte die letzten Stunden nur mit starken Medikamenten ertragen. Immer wieder war sie im Garten gewesen. Meist mehr in Trance und unter Tränen. Auf der Wiese, sowie den Gehplatten waren immer noch Blutspuren zu sehen.
Luigi hatte viel Blut verloren. Nur mit Mühe war es den Anwesenden gelungen, die Blutungen zu verlangsamen, bis der Notarzt eintraf. Da war Luigi bereits nicht mehr bei Bewusstsein gewesen. Botatzi hatte ihn dort schon reanimiert. Birgit musste all das mit ansehen.
Der Notarzt entschied sich für einen Transport mit dem Rettungshubschrauber. Schifferle hätte nach der ersten Untersuchung einen normalen Transport nicht bis zum Krankenhaus überlebt.
Ein Taxi hielt vor der Wohnung. Der Motor lief. Der Fahrer trommelte auf seinem Lenkrad. Im Radio lief Guiseppe Verdi, der Gefangenenchor. Etwas unruhig schaute der Fahrer abwechselnd zur Tür und auf die Uhr in der Mittelkonsole. Er hupte! Nichts rührte sich. Wieder betätigte er die Hupe, gleich mehrmals.
Birgit kam langsam hinaus. Mit gesenktem Kopf ging sie zum Wagen und setzte sich wortlos auf die Rückbank. Noch immer lief Verdi im Radio.
„Verona, Uni-Klinik.“
Der Fahrer nickte und fuhr rasant an. Die Reifen quietschten. Birgit wurde für einen kurzen Moment in den Sitz gepresst.
Knapp neunzig Minuten später hielt das Taxi vor der Klinik. Birgit gab dem Fahrer einen hundert Euro Schein und stieg aus. Dann verschwand sie sogleich im Inneren.
Schnell ging sie den Gang entlang zum Lift. Sie stieg ein und fuhr in die dritte Etage. Dort war die Intensivstation.
Der Gang war in kalt-weiß gestrichen. Viele der Zimmer hatten Schiebetüren. In der Mitte des Ganges gab es wie in jeder Station ein Schwesternzimmer. Zu diesem ging sie langsam. Unsicher und ängstlich schaute sie sich bei jedem Schritt um. Jeder ihrer Schritte hallte und Birgit versuchte leise aufzutreten.
Vor dem Schwesternzimmer blieb sie stehen. Es war leer. Leise lief ein altes Radio in der Ecke. Gianna Nanninis „Il maschi“ war zu hören.
„Prego, Signora.“
Birgit zuckte zusammen. Sie drehte sich um. Vor ihr stand eine kleine leicht untersetzte Krankenschwester.
Auf ihrem Schild stand Maria. Sie lächelte Birgit an.
„Scusa. Ich… Ich möchte zu Luigi Schifferle.“
Die Schwester musterte sie.
„Sono parenti del Signore Schifferle?”
“Scusa. Mein Italienisch ist leider noch nicht so gut.“
„Sind Sie… Wie sagt man… ähm gewandt mit Herr Schifferle?“
„Verwandt.“
Birgit verbesserte die Krankenschwester. Schwester Maria schaute sie mit großen Augen an.
„Scusa. No. Ich bin noch nicht mit ihm verwandt. Wir waren… Wir sind…“
Birgit kamen die Tränen.
„Es dürfen leider nur Verwandte ersten Grades auf die Station.“
Schwester Maria schaute Birgit an. Sie weinte. Die Krankenschwester verschwand im Schwesternzimmer und kam kurz darauf mit einem Glas Wasser wieder raus. Zusammen setzten sie sich auf die Stühle, die unweit standen. Birgit nahm einen Schluck. Ihre Hände zitterten. Langsam beruhigte sie sich etwas.
„Also gut, Signora. Ich darf es eigentlich nicht.
Aber… Es ist gerade ruhig. Aber nur fünf Minuten.
Kommen Sie! Sie müssen sich sterile Bekleidung überziehen.“
Birgit lächelte für einen kurzen Augenblick. Dann ging sie mit der Schwester in einen kleinen Nebenraum, wo sie sich umzog.
Als beide wieder aus dem Raum kamen, war es hektisch auf dem Flur. Mehrere Personen in blaugrüner Intensivkleidung liefen über den Gang. Oberhalb eines der Zimmer blinkte eine rote Lampe. Zwei Ärzte kamen aus dem Treppenhaus gestürmt und verschwanden in dem Zimmer. Kurz darauf kamen weitere Ärzte hinzu. Die Tür stand einen Spaltweit offen. Birgit konnte hineinschauen. Ärzte und Pflegepersonal standen um das Bett herum. Birgit konnte ein Summen hören. Dann Piepsen gefolgt von einem dumpfen Geräusch. Einige der Personen traten zur Seite. Birgit hatte jetzt freien Blick auf das Intensivbett. In diesem lag… Luigi!
Sie erschrak. Ihre Beine wurden weich und sie hatte Probleme, sich auf ihrem Stuhl zu halten. Das Wasserglas glitt ihr aus der Hand. Es fiel zu Boden und zersplitterte mit einem lauten Knall.
Schwester Maria konnte sie gerade noch so stützen. Birgit blickte wieder in das Zimmer. Die Tür stand noch immer offen. Auf den vielen Monitoren waren gerade sehr viele horizontale Striche. Ärzte und Pflegepersonal versuchten hektisch das eintönige Piepsen wieder in ein sonores Ping zu bekommen. Mehrmals hob sich der Brustkorb von Luigi ruckartig, als der Defibrillator versuchte mit gezielten Stromstößen sein Herz wieder zum Schlagen zu bekommen. Endlos lange Sekunden vergingen, dann war wieder dieses Ping zu hören und die Monitore zeigten wieder seismographische Bewegungen. Luigi war wieder da. Sein Herz schlug wieder.
Die Tür wurde geschlossen. Birgit und Maria saßen steif auf ihren Stühlen und schauten sich entsetzt an. Tränen liefen über Birgits Wangen. Schwester Maria stand auf und ging ins Schwesternzimmer. Kurz darauf stand eine junge Ärztin bei Birgit und fühlte ihren Puls.
„Ich gebe Ihnen eine Beruhigungsspritze und dann wird man Sie für eine Nacht hier zur Beobachtung behalten.“
Birgit wollte abwinken, war aber zu schwach dazu.
Einige Wochen waren seit den jüngsten Vorfällen in der Residence Villa Rosa vergangen. Der Tote Deutsche und auch die Sache mit den Chinesen in der entfernten Nachbarschaft in der Residence Doria waren schon fast wieder vergessen. Niemand sprach mehr darüber und auch die Gäste fragten Paolo diesbezüglich nur sehr selten.
Das war ihm auch mehr als recht. Zu oft war die Villa Rosa in den letzten Monaten in den Schlagzeilen gewesen. Und es waren oft nicht unbedingt positive.
Paolo liebte es ja medial immer dabei zu sein, aber das, was in den letzten Monaten immer wieder geschehen war, hatte nichts mit dem zu tun, was er gerne über das Internet preisgeben wollte.
Paolo war eigentlich immer positiv. Seine Beiträge im Internet immer positiv. Jedoch seit den Toten in der Residence Villa Rosa wurde es nicht ruhig. Erst dieser Waldemar Meier und dann der Deutsche und seine Schwiegermutter.
Viele Gäste hatten in den letzten Wochen mal wieder storniert. Einige wegen des Wetters. Es hatte des Öfteren geregnet und das war in den Augen einiger Gäste ein Grund, den Urlaub zwei Tage vor Beginn einfach mal zu stornieren. Dann waren da noch die Gäste, die stornierten, weil die Todesrate höher war als bei Aktenzeichen XY. Sie fühlten sich nicht sicher und würden erst wieder kommen, wenn die Villa Rosa einen Sicherheitsdienst einstellen würde.
Paolo stand hinter der Theke des Kyosk One. Vor ihm stand ein Schnapsglas. Es war beschlagen. Rechts daneben stand die Flasche Jägermeister. Das Getränk stand nicht auf der Karte. Die Flasche auch nur heimlich auf dem Tresen. Schließlich sollte niemand mitbekommen, dass er sich mal ein Gläschen gönnte.
„Merda. Wieder Stornierungen wegen der Sicherheit und dem Wetter! Hier war es immer sicher, meistens“
Er nahm einen Schluck, griff nach der Flasche und stellte sie in die untere Schublade der Kühlung hinter die Limonadenflaschen. Gerade noch rechtzeitig. Rosa und Valeria kamen den Pool entlang.
„Paolo, subito! Gino è caduto!”
Rosa war aufgeregt. Paolo kam hinter dem Tresen vor und lief auf die beiden Frauen zu. Ein Krankenwagen bog auf das Gelände. Nur mit Blaulicht, fuhr er um das Gebäude herum und blieb am oberen Eingang stehen. Paolo stand kurz darauf etwas außer Atem vor dem Fahrzeug. Die Sanitäter hatten bereits das Fahrzeug verlassen und liefen ins Gebäude. Paolo lief hinterher. Gino lag im Wohnzimmer auf dem Boden.
Schmerzverzerrt versuchte er immer wieder hochzukommen. Die Sanitäter beruhigten ihn. Der Notarzt war nun ebenfalls da. Minuten später hatten sie Gino vorsichtig auf eine Trage gehoben und ihn kurz darauf im Krankenwagen fixiert.
„Signore Bertamè, Verdacht auf eine Beckenfraktur.
Wir nehmen ihn mit, um weitere Untersuchungen zu machen.“
„Si Dottore. Grazie. Wo bringen Sie ihn hin?“
„Verona, Uniklinik.“
„Si si, grazie.“
Dann waren sie auch wieder weg. Zusammen mit Gino und Rosa, die im Krankenwagen mitfuhr.
Paolo ging wieder nach draußen. Gerade parkte ein Kleinwagen auf einem der vorderen Plätze. Drei Personen stiegen aus. Paolo ging nach vorne. Als er näher kam, erkannte er Mandy, Mandy Böll. Für einen kurzen Augenblick verdrehte er die Augen. Vor seinem inneren Auge hatte er direkt wieder die Bilder hinter dem Kyosk One. Er musste unweigerlich auch schmunzeln.
„Ciao, Mandy. Schön, dich wieder hier zu haben.“
Paolo begrüßte sie. Dann blickte er die beiden anderen an.
„Kevin-Enrico…?“
„Nein, das ist Hasan Tügülci. Kevin-Enrico ist… Er ist… Das ist mein neuer Freund!“
„Ah, si, ich verstehe.“
„Servus Bro, geile Location hier. Hast du auch einen Gebetsraum?“
Paolo blickte den Mann etwas entsetzt an. Er war sprachlos. Hasan schien das zu merken. Er grinste und zuckte mit den Händen.
„Grazie. Aber wir haben keinen Gebetsraum. Warum willst du das wissen?“
„Das ist so ein religiöses Ding Bro. Wenn du verstehst, was ich meine.“
Paolo verstand nicht so recht. Auch war er etwas irritiert mit der Wortwahl des Mannes. Bro hatte ihn bisher noch keiner seiner Gäste genannt.
Dann schaute Paolo fragend die dritte Person an.
„Das ist meine Mutter, Jaqueline Böll-Pütz.“
„Sie ist nicht angemeldet! Du hast nur eine Wohnung für zwei Personen reserviert. Erinnere mich, wenn ich falsch liege.“
Mandy schaute etwas nervös zu Boden.
„Ich habe vergessen, Bescheid zu geben. Es war eine spontane Entscheidung.“
Paolo nickte und begrüßte auch sie. Dann hielt er fordernd die Hand hin.
„Die Ausweise bitte. Ich schau, was ich kann tun. Es sollte moglich sein. Aber bitte, bitte wenn ihr kommt nochmal, vorher Bescheid sagen.“
Alle drei nickten.
„Ihr könnt rüber zum Kyosk One gehen. Ich bringe euch die Schlüssel gleich.“
Mandy, Jaqueline und Hasan gingen hinüber und nahmen Platz. Barbara kam an den Tisch und begrüßte sie.
„Kann ich euch was zu trinken bringen? Ein Bier oder einen Wein? Oder vielleicht einen Kaffee oder Cappuccino? Wasser, Limo, Cola?“
Hasan blickte sie entsetzt an. Er wollte was sagen, bekam aber von Mandy einen Tritt.
„Hasan nimmt ein Wasser mit Gas, ich hätte gerne eine Cola. Und du Mama?“
Jaqueline überlegte kurz.
„Machst du mir eine kalte Muschi bitte.“
Barbara entglitten alle Gesichtszüge.
„Nu, du kennst keine kalte Muschi? Bei uns im Osten war das damals Kult! Rotwein mit Cola gemischt. Es gab ja nicht so viel bei uns. Einfacher Rotwein mit einer Club-Cola. Das war Luxus damals bei uns.“
Barbaras Gesichtszüge entspannten sich wieder etwas.
Sogar ein kurzes Lächeln kam über ihre Lippen. Sie nickte und verschwand hinter der Theke. Kurz darauf brachte sie die Getränke. Die drei saßen wortlos am Tisch.
„Salute. Lasst euch schmecken.“
Barbara verschwand wieder.
„Ich hatte beim letzten Aufenthalt schon keinen leichten Stand hier.“
Mandy schaute beide mit ernstem Blick an. Jaqueline verdrehte die Augen.
„Nein Mutter. Es wäre schön, wenn wir uns alle wie ganz normale Leute verhalten könnten. Unauffällig und normal. Und du Hasan, bitte lass den Bro weg im Satz. Das ist hier nicht die Klientel dafür. Wir sind hier nicht im Frankfurter Bahnhofsviertel. Und du Mutter, lass bitte deine Osterinnerungen an früher.
Hier will keiner etwas von Erich und deiner guten alten Zeit wissen.“
Damit war alles gesagt. Mandy nahm einen Schluck von ihrer Cola.
„Die kalte Muschi schmeckt widerlich. Falscher Wein und falsche Cola!“
Mandy schaute ihre Mutter böse an. Hasan nippte an seinem Wasser.
„Komisches Wasser. Irgendwie schmeckt es nach nichts!“
Mandy kochte innerlich. Auf was habe ich mich hier bloß eingelassen? Ich hätte es wissen müssen. Na hoffentlich wird es nicht so eine Katastrophe wie beim letzten Aufenthalt hier.
Paolo kam zurück mit den Ausweisen und dem Schlüssel. Er gab sie ihnen und erklärte kurz die Anlage. Da Mandy aber schon einmal hier war, konnte er seine Einweisung kurz und knapp halten. Die drei tranken aus und gingen kurz darauf zur Wohnung.
Der kleine Raum im hinteren Teil des Gdanska in Oberhausen war gut gefüllt. Draußen schüttete es in Strömen. Davon bekamen die Gäste aber nichts mit.
Alle standen dichtgedrängt und blickten zur kleinen Bühne auf der Norman Keil eines seiner Kolossal-Tour Konzerte gab. Mit einer kleinen Verspätung war er vor knapp einer halben Stunde gestartet.
„Freunde, was ist das heiß hier oben auf der Bühne.“
Er wischte sich mit einem kleinen Tuch über das Gesicht.
„Was hier fehlt ist eine Nebelmaschine! Wartet einen Moment, ich habe eine hinter der Bühne.“
Norman stellte seine Gitarre auf den Ständer und verschwand hinter der Bühne. Sekunden später kam er wieder nach vorne. In seiner Hand hielt er eine kleine Vape. Die Anwesenden fingen leise an zu lachen. Norman nahm einen Zug und pustete es in den Raum. Die Menge lachte jetzt laut.
„Wir sollten ein Konzert machen und ihr alle nehmt so eine E-Zigarette. Was haltet ihr davon?“
Norman legte sie ab und griff wieder nach einer von seinen Gitarren. Er stimmte sein Lied „Die Liste“ an.
Ein paar Lieder später war Pause. Der Raum hatte sich aufgeheizt. Viele der Besucher flüchteten für ein paar Minuten nach draußen. Auch Norman ging für einen Augenblick vor das Gdanska.
Die Luft war feucht und kühl. Es nieselte noch leicht. Viele der Besucher kannten sich. Man traf sich schon seit Jahren auf den Konzerten von Norman. Auch Claudia war da. Sie war allerdings im Saal geblieben. So wie auch einige andere. Man unterhielt sich angeregt.
Mit ein wenig Verspätung ging es weiter.
„Freunde. Es ist immer noch so unglaublich heiß hier oben. Barkeeper, könnte ich bitte noch ein Glas Weißwein haben, einen trockenen?“
Dann nahm er seine schwarze Gitarre. Der junge Mann von der Bar brachte ihm den Wein. Norman nahm das Glas entgegen und nahm einen großen Schluck.
„Ahhhhh. Kühlung von Innen.“
Norman stellte das Glas beiseite. Er nahm seine Vape und sorgte wieder für etwas Nebel.
„Mein Papa hatte ein Gedicht geschrieben vom Gardasee und von einem Paolo und fragte mich, kannst du nicht ein Lied daraus machen. Das Lied heißt Ah Che Bello – Lago di Garda. Einige von euch waren ja schon des Öfteren am Gardasee. Für die singe ich jetzt dieses Lied.“
Norman stimmte an und beim Refrain sang der ganze Saal mit. Nach dem Lied wurde es noch einmal ruhig. „Freunde. Es ist immer noch unheimlich warm hier oben.“
Mittlerweile war es ein „Running Gag“ und der kleine Saal lachte.
„Ich habe vor, dieses Lied mit ganz viel Leben zu füllen. Ah Che Bello wird ein Musikvideo bekommen. Ich habe bereits die ersten Bilder im Kasten und schon bald möchte ich dorthin, wo das Lied seinen Anfang hat!“
Claudia sprang auf und jubelte. Sie klatschte und der ganze Saal stimmte mit ein.
Luigi Schifferle lag erneut auf dem Tisch des Operationssaals 3. Um ihn herum standen mehrere Ärzte und OP-Schwestern. Gerade erst hatten sie ihn zum wiederholten Male wiederbeleben müssen. Das wurde leider zur Gewohnheit. Die nötige Operation zog sich dadurch immer weiter in die Länge.
Luigi lag seitlich. Man hatte ihm einen Katheter oberhalb des Schlüsselbeins gelegt.
Die Ärzte hatten seitlich den Oberkörper von Luigi geöffnet. Bei einer weiteren Untersuchung hatte man festgestellt, dass sich Blut angesammelt hatte. Das angesammelte Blut drückte auf die Lunge und war bereits in den Bauchraum geflossen. Es wurde gerade abgesaugt. Dabei versagte der Kreislauf von Luigi und es kam wie bereits erwähnt zu einem wiederholten Herzstillstand.
Die Ärzte schoben den Katheter weiter hinein. Blut und Wundwasser färbte den Schlauch ein und floss in einen Beutel. Dieser füllte sich schnell. Eine Schwester stand bereits mit einem weiteren Beutel bereit.
Commissario Botatzi parkte gerade seinen Wagen auf dem großen Parkplatz der Universitätsklinik. Er war in den letzten Wochen häufig in der Klinik gewesen und hatte sich nach Luigi erkundigt.
Den Täter hatte man noch nicht gefasst. Auch hatte man momentan keine wirklich brauchbaren Spuren,