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Die Organisation ist tot! Es lebe Mafia und Familie! So oder so ähnlich könnte es den Eindruck erwecken am Gardasee. Die Mafia geht neue digitale Wege und findet Unterstützung bei bedürftigen Familien. Mittendrin Botatzi, Schifferle und die Residence Villa Rosa. Und dann ist da noch eine Gruppe Chinesen, die auch gerne etwas von der Torte wollen!
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Seitenzahl: 235
Veröffentlichungsjahr: 2024
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Paolo Botti, ist das Pseudonym von Sven Bottling. 1977 in Deutschland geboren und aufgewachsen, lebte er in seiner Jugend auch wenige Wochen im Schweizer Kanton Graubünden. Paolo Botti hat Familie in Deutschland, der Schweiz und in Amerika. Er ist verheiratet und hat eine Tochter. In den vergangenen Jahren hatte er bereits bei mehreren Buchprojekten mitgewirkt. „Andrà tutto bene“ ist nach „Vinceremo“, „Io ci credo“ und „Speranza“ bereits sein vierter Roman.
Die Organisation ist tot! Es lebe Mafia und Familie! So oder so ähnlich könnte es den Eindruck erwecken am Gardasee. Die Mafia geht neue digitale Wege und findet Unterstützung bei bedürftigen Familien. Mittendrin Botatzi, Schifferle und die Residence Villa Rosa. Und dann ist da noch eine Gruppe Chinesen, die auch gerne etwas von der Torte wollen!
per Leoni
Ich koennte Traenen fuer Freude.
-Paolo Bertamè-
Capitolo uno: Haikou, Hainan Provinz
Capitolo due: Off-Season
Capitolo tre: Kegelclub „Alle Neune”, Königstein im Taunus
Capitolo quattro: Hamburg
Capitolo cinque: Ötztal, Tirol
Capitolo sei: Kegelclub „Alle Neune“, Tirol
Capitolo sette: China
Capitolo otto: Oer-Erkenschwick
Capitolo nove: Ötztal, Tirol
Capitolo dieci: Tirol
Capitolo undici: Oer-Erkenschwick
Capitolo dodici: Tirol
Capitolo tredici: Residence Villa Rosa, Garda
Capitolo quattordici: Tirol
Capitolo quindici: Hunsrück vs. Tignale
Capitolo sedici: Residence Villa Rosa, Garda
Capitolo diciassette: Garda
Capitolo diciotto: Residence Villa Rosa, Garda
Capitolo diciannove: Tignale
Capitolo venti: Residence Villa Rosa, Garda
Capitolo ventuno: Oer-Erkenschwick und Bell im Hunsrück
Capitolo ventidue: Garda
Capitolo ventitré: Tiroler Tageszeitung
Capitolo ventiquattro: Milano
Capitolo venticinque: Fernpass, Tirol
Capitolo ventisei: Malcesine
Capitolo ventisette: Residence Villa Rosa, Garda
Capitolo ventotto: Residence Doria, Garda
Capitolo ventinove: Residence Villa Rosa, Garda
Capitolo trenta: Mailand oder Garda, Hauptsache Gardasee!
Capitolo trentuno: Tignale
Capitolo trentadue: Residence Villa Rosa, Garda
Capitolo trentatré: Milano
Capitolo trentaquattro: Residence Doria, Garda
Capitolo trentacinque: Residence Villa Rosa, Garda
Capitolo trentasei: Questura
Capitolo trentasette: Promenade Garda
Capitolo trentotto: Bardolino
Capitolo trentanove: Garda
Capitolo quaranta: Promenade Garda
Capitolo quarantuno: Residence Villa Rosa, Garda
Capitolo quarantadue: Questura
Capitolo quarantatré: Residence Villa Rosa, Garda
Capitolo quarantaquattro: Milano
Capitolo quarantacinque: Limone sul Garda
Capitolo quarantasei: Questura
Capitolo quarantasette: Garda
Capitolo quarantotto: LArena + Il Giornale di Verona
Capitolo quarantanove: Residence Villa Rosa, Garda
Capitolo cinquanta: Milano
Capitolo cinquantuno: Questura
Capitolo cinquantadue: Malcesine
Capitolo cinquantatré: Residence Villa Rosa, Garda
Capitolo cinquantaquattro: Residence Doria, Garda
Capitolo cinquantacinque: Residence Villa Rosa, Garda
Capitolo cinquantasei: Questura
Capitolo cinquantasette: Pathologie Verona / Salò
Capitolo cinquantotto: Irgendwo an der Gardesana Occidentale
Capitolo cinquantanove: Malcesine
Capitolo sessanta: Residence Doria, Garda
Capitolo sessantuno: Residence Villa Rosa, Garda
Capitolo sessantadue: Labor, Verona
Capitolo sessantatré: Milano
Capitolo sessantaquattro: Gardesana
Capitolo sessantacinque: Tignale
Capitolo sessantasei: Residence Villa Rosa, Garda
Capitolo sessantasette: Questura
Capitolo sessantotto: Garda
Capitolo sessantanove: Ende gut, alles gut?
Erinnern wir uns. So endete Speranza…
Eine scheinbar verlassene Halle am Port von Haikou in der Provinz Hainan.
Am Tor prangte nur das Schild „Shinzu Logistics Limited“. Keine Klingel, kein weiterer Hinweis.
Auch sonst war die Gegend nicht gerade einladend. Überall standen leere Container herum. Unweit der Halle parkten mehrere alte Lastkraftwagen. Einige von Ihnen waren verrostet und sicherlich seit Jahren nicht mehr bewegt worden.
Die Straßen waren heruntergekommen. Überall Schlaglöcher. An den wenigen Gebäuden, die ebenfalls in der Nähe standen, hingen unzählige Kabel und Berge von Müll türmten sich an der Straße.
Im Inneren saßen knapp ein Dutzend Frauen und Männer an Computern und tippten schnell und ohne zu reden Codes und Kombinationen in eine Matrix.
Das Innere der Halle sah wesentlich besser aus. Der Boden ausgelegt mit Teppich. Zumindest dort, wo gearbeitet wurde. Das Licht war gedämpft und es ertönte leise Musik aus Lautsprechern an der Decke. Ein Duft von Jasmin hing in der Luft.
Überwacht wurde die Arbeit von einem Mann, der etwas erhoben saß und mehr als zwanzig Bildschirme zu einer Leinwand verbunden hatte. Auf dieser liefen alle Daten zusammen.
Immer wieder blickte der Mann nach unten. Keiner derer, die unten saßen, blickte zu ihm hinauf. Er ging wieder zurück zu seinem Platz und setzte sich. Vor ihm stand ein Tablet. Darauf war das Gesicht eines älteren Mannes zu sehen, der ihn zu beobachten schien. Beide Männer sprachen nicht miteinander. Es schien so, als würde der Mann auf dem Tablet der Arbeit lediglich beiwohnen.
„Residence Villa Rosa shùjù bù zhèngquè. Tãmen rèngrán xūyào tiáozhêng.”, sagte er von oben herab.
Eine Frau etwas weiter hinten hob kurz den Kopf und nickte.
„Shi de.“
Etwa eine Stunde später waren alle fertig und das gleichmäßige Tippen war verstummt. Der Mann an der Leinwand klatschte in die Hände. Alle blickten zu ihm auf. Für einen kurzen Augenblick regte sich nichts. Dann drückte er mehrere Tasten auf einem Board. Die Matrix auf der Leinwand fing an, sich zu bewegen. Dort, wo vor wenigen Sekunden unter anderem noch Residence Villa Rosa zu lesen war, leuchtete jetzt ein Totenkopf. Der Schriftzug dafür war ausgelöscht.
Ein zaghaftes Klatschen begann, das immer euphorischer und kräftiger wurde. Immer mehr Daten auf der Leinwand verschwanden und wurden durch diese Totenköpfe ersetzt.
Minuten später wechselte der Hintergrund und eine Weltkarte erschien auf der Leinwand. Überall dort, wo wenige Minuten zuvor noch Namen standen, leuchteten jetzt kleine neongelbe Totenköpfte.
Der Mann auf dem Tablet nickte anerkennend und applaudierte.
Am Gardasee war es ruhig geworden. Es waren nur noch wenige Urlauber am See. Die sogenannte Off-Season hatte auch hier Einzug gehalten.
Viele Hotels, Pensionen und Camping-Plätze hatten bereits geschlossen. Erst im kommenden Jahr würden sie wieder eröffnen. Die paar wenigen, die auch außerhalb der Saison die Türen und Tore offen hatten, waren meist nur Hotels in den Hochburgen.
Die Residence Villa Rosa in Garda gehörte zu denen, die in die Off-Season gegangen waren.
Das Tor war verschlossen. Es war ruhig geworden innerhalb der Anlage. Der letzte Gast hatte vor wenigen Tagen die Residence verlassen. Gerade waren alle dabei, die ganzen Apartments winterfest zu machen.
Paolo hingegen schleppte die restlichen Lebensmittel und Getränke, die im Kyosk One standen, in die Räumlichkeiten der alten Bar, die seit gut einem Jahr den Osvaldo Shop beherbergte. Yvonne half ihm dabei, während Valeria und Rosa zwischen den Apartments hin und her liefen und immer wieder Decken, Tücher und Säcke umhertrugen. Unterstützt wurden sie hier, wie auch während der gesamten Saison, von Farfalle, der Reinigungsfirma.
Giacomo war noch immer in Australien und auch Yvonne hatte bereits gepackt und würde in ein paar Tagen für einige Woche nach „Down under“ aufbrechen.
Gino und Achille beobachteten das Treiben gelangweilt vom Pool aus.
„Valeria! Valeria!“, rief Paolo in die Stille quer durch die Anlage.
Achille hob knurrend den Kopf. Gino blickte auf und versuchte sich aus seinem Stuhl zu erheben.
Paolo stand am Bistro und schaute zu den Apartments hinüber. Suchend hielt er Ausschau nach seiner Frau.
„Valeria! Dove sei.“, rief er wieder.
Yvonne kam zu ihm.
„Cosa è successo?“, fragte sie ihn.
Er zuckte zusammen und schaute sie an.
„Passiert ist nix. Ich…“, fing er an und ließ sie einfach so stehen.
Yvonne schüttelte den Kopf und verschwand wieder im Kyosk One.
„Cos’è Paolo!“, ertönte jetzt die Stimme von Valeria.
Paolo schaute sich um und erblickte seine Frau auf dem Balkon von Apartment Nummer 8.
Er winkte und machte sich schnellen Schrittes auf zu ihr. Kurz darauf stand er ebenfalls auf dem Balkon.
Der Ausblick war traumhaft. Blauer Himmel, immer noch knapp zwanzig Grad und klare Sicht bis zum anderen Ufer.
„Die Pension im Ötztal hat soeben geschrieben. Sie haben noch ein Zimmer für uns, allerdings bereits ab übermorgen.“, sagte er zu seiner Frau.
„Mamma mia Paolo. Non abbiamo ancora finito qui.”,
sagte sie und gestikulierte dabei mit ihren Armen wild umher, um es nochmals zu unterstreichen.
„Si, naturalmente. Dann machen wir es fertig, wenn wir zurück sind.“, sagte er und schaute dabei über die Dächer hinunter zum See.
Valeria verdrehte die Augen und verschwand im Inneren des Apartments.
„Abbiamo Tempo…“, fing er an und merkte dann, dass seine Frau gar nicht mehr bei ihm war.
Paolo drehte sich um und schaute durch die Tür ins Innere. Dort war Valeria gerade damit beschäftigt, die Wäsche zu sammeln und in einen Sack zu verstauen.
„Non mi ascolti affatto.“, sagte er und verschwand nun ebenfalls im Inneren.
„Paolo, scusi! Non ora!“, sagte sie noch und verließ die Wohnung samt Sack.
Paolo stand in dem großen Raum und blickte ihr hinterher.
Dann drehte er sich um und ging nochmals auf den Balkon. Verliebt schaute er auf den See, auf seinen See.
Minuten später verließ auch er Apartment Nummer 8 und ging zurück zum Kyosk One, wo Yvonne noch immer damit beschäftigt war, das Bistro winterfest zu machen.
Ein paar Stunden später saßen Paolo und Valeria in ihrem Wohnzimmer. Der Fernseher lief. Paolo testete gerade eines der deutschen Biere, die er geschenkt bekommen hatte.
„Ho promesso.“, sagte Paolo aus dem Nichts.
Valeria blickte auf und schaute ihn fragend an.
„Na mit der Unterkunft im Ötztal.“, sagte er weiter.
Valeria wollte etwas sagen.
„Rosa macht den Rest und was sie nicht schafft, mache ich, wenn wir zurück sind.“, sagte er, ohne auf eine Antwort von Valeria zu warten.
Zwei Tage später saßen beide im Auto auf dem Weg ins Ötztal. Es regnete, seit sie die Grenze am Brenner passiert hatten. Langsam lenkte Paolo den VW abseits der Autobahn über die nassen Straßen.
Kurz darauf hielten sie vor ihrer Pension „Zur Post“.
Es regnete noch immer. Valeria schaute dem Wetter angepasst, als beide ausstiegen.
„Ah, bellissimo. Diese Luft!“, schwärmte Paolo.
„Bagnato e freddo.“, sagte sie nur.
Beide verschwanden daraufhin im Inneren der Pension.
In der Kegelbahn vom Gasthaus „Zur Linde“ in Königstein im Taunus saß der komplette Kegelclub
„Alle Neune“ am großen Tisch und hatte bereits die vierte Runde Schlappeseppel geordert.
Morgen ging es zu einer fünftägigen Reise ins Ötztal.
Die Tour des Kegelclubs fand jedes Jahr statt und immer ging es an einen anderen Ort. Dieses Jahr stand Österreich auf dem Programm.
Der Kleinbus stand bereits beim Vorsitzenden Valentin Kleist-Poppel vor der Tür. Valentin war bereits Rentner und vertrieb sich seine viele Freizeit damit, für ein ortsansässiges Busunternehmen kleinere Touren zu machen.
Den Bus hatten sie sich dort geliehen. Das Gepäck wurde bereits mittags verstaut. Nun saßen sie noch zusammen.
„Brüder, morgen früh um 08:00 Uhr geht’s los.
Treffpunkt an der Bushaltestelle.“, sagte Valentin.
„Sicher, sicher. Das sagtest du bereits mehrmals.“
Neben Valentin gab es noch acht weitere Männer, die dem Kegelclub „Alle Neune“ angehörten. Frauen wurden nicht so gerne gesehen im Kegelclub. Auf den Touren allerdings hatte niemand etwas gegen weibliche Präsenz.
Zu der Gruppe gehörten außer Valentin Kleist-Poppel, auch noch Andreas Vogtländer, Josef Faller, Mikael Rubikow, Waldemar Hleb, Thomas Klein, Christian Wellinger, Mustafa Gögh und Jonny Wu.
Mehr Mitglieder gab es nicht. Ausgeschiedene, oder sollte es mal vorkommen, Verstorbene, würden jeweils zeitnah ersetzt.
Eine Satzung gab es nicht. Spiel, Spaß und Alkohol standen an erster Stelle.
Valentin war allerdings etwas sonderbar und passte eigentlich so gar nicht zur trinkfesten Truppe. Er trank keinen Alkohol. Dafür war er der Fahrer seiner Kegelbrüder, die ihm das damit dankten, das er schon seit Gründung der Truppe auch gleichzeitig deren Vorsitzender und Präsident war.
„Man kann es gar nicht oft genug sagen bei euch. Ich könnte wetten, dass mindestens einer von euch morgen nicht zum vereinbarten Termin da sein wird.“,
sagte Valentin jetzt und blickte in die Runde.
Die anderen verdrehten die Augen.
„Proscht Brüder. Auf Trip.“, stimmte Jonny bereits leicht lallend an.
Jonny war Chinese und hatte Probleme mit dem Konsum von Alkohol. Ihm fehlte wie vielen seiner Landsleute ein Enzym für deren Abbau. Trotzdem machte er immer tapfer mit. Er war es allerdings auch immer, der als Erstes nicht mehr konnte.
Gut, nach der vierten Runde Schlappeseppel und zwei Obstler von Mikael war es ein Wunder, dass er überhaupt noch am Tisch saß. Heute schien es hervorragend zu laufen. Sein Körper hatte wohl ausgeblendet, dass er Chinese war.
Alle hoben ihre Flasche.
„Wir sind Brüder, wir sind Neune!“, rief Andreas.
Und alle anderen antworteten mit „Prost, Prost, Prost!“
Zwei Stunden später lag Jonny in der Ecke. Das Licht war aus. Sein fehlendes Enzym hatte es doch noch gemerkt. Alle anderen waren gegangen.
Schließlich ging es in wenigen Stunden nach Österreich.
Am nächsten Tag zum vereinbarten Termin standen alle an der Bushaltestelle, alle, bis auf Jonny Wu. Der lag noch immer im Gasthaus „Zur Linde“. Gerade stand die Putzfrau neben ihm und stupste ihn mit dem Wischmopp an. Erschrocken schnellte er nach oben.
„Scheißendreck! Ich komm spät.“, rief er und verließ die Kegelbahn.
Mit einiger Verspätung, wie von Valentin vorausgesagt, starteten die Männer zu ihrem Trip nach Österreich. Ziel war das Ötztal.
„Hach, ist das nicht herrlich hier?“, sagte Frieda Butzkamp zu ihrer Tochter und ihrem Schwiegersohn, als alle drei oberhalb der Landungsbrücken in Hamburg den Sonnenuntergang beobachteten.
Manfred Schwäbele brummte nur leise, während seine Frau Zita verliebt über die Elbe und den Hafen blickte. Frieda knippste ein paar Bilder mit ihrem Smartphone und machte Anstalten, den Platz zu verlassen. Sie drehte sich und da war es wieder. Ihr wurde für eine Sekunde schwarz vor Augen. Sie griff nach dem Geländer und atmete tief durch. Dann war es auch schon wieder vorbei.
Seitdem sie aus Italien zurück war, hatte sie diese Anfälle ein paar Mal gehabt. Immer nur für einen Bruchteil einer Sekunde. Jedoch häuften sich diese Anfälle. Frieda hatte bereits ihren Hausarzt kontaktiert und sich einen Termin geben lassen. In den nächsten Tagen konnte sie zu Untersuchungen vorbeikommen.
Ihrer Tochter und ihrem Schwiegersohn hatte sie von all dem noch nichts gesagt. Sie wollte erst das Ergebnis der Untersuchung abwarten.
„Können wir weiter? Ich möchte auf die Reeperbahn!
Ich möchte hinein ins berühmte Nachtleben auf dem Kiez.“, sagte Frieda und ging langsam los.
Zita und Manfred nickten nur und folgten ihr.
Etwas später waren alle drei auf der Großen Freiheit. Es war mittlerweile dunkel und die Straße war gut gefüllt. Überall standen Menschen vor den Bars. Auch die drei aus Oer-Erkenschwick waren mittendrin.
Manfred blickte sich um. Die interessanten Plätze und Orte waren etwas entfernt. Hier gab es keine Prostituierten. Er fand das sehr schade. Manfred hatte bereits mehrere Aufenthalte in Hamburg gehabt. Immer ohne seine Familie und so war er eigentlich immer in den anderen Örtlichkeiten unterwegs gewesen.
Natürlich immer mit einem erfolgreichen Abschluss.
Das war diesmal nicht drin und so stand er gelangweilt etwas abseits und beobachtete missmutig das Treiben. Zita, seine Frau bewegte sich ohne Rhythmus zur Musik und seine Schwiegermutter hatte bereits das dritte Glas Sekt abgepumpt. Sie war sehr gut dabei und mischte sich immer öfters unter die vielen Menschen.
Wie aus dem Nichts stand plötzlich eine Frau vor Manfred. Ohne etwas zu sagen, drückte sie ihre Lippen auf seine. Sie presste sich an ihn ran und ihre Hände waren plötzlich überall. Manfred war noch etwas geschockt. Jedoch schien es ihm zu gefallen, denn er wehrte die Frau nicht ab. Ganz im Gegenteil.
Eine Hand wanderte an ihr Hinterteil und er packte zu.
Es gefiel ihr.
Als sie sich voneinander lösten, standen Zita und Frieda Butzkamp mit offenem Mund daneben und blickten beide abwechselnd an. Zita holte aus und knallte Manfred eine.
„Spinnst du?“, fragte er sie.
„Das sollte ich doch wohl besser dich fragen! Oder was war das gerade? Du hast auch keinen Skrupel mehr!“, antwortete Zita.
Die Frau stand teilnahmslos daneben und machte Anstalten zu gehen.
„Und Sie! Macht man das hier so? Sie sind ja noch nicht mal eine richtige Frau. Das erkenne ich doch direkt. Oder kennt ihr euch etwa?“, fragte sie jetzt die Person, die noch Sekunden vorher mit ihrem Manfred innig geknutscht hatte.
„Zita, Mäuschen, jetzt beruhige dich doch. Das macht man hier so. Woher sollten wir uns kennen? Gerade vorhin habe ich das schon dort hinten beobachtet.“,
warf Manfred ein und deutete in Richtung der Straße.
„Soso, das macht man hier so!“
„Verschwinden Sie, aber ganz schnell! Sonst vergesse ich mich noch und zeige Ihnen mal, wie wir so etwas bei uns in Oer-Erkenschwick erledigen!“, sagte Zita giftig zu der Frau.
Die verschwand jetzt, ohne ein Wort zu sagen.
„Und jetzt zu dir! Hast du mir irgendetwas zu sagen?“, wandte sich Zita an Manfred.
Der schüttelte nur den Kopf.
„Nö, da gibt es nichts zu sagen. Ich habe bereits alles gesagt. Ich kenne diese Person nicht und wir sind hier auf der Reeperbahn. Da passiert so etwas schon mal.“, verteidigte sich Manfred.
Zita schaute ihn an. Sie war bereits wieder etwas beruhigt.
„Ich kenne diese Person. Oder besser gesagt. Ich habe sie schon mehrmals gesehen!“, sagte Frieda, die das ganze ebenfalls beobachtet hatte.
Das Gesicht von Zita verfinsterte sich wieder und Manfred wurde nervös.
„Diese Person war ebenfalls in der Residence Villa Rosa. Tagsüber waren es Männer und am Abend verwandelte sich diese Gruppe zu dem, was du soeben gesehen hast. Ich bin mir nicht sicher, aber ich glaube, ich habe beide am letzten Abend zusammen gesehen, oder besser gesagt ich habe beide nackt über den Parkplatz laufen sehen. Und dein Mann war etwas panisch gewesen. Vermutlich hatte er da herausgefunden, dass zwischen ihren Beinen mehr war.“, sagte Frieda Butzkamp im ruhigen Ton.
„Frieda, bitte! Das hast du dir jetzt aber schön ausgedacht.“, versuchte Manfred zu erklären.
„Wir gehen, Mutter! Der Gigolo soll doch zu seiner neuen Freu… Gespie…, ach ich weiß nicht was, gehen. Wir jedenfalls gehen und werden gleich morgen früh abreisen.“
„Und du, wage es nicht dich heute, morgen oder sonst irgendwann blicken zu lassen. Haben wir uns verstanden?“, sagte sie zu Manfred gerichtet.
Noch einmal knallte es. Noch einmal landete die Hand von Zita auf der Wange von Manfred. Die umherstehenden schauten vergnügt dem Treiben zu.
Dann verließen Zita und Frieda den Ort. Manfred blieb etwas geschockt zurück.
Das Wetter im Ötztal war konstant schlecht. Es hatte sich seit der Ankunft von Paolo und Valeria nicht geändert. Ganz im Gegenteil. Es wurde sogar noch schlechter. Als sie an diesem Morgen aufstanden und aus dem Fenster schauten, hatte sich eine dünne weiße Schneeschicht ausgebreitet und bedeckte alles wie ein Puderzucker auf einem Apfelstrudel.
„Mamma mia, merde, merde!“, schimpfte Valeria, als sie das sah.
Paolo hingegen war entzückt und lächelte. Seine Frau verschwand im Badezimmer.
Kurz darauf saßen beide im kleinen Restaurant und frühstückten. Es gab Rührei, Speck und Brötchen.
Dazu eine Kanne Kaffee.
„Lass uns doch heute nach Innsbruck fahren. Wir können uns die Stadt anschauen und ein wenig shoppen. Bei dem Wetter vielleicht das Beste, was wir machen können.“, sagte Paolo und nahm sein Handy zur Hand.
Valeria nickte nur stumm und nippte an ihrer Tasse.
Von draußen hämmerten mal wieder Regentropfen an die Scheiben.
Paolo tippte nervös in sein Handy. Immer und immer wieder. Dann nahm er seine Brille ab und versuchte es nochmals.
„Cosa succede?“, fragte Valeria, der nicht entgangen war, dass Paolo etwas nervös war.
„Non lo so. Ich kann meine Profile nicht mehr sehen.“, antwortete er, ohne aufzublicken.
„Forse un problema tecnico?“, sagte Valeria fachmännisch.
„Si, bene. Vielleicht du hast Recht.
Paolo legte das Telefon beiseite und nahm noch einen Schluck aus seiner Tasse.
„Ich versuche später noch mal. Sicher ist ein Serverproblem. “
Paolo und Valeria verbrachten die nächsten Stunden in Innsbruck. Sogar der Regen hatte für diese Zeit ausgesetzt. Sie schauten sich die Schanze und die Altstadt an und Valeria verschwand in einigen kleinen Geschäften, aus denen sie immer wieder mit einer Tüte zurückkam. Am Ende ihrer Stadttour war Paolo bepackt mit unzähligen Taschen und Tüten. Sie luden alles in den VW und machten sich auf zurück ins Ötztal. Der Regen setzte ebenfalls wieder ein.
Am Abend saßen beide in einem kleinen gemütlichen Restaurant. Paolo hatte ein Wiener Schnitzel mit Bratkartoffeln vor sich. Valeria wartete noch auf ein Tiroler Allerlei. Was das genau war, wusste sie nicht.
Dazu gab es für beide ein Glas Wein.
Paolo nahm sein Handy wieder zur Hand.
„Strano! Ancora disturbo come sembra.”, sagte er und legte es wieder beiseite.
Der Kellner brachte Valerias Essen. Sie strahlte! Es verschwand aber schlagartig als die ersten Geruchsnuancen in ihrer Nase ankamen.
Valeria fing an zu würgen. Erst zaghaft, aber dann immer kräftiger.
„Merde! Merde, merde!“
Wieder würgte sie, gefolgt von einem starken Husten.
„Cosa succede?“, fragte Paolo sie.
„Bierra!“, sagte Valeria würgend und hustend.
Paolo beugte sich über den Tisch und schnüffelte.
„Bischchen viel Soße, aber riecht gut!“, sagte er und wollte gerade sein Schnitzel anschneiden.
„Non posso mangiare questo. Altrimenti devo vomitare. Stiamo scambiando!“, sagte sie und tauschte bereits ihren Teller mit dem von Paolo.
Paolo verzog das Gesicht.
„Alles in Ordnung bei Ihnen? Schmeckt es?“, stand der Kellner bei Ihnen.
„Si, si. Tutto bene.“, sagte Paolo nur.
Beide gönnten sich anschließend noch ein Glas Wein und zum Abschluss einen Mirabellenschnaps.
Dann trat bei beiden die Bettschwere ein und sie verschwanden Richtung Pension „Zur Post“.
Am nächsten Morgen nahm Paolo wieder sein Handy zur Hand. Aber noch immer das gleiche Bild. Seine Profile existierten nicht mehr. Ein ungutes Gefühl überkam ihn. Auch weil er nirgends eine Nachricht gelesen hatte, dass es hier Probleme geben würde.
Gerade wollte er es wieder beiseitelegen, da sah er eine Nachricht auf seinem Display.
„Hallo Paolo. Ist alles in Ordnung bei dir? Ich kann dich nicht mehr finden unter deinen Profilen? Wenn ich deinen Namen oder die Gruppen eingebe, wird nichts angezeigt. Ich hoffe, es ist alles gut bei euch?
Mache mir ein wenig Sorgen. Viele Grüße, Claudia.“
„Meld dich doch bitte! Ich mache mir wirklich große Sorgen! Claudia.“
Der Bus mit den Kegelbrüdern erreichte nach knapp zwölf Stunden Fahrt und unzähligen Pausen, dass angepeilte Ziel in Tirol. Es nieselte. Das Thermometer zeigte knapp über zehn Grad an. Jonny hatte fast die ganze Fahrt geschlafen. Die anderen, bis auf Valentin natürlich, hatten sich die Stunden mit mehreren Runden Dosenbier vertrieben. Mikael packte kurz nach Abfahrt zudem noch eine Flasche Wodka aus, die mittlerweile fast leer war.
Dementsprechend war die Stimmung in dem Transporter auch. Fünfmal hatte Valentin halten müssen.
Meistens für die Pinkelpause, aber auch um Nachschub zu holen.
Beim Aussteigen fielen an die fünfzig Dosen aus dem Transporter. Es klapperte hörbar. Einige der Dosen kullerten über den Parkplatz. Valentin war es peinlich.
Dem Rest der Truppe gefiel es. Sie grölten laut und feuerten die Dosen sogar an, die über den halben Parkplatz kullerten.
„Jungs, jetzt benehmt euch doch bitte mal ein bisschen. Wir müssen ja nicht gleich in den ersten Minuten auffallen.“, sagte Valentin.
Jonny kratzte sich und rülpste.
„Was los? Warum so viel Müll hier? Valentin, was für Absteige ist das?“, sagte er.
Die anderen schauten sich an. Dann prusteten alle gleichzeitig los.
„Oleeee, Oleeee, wir Kegelbrüder Oleeee!“, stimmten sie jetzt auch noch an.
Einige Passanten und Touristen blieben stehen. Viele schüttelten mit dem Kopf. Auf den umliegenden Balkonen versammelten sich vereinzelt Personen und blickten ebenfalls auf die Gruppe.
Aus der Pension kam eine ältere Dame raus und blieb bei Valentin stehen.
„Grüß Gott, die Herren. Sie haben gebucht bei uns?“
Valentin nickte.
„Mei, sie wissen schon, dass wir ein seriöses Haus sind. Dieser Krach und…“ Sie blickte sich um.
„Dieser Müll, den sie hier verteilt haben… Den machen sie hoffentlich unverzüglich weg.“
Valentin nickte nur und blickte zu Boden.
„Also, los… Machen Sie klar Schiff hier. Und dann können sie hineinkommen. Aber… benehmen Sie sich, wenn sie unser Haus betreten.“
Dann war sie auch schon wieder verschwunden.
Valentin schaute jeden Einzelnen an. Das Grölen war verstummt. Alle blickten zu Boden. Thomas und Mustafa waren die ersten, die anfingen das Leergut auf dem Parkplatz einzusammeln. Sie warfen alles in den Transporter. Knapp zehn Minuten später standen alle mit gesenkten Köpfen vor der kleinen Rezeption.
Die ältere Dame blickte jeden strafend an.
Kurz darauf verschwanden alle auf den Zimmern.
Zwei Stunden später standen alle frisch geduscht und in legerer Kleidung im Eingangsbereich.
„Wir gehen die Straße runter. Da soll es die besten Wiener Schnitzel der Region geben.“, sagte Andreas und hielt als Beweis sein Handy in die Höhe.
„Wo ist Jonny?“, fragte Mikael.
„Bin hier!“, sagte er leise und hob seinen Arm.
Minuten später waren die Kegelbrüder auf dem Weg zu den besten Schnitzeln der Region.
„Das war ein Traum. Solch ein Schnitzel hatte ich noch nie. Das sind nicht nur die besten der Region, Nein, die besten der ganzen Welt!“, legte sich Thomas fest.
Die anderen stimmten ihm ohne Widerworte zu.
„Sie, junge Frau! Bringen Sie uns doch bitte noch eine Runde Schnaps. Wenn‘s geht einen Obstler oder vielleicht einen…“, fing Christian an, stockte aber mitten im Satz.
„Wodka?“, fügte Mikael hinzu.
„Nein, eine Runde Marille bitte!“, sagte Josef Faller.
Seine Augen glänzten, als er das sagte.
„Es gibt nix besseres aus dieser Gegend als einen guten Marille Schnaps.“, fügte er hinzu.
Alle nickten, nur Valentin schaute etwas wehleidig.
„Für mich bitte eine Apfelschorle.“, sagte er.
Die ältere, etwas pummelige Bedienung notierte acht Marille und eine Schorle und verschwand hinter dem Tresen.
Fünf Runden Marille und zwei Schorle später war die Stimmung mehr als ausgelassen. Jonny lag mal wieder auf der Bank. Er hatte bereits nach der zweiten Runde kapituliert. Der Rest hatte gerade „Layla“ laut singend beendet und wollte „Einen Stern“ anstimmen, als die ältere Bedienung an ihrem Tisch auftauchte.
„Sie, des got net. Sie verschrecken mir ja all mei Gäst.“, sagte sie und blickte in den leeren Gastraum.
„Aber da sind doch gar keine Gäste mehr!“, sagte Waldemar.
„Sie möchte das wir zahlen und gehen.“, warf Valentin ein und hatte bereits seinen Geldbeutel in der Hand.
Fünf Minuten später standen alle Neune auf der Straße. Das heißt, es standen acht auf der Straße.
Jonny hing bei Waldemar und Mikael in den Armen.
„Und jetzt?“, fragte Andreas.
„Zurück in die Pension. Wir haben noch ein paar Bier im Transporter.“, warf Thomas ein.
Die Kegelgruppe machte sich leicht schwankend auf den Weg. Einzig Valentin hatte keine Probleme. Er verdrehte die Augen.
Eine Gruppe Asiaten, genauer gesagt waren es Chinesen, standen am Flughafen in Haikou und warteten auf den Abflug der Hainan Air 7081 nach Peking.
Die Gruppe, die überwiegend nur aus Männern bestand, hatte vor knapp einer Stunde ihr Gepäck aufgegeben und wartete nun in der Abflughalle. Der gut dreistündige Flug hatte bereits jetzt Verspätung. Die Maschine war gerade erst gelandet und sollte eigentlich seit zehn Minuten schon wieder in der Luft sein. Der Flugplan war eng getaktet. Von Peking sollte es ohne großen Aufenthalt weitergehen nach Österreich, genauer gesagt nach Wien. Die Maschine der Air China ging bereits in knapp fünf Stunden. Von da aus wartete eine kleine Maschine der Austrian Airlines nach Innsbruck. Für den Abflug OS 905 hatten sie zwar etwas mehr Zeit, aber es war ja noch nicht abzusehen, ob der Flug ab Peking auch pünktlich starten würde und ob sie diesen überhaupt erreichen würden.
Die Gruppe war allesamt sehr konservativ gekleidet.
Jeder der Männer hatte einen dunklen Anzug mit weißem Hemd und dunkler Krawatte an. Zwei von Ihnen hatten zusätzlich noch eine kleine Aktentasche dabei.
Kurz darauf wurde ihr Flug aufgerufen und sie reihten sich mit den übrigen Passagieren zum Boarding ein.
Der Flug verlief reibungslos und erreichte Peking.
Von dort ging es ohne weitere Verspätung auch direkt weiter nach Wien. Der Flieger der Air China stand bereits am Gate, als sie Peking erreichten.
Unter den Chinesen in der Boing 777-300 machte sich Erleichterung breit, als sie pünktlich und ohne Komplikationen vom Internationalen Flughafen von Peking abhoben.
Keiner der anderen Fluggäste ahnte jedoch, dass es sich bei den Personen um mehr als einfach nur eine Gruppe Chinesen handelte, die auf dem Weg nach Europa waren.
In Wien angekommen wartete die Gruppe auf ihr Gepäck. Zusammen mit etwas mehr als 200 anderen Passagieren warteten sie am Gepäckband. Mit einiger Verspätung ratterte es los und die ersten Koffer kamen über das Rollband auf das Rondell.
Nach knapp einer viertel Stunde hatte jeder der Chinesen aus Haikou seinen Koffer. Gemeinsam machten sie sich auf zu den Inlandsflügen. Ihr Flug wurde bereits auf der Anzeigetafel aufgeführt.