AI Act Competence + Compliance - Grundlagen für die sichere Anwendung von Künstlicher Intelligenz im Unternehmen - Markus Kirchmair - E-Book

AI Act Competence + Compliance - Grundlagen für die sichere Anwendung von Künstlicher Intelligenz im Unternehmen E-Book

Markus Kirchmair

0,0

Beschreibung

KI-Kompetenzen aufbauen und die rechtlichen Anforderungen der neuen KI-Verordnung erfüllen: Dieses Buch bietet einen fundierten Überblick darüber, was Führungskräfte, Unternehmer, Selbstständige, Anwender und Personalentwickler jetzt wissen und umsetzen müssen - mit zahlreichen Tipps, Beispielen und Tools für eine schnelle Umsetzung! Seit dem 1. August 2024 ist die neue KI-Verordnung in Kraft: Als erstes umfassendes KI-Gesetz der Welt stellt der europäische AI Act auch Unternehmen in Deutschland und Österreich vor neue Herausforderungen. Dabei ist Künstliche Intelligenz nicht nur IT-Thema. Künstliche Intelligenz verändert grundlegend, wie Unternehmen arbeiten, Entscheidungen treffen und Abläufe organisieren: über verschiedenste Branchen, Abteilungen und einzelne Rollen hinweg - in der Industrie und Medizin genauso wie im Marketing und Personalwesen. Doch die europäische KI-Verordnung bringt eine Vielzahl von Regeln, Pflichten und Verboten: Wer sie ignoriert, riskiert Bußgelder in Millionenhöhe, rechtliche Konsequenzen und Wettbewerbsnachteile. Die Kompetenzpflicht gemäß Artikel 4 des AI Act verlangt von Unternehmen, ihre Mitarbeiter für die sichere Anwendung von KI-Systemen zu schulen und laufend fortzubilden. Dieses Buch ist Ihr Kompass durch die komplexe Welt der KI - mit praxisnahem Wissen, einfach erklärt und sofort anwendbar! 1. Künstliche Intelligenz leicht verständlich: Technische, rechtliche und ethische Grundlagen der Künstlichen Intelligenz - von maschinellem Lernen bis zu generativen Modellen - werden anschaulich erklärt, ideal für Einsteiger und Entscheider. 2. Praxis, die begeistert: Zahlreiche Beispiele und Lösungsansätze zeigen, wie Unternehmen Künstliche Intelligenz erfolgreich einsetzen und KI-Kompetenzen aufbauen. 3. Sofort umsetzbar: Über 100 konkrete Tipps, sowie praxisnahe Beispiele für Checklisten und Vorlagen helfen bei Risikomanagement, Schulungsmaßnahmen und Dokumentation. In einem Umfeld rasanter Entwicklungen und komplexer Vorschriften gibt Ihnen dieses Buch die notwendige Orientierung. Sie erhalten damit das grundlegende Wissen und die Werkzeuge, damit Sie die wesentlichsten Vorgaben der europäischen KI-Verordnung verstehen und diese auch effektiv als Chance nutzen: Von der KI-Risikoeinstufung über Datenschutz, Urheberrecht und Haftungsfragen, bis hin zur technischen Funktionsweise und ethischen Standards - ein umfassender Überblick, um Ihre Mitarbeiter zu schulen und Ihr Unternehmen zukunftssicher aufzustellen.

Sie lesen das E-Book in den Legimi-Apps auf:

Android
iOS
von Legimi
zertifizierten E-Readern
Kindle™-E-Readern
(für ausgewählte Pakete)

Seitenzahl: 255

Veröffentlichungsjahr: 2025

Das E-Book (TTS) können Sie hören im Abo „Legimi Premium” in Legimi-Apps auf:

Android
iOS
Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



INHALT

Vorwort

1 Einleitung

1.1 KI: Chancen, Risiken und Herausforderungen

1.2 Der AI Act und seine Bedeutung

1.3 KI-Kompetenzpflicht: Wissen als strategisches Ziel

2 Grundlagen Künstliche Intelligenz

2.1 Definitionen und Konzepte: Was ist KI?

2.2 Rechtliche Definition von KI

2.3 Arten von KI-Systemen

2.4 Daten: Der Treibstoff für KI-Systeme

2.5 Maschinelles Lernen: Der Motor der KI

2.6 Deep Learning und Neuronale Netze

2.7 Transformer und Large Language Models

2.8 Hardware und Infrastruktur

3 Der europäische AI Act

3.1 Ziele und risikobasierter Ansatz

3.2 Verbotene KI-Systeme mit unannehmbarem Risiko

3.3 KI-Systeme mit hohem Risiko

3.4 KI-Systeme mit begrenztem Risiko

3.5 KI-Systeme mit minimalem Risiko

3.6 Kompetenzpflichten: Wissen als Voraussetzung

3.7 Durchsetzung und Sanktionen

3.8 Zeitplan und Fristen

3.9 Geltungsbereich und internationale Perspektive

4 Rechtliche Rahmenbedingungen

4.1 Datenschutzaspekte bei KI-Anwendungen

4.2 Urheberrecht und Geistiges Eigentum

4.3 Haftungsfragen

4.4 Internationale Dimensionen der KI-Regulierung

4.5 Verbraucherschutz im KI-Kontext

5 Risikomanagement für KI-Systeme

5.1 Einführung in KI-Risiken

5.2 Technische KI-Risiken und Schwachstellen

5.3 Cybersecurity: KI als Angriffsziel

5.4 Cybersecurity: KI als Angriffswerkzeug

5.5 Gesellschaftliche und wirtschaftliche Risiken

5.6 Ökologische und ressourcenbezogene Risiken

5.7 Taktische Sicherheitsmaßnahmen

5.8 KI-Risikomanagement und Governance

5.9 Etablierung von KI-Guidelines

6 Aufbau von KI-Kompetenz

6.1 Grundlagen der KI-Kompetenz

6.2 Stufenmodell für die KI-Schulung

6.3 Kontextabhängige KI-Schulung

6.4 Monitoring und Evaluation der KI-Kompetenz

6.5 Herausforderungen und Lösungsansätze

6.6 Best Practices für den Kompetenzaufbau

7 Erfolgsfaktoren zur KI-Implementierung

7.1 Auswahl und Integration von KI-Systemen

7.2 Sichere Datenverarbeitung

7.3 Training und Optimierung von KI-Modellen

7.4 Validierung und Überprüfung von KI-Ergebnissen

7.5 Skalierung und Wartung von KI-Systemen

8 Generative KI

8.1 Einführung in die Generative KI

8.2 Schlüsseltechnologien von generativer KI

8.3 Textgenerierung mit Hilfe von KI

8.4 Multimodale KI

8.5 Bildgenerierung und Text to Image

8.6 Text-to-Video

8.7 Text-to-Music

8.8 Text-to-Speech (TTS)

8.9 Text-to-3D

9 Aktuelle Entwicklungen und Trends

9.1 Autonome KI-Agenten

9.2 Artificial General Intelligence (AGI)

9.3 Weitere Konzepte und Entwicklungen

9.4 Strategien zur Vorbereitung auf die KI-Zukunft

9.5 Abschließende Gedanken

Anhang: Arbeitsunterlagen

Compliance Checklisten

Praktische Vorlagen

KI-Glossar

VORWORT

Willkommen zu Der Europäische AI Act: Competence + Compliance.

Ich freue mich, Sie durch die spannende Welt der Künstlichen Intelligenz zu begleiten – eine Welt, die durch den europäischen AI Act neue Regeln und Chancen erhält. Dieses Buch richtet sich an Unternehmer, Angestellte, Führungskräfte und Personalentwickler – an alle, die verstehen möchten, wie KI unser Arbeitsleben prägt und was wir jetzt tun müssen, um die Zukunft aktiv zu gestalten.

Mein Ziel ist es, die komplexen Anforderungen des AI Acts, der am 1. August 2024 in Kraft getreten ist, verständlich zu erklären und Ihnen praktische Lösungen an die Hand zu geben. Dieser Meilenstein der EU-Regulierung verpflichtet Unternehmen und Organisationen, ihre Teams für den KI-Einsatz fit zu machen – ein Schritt, der nicht nur gesetzliche Vorgaben erfüllt, sondern auch enormes Innovationspotenzial freisetzt.

Ich zeige Ihnen, wie Sie die rechtlichen Anforderungen meistern, Ihre Teams vorbereiten und die Möglichkeiten der Technologie nutzen können.

Aufbau des Buches

Das Buch ist so gestaltet, dass es sowohl Einsteiger als auch Fortgeschrittene anspricht. Die Kapitel 1 bis 5 bieten allen Lesern eine Grundlage: Sie erläutern die Chancen und Herausforderungen der KI, die Inhalte des AI Acts sowie rechtliche, ethische und sicherheitsrelevante Aspekte. Diese Basis zeigt, warum der AI Act nicht nur eine Pflicht, sondern auch eine Chance ist.

Kapitel 6 richtet sich besonders an Führungskräfte und Personalverantwortliche. Es beschreibt, wie Sie KI-Kompetenzen aufbauen – mit einem Stufenmodell, Best Practices und Lösungen für typische Hürden. Kapitel 7 spricht IT- und Projektverantwortliche an und stellt Erfolgsfaktoren für KI-Projekte vor – von der Systemauswahl bis zur Skalierung.

Ein persönliches Highlight ist Kapitel 8 über Generative KI. Über die möglichst allgemeingültig und zeitlos gestalteten Anfangs- und Hauptkapitel hinaus erkunde ich hier mit Ihnen die Welt der Text-, Bild- und Musikgenerierung und stelle die besten Tools vor. Anschließend werfen wir in Kapitel 9 einen Blick auf aktuelle und absehbare Trends – beispielsweise autonome KI-Agenten oder die Idee einer Artificial General Intelligence (AGI).

Im Anhang gebe ich Ihnen noch ein paar praktische Arbeitsunterlagen zur Hand, die Sie bei der Umsetzung entsprechender Maßnahmen inspirieren und unterstützen: Checklisten, Vorlagen und ein kompaktes KI-Glossar für den Berufsalltag.

Ich habe das Buch so strukturiert, dass Sie jederzeit gezielt darin nachschlagen können. Dazu werden wichtige Konzepte und Herausforderungen nach Möglichkeit immer im Kontext des jeweiligen Abschnittes ausgeführt. Wo sinnvoll verweise ich für weiterführende Informationen auf andere Abschnitte.

Ihr Nutzen

Dieses Buch soll fundiertes Wissen praxisnah vermitteln und Lust darauf machen, KI zu erkunden. Der AI Act ist eine Verpflichtung, aber auch eine Einladung, Ihre Organisation zukunftssicher zu machen. Wenn Sie verstehen, wie Sie die Vorgaben erfüllen und Ihre Teams schulen, öffnen sich Türen zu Innovation und Wachstum.

Lassen Sie sich inspirieren – dieses Werk ist Ihr Werkzeugkasten, um die KI-Revolution mitzugestalten!

Ihr

Markus M. Kirchmair

1 EINLEITUNG

Künstliche Intelligenz optimiert Abläufe, steigert Effizienz, ermöglicht präzisere Diagnosen und schafft kreative Inhalte, deren Qualität uns immer wieder überrascht. Gleichzeitig stellt sie uns aber auch vor fundamentale Herausforderungen und wirft komplexe ethische Fragen auf: Wie können wir beispielsweise verhindern, dass Algorithmen bestehende Vorurteile verstärken oder uns mit neuen Risiken wie Deepfakes in die Irre führen?

Die Geschwindigkeit, mit der sich Künstliche Intelligenz entwickelt, fasziniert – und zugleich fordert sie unsere gesellschaftlichen und rechtlichen Systeme heraus. Denn wie reguliert man verantwortungsvoll eine Technologie, deren Innovationszyklen schneller verlaufen als politische Entscheidungsprozesse?

Genau auf diese Herausforderung reagiert die Europäische Union mit dem AI Act. Diese Verordnung trat am 1. August 2024 in Kraft und verfolgt einen risikobasierten Ansatz. Der AI Act soll Grundrechte, Sicherheit und ethische Standards gewährleisten und dabei gleichzeitig Innovationskraft bewahren.

Im Zentrum stehen nicht nur technische Vorschriften zu Dokumentation, Transparenz und Sicherheit, sondern insbesondere auch die Pflicht, den Aufbau von KI-Kompetenzen im Unternehmen sicherzustellen. KI-Systeme verantwortungsvoll einzusetzen bedeutet für die Europäische Union, sie zunächst umfassend zu verstehen.

Im ersten Kapitel verschaffen wir uns zunächst einen kompakten Überblick über die zentralen Chancen, Risiken und Herausforderungen von KI. Wir sehen uns an, wie der AI Act diese grundsätzlich adressiert – bevor wir dann in den nachfolgenden Kapiteln tiefer in konkrete Funktionsweisen, Vorschriften, sowie ihre praktischen Auswirkungen und mögliche Lösungswege eintauchen.

1.1 KI: CHANCEN, RISIKEN UND HERAUSFORDERUNGEN

Künstliche Intelligenz (KI) revolutioniert zahlreiche Lebensbereiche, indem sie Fähigkeiten wie Lernen, Problemlösen und Entscheiden aus der menschlichen Domäne in die Technologie überträgt. Sie prägt Wirtschaft, Wissenschaft und Alltag und bringt eine Vielzahl an technischen, ethischen und gesellschaftlichen Herausforderungen mit sich.

Die Chancen der KI: Innovation und Erkenntnisgewinn

Künstliche Intelligenz analysiert große Datenmengen, löst komplexe Probleme und revolutioniert zahlreiche Branchen.

In der Industrie optimiert sie Produktionsprozesse, während sie in der Medizin durch präzise Bildauswertung Krankheiten frühzeitig erkennt. Im Mobilitätssektor verbessern KI-gestützte Assistenzsysteme die Sicherheit, indem sie Sensordaten in Echtzeit verarbeiten und sich über drahtlose Updates kontinuierlich weiterentwickeln. Auch in der Logistik zeigt KI ihr Potenzial: Algorithmen optimieren Transportwege, während autonome Systeme Lieferketten effizient steuern, indem sie Lagerbestände, Wetter- und Verkehrsdaten intelligent integrieren.

Generative KI transformiert kreative Bereiche – von der Content-Erstellung im Marketing bis hin zum Design realistischer Produkte. Unternehmen profitieren zudem von KI-gestützten, personalisierten Dienstleistungen, die neue Märkte erschließen und Kundenloyalität stärken.

KI-Systeme erschließen Erkenntnisse aus Daten, die bislang verborgen blieben: In der Forschung ermöglichen komplexe Analysen Durchbrüche.

Der International AI Safety Report 20251 beschreibt die beispiellose Dynamik dieses Wandels als exponentielle Skalierung – angetrieben durch Rechenleistung, die sich seit 2012 alle sechs Monate verdoppelt, sowie durch größere Datenmengen und optimierte Algorithmen. Deep Learning und Transformermodelle liefern kontextbezogene Antworten, generieren realistische Designs oder schreiben Programmcode – eine Entwicklung, die Effizienz steigert und völlig neue Anwendungsfelder eröffnet.

Technische Grenzen und gesellschaftliche Herausforderungen

Trotz ihres enormen Potenzials ist Künstliche Intelligenz kein Allheilmittel. Ihre Leistungsfähigkeit hängt stark von der Qualität und Menge verfügbarer Daten ab. Fehlerhafte oder unvollständige Daten können zu verzerrten oder diskriminierenden Ergebnissen führen, beispielsweise bei KI-gestützter Kreditvergabe. KI-Systeme sind zudem nicht objektiv, sondern spiegeln oft menschliche Vorurteile und Fehler wider.

Technische Risiken entstehen durch die Empfindlichkeit von KI gegenüber Änderungen der Datenbasis. Unvorhersehbare Veränderungen können autonome Fahrzeuge oder Drohnen instabil machen und kritische Fehlentscheidungen verursachen. Hinzu kommt die mangelnde Transparenz vieler moderner KI-Modelle („Black Boxes“), wodurch Entscheidungen besonders in sensiblen Bereichen wie Gesundheitswesen oder Justiz nicht nachvollziehbar sind.

Sozio-ökologische Risiken entstehen durch absehbare Veränderungen in der Arbeitswelt infolge zunehmender Automatisierung. Zudem verursachen energieintensive KI-Rechenzentren erhebliche Umweltbelastungen.

Sicherheitsrisiken betreffen realistische Manipulationen („Deepfakes“), die Kriminellen neue Möglichkeiten bieten. Autonome Systeme könnten außerdem militärisch missbraucht werden. Auch die Glaubwürdigkeit öffentlicher Diskurse wird durch manipulierte Medien zunehmend bedroht.

Weitere Risiken liegen in der Abhängigkeit von KI-Systemen, was kritische Infrastrukturen anfälliger für Cyberangriffe macht. Hinzu kommen ethische Herausforderungen durch KI-gestützte Überwachung und Entscheidungsfindung.

Die rasante Entwicklung der KI droht, bestehende Regulierungsmechanismen zu überfordern. Daher stellen sich wichtige ethische Fragen: Wer trägt Verantwortung für Fehler autonomer Systeme? Wie lassen sich soziale Ungleichheiten durch Automatisierung vermeiden?

Die vielen Chancen und Herausforderungen machen deutlich, dass der Einsatz von KI einen nachhaltig verantwortungsvollen Umgang erfordert.

1.2 DER AI ACT UND SEINE BEDEUTUNG

Mit ihren enormen Chancen und Risiken stellt die künstliche Intelligenz Gesellschaften und Regulierungsbehörden vor komplexe Aufgaben. Um diesen Herausforderungen effektiv zu begegnen, hat die Europäische Union den AI Act eingeführt – offiziell EU-Verordnung 2024/1689 bzw. „Verordnung über Künstliche Intelligenz“. Diese Verordnung trat am 1. August 2024 in Kraft und ist das weltweit erste umfassende Gesetz zur Regulierung von KI.

Ziel des AI Acts ist es, die Entwicklung und Nutzung von KI-Systemen so zu regulieren, dass Innovation gefördert und gleichzeitig Grundrechte und ethische Standards geschützt werden.

Dabei verfolgt die Europäische Union einen risikobasierten Ansatz, der KI-Systeme in vier Kategorien einteilt, um jeweils angemessene regulatorische Anforderungen festzulegen:

Unannehmbares Risiko

Bestimmte KI-Systeme wie Social Scoring oder flächendeckende biometrische Echtzeitüberwachung sind grundsätzlich verboten, da sie fundamentale Grundrechte erheblich gefährden könnten. Lediglich in klar definierten Ausnahmefällen, etwa zur Terrorismusbekämpfung, sind Sonderregelungen vorgesehen.

Hochrisiko-Systeme

Anwendungen mit erheblichem Einfluss auf Sicherheit und individuelle Rechte, wie etwa medizinische Diagnosetools, KI-gestützte Personalauswahlverfahren oder autonome Fahrzeuge, unterliegen strengen Anforderungen hinsichtlich Dokumentation, Transparenz und Sicherheit.

Begrenztes Risiko

Systeme, bei denen das Risiko überschaubar ist – beispielsweise Chatbots – müssen lediglich transparent kommunizieren, dass sie auf KI basieren, um eine Täuschung von Nutzern zu verhindern.

Minimales Risiko

KI-Anwendungen, die kaum kritische Auswirkungen haben, etwa Spielempfehlungen oder einfache Tools zur persönlichen Unterhaltung, bleiben weitestgehend unreguliert.

Durch diesen risikobasierten Ansatz will die Europäische Union Innovationspotenziale fördern und das Vertrauen in KI-Systeme stärken, indem klare Anforderungen bezüglich Nachvollziehbarkeit, Sicherheit und ethischer Verantwortung geschaffen werden. Verstöße gegen diese Anforderungen können empfindliche Sanktionen nach sich ziehen, darunter erhebliche Bußgelder.

Gleichzeitig verfolgt die EU mit dem AI Act auch strategische Ziele: Ähnlich der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) sollen durch einheitliche regulatorische Standards für KI-Technologien Wettbewerbsfähigkeit und Innovationskraft in Europa gestärkt werden.

Für Unternehmen soll das KI-Gesetz damit Planungssicherheit schaffen. Es bringt aber auch viele Verpflichtungen mit sich: Sie müssen nicht nur gewährleisten, dass ihre KI-Systeme fair, sicher und nachvollziehbar sind, sondern auch sicherstellen, dass ihre Mitarbeitenden angemessen geschult sind.

Tipp 1

Führen Sie so früh wie möglich eine Risikobewertung Ihrer KI-Systeme durch, um deren Klassifizierung zu bestimmen und die fristgerechte Umsetzung von Compliance-Maßnahmen zu planen.

Mit dem AI Act gibt die Europäische Union eine klare regulatorische Antwort auf die Chancen und Herausforderungen der KI-Technologie und versucht dabei, einen ausgewogenen Weg zwischen Fortschritt und Schutz der Grundrechte zu finden. Dieser Balanceakt zwischen Innovation und Schutz ist ein zentrales Thema und wird in Kapitel 3 ausführlich behandelt.

Neben den risikospezifischen regulatorischen Maßnahmen sieht der AI Act explizit vor, dass Anbieter, Betreiber und Nutzer von KI-Systemen angemessene KI-Kompetenzen aufbauen und etablieren müssen. Warum diese Kompetenzpflicht strategisch relevant ist und wie Unternehmen diese Pflicht erfüllen können, sehen wir uns im folgenden Abschnitt näher an.

1.3 KI-KOMPETENZPFLICHT: WISSEN ALS STRATEGISCHES ZIEL

Die EU-Kommission betrachtet die Anwendung von Künstlicher Intelligenz nicht als isolierte Aufgabe der IT-Abteilung, sondern als zentrale, organisations-übergreifende Verantwortung. Ein wesentliches Element des AI Acts ist die in Artikel 4 festgelegte Pflicht, dass alle Personen, die KI-Systeme entwickeln, betreiben oder anwenden, über angemessene KI-Kompetenzen verfügen müssen.

Das Ziel dieser Regelung besteht darin, KI-Anwendungen sicher und effektiv zu steuern, Innovation zu fördern und gleichzeitig ethische Werte und Grundrechte umfassend zu schützen. Für Unternehmen eröffnet dies die Chance, im Rahmen der Digitalisierung technologische Potenziale verantwortungsvoll auszuschöpfen und gleichzeitig Risiken gezielt zu minimieren. Im Wesentlichen lassen sich die regulatorischen Ambitionen wie folgt zusammenfassen:

Beherrschbarkeit der KI-Komplexität

KI-Systeme sind oft komplex und schwer durchschaubar. Mitarbeitende mit fundiertem KI-Wissen sind entscheidend, um Systeme transparent zu gestalten, Entscheidungen kritisch zu prüfen und so Risiken frühzeitig zu erkennen.

Förderung von Innovation und Wettbewerbsfähigkeit

Investitionen in KI-Kompetenzen helfen Unternehmen, neue Anwendungen schneller zu entwickeln, die technologische Flexibilität zu erhöhen und Wettbewerbsvorteile zu sichern.

Schutz von Grundrechten und ethischen Werten

KI beeinflusst sensible Bereiche wie Datenschutz oder automatisierte Entscheidungsprozesse erheblich. Qualifizierte Mitarbeiter können Verstöße gegen ethische und rechtliche Standards erkennen und verhindern.

Effektive Risikominimierung

Schulungen verringern das Risiko von Fehlentscheidungen oder unsachgemäßem Einsatz von KI, welche rechtliche Konsequenzen oder Schäden für die Reputation des Unternehmens zur Folge haben könnten.

Nachhaltige Digitalisierung

Eine breit verankerte KI-Kompetenz ist essenziell, um Digitalisierung langfristig sicher, effizient und zukunftsfähig zu gestalten.

Konkret bedeutet diese Kompetenzpflicht, dass sämtliche Mitarbeitende, die KI-Systeme nutzen, über ein grundlegendes Verständnis der Funktionsweise verfügen müssen. Dazu zählt die Fähigkeit, Fehlerquellen rechtzeitig zu erkennen sowie ethische und rechtliche Konsequenzen von KI-gestützten Entscheidungen zu beurteilen.

Um diese Ziele effektiv zu erreichen, empfiehlt sich eine systematische und differenzierte Vorgehensweise:

Grundlegende Schulungen für Alle

Alle Beschäftigten, die mit KI-Systemen in Berührung kommen, benötigen grundlegende Schulungen, die Funktionsweisen, Risiken und ethische Rahmenbedingungen vermitteln, einschließlich grundlegender Kenntnisse zur DSGVO und zum AI Act.

Vertiefte, spezialisierte Schulungen

In besonders sensiblen Einsatzbereichen von KI-Systemen, beispielsweise in Medizin, Finanzen oder Recht, sind vertiefte Kenntnisse notwendig. Diese Mitarbeitenden sollten regulatorische Anforderungen, Sicherheitsstandards sowie die Funktionsweise und Entscheidungsprozesse der KI-Systeme umfassend verstehen und nachvollziehen können (siehe 3.6).

Kontinuierlicher und dokumentierter Lernprozess

Aufgrund der raschen technologischen Weiterentwicklung ist eine kontinuierliche Aktualisierung und Dokumentation der Schulungsinhalte entscheidend. Dies gewährleistet, dass alle Mitarbeitenden auf dem neuesten Stand bleiben und die gesetzlichen Anforderungen dauerhaft erfüllt werden können.

Tipp 2

Dokumentieren Sie die Planung und Durchführung von Schulungsmaßnahmen sorgfältig. Dies unterstützt Sie bei der internen Qualitätskontrolle und erleichtert die Einhaltung gesetzlicher Vorgaben.

Für eine effektive Umsetzung empfiehlt sich ein ganzheitliches Schulungskonzept, das alle relevanten Abteilungen einbindet. In Kapitel 6 widmen wir uns deshalb ausführlich, wie der systematische Aufbau von KI-Kompetenzen im Unternehmen gelingen kann.

1 Vgl. https://www.gov.uk/government/publications/international-ai-safety-report-2025

2 GRUNDLAGEN KÜNSTLICHE INTELLIGENZ

Künstliche Intelligenz ist ein Begriff, der die Fantasie beflügelt und gleichzeitig kontroverse Debatten auslöst – von futuristischen Robotern, die eigenständig denken, bis hin zu alltäglichen Helfern wie Sprachassistenten auf unseren Smartphones. Schon heute prägt KI unseren Alltag, und morgen wird sie womöglich unsere gesamte Gesellschaft verändern. Doch was steckt tatsächlich hinter diesen Vorstellungen? Und wie viel davon ist bereits Realität?

In diesem Kapitel erkunden wir gemeinsam die Welt der Künstlichen Intelligenz: Wir definieren ihre technischen Grundlagen, zeichnen ihre Entwicklung von den ersten Ideen bis zu modernen Durchbrüchen nach.

Schritt für Schritt klären wir zentrale Fragen: Was macht KI eigentlich besonders und wie unterscheidet sie sich von klassischer Software? Welche Arten von KI-Systemen existieren und welchen begegnen Sie möglicherweise täglich, ohne es zu merken? Wir schauen hinter die Kulissen und lernen die entscheidenden Bausteine kennen, die jede KI zum Leben erwecken – Algorithmen für maschinelles Lernen und Daten.

Wie erkennt ein KI-System aus riesigen Datenmengen Muster, um Prognosen oder Entscheidungen zu treffen? Wie funktionieren neuronale Netze und moderne KI-Modelle wie Transformer, die beispielsweise Texte schreiben oder Bilder erschaffen? Ob Gesichtserkennung auf Fotos, Optimierung von Lieferketten oder Unterstützung von Ärzten bei Diagnosen – Daten sind der unsichtbare Treibstoff hinter diesen Fähigkeiten.

Mein Ziel ist es, Ihnen praxisnah zu zeigen, wie spannend, verständlich und zugänglich die Welt der KI ist. Die nachfolgenden Seiten bilden das Fundament dafür, KI nicht nur besser zu verstehen, sondern sie auch strategisch und verantwortungsvoll einzusetzen.

2.1 DEFINITIONEN UND KONZEPTE: WAS IST KI?

Künstliche Intelligenz beschreibt Technologien und Systeme, die Aufgaben übernehmen, welche traditionell als Ausdruck menschlicher Intelligenz angesehen werden. Dazu gehört das Lernen aus Erfahrung, die Erkennung komplexer Muster sowie das eigenständige Treffen von Entscheidungen. Als zentraler Teilbereich der Informatik ist die KI darauf ausgerichtet, Systeme zu entwickeln, die intelligentes Verhalten simulieren oder automatisieren.

Die Ursprünge der Künstlichen Intelligenz reichen bis in die Mitte des 20. Jahrhunderts zurück. Bereits 1950 stellte Alan Turing mit seinem berühmten Turing-Test die grundlegende Frage, ob Maschinen das menschliche Verhalten so gut simulieren oder nachahmen können, dass es sich nicht von echten Menschen unterscheiden lässt.2 Wenige Jahre später, auf der Dartmouth-Konferenz im Jahr 1956, prägte John McCarthy erstmals den Begriff „Artificial Intelligence“ (AI), den er als die Wissenschaft und Technologie zur Entwicklung intelligenter Maschinen und Programme definierte.3

Frühe KI-Systeme basierten auf festgelegten Regeln und logischen Algorithmen. So erwiesen sich diese Ansätze bei komplexeren oder unvorhersehbaren Szenarien schnell als unflexibel. Erst mit der zunehmenden Verfügbarkeit großer Datenmengen und der rasanten Weiterentwicklung der Rechenleistung in den letzten Jahrzehnten gelang der KI der Durchbruch zu flexiblen, selbstlernenden Systemen.

Obwohl sich die Methoden seit damals deutlich verändert haben – von der regelbasierten, symbolischen KI bis hin zu datengetriebenen Ansätzen wie neuronalen Netzen und Deep Learning (siehe 2.6) – bleibt McCarthys grundlegende Definition bis heute relevant.4

Grundlegende Konzepte der KI

Die Funktionsweise von Künstlicher Intelligenz beruht im Wesentlichen auf vier grundlegenden Konzepten:

Intelligenz:

Intelligenz bedeutet hier die Fähigkeit, Informationen aufzunehmen, Muster darin zu erkennen und daraus sinnvolle Schlüsse oder Entscheidungen abzuleiten. KI-Systeme können somit komplexe Aufgaben automatisieren, etwa Mustererkennung oder Prognosen erstellen.

Lernen:

Im Gegensatz zu traditioneller Software, die fix programmiert ist, basiert KI auf maschinellem Lernen (ML). Dabei erkennen Systeme durch die Auswertung von großen Datenmengen eigenständig Zusammenhänge, lernen Muster und verbessern ihre Leistung kontinuierlich.

Problemlösung:

KI-Systeme wenden Verfahren wie heuristische Suchalgorithmen, logisches Schließen oder Optimierungsmethoden an, um komplexe Probleme zu lösen – wie etwa bei Schachcomputern, die neue Spielzüge eigenständig generieren.

Entscheidungsfindung:

KI trifft Entscheidungen auf Grundlage von Daten und Algorithmen, indem sie Wahrscheinlichkeiten berechnet und Unsicherheiten systematisch berücksichtigt (probabilistische Modelle).

Abgrenzung zu traditioneller Software

Im Unterschied zu klassischer Software, die starre Regeln und vordefinierte Abläufe verwendet, zeichnet sich KI durch ihre Anpassungsfähigkeit und dynamische Lernfähigkeit aus:

Traditionelle Software

folgt fest vorgegebenen Regeln und liefert somit vorhersagbare Ergebnisse. Ändern sich äußere Bedingungen, etwa gesetzliche Vorgaben, müssen diese Systeme manuell angepasst werden.

Beispiel 1: Eine klassische Buchhaltungsanwendung etwa berechnet den Gewinn, indem sie Einnahmen minus Ausgaben kalkuliert.

KI-Systeme

hingegen lernen autonom aus Daten und passen sich selbständig neuen Gegebenheiten an. So kann etwa ein KI-System zur Steuerprognose regionale Unterschiede oder gesetzliche Neuerungen automatisch berücksichtigen, ohne dass dafür neue Programmierungen erforderlich wären.

Beispiel 2: Ein KI-System kann aus historischen Steuerdaten regionale Unterschiede, saisonale Schwankungen oder neue Gesetze selbstständig erkennen und Prognosen für künftige Steuerlasten erstellen – ohne Eingriff eines Programmierers.

Vielfältige Anwendungs- und Forschungsfelder

Die Einsatzgebiete der KI-Technologie sind äußerst breit gefächert, was ihre transformative Kraft in unterschiedlichsten Branchen zeigt:

Bildverarbeitung:

KI-Systeme lernen selbstständig, Objekte auf Bildern zu erkennen, wodurch sie etwa bei der Gesichtserkennung oder in der Sicherheitsüberwachung Anwendung finden.

Autonome Fahrzeuge:

KI verarbeitet Echtzeitdaten von Sensoren, um Entscheidungen zu treffen und Fahrzeuge sicher und effizient durch den Verkehr zu navigieren.

Spracherkennung:

Digitale Sprachassistenten analysieren gesprochene Befehle und verbessern ihre Leistung stetig durch maschinelles Lernen.

Medizinische Diagnosesysteme:

KI analysiert komplexe medizinische Daten, erkennt subtile Krankheitsmuster und unterstützt Ärzte bei präziseren Diagnosen und Therapieentscheidungen.

Marketing:

Unternehmen nutzen KI zur Erstellung personalisierter Werbekampagnen, die basierend auf Kundenverhalten und Präferenzen maßgeschneiderte Inhalte anbieten.

Die laufende KI-Forschung konzentriert sich unter anderem auf die weitere Optimierung von maschinellem Lernen, natürliche Sprachverarbeitung (NLP) und erklärbare KI für mehr Transparenz. Immer mehr rücken dabei auch ethische und ökologische Fragen, wie der hohe Ressourcenverbrauch, in den Mittelpunkt.

Weitere spannende Entwicklungen und einen Ausblick in die Zukunft der KI finden Sie in Kapitel 9.

2.2 RECHTLICHE DEFINITION VON KI

Artikel 3(1) des europäischen AI Acts definiert ein KI-System als

„ein maschinengestütztes System, das für einen in unterschiedlichem Grade autonomen Betrieb ausgelegt ist und das nach seiner Betriebsaufnahme anpassungsfähig sein kann und das aus den erhaltenen Eingaben für explizite oder implizite Ziele ableitet, wie Ausgaben wie etwa Vorhersagen, Inhalte, Empfehlungen oder Entscheidungen erstellt werden, die physische oder virtuelle Umgebungen beeinflussen können.“5

Diese Definition grenzt den Geltungsbereich des AI Acts klar und praxisnah ab. Sie hebt sich bewusst von akademischen Definitionen ab, indem sie den Fokus auf konkrete Merkmale mit regulatorischer Relevanz legt.

Für Unternehmen ist das Verständnis dieser Definition von entscheidender Bedeutung: Nur, wenn ein eingesetztes System diese Kriterien erfüllt, greifen die entsprechenden regulatorischen Anforderungen bezüglich Dokumentation, Transparenz und Sicherheit.

Eine falsche Interpretation könnte dazu führen, dass Unternehmen KI-Systeme möglicherweise nicht angemessen regulieren und somit erhebliche rechtliche Konsequenzen riskieren (siehe 3.7).

Zur besseren Verständlichkeit sind die wichtigsten Aspekte der Definition hier einzeln erläutert:

Maschinengestütztes System

KI-Systeme basieren stets auf physischer oder virtueller Infrastruktur, wie etwa Servern, Cloud-Diensten oder Sensoren. Damit sind rein manuelle Prozesse ausgeschlossen. Zum Beispiel fällt eine softwarebasierte Qualitätskontrolle mittels Kamera und KI-Analyse unter den AI Act, wohingegen papierbasierte Checklisten nicht betroffen sind.

Unterschiedliche Autonomiegrade

Die Definition umfasst sowohl Systeme mit geringer Autonomie, etwa einfache Chatbots mit vordefinierten Antworten, als auch solche mit hoher Autonomie, wie selbstfahrende Fahrzeuge, die eigenständig komplexe Entscheidungen treffen können. Der Autonomiegrad kann dabei entscheidend für die Einstufung in Risikoklassen sein. Hochautonome Systeme gelten typischerweise als Hochrisiko-KI.

Anpassungsfähigkeit nach Bereitstellung

Ein wesentliches Merkmal von KI-Systemen ist ihre Fähigkeit, nach der Bereitstellung eigenständig weiter zu lernen und sich an veränderte Umstände anzupassen. Ein typisches Beispiel ist ein Spam-Filter, der neue Phishing-Methoden automatisch erkennt und sein Verhalten entsprechend anpasst.

Ableitung aus expliziten oder impliziten Eingaben

KI-Systeme erzeugen ihre Ergebnisse nicht auf Basis vorgegebener, fixer Anweisungen, sondern generieren Ausgaben, indem sie Eingabedaten analysieren und daraus Schlüsse ziehen. So verwendet etwa eine KI zur Wetterprognose Temperatur-, Luftfeuchtigkeits- und Winddaten, um Vorhersagen eigenständig abzuleiten.

Erstellung von Ausgaben oder Entscheidungen

Die Systeme liefern spezifische Ergebnisse wie Prognosen (z. B. Verkaufsprognosen), generierte Inhalte (z. B. Texte), Empfehlungen oder automatisierte Entscheidungen (z. B. Kreditfreigaben). Dies verdeutlicht die große Bandbreite potenziell regulierter Anwendungen.

Einfluss auf physische oder virtuelle Umgebungen

KI-Systeme beeinflussen aktiv ihre Einsatzumgebung – etwa indem ein Roboterarm Objekte bewegt oder eine Webseite personalisierte Inhalte anzeigt. Diese Einflussnahme macht KI sowohl regulatorisch als auch ethisch besonders relevant.

Abgrenzung von KI-Systemen aus regulatorischer Sicht

Im Gegensatz zur akademischen Definition von KI nach John McCarthy, die vor allem auf die Schaffung intelligenter Maschinen fokussierte, bietet der AI Act eine praxisorientierte und regulatorisch spezifische Perspektive.

Während traditionelle Software auf festen, programmierten Regeln basiert, zeichnen sich KI-Systeme durch ihre Lern- und Anpassungsfähigkeit aus. Traditionelle Software wie ein Taschenrechner fällt nicht unter die KI-Definition des AI Acts, da sie keine Lernfähigkeit besitzt. Auch statische Expertensysteme mit festen „Wenn-Dann“-Regeln sind von dieser KI-Definition ausgenommen, auch wenn sie an der Oberfläche womöglich „intelligent“ wirken.

Nachfolgende Tabelle fasst die Unterschiede zusammen:

Kriterium

KI-System (AI Act)

Traditionelle Software

Grundlage

Datengetrieben, lernt aus Eingaben

Feste Regeln, vorprogrammiert

Anpassungs- Fähigkeit

Dynamisch nach Bereitstellung

Statisch, keine Lernfähigkeit

Ausgaben

Vorhersagen, Entscheidungen etc.

Berechnungen, feste Ergebnisse

Regulierung

Unterliegt AI Act (je nach Risiko)

Meist nicht reguliert durch AI Act

Zur besseren Einschätzung, ob eingesetzte Systeme unter den AI Act fallen, empfiehlt es sich, drei zentrale Fragen zu beantworten:

Lernt das System eigenständig aus Daten?

Passt es sich nach der Bereitstellung selbstständig an?

Hat es aktive Auswirkungen auf seine Umgebung?

Beispiele:

Ein ERP-System, das Lagerbestände mit festen Regeln berechnet, fällt nicht unter den AI Act.

Eine KI-basierte Lagerverwaltung, die Bestellhistorien analysiert und Lagerbestände dynamisch vorhersagt, unterliegt mindestens einer Einstufung als minimales Risiko.

Ein einfacher Chatbot mit festen Antwortregeln ist keine KI. Wenn er jedoch lernende Komponenten enthält, fällt er unter die KI-Regulierung.

Tipp 3

Führen Sie frühzeitig eine systematische Risikoanalyse durch, um regulatorische Anforderungen umfassend zu erfüllen. (siehe

5.8

)

2.3 ARTEN VON KI-SYSTEMEN

KI-Systeme unterscheiden sich grundlegend in ihrer Funktionsweise, ihrer Einsatzfähigkeit und ihrem Grad an Intelligenz. Dieses Verständnis ist wesentlich, um geeignete KI-Technologien für spezifische Unternehmensanforderungen auszuwählen und gleichzeitig regulatorische Vorgaben wie den AI Act effektiv umzusetzen. In diesem Abschnitt erfahren Sie, wie sich KI-Systeme unterscheiden lassen, welche praktischen Einsatzbeispiele es gibt und welche rechtlichen Anforderungen daraus entstehen.

Unterscheidung nach Intelligenzgrad

Der Intelligenzgrad beschreibt die Leistungsfähigkeit und den Anwendungsumfang der KI:

Schwache KI (Narrow AI)

Narrow AI beschreibt spezialisierte Systeme, die spezifische Aufgaben effizient und präzise erledigen können. Sie besitzen keine generelle Intelligenz, sondern sind auf einen definierten Bereich beschränkt. Beispiele dafür sind Empfehlungssysteme wie Netflix oder Qualitätssicherungssysteme in der Produktion. Ihre Stärke liegt in der gezielten Anwendung, die jedoch klar definierte Ziele und hochwertige Daten erfordert.

Beispiel 3: Ein Unternehmen nutzt eine spezialisierte KI zur Qualitätsprüfung in der Fertigung, um Bauteile anhand vorgegebener Bilddaten auf Fehler zu überprüfen.

Starke KI (General AI, AGI)

General AI bezeichnet eine theoretische Form von KI, die menschliche Intelligenz und Anpassungsfähigkeit über viele verschiedene Bereiche hinweg nachbilden könnte. AGI ist aktuell eine Zukunftsvision und wirft erhebliche ethische sowie regulatorische Herausforderungen auf.

Viele Experten erwarten eine praktische Realisierung von AGI erst in Jahrzehnten. Für Unternehmen sind also zunächst die als Narrow-AI definierten KI-Systeme relevant. Gleichzeitig lohnt es sich, etwaige Entwicklungen in Richtung AGI langfristig zu beobachten (siehe auch 9.2).

Unterscheidung nach Funktionsweise und Entscheidungsprozess

KI-Systeme unterscheiden sich auch darin, wie sie arbeiten und Entscheidungen treffen:

Regelbasierte Systeme (Symbolische KI)

nutzen fest programmierte Regeln und logische Strukturen, um Entscheidungen zu treffen. Dadurch sind sie transparent, vorhersehbar und gut kontrollierbar, allerdings wenig flexibel bei unbekannten Situationen oder neuen Daten.

Beispiel 4: Ein Kundenservice-Chatbot, der Beschwerden erkennt und automatisch zur richtigen Abteilung weiterleitet, basiert auf vordefinierten Schlüsselwörtern und Regeln.

Lernende Systeme (Maschinelles Lernen)

passen sich dynamisch an, indem sie aus Daten lernen und Muster eigenständig erkennen. Dies macht sie flexibel und leistungsstark, jedoch häufig schwer nachvollziehbar ("Black Box"). Dies führt zu regulatorischen Herausforderungen bezüglich Transparenz und Nachvollziehbarkeit.

Beispiel 5: Ein KI-System, das Verkaufsdaten analysiert, erkennt eigenständig saisonale Trends und erstellt automatisierte Prognosen für zukünftige Absatzmengen.

Hybride Systeme

kombinieren symbolische Logik und statistische Lernverfahren. Diese Systeme sind besonders für hochregulierte Bereiche geeignet, da sie sowohl Anpassungsfähigkeit als auch Transparenz bieten.

Beispiel 6: Medizinische Diagnosesysteme, die sowohl Muster in Patientendaten erkennen als auch regelbasierte Diagnoseschritte transparent dokumentieren.

Unterscheidung nach Anwendungsbereich

Die Anwendungsgebiete der KI zeigen ihre Vielseitigkeit und Relevanz für verschiedene Branchen:

Generative KI:

Erzeugt eigenständig Inhalte wie Texte, Bilder oder Videos und wird häufig im Marketing und kreativen Bereich eingesetzt. Aufgrund ihrer kreativen Freiheit bestehen spezifische regulatorische Herausforderungen (siehe Kapitel

8

).

Natürliche Sprachverarbeitung (NLP):

Systeme wie Chatbots oder Übersetzungsprogramme analysieren und generieren menschliche Sprache, unterstützen Kommunikation und werden im AI Act oft mit begrenztem Risiko eingestuft (siehe Abschnitt

3.4

).

Computer Vision:

Bildverarbeitungssysteme analysieren visuelle Daten und werden beispielsweise zur Qualitätskontrolle oder Verkehrsüberwachung eingesetzt. Aufgrund ihrer potenziellen Auswirkungen auf die Sicherheit werden sie häufig als Hochrisiko-Systeme klassifiziert.

Robotik:

In Robotern verbundene KI-Systeme nutzen Sensordaten, um physische Aufgaben wie Lagerarbeiten oder chirurgische Eingriffe zu unterstützen. Auch sie gelten aufgrund ihrer Sicherheitsrelevanz oft als Hochrisiko-Systeme.

Autonome Systeme:

Selbstfahrende Autos oder Drohnen treffen eigenständig Entscheidungen auf Basis von Echtzeitdaten. Diese Systeme unterliegen strengen regulatorischen Anforderungen und werden typischerweise als Hochrisiko eingestuft (siehe Abschnitt

3.3

).

Jeder dieser Anwendungsbereiche erfordert spezifische Datenquellen, technische Umsetzungen sowie gezielte Compliance-Maßnahmen gemäß den Anforderungen des AI Acts.

Tipp 4

Wählen Sie die richtige Art von KI-Systemen basierend auf Ihrer Aufgabenstellung. Setzen Sie auf regelbasierte KI für einfache, transparente Prozesse und auf lernende KI für komplexe Prognosen.

2.4 DATEN: DER TREIBSTOFF FÜR KI-SYSTEME

Daten sind das Fundament jeder Künstlichen Intelligenz. Ohne hochwertige Daten wären KI-Systeme ähnlich nutzlos wie ein Motor ohne Treibstoff. Insbesondere für datengetriebene KI-Methoden wie maschinelles Lernen (siehe Abschnitt 2.5) sind Daten entscheidend, da sie die Basis für Lernen, Anpassung und Bewertung der Systeme darstellen.

KI-Systeme lernen durch das Erkennen von Mustern in Daten. Die Qualität und Quantität der Daten bestimmen maßgeblich den Erfolg eines KI-Systems: Je umfassender und hochwertiger diese Datengrundlage ist, desto präziser und zuverlässiger sind die Ergebnisse.

Datenqualität

Hochwertige Daten müssen akkurat, vollständig, aktuell und repräsentativ sein. Fehlerhafte oder unrepräsentative Daten führen zu verzerrten Ergebnissen und ineffizienten KI-Modellen.

Datenquantität

KI-Modelle benötigen oft große Datenmengen, um effektiv zu sein. Gleichzeitig sollte vermieden werden, dass unnötige oder irrelevante Daten („Datenmüll“) den Prozess verlangsamen.

Moderne KI-Modelle, wie beispielsweise GPT (siehe 8.3), werden mit riesigen Mengen von Datenpunkten trainiert, um komplexe Aufgaben wie die Generierung natürlicher Sprache zu meistern.

Beispiel 7: Wenn ein Einzelhändler eine KI nur mit städtischen Daten trainiert, versagt das Modell möglicherweise bei Vorhersagen für ländliche Filialen.

Über den KI-Lebenszyklus hinweg kommen Daten unterschiedliche Rollen zu:

Trainingsdaten

sind die Basis: Sie werden genutzt, um ein Modell zu entwickeln – beispielsweise Verkaufsdaten, die eine KI zur Prognose zukünftiger Umsätze trainieren.

Validierungsdaten

helfen, das Modell während des Trainings zu optimieren, indem sie überprüfen, ob es nicht nur die Trainingsdaten auswendig lernt (Overfitting).

Testdaten

schließlich bewerten die finale Leistung anhand neuer, unbekannter Daten – ein entscheidender Schritt, um Robustheit sicherzustellen.

Beispiel 8: Ein Logistikunternehmen nutzt Sensordaten (Fahrgeschwindigkeit, Kraftstoffverbrauch, Verkehr) und historische Lieferzeiten, um Routen zu optimieren. Das Modell wird mit diesen Daten trainiert und anschließend mit neuen Daten getestet, um seine Genauigkeit zu validieren.

Jede dieser Datenarten muss sorgfältig ausgewählt und gepflegt werden, denn Fehler hier wirken sich direkt auf die Ergebnisse aus.

Im praktischen Einsatz kommen zusätzlich Echtzeitdaten ins Spiel, die das System kontinuierlich verbessern – denken Sie an einen Chatbot, der aus Kundenanfragen lernt.

Datenarten

Daten kommen in verschiedenen Formen und Formaten vor und erfordern eine unterschiedliche Verarbeitung. Unterschieden wird im Wesentlichen zwischen:

Strukturierte Daten:

Diese sind klar organisiert, wie etwa Tabellen mit Verkaufszahlen oder Kundendaten. Sie sind leicht analysierbar und eignen sich ideal für KI-Anwendungen in Vertrieb oder Finanzprognosen.

Unstrukturierte Daten:

Texte, Bilder, Audio- und Videodaten sind komplexer, bieten aber häufig tiefere und umfangreichere Erkenntnisse, etwa bei der Sentiment-Analyse von Kundenbewertungen.

Beispiel 9: Ein Autohersteller kombiniert strukturierte Sensordaten (z.B. Geschwindigkeit) mit unstrukturierten Kamerabildern, um Fahrassistenzsysteme umfassend zu trainieren. Diese Kombination erhöht die Robustheit des KI-Systems.

Datensammlung und -verarbeitung

Die sorgfältige Erhebung und Verarbeitung von Daten sind von grundlegender Bedeutung:

Datensammlung

Strategisch ausgewählte Datenquellen garantieren Repräsentativität. Rohdaten aus CRM-Systemen, IoT-Geräten (Internet of Things / Internet der Dinge) oder öffentlichen Datensätzen bilden oft die Basis.

Datenannotation bzw. Kennzeichnung

Besonders bei Bildern oder beispielsweise medizinischen Daten müssen Daten sorgfältig manuell oder halbautomatisch gekennzeichnet werden.

Beispiel 10: Ein Diagnosemodell benötigt annotierte Bilder zur präzisen Unterscheidung zwischen gutartigen und bösartigen Hautveränderungen.

Datenverarbeitung

Dabei werden Rohdaten aufbereitet, um nutzbar zu sein

Bereinigung

von Duplikaten oder Fehlern

Normalisierung

(z.B. Umrechnung für einheitliche Skala)

Feature Engineering

zur Extraktion relevanter Merkmale (z.B. Berechnung eines durchschnittlichen Bestellwertes)

Herausforderungen bei der Datennutzung