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Ein grausamer Mord. Ein Mädchen, das bei Vollmond zur Werwölfin wird. Und ein unnahbarer Hexenmeister, der die Kriminalfälle aufklären soll ... Eine Mordserie an Werwölfen erschüttert die übernatürliche Community – und auch Sages Freundin Lucy wird tot aufgefunden. Sage ist wild entschlossen, sich den Ermittlungen anzuschließen und den Täter zu finden. Doch sie gerät ausgerechnet an den unnahbaren Hexenmeister Oren. Der höchst attraktive Einzelgänger macht keinen Hehl daraus, dass er am liebsten allein arbeitet, und auch Sage ist zunächst nicht sehr begeistert. Schließlich ist Oren für seine rabiaten Methoden bekannt. Doch während das ungleiche Paar ein komplexes Netz an Verbrechen aufklärt, beginnt sie, hinter seine Fassade zu schauen … Der erste Band einer packenden Urban-Fantasy-Trilogie – voller vielschichtiger Charaktere und mit einer fesselnden Rivals to Lovers-Romance mit Forced Proximity- und Found Family-Vibes. »Ich komme mir blöd vor«, gestand sie endlich ein. »Weil ich mich nicht ausreichend fürchte.« »Dass du dich nicht ausreichend fürchtest, hat mir an dir schon immer am besten gefallen«, erwiderte er.
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Veröffentlichungsjahr: 2025
Ein grausamer Mord. Ein Mädchen, das bei Vollmond zur Werwölfin wird. Und ein unnahbarer Hexenmeister, der die Kriminalfälle aufklären soll
Eine Mordserie an Werwölfen erschüttert die übernatürliche Community – und auch Sages Freundin Lucy wird tot aufgefunden. Sage ist wild entschlossen, sich den Ermittlungen anzuschließen und den Täter zu finden. Doch sie gerät ausgerechnet an den unnahbaren Hexenmeister Oren. Der höchst attraktive Einzelgänger macht keinen Hehl daraus, dass er am liebsten allein arbeitet, und auch Sage ist zunächst nicht sehr begeistert. Schließlich ist Oren für seine rabiaten Methoden bekannt. Doch während das ungleiche Paar ein komplexes Netz an Verbrechen aufklärt, beginnt sie, hinter seine Fassade zu schauen …
Der erste Band einer packenden Urban-Fantasy-Trilogie – voller vielschichtiger Charaktere und mit einer fesselnden Rivals to Lovers-Romantasy mit Forced Proximity- und Found Family-Vibes.
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Viten
Für mein zwanzigjähriges Ich – ich habe dir doch gesagt,
dass du es ihnen beweisen wirst.
Ob schnell er kommt, ob lang er weilt,
Am End’ uns doch der Tod ereilt.
Sir Walter Scott, Marmion (1808)
»Ein Opfer. Weiblich … Mitte zwanzig. Aufgeschlitzte Kehle. Abwehrverletzungen an Armen und Oberkörper. Keine Verwandlung.«
Oren ging um die Leiche herum und betrachtete sie von allen Seiten.
Die tote Frau lag in menschlicher Gestalt auf dem Wohnzimmerboden ihrer Wohnung im Oben und blutete einen kleinen Teppich voll, an dem es sonst nichts auszusetzen gab. Ihr schulterlanges blondes Haar war an den Spitzen rot verklebt, und ihre noch offenen Augen starrten ausdruckslos auf die Erinnerung dessen, was sie als Letztes erblickt hatten.
Er ging in die Hocke, hielt eine Hand knapp über ihr verstummtes Herz und schloss die Augen. »Körperkerntemperatur fallend, aber noch nicht kalt. Opfer seit weniger als einer Stunde tot.«
Seufzend richtete er sich wieder auf.
»Den Blutspritzern an den Wänden nach zu urteilen, wurde ihr die Kehle aufgeschlitzt, ehe sie auf den Boden fiel …« Oren unterbrach sich und warf einen Blick auf sein Notizbuch, das aufgeschlagen auf dem Couchtisch lag. »Oder … als sie von ihrem Mörder wegtaumelte.«
Seine laut ausgesprochenen Gedanken erschienen in blauer Tinte auf dem Papier, verblassten und änderten sich bei jeder neuen Äußerung.
»Teil eines blutigen Fußabdrucks. Eine Tasse Kaffee, fast ausgetrunken. Wohnung in gutem Zustand. Schlafzimmer unangetastet. Pinnwand – nichts von Interesse.«
Zumindest nicht für ihn.
Oren trat zurück in den Flur. Auf einem niedrigen Tisch neben der Tür lagen Schlüssel in einer Schale, daneben ein kleiner Stapel Postwurfsendungen. Er musterte sie von beiden Seiten und warf sie dann wieder auf den Tisch.
»Du hattest schon bessere Tage, Lucinda Hague.« Mit einer Handbewegung ließ er sein Notizbuch auf dem Tisch erscheinen. »Haustür unbeschädigt. Keine Einbruchsspuren.«
Dann kehrte er ins Wohnzimmer zurück und stand eine Weile einfach nur da.
Irgendetwas … kam ihm merkwürdig vor.
Er drehte sich auf der Stelle, schnupperte.
Nichts.
Er zog noch einmal die Luft ein.
Immer noch nichts.
Interessant.
Was störte ihn? Oren konnte es sich nicht erklären. Auf den ersten Blick wirkte das hier durchaus wie ein menschliches Verbrechen, als wäre es ein bloßer Zufall, dass das Opfer aus dem Unten stammte. Auch gab es am Tatort nichts, was irgendwelche übernatürlichen Geheimnisse verriet. Er sollte von hier verschwinden und die Aufklärung des Falls den Menschen überlassen. Sie würden nie erfahren, dass die unglückliche Lucinda Hague eine Werwölfin war – die einzige Spezies aus der Unterwelt, die dauerhaft im Oben leben konnte. Er bemitleidete diese Werwölfe. Ihr Wunsch, ein menschliches Leben zu führen, kam für ihn einer Weigerung gleich, ihre wahre Natur zu akzeptieren.
Oren legte die Stirn in Falten. Er konnte es nicht ausstehen, wenn er sich einer Sache nicht sicher war. Doch ohne eine konkrete Spur würde Roderick – sein sogenannter Captain im Arcānum, der Eliteeinheit von Hexenmeistern und Hexenmeisterinnen, die in der übernatürlichen Welt für Ordnung sorgten – die Sache sofort zu den Akten legen.
Genervt schnalzte er mit der Zunge. Roderick hatte ihm eine Stunde gegeben, ehe er die menschlichen Behörden darüber informieren würde, dass sich unter dieser Adresse ein Zwischenfall ereignet hatte, und die war fast um.
Zeit zu gehen.
Oren warf Lucinda Hague einen letzten ungerührten Blick zu, verließ mit einem Schulterzucken das Zimmer und …
… hörte einen flatternden Herzschlag, wie die Flügel eines gefangenen Vogels.
Er hielt inne.
Normalerweise blendete er Gefühle aus. Und er hatte über viele Jahre hinweg gelernt, seine höchst empfindlichen Sinne zu kontrollieren, daher wäre es ihm fast entgangen.
Er riss so ruckartig die Wohnungstür auf, dass sie vor Schreck ihren Regenschirm fallen ließ.
Ein wegen der Kälte eingemummeltes Mädchen, dessen dicker Mantel bis über ihren Schal hochgeknöpft war, starrte ihn an. Ihr schwarzes, windgepeitschtes Haar fiel aus einem unordentlichen Dutt, wild und ungezähmt und genauso wirr wie der ängstliche Blick in ihren braunen Augen.
Der Blutgeruch war so überwältigend, dass Sage befürchtete, sie würde sich gleich übergeben. Oder ohnmächtig werden. Oder beides.
Und dann flog Lucys Wohnungstür auf, und ein hochgewachsener junger Mann in einem dunklen Mantel über einem grauen T-Shirt und Jeans sah mit einem finsteren Blick auf sie herab – eigentlich kein Mann, sondern ein Hexenmeister, und definitiv nicht die Freundin, die sie hatte besuchen wollen.
»Ich wollte zu …« Sie verstummte.
Lucy, die erste Freundin, die sie bei ihrer Ankunft im Unten gefunden hatte. Als Sage noch ein achtjähriges und gerade verwaistes Mädchen gewesen war, direkt nachdem ihre Eltern und ihr kleiner Bruder bei einem Werwolf-Angriff ums Leben gekommen waren.
Lucy, die Weinen gehört hatte und in Sages Zimmer geschlichen war, um ihre vielen Fragen über diese verrückte, neue Wirklichkeit zu beantworten, in die sie von einem Moment zum nächsten geworfen worden war.
Lucy, die am Morgen ihres achtzehnten Geburtstags dem Unten den Rücken gekehrt hatte und nie wieder zurückgekommen war.
Lucy, die ihr keine andere Wahl gelassen hatte, als unangekündigt bei ihr aufzutauchen, um herauszufinden, warum ihre alte Freundin ständig Verabredungen absagte und sie aus ihrem Leben auszuschließen schien.
Lucy …
Oh Gott, das Blut!
Eine Mischung aus Salz und Eisen mit einer Spur Kiefernnadeln. Absolut, definitiv und hundertprozentig Werwolf-Blut. Sie konnte es schmecken – so warm, frisch und streng, dass ihr die Galle in die Kehle stieg.
Sage sah den Flur hinunter … aber es regte sich nichts. Natürlich konnte niemand anderes das Blut riechen. In allen anderen Wohnungen lebten einfache Menschen, mit abgestumpften Sinnen und ohne die geringste Ahnung, was sich hinter dieser Tür befand.
»Ich kann … Blut riechen«, brachte sie schließlich heraus, während ihr das Herz in den Ohren pochte.
»Wie nicht anders zu erwarten.« Er schnupperte demonstrativ in der Luft, witterte sie und identifizierte auch sie als Werwölfin. »Du kanntest sie?«
Wen? Lucy?
Kanntest?
Jäh rauschte aller Atem aus ihrem Körper, als das Wort über ihr zusammenschlug.
Sie spürte etwas in ihrem Haar, noch ehe ihr Hirn registrierte, dass sie sich selbst die Strähnen aus dem Gesicht strich und ihren Dutt festzog, sich auf jedwede Art ablenkte, nur um sich der Wahrheit nicht zu stellen: Eine weitere wichtige Person in ihrem Leben war tot.
Bilder blitzten vor ihren Augen auf – die Gesichter ihrer leblosen Eltern, ihr kleiner Bruder, der über den Schlafsack hinweg die Hand nach ihr ausstreckte, das Geräusch letzter, röchelnder Atemzüge …
Die weißen Wände und Holztüren gerieten ins Wanken.
Dann schaute sie wieder zu ihm auf und bemerkte seine leuchtenden blaugrünen Augen und sein teils schwarzes, teils grau meliertes Haar, als hätte sein Alterungsprozess schon viel zu früh begonnen. Das Arcānum hatte ihn anscheinend zum Tatort eines übernatürlichen Verbrechens geschickt …
Tatort.
Lucy …
Sage hätte beinahe laut aufgelacht. Ein wahnsinniges, hysterisches Lachen, das sich der Wirklichkeit verweigerte.
Lucy konnte doch nicht tot sein … Das konnte nicht sein …
Plötzlich stürmte sie an ihm vorbei und in die Wohnung.
Sie war erst ein Mal hier gewesen, aber es sah alles immer noch genau so aus, wie sie es in Erinnerung hatte. Ein weißer Flur mit ein paar gerahmten Bildern an den Wänden und einigen Kleiderhaken – doch davon nahm sie kaum etwas wahr, als sie mit großen Schritten auf die Wohnzimmertür zumarschierte.
»Das würde ich lassen, wenn ich du wäre.«
Sage stieß die Tür auf und starrte auf die Leiche am Boden.
Einen Moment lang herrschte in ihrem Hirn Totenstille.
Völlige Leere. Unfähigkeit zu begreifen.
Die Haare an ihren Armen stellten sich auf und drückten gegen das Innere ihrer Ärmel. Als würde Elektrizität über ihre Haut laufen. Oder versuchte es, herauszukommen? Das Monster in ihr?
Nein.
Nein, diese gottverdammte Wölfin würde auf keinen Fall zum Vorschein kommen. Nicht heute.
Sie legte sich eine Hand vor den Mund und merkte, dass sie zitterte.
Plötzlich konnte sie kaum mehr atmen.
Die Luft war stickig und wie aufgeladen, und mit jedem Atemzug wurde ihr schwindliger. Sie wollte sich vorbeugen und auf ihre Füße kotzen.
Alles triefte vor Blut. Der Boden, die Wände, die Decke … Die Leiche ihrer Freundin ertrank regelrecht darin. In dem ganzen Blut zeichnete sich ein einziger halber Fußabdruck ab. Sie wollte auf dem Absatz kehrtmachen und vor dem furchtbaren Anblick davonlaufen. Glasige Augen. Nicht mehr da.
Sage blickte auf und stellte fest, dass er ihr gefolgt war. Seine Turnschuhe sahen zu weiß aus. Zu sauber. Im ganzen Raum waren nur sie nicht rot besudelt.
Dieses ganze Grauen um sie herum schien ihn kein bisschen zu berühren. Er packte sie am Ellbogen und führte sie zurück auf den Flur und aus der Wohnung. Sie spürte eine pulsierende Macht den Gang entlangrauschen und beobachtete, wie sich ein feiner magischer Dunstschleier auf Wände und Türen legte – eine zusätzliche Maßnahme, damit die Menschen sie nicht hören konnten.
»Ich habe dir eine Frage gestellt.«
Sie blinzelte. Welche Frage?
»Kanntest du sie?«, wiederholte er ungeduldig. »Sag schon.«
Sein autoritärer Tonfall erschreckte sie. »Früher mal.« Vermutlich kannte sie Lucy gar nicht mehr besonders gut.
»Wir waren im Unten im selben Waisenhaus, bis vor etwa sieben Jahren. Seitdem habe ich sie kaum gesehen. Alle paar Jahre vielleicht.«
»Du wirkst nicht sonderlich erschüttert. Wie kommt das?«
Mit dieser Frage hatte sie nicht gerechnet … Vielleicht war es der Schock, oder sie hatte schon Schlimmeres gesehen. Weitere Erinnerungen blitzten auf.
Aufgerissene und zerfetzte Haut. Blut und Knochen. Helles Haar, rot verklebt.
»Ich glaube«, fuhr er leise fort, »dass viele Mörder zum Tatort ihres Verbrechens zurückkehren. Sie haben Spaß daran.«
Von dieser Anschuldigung völlig entsetzt fuhr Sage zusammen und bekam nicht mit, wie er eine Hand, die im Glanz des goldenen Dunstschleiers leicht schimmerte, nach vorne schnellen ließ. Aus der anderen schoss wie aus dem Nichts eine Klinge hervor.
Seine Finger legten sich wie ein Schraubstock um ihr Handgelenk, und sie schrie verängstigt auf. Plötzlich war sein perfekt geschnittenes Gesicht nur Zentimeter von ihrem entfernt, die makellosen Zähne entblößt, während er die stählerne Klinge an ihre Kehle drückte. »Warum hast du sie umgebracht?«
»Hab ich nicht!«, keuchte sie. »Ich schwör’s, bitte, ich …«
»Warst du eifersüchtig?« Die scharfe Schneide drückte sich fester in ihren Hals. »Weil sie sich hier ein Leben aufgebaut und dich zurückgelassen hat?«
Sage brach in Tränen aus. »Nein …«
»Wer war es dann?«
»Ich weiß es nicht!«, schrie sie jetzt und versuchte verzweifelt, sich aus seinem eisernen Griff zu lösen, aber es hatte keinen Sinn. Die Magie, die seine und ihre Hände umhüllte, gab ihr das Gefühl, an Glas zu kratzen. Nicht einmal Wolfskrallen könnten seinen Griff durchbrechen. In dem Moment wurde ihr klar, dass genau das seine Absicht war. »Ich kenne niemanden, der sie würde verletzen wollen!«
»Sie hatte keine Feinde?«
»Keinen einzigen!«, schrie sie. »Sie war Journalistin. In ihrer Freizeit hat sie sich ehrenamtlich engagiert. Hat Leuten geholfen. Sie war freundlich und liebenswürdig und …«
Er ließ ihre Hand los und trat von ihr weg.
Fassungslos starrte sie ihn an und rieb sich das Handgelenk.
»Ich weiß, dass du es nicht warst.«
Was?
Was?
Er zuckte mit den Schultern. »Angst und Schrecken bringen die Wahrheit in den meisten Fällen ans Licht. Und zwar schneller. Ich wollte bloß Antworten.«
Sage sah ihn mit großen Augen an.
So ein Scheißkerl. So ein absoluter Scheißkerl.
Wäre sie nicht so schockiert gewesen, dass ihre Knie beinahe unter ihr wegknickten, hätte sie ihm das an den Kopf geworfen.
»Die Polizei der Menschen wird bald eintreffen und den Fall übernehmen. Du solltest gehen.«
»Menschen?«, wiederholte sie schwach. »Du glaubst also nicht, dass es ein übernatürlicher Mord war?«
»Das geht dich nichts an«, gab er zurück. »Komm morgen um zwölf zum Hauptquartier des Arcānum, damit ich deine Aussage aufnehmen kann. Ich habe ein paar Fragen zu ihrer Vergangenheit. Sowie zu ihrer Arbeit als Journalistin und ihrer ehrenamtlichen Tätigkeit und all dem.« Er steckte die Hände in seine Manteltaschen. »Geh jetzt.«
Sage blickte an ihm vorbei zur Leiche ihrer Freundin, im vollen Bewusstsein, dass in diesem Moment zum letzten Mal jemand, der Lucy lebend gekannt hatte, ihr Gesicht sah.
Sage konnte sich an den Rückweg nach Hause kaum erinnern.
Sie war aus der Wohnung geeilt, um vor alldem zu fliehen. Vor dem Hexenmeister. Vor Lucy. Draußen in den Cafés, dem Restaurant und dem Pub hatte niemand auch nur die geringste Ahnung, was sie gerade gesehen hatte.
Ohne auf ihre Umgebung zu achten, rannte sie um Ecken und über Straßen und nahm kaum das aufgebrachte Hupen der Autos wahr, vor die sie sprang, oder das verärgerte Murren der Passanten, mit denen sie zusammenprallte. Es regnete wieder in Strömen, als hätten die Wettergötter den ganzen Tag lang nur auf sie gewartet.
Im Stadtzentrum war immer viel los. Aber jetzt, da im Oben Weihnachten schon fast vor der Tür stand, drängten sich überall Menschen, die letzte Einkäufe machten und sich nicht darum scherten, wie dringend sie ihr aus dem Weg gehen sollten. Sie wollte einfach nur nach Hause. Wo es sicher und warm war und kein Blut an den Wänden klebte.
Doch dann kam es endlich in Sicht – wie ein sehnsuchtsvoll erwarteter Leuchtturm, der verschollenen Seeleuten Land signalisiert. Sie stolperte auf das neonblaue Licht der Dive Bar zu, das ihr Schutz und Sicherheit versprach, vorbei an Afflecks Palace und dem alten Gebäude mit dem berühmten Mosaik: AND ON THE SIXTH DAY GOD CREATED MANchester. Sie verzog grimmig das Gesicht. Falls es einen Gott gab, hatte er verdammt viel mehr als das erschaffen.
In der Dive Bar polierte Big John gerade Gläser hinter der Theke und winkte ihr mit einem schmuddeligen Lappen zu. Sonst hatte niemand ihre Ankunft bemerkt. Aus den Lautsprechern dröhnte Musik, und in der Ecke fand gerade ein Poolbillard-Turnier statt, sodass Sage ohne anzügliche Zurufe durch die Bar schlüpfen konnte. Ein seltenes Vergnügen. Der Boden klebte von abgestandenem Ale, und die Luft stank nach Zigaretten, die drinnen eigentlich verboten waren.
Im feuchten Fassraum dahinter schlängelten sich mit bernsteinfarbener Flüssigkeit gefüllte Rohre über die Wände, und die wummernden Beats brachten die Metallkanister zum Klappern. Die schwere, uralte Falltür aus rauem, zersplittertem Holz quietschte in ihren rostigen Angeln, als sie sie aufzog. Über ihrer Oberfläche kräuselte sich der schwach schimmernde Glanz der Magie, die verhinderte, dass die Pforte zur Unterwelt von Menschen geöffnet werden konnte.
Sage stieg die Wendeltreppe in die Dunkelheit hinab. Ihre Lungen brannten, ihr Hals war heiser von der eiskalten Luft. Sie war klatschnass, und Tränen liefen ihr übers Gesicht. Die Kälte war ihr bereits in die Knochen gekrochen, und ihre Seele fühlte sich wie erfroren an. Auf ihren Wangen kribbelte die Scham, als sie sich an die Angst erinnerte, die sie in der Gewalt des Hexenmeisters empfunden hatte. In ihr lauerte ein Monster, warum hatte sie nicht einmal versucht, sich mit seiner Hilfe zu verteidigen?
»Alles klar, Sage?« Stellan, der Wächter, zwinkerte ihr unten aus den Schatten zu. Wie immer saß er im Schein einer einsamen flackernden Kerze pflichtbewusst neben der Treppe. Er war der Geist eines mittelalterlichen Ritters und trug weiter das Gewand, in dem er gestorben war. Das zerfetzte Kettenhemd, das ihm vom Oberkörper hing, klirrte durch die Finsternis. Hinter ihm erstreckte sich ein düsterer Tunnel, gesäumt von einer Vielzahl elektrischer Kabel, die Strom aus dem Oben abzapften.
Sage schüttelte den Kopf, unfähig zu sprechen. Sie hatte es bis ins Unten geschafft – in die unterirdische, vor Menschen verborgene und von Magie gestaltete Stadt.
Sie war zu Hause.
»P?« Sage trat durch die Tür ihrer gemeinsamen Wohnung in den Flur.
Ihre beste Freundin glitt mit einem Lächeln durch die Küchenwand.
Ps hellblondes Haar war hinten zu einem Zopf geflochten. Wie Stellan trug sie noch dieselbe zerrissene und blutbefleckte Kleidung wie zum Zeitpunkt ihres Todes. Sie wirkte … fahl, als wären ihre Farben ausgewaschen und verblasst, und ihre Erscheinung war so fließend, dass Sage durch sie hindurchsehen konnte, wenn sie sich bewegte.
Doch P schwebte heiter und mit warmem Blick den Flur hinunter in Richtung des gemütlichen Wohnzimmers. Lichterketten hingen über Bilderrahmen und überall standen Vasen voller Blumen, deren süßer Duft Sage in die Nase stieg. Sie ließ den Blick auf einem kleinen Rahmen in der oberen Ecke des Regals ruhen. Es war ein Bild von ihr als kleinem fröhlichem Mädchen zusammen mit einem kleinen Jungen, jünger als sie, aber mit dem gleichen dunklen Haar.
»Auf dem Herd ist Minestrone«, sagte P. »Ich bring dir eine Schüssel.«
Sage starrte auf das Sofa und den kleinen Teppich davor. Wenn sie ihre durchnässten Turnschuhe auszog und feuchte Fußspuren darauf hinterließ, würde P austicken. Aber wenigstens war es kein blutiger Fußabdruck.
Die Wucht dieses Gedankens haute sie fast um.
»Sage?« Ps Stimme kam wieder näher, und als sie aufsah, schwebte ihre Geisterfreundin mit einer Suppenkelle in der Hand und einem besorgten Gesichtsausdruck im Kücheneingang.
Auch wenn Lucy eine von Sages ersten übernatürlichen Freundinnen gewesen war, kannte sie niemand so gut wie P.
Und so brach endlich alles aus ihr heraus – zwischen Tränen, Rotz und den kurzen Momenten, in denen sie Luft holen musste, beschrieb sie, was sie in Lucys Wohnung vorgefunden hatte. Hätte sie das alles irgendeiner anderen Person erzählt, wäre diese davon ausgegangen, sie würde nur um Lucy weinen. Doch P verstand, dass es ebenso sehr um die anderen blutigen Leichen ging. Um einen noch größeren und noch schmerzlicheren Verlust, den Sage in ihrem jungen Leben erfahren hatte. Der Verlust, der überhaupt erst der Grund dafür war, dass sie im Waisenhaus gelandet war. Und dann in dieser Wohnung mit P.
P verstand, dass Lucys Tod nur die Spitze eines schon gewaltigen Eisbergs war, mit dem Sage jeden Tag zu kämpfen hatte.
An manchen Tagen konnte Sage ihre Schuldgefühle nur mit Mühe in Schach halten. Konnte nur mit Mühe aufstehen und ihrem Alltag nachgehen, während sie zu verdrängen versuchte, dass diese schrecklichen Erinnerungen sie in ihren Albträumen heimgesucht und neue Fragen darüber aufgeworfen hatten, warum sie überlebt hatte und ihre Familie gestorben war. Ihre Eltern, ihr kleiner Bruder. War es Glück, Schicksal oder Bestrafung? An manchen Tagen sah sie keinen Sinn darin, auch nur aufzustehen.
Es war P und nur P, die sich geweigert hatte, Sage in ihrem Kummer ertrinken zu lassen.
Und eben das tat sie jetzt auch. Sie wusste genau, welche beruhigenden Dinge sie ihr im richtigen Moment sagen musste. Bis Sages Tränen verbraucht waren und sie wieder so etwas wie inneren Frieden empfand.
Dann ließ Sage ihrer Wut über den Hexenmeister freien Lauf.
Mit großen Augen hörte P ihr zu und nickte. »Zeig ihn an!«, sagte sie bestimmt. »Auch wenn sie bestenfalls arrogante Arschlöcher sind, können sie andere nicht einfach so behandeln, Sage! Nicht, nachdem du gerade eine Freundin … ähm …« Sie schüttelte seufzend den Kopf und bot Sage ein weiteres Taschentuch aus der Schachtel an, die sie von irgendwo hervorgeholt hatte. »Geh duschen, du bist klatschnass. Ich bring dir die Minestrone und eine knusprige Scheibe Brot zum Tunken. Und dann schauen wir uns schlechte menschliche Rom-Coms an, bis es uns besser geht.«
Als Sage am nächsten Morgen aufwachte, dauerte es ein paar Minuten, bis ihr das gestrige Grauen wieder in den Sinn kam. Erneut stieg Panik in ihr auf, die jedoch nachließ, sobald sie sich daran erinnerte, wie P und sie beim Anblick eines jungen Patrick Dempsey verträumt gekichert hatten, und sich schließlich ganz auflöste.
»Es gibt Würstchen zum Frühstück«, begrüßte P sie, als sie aus ihrem Schlafzimmer schlurfte. »Und Toast. Oder ich kann dir noch Speck braten, wenn du willst?«
P war eine ausgezeichnete Köchin. Niemand kam an ihre Kochkünste heran. Weil sie rastlos war und unendlich viel Zeit hatte, bereitete sie jeden Tag so viel Essen zu, dass sie das meiste weggeben mussten. Wenn sie mit entschiedener Miene ihre Tupperdosen schwenkte, wagte niemand abzulehnen. Aber ihre Freundinnen und Freunde Juniper und Willow, Rhen, Danny, Harland und Cypress tauchten freiwillig in regelmäßigen Abständen bei ihnen auf, um milde Gaben entgegenzunehmen.
»Oder Eier …«
»Toast reicht«, erwiderte Sage gähnend und ließ sich auf das Sofa fallen, um ihre Turnschuhe anzuziehen, insgeheim dankbar dafür, dass P sie zum Trocknen unter die Heizung gestellt hatte. »Ich esse auf dem Weg.«
P schwieg dazu.
Sage stand auf und ging zur Küchentür.
Wie immer war die Küche blitzblank. Alle Oberflächen und Wasserhähne glänzten. P putzte fast ebenso besessen, wie sie kochte. Eigentlich war alles wie sonst auch … P schwebte neben dem Herd ein paar Zentimeter über dem Boden, während sie in einer Pfanne brutzelnde Würstchen hin und her schob. Dampfschwaden schlängelten sich wie Ranken durch sie hindurch und ließen ihre transparenten Arme milchig erscheinen.
»Was ist los?«
»Was meinst du?«
»Ich habe ›nur Toast‹ gesagt, und du hast nicht darauf bestanden, dass ich noch was dazu esse.«
P setzte eine Unschuldsmiene auf, als würde sie so etwas nie sagen. Dabei wussten sie beide, dass sie das sehr wohl tat.
»P?«
»Na schön.« Aufgebracht ließ sie den Bratenwender in die Pfanne fallen. »Danny hat vor einer Stunde angerufen.« Sie verzog das Gesicht. »Das mit Lucy spricht sich gerade herum. Alle Werwölfe reden darüber. Er wollte wissen, ob du davon gehört hättest und ob du es für wahr hältst, dass sie ermordet wurde.«
Sage schluckte. »Ich kann das nicht.«
»Ich weiß.« P nickte. »Ich hab ihm gesagt, du hättest mir gegenüber nichts erwähnt. Und dass ich es dir erzählen würde, wenn du aufwachst.«
»Hast du irgendwas gehört …«, setzte Sage verlegen an, »von deinen …« Sie verstummte. Obwohl sie beste Freundinnen waren, wusste sie nicht, wie sie es ausdrücken sollte. »Ich meine, ist sie …« Sie seufzte hilflos. »Du weißt schon.«
P schüttelte den Kopf. »Niemand hat sie gesehen. Sie glauben nicht, dass sie geblieben ist. Alle glauben, dass sie sich entschieden hat zu gehen.«
Wenn die Zeit gekommen war, hatte jeder die Wahl, entweder ein Geist zu bleiben oder ganz auf die andere Seite zu wechseln. Die Entscheidung war endgültig, und sobald man sie getroffen hatte, gab es kein Zurück. Auch P hatte diese Wahl treffen müssen. Und sie war geblieben.
Sage nickte. Sie hatte nichts anderes erwartet. Lucy hatte dem Unten und dem übernatürlichen Leben unbedingt entkommen wollen, da würde sie sich wohl kaum für die Ewigkeit als Geist entscheiden.
Mit einem freudlosen Lächeln reichte ihr P ein in Alu gewickeltes Päckchen. »Wenn du jetzt losgehst, kommst du zu früh. Es ist erst elf.«
»Ich will noch beim Büro des Captains vorbei, bevor ich diesen Hexenmeister aufsuche …«
»Ach, Sage«, jammerte P. Diesen mitleidigen Blick ihrer Freundin kannte sie nur zu gut. »Ist das wirklich die Sache wert, ausgerechnet heute?«
Aber in den frühen Morgenstunden, in denen die quälende Erinnerung an Lucys leeren Blick sie wach gehalten hatte, hatte ihr eine Sache keine Ruhe gelassen. Als sie von Grauen gepackt inmitten des Blutbads stand, hatte sie es nicht genau benennen können, doch in dem Zimmer hatte sich etwas … merkwürdig angefühlt.
Sage zog eine Grimasse. Tatsächlich war sie bekannt dafür, unangekündigt im Büro des Arcānum-Captains aufzutauchen, daher hatte Roderick es ihr sogar ausdrücklich verboten. Aber diesmal war ihr die Sache wirklich ernst. Lucy war tot, und sie war sich ziemlich sicher, dass sie bei der Suche nach ihrem Mörder helfen konnte. Diesmal würde er auf sie hören müssen.
Das neue Hauptquartier des Arcānum war erst kürzlich in ihr Viertel gezogen und befand sich in einem hohen, modernen Gebäude. Der Umzug war Teil irgendeines Programms, um das Image der Hexenmeister und Hexenmeisterinnen aufzupolieren.
Ha.
Wer das glaubte, der kannte Roderick nicht.
Der Himmel, ein Feen-Trugzauber des echten Himmels im Oben, war wässrig-blass. Es war noch so früh, dass das Unten zwar nicht mehr schlief, aber noch sehr schläfrig wirkte. Die Geschäfte hatten ihre Rollläden hochgezogen und bereiteten sich auf einen weiteren nachmittäglichen Massenandrang vor dem Julfest vor, doch bisher war nicht viel los.
In den Wohngebieten fühlte sich die Zeit vor den Feiertagen festlicher an. Nicht wie die in den Schaufenstern künstlich geschaffene Stimmung, die einen nur dazu verleiten sollte, Geld für irgendwelchen nutzlosen Kram auszugeben. Die übernatürliche Welt feierte statt Weihnachten das Julfest: ein weitaus älteres Fest zur Wintersonnenwende, umwoben von Götterlegenden aus grauer Vorzeit und uralten Bräuchen, aus denen viele neuere menschliche Traditionen hervorgegangen waren.
Das Unten verehrte weiterhin Odin, einen alten Mann mit Bart, der auf Sleipnir, einem achtbeinigen Pferd, durch den Himmel ritt – das klang doch vertraut, oder? Manche Bewohnerinnen und Bewohner des Unten lebten schon lange genug, um sich an Zeiten zu erinnern, als Odin noch der einzige alte Knacker war, der Geschenke brachte.
In den Wohnblöcken und Häusern um sie herum regte sich Leben, und Glühwürmchen flimmerten in den Fenstern. Der Tradition nach wurden zum Julfest Bäume mit Früchten und Kerzen geschmückt, aber aufgrund eines Gewerkschaftsstreiks der Wassernymphen, die im Unten für den Notdienst zuständig waren, hatte man sich nach ein paar Kerzenfeuern zu viel auf einen Kompromiss geeinigt. Jetzt wurden stattdessen Glühwürmchen benutzt.
Stechpalmen- und Mistelzweige waren ein wichtiger Bestandteil der Julfest-Dekorationen, weshalb die Stadt von Kopf bis Fuß mit ihnen eingedeckt war. Außerdem wurde zu dieser Jahreszeit viel gesungen. Sage liebte alles, was damit zu tun hatte. Im Unten stellten Kinder mit Heu und Karotten gefüllte Stiefel für Sleipnir vor die Haustür und auf die Fenstersimse, und Odin brachte ihnen dafür Geschenke. Selbst hier in der Unterwelt erinnerte sich ihr Herz an ihre eigene Kindheit im Oben, an ihren Weihnachtsbaum, an die Strümpfe am Kaminsims, an einen kleinen quengelnden Bruder, der endlich Geschenke aufmachen wollte, und an eine Mum und einen Dad, die …
Nein.
Daran durfte sie jetzt nicht denken.
Sage überquerte die Straße und ging gerade an einem in den Trughimmel ragenden Wohnblock vorbei, als sie jemanden ihren Namen rufen hörte. Sie hob den Blick und sah in einem offenen Fenster drei Stockwerke über ihr das Gesicht eines Mädchens mit langen, ins Freie heraushängenden dunklen Zöpfen. Es winkte ihr mit einer riesigen goldenen Pfote zu. Sofort rutschte Sage das Herz in die Hose. Wenn Danny P angerufen hatte, wusste dann auch ihr ganzer Freundeskreis über Lucy Bescheid?
»Das Thema für das Pub-Quiz morgen lautet Pokémon der ersten Generation.« Juniper zog eine Grimasse. »Sorg dafür, dass Harland kommt, sonst sind wir erledigt.« Offenbar hatte sich die Sache bisher nur unter den Werwölfen herumgesprochen. Sage schluckte dankbar den Kloß in ihrem Hals hinunter.
Juniper hatte recht. Ihr Teilzeitmitbewohner war ihre einzige Hoffnung auf den Sieg, und den Quizabend im Faunenkopf nahmen sie alle sehr ernst.
Sage konnte nicht sprechen, ohne auch ihren Gefühlszustand zu verraten, der wie ein totes Gewicht auf ihrer Brust lastete. Daher nickte sie nur und schenkte der Sphinx ein kleines Lächeln. Juniper sprang daraufhin aus dem Fenster und flog mit Adlerflügeln davon.
Das Hauptquartier des Arcānum, das sich durch abgerundete Ecken und eine glänzende Fassade auszeichnete, kam in Sicht. Schon aus der Ferne konnte Sage erkennen, wie sich der düstere Himmel darin widerspiegelte. Vor ihr öffnete sich ein riesiger Hof mit makellos beschnittenen Hecken, um die sich gerade der alte Minotaurus der Labyrinth-Landschaftsgärtnerei kümmerte, des seit Jahrzehnten führenden Gartenbauunternehmens im Unten. Im Zentrum zog ein riesiger erleuchteter Springbrunnen alle Aufmerksamkeit auf sich. Wunderschöne, anmutige Meerjungfrauen mit langen Haaren bliesen durch Trompeten Wasser über das gigantische goldene A, das sich in der Mitte erhob.
Sage ging um den Springbrunnen herum und steuerte mit einem Seufzen die breiten Türen an, in der Hoffnung, dass Roderick wenigstens diesmal die Klappe halten und sich anhören würde, was sie zu sagen hatte.
Der Captain des Arcānum warf ein paar Papiere auf seinen Schreibtisch und verschränkte die Arme über seiner breiten Brust.
»Wieso wusste ich, dass du heute hier auftauchen würdest?«
Sage räusperte sich. »Ich bin hier wegen …«
»Lucinda Hague«, beendete Roderick ihren Satz und deutete mit dem Kinn hinter sie. »Oren hat mich informiert. Das warst also du am Tatort?«
Sie wirbelte herum. An der Wand hinter ihr, die Hände in den Taschen, lehnte der Hexenmeister. Er trug dieselben weißen Turnschuhe, die sie schon in Lucys Wohnung so irritiert hatten.
Ihre Sinne waren viel empfindlicher als die eines jeden Hexenmeisters – und doch hatte sie nicht bemerkt, dass noch jemand anderes im Raum war? Dass ihn seine Magie so tarnen konnte, war … beängstigend. Er grinste. Offenbar war ihm das vollkommen bewusst.
Sie wurde rot. »Das war ich, ja.«
»Was willst du, Sage?«, fragte Roderick barsch. Sein dunkelblondes Haar war zurückgebunden und sein Blick hart – als wüsste er bereits, dass er einen langen Tag vor sich hatte, und wäre nicht sonderlich erfreut darüber. Und dass sie aufgetaucht war, um ihn noch länger zu machen, verbesserte seine Stimmung auch nicht gerade. »Eigentlich warst du erst um zwölf in Orens Büro bestellt.« Er blickte demonstrativ auf die Uhr an der Wand, die ihr mitteilte, dass sie vierzig Minuten zu früh war.
Oren stieß sich von der Wand ab und setzte sich mit erwartungsvoll hochgezogenen Augenbrauen auf den Stuhl Roderick gegenüber.
Jetzt, da kein Blutgeruch ihre Sinne benebelte, konnte sie sein Aftershave riechen. Es duftete teuer, nach einem Hauch Zedernholz und …
Salbei! Ihr Namensvetter.
Ihre Wangen hatten sowieso schon geglüht, aber nun standen sie regelrecht in Flammen.
»Hören Sie mir nur einen Moment zu«, setzte sie an, doch Roderick schnitt ihr das Wort ab.
»Wie oft muss ich dir noch erklären, dass du keine verdammte Hexenmeisterin bist!«
Oren schnaubte. »Ach, sie ist das?« Sein leichter Akzent verriet ihr, dass der Hexenmeister von weit herkam. »Die Werwölfin, die ständig um einen Job bettelt?«
Ihr Magen zog sich zusammen.
Das Arcānum war eine Hexenmeister-Institution, und ihre Magie war mächtig genug, um in allen übernatürlichen Städten der Welt für Recht und Ordnung zu sorgen. Obwohl Roderick sich geweigert hatte, sie in den Kader aufzunehmen, hatte sie nie aufgegeben. Schon als menschliches Kind, noch vor der Nacht im Moor, in der sie zur Werwölfin wurde, hatte sie sich nichts sehnlicher gewünscht, als Polizistin zu werden, wenn sie groß war. Und vielleicht einen Polizeihund zu haben. Na ja, okay, eigentlich war der Hund der größte Anreiz gewesen, aber den Wunsch, Bösewichte zu jagen, hatte sie nie wirklich aufgegeben. Zumal der Mörder ihrer eigenen Familie nie gefasst worden war.
»Nirgends steht, dass ich dafür Hexenmeisterin sein muss«, schoss sie zurück. »Ich habe in alten Aufzeichnungen nachgeschlagen …«
Roderick sah aus, als würde er jeden Augenblick aus der Haut fahren. »Du hast was gemacht?«
Sage hatte ihm ihre Argumente schon so oft dargelegt, dass sie ihm seinen wütenden Blick nicht wirklich übel nahm. Aber sie war verzweifelt. Wenn sie schon für den Rest ihres Lebens im Unten feststeckte, wollte sie zumindest etwas Sinnvolles tun. Dann geh doch und schließ dich der Menschenpolizei im Oben an war alles, was Roderick jedes Mal erwidert hatte. Doch sie konnte P nicht zurücklassen.
»Es gibt keine Vorschrift, die besagt, dass das Arcānum magisch sein muss«, fuhr Sage fort. »Generationen von Hexenmeistern und Hexenmeisterinnen haben dieses Konzept nur jahrhundertelang übernommen.«
Oren lachte leise, aber es klang nicht freundlich.
»Weil ihr alle viel zu früh sterbt!« Roderick stand auf und drückte die Hände flach auf den Schreibtisch. »Es ist einfach viel zu zeitaufwendig, Leute wie dich auszubilden, wenn ihr kaum mehr als ein halbes Jahrhundert im Dienst bleibt!«
Erschrocken stellte sie fest, dass sie einen Kloß im Hals hatte, doch sie würde auf keinen Fall weinen. »Lucy war meine Freundin«, erwiderte sie leise. »Ich will einfach nur bei der Suche nach ihrem Mörder helfen. Darum bin ich hier.«
Roderick schloss die Augen, kurz davor, endgültig die Geduld zu verlieren. »Welche Suche? Am Tatort gab es keine eindeutigen Beweise. Der Fall erfüllt keins der Kriterien, um als übernatürliches Verbrechen klassifiziert zu werden, deshalb werden die Menschen …«
»Sie haben unrecht!« Eigentlich hatte sie nicht schreien wollen und erstarrte. Aber in ihrer Panik, dass sie die entscheidende Information übersehen würden, wegen der sie gekommen war, fiel es ihr extrem schwer, ruhig zu bleiben.
»Wie bitte?« Oren hob langsam den Kopf, als hätte sie ihn persönlich gekränkt.
Sage schluckte. Sie öffnete den Mund, doch es kam nichts heraus. Dann räusperte sie sich und setzte noch einmal an. »Mir ist es anfangs nicht aufgefallen. Ich dachte … weil Lucy … das Blut …« Sie holte tief Luft. Unter ihrer Zunge sammelte sich Spucke, als würde ihr gleich Galle in die Kehle steigen. Sie konnte die Worte kaum aussprechen. »In dem Zimmer war Silber.«
Silber war das Einzige, wovor Werwölfe sich fürchteten. Wegen seiner extrem schädlichen Wirkung war es im Unten sogar gänzlich verboten. Jedes Mal, wenn sie jemandem im Oben die Hand schüttelte, der Silberringe trug, hatte sie danach Brandblasen an den Fingern. Werwölfe wussten, was Silber mit ihnen anstellte, und mieden es um jeden Preis.
Es trat kurz Stille ein.
Dann verdrehte Roderick die Augen, bereit, ihr wieder eine Abfuhr zu erteilen.
Aber Oren beugte sich mit einem Stirnrunzeln vor. »Was willst du damit sagen?«
Roderick starrte seinen Arcānas an, völlig entgeistert, dass Oren sie überhaupt ernst nahm.
Überrascht sah sie zwischen beiden hin und her. Dann atmete sie tief durch.
»Ich kann im Oben nicht mal in die Nähe eines Juwelierladens gehen, ohne dass ich seine Wirkung spüre.« Sie hatte nur diese eine Chance – sie musste die beiden überzeugen, ihr zuzuhören. »Ich hatte kaum einen Fuß in das Zimmer gesetzt, als die Luft so stickig wurde, dass ich kaum atmen konnte. Ich stand unter Schock. Deshalb habe ich nicht sofort begriffen, was ich da genau gespürt habe. Es muss … eine winzige Menge gewesen sein …« Sie runzelte die Stirn. Auch wenn sie die ganze Sache selbst noch nicht ganz verstanden hatte, wusste sie, dass sie richtiglag. »Jeder Werwolf, jede Werwölfin weiß, wie sich seine Wirkung anfühlt. Die Atemlosigkeit. Der Schwindel. Es ist ein ganz spezielles Gefühl. Glaubt mir. Wer auch immer sie getötet hat, wusste, was sie war, und hat Silber dafür benutzt. Das war kein menschlicher Mörder.«
»Schwachsinn.« Roderick winkte ungeduldig ab, als könnte er sie so endgültig aus seinem Büro verscheuchen. »Das Zimmer war das reinste Blutbad. Das ist dir ja wohl auch aufgefallen?«
»Das Silber wurde vielleicht dazu benutzt, ihre Reaktion zu verlangsamen«, wandte sie ein. »Um zu verhindern, dass sie sich verteidigt …«
»Hör auf, Sage!«
»Nein«, brüllte sie.
Und da wusste sie, dass sie zu weit gegangen war. Seine Miene ließ keinen Zweifel daran: Nichts, was sie noch sagen konnte, würde ihn umstimmen.
Sage starrte auf ihre Fußspitzen. »Ich wollte einfach … dass es jemand weiß.«
Die Tränen, die sie bis dahin zurückgehalten hatte, waren kurz davor, ihr über die Wangen zu laufen.
Sie wandte sich zur Tür.
Als ihre Hand auf das kalte Metall der Türklinke traf, meldete sich Oren zu Wort. »Ich übernehme den Fall.«
»Was?«
Sage wirbelte herum, überzeugt, dass das nur ein weiterer Scherz auf ihre Kosten war. Aber … nein. Der Hexenmeister sah sie nicht einmal an und wirkte alles andere als begeistert. »Ich habe dir doch gesagt, dass mir da irgendwas merkwürdig vorgekommen ist, Roderick.«
»Ich kann helfen«, platzte sie heraus. »Ich kann …«
»Oh, nein.« Oren gab wieder dieses grausame Lachen von sich. »Das glaube ich kaum.«
Sie wandte sich Roderick zu. »Betrachten Sie es als einen Probelauf.« Wieder schlich sich ein Flehen in ihre Stimme. »Sie war meine Freundin. Wenn ich irgendetwas herausfinde, wenn ich zur Lösung des Falls beitrage, dann verdiene ich doch wenigstens eine Probezeit …«
»Wenn ich zur Lösung des Falls beitrage«, wiederholte Oren mit einem sarkastischen Prusten.
Doch Roderick kniff die Augen zusammen.
»Na schön.« Er blickte zwischen ihnen hin und her. »Du willst diesen Fall übernehmen, Oren.« Ein hämisches Grinsen breitete sich auf seinem Gesicht aus. »Und sie hat dir deine einzige ›Spur‹ beschert. Die Götter wissen, dass sie keine Ruhe geben wird, bis sie die Möglichkeit bekommt, diesen Fall zu lösen. Ihr zwei könnt zusammenarbeiten. Haltet mich auf dem Laufenden, wie ihr mit euren Ermittlungen vorankommt.« Damit war das Thema für ihn beendet.
Oren hob einen Finger. »Wir haben einen Deal, Roderick. Ich arbeite allein.«
»Der Deal ist vom Tisch.«
»Auf keinen Fall.«
»Oh doch, es sei denn …«
»Sei bloß vorsichtig« – Oren stieß ein so heftiges Fauchen aus, dass Roderick verstummte –, »womit du mir drohst.«
Zwischen den beiden war etwas passiert, das sie nicht mitbekommen hatte. Aber beim Klang von Orens Warnung zog sich ihr Magen zusammen. Sie ließ den Blick zwischen ihnen hin und her schnellen.
»Warte draußen, Sage. Er wird gleich nachkommen.«
Sie verschluckte sich fast an der bloßen Luft. »… Wirklich?«
»Wirklich.« Rodericks Lächeln spiegelte sich nicht in seinen Augen wider, und sofort funkelte er Oren wieder böse an.
Weil sie sich nicht traute, zu bleiben und vielleicht ihren kleinen Erfolg aufs Spiel zu setzen, verließ sie fluchtartig das Büro.
Draußen versuchte sie nicht einmal zu lauschen, wollte gar nicht wissen, was sich hinter dieser Tür für eine wütende Auseinandersetzung abspielte. Ihr Herz schlug wie wild, als wäre sie gerade fünfmal um die ganze Stadt gerannt. Unglaublich! Sie hatte tatsächlich ihre Chance bekommen! Wenn nicht das leblose Gesicht ihrer alten Freundin in ihre Augenlider eingebrannt gewesen wäre, hätte sie vor Freude geschrien.
Dann flog die Tür auf, und Oren stand mit einer so fuchsteufelswilden Miene vor ihr, dass sich ihre Begeisterung sofort in Luft auflöste. Bevor er die Tür zuknallte, erhaschte sie einen kurzen Blick auf einen lächelnden Roderick, der sich wieder den Papieren auf seinem Schreibtisch zuwandte.
»Ähm«, sagte Sage leise mit puterrotem Gesicht. Sie wusste zwar nicht, was sie erwartet hatte, aber bestimmt nicht, dass Roderick einlenken würde.
Ihr gesamter Körper spannte sich an.
»Also …« Oren schüttelte den Kopf, und sie konnte sehen, wie er die Zähne zusammenbiss. »Komm einfach mit.«
Sie bewerkstelligte ein Nicken. Mit großen Schritten eilte er den langen Korridor hinunter, und zwei Hexenmeister drückten sich regelrecht an die Wand, um ihm auf seinem Kriegspfad nicht in die Quere zu kommen.
Draußen auf dem perfekt gepflegten Hof wirbelte er wieder zu ihr herum. Sie überlegte angestrengt, was sie sagen könnte, um sich zu entschuldigen. Da streckte er ohne Vorwarnung eine Hand aus. Bei der Erinnerung an den Dolch, der aus ebendieser Hand hervorgeschossen war, als er sich ihr das letzte Mal genähert hatte, fuhr sie zusammen.
Bitterkeit flackerte in seinem Blick auf. »Ich werde dir nichts tun.«
Seine Miene verriet jedoch, dass er sich diesbezüglich noch nicht endgültig entschieden hatte.
Er berührte nur leicht ihre Hand, und schon wurde sie in eine erdrückende Dunkelheit gezogen.
Sie verlor fast das Gleichgewicht.
Kaum war ihr der Boden unter den Füßen weggezogen worden, als sie auch schon wieder auf festem Untergrund stand. Sie befanden sich nicht mehr vor dem Hauptquartier.
Oh Gott, sie standen vor Lucys Wohnung, und es stank immer noch nach Werwolf-Blut.
Diesmal war es nicht mal frisch. Sondern … abgestanden. Trocken. Ihr Rachen fing an zu jucken.
»Was zum Teufel war das denn?«
»Shiften.« Dass er gerade etwas so Wahnwitziges bewerkstelligt hatte, wie alle Gesetze der Physik außer Kraft zu setzen, ließ ihn offenbar kalt.
Sage räusperte sich. »Ich wusste gar nicht, dass Hexenmeister das können.«
»Können sie auch nicht«, erwiderte er. »Zumindest die meisten.«
»Du aber schon?«
Fast unmerklich verdrehte er die Augen. »Ich bin sehr mächtig.«
Aber natürlich war er das.
Auch wenn diese Art von Hexenmeister-Magie ungewöhnlich war, versuchte sie, sich nicht davon einschüchtern zu lassen. Im Unten besaßen sehr viele ihre ganz eigenen magischen Fähigkeiten und nutzten diese offen und auf eine Weise, die das Leben aller leichter machte: ein Tisch, der sich in einem Café von selbst wischte, oder ein Besen mit Schaufel, der den Boden von allein fegte. Doch bei seiner Magie lief ihr ein nervöser Schauer über den Rücken.
Gelb-schwarz gestreiftes Polizeiabsperrband mit dem Aufdruck BETRETEN VERBOTEN war kreuzweise über den Türeingang gespannt. Sage schluckte.
»Warum sind wir hier?«
»Wie gut hast du sie wirklich gekannt?«
»Nicht sonderlich gut«, gab sie zu. Sie wusste, dass er ihre Reaktion genau beobachtete. »Jedenfalls nicht mehr.«
»Kommst du damit klar, noch einmal reinzugehen?«
Noch einmal reingehen? Sie blinzelte.
Oh Mann.
Er meinte es tatsächlich ernst.
Nun ja, sie hatte gelernt, sich von allen Dingen abzuschotten, die ihr Schmerz bereiteten. Nur so hatte sie überleben können.
»Kein Problem.«
Das war nur zum Teil gelogen.
Er nickte und löste mit einer einfachen Handbewegung das Absperrband vom Eingang, woraufhin sich die Tür mit einem Klicken von allein öffnete.
An der Schwelle zum Wohnzimmer blieb sie stehen und betrachtete noch einmal den blutgetränkten kleinen Teppich. Diesmal ohne Lucys Leiche – sie war von den Menschen weggebracht worden, in dem Glauben, sie hätten sie als Erste gefunden. Überall, wo das Spurensicherungsteam potenzielle Beweismittel fotografiert hatte, klebten kleine nummerierte Sticker.
Und da war wieder dieses Gefühl: Übelkeit und Schwindel. Auf eine sadistische Art und Weise hätte sie in Triumphgeschrei ausbrechen können.
Sie hatte recht gehabt. Auch wenn es nur ganz schwach war. Sie konnte es selbst kaum glauben … Für gewöhnlich kippte sie schon bei einem schlichten Paar Silberohrringe um. Warum stand sie dann noch? Was genau war es?
Sage betrachtete die mit Blut bespritzten Wände.
Lass es nicht an dich rankommen. Blende es aus. Es ist nur ein Mordopfer. Eine Fremde.
»Na los.« Oren schritt in die Mitte des Zimmers und breitete die Arme aus, als würden sie gleich irgendein Spiel spielen. »Du wolltest dich dem Arcānum anschließen. Was verrät dir dieser Tatort? Nur zu deiner Information, ich schätze den Zeitpunkt des Todes auf drei, vielleicht drei Uhr fünfzehn, und du bist hier um vier aufgekreuzt.« Er beobachtete sie kühl. Sie hatte so lange auf diese Chance gewartet, auf diese eine Gelegenheit, sich zu beweisen. »Soll ich dir auf die Sprünge helfen?«
»Nein.« Sie hielt die Luft an und trat in den Raum. »Also, sie lag hier.«
»Oh, brillant.«
Sie biss die Zähne zusammen. Das Schlimmste war, dass sie es ihm nicht gänzlich übel nehmen konnte. »Hör mal, es tut mir leid, okay? Ich wollte nicht … dass es dazu kommt.«
»Dafür ist es jetzt ein bisschen spät, meinst du nicht? Jetzt hab ich dich am Hals.«
»Da bist du selbst dran schuld.« Bei seinem verächtlichen Tonfall stieg ihre Verlegenheit ins Unermessliche. »Ganz schön dumm von dir, wenn du Roderick einen Grund gegeben hast, dich zu erpressen! Ich versteh ja, dass dieses Arrangement alles andere als ideal ist, aber deine beschissene Nummer mit dem Dolch gestern habe ich brav für mich behalten. Dabei hätte ich genauso das Recht, deswegen angefressen zu sein. Aber ich kriege es trotzdem hin, höflich zu sein …«
Sie verstummte. Er hatte wieder diesen Ausdruck im Gesicht, wie als er aus Rodericks Büro gestürmt war … nur schlimmer.
Cover
Amie Jordan – All the Hidden Monsters
Wohin soll es gehen?
Widmung
Motto
Oren
Sage
Sage
Sage
Sage
Sage
Sage
Oren
Sage
Sage
Oren
Oren
Sage
Sage
Sage
Oren
Sage
Sage
Sage
Sage
Oren
Sage
Sage
Sage
Sage
Sage
Sage
Sage
Sage
Sage
Sage
Sage
Oren
Oren
Sage
Sage
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Sage
Sage
Sage
Sage
Sage
Sage
Sage
Sage
Danksagung
Amie Jordan
Ann Lecker
Impressum
