Alles nur heiße Luft? - Tobias Ain - E-Book

Alles nur heiße Luft? E-Book

Tobias Ain

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Beschreibung

Der Verkaufstrainer und Coach, Tobis Ain, erzählt in seiner Autobiografie von seiner lebenslangen Suche nach Freiheit und Wahrheit. Als Jugendlicher war er glühender Marxist und bewarb sich sogar bei der Stasi. 1989 floh er zusammen mit seiner Mutter über die Prager Botschaft in den Westen. Aber auch im Kapitalismus fand er nicht das, was er suchte. Orientierung gaben ihm die Zeugen Jehovas, denen er 27 Jahre lang angehörte. 15 Jahre lang war er in leitender Position bei den Zeugen Jehovas tätig. Als er begann, an deren Lehre zu zweifeln, suchte er zuerst Antworten im Buddhismus. Beim Lesen der Bibel hatte er dann ein lebensveränderndes Erlebnis: Er begegnete Jesus Christus und war sich von da an sicher, dass er am Ziel seiner jahrzehntelangen Suche angekommen war. Heute arbeitet er erfolgreich als Verkaufstrainer, Coach und Speaker. Darüber hinaus leitet er einen Verein, der Menschen hilft, bei den Zeugen Jehovas auszusteigen.

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Seitenzahl: 252

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TOBIAS AIN

ALLES NUR HEIßE LUFT?

LENIN – JEHOVA – JESUS

Meine lange Suche nach der Wahrheit

Tobias Ain ist 1973 in der ehemaligen DDR geboren und 1989 in den Westen geflüchtet. Seit 2011 arbeitet er als selbstständiger Trainer und Speaker. 2019 hat er die Zeugen Jehovas verlassen und leitet heute den Verein „Betesda hilft“, der Ausstiegswillige unterstützt. Er liebt es, mit seinem selbst ausgebauten Camper neue Länder und Menschen kennenzulernen. Tobias Ain lebt an der Ostsee und ist verliebt in das Meer.

Weitere Infos zu Tobias Ain auf:

www.allesheisseluft.de

Die benutzen Bibelstellen sind folgenden Übersetzungen entnommen: Gute Nachricht Bibel, durchgesehene Neuausgabe, © 2018 Deutsche Bibelgesellschaft, Stuttgart

Hoffnung für alle® entnommen, Copyright © 1983, 1996, 2002, 2015 by Biblica, Inc.®. Verwendet mit freundlicher Genehmigung des Herausgebers Fontis.

Die Namen der meisten Personen in diesem Buch sind aus Datenschutzgründen verändert.

© 2024 Brunnen Verlag GmbH, Gießen

Lektorat: Stefan Loß

Umschlagfoto: Miriam Krause

Gestaltung: Jonathan Maul, Brunnen Verlag GmbH

Satz: Brunnen Verlag GmbH

ISBN Buch 978-3-7655-2165-2

ISBN E-Book 978-3-7655-7846-5

www.brunnen-verlag.de

Für Alex

Inhalt

Vorwort

Kindheit und Jugend in der DDR

Vom Schüler zum begeisterten Jungpionier

Suche nach Wahrheit im Sozialismus der DDR

Stasi, Honecker, Maschinengewehre – eine ganz normale DDR-Jugend

Flucht über die Prager Botschaft

Ankunft im Schlaraffenland – entwurzelt und gestrandet im Westen

Gibt es einen Gott? Und wenn ja, wissen die Zeugen Jehovas mehr darüber?

Karriere bei den Zeugen Jehovas

Das Abenteuer Selbstständigkeit

Erste Zweifel an der Wahrheit der Zeugen Jehovas

Buddhismus – der spirituelle Weg zur Wahrheit?

Die Sache mit Jesus

Wer sind eigentlich die „richtigen“ Christen?

Endlich angekommen?!

Vorwort

Es war ein ganz normaler Morgen im März 2019. Nichts deutete darauf hin, dass sich an diesem Tag mein Leben schlagartig verändern würde.

Draußen war es frisch, aber trocken. Ich machte es mir im Büro gemütlich. Eine große Tasse Cappuccino und eine Kerze auf meinem Schreibtisch. Morgens genoss ich immer die Ruhe, wenn noch kein Kunde anrief und ich genügend Zeit hatte, etwas abzuarbeiten. Zu tun gab es genug: Es standen einige Kundenbesuche an, die ich vorbereiten musste. An diesem Morgen fühlte es sich so an, als würde ich alles im Griff haben. Ich wusste, was zu tun war, und wusste auch, was ich an diesem Tag in etwa schaffen würde. Der Tag war gut geplant und vorhersehbar. Dachte ich.

Und doch war dieser Tag anders als alle anderen Tage in meinem Leben. Bis heute kann ich nicht genau erklären, was an diesem Märztag geschah. Allerdings hat es mich tief in meinem Herzen getroffen, völlig überrascht und mein Leben komplett auf den Kopf gestellt.

Es war eine dramatische Weggabelung in meinem Leben. Rückblickend kann ich sagen, dass ich einige solcher Weggabelungen erlebt habe. Manche waren größer und dramatischer – wie 1989 meine Flucht über die Prager Botschaft in den Westen. Andere waren eher unscheinbar, hatten aber trotzdem weitreichende Auswirkungen.

Meine Weggabelung an diesem Märztag hatte eine lange Vorgeschichte und hat mit meiner lebenslangen Suche nach Wahrheit, Freiheit und Sinn zu tun.

Heute glaube ich, dass alles, was ich in meinem Leben je erlebt habe, mich genau zu dieser Weggabelung geführt hat. Ich glaube nicht, dass der Zufall mich an diesen Punkt geführt hat. Ich bin sicher, es hat mit meiner langen Suche nach der Wahrheit zu tun.

Dieser Märztag im Jahr 2019 endete damit, dass ich die ganze Nacht durch mehrere Ortschaften lief. Ich war so überwältigt von dem, was ich erlebt und erfahren hatte, dass ich raus musste, laufen musste, den Kopf frei kriegen, Gedanken und Gefühle verarbeiten musste. Ich glaube, ich bin lange nicht so viel gelaufen wie in dieser Nacht. Es waren etwa acht Stunden, die ich in dieser Märznacht draußen unterwegs war. Das Erlebnis, das mich dazu brachte, war nicht einfach nur überraschend oder positiv. Es war überwältigend. Am Anfang dachte ich nur: Jetzt ein bisschen frische Luft schnappen und dann gehe ich ins Bett. Als ich überlegte, umzukehren und wieder nach Hause zu gehen, war ich bereits etwa fünf Kilometer gelaufen. Ich brauchte immer noch Zeit, um das Erlebte zu verarbeiten. Also lief ich weiter. Am Ende waren es mindestens zwanzig Kilometer, die ich in dieser Nacht ziellos umhergelaufen bin. Danach wurde alles anders. Mein Leben hatte eine neue Richtung.

Meine Suche hatte schon lange vor der Flucht aus der damaligen DDR begonnen. Und auch nach unserer Flucht in den Westen ging die Suche weiter. Vieles, worauf ich im Laufe meines Lebens meine Hoffnung gesetzt hatte, erwies sich im Nachhinein als „heiße Luft“. Die Ideen des Marxismus, die Heilsversprechen der Zeugen Jehovas. Immer wieder habe ich mir große Hoffnungen gemacht, nur um irgendwann enttäuscht festzustellen, dass ich immer noch nicht das gefunden hatte, wonach ich mich so sehr sehnte. Trotzdem bin ich dankbar für meinen Weg. Ich bin dankbar für meine Neugier und meine Sehnsucht, die mich immer wieder angetrieben haben. Die mein Leben unruhig gemacht haben. Und ich bin dankbar, dass meine Suche nach Wahrheit mich schließlich an den Punkt gebracht hat, an dem ich heute bin. Nach fast fünf Jahrzehnten kann ich heute aus vollem Herzen sagen. Ich bin angekommen – endlich.

Aber es war eine lange und spannende Reise bis zu diesem Punkt. Eine Reise, auf die ich Dich in diesem Buch mitnehmen möchte.

Tobias Ain im Januar 2024

Kindheit und Jugend in der DDR

Nicht gewollt und trotzdem auf die Welt gekommen

Alles begann in einem Kornfeld. Eine romantische Liebe zwischen zwei jungen Menschen an einem Sommerabend zwischen Blumen und Stroh, die Grillen zirpten und es duftete nach Heu. Genauso wie es Jürgen Drews in seinem Schlager „Ein Bett im Kornfeld“ besingt. So habe ich mir meine Entstehung immer vorgestellt. Ich bin ein hoffnungsloser Romantiker und deshalb tröstet mich der Gedanke an eine solche Sommerromanze. Was allerdings dagegenspricht, dass es tatsächlich so war, ist mein Geburtsdatum: Ich kam im September auf die Welt.

Spätestens als ich mich ankündigte, war es dann aus mit der Romanze. Mein Vater stand nicht zu diesem „Produkt“ der Liebe. Wobei das Wort „Produkt“ hier seltsam klingt. Genauso seltsam wie das Wort „Erzeuger“, das meine Mutter von nun an als Synonym für meinen Vater gebrauchte. „Erzeuger“ – wie dämlich das klingt aus der Sicht eines Kindes, aus der Sicht des „Produkts“. Ich bin doch nicht nur ein „Produkt“, ein zusammengebastelter Mensch.

Bei Erzeugnissen denke ich eher an Milchprodukte oder Joghurtzubereitungen, etwas Zusammengerührtes halt. Ich verstehe natürlich, dass so manche Mutter den Vater ihres Kindes nicht Vater nennen möchte, weil er das Wort Vater in ihren Augen nicht verdient. Das traf auch auf meinen Vater zu. Er hatte diese Bezeichnung nicht verdient, da er die Rolle nie ausgefüllt, ja nicht einmal angenommen hatte. Er wollte nicht mein Vater sein und ich sollte nicht sein Kind sein. Am Ende war ich froh, dass ich wenigstens einen Stiefvater hatte, der meine Mutter später heiratete und den ich „Papa“ nannte. Dass ich ein unehelich geborenes, nicht gewolltes Kind war und einen anderen Vater hatte, erfuhr ich ungefähr mit sechs Jahren. Ich weiß nicht genau, wo es herkam, aber dieses starke Gefühl, meinen richtigen Vater kennen zu wollen, zu wissen, wie er ist und was ich von ihm geerbt hatte, wurde von da an immer stärker. Es fühlte sich an wie ein loser Stecker, der nicht in der passenden Steckdose sitzt. Ich fühlte mich nicht vollständig, nicht verbunden mit meiner eigenen Herkunft.

Das Licht der Welt hatte ich im Jahr 1973 erblickt. In Sachsen in der damaligen Deutschen Demokratischen Republik, kurz DDR, ganz in der Nähe von Leipzig. Da wir, als ich drei Jahre alt war, von Sachsen wegzogen, spreche ich keinen sächsischen Dialekt. Meine Mutter schon, und zwar richtig. Sprachlich ist von meiner Herkunft „nüscht“ mehr übrig. Hin und wieder imitiere ich das Sächsische, was mir aber von sächsischen Ureinwohnern nicht abgenommen wird.

In meinem Geburtsjahr 1973 wurde auch das erste Mobiltelefonat geführt, das Wort „aufmüpfig“ wurde Wort des Jahres und Bayern München war deutscher Meister. Also ein relativ normales Jahr.

Aber von all dem, was in diesem Jahr passierte, habe ich ja nichts wirklich mitbekommen. Zumindest habe ich es nicht in meiner Erinnerung abgespeichert. So beginnen meine bewussten Erinnerungen wie bei den meisten Menschen mit kurzen Erinnerungsfetzen, kleinen Erlebnissen. Das Früheste, an das ich mich erinnern kann, ist ein Besuch im Krankenhaus mit etwa zweieinhalb Jahren. Ich wurde wegen eines Leistenbruches operiert. Ich erinnere mich noch genau an die frischen weißen Laken in den Gitterbettchen der Kinderstation.

Zehn Schulen in zehn Jahren

Der nächste Erinnerungsfetzen ist der Umzug, als ich etwa drei Jahre alt war. Ich erinnere mich noch genau an das Gefühl der Entwurzelung, das mich mein weiteres Leben über begleiten sollte. Meine Eltern sind so oft umgezogen, dass sie scherzhaft meinten, wir bräuchten deshalb keinen Urlaub und keine Ausflüge zu machen, weil wir ja ständig in eine neue Gegend kamen. Wir sind so oft umgezogen, dass ich in meiner Schulzeit zehn verschiedene Schulen besucht habe. Der erste große Abschied fiel mir schwer. Bis dahin hatte ich in der Nähe meiner Oma und meiner Tanten und Onkel gewohnt. Und nun zogen meine Eltern von Sachsen nach Brandenburg, weit entfernt von meinen Verwandten und meiner ersten Heimat. Ich erinnere mich auch noch sehr genau, dass während des Umzugs mein Lieblingsspielzeug, eine Blechtrommel, verloren ging. Vielleicht hat man sie auch verschwinden lassen, da ich das ganze Dorf mit meinen nicht sehr musikalischen Künsten beglückt hatte. Mit dem Umzug versprachen mir meine Eltern, dass alles besser werden würde. Sie erzählten, was es an unserem neuen Wohnort alles geben würde und warum es sich lohnen würde, Abschied zu nehmen. Aber ich wollte nicht umziehen, überhaupt nicht. Und weil ich partout nicht wollte, lief ich weg. Am Ende hat alles nichts geholfen, wir sind umgezogen.

Die Ankunft in der neuen Heimat war dann eher ernüchternd. Die ersten Nächte musste ich mit meinem Vater auf einer Matratze schlafen, weil wir noch keine Möbel aufgebaut hatten. Es hat dann viele Tage gedauert, bis alles an seinem Platz war. Unsere direkten Nachbarn waren zwei ältere Damen. Eine davon sollte später meine Kindergärtnerin werden. Wir wohnten in der Dorfstraße 50, im letzten Haus des Dorfes, direkt hinterm Ortsschild. Um uns herum nur Felder und Wald und der Friedhof. Er war klein und für mich als Kind eher ein gruseliger Ort. Ich hatte schreckliche Angst vor allem, was mit Tod zu tun hatte. Und wann immer eine Beerdigung dort stattfand, verkroch ich mich in meinem Zimmer und ging nicht vor die Tür.

Direkt auf der anderen Straßenseite war die Müllkippe. Damals hat man einfach alles zum „Schuttplatz“ gebracht. Und wenn ich sage „alles“, meine ich alles. Es sollte für mich so etwas wie ein Abenteuerspielplatz werden, eine wahre Fundgrube.

Unser neues Zuhause war ein kleiner Hof mit Stallgebäuden, einem Schuppen, einem Keller, einer Waschküche und einem riesengroßen Garten. Also schon um einiges größer als unsere erste Wohnung. Aber trotzdem fühlte ich mich unwohl, nicht zu Hause und vor allem viel zu weit weg von meiner Oma, die ich liebte. Meine Oma war eine sanfte Frau und wie es sich damals gehörte für eine Oma trug sie eine Kittelschürze, ein Kopftuch und war nicht gerade schlank. Mein Opa war kurz vor meiner Geburt gestorben. Meine Mutter meinte immer, ich hätte einiges von ihm geerbt, zumindest was die Persönlichkeit anging.

Einige Wochen nach unserem Umzug besuchten wir meine Oma endlich wieder. Von da an freute ich mich immer sehr auf die Besuche bei ihr. Sie hatte auch einen großen Hof und viele Tiere. Manchmal blieb ich für längere Zeit bei ihr. Das war für mich immer wie nach Hause kommen. Es war alles so vertraut. Bis heute habe ich die Bilder von damals in meinem Kopf. Komischerweise wohnte meine Oma auch direkt gegenüber von einem Friedhof. Der hatte aber irgendwie nichts Gruseliges für mich. Wir besuchten dort oft das Grab meines Opas und machten es mit Blumen hübsch. Ich wollte alles wissen über meinen Opa. Meine Oma erzählte, dass er musikalisch war und häufig auf seiner Mandoline spielte. Nicht verwunderlich, denn sein Vater wiederum war Berufsmusiker.

Mein Opa war wohl auch ein hoffnungsloser Romantiker gewesen. Das gefiel mir sehr, schließlich sollte ich ihm in diesem Punkt sehr ähnlich werden. Er schrieb Gedichte und eines davon hing im Flur meiner Oma. Ein rotes Herz hatte er darauf gemalt und den Text hatte er mit einer Schreibmaschine getippt. Schade, dass ich meinen Opa nie kennengelernt habe. Ich glaube, wir hätten uns gut verstanden.

Bei meiner Oma gab es häufig auch etwas aus dem „Westpaket“ von Tante Alwine. Das war die Schwester meiner Oma. Regelmäßig schickte sie eines der im Osten so beliebten Pakete. Das Größte war es für mich, ein Stück der köstlichen Schokolade aus dem Westen zu ergattern. Hin und wieder bekamen wir auch edel duftende Seife aus dem Westpaket. Ich konnte stundenlang daran schnuppern. Der Geruch liegt mir noch heute in der Nase und erinnert mich an diese Zeit, in der wir uns über ein Stück Seife und ein Stück Schokolade so sehr freuen konnten. Ich zumindest.

Gerüche haben mich schon immer sehr angesprochen. Zu fast jedem Erlebnis habe ich einen ganz bestimmten Duft in der Nase. Wenn ich diesen Duft rieche, erinnere ich mich sofort an eine bestimmte Situation. Meine Mutter bekam aus den Westpaketen meist ein Bleikristallglas. Damals war das wohl noch etwas Besonderes.

Landleben in der DDR

Zurück zu unserem Dorf in Brandenburg. Es war ein kleines Dorf und jeder kannte hier jeden. Damals arbeiteten viele direkt im Dorf. Fast alle waren in der sogenannten LPG, der Landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaft, beschäftigt. So auch meine Eltern. Sie arbeiteten im Kuhstall. Die Arbeit in der LPG hatte den Vorteil, dass man an Futtermittel und sogar Masttiere günstig herankam. Das Ganze nannte sich „Deputat“ und meinte das Kontingent, das einem als Mitglied der Genossenschaft zustand. So kam es, das wir bald unsere ersten „Deputatschweine“ bekamen. Dazu gab es noch ein paar Säcke Futter, das zumeist aus Weizen und Kartoffeln bestand. Der Weizen wurde geschrotet und die Kartoffeln wurden in einem großen Dämpfer, in den fünfundzwanzig Kilo passten, gar gedämpft. Die Kartoffeln wurden dann noch gestampft und kamen in die Tröge in unserem Schweinestall. Damit die Schweine schnell an Gewicht zunahmen, wurde noch ordentlich Weizenschrot darübergestreut. Praktisch an den Schweinen war zudem, dass sie unsere Essensreste vertilgten, so musste nie etwas weggeworfen werden. Mit der Zeit baute mein Vater die Stallgebäude aus, sodass weitere Tiere bei uns einziehen konnten und unser Hof nach und nach zu einem kleinen Bauernhof wurde. Wir hatten neben den Schweinen auch Gänse, Hühner, Enten und Kaninchen. Einmal hatten wir sogar eine Kuh. Mit all den Tieren und dem großen Garten konnten wir uns bald komplett selbst versorgen. Unser Kellerraum füllte sich nach und nach mit allerlei eingekochten Wurstgläsern, Gemüse aus dem Garten und lecker riechenden geräucherten Schinken, die an der Decke des Kellers hingen. Hin und wieder pulte ich an den Schinken, um etwas davon zu probieren.

Meist gab es einmal im Jahr ein großes Schlachtfest auf unserem kleinen Hof. Morgens wurde das Schwein geschlachtet und dann an einer großen Holzleiter aufgehängt. Dann wurde es in seine Einzelteile zerlegt. In der Waschküche wurde in einem riesigen Waschkessel die Wurst gebrüht. Die ein oder andere platzte dabei und verschwand in der großen „Wurstsuppe“. Die wurde dann zusammen mit ein paar frischen Würsten in kleine Milchkannen abgefüllt. Mit dieser Wurstbrühe und den Würsten gingen wir Kinder dann zu den Nachbarn, um sie damit zu beglücken. Wenn sie dann schlachteten, bekamen wir ebenfalls was von ihnen ab.

Ich liebte dieses Landleben und konnte mich auch so langsam mit unserer neuen Heimat anfreunden. Häufig besuchte ich die LPG im Nachbarort, also den Kuhstall, in dem meine Eltern arbeiteten. Es waren eigentlich mehrere große lange Stallgebäude mit jeweils mehreren Hundert Kühen. Der LPG-Betrieb hatte sich auf Milchproduktion spezialisiert. Und so kam es, dass ich bald lernte, eine Kuh von Hand „anzumelken“. Der Kuheuter wurde dann an eine Melkmaschine angeschlossen und die Milch floss in einen großen runden Tank aus Edelstahl. Dort wurde sie gekühlt und musste mit einem Rührwerk in Bewegung gehalten werden, bis sie von einem Tankwagen abgeholt wurde, der sie zur Molkerei brachte. Hier habe ich die erste Tasse frische warme Milch meines Lebens direkt aus dem Kuheuter getrunken. Diese Milch konnte man nicht mit der Milch vergleichen, die es zu kaufen gab. Sie war viel fettiger und sahniger.

Die schwarzbunten Kühe der LPG faszinierten mich. Sie hatten so ein ruhiges Wesen. Sie schienen einfach keinen Stress zu haben und waren den ganzen Tag am Kauen. Sie kauten und kauten und hatten so viel Spaß am Kauen, dass sie ihr Essen sogar mehrmals wiederkäuten. Ich mochte den Geruch von Kühen mehr als den von Schweinen. Schweine stinken und Kühe riechen. Noch besser fand ich aber den Geruch von Pferden. Im Vergleich zu Schweinen dufteten sie schon fast. Unser eigener Gemüsegarten roch im Herbst oft nach Pferdedung. Der wurde in die Gemüsebeete gegraben und garantierte so eine reiche Ernte für das Folgejahr.

Jeden Morgen ging ich zu Fuß in den örtlichen Kindergarten. Da meine Eltern arbeiteten, blieb ich den ganzen Tag dort. Ich erinnere mich allerdings ungern an diesen Kindergarten. Wir hatten eine sehr strenge Erzieherin. Jeden Tag mussten wir im Schlafraum Mittagsruhe halten und wer tuschelte und nicht schlief, bekam ordentlich Ärger. Sehr oft zog sie mich an den Haaren, weil ich wieder etwas verkehrt gemacht hatte. Bei den Mädchen war sie nicht so hart. Mich aber hatte sie auf dem Kieker, wie man so schön sagt. Das war auch der Grund, warum ich häufiger „stiften ging“, also mich versteckte. Mario und Katrin waren meine Freunde. Katrin war ein Jahr jünger als ich und wohnte zwei Häuser neben uns. Ihr Vater betrieb die Fahrschule vor Ort. Wir waren oft draußen unterwegs. Mario war eher ein ruhiger Typ. Mit ihm ging ich später auch in der Schule in die gleiche Klasse.

Erste Erfahrungen mit der Partei

Das bereits erwähnte „Jeder kannte jeden im Dorf“ war allerdings auch nicht nur von Vorteil. Es gab einen Bürgermeister, der natürlich, wie es in der damaligen DDR üblich war, Mitglied der Partei war, also der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands, kurz SED. Entstanden war diese Partei durch die Zwangszusammenlegung der damaligen Kommunistischen Partei und der Sozialdemokratischen Partei in der Sowjetischen Besatzungszone.

Alles, was im Dorf passierte, landete irgendwann auf dem Tisch unseres Bürgermeisters. Er hieß mit Vornamen Helmut. Vor allem politische Abweichler hatten es schwer. Wenn man eine abweichende politische Meinung hatte, musste man vorsichtig sein, wem man davon erzählte. Helmut durfte es auf jeden Fall nicht mitbekommen. Ich merkte schnell, wenn Helmut in der Nähe war, änderten sich die Gesprächsthemen abrupt. Wobei es auf dem Dorf meist noch etwas entspannter zuging. Wenn man mal einen Honecker-Witz erzählte, musste man nicht gleich mit Konsequenzen rechnen.

Schon als junger Mensch hatte ich erkannt, dass es einen erheblichen Vorteil hatte, in der Partei zu sein. Wenn der Nachbar schneller an seinen Trabbi kam als gewöhnlich oder jemand schneller das Baumaterial für sein Haus zusammen hatte, hieß es oft: „Na ja, der ist halt in der Partei.“ Selbst in meiner Verwandtschaft fiel das auf. Mein Onkel, ein treues Parteimitglied, war leichter an seinen Studienplatz gekommen und er fuhr einen Wartburg. Wartburg war die gehobenere Automarke der DDR, viel größer und besser als ein Trabbi. Der Wartburg glich eher einer schönen Limousine. Außerdem war er aus Metall und nicht aus „Plaste und Elaste“ wie der Trabbi. Mein Onkel hatte einen schönen Wartburg, während wir überhaupt kein Auto hatten. Das sollte auch bis zum Ende der DDR so bleiben. Mir war es immer peinlich, dass meine Eltern nicht einmal ein Auto hatten.

Die Partei war schon bei uns im Kindergarten aktiv. Besonders zu sozialistischen Feiertagen wie dem 1. Mai wurden wir als Kinder voll mit eingespannt. Wir bastelten Wimpel und verzierten diese mit Nelken. Meist waren es rote Nelken, das Symbol der Arbeiterbewegung. Am 1. Mai hatten alle frei. Es gab überall Umzüge, bei denen die Partei und der siegreiche Sozialismus gefeiert wurden. In unserem Dorf schmückten wir die Haus- und Hofeingänge ebenfalls mit Blumen und Spruchbändern. Das Ganze endete dann in einer Art Dorffest, bei dem reichlich Alkohol ausgeschenkt wurde.

Unser Dorf lag an einem Fluss, der Schwarzen Elster. Sie hatte viele Ausläufer und bildete hier und da kleine Seen. So hatten auch wir in unserem Dorf einen kleinen See. Er war besonders im Sommer gut frequentiert. Der See war für mich als Nichtschwimmer gut geeignet, da er eine lange flache Uferzone hatte. Es gab viele Enten, Blesshühner, Schwäne und sogar einen Biber samt Biberbau. Und natürlich war der See äußerst fischreich. Die Männer aus dem Dorf trafen sich hier zum Angeln. Es gab einen örtlichen Angelverein und auch mein Vater hatte das Angeln schnell als sein neues Hobby entdeckt. Natürlich nahm er mich regelmäßig mit. Ich genoss die Ruhe am See. Wir schauten manchmal stundenlang nur auf die Wasseroberfläche und hatten dabei die Angelpose immer im Blick. Ein leichtes Zucken verriet, dass wir etwas gefangen hatten. Die zu kleinen Fische wurden wieder in den See geworfen, die großen kamen zu Hause auf den Tisch.

Das Zentrum unseres Dorfes war aber weder der Angelsee noch das Büro von Bürgermeister Helmut. Es war die Gaststätte von „Onkel Otti“. Alle nannten ihn „Otti“ und wir Kinder natürlich „Onkel Otti“. Tatsächlich wurde Onkel Otti später der Patenonkel meines Bruders Alexander. Ich war immer ein bisschen neidisch auf meinen Bruder, da er einen Patenonkel hatte und ich nicht. Und dann auch noch Onkel Otti, der teilweise mehr Einfluss im Dorf hatte als der Bürgermeister. Otti war auch der Vorsitzende des Angelvereins. Er war ein erstaunlicher Mann, immer freundlich, immer lächelnd. Er erinnerte mich an das Lachen des französischen Schauspielers Louis de Funès. Er war immer positiv und hatte für jeden stets eine Lebensweisheit parat. Ich habe in meiner Kindheit kaum einen positiveren Menschen kennengelernt. Natürlich wollte er mich als Kind schon für das Angeln begeistern. Und tatsächlich haben mein Vater und „Onkel Otti“ in mir die Liebe zum Angeln geweckt. Dieses fast meditative Hobby hat mich lange begleitet und auch heute noch hole ich hin und wieder die Angelrute raus, um an der Ostsee Dorsch zu angeln. Das Angeln entspannt mich. Draußen in der Natur zu sitzen, die Ruhe zu genießen und gleichzeitig den sportlichen Ehrgeiz zu spüren – eine großartige Mischung.

Ungefähr drei Jahre nach unserem Umzug nach Brandenburg gab es den Jahrhundertwinter. Dieser Winter 1978/79 ist mir noch sehr stark im Gedächtnis. Eines Tages wollte ich wie immer morgens in den Kindergarten gehen. Ich habe gefrühstückt und mir Brote gemacht. Es war etwas dunkel in unserer Wohnung. Als ich die Wohnung verlassen wollte, verstand ich auch, warum. Die Schneemassen reichten bis an unser Fenster. Nach ein paar Metern Richtung Kindergarten versank ich so sehr im Schnee, dass an ein Weiterkommen nicht zu denken war. Es lag einfach zu viel Schnee, um den etwa 500 Meter langen Weg zum Kindergarten zu schaffen. Ich kehrte um und machte mich sogleich an die Arbeit, um eine Fläche in unserem Innenhof von Schnee zu befreien. Hier konnte ich dann einen richtig großen Schneemann bauen. Ich liebe es, Schneemänner zu bauen. Mein Schneemann bekam wie immer einen Eimer als Hut, eine Mohrrübe als Nase und dann noch ein paar Kohlenstücke aus unserem Kohlekeller als Augen. Fertig war der Schneemann. Okay, er bekam noch ein paar Zweige als Arme in die Seite gesteckt. Irgendwo hatte ich auch noch ein paar Papierfähnchen mit der DDR-Flagge liegen. Diese bekam der Schneemann auch noch an die Seite gesteckt. Und fertig war der sozialistische Schneemann.

Das war das letzte Jahr vor der Schule. Danach begann für mich der Ernst des Lebens, wie man so schön sagte. Dieses letzte Jahr im Kindergarten blieb mir am meisten in Erinnerung. Ganz besonders freute ich mich immer auf die Faschingszeit. Und in diesem letzten Jahr im Kindergarten, wir schrieben das Jahr 1980, verkleidete ich mich als Cowboy. Ich bekam einen Strohhut und natürlich auch einen Colt mit Platzpatronen. Dazu noch ein schickes Hemd und eine Hose mit übertriebenem Schlag am Hosenbein. Mein Bruder war jetzt auch im Kindergarten und bekam ein Indianerkostüm. Ich war schon etwas neidisch auf seinen schönen Kopfschmuck aus bunt gefärbten Federn. Trotzdem passte es perfekt, dass er als Indianer und ich als Cowboy verkleidet in den Kindergarten gingen. Auch nach dem Fasching verkleideten wir uns oft und spielten natürlich, wie sollte es anders sein, Winnetou und Old Shatterhand. Dabei versuchten wir die Sprache aus den Filmen nachzumachen und hängten an jeden Satz ein „Howgh, ich habe gesprochen“ an. Und natürlich habe ich meinen Bruder auch an einen „Marterpfahl“ gefesselt, genauso wie es sich für echte Indianer gehört.

Die Zeit vor meiner Einschulung war die wohl schönste und unbeschwerteste Zeit meiner Kindheit. Aber irgendwie freute ich mich auch, endlich in die Schule zu kommen und endlich zu den „Großen“ im Dorf zu gehören.

Vom Schüler zum begeisterten Jungpionier

Im Sommer 1980 war es endlich so weit. Ich wurde eingeschult. Die „Polytechnische Oberschule Friedrich Engels“ war meine erste Schule. Alle Schulen in der DDR hießen „polytechnisch“, klingt wie Poliklinik. Tatsächlich war es so etwas wie eine zehnjährige Gesamtschule. Wer Abitur machen wollte, musste anschließend auf die „erweiterte Oberschule“.

Mit dem Schulbus ging es etwa zehn Kilometer in die nächste Stadt. Der Bus fuhr durch drei Dörfer, bis er an der Schule ankam. Am ersten Tag waren Verwandte und Eltern mit eingeladen. Die Einschulungsfeier fand im größten Klassenraum der Schule statt. Das Gebäude war ein alter Klinkerbau und diente wohl schon an die einhundert Jahre als Schule. Ich saß während der Feier in der ersten Reihe. Ich saß schon immer gern in der ersten Reihe. Das lag wohl daran, dass ich mit der Menge an Menschen überfordert war und sie lieber hinter mir hatte als vor mir.

Ich dachte, ich würde mich an diesem Tag richtig groß fühlen, weil ich ja jetzt zu denen gehörte, die die Schule besuchten. Tatsächlich fühlte ich mich eher klein. Dann war da auch noch diese große Schultüte, neben der ich mich noch kleiner fühlte. Und dann diese vielen neuen Gesichter. Ich kannte nur Mario aus unserem Dorf. Aber ich wechselte nicht einmal ein einziges Wort mit ihm, da er genauso schüchtern war wie ich.

Die Feier begann mit einer großen Rede des Direktors der Schule, danach kam unsere Klassenlehrerin. Alle erzählten irgendetwas von Sozialismus und Vaterland und wie großartig die Zeit für uns jetzt werden würde. Worauf ich mich am meisten freute, war die Vorstellung eines Zauberers. Da ich in der ersten Reihe saß, durfte ich ihm sogar bei einem Zauberkunststück assistieren. Ich versuchte, hinter die Tricks zu kommen, irgendwie zu erkennen, wie er das machte. Aber so sehr ich mich auch anstrengte, ich konnte keinen einzigen Trick entlarven.

Der Zauberer ließ Metallringe ineinandergleiten, Dinge verschwinden und holte Geld aus den Kleidern von Kindern. Als Höhepunkt kam auch noch ein echtes weißes Kaninchen aus seinem Zauberhut.

Nach der Zaubervorstellung ging es in den Unterricht. Als Erstes sollten wir ein sozialistisches Lied lernen. Das Ergebnis war eher grauenhaft und nicht wirklich eine künstlerische Darbietung. Unsere Lehrerin versuchte, uns mit ihrer Gitarre zu begleiten. Am Ende brach sie das Experiment enttäuscht ab. Damit war der erste Schultag zu Ende und wir fuhren alle zum Feiern nach Hause.

Meine geliebte Oma Sophie war gekommen. Darauf hatte ich mich am meisten gefreut. Und natürlich war ich gespannt auf das Öffnen meiner großen Schultüte. Ganz viele Süßigkeiten waren darin. „Aber nicht alles auf einmal essen“, hörte ich meine Mutter sagen. Natürlich durfte die „Schlager-Süßtafel“ nicht fehlen, die Standardschokolade der DDR. So gut wie die Schokolade aus dem Westen hat sie nicht geschmeckt. Meine Oma schenkte mir Westschokolade. Sie hatte wohl wieder ein Paket von Tante Alwine bekommen. Außerdem waren noch Butterkekse in der Schultüte. Ich liebe diese Kekse bis heute. An diesem Tag verstand ich, warum die Schultüte auch Zuckertüte genannt wird.

Der Ernst des Lebens beginnt

Mein Lieblingsfach in der Schule war von Anfang an Mathematik. Ich liebte die Logik, das Berechenbare. Ich liebte Zahlen und konnte es gar nicht erwarten, mit ganz großen Zahlen zu rechnen. Erst Addition, dann Subtraktion und schließlich Multiplikation und Division. Mit Begeisterung übte ich Kopfrechnen. Ich wollte unbedingt der Klassenbeste werden. Und tatsächlich schaffte ich es mit viel Üben. Ich durfte sogar an der „Mathematik-Olympiade“ teilnehmen und bekam eine Urkunde.

Mathematik interessierte mich so sehr, dass ich sogar „alpha“ abonnierte, eine Schülerzeitschrift für Mathematik. Sie kostete fünfzig DDR-Pfennig und ich war glücklich, dass ich mir das leisten konnte. Durch die Zeitschrift war ich dem Stoff in der Schule meist weit voraus und lernte auch einige Tricks und Abkürzungen in der Mathematik kennen. Zum Beispiel wie man den Wochentag irgendeines Datums berechnen konnte. Ich lernte die Formel auswendig und beeindruckte meine Freunde und Verwandten regelmäßig mit meinem Mathetrick.

Mich interessierte nicht nur die Mathematik. Ich fand fast alle Fächer spannend. Ich war so neugierig auf Wissen. Nur Deutsch interessierte mich nicht so sehr, schließlich konnte ich ja schon Deutsch, dachte ich so. Am meisten interessierten mich die Naturwissenschaften. In der ersten Klasse hatten wir nur „Heimatkundlichen Unterricht“ mit Naturwissenschaften. Ein anderes Fach, das mich begeisterte, war „Schulgartenunterricht“. Jede Schulklasse bewirtschaftete einen kleinen Garten oder eher ein großes Beet. Dieses Schulfach war es, das mich zu meinem ersten Berufswunsch führte: Ich wollte Gärtner werden. Und so kam es dann auch, dass ich bei uns zu Hause ein eigenes Beet für mein Hobby bekam. Noch heute bewirtschafte ich meinen eigenen Gemüsegarten.

Endlich Jungpionier

Nach ungefähr drei Monaten gab es in der Schule ein besonderes Ereignis: Am 13. Dezember wurden alle Erstklässler in die Jugendorganisation der Jungpioniere aufgenommen. Das war in der DDR so üblich. Der Tag begann sehr feierlich mit einem Fahnenapell in der Schule. Das war so etwas wie eine kleine Militärparade. Die gesamte Schule musste antreten. Jede Schulklasse hatte ihren eigenen Platz auf dem Appellplatz. Wir standen in Reih und Glied an den drei Seiten des Platzes. Nachdem jede Klasse exakt stand, wurde Meldung gemacht. Danach wurde die DDR-Fahne gehisst und es erklangen ein paar sozialistische Lieder. Manche Schulen hatten sogar eine eigene Kapelle dafür. Unsere leider nicht.