Almas Häuschen - Hanne Benden - E-Book

Almas Häuschen E-Book

Hanne Benden

0,0
4,99 €

oder
-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.

Mehr erfahren.
Beschreibung

Sie liebt die Stadt, sie bekommt Bullerbü-Idylle und will nur eins - weg! Eine kurzweilige Liebesgeschichte zwischen Großstadt und Landleben. Für Schwedenfans zum Träumen. Elin ist wenig begeistert, als sie von ihrer Großtante Alma ein Häuschen in Värmland erbt. Sie liebt die Großstadt - was soll sie mit einer Hütte auf dem Land? Dazu ist das Haus keinesfalls verlassen, und schon kurz nach ihrer An-kunft gerät Elin mit dem Tischler Anton aneinander, der dank Almas Wohlwollen die Hütte bewohnt. Am liebsten würde Elin auf dem Absatz kehrt machen und Anton und das Häuschen für immer hinter sich lassen. Doch ein unglücklicher Umstand zwingt sie dazu, wieder zurückzukehren. Und dann bekommt Elin von einer Kundin ein Angebot, das alles verän-dert und nicht nur Elins Einstellung gegenüber dem Landleben auf den Kopf stellt …

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB

Veröffentlichungsjahr: 2025

Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Hanne Benden Almas Häuschen Ein Schwedenroman

Impressum

www.hannebenden.de

[email protected]

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar

© Constanze Budde

Bookerfly Impressum Service

c/o Hanne Benden

Fallersleber Str. 4

39126 Magdeburg

Lektorat: Jörgen Hansen-Ellenrieder

Cover & Illustrationen: Petra A. Bauer unter Verwendung von UN Digital Art/Yorda Studio, Creative Fabrica und arvitalya, Adobe Stock

Veröffentlicht über Tolino Media

ISBN: 9783819439674

Hanne Benden

Über das Buch

Elin ist wenig begeistert, als sie von ihrer Großtante Alma ein Häuschen in Värmland erbt. Sie liebt die Großstadt - was soll sie mit einer Hütte auf dem Land?

Dazu ist das Haus keinesfalls verlassen, und schon kurz nach ihrer Ankunft gerät Elin mit dem Tischler Anton aneinander, der dank Almas Wohlwollen die Hütte bewohnt.

Am liebsten würde Elin auf dem Absatz kehrt machen und Anton und das Häuschen für immer hinter sich lassen. Doch ein unglücklicher Umstand zwingt sie dazu, wieder zurückzukehren.

Und dann bekommt Elin von einer Kundin ein Angebot, das alles verändert, und nicht nur ihre Einstellung gegenüber dem Landleben auf den Kopf stellt …

Über die Autorin

Hanne Benden studierte Skandinavistik und Buchwissenschaft in Erlangen, Greifswald und Lund und arbeitet heute hauptberuflich als Schwedisch- und Dänischdozentin. Nebenbei schreibt sie Bücher mit Hyggefaktor. Nach Stationen in verschiedenen Ecken Deutschlands lebt sie nun wieder im heimatlichen Ruhrgebiet. Sie liebt Skandinavien, Bücher und Musik und wünscht sich, so schnell schreiben zu können, wie ihr Ideen für neue Geschichten zufliegen.

Weitere Bücher der Autorin

En jävla håla (Schwedische Ausgabe zu Almas Häuschen)

Solang du lieben kannst (Erlangen-Romance Band 1)

Solang du lieben magst (Erlangen-Romance Band 2)

Das geheimnisvolle Weihnachtskaramell

So ein süßes rotes kleines Häuschen

Man muss nicht viel über Skogskulle wissen. Es ist einfach ein verdammtes Nest mit mehr Landschaft als auf einem Gemälde von Carl Larsson. Grüne Wiesen, Äcker, Birken und einige Nadel-bäume. Und natürlich steht mittendrin so ein süßes rotes kleines Häuschen mit weißen Fenstern. Nein, was für eine Bullerbü-Idylle!

Das Häuschen gehört mir. Seit einer Woche. Da bekam ich Besuch von einem Mann mit Anzug und Krawatte, der mir erzählte, dass meine Tante Alma gestorben sei.

„Aha“, sagte ich. Ich wusste praktisch nichts über Tante Alma. Es gab sie. Oder, nun ja, es hatte sie gegeben. Mama hat nie viel von ihr gesprochen. Und da Mama vor ein paar Jahren ebenfalls verstorben ist, kann ich sie auch nicht mehr nach ihr fragen.

Tante Alma ist also tot. Und ich habe ihr altes Häuschen in Skogskulle geerbt. Es ist alt, so wird heute nicht mehr gebaut, glaube ich. Aber die Hütte ist in recht gutem Zustand. Keine blätternde Farbe, kein Moos an der Fassade. Wirklich schön, das muss ich schon sagen. Ich kann ruhig einmal reingehen und mich ein wenig umschauen, nun da ich den ganzen Weg von Göteborg hergefahren bin (und wohin ich spätestens morgen früh zurückkehren werde).

Ich balle die Faust um den Schlüssel in meiner Jackentasche und gehe langsam die fünf Schritte vom Auto bis zur Türschwelle. Als ich versuche, den Schlüssel ins Schloss zu stecken, öffnet sich die Tür von selbst. Wie merkwürdig. Hat Tante Alma nie hinter sich abgeschlossen? Ich würde meine Wohnung niemals verlassen, ohne zweimal abzuschließen und mich zu vergewissern, dass sie auch wirklich zu ist.

Jetzt stehe ich in der Hütte mit ihrer gemütlichen Carl Larsson Einrichtung – blauer Küchentisch mit passenden Stühlen, weiße Küchenbank mit geblümten Kissen. Das IKEA-Porzellan, das auf einem Regal über der Anrichte steht, passt nicht so recht ins Bild.

Eine kleine Treppe führt ins Obergeschoss. Es knarrt, als ich den Fuß auf die erste Stufe setze. Oben gibt es nur zwei Zimmer. Ich gehe auf das erste zu, das gegenüber der Treppe liegt, und dessen Tür einen Spalt offensteht. Ich spähe hinein – ein gemachtes Bett, eine Lampe auf dem Nachttisch, ein geblümter Schrank … Und ein Paar Jeans und ein kariertes Hemd, die über der Bettkante hängen. Wo kommen die her? So wenig ich über Tante Alma weiß, ich kann mir nicht vorstellen, dass sie solche Kleider getragen hat.

Auf einer kleinen Kommode steht ein Bilderrahmen. Ich will gerade die Hand danach ausstrecken, um mir das Bild anzusehen, als ich Geräusche von unten höre.

Mein Herz schlägt unwillkürlich schneller, während ich stocksteif dastehe. Schritte bewegen sich über den Holzboden und ich vermute, dass die Person – wer auch immer es ist – nun in der Küche sein muss. Es klappert und knistert.

Verdammt! Ob das jemand ist, der weiß, dass Tante Alma tot ist, und nun kommt, um zu stehlen, was sich noch verwenden oder verkaufen lässt? Oder ist das hier ein Geisterhaus und es handelt sich um Tante Almas Geist, der umherstreift? Mir gefällt keine der Alternativen.

Ich sehe mich um. Ich kann nirgendwohin, wenn ich nicht aus dem Fenster springen will. Der einzige Weg ist die Treppe nach unten. Aber es ist schließlich mein Häuschen. Wer es auch ist, der dort in der Küche herumfuhrwerkt, der kann zur Hölle fahren, schießt es mir in einem Anflug von Mut durch den Kopf. Ich atme tief ein und gehe nach unten und bleibe verwundert auf der letzten Treppenstufe stehen.

Ein Typ in Jeans und kariertem Flanellhemd steht vor dem Küchentisch und räumt Konserven, Gemüse und Käse aus einer Papiertüte.

„Und du bist …?“ Er sieht mich an als sei ich ein Einbrecher. Blöd, dass ich mich genau so fühle. Ob er mich mit dem Kilopaket Käse umbringen könnte, wenn er es nur kräftig genug wirft?

„Elin“, antworte ich und atme erleichtert aus, als er sich umdreht und den Käse in den Kühlschrank stellt.

„Was machst du hier?“ Er greift nach einer Lauchstange und hält sie wie einen Baseballschläger in der Hand.

Verdammt, warum stellt er all die Fragen, die ich stellen sollte?

„Das hier ist mein Häuschen“, sage ich trotzig, halte aber trotz-dem weiterhin Sicherheitsabstand auf meiner Treppenstufe.

„Aha“, murmelt er und verräumt weiter seine Einkäufe.

Als ich sicher bin, dass er mich nicht angreifen wird, verlasse ich die Treppe und stelle mich neben den Tisch.

„Das Häuschen gehört meiner Tante Alma. Ich habe es von ihr geerbt.“

„Aha, du bist das also.“ Er wirkt nicht besonders interessiert.

„Und wer bist du? Was machst du hier? Ich nehme mal an, dass du nicht für Tante Alma eingekauft hast.“

Der Typ faltet die leere Tüte zusammen und legt sie in den Schrank unter der Spüle. „Ich heiße Anton und ich wohne hier, wenn du es genau wissen willst.“

Anton. Wohnt hier. Langsam dringt die Information zu mir vor. Nein, nein, nein, das darf nicht wahr sein! Ich taste in der Tasche nach meinem Handy und verlasse die Hütte, ohne Anton noch einmal anzusehen, und suche die Nummer des Anwalts hervor.

„Es geht um die Hütte“, sage ich direkt. „Sie haben nichts davon gesagt, dass sie bewohnt ist.“

„Was? Das ist … ja, also …“ Es dauert eine Weile, bis er zu stammeln aufhört und einen vollständigen Satz zustande bringt. Ich umrunde unterdessen dreimal mein Auto.

„Finden Sie heraus, ob er einen gültigen Mietvertrag hat, und melden sich noch einmal.“

Er legt auf. Verärgert starre ich auf den Bildschirm. Was denkt der sich denn? Ich stehe hier mitten im Nirgendwo. Ich habe keine juristische Expertise und leider auch keine Ahnung, wie ich den Typen im karierten Hemd loswerden soll, dem scheinbar alles egal ist.

Ich gehe zurück ins Haus.

„Kannst du nicht die Schuhe ausziehen? Oder macht man das in der Großstadt nicht?“

Ich mache eine Satz, als er plötzlich hinter mir steht. Verlegen ziehe ich mir die Ballerinas von den Füßen. Was zur Hölle? Wer legt hier eigentlich die Regeln fest? Ich offenbar nicht. Aber obwohl es mein Häuschen ist, ziehe ich die Schuhe dennoch nicht wieder an.

Anton macht ein zufriedenes Gesicht. „Willst du einen Kaffee?“

Dankend nehme ich an. Vielleicht ist es das Beste, in aller Ruhe über den Mietvertrag zu sprechen. Anton reicht mir einen Becher und schenkt Kaffee aus einer großen Thermoskanne ein. Alles in mir zieht sich zusammen, als ich den Kaffee probiere, so stark und bitter ist er. Am liebsten würde ich ihn wieder ausspucken, aber das wäre vermutlich nicht besonders höflich. Also reiße ich mich zusammen und zwinge den Kaffee meine Speiseröhre hinunter. Morgen bin ich zurück in Göteborg, da kann ich wieder massenweise feingerösteten Kaffee mit Sojamilchschaum und Zimtgeschmack kaufen.

„Hast du einen Mietvertrag?“

Anton lacht auf. „Ihr Großstädter …“ Er stellt seinen Kaffeebecher auf den Tisch und gießt mehr Kaffee ein. „Ich habe eine Absprache mit Alma. Ich darf hier wohnen und dafür halte ich die Hütte in Schuss. Funktioniert, wie du siehst. Alma brauchte kein Papier dafür.“

In diesem Fall sollte es leicht sein, ihn loszuwerden. Oder? Ich starre in den dunklen Kaffee. Vielleicht könnte ich die Hütte auch einfach an Anton verkaufen, das wäre wohl die simpelste Lösung. Kein Makler, keine Hausbesichtigungen … Ich habe keine große Lust und auch nicht die Absicht, mehr als zwei Tage Arbeit in diese Hütte zu investieren.

Anton steht auf, mit dem Becher in der rechten Hand. „Ich bin im Tischlerschuppen.“

„Hast du was angestellt?“

Er rollt mit den Augen. „Nein, ich arbeite.“

„Holzmännchen schnitzen, oder was?“

Anton reagiert nicht einmal auf meinen gemeinen Kommentar, sondern geht in den Flur. „Im Kühlschrank steht übrigens Milch“, ruft er und schließt die Tür hinter sich.

„Danke für den Tipp“, murmle ich verstimmt. Jetzt ist der Kaffee kalt, das kann die Milch auch nicht mehr retten. Ich stehe auf und kippe den Kaffee in die Spüle.

Wieso war ich so gemein zu Anton? Er kann nichts dafür, dass Tante Alma tot ist und ich ihr Häuschen auf dem Land geerbt habe. Ich, die Großstadtpflanze!

Er hat recht. Ich bin ein Stadtmensch. Mit großen Häusern, Straßen, Geschäften und Lärm kann ich besser umgehen als mit dieser kleinen und furchtbar stillen Hütte. Warum bin ich überhaupt hergekommen? Ich wusste doch schon vorher, dass es mir hier nicht gefallen würde. War ich am Ende doch neugierig auf Tante Alma, die ich nie kennengelernt habe? In dem Fall kann ich genauso gut wieder zurück nach Göteborg fahren. Die Hütte ist nicht mehr länger Tante Almas Zuhause, und ist es mindestens ein Jahr nicht mehr gewesen. Aber jetzt ist es zu spät, um zurückzufahren. Es sind mehr als 400 Kilometer bis Göteborg. Mein Plan war, eine Nacht zu bleiben. Ich konnte ja nicht wissen, dass das Bett schon belegt ist.

Wann willst du wieder fahren?

Verflixt … Ich stampfe auf dem Holzboden auf, dass die Zehen schmerzen. Jetzt bin ich asylsuchend in meinem eigenen Häuschen. Oder muss ich etwa im Auto schlafen? Das kommt nicht in Frage.

Mit einem Seufzer ziehe ich meine Schuhe an und überquere das Grundstück zu dem Holzschuppen, von dem ich annehme, dass es der Tischlerschuppen ist.

Ich halte inne, als ich Musik von drinnen höre. Dieses Lied kenne ich.

Anton scheint mein Klopfen nicht zu hören. Er reagiert nicht einmal, als ich den Tischlerschuppen betrete. Völlig verwundert bleibe ich stehen. Das hier ist kein Michel-aus-Lönneberga-Schuppen. Das ist eine richtige Werkstatt mit großer Tischlerbank, Sägen und Werkzeugen, die ich noch nie gesehen habe. An den Wänden stehen zwei große alte Schränke mit Blumenmuster, die dem Schrank im Schlafzimmer der Hütte ähneln. An einem Schrank fehlen die Türen, der andere hat keine Schubladen und die Farbe blättert. Anton steht an der Werkbank und bearbeitet eine große Holzplatte, wobei er den Kopf im Takt der Musik bewegt.

„Hörst du Sigur Rós?“

Er dreht sich um. „Yes.“ Sofort sieht er wieder zurück auf seine Arbeit und macht da weiter, wo er kurz innegehalten hat, als ich die dusselige Frage gestellt habe.

„Was gibt’s?“

Bilde ich es mir ein oder klingt er verärgert?

„Äh … ich wollte nur fragen, ob ich die Küchenbank heute Nacht belagern darf.“

„Klar“, murmelt Anton, ohne mich anzusehen.

Er scheint kein größeres Interesse daran zu haben, noch länger mit mir zu reden. Also bedanke ich mich nur und verlasse die Werkstatt. Erst jetzt sehe ich sein Auto, einen großen Geländewagen mit Ladefläche. Transportiert er die Schränke mit diesem Auto? Wie schafft er es, die großen Möbel ganz allein hochzuheben? Egal, das muss nicht meine Sorge sein, irgendwie scheint es ihm wohl zu gelingen. Ich hole mein Tablet aus dem Auto und mache einen kleinen Spaziergang den Weg hinunter. Dort setze ich mich auf einen Baumstumpf und checke meine Mails.

Elin, die Mitarbeiter von Mysemester kommen schon am Montag um 14 Uhr. Die Präsentation des Projekts ist für 14:30 vorgesehen. Ist alles fertig? Grüße, Rolf.

Mein Herz schlägt schneller. Das Meeting kommt ziemlich spontan. Ich hätte frühestens in zwei Wochen mit dem Besuch der Mitarbeiter gerechnet. Jetzt ist es also schon übermorgen. Ein Glück, dass ich gestern die Präsentation fertigbekommen habe! Sofort tippe ich meine Antwort.

Ich bin fertig. Wir sehen uns Montag.

Rasch öffne ich die Präsentation, die ich in der Cloud abgespeichert habe, und klicke durch die Folien. Wenn alles gut geht, wird daraus übermorgen ein größerer Folgeauftrag für die Firma. Für den Moment bin ich zufrieden, doch plötzlich beginnt mein Magen zu knurren. Wann habe ich das letzte Mal gegessen? Ich gehe zurück zum Auto und ein paar Minuten später stehe ich mit meiner gepackten Lunchdose in der Küche der Hütte. Ein bisschen merkwürdig ist es schon, eine der Pfannen zum Aufwärmen des Risottos zu nutzen, es sind schließlich nicht meine Küchengeräte. Aber es gibt keine Mikrowelle. Unschlüssig halte ich die Pfanne in der Hand. Ach, wie privat kann das schon sein? Ist ja nicht so, als würde ich Antons Klamotten anziehen. Ich stelle die Pfanne auf den Herd und kippe den Inhalt der Plastikdose hinein.

Ich bin fast fertig mit Essen, als Anton zurückkommt. Spuren von Sägespänen zeichnen sich auf seiner Hose ab. Er sieht mich kurz an und verschwindet in dem kleinen Bad auf der anderen Seite des Flurs.

Ich werde nicht schlau aus Anton. Wie kann es sein, dass er sich so wenig darum kümmert, dass jemand – also, ich – hier ist? Ich komme mir fast vor wie ein Teil der Einrichtung.

Als er in die Küche zurückkommt, nimmt er ein Bier und ein paar Tüten aus dem Kühlschrank und stellt den Herd an. Kurz darauf füllt der Duft von Eintopf die Küche. Er sagt kein Wort, während er sich um sein Essen kümmert, und obwohl es vermutlich sinnlos ist, warte ich genau darauf, während ich unruhig auf meinem Platz hin und her rutsche. Leider habe ich auch keine Idee, was ich sagen soll. Ich starre auf meinen leeren Teller und wünschte, es wäre bereits Sonntag und ich könnte hier weg.

Anton setzt sich mir gegenüber und beginnt zu essen. Ich kann nicht anders, als ihn anzusehen. Er trägt noch immer das karierte Hemd und die Arbeitshosen, aber die Sägespäne sind verschwun-den. Seine Hand hält die Gabel fest umschlossen, es ist nicht zu übersehen, dass er Kraft hat. Die Kiefer mahlen schnell und seine bärtigen Wangen tanzen etwas dabei. Ich versuche, ihm in die Augen zu sehen, aber er hält den Blick gesenkt. Also strecke ich die Beine auf der Küchenbank aus. Ganz schön hart. Wie soll ich hier heute Nacht schlafen können?

„Willst du schlafen?”

Seine Stimme durchfährt die Küche wie ein Echo, obwohl er nicht besonders laut spricht. Ich schüttle den Kopf. Wenn ich auf dieser harten Küchenbank schlafen muss, will ich den Schlaf gern so lang wie möglich aufschieben. Obwohl schlafen an sich ziemlich gut klingt. Es wäre zumindest besser als hier zu sitzen und zu schweigen.

Anton brüht eine neue Kanne Kaffee auf und bietet auch mir eine Tasse an. Stumm lehne ich ab. Achselzuckend setzt er sich zurück an den Tisch und löst ein Kreuzworträtsel, während er darauf wartet, dass der Kaffee fertig wird.

„Bist du sicher, dass du auf der Küchenbank schlafen willst?“, fragt er nach einer Weile. Ihm muss aufgefallen sein, dass ich mich bewegt habe, um es mir doch noch irgendwie bequem zu machen. Die Bank ist zu kurz, um mich vollständig ausstrecken zu können, aber ich will nicht zugeben, wie unbequem es ist, obwohl ich mich schon jetzt nach meinem breiten weichen Bett zu Hause in Göteborg sehne

„Das wird für eine Nacht schon gehen.“

„Ansonsten ist dir ein Bett vielleicht lieber?“

Ich starre ihn an. Meint er das ernst? Er geht doch hoffentlich nicht davon aus, dass ich gleich im selben Bett schlafen wie er.

„Aber, das ist doch dein Bett.“

Er prustet in seine Kaffeetasse. War das eine Art Lachen? „Es gibt zwei Schlafzimmer oben.“

Ach ja. Die zweite Tür. Die hatte ich vergessen. Anton steht auf und geht zur Treppe. Ich folge ihm nach oben. Er öffnet die Tür, die der Treppe am nächsten liegt und ich schaue verwundert ins Zimmer. Auf dem Boden liegen Legosteine verstreut, unter dem Fenster steht ein kleiner Schreibtisch und auf dem Regal stapeln sich ein paar Bücher. Ein großes Spiderman-Poster hängt über dem Bett.

„Entschuldige das Chaos, wir sind beim letzten Mal nicht mehr dazu gekommen aufzuräumen.“

„Wir?“

„Ja. Das ist das Zimmer von meinem Sohn Gustav. Er wohnt jede zweite Woche bei mir.“

Ich schlucke heftig. Anton hat einen Sohn. Jetzt sind es schon zwei Leute, die in meinem Häuschen wohnen. Wieso hat der Anwalt nichts davon gesagt?

„Aha.“ Was soll ich sonst dazu sagen? Für heute reicht es wirklich mit Überraschungen.

„Ja, also … Du findest dich sicher zurecht.“

Ich komme kaum dazu, mich zu bedanken, ehe er wieder nach unten in die Küche geht. Ich mache einen Schritt in das Zimmer und sehe mich um. Auf dem Schreibtisch steht ein Bilderrahmen mit einem Foto von Anton und einem kleinen Jungen. Gustav muss ungefähr acht Jahre alt sein. Für sein Alter scheint er außerdem sehr kreativ zu sein, denn an der Wand neben der Tür hängen einige selbstgemalte Bilder. Keine Carl-Larsson-Idylle, aber sogar ich, die ich nicht die große Kunstexpertin bin, kann sehen, dass Gustav talentiert ist. Er hat Fantasietiere gemalt, Einhörner, farben-frohe Vögel und Wesen, die ich noch nie gesehen habe. Ich lächle und überlege, in welchen Geschichten, diese Figuren wohl leben mögen …

… bis ich auf einen winzigen Legostein trete, dessen Kanten sich hart in meine Fußsohle bohren.

Verflucht! Ich hätte doch auf der Küchenbank bleiben sollen.

Erst als ich im Bett liege, fällt mir ein, dass ich Anton nicht gefragt habe, ob er die Hütte kaufen möchte.

Gustavs Bett ist sehr gemütlich und ich wache erst um halb neun auf. Ich will schon aus dem Bett springen, als mir gerade noch rechtzeitig die Legosteine wieder einfallen. Vorsichtig stehe ich auf und tapse auf Zehenspitzen zum Badezimmer. Erleichtert atme ich aus, als ich Anton nicht in der Küche erblicke. Auch wenn er sich nicht sonderlich für mich zu interessieren scheint, ist es mir doch lieber, wenn er mich nicht in meiner etwas kurzen Schlafanzughose mit Herzchenmuster sieht.

Ich sitze am Küchentisch und nehme ein schnelles Frühstück zu mir, das aus Brötchen von gestern und einem Glas warmen Wasser besteht (Gott, wie sehr ich mich nach dem Kaffee in Göteborg sehne!), als Anton die Küche betritt. Er trägt Sportkleidung und sieht verschwitzt aus.

„Guten Morgen“, sagt er und füllt sich ein Glas mit Leitungs-wasser.

„Guten Morgen. Warst du joggen?“

Anton trinkt einen großen Schluck. „Ja, stell dir vor. Stellst du immer unnötige Fragen?“

Entschuldigung, ich wollte ja nur höflich sein und ein bisschen Smalltalk führen. Ehe mir eine passende Antwort einfällt, verschwindet Anton jedoch ins Bad. Ich esse die Reste des Brötchens und trinke noch ein Glas Wasser. Bäh. Kann der Tag noch schlimmer werden?

Anton kommt zurück, frischgeduscht und in neuen Klamotten. Ich starre auf seinen Rücken, während er Kaffee aufsetzt.

„Ich will ja nicht unhöflich sein … Aber wann willst du wieder fahren?“ Er dreht sich nicht zu mir um, während er spricht.

Ich sehe ihn verärgert an, obwohl oder vielleicht auch weil er es nicht sehen kann. Denkt er etwa, ich würde seine Gastfreundschaft ausnutzen? Ist nicht eigentlich er es, der meine Gastfreundschaft genießt? Oder Tante Almas? Reiß dich zusammen, Elin!

„Es ist nur, dass ich Gustav bald abhole.“ Endlich sieht er mich an. Abwartend.

„Kein Ding. Ich will nur noch etwas fragen, dann bin ich weg“, sage ich.

Er grinst mich über den Rand seines Kaffeebechers an.

„Eine notwendige Frage, falls du das meinst“, füge ich hinzu. „Willst du das Häuschen kaufen?“

Anton sieht etwas überrascht aus. Vermutlich hat er nicht mit so einem Angebot gerechnet. Oder er kann nicht glauben, dass jemand (also ich) diese gemütliche Hütte nicht für sich selbst haben will.

„Ich will kein Sommerhäuschen auf dem Land oder so“, sage ich, um meine Frage zu unterstreichen.

„Was würdest du in dem Fall haben wollen?“

Bilde ich es mir ein oder hält er die Kaffeetasse etwas fester umklammert als zuvor? Die Frage überrascht mich jedoch. Ich hätte mir Gedanken über den Preis machen sollen. Keine Ahnung, was ein Haus auf dem Land so kostet. Soll ich einfach raten? Nein, so planlos, wie ich in punkto Immobilien bin, kann das nur schief gehen. Ich ziehe mein Handy hervor und tue so, als würde ich nachdenken und rechnen. Tatsächlich öffne ich die Kleinanzeigen-Seite und schaue nach Immobilienpreisen. Leider gibt es Hütten und Häuschen zu allen Preisen zwischen 15.000 und mehreren Millionen Kronen. Verdammt! Was soll ich jetzt machen?

„600.000“, sage ich, ehe ich länger darüber nachdenken kann.

Anton beißt sich auf die Lippen. Heißt das ja oder nein? Ist der Preis zu hoch? Oder ist er viel zu niedrig und Anton versucht gerade, mich nicht auszulachen? Ich hoffe nur, dass mir mein Pokerface einigermaßen gelingt. Er nickt langsam.

„Kann ich darüber nachdenken?“

„Klar“, sage ich und reiche ihm meine Visitenkarte. Immerhin das fühlt sich jetzt ein wenig professionell an. Dabei ist es bloß Zufall, dass ich sie in der Hülle meines Smartphones hatte. „Ruf einfach an, wenn du dich entschieden hast.“

Endlich fühle ich mich wieder ein bisschen mehr wie ich selbst. Ich stehe auf und lächle ihn an, so wie ich sonst Kunden nach dem ersten Kennlerngespräch anlächle. „Danke, dass ich das Bett nutzen durfte. Grüß Gustav.“

Anton nickt nur.

Ich hole meine Tasche, schlüpfe in meine Schuhe und gehe zum Auto. Bevor ich den Schlüssel einstecke, schließe ich die Augen und atme tief durch. In ungefähr fünf Stunden werde ich zu Hause sein. Oh, wie ich mich nach meiner Wohnung und einem guten heißen Kaffee sehne!

---ENDE DER LESEPROBE---