Alpengold 383 - Sabine Holler - E-Book

Alpengold 383 E-Book

Sabine Holler

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Beschreibung

Der junge Lehrer Justus Godehard weiß, dass es aussichtslos ist, seiner bildhübschen Schülerin Paulina seine Liebe zu gestehen. Schon in wenigen Wochen wird die reiche Erbin des Gröblingerhofes die Schule verlassen und vermutlich recht bald den Mann heiraten, den ihr Vater für sie ausgesucht hat.
Justus seufzt. Er ist sich der Aussichtslosigkeit seiner Träume bewusst. Nie wird ein armer Lehrer für den wohlhabenden Gröblinger-Bauer als Schwiegersohn infrage kommen. Aber was soll er nur tun? Justus kann sich die unselige Leidenschaft zu dem schönen Madel einfach nicht aus dem Herzen reißen. Da geschieht etwas Unerwartetes, und das Ziel seiner Träume scheint nicht mehr gar so aussichtslos ...


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Inhalt

Cover

Viele Tränen um die Liebe

Vorschau

Impressum

Viele Tränen um die Liebe

Wenn zwei Herzen nicht zusammengehören dürfen

Von Sabine Holler

Der junge Lehrer Justus Godehard weiß, dass es aussichtslos ist, seiner bildhübschen Schülerin Paulina seine Liebe zu gestehen. Schon in wenigen Wochen wird die reiche Erbin des Gröblingerhofes die Schule verlassen und vermutlich recht bald den Mann heiraten, den ihr Vater für sie ausgesucht hat.

Justus seufzt. Er ist sich der Aussichtslosigkeit seiner Träume bewusst. Nie wird ein armer Lehrer für den wohlhabenden Gröblinger-Bauer als Schwiegersohn infrage kommen. Aber was soll er nur tun? Justus kann sich die Sehnsucht zu dem schönen Madel einfach nicht aus dem Herzen reißen. Da geschieht etwas Unerwartetes, und das Ziel seiner Träume scheint plötzlich nicht mehr gar so aussichtslos ...

»Nein, net schon wieder, Vinzenz! Lass mich aus! In Ruhe möcht' ich jetzt sitzen und meinen Most trinken.« Das hübsche dunkelhaarige Madel schüttelte energisch den Kopf.

»Ach, geh her, Paulina, sei doch net so grantig«, versuchte der Griebel-Vinzenz sie zu besänftigen. »Jetzt kommt die Polonaise. Dazu möcht' ich dich und keine andere.«

»Und ich mag halt net, ich will sitzen bleiben«, beharrte sie. »Die Füße tun mir weh, du hast mir ja genug darauf herumgetrampelt.«

Ihr Vater, der Gröblinger-Bauer, sah sie tadelnd an.

»Gib acht auf deine Worte, Madel«, mahnte er mit erhobenem Zeigefinger. »Der Vinzenz kann ja nix dafür, dass er ein Tollpatsch ist. Das darfst du ihm net immer wieder vorhalten. Was soll er denn machen, wenn er so groß, breit und schwer ist, dass er mit seinen Gliedern überall aneckt?«

Paulina hätte ihrem Vater antworten können, dass es auch andere große und wuchtige Mannsbilder im Dorf gab, die sich dennoch geschickter bewegten als der Griebel-Vinzenz.

Aber das Madel wusste, dass es vergebliche Liebesmüh war, das ihrem Vater oder dem Vinzenz selber klarmachen zu wollen. Der Gröblinger-Anton würde nichts gelten lassen, was gegen den Vinzenz einzuwenden war, denn er hatte sich nun einmal in die Idee verrannt, dass dieser reiche Erbe der richtige Schwiegersohn für ihn wäre.

»Also komm, Paulina«, drängte Vinzenz jetzt, »die Polonaise hat schon angefangen!« Schon ergriff er das Madel bei der Hand und zerrte es vom Stuhl empor.

Es war ein schöner, milder Abend.

Draußen war es noch nicht ganz dunkel. Der Vollmond stand am Himmel und ließ die Berge, die das Dorf Vierlach umgaben, silbern glänzen. Das Viereck zwischen dem Gasthaus, der Gemeindeverwaltung, der Kirche und der Schule, das man hier das »Platzl« nannte, war außerdem an jeder Ecke von einer Laterne beleuchtet.

In der Mitte des Platzls ragte jetzt der Maibaum auf.

Dreimal um diesen Maibaum herum führte die Polonaise, ehe der Zug hinter dem Gasthaus in den Garten des Wirtes einbog.

An der Spitze schritten die Musikanten und spielten die Marschmusik.

Widerwillig hatte Paulina sich vom Griebel-Vinzenz führen lassen.

Jetzt aber riss sie ihre Hand aus der Umklammerung durch seine Finger und rief ihm bei dem Lärm, den die Musik und das Gewirr der lachenden Stimmen machte, mit äußerster Lautstärke zu: »Jetzt ist es genug, Vinzenz, ich kann net mehr und mag net mehr! Du hast deine Polonaise gehabt, jetzt will ich meine Ruh'!«

Damit tauchte sie in der durcheinanderwogenden Menge der sich auflösenden Polonaise unter und war plötzlich verschwunden.

Vollkommen klar war sie sich darüber, dass sie auch mit keinem anderen mehr tanzen konnte, wenn sie den Griebel-Vinzenz als Tänzer ablehnte.

Somit war der Maitanz für Paulina zu Ende.

Sie arbeitete sich zielbewusst durch das Menschengewirr zum Ausgang des Gartens hin. Und als sie es endlich geschafft hatte, sich zwischen den hereindrängenden Tänzern durch das Tor zu quetschen, rannte sie wie gejagt die Dorfstraße entlang und auf ihr Elternhaus zu, das sich am Ende der Straße befand.

»Nanu«, wunderte sich die Gröblinger-Therese, als plötzlich die Küchentür aufgerissen wurde und ihre Tochter hereinstürmte. »Kommst du schon heim, Madel, oder hast du bloß was vergessen?«

»Ach, Mutterl, ich bin davongelaufen«, stieß Paulina atemlos hervor. »Ausgerissen bin ich vor dem Griebel-Vinzenz, der mir den ganzen Abend keine Ruhe gelassen hat. Mit keinem anderen durft' ich tanzen, nur mit ihm. Aber ich mag den Vinzenz net, er ist mir nun einmal zuwider. Lieber will ich daheim bleiben, als noch länger mit ihm zu tanzen.«

Erschrocken schaute die Bäuerin ihre Tochter an.

»Mei, das wird Ärger geben«, prophezeite sie ahnungsvoll, »denn der Vater hat sich gerade vom Maitanz für sein Vorhaben viel versprochen. Du weißt doch, er will mit dem Griebel-Xaver wegen der Wiesen verhandeln.«

»Freilich weiß ich das«, erwiderte Paulina und nickte, »aber ich bringe es nun einmal net über mich, dem Vinzenz schönzutun, damit mein Vater Erfolg hat.«

»Unfrieden wird es geben«, jammerte die Bäuerin. »Der Vater verzeiht es dir net, wenn deinetwegen das Geschäft net zustande kommt. Mir graut davor, was für ein Geschrei er anstimmen wird!«

»Leid tut es mir für dich, Mutterl«, sagte Paulina weich. »Aber ich kann mich net um solcher Dinge willen verkaufen. Und sicher willst du doch net, dass deine einzige Tochter unglücklich wird.«

»Nein, das will ich net, Madel«, stimmte die Bäuerin ihr zu »Wenn ich dir helfen kann, dann tu ich es.«

Die beiden Frauen nickten einander in herzlicher Übereinstimmung zu, und dann kletterte Paulina die Stiege hinauf zu ihrer Kammer, die im ersten Stockwerk des Hauses gelegen war. Sie wusste, dass sie sehr früh am Sonntagmorgen würde aufstehen müssen, um die Kühe zu melken. Die Knechte und Mägde hatten der Maifeier wegen am morgigen Sonntag frei.

***

Für gewöhnlich wurde auf dem Gröblinger-Hof das Frühstück um sieben Uhr eingenommen, wenn das Melken vorüber war.

An diesem Sonntag aber schliefen die Knechte und Mägde ihren Rausch aus.

So füllte die Gröblinger-Theres nur drei Teller für ihren Mann, ihre Tochter und sich selbst, öffnete die Küchentür und rief durch den Hausflur in den Stall hinüber: »Bist du denn noch net fertig, Madel?«

»Ja, gleich, Mutter«, tönte es zurück. »Ich wasche mir nur rasch die Hände noch, dann komme ich.«

Der Bauer hatte schon am Kopfende des Tisches Platz genommen, die Bäuerin setzte sich zu seiner Rechten nieder. Der Platz auf der linken Seite war frei, er gehörte Paulina.

Diese reinigte sich jetzt in der Waschküche die Hände, dann erschien auch sie am Tisch.

Vor der Mahlzeit betete der Bauer stets, und die Bäuerin schlug das Kreuz.

»Willst du uns net sagen, Paulina«, forschte die Mutter, »warum es mit dem Melken heut' so lange gedauert hat?«

»Ich hab net länger gebraucht als sonst«, antwortete die Tochter. »Ich bin nur vorher rasch zu der alten Klari ins Armenhäusl gelaufen.«

Das Armenhäusl war ein ehemaliges Tagelöhnerhaus, das der Gemeinde Vierlach gehörte. Dort wurden alle alleinstehenden alten Leute untergebracht, die keine Angehörigen hatten und nur von einer bescheidenen Rente oder gar der Fürsorge lebten.

»Und was hast du da gewollt?«, erkundigte sich der Bauer.

»Gestern beim Maitanz hab ich gehört, dass sich die Klari das Bein gebrochen hat. Da bin ich hingegangen und hab ihr ein paar Eier und einen Streifen Speck gebracht und ein paar Handreichungen gemacht.«

Befriedigt nickte die Bäuerin vor sich hin.

»So ist es recht, Madel«, lobte sie. »Für die Reichen ist es nun einmal Christenpflicht, den Armen beizustehen.«

Solche salbungsvollen Töne konnte Paulina nun einmal nicht leiden.

»Wir tun viel zu wenig Gutes«, erklärte sie energisch.

»Ach so? Was meinst du denn, was wir tun sollten, du Naseweis?«, wollte der Bauer ärgerlich wissen.

»Schuhe und Kleidung könntest du kaufen für solche Leute wie die Klari, Vater, Stärkungsmittel und Medizin.«

»Wenn du erst Bäuerin hier auf dem Hof bist, kannst du ja alles tun, Madel, was du für richtig hältst. Ich für meinen Teil gebe mir Mühe, das Geld zusammenzuhalten und net aus dem Fenster zu werfen.«

Die Bäuerin wollte von diesem Thema ablenken.

»Ja, wenn die Paulina erst Bäuerin auf dem Hof ist«, murmelte sie und lächelte versonnen vor sich hin. »Lange wird das ja net mehr dauern, denk' ich.«

»Was meinst du damit, Mutter?«, forschte die Paulina.

»Ich mein' halt, dass du heiraten wirst, wenn du von der Schule abgegangen bist«, versetzte die Bäuerin. »Der Vater hat gestern Abend erst gesagt, dass es net gut ist, wenn eine Frau lang' allein bleibt.«

Sofort fuhr die Paulina hoch und ließ den Löffel mit der Suppe sinken.

»Zum Heiraten gehören zwei, Vater«, wandte sie sich an ihn. »Erstens bin ich mündig und lasse net mit mir machen, was ihr wollt, und zweitens lasse ich mich schon gar net verschachern.«

Theres Gröblinger zuckte zusammen. Der Streit, den sie gefürchtet hatte, war offenbar schon da.

»Verschachern, was heißt das?«, rief der Bauer voller Empörung aus und maß seine Tochter mit strengem Blick. »Glaubst du, dass Eltern, die ihr Kind gut verheiratet sehen wollen, die Tochter verschachern? Das nimmst du zurück, Paulina! Das ist eine Beleidigung.«

Doch Paulinas Augen funkelten kampflustig.

»Gar nix nehm' ich zurück«, antwortete sie patzig. »Ich heirate net, wenn ich net will! Und ich will halt nur einen, den ich auch liebe!«

»Die Erbin vom Gröblingerhof heiratet net nach der Liebe, sondern nach dem Verstand!«, stellte ihr Vater in drohendem Ton richtig.

»Ich sag' es ja«, beharrte die Paulina. »Ich lasse mich net verschachern wie eine Ware!«

»Du redest so große Töne, Madel«, forschte er jetzt argwöhnisch. »Gibt es denn einen, den du liebst?«

»Aber nein.« Paulina schüttelte den Kopf. »Wo sollt' ich denn solch ein Mannsbild kennenlernen?«

»Man kann es halt net wissen«, brummte der Bauer, und dann machte er einen neuen Vorstoß. »Du willst also net heiraten?«

»O ja, heiraten möcht' ich schon«, gestand ihm Paulina, »aber halt nur einen Mann, den ich liebhaben kann. Ich möchte glücklich sein mit meinem Mann.«

Für die Zukunftspläne des Bauern, die ja die Wiesen am Bach betrafen, war das eine betrübliche Antwort. Viel zu weit hatte er sich schon vorgewagt und dem Griebel-Xaver Zusicherungen gemacht.

»Was redest du da, Madel?«, fuhr er jetzt seine Tochter an. »Das sind doch törichte Schwärmereien. Ich hab dir einen Mann ausgesucht, und den wirst du nehmen, basta!«

»Und wer ist dieser Mann?«

Langsam erhob sich Paulina, trat hinter ihren Stuhl und umkrampfte die Lehne mit den Fingern.

»Der Griebel-Vinzenz ist es«, antwortete der Vater ihr.

»Den nehm' ich net!«, rief die Paulina wütend.

»Ja mei, warum denn net? Der Vinzenz ist ein ansehnlicher Mensch und außerdem schwerreich. Demnächst kommt er zum Essen zu uns, da wirst du freundlich zu ihm sein, Paulina, oder es setzt was! Du nimmst ihn, und damit basta!«

»Ich nehm' ihn net, weil ich ihn net ausstehen kann«, rief sie mit brechender Stimme.

»So, und es interessiert dich wohl gar net, dass ich die Wiesen vom Griebel haben möcht', auf denen ich meine Pferde unterbringen kann, wie? Du weißt ganz genau, dass mir die Wiesen am Bach fehlen, die der Staat mir für die Autostraße weggenommen hat. Und dir ist auch bekannt, dass ich weit und breit nix bekommen kann. Der Griebel aber hat versprochen, dass er uns die Wiesen zur Hochzeit schenken wird. Er wird es im Ehevertrag verankern, wenn du den Vinzenz nimmst!«

»Noch einmal, Vater«, antwortete Paulina ruhiger als vorher, aber bestimmt und unerschütterlich: »Ich heirate den Vinzenz net! Ich lasse es net zu, dass du meine Person dazu benutzt, ein Geschäft zu machen, merk dir das!«

Nach diesen letzten Worten wandte sie sich um, stürzte zur Tür hinaus und warf sie krachend hinter sich ins Schloss.

Der Bauer und die Bäuerin sahen sich bestürzt an.

»So schwer hätt' ich mir das net gedacht!«, murmelte der Gröblinger-Anton. »Das Malefizmadl hat halt einen Kopf wie Eisen!«

»Frag dich doch, Anton, woher sie ihn hat, diesen Sturkopf!«, bemerkte die Bäuerin bissig.

***

»Pfüat di, Paulina!«, rief die Gröblinger-Bäuerin ihrer Tochter am Montagmorgen nach, blieb auf der Treppe vor der Haustür stehen und winkte.

»Servus, Mutterl!«, schrie Paulina zurück und trat kräftig in die Pedale. Sie fuhr mit dem Fahrrad zur landwirtschaftlichen Frauenschule.

Wenig später hielt Paulina ihr Rad vor dem stattlichen Bauernhaus der Familie Weißberger an. Sie betätigte die Klingel ihres Fahrrads und gab damit das verabredete Signal.

»Ich komm' ja schon, Paulina«, antwortete ihr eine helle Stimme aus dem Haus, und ein paar Sekunden später stürmte ein langes, schlaksiges Madel mit der Schulmappe unter dem Arm aus der Tür.

Das war Fanny, Paulinas beste Freundin.

Auch Fanny schwang sich auf ein Rad, das neben der Haustür gelehnt hatte, und gemeinsam rollten die beiden Dirndln jetzt der kleinen Stadt Neuenkirchen entgegen.

Pünktlich erreichten die beiden die Schule zu Neuenkirchen. Als das Klingelzeichen ertönte, das den Unterrichtsbeginn ankündigte, saßen sie auf ihren Plätzen. Die ersten vier Unterrichtsstunden rannen ohne besondere Ereignisse dahin. Dann endlich kam die Stunde bei dem jungen Lehrer Justus Godehard, der seit ein paar Monaten der Klassenlehrer dieser achtzehnjährigen Madeln war.

Der achtundzwanzigjährige Lehrer sah nicht nur gut aus, er war groß, schlank, schwarzhaarig und hatte dunkle Augen, sondern man konnte mit ihm auch reden, wie einem der Schnabel gewachsen war. Aufgeschlossen und modern war er und hatte sich bei seinem Erscheinen in der Schule die Herzen im Sturm gewonnen.