Alpengold 409 - Sabine Holler - E-Book

Alpengold 409 E-Book

Sabine Holler

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Beschreibung

Wie immer verbringt der Zoologe Benedikt Grundler die Ostertage auf dem elterlichen Hof. Doch diesmal endet der Besuch tragisch: Bei einem Autounfall stirbt sein Vater, Benedikt selbst wird so schwer verletzt, dass er wohl für immer gelähmt bleibt.
Eine ausweglose Situation, wenn er nicht eine Frau findet, die bereit ist, für ihn und den Hof zu sorgen. Dabei denkt Benedikt an seine Jugendliebe Mariele, von der er sich damals auf Geheiß des Vaters trennen musste. Doch Mariele lebt nicht mehr.
So heiratet Benedikt schließlich seine liebenswerte Pflegerin Daniela. Die Ehe geht auch wirklich gut - bis er auf einem Kongress ein Mädchen sieht, das seiner unvergessenen Mariele wie aus dem Gesicht geschnitten ist ...


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Inhalt

Cover

Marieles Ebenbild

Vorschau

Impressum

Marieles Ebenbild

Heimatroman um eine zerstörte Hoffnung

Von Sabine Holler

Wie immer verbringt der Zoologe Benedikt Grundler die Ostertage auf dem elterlichen Hof. Doch diesmal endet der Besuch tragisch: Bei einem Autounfall stirbt sein Vater, Benedikt selbst wird so schwer verletzt, dass er für immer gelähmt bleibt.

Eine ausweglose Situation, wenn er nicht eine Frau findet, die bereit ist, für ihn und den Hof zu sorgen. Dabei denkt Benedikt an seine Jugendliebe Mariele, von der er sich damals auf Geheiß des Vaters trennen musste. Doch Mariele lebt nicht mehr.

So heiratet Benedikt schließlich seine liebenswerte Pflegerin Daniela. Die Ehe geht auch wirklich gut – bis er auf einem Kongress ein Mädchen sieht, das seiner unvergessenen Mariele wie aus dem Gesicht geschnitten ist ...

»Ich wünsche Ihnen ein schönes Osterfest, Herr Kollege. Nicht wahr, Sie verbringen es doch daheim auf Ihrem Bauernhof?«

Das sagte Dozent Hermann Brinkmeier auf einem der langen Korridore des Instituts für Zoologie, das zur Universität München gehörte.

Sein Gegenüber war Dr. Benedikt Grundler, der aus dem Dorf Langenfeld zwischen Murnau und Weilheim stammte. Auch er war ein begeisterter Zoologe und hätte um nichts in der Welt den geliebten Beruf jemals aufgegeben.

Fünfunddreißig Jahre war er jetzt alt und immer noch unverheiratet. In dem Apartmenthaus Isartaler Landstraße 269 besaß er eine Wohnung, die er mit Hilfe einer Putzfrau, die einmal in der Woche kam, gut allein bewirtschaften konnte. Er war dunkelhaarig, groß und schlank. Sein schmales Gesicht mit den klugen braunen Augen wirkte offen und sympathisch.

»Ja, so ist es«, bestätigte er die Vermutung von Dr. Brinkmeier. »An den Feiertagen zieht's mich immer in die Heimat. Ich hänge sehr an dem malerischen, schön gelegenen Hof, auf dem meine Familie seit gut zweihundert Jahren sitzt, obwohl ich gar keine Eignung zum Landwirt habe und als der einzige Sohn für meinen alten Herrn sicher eine große Enttäuschung bin.«

»Ja, ja, so hat jede Familie ihre Probleme«, meinte Dr. Brinkmeier seufzend. »Also, nochmals fröhliche Ostern! Und auf Wiedersehen bis nach dem Fest!«

Sie schüttelten sich kameradschaftlich die Hände und verließen in verschiedenen Richtungen den Flur.

Benedikt Grundler brauchte nicht erst noch einmal nach Hause zu fahren. Er hatte an diesem Gründonnerstag Ende April schon morgens seine Reisetasche gepackt und in den Kofferraum seines Mittelklassewagens gestellt. Jetzt verließ er das Institut, in dem er heute noch ein Seminar abgehalten hatte, und schlängelte sich durch den lebhaften Münchner Verkehr zu der Ausfallstraße, die Richtung Weilheim führte.

Noch war die Autobahn ziemlich frei. Der Osterverkehr hatte um diese Mittagsstunde – es war gerade zwölf Uhr – noch nicht eingesetzt. Benedikt Grundler konnte zügig fahren und erreichte nach einer knappen Stunde den Grundlerhof.

Der Erste, der ihn begrüßte, war Mischlingshund Mixl, der seinen Namen zu Recht verdiente, denn an seiner Existenz waren wenigstens drei Hunderassen beteiligt, ein Schäferhund, ein Spaniel und ein Pudel. Vom Schäferhund hatte er die Größe und die Kopfform, vom Pudel das gekräuselte Fell und vom Spaniel die Schlappohren. An der Farbe waren sie alle drei beteiligt, denn er war braun, schwarz, grau und weiß gefleckt.

Mixl zählte schon vierzehn Jahre und war ein alter Herr, der sich nicht mehr gern allzu schnell bewegte, im Gegensatz zu früher, als es seine größte Freude war, wenn Benedikt mit ihm spazieren ging und Holzstücke zum Apportieren warf.

»Grüß dich, Mixl«, sagte Benedikt, als er aus seinem Wagen stieg, und tätschelte dem Hund den Rücken. »Geht dir's gut, alter Knabe? Bist du immer noch in Form?«

Mixl bewies ihm das, indem er an ihm hochsprang und ihm die Hände leckte.

Langsam und gravitätisch näherte sich die Katze Grisa, die auch schon zehn Jahre alt war und jetzt fand, dass sie zur Begrüßung ebenfalls einige Streicheleinheiten verdient hatte.

In ihrer Jugend hatte Benedikt dafür gesorgt, dass sie von einem Tierarzt sterilisiert wurde und die Hofbesitzer nicht jedes Jahr durch neuen Nachwuchs zwang, sich auf grausame Weise davon zu befreien. Den Namen Grisa hatte Benedikt ihr gegeben, weil ihr Fell eine Mischung aus Grau, Schwarz und Weiß war, sodass der Gesamteindruck dem Muster jenes Stoffes für Herrenanzüge entsprach, das man Pfeffer und Salz nannte.

Grisa rieb sich jetzt am Hosenbein von Benedikt, ließ sich hinter den Ohren kraulen und über den Rücken streichen und schnurrte befriedigt.

In der Küchentür, die sich zum Hof hin öffnete, erschien die alte Magd Stine, die schon die Sechzig auf dem Buckel hatte und deren Gesichtshaut wettergegerbt und zerknittert war wie zusammengeknülltes Seidenpapier. Beide Hände streckte sie dem Hofsohn entgegen und rief: »Grüß Gott, Doktor! Wie schön, dich wiederzusehen!«

Stine, die Benedikt Grundler fast als ihren Sohn betrachtete, denn seine Mutter war bereits gestorben, als er zwölf Jahre alt gewesen war, mochte nicht darauf verzichten, ihn mit seinem Doktortitel anzureden, auf den sie sehr stolz war. Das Du, bei dem sie aus alter Gewohnheit und tiefer Zuneigung blieb, nahm sich seltsam genug dazu uns.

Benedikt beeilte sich, die verarbeiteten Hände der alten Magd herzlich zu schütteln und ihr zu versichern, dass sie ganz unverändert aussähe.

Aus der Küche, wo man vor wenigen Minuten das Mittagsmahl beendet hatte, kamen jetzt der alte Knecht Pankraz, der mit seinen zweiundsechzig Jahren sozusagen zum Inventar des Hofs gehörte, und der junge Knecht Ferdl, der erst fünfundzwanzig Jahre zählte und die Arbeiten verrichten musste, die dem alten Getreuen Rückenschmerzen verursachten.

Auch diese beiden zeigten sich hocherfreut über Benedikts Erscheinen, denn niemals kehrte der Zoologe den Intellektuellen heraus, womit er bei den beiden Minderwertigkeitsgefühle erzeugt hätte.

Die junge Magd Wally, die gerade die Achtzehn erreicht und den Babyspeck noch nicht verloren hatte, begrüßte ihn in der Küche mit einem feuchten Händedruck, denn sie war gerade dabei, das Spülwasser ins Becken einzulassen.

Nun fehlte nur noch sein Vater. Der Bauer Alois Grundler hatte sich nach dem Mittagessen in sein Arbeitszimmer begeben. Darauf steuerte der Sohn nun zu.

Durch das Fenster, vor dem sein Schreibtisch stand, hatte der Bauer den Wagen in den Hof fahren sehen, war aufgestanden und zur Tür gegangen. Dort stieß er jetzt mit dem eintretenden Sohn zusammen.

»Na, da bist du ja, Benedikt!«, freute er sich, umfasste die Schultern des schlanken jungen Mannes und zog ihn für einen Moment an seine Brust. Dann klopfte er ihm liebevoll die Wange. »Schaust richtig gut aus, Bub«, stellte er fest. »Gar net so abgearbeitet, wie ich angenommen hab'.«

»Ich steh' ja nicht im Frondienst, Vater«, antwortete der Sohn lächelnd, »und kann mich meinen beruflichen Verpflichtungen in bekömmlichen Portionen widmen.«

»Gott sei Dank ist es so«, murmelte der Bauer, »sonst hätt' ich zu dem Ärger, dass du kein Bauer werden wolltest, auch noch die Sorge um dich. Lass es dir wohl sein hier in deinem Elternhaus, Benedikt! Wir wollen uns ein paar schöne Tage machen. Für morgen, den Karfreitag, hab' ich in der ›Feinschmeckerstube‹ in Weilheim einen Tisch für uns bestellt. Der Hecht im Eimantel, der dort geboten wird, ist unübertrefflich.«

»Dann freue ich mich schon auf das morgige Mittagessen«, erwiderte sein Sohn, »und werde dich in meinem Wagen sicher nach Weilheim bringen.«

Leider war das ein Versprechen, das er nicht halten konnte, denn das unberechenbare Schicksal war dagegen. Doch das ahnten die beiden Grundlers in diesem Moment noch nicht.

***

Sie verbrachten den Rest des Gründonnerstag behaglich auf dem schönen alten Hof und besuchten am Karfreitag vormittags die Dorfkirche. Sie fanden, dass der weißhaarige Pfarrer Matthias Oberluger wieder einmal eine zu Herzen gehende Predigt hielt.

Nach der Messe stiegen sie wieder in Benedikts Wagen und rollten auf die Kreisstadt Weilheim zu. Da Alois Grundler nichts zu tun hatte und die kurze Strecke, die er bestens kannte, ihn nicht interessierte, griff er bei dieser gemeinsamen Autofahrt wieder einmal das Thema auf, das ihm sehr am Herzen lag.

»Du hast mir gestern und heute mehrmals gesagt, wie gut dir der Hof gefällt«, begann er. »Warum sorgst du dann net dafür, dass er endlich eine passende Bäuerin bekommt? Du weißt genau, was ich meine. Es muss eine tatkräftige, umsichtige Frau sein, die sich dazu eignet, einen Hof zu führen, da du ja leider kein Interesse daran hast.«

»Darf ich dich daran erinnern, lieber Vater, dass ich längst verheiratet wäre, wenn du mir erlaubt hättest, meine Jugendliebe zum Traualtar zu führen?«, entgegnete Benedikt darauf. »Aber Mariele Volz war dir ja nicht gut genug, weil sie nur die Tochter des Landbriefträgers von Langenfeld war und bar jeder Mitgift in die Ehe gegangen wäre.«

»Ja, ja, ich weiß«, antwortete der Bauer ärgerlich. »Ich bin heute noch der Meinung, dass es gut war, diese Heirat zu verhindern.«

»Ich finde ganz und gar nicht, dass die Art und Weise, wie du das getan hast, gut war«, machte ihm sein Sohn zum Vorwurf. »Schließlich hast du mir ja mit Enterbung gedroht, wenn ich dieses Mädchen heimführen würde. Und da mir mein Studium das Wichtigste auf der Welt war, habe ich auf ein Leben mit Mariele verzichtet und mich deinem Willen gebeugt.«

Er machte eine Pause und fügte dann hinzu: »Aber vergessen habe ich Mariele bis heute nicht. Von allen Frauen, die mir begegnet sind, konnte mir keine gefallen. Ich habe sie alle mit Mariele verglichen, und keine von ihnen reichte an sie heran. Sie war hübsch und intelligent. Da sie auch fleißig war und praktisch begabt, wäre sie sicher die richtige Bäuerin für den Hof geworden. Man hätte ihr nur die Chance geben müssen, sich zu entwickeln. Aber das wolltest du ja nicht. Du warst von Anfang an gegen sie. Nicht die kleinste Möglichkeit hast du ihr gelassen. Man konnte mit dir über die Sache nicht reden, und ein so vollkommener Mangel an Toleranz ist niemals gut.«

Das war der letzte Satz, den Benedikt Grundler zu seinem Vater sprach, denn in diesem Augenblick rammte ein entgegenkommender Wagen den ihren.

Der Mann, der am Steuer saß, hatte anscheinend die Nacht zum Karfreitag durchgefeiert. Jedenfalls lenkte er sein Auto in Schlangenlinien, und Benedikts Versuch, dem verrückten Fahrer auszuweichen, war vergebens.

Es knallte und krachte. Benedikt wurde im Sicherheitsgurt mit gewaltiger Kraft nach vorn geschleudert und verlor dann, über dem Lenkrad liegend, das Bewusstsein. So bekam er nicht mehr mit, welche schrecklichen Dinge sich ereignet hatten.

Sein Vater auf dem Beifahrersitz konnte nur noch tot geborgen werden. Er selbst hatte mehrere Wirbelbrüche in der Lendengegend davongetragen. Es war fraglich, ob er jemals wieder würde laufen können. Der betrunkene Fahrer des anderen Wagens, der an allem schuld war, hatte ebenfalls sein Leben ausgehaucht.

Vorbeikommende Autofahrer alarmierten die Polizei, und dieser folgte auf dem Fuß ein Rettungswagen, der Benedikt Grundler ins Kreiskrankenhaus nach Weilheim beförderte. Statt in der »Feinschmeckerstube« zu sitzen und einen Hecht im Eimantel zu verzehren, lag er erst auf dem Röntgentisch und dann in einem Krankenhausbett, während sein Vater im Leichenkeller des Krankenhauses untergebracht worden war.

Aber noch wusste Dr. Benedikt Grundler nicht, wie grausam ihn das Schicksal heimgesucht hatte. Noch verbarg eine gnädige Ohnmacht das Schreckliche vor ihm.

***

Erst am Ostersamstag kam Benedikt zu sich.

Er hatte eine schwere Gehirnerschütterung davongetragen und litt unter starken Kopfschmerzen. Er musste ganz flach liegen und durfte den Kopf nicht anheben.

Selbstverständlich stellte er fest, dass er sich nicht bewegen konnte und von der Hüfte abwärts nichts mehr empfand. Aber Ärzte und Schwestern versicherten ihm, dass das nach einigen Tagen Ruhe anders werden würde. Weitere Untersuchungen und eine mögliche Operation sollten jedoch erst am Dienstag nach den Osterfeiertagen einsetzen.

Da er sich sehr elend fühlte, gab er sich zunächst mit diesem Bescheid zufrieden. Außerdem besuchte ihn am zweiten Osterfeiertag der Chefarzt Dr. Harald Dietweiler und klärte ihn mit sehr behutsamen Worten darüber auf, dass er seinen Vater verloren hatte. Es musste jetzt ja etwas geschehen zur Beisetzung von Alois Grundler. Sein Sohn konnte nichts unternehmen, und der Knecht Pankraz sowie die Altmagd Stine waren nicht in der Lage dazu.

Benedikt musste dem Arzt den Namen des Anwalts nennen, den sein Vater mit der Durchführung aller Rechtsangelegenheiten betraut hatte. Mit diesem Rechtsanwalt und Notar telefonierte der Chefarzt dann und übertrug ihm die Aufgabe, für eine würdige Beisetzung des Bauern zu sorgen.

Die Anteilnahme, die Benedikt durch diesen Todesfall erfuhr, nahm in den nächsten Tagen sein ganzes Denken in Anspruch. Weil er die Mutter in der Kindheit durch eine schwere Krankheit verloren hatte, war sein Verhältnis zum Vater besonders eng gewesen. Jetzt litt er hart unter der Erkenntnis, nun vollkommen allein im Leben zu stehen und keinen Blutsverwandten mehr zu haben.