Als Oma noch den Griffel spitzte. Für Menschen mit Demenz - Iris Kaufmann - E-Book

Als Oma noch den Griffel spitzte. Für Menschen mit Demenz E-Book

Iris Kaufmann

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Beschreibung

Die kurzen Vorlesegeschichten schildern die Alltagswelt der Betroffenen, in der sie sich zumeist noch bis vor Kurzem zu Hause fühlten. Aber auch an längst Vergangenes aus der Kindheit wird immer wieder angeknüpft. Jede Geschichte schließt mit Fragen und Tipps, die helfen, gemeinsam ins Gespräch zu kommen. Phantasiereisen entführen die Zuhörer an Orte wie den Weihnachtsmarkt oder das Meer und tragen in besonderer Weise zur Entspannung bei. Erinnerungen teilen wird möglich!

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Iris Kaufmann

Vorlesegeschichten und Fantasiereisen

Kaufmann Verlag

Bibliografische Information der Deutschen Bibliothek

Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.ddb.de abrufbar.

1. Auflage 2016

© 2016 Verlag Ernst Kaufmann, Lahr

Dieses Buch ist in der vorliegenden Form in Text und Bild urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung ist ohne Zustimmung des Verlags Ernst Kaufmann unzulässig und strafbar.

Dies gilt insbesondere für Nachdrucke, Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.

Umschlagabbildung: © Matthias Stolt, Fotolia.com

ISBN Buch 978-3-7806-3173-2

E-book 978-3-7806-9223-8 (Epub)

E-book 978-3-7806-9224-5 (mobi)

1. digitale Auflage: Zeilenwert GmbH 2015

Inhalt

Cover

Titel

Impressum

Vorwort

Alltagsgeschichten

Christel von der Post

Das Klassentreffen

Das Poesiealbum

Der Heimpolizist

Ein Enkelkind für Oma Paula

Ein gelungener Auftritt

Kaiser, König, Edelmann

Liselotte

Schön, dass es dich gibt

Zwei neue Kleider

Tiergeschichten

Ein echter Osterhase

Ein Hund für unsere Oma

Unser Hahn Gottfried

Hansi ist weg

Wo ist der schwarze Peter?

Winter- und Weihnachtsgeschichten

Alte Traditionen

Der Weihnachtsbraten vor der Tür

Die alte Spieluhr

Ein Nachmittag auf dem Dachboden

Erinnerungen im Schnee

Fantasiereisen

Frühling im Stadtpark

Auf dem Rummelplatz

Ein Sommertag im Garten

Ein Tag am Meer

Spaziergang durch den Herbstwald

Auf dem Weihnachtsmarkt

Die Autorin

Vorwort

In diesem Buch finden Sie Alltagsgeschichten, Tiergeschichten, Winter- und Weihnachtsgeschichten sowie Fantasiereisen.

Meine Ideen beruhen teilweise auf wahren Begebenheiten aus dem Heimalltag und auf persönlichen Erlebnissen einiger Heimbewohner. Aber auch eigene Kindheitserlebnisse liefern mir die Vorlagen für meine Geschichten.

In dem Buch geht es um Senioren, für die das Leben in unserer Gesellschaft oft gar nicht so einfach ist. Themen wie Krankheit, Behinderung oder Einsamkeit im Alter werden immer wieder aufgegriffen. Aber auch das Leben als stolze Großeltern und der Zusammenhalt in der Familie kommen nicht zu kurz. Und immer wieder unternehmen die erzählenden Personen eine gedankliche Zeitreise in ihre Kindheit und Jugend.

Mit diesem Buch möchte ich den Senioren nicht nur Unterhaltung bieten, mein Ziel ist es, auch ihr Gedächtnis anzuregen und ihnen mit ein paar lustigen Begebenheiten ein Schmunzeln ins Gesicht zu zaubern. Und vielleicht erkennt der eine oder andere sich in einer meiner Geschichten sogar wieder.

Iris Kaufmann

Alltagsgeschichten

Christel von der Post

Christel heißt eigentlich Christa Schröder. Sie ist siebzig Jahre alt, sieht für ihr Alter jedoch noch recht jung aus. Bis zu ihrer Rente arbeitete sie bei der Deutschen Post. Sie war bekannt für ihre Pünktlichkeit und dennoch war sie immer für einen kleinen Plausch am Gartenzaun zu haben. Selbst die Vierbeiner, die sogenannten besten Freunde der Briefträger, mochten Christel und nur einmal in ihrer gesamten beruflichen Laufbahn wurde sie von einem Dackel leicht in die Wade gezwickt. Sie war noch mit dem gelben Postfahrrad unterwegs und brachte Briefe, Karten und Päckchen zu den Leuten ins Haus. Doch darunter waren nicht nur Liebesbriefe und Urlaubsgrüße, sondern auch Rechnungen und andere unangenehme Post. Es war kein leichter Beruf, immer draußen bei Wind und Wetter.

Christa hatte keinen Mann. Sie war, wie man so schön sagt, mit ihrem Beruf verheiratet. Deshalb fiel es ihr auch so schwer, in den Ruhestand zu gehen. Als dann auch noch ganz plötzlich ihre Schwester starb, fiel sie in ein tiefes Loch. Nach einer Weile fasste sie dann den Entschluss, in ein Seniorenheim zu ziehen. Am Anfang war sie noch etwas unsicher, aber letztlich hat sie ihre Entscheidung nicht bereut.

Christa Schröder hat hier auf ihrer Etage einen ganz wichtigen Posten inne. Sie kümmert sich, wie sollte es anders sein, um die ein- und ausgehende Post der Bewohner. Hier nennt sie jeder die Christel von der Post. An ihrer Zimmertür klebt ein großes gelbes Posthorn. Jeden Morgen nach dem Frühstück macht sich die lebenslustige und flinke Frau auf den Weg zur Rezeption, um die Zeitungen, Briefe und Pakete für die Heimbewohner der drei Etagen zu holen. So wie früher wird die Post dann pünktlich und zuverlässig verteilt. Dafür hat Christel eigens einen gelben „Post-Rollator“ mit Klingel. Ertönt diese, wissen die Bewohner, dass die Post da ist. Aber auch Karten und Briefe, die die Senioren an ihre Verwandten schreiben, bringt sie zum Briefkasten.

Christel hat auch immer ein offenes Ohr für die Sorgen der anderen Heimbewohner. Einmal erzählte ihr eine Seniorin, dass ihr Sohn sie schon lange nicht mehr besucht habe, weil sie sich furchtbar gestritten hätten. Christel wollte unbedingt helfen und vertraute sich einer Schwester an. Gemeinsam fanden sie die Adresse des Sohnes der alten Dame heraus. Als dieser dann am ersten Weihnachtsfeiertag vor seiner Mutter stand, kamen nicht nur ihr die Tränen. Nein, auch Christel musste weinen, so rührend war das Wiedersehen.

1. Wie heißt Christel von der Post mit richtigem Namen?

2. Was klebt an ihrer Tür?

3. Früher kamen die Postboten mit dem Fahrrad, wie ist das heute?

4. Was bringt der Postbote?

Tipp: Vielleicht haben Sie alte Zeitungen, Zeitschriften, Briefe, Ansichtskarten oder verschiedene Briefmarken, die Sie nach dem Vorlesen zeigen können.

Das Klassentreffen

Vor ein paar Tagen fand ich in meinem Briefkasten eine Einladung zum Klassentreffen. Ich überlegte kurz: Sechzig Jahre waren vergangen, seitdem wir uns zum letzten Mal gesehen hatten. Das war zu unserer Abschlussfeier im Brunnencafé im Jahre 1955. Damals waren wir noch blutjung und voller Pläne. Und jetzt, knapp sechzig Jahre später, nein wie absurd!

Wer kam nur auf diese Idee, nach so vielen Jahren ein Klassentreffen zu organisieren? Ach ja, da stand es: eine gewisse Gunda Schiller. Gunda war ein Mädchen mit schwarzen kurzen Haaren. Sie wurde damals immer für einen Jungen gehalten und spielte auch nur mit Jungs. Sie war mal ein Jahr lang meine Banknachbarin, aber so richtig anfreunden konnte ich mich nie mit ihr.

Jetzt also wollte sie ihre alten Mitschüler, die mittlerweile Mitte siebzig waren, wiedersehen. Das Treffen sollte in sechs Wochen in einem namhaften Restaurant der Stadt stattfinden. Seit ich den Brief gelesen hatte, dachte ich immer wieder zurück an meine Schulzeit. Vieles hatte ich natürlich vergessen. Aber einige Namen meiner damaligen Klassenkameraden bekam ich doch noch zusammen. Obwohl ich seit vielen Jahren alleine lebe und eigentlich gern mal in Gesellschaft bin, hatte ich nicht vor, an dem Klassentreffen teilzunehmen. Wir würden uns ja gar nicht mehr erkennen nach so langer Zeit.

Ich sah mich wieder als Siebenjährige. Es war ja die Nachkriegszeit und ich war mit meiner Familie bei Nachbarn untergekommen. Unser Haus gab es nicht mehr. So wohnte ich vorübergehend mit meinen Eltern und meinem älteren Bruder bei Familie Schenk. Sie hatten einen kleinen Bauernhof und da unser Nachbar schon etwas älter war, konnte er die Hilfe von meinem Vater und meinem Bruder gut gebrauchen.

Ich besuchte damals die zweite Klasse. Da unsere Dorfschule den Krieg nicht unbeschadet überstanden hatte, mussten wir Kinder in die Stadt zur Schule gehen. Dazu kam, dass viele Lehrer aus dem Schuldienst entlassen wurden und dadurch ein extremer Lehrermangel bestand. Als Folge wurden dann mehrere Jahrgänge zusammengelegt und nicht selten lernten fünfzig Kinder oder mehr in einer Klasse. Ich hatte damals einen sehr weiten Schulweg. Jeden Morgen war ich zu Fuß eine Stunde unterwegs. Aber ich lernte gern und war eine gute Schülerin. Von meinem großen Bruder hatte ich die Schultasche übernommen. Sie war mir eigentlich zu groß und schwer. Aber sie war geräumig und bot genug Platz für Schiefertafel, Griffel und mein Essgeschirr. Jeden Tag bekamen wir ein Mittagessen in der Schule. Außerdem wurden in der Pause von den älteren Schülern dunkle Brötchen verteilt.

Der erste Nachkriegswinter war sehr kalt. In unserem Klassenzimmer stand ein großer Ofen, der beheizt werden musste. Doch Brennmaterial war knapp, so wie alles zu dieser Zeit. Deshalb mussten wir Schüler jeden Tag ein Stück Kohle oder Holz mitbringen, um nicht zu frieren.

Zu Beginn des Schuljahres im September hatten wir einen neuen Lehrer bekommen. Herr Schwarz hatte eigentlich einen anderen Beruf erlernt, meldete sich aber als Neulehrer und unterrichtete uns von nun an in Deutsch, Musik und Biologie. Wir Kinder mochten ihn alle sehr, denn er konnte wunderbar Mundharmonika spielen. Im Sommer, wenn es draußen warm war, gingen wir mit ihm in den Wald, beobachteten Vögel und sammelten Heilkräuter. Seine Mundharmonika war immer dabei. Ich entschloss mich dann doch, zu dem Klassentreffen zu gehen. Immerhin war ich gesund und hatte auch allerhand in meinem Leben erreicht. Mir kamen wieder einige Mitschüler in den Sinn. Ich dachte an Kurt, einen großen blonden Jungen mit Sommersprossen und Hasenzähnen. Wegen dieses Makels wurde er früher oft gehänselt. Ich fand ihn aber nett. Er trug mir öfter meine Schultasche nach Hause und nahm mich manchmal auf seinem alten Fahrrad mit. Für das Klassentreffen hatte ich mir extra eine neue Bluse und einen dazu passenden Rock gekauft. Aufgeregt machte ich mich an dem Abend auf den Weg. Vor dem Restaurant hatten sich schon einige Herrschaften versammelt, die vom Alter her meine ehemaligen Mitschüler sein mussten. Ja, Gunda Schiller, Rita Wolf und Kurt begrüßten mich mit einer innigen Umarmung. Später füllte sich der Raum immer mehr und ich freute mich, alle so gesund wiederzusehen. Aber am meisten freute ich mich über Kurt. Wir redeten den ganzen Abend miteinander. Immerhin hatten wir uns ein ganzes Leben zu erzählen. Er war trotz seines Alters noch sehr attraktiv und seine Hasenzähne hatte er ja mittlerweile verloren. Wir treffen uns nun öfter. Er ist allein, ich bin allein, mal sehen, was daraus wird!

1. Wann waren Sie das letzte Mal auf einem Klassentreffen?

2. Kennen Sie noch Namen ehemaliger Mitschüler? Und wie hieß Ihr Lehrer?

3. Was erfahren Sie in der Geschichte über Kurt?

Tipp: Vielleicht besitzen Sie oder die Senioren noch alte Klassenfotos, Zeugnisse oder Bildmaterial von Klassenzimmern von früher.

Das Poesiealbum

Stolz zeigte mir meine Enkeltochter Anne vor ein paar Tagen ihr Poesiealbum, das sie sich schon lange gewünscht hatte und nun endlich als Belohnung für ihr gutes Schulzeugnis in den Händen hielt. „Oma, du darfst als Erste einen Spruch hineinschreiben“, sagte sie und drückte mir einen Kugelschreiber in die Hand.