Alzheimer ist heilbar - Michael Nehls - E-Book

Alzheimer ist heilbar E-Book

Michael Nehls

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Beschreibung

Alzheimer ist eine zutiefst schockierende Diagnose, denn die Krankheit gilt als unheilbar. Doch jetzt ist Rettung in Sicht: Dr. med. Michael Nehls entlarvt die Alzheimer-Demenz als Mangelerkrankung, die durch unsere heutige Lebensweise verursacht wird. Er präsentiert einen systematischen Ansatz, mit dem man sich nicht nur effektiv vor dieser Zivilisationskrankheit schützen, sondern sie in einem frühen Stadium sogar besiegen kann. Ein Buch voller konkreter Ratschläge zur Vorbeugung und Heilung.

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Seitenzahl: 393

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Die Wahrheit über Alzheimer

Alzheimer ist eine zutiefst schockierende Diagnose, denn die Krankheit gilt als unheilbar. Doch jetzt ist Rettung in Sicht: Dr. med. Michael Nehls entlarvt die Alzheimer-Demenz als Mangelerkrankung, die durch unsere heutige Lebensweise verursacht wird. Er präsentiert einen systematischen Ansatz, mit dem man sich nicht nur effektiv vor dieser Zivilisationskrankheit schützen, sondern sie in einem frühen Stadium sogar besiegen kann. Mit konkreten Ratschlägen zur Vorbeugung und Heilung.

Die neuesten, wissenschaftlich belegten Therapieerfolge – basierend auf Dr. Nehls’ bahnbrechenden Erkenntnissen in der Alzheimer-Forschung

Vollständig aktualisierte Taschenbuchausgabe

WILHELM HEYNE VERLAG

MÜNCHEN

Der Inhalt dieses E-Books ist urheberrechtlich geschützt und enthält technische Sicherungsmaßnahmen gegen unbefugte Nutzung. Die Entfernung dieser Sicherung sowie die Nutzung durch unbefugte Verarbeitung, Vervielfältigung, Verbreitung oder öffentliche Zugänglichmachung, insbesondere in elektronischer Form, ist untersagt und kann straf- und zivilrechtliche Sanktionen nach sich ziehen.
Der Verlag behält sich die Verwertung der urheberrechtlich geschützten Inhalte dieses Werkes für Zwecke des Text- und Data-Minings nach § 44 b UrhG ausdrücklich vor. Jegliche unbefugte Nutzung ist hiermit ausgeschlossen.
Copyright © 2015 und 2017 by Wilhelm Heyne Verlagin der Penguin Random House Verlagsgruppe GmbH, Neumarkter Str. 28, 81673 MünchenCovergestaltung: Stefanie Freischem, yellowfarm gmbh, unter Verwendung einer Illustration von Jill EndersRedaktion: Angelika LiekeSatz: Leingärtner, NabburgISBN 978-3-641-22192-8V003
www.heyne.de

Zur Erinnerung an meine Großeltern.

Sie haben mehr als nur meine Kindheit geprägt.

Inhalt

Einleitung

KAPITEL 1

Wunder der Heilung?

Sarah Jones

Ben Miller

FINGER-Studie

KAPITEL 2

Alzheimer: Die Fakten

Alzheimer, die häufigste Form von Demenz

Der Hippocampus: Ursprungsort der Alzheimer-Demenz

Das Alzheimer-Gehirn

Krankheitsbeschleuniger: Defekte Gene

Das Erkrankungsrisiko

Alzheimer, eine Kulturkrankheit?

KAPITEL 3

Das Alzheimer-Puzzle

Immer mehr Puzzlesteine

Wer heilt, hat recht

KAPITEL 4

Vom Sinn des Lebens

Der Lebenszweck

Die Evolution der Großmutter

KAPITEL 5

Stressresistenz und geistige Fitness

Hippocampus: Kulturorgan und Lebensuhr

Von einer gestörten Neurogenese zum Alzheimer-Toxin

Ein Teufelskreis

KAPITEL 6

Mangelkrankheit Alzheimer

Mit Verstand den Verstand behalten

Das Alzheimer-Puzzle zusammengesetzt

Die Natur erzieht uns mit Zuckerbrot

Weshalb das Alzheimer-Rätsel bisher nicht gelöst wurde

Kultur ist das, was wir aus unserem Leben machen

KAPITEL 7

Die fünf Phasen des Krankheitsverlaufs

Phase eins: Subjektive geistige Beeinträchtigung

Phase zwei: Amnestische, leichte kognitive Beeinträchtigung

Phase drei: Frühe Phase der Alzheimer-Erkrankung

Phase vier: Mittlere Phase der Alzheimer-Erkrankung

Phase fünf: Späte Phase der Alzheimer-Erkrankung

KAPITEL 8

Alzheimer macht Sinn

Die Diagnose Alzheimer als Herausforderung

Hirntötenden Disstress beenden

Reifeprüfung

Yoga und Achtsamkeit als Therapie

Was kann man tun bei Verdacht, an Alzheimer erkrankt zu sein?

KAPITEL 9

Alzheimer gemeinsam besiegen

Heilendes Umfeld

Zwei Sichtweisen

Selbstschutz für Betreuende

Wie man sich selbst hilft, indem man dem Betroffenen hilft

KAPITEL 10

Laufend geistig gesund

Bewegung vereint Körper und Geist

Bewegung erweitert den Horizont

Stillstand durch Fortschritt

Therapieprogramme

Was hält uns ab?

Wie man sich fit hält und das Gehirnwachstum anregt

KAPITEL 11

Geistige Nahrung

Hirnzellen sind soziale Wesen

Virtuelles Hirntraining

Soziales Hirntraining

Empfohlene Maßnahmen

KAPITEL 12

Der Geist wächst im Schlaf

Im Ruhen liegt die Geisteskraft

Melatonin, mehr als ein Schlafhormon

Wirtschaftskonformer Schlafmangel

Schlafhygiene

Zeit zum Träumen

KAPITEL 13

Bausteine für den Geist

Man ist, was man isst

Meeresfrüchte gegen Alzheimer

Ein Baustoff mit unerwünschten Nebenwirkungen

Gesunde Öle

Falsche Hirnbausteine

Zeit für einen Ölwechsel

KAPITEL 14

Nährstoffe für den Geist

Energie fürs Erinnern

Alternative Energien fürs Gehirn: Ketonkörper

Fasten, ohne zu hungern

Optimale Energieversorgung gegen Alzheimer

KAPITEL 15

Schutzstoffe für den Geist

Natürlicher Reichtum oder künstliche Ergänzung?

Spurenelemente

Medizin, die schmeckt

Die Vorteile der mediterranen und asiatischen Küche

Ein Glas Wein zum guten Essen?

Und zum Nachtisch ein Dessert?

Zum Abschluss der Mahlzeit einen Kaffee?

Hirnschutz zusammengefasst

KAPITEL 16

Erwünschte Nebenwirkungen

Spürbare Veränderungen

Unnötig wie ein (Bauch-)Kropf

Süßes Blut

Mangelhafte Durchblutung

Ziele, die Sie ohne größere Anstrengung im Laufe der therapeutischen Umstellung erreichen können

KAPITEL 17

Mythos Cholesterin

Cholesterin ist lebenswichtig

Vom Schlechten zu viel, vom Guten zu wenig

Falsche Empfehlungen

Wie Sie Ihren Cholesterinstoffwechsel natürlich regulieren

KAPITEL 18

Es werde Licht!

Vom Sonnenscheinhormon zum Vitamin

Alzheimer durch Vitamin-D-Mangel

Vitamin-D3-Quellen und Bedarf

Was zu tun ist

KAPITEL 19

Kuscheln ist wichtig

Liebe – mehr als nur ein Gefühl

Oxytocin sticht Östrogen

Andropause

Meine Empfehlung speziell für Frauen

Meine Empfehlung speziell für Männer

Was für alle gilt

KAPITEL 20

Alzheimer – eine Infektionskrankheit?

Folgeschäden

Chronische Entzündungen

Darmsanierung

Was zu tun ist

KAPITEL 21

Entgiften

Restrisiko

Natürliche Entgiftung

Hilfe zur Selbsthilfe beim Entgiften

Hirnentgiftung mittels Alpha-Liponsäure

Hirntoxische Strahlung

Zeit zum Entgiften

KAPITEL 22

Intensive Therapiephase

Systembiologische Alzheimer-Therapie

Diagnose Alzheimer

Therapieplan

Das Münchhausen-Paradox

Arnika der Nerven

Das Anti-Alzheimer-Wirkungsspektrum der Alpha-Liponsäure

Ginkgo-biloba-Extrakt

Pyrrolochinolinchinon

Mikrodosiertes Lithium

Mineralien, Vitamine und Vitalstoffe

Therapeutische Effekte im Überblick

KAPITEL 23

Ich hatte Alzheimer …

Wissenschaftliche Dogmen

Alzheimer liegt nicht in der »Natur des Menschen«

Die bedeutende Rolle einer artgerechten Lebensweise

Kulturelle Entwicklung und Evolution des Erbguts

Das Gesetz des Minimums

Hilfe zur Selbstheilung

Wie kann der Paradigmenwechsel gefördert werden?

Wie findet man einen geeigneten Therapeuten?

Systemisches Denken und Handeln für die Schulmedizin

Schlussbemerkung

Dank

Anmerkungen

Literaturempfehlungen

Einleitung

»Wenn du nicht bereit bist, dein Leben zu ändern, kann dir nicht geholfen werden.«

HIPPOKRATES VON KOS (460–370 v. Chr.)

Fast jeder von uns hat mittlerweile einen an Demenz erkrankten Menschen in der Verwandtschaft oder im näheren Bekanntenkreis. Das scheint auch kaum noch jemanden zu verwundern, denn mit jedem Lebensjahr steigt die Wahrscheinlichkeit, an der Alzheimer- oder auch an einer durch Arteriosklerose bedingten Demenz zu erkranken. Schließlich werden immer mehr Menschen immer älter. Aber sind diese Krankheiten deshalb wirklich unvermeidlich? Manche Experten behaupten dies und verbreiten mit ihrem Dogma, dass es sich insbesondere bei der Alzheimer-Krankheit um einen natürlichen Alterungsprozess des Menschen handeln könnte, Angst und Schrecken und damit auch Hoffnungslosigkeit, denn bisher kann kein einziges Medikament die unser Selbst zerstörende Krankheit aufhalten: Seit Erscheinen der deutschsprachigen Ausgabe dieses Buches, am 21. September 2015, dem Welt-Alzheimertag, hat sich die Hoffnung der Pharmaindustrie, ein wirkungsvolles Therapeutikum auf den Markt zu bringen, nicht erfüllt.

Auch Alzheimer vorzubeugen sei laut einem unabhängigen Expertengremium der amerikanischen Gesundheitsbehörde nicht möglich.1 Entsprechend konnte man Ende 2015 in der Süddeutschen Zeitung den zynischen Rat des US-amerikanischen Alzheimer-Experten Dennis Selkoe lesen. Um Alzheimer zu vermeiden, gibt es laut Selkoe nur eine Regel zu befolgen: »Such dir die richtigen Eltern aus und stirb früh.«2

Inzwischen ist Alzheimer in den führenden Industriestaaten die am weitesten verbreitete Form der Demenz und nach Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Krebs eine der häufigsten Todesursachen.3 Das ist der Grund dafür, warum immer intensiver geforscht wird, allerdings meist nur an derselben Idee: Ihr zufolge sammelt sich im Gehirn der Betroffenen ein Giftstoff aus sogenanntem β-Amyloid an, und dies ist laut vorherrschender Lehrmeinung rein genetisch oder durch das Alter bedingt. Inzwischen stellte sich jedoch heraus, dass β-Amyloid auch im Gehirn von gesunden Menschen vorkommt, bei Kindern sogar in sehr hohen Konzentrationen, weil es beim täglichen Erinnern eine wichtige Rolle spielt.

Auf der ursprünglichen Erklärung, eine vermeintlich rein altersbedingte Überproduktion von β-Amyloid sei die Ursache für Alzheimer, hatten jedoch mittlerweile viele Wissenschaftler ihre Karrieren aufgebaut, und als führende Experten beherrschen sie heute das Feld. Sie bestimmen, wie Forschungsgelder verteilt werden und was in den Medien berichtet wird. Dabei lassen sie keine Erklärungen mehr zu, die ihre Dogmen infrage stellen, sodass die Neue Zürcher Zeitung noch im Frühjahr 2015 in ihrem Artikel »Alzheimer: Sind die Forscher auf dem Irrweg?« von einer »Amyloid-Mafia« sprach.4 Sie bestehe aus Alzheimer-Experten, die das ganze Forschungsgebiet lenken, um »alternative Sichtweisen zu unterbinden«. Darüber muss man sich aber nicht wundern, denn zum einen gibt kaum jemand gerne zu, jahrelang in die falsche Richtung geforscht oder seine Mitmenschen unnötig verängstigt zu haben, indem ihnen weisgemacht wurde, das Alter sei die Ursache und nur zukünftige Medikamente könnten uns alle vor der Alzheimer-Bedrohung retten. Zum anderen leben wir ohne Zweifel in einer vornehmlich von Marktinteressen beherrschten Kultur, und mit Alzheimer lässt sich besonders viel Geld verdienen. Und wo viel Geld fließt, sind immer diejenigen, die den Fluss lenken, an der Macht. »Eminenz anstatt Evidenz« beeinflusst in vielen Bereichen unser Leben – aber eben auch die Wissenschaft.

Wie Sie sehen werden, steckt die Alzheimer-Forschung wegen der »dogmatischen« Vorgaben der führenden Experten mittlerweile in einem großen Dilemma. Dieses beschreibt Jens Pahnke von der Universität Oslo, stellvertretend für die forschende Alzheimer-Gemeinde, folgendermaßen: »Seit Jahren arbeiten wir mit der gleichen Amyloid-Überproduktionshypothese – jetzt befinden wir uns in einer Sackgasse.«5 Tatsächlich gleicht die Entwicklung von Alzheimer-Medikamenten »einem Friedhof für klinische Studien mit mehr als 120 Misserfolgen innerhalb der letzten 20 Jahre«6, fasst Emily Underwood, Wissenschaftsjournalistin des Fachmagazins Science, die prekäre Situation zusammen. In dieser befindet sich aber nicht nur die heutige Alzheimer-Forschung, sondern auch jeder an Alzheimer erkrankte Patient.

Befindet man sich in einer Sackgasse, dann hilft nur eine grundlegende Neuorientierung. Das bedeutet, dass überkommene Dogmen rigoros beiseitegeschoben und alle wissenschaftlichen Fakten aus neuen Blickwinkeln heraus betrachtet und überdacht werden müssen. Genau dies konnte ich als unabhängiger theoretischer Medizinwissenschaftler tun, denn ich bin keinerlei akademischen »Glaubensvorstellungen« verpflichtet. Das Ergebnis meiner Überlegungen habe ich im Juli 2016 im Journal of Molecular Psychiatry veröffentlicht.7 Darin liefere ich erstmals eine umfassende Erklärung der Alzheimer-Entstehung.

Meine Erkenntnis, dass Alzheimer in Wahrheit nicht eine zwangsläufige Erkrankung des älteren Menschen ist, sondern vielmehr eine Mangelkrankheit, hervorgerufen durch individuelle Defizite bei einer modernen Lebensweise, könnte nun unzähligen Menschen einen geistig gesunden Lebensabend bescheren. Dazu muss man »nur« die Bereitschaft aufbringen, frei nach dem eingangs zitierten Hippokrates, seine bisherige Lebensweise zu hinterfragen und die individuellen Mängel beziehungsweise Risikofaktoren abzustellen. Im Buch finden Sie die genaue Beschreibung dieser systembiologischen Methode zur Vorbeugung, aber auch zur Therapie der frühen Stadien der Alzheimer-Krankheit.

Wie leicht es ist, in die kulturelle Falle krank machender Lebensgewohnheiten zu tappen, und wie schwer es ist, sich wieder aus ihr zu befreien, habe ich am eigenen Leib erfahren. Kaum spürbar schnappte sie während meines Medizinstudiums zu, als ich, meine ärztliche Berufung und eine wissenschaftliche Karriere im Visier, jegliche Zeit, die ich nicht am Patientenbett, hinter einem Lehrbuch oder mit einem Reagenzglas in der Hand verbrachte, als pure Verschwendung betrachtete. Meine sozialen Aktivitäten, mein bis dahin geliebter Ausdauersport und selbst meine Schlafzeiten wurden in meinem Zeitplan mehr und mehr eingeschränkt, und meine Ernährung bestand immer häufiger aus Fast Food und Mensa-Essen – schließlich galt es, nur keine Zeit zu verlieren.

Durch meine zunehmend ungesunde Lebensweise hatte ich ständig mit teils hartnäckigen Erkältungen zu kämpfen. Dann nahm ich zu, langsam, aber stetig. Nach 20 Jahren wissenschaftlicher Karriere im In- und Ausland hatte ich 20 Kilogramm Übergewicht. Allein das hätte für mich schon ein Weckruf sein müssen, meine ungesunde Lebensweise endlich zu ändern, doch ich unternahm nichts dagegen, denn schließlich waren die meisten meiner Manager-Kollegen übergewichtig, und damit befand ich mich gefühlt im normalen Bereich. Ich ignorierte auch die bedenklichen Blutwerte, die mir mein Arzt bei den jährlichen Check-ups, die ich aus lebensversicherungstechnischen Gründen zu absolvieren hatte, attestierte. Erst das immer wiederkehrende und plötzlich auftretende Herzrasen, das von einer schmerzhaften Brustenge begleitet war und mir bedrohlich signalisierte, dass mein Leben jeden Tag vorbei sein könnte, rüttelte mich schließlich wach. Zu dieser Zeit war ich Vorstandsvorsitzender und wissenschaftlicher Leiter eines biotechnologischen Unternehmens, das nach neuen Wirkmechanismen für Medikamente gegen moderne Zivilisationskrankheiten wie chronische Entzündungen, Übergewicht, Typ-2- oder vermeintlichen Altersdiabetes und Herz-Kreislauf-Erkrankungen suchte. Also ironischerweise gegen genau die Krankheiten, von denen ich zum Teil schon betroffen oder zumindest auf dem besten Weg war, sie zu entwickeln.

Ich musste also etwas ändern, und so fing ich zum Beispiel an, täglich nach der Arbeit eine kleine Runde Rad zu fahren, und stellte, zusammen mit meiner Frau, nach und nach die Ernährung um. Doch erst durch eine Bemerkung meines Hausarztes beim nächsten Untersuchungstermin, etwa ein Jahr später, begann ich, auch grundsätzlich über mein Leben nachzudenken. Er schaute ungläubig auf meine Laborbefunde und fragte mich, ob ich in einen Jungbrunnen gefallen sei.

Meine körperliche Fitness hatte sich drastisch verbessert, was sich natürlich auch auf meine Blutwerte auswirkte. Das Herzrasen gehörte der Vergangenheit an. Ich fühlte mich auch geistig fitter und stressresistenter. Die Bemerkung meines Hausarztes kommentierte aber nicht nur diese Veränderungen, sie stellte für mich meine gesamte berufliche Ausrichtung infrage. Schließlich waren nicht Medikamente verantwortlich dafür, dass es mir besser ging, denn ich hatte nicht eine einzige Pille geschluckt. Mir wurde in jenem Moment bewusst, dass der Jungbrunnen in mir selbst vorhanden war. Er war nur irgendwie versiegt gewesen, und nun hatte ich ihn durch eine Änderung meiner Lebensweise wieder aktiviert. Das veranlasste mich dazu, Fragen zu stellen – berufliche, medizinwissenschaftliche, philosophische: Weshalb entwickelte ich Medikamente für Krankheiten, die es eigentlich gar nicht geben dürfte? Konnten Medikamente überhaupt Krankheiten heilen, wenn deren eigentliche Ursache in einer ungesunden Lebensweise zu finden war? Warum hatte ich mich so lange ungesund verhalten, und das trotz besseren Wissens? Haben wir überhaupt einen freien Willen, oder was genau lenkt unser Verhalten? Es waren solche, für mich wegweisende Fragen, die mein Leben nochmals grundlegend veränderten. Ich wurde Arzt, um Menschen in gesundheitlicher Not zu helfen, ich wurde Wissenschaftler, weil ich in der Entdeckung neuer Wirkstoffe den größeren Hebel sah. Und nun stellte ich fest, dass der größte und wirksamste Hebel, sich vor Krankheiten zu bewahren, in jedem Menschen selbst liegt, dass wir nur lernen müssen, ihn zu nutzen. Dazu waren vor allem zwei Dinge wichtig: Wissen und Aufklärung.

Als meine Firma mit einer anderen fusionierte, nutzte ich dies zum Ausstieg aus der pharmazeutisch orientierten Forschung und widmete mich als unabhängiger theoretischer Medizinwissenschaftler fortan einer Zivilisationskrankheit, die bisher laut einigen führenden Experten nicht als solche gilt: der Alzheimer-Demenz. Mittlerweile war es weitgehend anerkannt (gegen den Widerstand vieler Experten), dass Altersdiabetes, Fettsucht, Bluthochdruck, Arteriosklerose und auch viele Krebsarten auf eine ungesunde Lebensführung zurückzuführen sind, nur für Alzheimer wurde dies noch immer vehement bestritten. Das machte diese Krankheit für mich so spannend, und ich erhoffte mir Antworten auf viele meiner Fragen.

Aus für mich zu diesem Zeitpunkt noch unerklärlichen Gründen sollte das Alter des Menschen die Hauptursache für Alzheimer sein. Ich fragte mich, welchem Zweck es diente, dass uns die Natur so außergewöhnlich alt werden lässt, wenn am Ende doch jedem von uns vermeintlich unweigerlich die Alzheimer-Krankheit drohen sollte. Ich fragte mich auch, warum auf der japanischen Insel Okinawa, wo die ältesten Menschen der Welt leben, diese so selten an Alzheimer erkrankten, wohingegen das Risiko in Japan insgesamt in nur etwa zwei Jahrzehnten um das Siebenfache ansteigen konnte. Oder weshalb Alzheimer noch vor etwa hundert Jahren weitgehend unbekannt war, als bereits genügend Menschen alt genug wurden, um daran erkranken zu können. Auch stellte sich mir die Frage, weshalb Mäuse zwar unweigerlich an Alzheimer erkranken, wenn man ihr Erbgut entsprechend manipuliert, aber resistent gegen den Ausbruch der Krankheit sind oder sogar wieder gesunden, sobald man ihnen ein Hamsterrad in den Käfig stellt. Auf all diese Fragen musste es eine grundlegende Antwort geben, ebenso wie auf die Frage, weshalb diese Evidenzen von einigen Experten geflissentlich ignoriert oder medienwirksam bestritten werden. Auf der Suche nach Antworten las ich nahezu jeden wissenschaftlichen Artikel über diese ominöse Krankheit.

Meine Antworten, die Ihr Leben verändern können, falls Sie dazu bereit sind, halten Sie nun in den Händen.

KAPITEL 1

Wunder der Heilung?

»Wie wenig Lärm machen die wirklichen Wunder.«

ANTOINE DE SAINT-EXUPÉRY (1900–1944)

Sarah Jones

Frau Jones (Name geändert8) war selbst im Alter von 67 Jahren immer noch eine gefragte Analytikerin bei einem renommierten Finanzdienstleister. In ihrem geistig sehr anstrengenden Beruf musste sie täglich komplexe Datenpakete auswerten, die Ergebnisse in übersichtliche Grafiken überführen und ihre Analysen Kunden in der ganzen Welt präsentieren. Trotz moderner Kommunikationsmöglichkeiten überlieferte sie ihre oft heiklen Erkenntnisse und Empfehlungen meist persönlich, was bedeutete, dass sie immer wieder aus dem Reisekoffer lebte und in den für sie falschen Zeitzonen meist vergeblich erholsamen Schlaf suchte. Ihre dringlichen Termingeschäfte verursachten einen andauernden Zeitmangel.

In jungen Jahren hatten ihr die Adrenalinstöße, die ihr ihre einflussreiche Arbeit verschaffte, geholfen durchzuhalten, doch seit zwei Jahren spürte sie deutlich, dass eine Grenze überschritten wurde. Die Arbeit, die ihr früher so leicht von der Hand gegangen war, verlangte ihr zusehends eine enorme Anstrengung ab. Es fiel ihr immer schwerer, sich die Daten, die es zu analysieren galt, zu merken. Zahlen mit mehr als drei Stellen musste sie sich notieren, um sie bearbeiten zu können. Das Verfassen der Berichte wurde zur Qual. Selbst einen Roman zu lesen, was sie gewöhnlich zur Entspannung abends vor dem Einschlafen tat, entwickelte sich zu einem Ding der Unmöglichkeit, denn spätestens wenn sie am Ende einer Seite angelangt war, hatte sie den Anfang vergessen. Auch Autofahren bereitete ihr zunehmend Schwierigkeiten. Selbst auf Straßen, die sie gut kannte, verpasste sie die Ausfahrten, wusste oft nicht mehr, weshalb sie überhaupt im Auto saß. Zu Hause in ihrer New Yorker Wohnung begrüßte sie zwar ihre Haustiere, zwei Katzen und einen Hund, aber an ihre Namen konnte sie sich schon seit einiger Zeit nicht mehr erinnern. Dafür erinnerte sie sich jedoch an etwas anderes, und das machte Frau Jones höllische Angst.

Schon ihre Mutter hatte mit Anfang sechzig geistig abgebaut, war schwer dement geworden und im Alter von achtzig Jahren in einem Pflegeheim gestorben. Nun prophezeite ihr der langjährige Hausarzt, dass sie mit großer Wahrscheinlichkeit dasselbe Schicksal treffen würde. Frau Jones nahm sich einen längeren Urlaub, zum ersten Mal in ihrer langen Karriere, doch insgeheim war sie sich sicher, dass es für sie kein Zurück mehr gab. Denn auch ihr Arzt war der Ansicht, dass da therapeutisch nichts zu machen sei. Beim Gedanken an die letzten schrecklichen Jahre, die sie mit ihrer Mutter erlebt hatte, sah Frau Jones eigentlich nur einen Ausweg, um ihr vermeintlich unlösbares Problem ein für alle Mal aus der Welt zu schaffen: Selbstmord.

Sie sprach darüber mit ihrer besten Freundin Lisa, die am entgegengesetzten Ende der USA lebte, in Los Angeles. Sie kannte Lisa aus der Zeit, als diese ihre Mutter im Rahmen von Tests neuer medikamentöser Therapien betreute – was damals ebenso erfolglos war wie heute. Lisa überredete Frau Jones, sich sofort in ein Flugzeug zu setzen und sie zu besuchen. Sie arbeitete mittlerweile als Forschungsassistentin in einem Alzheimer-Forschungszentrum der University of California, und sie hatte einen Vorschlag. Ihr Professor suchte Freiwillige, mit denen er eine therapeutische These überprüfen wollte. Dabei handelte es sich aber nicht um neue Medikamente. Frau Jones willigte ein und stieg ins Flugzeug. Es war nicht viel Überredungskunst nötig gewesen, denn nachdem sie sich innerlich schon von ihrem Leben verabschiedet hatte, gab es für sie nichts mehr zu verlieren.

Und dann geschah das »Wunder«. Nach nur drei Monaten Behandlung unter der Leitung von Prof. Dale Bredesen war Frau Jones geistig wieder völlig auf der Höhe. Alle Symptome ihrer zuvor rapide voranschreitenden Alzheimer-Erkrankung waren verschwunden: Sie konnte sich wieder Zahlen merken, Analysen durchführen und völlig problemlos ihre Berichte schreiben. Sie fand beim Autofahren wieder ihren Weg, und auch an die Namen ihrer Haustiere erinnerte sie sich, ja, sie hatte sogar das Gefühl, geistig fitter zu sein als noch vor dem Auftreten der ersten Symptome zwei Jahre zuvor. Sie absolvierte sogar noch erfolgreich eine Ausbildung zur Yogalehrerin. Mittlerweile – weitere zweieinhalb Jahre später – arbeitet die nun Siebzigjährige immer noch Vollzeit. Was war geschehen? Wie konnte Frau Jones ihrem vermeintlich unvermeidlichen Schicksal entgehen?

Ben Miller

Herr Miller (Name geändert9) ist ein selbstständiger Unternehmer, das heißt, in seinem kleinen Handelsunternehmen arbeitete er auch mit 69 Jahren immer noch selbst und vor allem ständig – wenn auch mit zunehmenden Schwierigkeiten. So musste ihn seine persönliche Assistentin immer häufiger über anstehende Termine informieren – und das mehrmals am Tag.

Elf Jahre zuvor, im Jahr 2002, hatte Miller zum ersten Mal gespürt, dass mit seinem Gedächtnis etwas nicht stimmen konnte, als ihm die Kombination seines Zahlenschlosses an seinem Bürosafe nicht mehr einfiel. Ein Jahr später, 2003, überwies ihn sein Hausarzt zu einem Radiologen und ließ eine FDG-PET (Fluorodeoxyglucose-Positronen-Emissions-Tomografie) durchführen. Mit dieser Methode stellten die Ärzte bei Herrn Miller ein für Alzheimer typisches Muster eines gestörten Glucosestoffwechsels fest. Insbesondere war die Zentrale seines autobiografischen Gedächtnisses betroffen: Ihre Nervenzellen konnten Zucker nicht mehr effizient aufnehmen und hungerten.

In den Jahren 2003, 2007 und 2013 zeigten sämtliche zur Verfügung stehenden Gedächtnistests bedenkliche Ergebnisse. Herr Miller hatte zunehmend Schwierigkeiten, seine Mitarbeiter an ihren Gesichtern zu erkennen. Zudem verlor er eine Fähigkeit, auf die er sein ganzes Leben stolz gewesen war, nämlich auch größere Zahlenreihen im Kopf zu addieren. Zuletzt entdeckte man, dass Herr Miller als Träger des ApoE4-Gens eine erbliche Veranlagung hat, die das Alzheimer-Risiko erhöht.

ApoE4: Genetische Ursache oder Brandbeschleuniger? Apo ist die Abkürzung für Apolipoprotein, das fettlösliche Fettsäuren und Cholesterin so verpackt, dass sie in wässrigen Flüssigkeiten wie unserem Blut transportiert werden können. Mit E bezeichnet man eine bestimmte Klasse, die insbesondere bei Alzheimer eine Rolle spielt. Bei uns Menschen gibt es mit ApoE2, ApoE3 und ApoE4 drei verschiedene Varianten des ApoE-Gens. Jeweils eine davon erhält man von jedem Elternteil. Jeder Mensch trägt in seinem Erbgut daher entweder zwei gleiche Varianten von einer Sorte oder zwei verschiedene. ApoE4 ist aus evolutionärer Sicht die Variante, die als erste entstand und die uns von unseren nächsten Verwandten, den Menschenaffen, unterscheidet. Seine Entstehung markiert auch den Beginn der außergewöhnlichen Langlebigkeit von uns Menschen, die uns ebenfalls von diesen unterscheidet.10 ApoE4 war während des größten Teils der Menschheitsgeschichte wichtig für die besondere Funktionsfähigkeit des Gehirns. ApoE2 und ApoE3 entstanden sehr viel später aus ApoE4. Heute sind noch etwa 15 Prozent aller Europäer Träger der ursprünglichen ApoE4-Variante. Paradoxerweise haben sie dadurch jedoch ein drei- bis zwölffach erhöhtes Risiko, an Alzheimer zu erkranken, je nachdem, ob sie nur von einem Elternteil oder von beiden Eltern ApoE4 vererbt bekamen.11 Träger von ApoE4 erkranken aber auch früher, man schätzt sogar um bis zu zwei Jahrzehnte, wenn man zwei dieser Varianten vererbt bekam. Allerdings nur dann, wie man inzwischen herausfand, wenn die Lebensweise sich von unserer angestammten unterscheidet.12 ApoE4, der häufigste und bedeutendste genetische Risikofaktor, ist somit nicht der Verursacher von Alzheimer. Vielmehr beschleunigt ApoE4 nur den Krankheitsprozess, der durch eine ungesunde Lebensweise in Gang gesetzt wurde. Und hier nun die gute Nachricht: Träger der ApoE4-Genvariante profitieren gesundheitlich noch mehr als Träger der beiden anderen Varianten, wenn sie ihre Lebensweise wieder hirngerechter gestalten.13

Nach einer umfassenden Blutuntersuchung auf weitere Risikofaktoren, die vielleicht eine andere Erklärung für seinen Zustand hätten liefern können (dies aber nicht taten), entschloss sich Herr Miller – wie zuvor schon Frau Jones –, an Dale Bredesens Therapieprogramm teilzunehmen. Dieses wurde auf seine individuellen Bedürfnisse zugeschnitten und sollte sein Leben verändern.

Nach sechs Monaten Therapie spürte Herr Miller deutliche Veränderungen. Auch seiner Frau und seinen Mitarbeitern blieben diese nicht verborgen, und nicht nur, weil er in dieser Zeit etwa fünf Kilogramm abgespeckt hatte. Er war wieder schneller im Beantworten von Fragen. Zudem erkannte er wieder Gesichter und konnte sich auch seinen Tagesplan problemlos merken. Auch seine Fähigkeit zum Kopfrechnen kehrte zurück. Mithilfe der Therapie konnte er wieder ohne Schwierigkeiten seiner geliebten Arbeit nachgehen.

Für seine Frau war nicht nur bemerkenswert, dass der geistige Abbau, der sich bei ihrem Mann in den letzten beiden Jahren noch beschleunigt hatte, völlig zum Stillstand gekommen war, sondern vor allem, dass sich seine Symptome verbesserten.

FINGER-Studie

War es tatsächlich ein Wunder? Wohl kaum, wenn ein Ereignis sich achtmal wiederholt14, zudem in einer weiteren Studie15 bestätigt wird und darüber hinaus, wie Sie im Weiteren sehen werden, auch schlüssig erklärt werden kann.16 Zudem kam eine weitaus größere Studie in Finnland mit der Zielsetzung der Alzheimer-Prävention und mit einem ähnlichen Maßnahmenpaket zu einem vergleichbaren Ergebnis.

Für die FINGER-Studie (abgekürzt für: Finnish Geriatric Intervention Study to Prevent Cognitive Impairment) wurden 1 260 Finnen im Alter von 60 bis 77 Jahren, die schon unter leichten Gedächtnisstörungen litten, ausgewählt und nach dem Zufallsprinzip in zwei Gruppen aufgeteilt. Die Mitglieder der behandelten Gruppe änderten ihre ungesunden Lebensgewohnheiten und verbesserten innerhalb von zwei Jahren ihre allgemeine mentale Verfassung um 25 Prozent gegenüber denen in der Kontrollgruppe, die ihre Alzheimer förderliche Lebensweise beibehielten. Bei der Aufgabe, Gedanken gezielt zu ordnen, verbesserte die Behandlungsgruppe ihre Leistung sogar um 83 Prozent, und die Geschwindigkeit, Informationen zu verarbeiten, steigerte sich gegenüber der Kontrollgruppe um ganze 150 Prozent.17

Doch bevor wir uns das lebensverändernde Therapieprogramm näher ansehen werden, das bei Frau Jones, Herrn Miller und sieben weiteren Patienten erfolgreich war und das zumindest teilweise auch bei einigen Hundert Finnen durchgeführt wurde, ist es wichtig, zunächst ein Verständnis dafür zu entwickeln, was Alzheimer ist, wodurch die Krankheit überhaupt entsteht, wie sie voranschreitet und weshalb sie in unserer modernen Gesellschaft an Häufigkeit zunimmt. Danach werden Sie auch verstehen, weshalb bei Bredesens zehntem Patienten die Behandlung nicht mehr erfolgreich sein konnte und weshalb die FINGER-Studie zwar in Ansätzen erfolgreich war, aber noch erfolgreicher hätte sein können.

KAPITEL 2

Alzheimer: Die Fakten

»Ohne Gesundheit können sich Wissen und Kunst nicht entfalten, vermag Stärke nichts auszurichten, und Reichtum und Intelligenz liegen brach.«

HEROPHILOS VON CHALKEDON (330–255 v. Chr.)

Alzheimer, die häufigste Form von Demenz

Als Demenz bezeichnet man im Allgemeinen eine Erkrankung des Gehirns, mit zum Teil schweren Einbußen im Denken und einer Beeinträchtigung der emotionalen und sozialen Fähigkeiten des betroffenen Menschen. Für einen Verlust des Verstandes gibt es viele Gründe. Diese reichen von einer akuten Alkoholvergiftung oder einem entgleisten Blutzucker, die nur kurzzeitig den Verstand ausschalten, bis hin zu chronischen Schädigungen des Gehirns, wie zum Beispiel nach einem schweren Schädel-Hirn-Trauma durch einen Unfall. Aufgrund der enormen Vielfalt der Ursachen ist vor jeglicher Therapie eine sorgfältige Diagnosestellung unerlässlich.

In Industriestaaten liegt einer chronischen Demenz in etwa einem Drittel der Fälle eine gestörte Blutversorgung des Gehirns zugrunde. Die Ursache dafür ist meist eine Schädigung der Blutgefäße, weshalb man auch von einer vaskulären (die Blutgefäße betreffenden) Demenz spricht. Auslöser kann entweder ein einzelner schwerer Schlaganfall sein, bei dem ein größeres Blutgefäß verstopft, oder aber eine massive Blutung aus einem geschädigten Blutgefäß. Beides stört die Sauerstoffzufuhr der empfindlichen Hirnzellen, wodurch sofort sehr viel Gewebe zerstört wird. Meist ist die vaskuläre Demenz jedoch die Folge einer langen Serie vieler kleiner Schlaganfälle, die häufig unbemerkt bleiben, bis sie in ihrer Summe so viel Hirngewebe geschädigt haben wie ein größerer Schlaganfall. Auch ohne dass es zu einem Schlaganfall kommen muss, behindert eine verminderte Blutversorgung durch arteriosklerotisch verengte Blutgefäße zunehmend die geistige Leistungsfähigkeit eines Menschen.

In fast zwei Dritteln aller Fälle handelt es sich bei einer chronischen Demenz jedoch um Alzheimer. In den USA ist diese schreckliche Krankheit schon auf Platz drei der häufigsten Todesursachen vorgerückt.18 Jede zweite Frau und jeder dritte Mann wird an Alzheimer erkranken. Die Krankheit führt etwa sechs bis acht Jahre nach Diagnosestellung zum Tod, wobei diese Zeitspanne sich in Einzelfällen dramatisch auf wenige Monate verkürzen kann. Allerdings ist es genauso gut möglich, dass Menschen danach noch weitere 20 Jahre leben.

Der Hippocampus: Ursprungsort der Alzheimer-Demenz

Im Gegensatz zur vaskulären Demenz, die überall im Gehirn entstehen und somit ihre Auswirkungen zeigen kann, beginnt Alzheimer in einem eng umschriebenen Bereich unseres Gehirns, am Eingang zum sogenannten Hippocampus. In Anlehnung an die »vaskuläre Demenz« könnte man die Alzheimer-Erkrankung deshalb auch als »hippocampale Demenz« bezeichnen. Allerdings bleibt sie nicht auf den Hippocampus beschränkt. Während sie diesen zerstört, breitet sich die Krankheit im restlichen Gehirn aus.

Der etwa daumengroße Hippocampus verdankt seinen Namen seiner äußeren Form, die an ein Seepferdchen erinnert. Diese spezielle Hirnregion ist die Zentrale für das Speichern unserer persönlichen, autobiografischen Erinnerungen. Und damit wir auch bestimmt keine Episode unseres Lebens vergessen, die womöglich für unser Überleben von Bedeutung sein könnte, hat uns die Natur mit zwei Hippocampi ausgestattet, jeweils tief im Bereich der beiden Schläfen, wie in Abbildung 1 zu sehen. Trotzdem sprechen wir im Weiteren vereinfachend nur vom Hippocampus.

Alles, was der Hippocampus an Erinnerungen speichert, muss einen Bezug zum Ich haben und mit Emotionen verbunden sein. Auf diese Weise gibt uns der Hippocampus nicht nur eine persönliche Vergangenheit, sondern auch eine Identität. Denn schließlich ist unser Selbst die Summe all unserer Erfahrungen. Ohne Erinnerungen hätten wir keine Identität und keine Vergangenheit. Unsere Lebensuhr tickt sozusagen in Erinnerungen. Verlieren wir die Fähigkeit, uns zu erinnern, bleibt sie stehen. Und da sie sich im Hippocampus befindet, wird nun auch klar, weshalb unsere Erinnerungsfähigkeit, also unser Selbst, als Erstes leidet, wenn diese Zentrale der Selbstentwicklung durch Alzheimer zerstört wird.

Das Alzheimer-Gehirn

Eine Alzheimer-Demenz galt lange erst dann als sicher diagnostiziert, wenn der Pathologe das Gehirn eines Verstorbenen aufgeschnitten hatte und sowohl die groben Veränderungen als auch die typischen feingeweblichen Merkmale der Alzheimer-Erkrankung erkennen konnte. Als Alois Alzheimer im Jahr 1905 das Gehirn seiner inzwischen berühmten Patientin Auguste Deter untersuchte und die ungewöhnlichen, aber für diese Form der Demenz typischen Zeichen zum ersten Mal entdeckte, war sie also bereits tot – und eine neue Krankheit beziehungsweise die ersten Erkenntnisse über sie geboren.

Abb. 1: Dreidimensionale Lage eines der beiden Hippocampi im Schläfenbereich des Großhirns. Darüber liegt die neue Hirnrinde, der Neocortex.

Kennzeichnend für die Alzheimer-Erkrankung im fortgeschrittenen Stadium sind die bei der Obduktion schon mit bloßem Auge sichtbaren Veränderungen, wie die deutlich vergrößerten Hirnkammern, die ausgeprägte Verdünnung der Hirnrinde (in der sich die Körper der Nervenzellen befinden) und eine auffallend verminderte weiße Substanz (in der sich hauptsächlich die Fasern der Nervenzellen befinden). Unter dem Mikroskop sind einige feingewebliche Auffälligkeiten typisch und, wenn sie gemeinsam auftreten, wichtig für die Diagnose. Dazu gehören tote und sterbende Nervenzellen mit fibrillenartigen Einlagerungen sowie die sogenannten Grabsteine des Gehirns, das sind amyloide (kleberähnliche) Plaques, die sich außerhalb der Nervenzellen befinden. Eingekreist in den in Abbildung 2 gezeigten Schnitten ist jeweils die Lage des Hippocampus in einem gesunden und einem an Alzheimer erkrankten Gehirn.

Inzwischen weiß man, dass Mischformen zwischen einer »hippocampalen« Alzheimer-Demenz und einer »vaskulären« Arteriosklerose-Demenz recht häufig sind. Das liegt zum einen daran, dass die primären Ursachen, die auf Dauer zur Schädigung des Hippocampus beziehungsweise zu der der Blutgefäße führen, meist dieselben sind. Zum anderen verstärken sich beide Krankheitsprozesse gegenseitig, sobald sie in Gang gekommen sind. Das klingt zunächst schrecklich, hat aber auch einen gewaltigen Vorteil: Wenn Sie eine hippocampale Demenz, sprich einen beginnenden Alzheimer therapieren, indem Sie die Ursachen beseitigen, werden Sie damit ebenso eine vaskuläre Demenz abwenden oder zumindest eine Verschlimmerung aufhalten. Dasselbe gilt natürlich auch für die Prävention.

Deshalb ist es gut, dass heutzutage die Diagnosestellung nicht mehr nur post mortem (nach dem Tod) möglich ist, sondern durch bildgebende Verfahren und klinische Tests schon weitaus früher – im Prinzip schon Jahrzehnte bevor die ersten Symptome überhaupt auftreten. So können demenzpräventive Maßnahmen früh eingeleitet werden.

Abb. 2: Frontalschnitt durch zwei Gehirne. Im erkrankten Hippocampus (Kreis rechts) haben sich die für Alzheimer typischen amyloiden Plaques (Grabsteine des Gehirns) gebildet. In den sterbenden Nervenzellen sind die charakteristischen Tau-Fibrillen zu sehen.

Krankheitsbeschleuniger: Defekte Gene

In etwa 99 Prozent aller Fälle von Alzheimer handelt es sich dann um die sogenannte sporadisch auftretende Form. Sie tritt typischerweise nach dem 65. Lebensjahr auf. Überaus selten ist hingegen die familiäre Form, bei der der Krankheitsprozess durch ein defektes Gen beschleunigt wird. Weltweit sind nur wenige Hundert Familien von solchen vererbbaren Mutationen betroffen. Der Krankheitsverlauf unterscheidet sich jedoch in nichts von dem der sporadischen Form, allerdings tritt die Krankheit oft deutlich vor dem 65. Lebensjahr auf.

Die größte Familie, in der eines dieser seltenen Alzheimer-Gene von Generation zu Generation weitergegeben wird, lebt in einer entlegenen Gebirgsregion von Antioquia im Norden Kolumbiens. Lange Zeit wähnten sich die Familienangehörigen unter einem Fluch. Doch inzwischen ist der für das frühe Leid der Betroffenen verantwortliche Gendefekt identifiziert; er wurde wohl vor etwa drei Jahrhunderten von einem baskischen Einwanderer eingeschleppt. Diese vererbte Form der Alzheimer-Krankheit bricht im Durchschnitt im Alter von 47 Jahren aus. Da die Träger des Gendefekts zu diesem Zeitpunkt meist schon für Nachwuchs gesorgt haben, kann die Krankheit auch nicht verschwinden. Jeder Nachkomme bekommt mit einer 50-prozentigen Wahrscheinlichkeit das mutierte Gen vererbt. So tragen mittlerweile etwa 5 000 Familienmitglieder dasselbe Alzheimer-Gen in ihrem Erbgut.

Das Erkrankungsalter der Mitglieder der Großfamilie variiert allerdings erheblich. Manche erkranken mit 34, andere erst mit 62 Jahren. Das ist merkwürdig, tragen doch alle dieselbe Mutation in ihrem Erbgut. Die Wissenschaftler, die den Gendefekt untersuchten, vermuteten schon 1997, dass für die große Variabilität die jeweilige individuelle Lebensweise der Betroffenen verantwortlich sein könnte.19 Dies könnte bedeuten, dass der Gendefekt möglicherweise nicht einmal die primäre Ursache ist, sondern eben nur ein Beschleuniger eines Prozesses, der ganz andere Gründe hat, die man vielleicht selbst beeinflussen kann. Deshalb betrachte ich die mutierten Alzheimer-Gene eher als Krankheitsbeschleuniger denn als Krankheitsverursacher, was auch erklären würde, weshalb die überwiegende Mehrheit der Alzheimer-Patienten weltweit keinen nachweisbaren Gendefekt benötigt, um dennoch an Alzheimer zu erkranken. Aus dieser Betrachtung heraus liegt die Ursache vielmehr in der individuellen, jedoch kulturell stark beeinflussten Lebensweise, die trotz völlig intakter Gene dazu führt, dass sich dieselbe Krankheit entwickelt. Ohne Krankheitsbeschleuniger nur eben einige Jahrzehnte später. Aber selbst wenn im Einzelfall zufällig eine genetische Veranlagung vorliegen sollte (was vermutlich nie vollends auszuschließen sein wird), macht dies hinsichtlich Prävention oder Therapie keinen Unterschied, wie ich in Kapitel 23, »Ich hatte Alzheimer …«, noch ausführlicher erläutern werde.

Das Erkrankungsrisiko

Etwa ein Prozent aller in Industriestaaten lebenden 65-Jährigen ist heutzutage an der Alzheimer-Demenz erkrankt. Bei den 70-Jährigen sind es dann schon etwa zwei Prozent und etwa vier Prozent bei den 75-Jährigen. Alle fünf weitere Lebensjahre verdoppelt sich in etwa die Häufigkeit der Krankheit, sodass etwa ein Drittel aller 90-Jährigen daran leiden.20

Ein 100-Jähriger hätte aufgrund dieser rasanten Zunahme also nur noch eine zehnprozentige Chance, nicht dement zu werden. Allerdings sinkt die relative Krankheitswahrscheinlichkeit wieder, wenn man ein solch hohes Alter erreicht, was ein erstes Indiz dafür darstellt, dass Alzheimer womöglich nicht durch das Älterwerden selbst verursacht wird.21 Vielmehr sind einige derjenigen, die ein überdurchschnittlich hohes Alter erreichen, meist deshalb so alt geworden, weil sie mehr oder weniger zufällig so gelebt haben, dass sie vor Alzheimer geschützt waren. Aber solche Glücksfälle sind selten, denn unsere Gesellschaft bietet uns leider viel zu viele Möglichkeiten, ungesund zu leben. Aber auch unglückliche Fälle, wenn beispielsweise der Alzheimer-Krankheitsprozess durch eine genetische Veranlagung beschleunigt wird, sind entsprechend selten. Doch selbst dann hat die eigene Lebensweise immer noch einen entscheidenden Einfluss darauf, wann beziehungsweise ob man überhaupt erkrankt (mehr dazu in Kapitel 23, »Ich hatte Alzheimer …«).

Unsere Lebenserwartung steigt stetig an. Allerdings werden wir nicht etwa deshalb immer älter, weil wir gesünder als früher leben, sondern weil wir die tödlichen Konsequenzen vieler Zivilisationskrankheiten wie beispielsweise Altersdiabetes, Arteriosklerose und Krebs mit intensiven Therapien und modernen Medikamenten lange genug hinauszögern können.22 So bleibt uns genügend Zeit, die letzte und bisher völlig therapieresistente Krankheit zu erleben: Alzheimer.

Bis zum Sommer 2015 waren allein in Deutschland schon über eine Million Menschen an Alzheimer erkrankt, also etwa jeder achtzigste Bundesbürger. Jährlich kommen über 200 000 neue Fälle hinzu. Da in derselben Zeit etwa 150 000 an den Folgen der Erkrankung sterben, steigt die Gesamtzahl stetig, sodass im Jahr 2050 schon über drei Millionen oder etwa jeder dreißigste Bundesbürger aufgrund von Alzheimer seinen Verstand verlieren wird.

Alzheimer, eine Kulturkrankheit?

Die Alzheimer-Demenz war Anfang des 20. Jahrhunderts sowohl bei uns in Europa als auch in den USA weitgehend unbekannt. Und dies, obwohl schon damals genügend Menschen ein Alter erreichten, bei dem es jährlich zu Zigtausenden Alzheimer-Fällen hätte kommen müssen. Gehirnspezialisten, die routinemäßig Hirnautopsien durchführten, hätten die typischen Anomalien ebenso routinemäßig auffallen müssen wie heutzutage, aber dem war nicht so. Auch Alois Alzheimer beschrieb im Jahr 1906 die nach ihm benannte Krankheit noch als »eigenartig«, denn noch nie zuvor hatte er dergleichen gesehen. Selbst über 30 Jahre später, im Jahr 1938, wurde in einem medizinischen Lehrbuch eines führenden Hirnpathologen die Alzheimer-Krankheit nicht erwähnt.23 Etwas muss sich also in den letzten 100 Jahren drastisch verändert haben, und es war sicherlich nicht unser Erbgut. Dies ist ein weiteres Indiz, dass die Krankheit nicht durchs Älterwerden verursacht wird, sondern dass es andere Gründe dafür geben muss.

Ein drittes Indiz liefern kulturelle Untersuchungen. Sie weisen darauf hin, dass die Ursache vielmehr in einer veränderten Lebensweise zu finden sein muss. Beim Studium verschiedener ethnischer Gruppen erkannte man, dass sich ihr vergleichsweise sehr geringes Alzheimer-Risiko dramatisch erhöht, sobald sie ihre naturverbundene Lebensweise aufgegeben und stattdessen unsere moderne, vom Konsum gesteuerte angenommen haben. Als anschauliches Beispiel soll uns die jüngere Geschichte Okinawas dienen. In der ursprünglichen Bevölkerung gab es bis in die jüngste Zeit bemerkenswert viele über 100-Jährige ohne Altersdemenz und sonstige bei uns alterstypische Krankheiten. Doch seit der Ausbreitung des amerikanischen Lebensstils nach Einrichtung eines großen US-Militärstützpunktes treten auch in Okinawa die üblichen Zivilisationskrankheiten wie »Altersdiabetes« mit erschreckender Häufigkeit auf. Und zwar bei der jüngeren Inselbevölkerung. Ein Gen, das sie vor Krankheiten bewahrt, konnten die gesunden Alten nicht vererben. Und noch eines wird in Okinawa auf brutale Weise offensichtlich: Die typischen »Alterskrankheiten« haben mit dem Älterwerden anscheinend so gut wie nichts zu tun.

Was dies jedoch im Einzelnen bedeutet, lässt sich auf Anhieb nicht sagen. Man muss innerhalb einer Gesellschaft schon sehr genau hinschauen, um herauszufinden, welche spezifischen Verhaltensweisen das Risiko erhöhen und welche es senken. Und das hat man in unzähligen Studien bereits mit Erfolg getan. Beispielsweise war in Japan noch bis Mitte des letzten Jahrhunderts das Alzheimer-Risiko sehr gering, stieg dann aber in nur etwa zwei Jahrzehnten um das Siebenfache auf das derzeit dort noch immer herrschende hohe Niveau.24 Da sich jedoch in diesem kurzen Zeitraum die Altersstruktur nicht um einen solchen gewaltigen Faktor verändert hat, suchten Forscher nach einer anderen Erklärung. Fündig wurden sie in den Lebensgewohnheiten der japanischen Gesellschaft, die sich durch die nach dem Zweiten Weltkrieg rasch voranschreitende Industrialisierung sehr rapide von ihren traditionellen Gepflogenheiten verabschiedet hatte. Diese Erkenntnis liefert nicht nur einen weiteren Beweis dafür, dass nicht das Lebensalter die Ursache für Alzheimer sein kann, sondern auch dafür, dass das Älterwerden uns nur die Möglichkeit gibt, die Konsequenzen einer ungesunden beziehungsweise unnatürlichen Lebensweise zu erleben. Sie gibt uns auch klare Hinweise darauf, welches die wahren Ursachen des steigenden Alzheimer-Risikos sind. Deshalb stellt sich die grundsätzliche Frage, weshalb wir trotz jahrzehntelanger intensivster Forschung das Problem nicht in den Griff bekommen. Warum haben wir das Alzheimer-Rätsel nicht schon längst gelöst?

KAPITEL 3

Das Alzheimer-Puzzle

»Unendlich ist das Rätsel der Natur.«

KARL THEODOR KÖRNER (1791–1813)

Immer mehr Puzzlesteine

Fragen Sie die weltweit über 25 000 Alzheimer-Forscher nach der Ursache von Alzheimer, werden Sie fast ebenso viele verschiedene Antworten bekommen. Für manche tragen nur irgendwelche Giftstoffe aus der durch den Menschen veränderten Natur die Schuld, für andere sind Infektionen des Gehirns mit Keimen aus Mund, Magen oder Darm der Auslöser. Für die meisten Experten jedoch liegt der Grund für diese Erkrankung ganz allgemein am Alter (obwohl gerade die extrem Alten häufiger verschont bleiben). Viele Forscher betrachten das Ganze zwar vordergründig etwas differenzierter und vermuten die Ursache beispielsweise in einer chronischen Entzündung oder in einem gestörten Energiestoffwechsel des Gehirns, aber auch bei diesen Erklärungen stellt letztendlich das Lebensalter der Betroffenen die eigentliche Ursache dar. Die Ansammlung kleiner Proteine – genannt β(beta)-Amyloid –, die zum Alzheimer-Toxin verkleben, ist derzeit die landläufigste Theorie. Da das β-Amyloid sich aber erst mit den Jahren im Gehirn anhäuft, gilt auch hier das Alter als die primäre Erklärung.

Die Liste der vermeintlich altersbedingten Alzheimer verursachenden Veränderungen ließe sich beliebig erweitern, sodass es für viele Experten am Menschsein an sich liegen könnte, dass wir im Alter an Alzheimer erkranken. Für sie ist es demzufolge eine normale altersbedingte Entwicklung und folglich noch nicht einmal eine Krankheit. Sie gehen davon aus, dass die Ursache irgendwo in unserem Erbgut versteckt sein muss, auch wenn sie bisher nicht auszumachen ist.

Diese Experten fühlen sich in ihrer Überzeugung auch bestärkt durch die Tatsache, dass Tiere nicht an Alzheimer erkranken. Es sei denn, man »vermenschlicht« sie ein wenig, indem man zum Beispiel ins Erbgut von Mäusen Alzheimer-Gene einpflanzt, wie solche von der in Kapitel 2, »Alzheimer: Die Fakten«, genannten kolumbianischen Großfamilie. Allerdings erkranken diese Alzheimer-Mäuse interessanterweise nur dann, wenn man ihnen darüber hinaus auch noch eine unnatürliche Lebensweise aufzwingt, die mich sehr an die unsere erinnert: Sie besteht aus maximaler Nahrungszufuhr bei minimaler körperlicher Aktivität, dazu Mangel an Schlaf und sozialen Kontakten.

Dieser Umstand sowie die drei Argumente im vorherigen Kapitel, die dafür sprechen, dass Alzheimer nicht durch das Alter verursacht wird, sollten uns zum Nachdenken anregen. Aber anstatt diesen Gedankenfaden aufzunehmen und den Knoten aus viel zu vielen unterschiedlichen und zum Teil widersprüchlichen Erklärungen zu entwirren, scheint es, dass man für das Rätsel um die Alzheimer-Krankheit nur einen Lösungsweg zulässt. Wer aufgrund seiner Erklärung am Ende ein Medikament entwickelt, das die Krankheit heilt, wird der sein, der recht bekommt. Ein primär auf das Beheben der ursächlichen Risikofaktoren beruhendes Therapiekonzept, das auf einer systembiologischen Erklärung aufbaut, wird so gut wie nicht in Betracht gezogen. Dies ist etwa so, als würde man die Ursachen für Lungenkrebs erst dann anerkennen, wenn man ein heilendes Krebsmittel gefunden hätte. Ein mit dem Rauchen in Bezug auf Lungenkrebs vergleichbares Verhalten wird hingegen als mögliche Erklärung in Bezug auf Alzheimer ignoriert. So lautet dann auch das Fazit der weltweit größten Alzheimer-Konferenz, die im Juni 2014 in Kopenhagen stattfand und an der etwa 4 500 Experten teilnahmen: »Das größte Problem bei der Entwicklung neuer Hoffnungsträger: Noch weiß die Forschung nicht genau, welche molekularen Mechanismen die Krankheit auslösen.«25

Man sucht nach molekularen Mechanismen, die die Möglichkeit einer Medikamentenentwicklung bieten, aber nicht nach der primären Ursache, die sich womöglich einer medikamentösen Intervention entzieht: unsere Lebensweise. Für die meisten Experten ist das Alter als Ursache für Alzheimer schon längst ausgemacht. Wäre man bereit, diese falsche Annahme abzulegen, dann wäre, so meine feste Überzeugung, das Alzheimer-Rätsel längst gelöst. So, wie ein Puzzle zusammengefügt werden kann, wenn alle wesentlichen Puzzleteile vorliegen. Aber anstatt sie zusammenzusetzen, analysieren und teilen die Experten auf der Suche nach einem Wirkstoff ihr jeweils bevorzugtes Puzzleteil immer weiter. Auf diese Weise wird das Puzzle niemals zusammengesetzt und stattdessen immer kniffliger. Heilung ist auf diesem Weg nicht in Sicht.

Ein Wissenschaftler war von den vielen monotherapeutischen Fehlversuchen frustriert und versuchte etwas Außergewöhnliches. Dale Bredesen setzte das Puzzle zwar nicht vollständig zusammen, aber er nutzte nahezu alle Puzzleteile für einen systembiologischen Therapieansatz. Aufgrund seines Therapieerfolges lieferte er meiner Meinung nach einen überzeugenden Beweis dafür, dass es sich lohnt, sich diese Puzzleteile genauer anzusehen.

Wer heilt, hat recht

Dale Bredesen hat neun seiner ersten zehn Alzheimer-Patienten erfolgreich therapiert. Bei denjenigen acht Patienten, bei denen sich die Alzheimer-Erkrankung noch in einer Frühphase befand, konnte er den geistigen Abbau umkehren. Bei dem einen Patienten in der mittleren Phase war er in der Lage, den Krankheitsprozess durch seine Maßnahmen zumindest aufzuhalten. Nur dem einen, der sich schon im letzten Stadium der Krankheit befand, konnte er nicht mehr helfen. Bredesen hatte erkannt, dass das Alzheimer-Rätsel auf herkömmliche Weise nicht zu lösen war, und schritt einfach zur Tat. Gegenüber den Medien offenbarte er sein aus Frustration geborenes Motiv: »Allein im letzten Jahrzehnt wurden Hunderte von klinischen Versuchen durchgeführt, um Alzheimer zu heilen, die Gesamtkosten lagen bei über einer Milliarde Dollar, jedoch ohne Erfolg.«26

Bredesen vermutete, dass es womöglich ein Fehler sei, das Heil immer nur in einem einzigen medikamentösen Wirkstoff zu suchen, der stets nur ein einziges Puzzleteil oder -teilchen des Krankheitsbildes berücksichtigt: »Die existierenden Medikamente gegen Alzheimer zielen immer nur auf einen Aspekt«, so Bredesen weiter, »aber die Alzheimer-Krankheit ist viel komplexer.« Das Scheitern sämtlicher Therapieversuche erklärte er dabei folgendermaßen: »Stellen Sie sich ein Dach mit 36 Löchern vor, und Ihr Medikament bessert eines davon aus – das Medikament könnte tatsächlich gewirkt haben, ein einziges ›Loch‹ mag gestopft worden sein, aber Sie haben dann immer noch 35 weitere Löcher, durch die es reinregnet, und so hat sich kaum etwas verändert.«

Das baufällige Dach beschreibt sehr gut das Therapiedilemma, in dem sich die pharmazeutische Forschung befindet. Ebenso erklärt es Bredesens Handeln, wenn er versucht, mit seinem Therapieverfahren gleichzeitig alle 36 Löcher zu stopfen. Aber ist das tatsächlich das Bild, das sich ergibt, wenn man alle Puzzleteile zusammensetzt?

Die Fachkollegen überzeugte sein wissenschaftlicher Erklärungsversuch jedenfalls nicht. Interessanterweise kritisierten sie weder die Auswahl seiner Patienten, noch stellten sie die Diagnosestellung infrage. Sie akzeptierten den Heilungserfolg, aber eben nicht Bredesens Erklärung dafür. So argumentierte Dr. James Galvin, Professor für Neurologie am Langone Medical Center der Universität von New York: »Ich möchte das Konzept nicht verwerfen, denn die Faktoren [Puzzleteile], die das Programm adressiert, sind wissenschaftlich valide. Aber es gibt keine ausreichende Erklärung, um zu verstehen, warum diese Dinge gemacht wurden und wie sie dosiert wurden.«27

Ohne ein akzeptables Gesamtbild, eine verständliche Erklärung, wie Alzheimer entsteht (wie beispielsweise die Löcher in Bredesens Bild vom lecken Dach kommen), wird sich sein Therapiekonzept langfristig nicht durchsetzen können. Wissenschaftlern, Ärzten und auch den Medien genügt offensichtlich nicht das Ergebnis, es muss auch plausibel erklärt sein. Das gilt, so nehme ich an, auch für Sie, denn wer würde sich auf eine lebensverändernde und zugleich lebenslange Behandlung einlassen, ohne zu verstehen, was dabei geschieht?

Bredesen betrachtete das Alzheimer-Puzzle aus der Sicht eines Dachdeckers, der ein marodes Dach repariert. Sein Therapieansatz war rein mechanistisch, wie er mir persönlich mitteilte. Aber es besteht ein gewaltiger Unterschied zwischen einem Dach und einem Menschen. Denn im Gegensatz zum Dach leben wir, und ein lebender Organismus hat die Fähigkeit, sich selbst zu heilen. Wenn er das nicht kann, gibt es dafür Gründe, und die zeigt Bredesens Bild vom kaputten Hausdach nicht auf. Es erklärt dementsprechend auch nicht, wie es überhaupt zu den Löchern im Dach kam beziehungsweise wodurch Alzheimer verursacht wird. Aber nur wenn wir die Ursache erklären können, können wir auch die Therapiemaßnahmen logisch nachvollziehen und entscheiden, was nötig ist und was nicht.

Auch eine entsprechende Präventionskampagne wird sich ohne eine systembiologische, sämtliche Ursachen umfassende Erklärung der Alzheimer-Entstehung nicht sinnvoll gestalten lassen. Ein Beispiel dafür ist für mich die zwar gut gemeinte, aber dennoch unvollständige Alzheimer-Präventionsstudie, die man in Finnland durchführte. Sie wurde vom selben Grundgedanken inspiriert wie Bredesens neuer therapeutischer Ansatz. Miia Kivipelto, Professorin für Klinische Geriatrische Epidemiologie am Stockholmer Karolinska Institut, die mit vielen Fachkollegen die sogenannte FINGER-Studie an 1 260 demenzgefährdeten Finnen vorantrieb, sagte, dass »bereits frühere Studien offenbarten, dass es einen Zusammenhang zwischen geistigem Verfall im Alter und solchen Faktoren wie Ernährung, einem gesunden Herz-Kreislauf-System und Bewegung gibt«.28 Ihrer Meinung nach blieben klinische Versuche größtenteils wirkungslos, weil sie meist nur einen einzigen dieser Faktoren ausschalteten (nur ein Loch stopften, um bei Bredesens Bild zu bleiben). Genau das wollten Kivipelto und ihre Kollegen durch ihren multifaktoriellen Ansatz ändern, doch sie taten es, wie in Kapitel 1, »Wunder der Heilung?«, erwähnt, nur mit einem gewissen, doch meines Erachtens nicht wirklich durchschlagenden Erfolg. Der Grund dafür ist der, dass auch hier wegen des Fehlens einer systemischen Erklärung, die sämtliche Risikofaktoren einschließt, einige wesentliche ursächliche Faktoren außer Acht gelassen wurden.

Eine einheitliche Erklärung der Alzheimer-Entstehung habe ich inzwischen entwickelt und unter dem Titel »Unified theory of Alzheimer’s disease (UTAD): implications for prevention and curative therapy« im Juli 2016 international publiziert.29 Darin setze ich alle wesentlichen wissenschaftlich gesicherten Puzzleteile nach evolutionsbiologischen Kriterien zusammen und liefere damit zum ersten Mal ein leicht verständliches und völlig plausibles Bild der Alzheimer-Entstehung. Mit einem nunmehr klaren Blick auf die wahren Ursachen der Alzheimer-Erkrankung haben wir die Chance, der Krankheit effektiv vorzubeugen. Darüber hinaus erklärt meine wissenschaftliche Theorie Bredesens Therapieerfolge. So zum Beispiel, weshalb es mehrere Monate benötigt, bis sich die ersten therapeutischen Effekte bemerkbar machen, oder weshalb bei Abweichungen vom Diätplan die Symptome recht schnell zurückkehren. Des Weiteren konnte ich ein systembiologisches Therapiekonzept entwickeln, das gezielter die Ursachen behebt und vor allem die voranschreitenden Krankheitsprozesse unterbricht.

Dieses verbesserte Konzept halten Sie nun in Ihren Händen.

Ich werde in den folgenden drei Kapiteln das Puzzle für Sie Stück für Stück zusammensetzen. So ist das Bild, das sich dabei entwickelt, am einfachsten zu verstehen. Dies wird um einiges leichter gelingen, wenn wir zu Anfang zumindest eine grobe Vorstellung davon haben, wie das fertige Bild ungefähr auszusehen hat. Stellen wir uns Alzheimer vielleicht besser nicht als ein altes, reparaturbedürftiges Dach vor, das uns nicht mehr vor Regen schützen kann. Denn die Krankheit zerstört ja nicht eine leblose Struktur, vielmehr trifft sie uns in unserer Gesamtheit als lebendige Menschen. Wir müssen, um die richtige Vorstellung zu entwickeln, wie das Bild auszusehen hat, vielmehr die Frage nach dem eigentlichen Zweck unseres Daseins stellen. Es gibt kaum eine fundamentalere Frage. Weshalb sind wir da, und was ist unsere Aufgabe? Die Antwort wird uns helfen, mit dem Puzzle an der richtigen Stelle zu beginnen.

KAPITEL 4

Vom Sinn des Lebens

»Zufälle sind unvorhergesehene Ereignisse, die einen Sinn haben.«

DIOGENES VON SINOPE (400–323 v. Chr.)

Der Lebenszweck

Ausnahmsweise sind sich bei der Frage nach dem Zweck unseres Daseins der abendländische Glaube und die moderne wissenschaftliche Erkenntnis einmal einig: »Seid fruchtbar und mehret euch« ist Gottes biblischer Auftrag, und Seine Antwort deckt sich vollständig mit derjenigen, die uns ein Evolutionswissenschaftler geben würde.

Da wir aber in einer Natur leben, in der ständige Veränderung die einzige Konstante ist, lässt sich unsere Erbinformation – wie jede andere Form von Information auch – nur durch ein wiederkehrendes Kopieren sichern. Bewahrung durch Vervielfältigung ist auch die einzig mögliche Strategie, wenn es um den Erhalt unserer Kultur geht. Ideen müssen weitergegeben, Bücher und DVDs immer wieder kopiert werden, damit sie »überleben«. Aus evolutionsbiologischer Sicht ist der Erhalt unseres Erbguts unsere einzige Aufgabe auf dieser Erde. Ob wir es schaffen oder nicht, ist der Evolution jedoch gleichgültig, und das gibt uns alle Freiheiten. Aber an der Zweckmäßigkeit unserer Natur ändert dies nichts, auch nicht an unseren natürlichen Bedürfnissen, die daraus erwachsen.

Aus menschlicher Sicht mögen wir entweder glauben, dass das Leben an sich keinen besonderen Plan verfolgt, oder, dass es nur dem Zweck dient, einem Gott zu huldigen und seinen Geboten zu folgen, oder was auch immer Menschen zu diesem Thema einfallen mag. Manche mögen Kinder bekommen, andere nicht, ob gewollt oder ungewollt. Für den evolutionären Prozess zählt am Ende jedoch einzig und allein, ob man sich vermehrt hat oder nicht. Aufgrund der Tatsache, dass die Erbinformation nur durch wiederkehrendes Kopieren erhalten bleibt, lässt sich unser Lebenszweck aus evolutionsbiologischer Sicht leicht definieren. Er besteht – wie bei allen Lebewesen – in der Vermehrung.30 Nur die Strategien im Tier- und Pflanzenreich, die angewandt werden, um den Kopiererfolg zu erzielen, sind ganz unterschiedlich. So beruht die Fortpflanzungsstrategie einzelliger Bakterien auf einer hohen Rate der Zellteilung. Sie passen sich an veränderte Lebensbedingungen nur durch genetische Veränderungen an, dabei meistens durch Mutationen ihres Erbguts, wie sie sich zufällig bei der Vermehrung ergeben.

Unsere Strategie hingegen beruht mittlerweile nahezu ausschließlich auf Anpassung mittels kultureller Veränderung, ermöglicht durch unser außerordentlich lernfähiges Gehirn. Erweisen sich neue Ideen (sozusagen Mutationen unseres Kulturguts) als vorteilhaft, verbreiten sie sich, und die neuen Errungenschaften lassen uns unter ansonsten lebensfeindlichen Bedingungen weiterexistieren. Um es mit einem Beispiel zu illustrieren: Wenn sich infolge der drohenden Klimakatastrophe die Meeresspiegel anheben, werden uns keine Kiemen wachsen, wir bauen nur höhere Deiche. Den Klimawandel könnte man natürlich auch stoppen, aber dafür denkt und handelt der Mensch zu kurzfristig.

Die Evolution der Großmutter

Alle unsere Anpassungen an veränderte Lebensbedingungen werden praktisch nicht mehr in Veränderungen in unserem Erbgut, sondern nahezu ausschließlich in Veränderungen im Kulturgut erinnert. Aber unabhängig davon, ob die Strategie rein genetischer oder rein kultureller Art ist, immer steht der Fortpflanzungserfolg als Ziel über allem. So betrachtet, ist es erstaunlich, dass bei uns Menschen Frauen nach der Menopause noch sehr lange leben, obwohl sie sich nicht mehr fortpflanzen können. Hierin unterscheiden wir uns von unseren nächsten Verwandten im Tierreich, den Schimpansen, die nur noch wenige Jahre nach der Menopause weiterleben. Bei uns sind es jedoch weitere drei bis vier Jahrzehnte, der Rekord liegt sogar bei etwa sieben. Was könnte der Grund dafür sein?

Schimpansenweibchen sterben meist kurz nach der Menopause. Sie bekommen also bis zum Lebensende immer wieder selbst Nachwuchs und sind deshalb nie Großmütter, die ihre Töchter in Vollzeit bei der Aufzucht der Enkel unterstützen könnten. Bei uns Menschen hingegen kann eine Großmutter ihrer Tochter bei der täglichen Arbeit oder bei der Betreuung der Kinder helfen und dabei ihre Lebenserfahrung einbringen. Wie eine umfassende Untersuchung kanadischer Geburtsregister und finnischer Kirchenbücher ergab, erhöhte die Anwesenheit einer Großmutter zumindest bis Anfang des 20. Jahrhunderts nicht nur die Zahl ihrer Enkel, sondern vor allem auch deren Chance, die Kindheit zu überleben. Jedes Lebensjahrzehnt, das sie nach den Wechseljahren noch lebte, bescherte ihr, im Vergleich zu Familien, in denen die Großmutter früh verstarb, durchschnittlich zwei Enkel mehr, die das Erwachsenenalter erreichten.31

Die Langlebigkeit der Großmütter zahlte sich somit dadurch aus, dass mehr Kopien ihres Erbguts weitergegeben wurden und überlebten. Enthält das Erbgut also die Information für Langlebigkeit, wird diese ebenfalls häufiger weitervererbt. Allerdings funktioniert die Selektion auf die Eigenschaft der Langlebigkeit nur, wenn neben der Fähigkeit zur körperlichen Fitness bis ins hohe Alter auch die entsprechende geistige Leistungsfähigkeit genetisch programmiert und vererbt wurde. Denn vor allem das Erfahrungswissen der Alten war schließlich entscheidend dafür, dass die Familie in Krisenzeiten überlebte.

Evolution der Großmutter: