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Wenn Überleben und Liebe Hand in Hand gehen. Liv und Kay sind Geschäftspartnerinnen, Freundinnen seit Kindheitstagen und schon lange kein Paar mehr. Am Ende der Touristensaison gönnen sie sich einen freien Tag im nahen Gebirge. Als Kay abstürzt, müssen sich die beiden nicht nur den Herausforderungen der Wildnis stellen, sondern auch ihren lang verdrängten Gefühlen für einander. Liv weiß nur eins: Sie wird Kay nicht am Abhang zurücklassen.
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Seitenzahl: 55
Veröffentlichungsjahr: 2015
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Übersetzung aus dem kanadischen Englisch von Ulrich Hawighorst
Am Abhang
Lois Cloarec Hart
Inhaltsverzeichnis
Danksagung
Widmung
Am Abhang
Über Lois Cloarec Hart
Ebenfalls im Ylva Verlag erschienen
Demnächst im Ylva Verlag
Mein tiefster Dank geht an meine fabelhaften langjährigen Mitstreiter: meine Frau Day Petersen und meine Freundin Kathleen Grams-Gibbs. Seit vielen Jahren vertraue ich Ihnen all meine Geschichten an, und sie haben mich nie enttäuscht. Weiterhin habe ich es sehr genossen, zum ersten Mal mit Fletcher DeLancey zu arbeiten. Bekannt für ihre Science-Fiction-Romane, ist sie zudem eine wunderbare Lektorin mit einem grandiosen Sinn für Humor, der die Arbeit oft sehr viel leichter macht. Ich lache immer noch über ihren Vorschlag für den ersten Satz einer künftigen Story. »Lange Geschichte, aber da ist eine sehr schwangere Frau in meinem Keller.« Wer weiß? Vielleicht werde ich diesen Roman eines Tages schreiben.
Für Day,
die früher gern am Abhang wanderte, ihn für mich aber verließ.
Lois Cloarec Hart
»Liv, könntest du Reta oder Tobey dazu bringen, morgen für dich einzuspringen?«
Tief über ihren Computer gebeugt, ganz versunken in die Berechnungen zum Tagesabschluss, hörte Liv Teager ihre Geschäftspartnerin und beste Freundin kaum. Als die leisen Worte schließlich zu ihr durchdrangen, hob sie den Blick vom Bildschirm. »Tut mir leid, was hast du gesagt? Etwas über Tobey?«
Kay starrte aus dem Fenster in die Dunkelheit. »Ja. Denkst du, Reta oder Tobey würden sich morgen kurzfristig um den Laden kümmern?«
»Ich weiß nicht. Tobey möglicherweise. Er hat nach Sonderschichten gefragt. Warum? Was hast du vor?«
»Ich will hoch zum Faeroe Peak«
Liv richtete sich auf, ihre Verkaufszahlen schienen für einen Moment vergessen. »Faeroe Peak? Ich hätte nicht gedacht, dass es dich jemals wieder zu diesem Gipfel ziehen würde, nach dem Labour-Day-Fiasko.«
»Nun, ich will ganz bestimmt nicht noch einmal mit Patty und Mia gehen, aber es könnte mir durchaus gefallen, nur mit dir die Wanderung zu wiederholen.«
Liv warf einen Blick auf den Bildschirm und überschlug rasch eine Rechnung im Kopf.
»Könnte es nicht bis zum nächsten Wochenende warten? Morgen kommt noch mehr Lagerware an, und es wäre mir lieber, Tobey müsste sich nicht ganz allein darum kümmern.«
»Wenn du nicht mitkommen möchtest, sag’s einfach und erfinde keine fadenscheinigen Ausreden. Tobey ist durchaus in der Lage, ein paar Kisten zu überprüfen. Falls du es ihm nicht zutraust, können ihm Abby oder Ethan nach der Schule helfen. Aber du weißt ganz genau, dass jetzt nur noch die Herbsttouristen kommen, und die meisten auch nur übers Wochenende. Heute sind kaum mehr als ein halbes Dutzend Leute im Laden gewesen. Na, wie auch immer, ich werde die Tour noch einmal angehen. Die einzige Frage ist, ob du mich begleitest.«
Liv runzelte über den scharfen Ton zwar die Stirn, kam aber nicht gegen Kays Logik an. Seit nunmehr dreiunddreißig Jahren war Teager und Teale eine feste Größe in der kleinen Touristenstadt in den Bergen, und alljährlich verliefen die Wochen zwischen dem Labour Day und dem Beginn der Wintersportsaison eher ruhig.
Rein logistisch war es ein günstiger Zeitraum, um zu schwänzen und das Geschäft den fähigen Händen ihrer Mitarbeiter zu überlassen.
»Was ist denn so dringend an diesem Ausflug, dass wir ihn nicht um ein paar Tage verschieben können?«
»Die Wettervorhersage für das Wochenende ist nicht besonders gut. Du weißt doch, wenn es hier unten regnet, schneit es in den höheren Lagen wahrscheinlich schon. Ich will zurück zu der Stelle, wo Patty sich den Knöchel gebrochen hat. Erinnerst du dich? Es war knapp oberhalb der Baumgrenze am westlichen Zugang.«
»Warum willst du ausgerechnet dorthin?«
Kay zögerte, und Livs Neugier flammte auf. Ihre langjährige Freundin war eine begeisterte Wanderin, aber ihr Marsch vor drei Wochen hatte sich mehr als herausfordernd entwickelt, sodass sie vermutet hatte, ihr damaliges Ziel würde Kay dauerhaft als Unglücksort in Erinnerung bleiben.
Sie musste sich anstrengen, Kays gemurmelte Antwort zu hören. »Entschuldige, wie bitte?«
»Ich möchte meinen Wanderstab wiederfinden. In all dem Chaos hab ich ihn verloren.«
»Verstehe. Aber es ist doch nur ein Stock. Ist ja nicht so, als hättest du keine anderen.«
»Dieser ist aber etwas Besonderes.« Kay drehte sich, um sie direkt anzusehen. »Du hast ihn mir an unserem ersten gemeinsamen Weihnachtsfest geschenkt.«
Eine Welle bittersüßer Nostalgie überkam Liv. Sie erinnerte sich gut an diese Weihnacht. Nachdem sie schon seit der Mittelstufe Freundinnen gewesen waren, hatten sie irgendwann ihre Liebe zueinander erkannt und waren ein Paar geworden. Ihre Beziehung dauerte knapp zwei Jahre. Liv war am Boden zerstört, aber auf einer gewissen Ebene auch nicht überrascht gewesen, als Kay Schluss machte. Keine Frau war jemals in der Lage gewesen, dauerhaft mit ihrer sprunghaften Freundin zusammenzubleiben. Liv hatte gehofft, dass sie die Ausnahme wäre, aber auch ihr war der Kunstgriff nicht gelungen, Kay dauerhaft an sich zu binden. Dennoch war sie froh und dankbar, dass sie zumindest ihre Freundschaft und ihr geschäftliches Miteinander aus dem Scherbenhaufen gerettet hatten.
Angesichts ihrer gemeinsamen Vergangenheit war sie tief gerührt, dass der alte Wanderstock für Kay noch von Bedeutung war.
»Okay. Ich frage bei Tobey nach, und falls er einspringen kann, komme ich mit.«
Kay lächelte und drehte sich zurück zum Fenster.
Liv zählte die Freizeichen und überlegte im Stillen, was Kay dort draußen in der Finsternis wohl so Faszinierendes sehen mochte. Selbst ihre geliebten Berge wurden von der zeitig einsetzenden Dunkelheit verborgen.
* * *
Liv zurrte ihren Rucksack auf den Schultern fest, während Kay den Tahoe abschloss. Während sie das Gepäck zurechtrückte, prüfte sie ein letztes Mal ihre Schuhe mit den doppelt geknüpften Schnürsenkeln und griff dann nach ihrem Wanderstab.
Kay ging um den Geländewagen herum und schmunzelte. »Und? Bist du jetzt nicht froh, für einen Tag das Geschäft hinter dir lassen zu können?«
Liv atmete tief durch, flutete ihre Lungen mit klarer Luft. Es war der perfekte Morgen für eine Wanderung: kühl und frisch, überdacht von einem strahlend blauen, wolkenlosen Himmel. »Ich gebe zu, das hier ist geringfügig besser als der Laden, aber ehrlich: Kann irgendetwas den Duft von Geld übertreffen?« Sie wandte sich dem Ausgangspunkt der Wanderung zu, wohl wissend, dass Kay gerade den Wanderstock in Richtung ihres Hinterteils schwang.
Sie hatte bereits die ersten fünf Meter hinter sich, als Kay aufholte und sie in ihr gewohntes Tempo fielen. Ein gemurmeltes »Zicke« in ihrem Rücken ließ Liv grinsen. Tatsächlich gab es kaum etwas, dass sie mehr als ihre Unternehmungen in freier Wildbahn mochte – egal ob es dabei um Wanderungen, klettern, Ski fahren oder Kajak fahren ging. Dies war der Ort ihrer Kindheit. Und obwohl Kay nach der Schule fortgegangen, während Liv geblieben war, waren sie gleichermaßen in diesen Bergen zu Hause.
