Anika, Omas später Besucher - Hannelore Deinert - E-Book

Anika, Omas später Besucher E-Book

Hannelore Deinert

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Beschreibung

Als Linas geliebte Oma stirbt, weiß sie dies nicht recht einzuordnen, schläft Oma nun besonders lange, weil sie besonders müde geworden ist? Wer bestimmt, wie lange sie schläft und weckt sie nach einer angemessenen Zeit wieder auf? Der liebe Gott?, so wie es die Eltern jeden Morgen bei ihr tun? Nach der Beerdigung geht Lina oft in Omas Haus, dort kann sie ihren Erinnerungen an Oma nachhängen, dort fühlt sie sich ihr nah. Sie betrachtet gerne das Hochzeitsbild, das die junge Oma als glückliche Braut zeigt, daneben den Bräutigam, Linas Opa, der leider schon früh verstorben ist. Oma aber findet keine Ruhe, sie hat auf ihrer letzten Reise zu schweres Gepäck mitgenommen. Über das Hochzeitsbild sucht sie den Kontakt mit ihrer kleinen Enkelin Lina, die, wie alle Kinder und auch die Tiere, empfänglich für übersinnliche Wahrnehmungen ist. Lina spürt die besondere Aura, die von dem Hochzeitsbild ausgeht, die Braut darauf erscheint ihr seltsam verändert, ihr sonst so glückliches Lächeln wirkt jetzt sonderbar schmerzlich, ihr Blick flehend. Unerklärliche Dinge passieren in Omas nun still gewordenem Haus, die Rollläden sind am helllichten Tag zugeschoben, ein unbekanntes, verschlissenes Sakko hängt im Flur neben Omas Strickjacke und in der Küche riecht es nach Lindenblütentee, Omas Lieblingstee. Dann trifft Lina zu ihrem großen Schrecken einen Geist in Omas Wohnstube an, er sitzt im Sessel und hält anscheinend Zwiesprache mit der Braut auf dem Hochzeitsbild. Lina überwindet ihre Angst, sie geht nun, obwohl es die Eltern nicht gerne sehen, täglich in Omas Haus, um dort den Geist, Opas Geist, zu treffen und von ihm von jener Zeit zu erfahren, als er mit Oma hier gelebt hat und vor allem, warum er hatte so früh sterben müssen. Opas Geist, von Gewissensnöten geplagt, scheint froh zu sein, dass ihm endlich einer zuhört und ihm glaubt. Er erzählt, wie leichtfertig er damals sein Glück aufs Spiel gesetzt hatte, als sich ihm die Gelegenheit bot, über Nacht reich zu werden.

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Seitenzahl: 40

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Hannelore Deinert

Anika, Omas später Besucher

Bei der letzten Reise nimmt man besser kein schweres Gepäck mit.

 

 

 

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Inhaltsverzeichnis

Titel

Die Beerdigung

Omas Haus

Oma ist einverstanden.

Das Hochzeitsbild

Ein unheimlicher Besucher

Die Beichte

Im Schatten der Kapelle

Verzeihen und versöhnen

Der Heimkehrer

Impressum neobooks

Die Beerdigung

Lina wollte nach der Beerdigung allein sein. Zwar hatte sie wie die Erwachsenen eine Rose und damit einen flüchtigen Blick auf den mit Lilien geschmückten Sarg in der Grube werfen dürfen, aber dann hatte sie genug gehabt von den traurigen, verheulten Gesichtern und bekümmerten Mienen der Nachbarn und Bekannten. Nachdem sich die Trauergesellschaft in ein Gartenlokal zum Leichenschmaus, allein schon dieses Wort fand Lina schaurig, zurückgezogen und bei Kaffee und Kuchen der lieben Verstorbenen gedachten, Lina eine große Tasse Kakao getrunken und ein Stück Erdbeertorte mit einem Klecks Sahne darauf verdrückt und sich dabei ihr dunkelblaues Hängekleidchen verkleckert hatte, schlich sie davon. Niemand vermisste sie jetzt, Mama, Papa, Tante Edith und die anderen waren viel zu sehr mit sich und ihrer Trauer beschäftigt.

Lina lief durch eine Wiese, es summte und brummte und schwirrte um sie her, im hohen Gras rupfte und roch sie an Gänseblümchen, Sauerampfer und blühendem Klee, hinunter zum See und entdeckte an der Uferböschung, hinter dichtem Schilf und hohen Brennnesseln versteckt einen Kahn, der sich sanft auf den ans Ufer plätschernden Wellen wiegte. Sie trat die hohen Brennnesseln, die ihre nackten Arme und Beine streiften nieder und bahnte sich einen schmalen Pfad zum Kahn hinunter, kurzentschlossen kletterte sie hinein. Sie löste die Leine, mit der er an einem in die Böschung geschlagenen Pfahl gebunden war, griff sich das Ruder und stieß sich damit vom Ufer ab. Sie setzte sich auf die Ruderbank und schaute zu, wie sich das Ufer geruhsam entfernte. Es war so still und friedlich, nur das leise Glucksen der Wellen an der Bootswand und ein frohes Vogelgezwitscher war zu hören. Sie legte sich auf die harten Holzplanken, legte die Füße mit den Socken und Sandalen auf die Ruderbank, verschränkte die Arme unter dem Nacken und schaute zu den weißen, lockeren Wolkengebilden hinauf, die wie auseinandergezogene Wattebälle am lichtblauen Himmel hingen und sich langsam, sehr langsam veränderten. Lina dachte an ihre Oma, dabei kringelte sie, wie immer, wenn sie nachdachte, eine ihrer rotblonden Haarsträhnen um einen Finger. „Ob sie wohl jetzt dort oben ist, irgendwo?“, grübelte sie. „Vielleicht sitzt sie auf einer der Wolken und schaut zu ihr herab? Nein, das war nicht möglich, was wollte sie da oben, außerdem hatte Oma Höhenangst.“

Es war ihr schon aufgefallen, wie zittrig und vergesslich sie in letzter Zeit geworden war und für alles ein wenig länger brauchte wie sonst. Einmal, als das Zittern besonders arg war, wollte Lina wissen, wenn sie, die Oma, einmal sterben muss, ob sie dann in den Himmel kommt. Oma hatte sich mit ihrer umständlichen Art neben sie gesetzt, sie mit einem seltsam lagen Blick angeschaut und gesagt:

„Eher nicht, Lina. Der Himmel ist für die Braven reserviert und dazu gehör’ ich leider nicht. Ich habe in meinem Leben unbedachte und unverzeihliche Dinge getan.“

„Nie und nimmer, Oma, wie kannst du sowas sagen!“, hatte ihr Lina heftig widersprochen und die Arme um sie geschlungen. „Du bist die beste Oma der Welt!“

Ja, das stimmte, Oma war unglaublich lieb, sie schimpfte nie, war nie ungeduldig oder gar zornig, immer nur wuselte sie still in ihrem Haus und in ihrem Gemüsegarten herum, in dem auch ein Apfel- und ein Pflaumenbäumchen standen. Jeden Herbst waren sie so schwer beladen, dass die ganze Familie bei der Ernte und beim Einkochen mithelfen musste. Dann war der Gefrierschrank zu Hause so proppenvoll mit Pflaumenmus und Apfelkompott, das sie locker den ganzen Winter davon essen konnten. Jedenfalls konnte Lina nicht glauben, dass für ihre Oma, die zu jeder Zeit bereit war für die Enkel und deren Freunde Pfannkuchen oder Kartoffelpuffer mit Apfel- oder Pflaumenmus zu kochen, nicht ein hervorragender Platz im Himmel reserviert sein sollte. Doch dann fiel ihr ein, dass Oma einmal mit einem wehmütigen Seufzer gesagt hat, dass der Himmel für sie schon auf Erden sei, hier bei ihren Kindern und Enkeln und in ihrem Haus und ihrem Garten. Einen andern Himmel könne sie sich nicht vorstellen.

„Aber“, hatte Lina besorgt gefragt, „wenn du einmal tot bist, Oma, wo willst du dann hin?“

„Hm, Lina, vielleicht hab‘ ich ja Glück und bleib‘ in euren Herzen.“

„Ja“, sinnierte Lina, „das hat Oma gesagt. Und jetzt war sie wirklich tot? Aber was heißt tot sein