Die Mühle an der Mordach - Hannelore Deinert - E-Book

Die Mühle an der Mordach E-Book

Hannelore Deinert

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Beschreibung

Über alle Jahrhunderte und Jahrtausende hinweg spannt sich über allem Leid, das menschliches Ehrgefühl und maßloser Ehrgeiz hervorbringen, der gleiche Himmel. Liebe ist gleich Sein, sie ist das einzige, wofür es sich lohnt zu leben und zu sterben. Geschichten über Liebe, Verrat und Tod.

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Inhaltsverzeichnis

Die Mühle an der Mordach

Der Verrat

Das Familienerbstück.

Luisa

Am Abgrund

Kuniberts Heimkehr

Adam von Rodenstein.

Bewundernswert, der seinen Weg unbeirrt geht. Diejenigen jedoch, die ihm folgen und vertrauen, könnten nicht so stark sein wie er.

Die Mühle an der Mordach.

Als Mathias Reis die Mühle an der Mordach zufällig auf einer Fahrradtour durch den Odenwald entdeckte, war er sofort von ihr begeistert gewesen. Auch als er den mit Schlaglöchern durchsetzten Kiesweg hinunter in einen mit allerlei Gerümpel vollgestellten Hof fuhr und ihren heruntergekommenen Zustand und das von meterhohem Unkraut wild umwucherte, verkommene Wohnhaus aus der Nähe sah, konnte das seiner Vision nichts anhaben.

Die Halle der Mühle, früher wohl Aufbewahrungsort von Mehlsäcken und Geräten, bot genug Platz für eine Spritzgussmaschine, einen Extruder und für Bags für das Kunststoffgranulat, im Internet konnte man immer mal gebrauchte, recht guterhaltene Maschinen preiswert ersteigern. Mathias stellte fest, dass die Mühle keinen Stromanschluss besaß, aber ein restaurierungswürdiges Wasserrad, die Strömung des Bachs würde reichen, um es wieder in Bewegung zu setzten und damit günstigen Strom für die Maschinen zu erzeugen. Anzunehmen, dass auch die Wasserleitungen und Abwasserrohre erneuert werden mussten.

Er würde viel Geld in die Hand nehmen müssen und das war ein Problem, denn Matthias hatte keins. Das Haus, das er mit seiner Frau gekauft hatte, war noch lange nicht abbezahlt, es konnte nur mit großem Verlust wiederverkauft werden, und die Kosten für die anstehende Scheidung und deren Folgen waren noch gar nicht abzusehen. Matthias finanziellen Verhältnisse standen wahrlich nicht zum Besten.

Aber diese Mühle, so heruntergekommen sie auch war, war ein Traum. Sie lag einsam am Fuße des Kohlbergs, inmitten von saftigen Wiesen, ein wahres Paradies.

Die Bausubstanz der Mühle schien in Ordnung zu sein, stellte Matthias fest, auch die des einstöckigen Wohnhauses gegenüber. Er betrat es durch eine schief in den Angeln hängende, marode Tür, stieg eine Betontreppe zum ersten Stockwerk hinauf und durchschritt fast andächtig die kahlen Räume. Die Fenster und Türen mussten erneuert werden, aber wenn die Wände erst verputzt sein würden und ein Laminat auslag, dann wäre es einfach perfekt, einen großen Luxus brauchten sie nicht. Eine angemessene Wohnung würde ihm auch bei der Scheidung helfen, das Sorgerecht für seine Kinder, seiner dreijährigen Tochter Silke und seinem sechsjährigen Sohn Jonas, zu bekommen. Er würde um sie kämpfen, seiner egozentrischen, geldgierigen Frau würde er sie bestimmt nicht freiwillig überlassen.

Matthias nahm an, dass es einen Schulbus nach Ober-Ramstadt gab, mit dem die Kinder, Jonas schon in diesem Jahr, zur Schule fahren konnten, er wird sich danach erkundigen. Dann würde er sich auch endlich von seiner Firma, die seine Erfindungen schamlos unter dem Namen des Projektleiters patentieren ließ, verabschieden können. Die Arbeit dort war ihm schier unmöglich geworden.

Im nahen Dorf erkundigte sich Matthias nach dem Besitzer der Mühle. Er erfuhr, dass sie einem Rechtsanwalt namens Jonas Klump gehörte und vereinbarte mit ihm telefonisch einen Termin. Als er ihm in seinem Büro gegenübersaß, kamen sie schnell überein, dass Herr Klump das Haus in einen bewohnbaren Zustand versetzen würde, das Dach neu eindecken, die Fenster, Türen und Böden erneuern und so weiter, und Matthias die Restaurierung der Mühle übernehmen solle. Mit den Fördermitteln, die er als Firmengründer zu erwarten habe, meinte Herr Klump, sei das die beste Lösung.

Herr Klump war sichtlich froh, dass die im Verfall begriffene Mühle, sie war eine Erblast, endlich eine sinnvolle Verwendung finden wird, er machte Matthias für das Gelände samt Mühle und Wohnhaus einen überaus fairen Mietpreis. Und weil er Anwalt für Familienangelegenheiten war, bot er ihm bei seiner anstehenden Scheidung seinen Rat und Beistand an. Er würde sie brauchen, meinte er, denn es grenze an ein Wunder, wenn einem alleinstehenden Mann bei einer Scheidung das alleinige Sorgerecht für seine Kinder zugesprochen werden würde. Matthias gab ihm recht, schon jetzt war es ein Kampf, die Kinder einigermaßen regelmäßig sehen und sprechen zu dürfen. Ihre Mutter benutze sie als Druckmittel, meinte er bedrückt, um möglichst viel Unterhalt zu erpressen. Er aber wolle für die Kinder und sich eine Existenz, ein neues Leben aufbauen, was nun mit der Mühle in greifbarer Nähe zu rücken schien.

Es würde nicht leicht werden, da machte sich Matthias keine Illusionen, aber er würde die Herausforderung annehmen und die Chance nutzen, die sich ihm so unvermittelt bot. Er konnte als Chemiker sehr gute Erfolge vorweisen, das würde ihm helfen günstige Fördergelder für eine Existenzgründung zu bekommen. Zudem durfte er auf die Unterstützung des Qualitätsprüfers und Lagerverwalters seiner jetzigen Firma hoffen, er hieß Karl Albert und machte keinen Hehl daraus, dass er unzufrieden mit seinen derzeitigen Arbeitsbedingungen war. Matthias war überzeugt, dass er, sobald der Betrieb in der Mühle angelaufen sein wird, bei ihm einsteigen wird. Und die Kinder konnten in der Mühle unbeschwert und glücklich aufwachsen.

Matthias Reis, Doktor der Chemie, war voller Zuversicht und fest entschlossen, mit der Mühle einen Neuanfang zu wagen.

Ein gutes Jahr später fuhr an einem feuchten Septembermorgen Kommissar Köster, er gehörte der Kommunalpolizei Darmstadt an, den breiten, grobgepflasterten Weg zur romantisch im Wiesengrund gelegenen Mühle hinunter. Er parkte seinen nostalgischen Opel neben den anderen Wagen im Hof und stieg aus. Gleich fielen ihm die großen, turmartigen Kunststoff-Bags ins Auge, sie nahmen einen Großteil des Hofs in Anspruch.

Köster war Chef der Mordkommission, er war hager und relativ klein, knapp eins siebzig. Er hatte ein gutmütiges, verknautschtes Gesicht mit dunklen, wachen Augen, sein dunkles Haar war stets ein wenig zerzaust. Sein Alter ließ sich schwer einschätzen, überhaupt wurde er von denen, die ihn nicht kannten, wegen seiner zurückhaltenden Art und seines Äußeren gern unterschätzt, er trug gewöhnlich einen etwas schlottrige Anzug, einen ebensolchen Trenchcoat und dunkelbraune, glanzlose Halbschuhe. Er hatte schlicht keine Zeit und kein übermäßiges Interesse groß auf sein Äußeres zu achten und es gab niemand, der sich darum kümmerte. Er war Single aus Überzeugung, denn zum einen sollte seiner Meinung nach ein Kommissar nicht heiraten, zum anderen gab es schon genug zerbrochene Ehen und traurige Kinder. Den Beamten sah man ihm auf Anhieb nicht an, das musste seine Dienstmarke besorgen, und seine Waffe blieb grundsätzlich in der oberen Schublade seines Schreibtisches liegen, sie wäre seiner Meinung nach bei seinen Ermittlungen nur hinderlich gewesen. Bei gefährlichen Einsätzen und Festnahmen wurde er ohnehin von dafür ausgebildete Kollegen begleitetet, die seinen Rat und sein diplomatisches Geschick mehr zu schätzten wussten, wie seine Schießkunst, die übrigens miserabel war, weil er stets die vorgeschriebenen Schießübungen erfolgreich umging.

Während Köster die neuen Fenster und die neugedeckten Schindeldächer der Mühle und des Wohnhauses registrierte, sie passten so gar nicht zum bröckelnden Putz der grauen Fassaden, stieg ihm ein unangenehmer Benzingestank in die Nase. Er betrat die Werkhalle der Mühle, der Gestank war hier trotz der gekippten, schmalen Fenster an der rechten Seitenwand noch penetranter. Die Neonröhren längst der Decke setzen die Halle in ein helles, kaltes Licht, Köster betrachtete die monströse, röhrenförmige Maschine, den riesigen Trichter und das halbvoll mit hellem Kunststoff-Granulat gefüllte Bag, sie nahmen fast die gesamte linke Seite ein. Auf der anderen Seite befanden sich turmähnliche Kunststoff-Bags und ein langer Arbeitstisch mit ölverschmiertem Werkzeug darauf. Überall auf dem Boden lag durchscheinendes, grobes Kunststoffgranulat herum.

Ein junger Polizist wartete am Ende der Halle auf ihn, er hielt sich mit einem Taschentuch die Nase und den Mund zu. Köster folgte ihm durch einen kleinen Raum, der fast von einem großen Dieselgenerator ausgefüllt wurde, er war wie die Maschinen in der Halle abgeschaltet. Der Benzingestank war hier schier unerträglich, was aber den jungen Mann im Arbeitsoverall, der am Rahmen der geöffneten Hintertür lehnte, nicht zu stören schien. Er starrte sichtlich betroffen zum Bach hinunter, wo Polizeibeamte die Uferböschung und die Umgebung des Bachs großräumig absperrten. Andere suchten nach brauchbaren Spuren und der möglichen Tatwaffe, nach einem Stein vielleicht mit Blutspuren, was allerdings Angesichts des Bachs ziemlich aussichtslos war. Man hätte darin alles bequem entsorgen können.

Der Dieselgestank war hier besonders extrem. „Der Tank des Generators ist übergelaufen“, erklärte ihm ein bleicher Polizisten, „das Dieselöl ist im Boden versickert und wohl auch in dem Bach gelangt, die Umweltschützer hier werden ihre helle Freude haben.“ Er grinste kläglich und musste husten. „Pfui Deipel, ist mir schlecht“, krächzte er und entfernte sich ein Stückweit in ein Gebüsch.

Der Kommissar ging zum Bach hinunter, mattschillernde, blau-grün-verlaufende Ölschlieren waren darauf zu sehen. Er betrachtete den Toten, er lag bäuchlings mit ausgebreiteten Armen im Gras, mit dem Gesicht im Wasser. „Wie es aussieht, ist er ertrunken“, meinte der Gerichtsmediziner, der dabei war, ihn zu untersuchen, „aber vorher wurde er niedergeschlagen, der Kopfverletzung nach mit einer Metallstange. Ob der Schlag tödlich war, wird die Obduktion zeigen. Schätzungsweise dürfte der Mann Anfang Dreißig sein, der Leichenstarre nach seid circa drei bis vier Stunden tot. Papiere hatte er nicht einstecken.“

„Danke, Doktor“, meinte der Kommissar mit einem Blick auf seine Armbanduhr. „Wir haben jetzt halb neun, demnach muss der Tod zwischen Mitternacht und zwei Uhr morgens eingetreten sein. Was machte er da noch hier?“ Er beugte sich über den Toten und bemerkte in seiner linken Faust ein Reagenzglas. „Merkwürdig“, murmelte er. „Sieht aus, als wollte er eine Wasserprobe nehmen, mitten in der Nacht.“

Während Köster zum Zeugen hinaufstieg, betrachtete er kurz das ziemlich marode Wasserrad. „Schade“, dachte er. „Schade um die Mühlräder, die heutzutage vor sich hin verrotten.“

Einer der Polizisten erklärte ihm, dass der junge Mann im Arbeitsoverall heute Morgen den Toten gefunden und die Polizei verständigt habe, er heiße Karl Albert und war so etwas wie der Companion des Toten. Der Tote habe gegenüber, im ersten Stock des Wohnhauses gewohnt. Er lebte allein, seine Wohnung wird gerade untersucht.

Der junge Mann lehnte noch immer am Türrahmen des Räumchens mit dem Dieselgenerator und schaute betreten dem Treiben auf der Uferböschung zu.

„Guten Morgen“, grüßte ihn der Kommissar und hielt ihm seine Dienstmarke entgegen. „Ich bin Kommissar Köster und leite die Untersuchung hier. Sie haben heute Morgen den Toten gefunden, nicht wahr? Darf ich fragen, wer Sie sind und in welchem Verhältnis Sie zu ihm standen?“

Der Mann schaute den Kommissar zerstreut an, er versuchte sich zu sammeln. „Morgen“, murmelte er mit belegter Stimme, die Situation hier nahm ihn ganz offensichtlich sehr mit. „Ich bin Karl Albert. Ja, ich habe Matthias heute Morgen hier gefunden.“

„In welchem Verhältnis standen Sie zu ihm?“, wiederholte der Kommissar seine Frage.

„Nun, wir haben zusammen den Spritzgussbetrieb hier aufgebaut, jedenfalls haben wir es versucht. Wir waren froh um jeden verfluchten Auftrag. Wenn einer kam, dann mussten die Maschinen Tag und Nacht laufen und permanent überwacht werden. Matthias konnte sie günstig im Internet ersteigert, aber sie machten von Anfang an Schwierigkeiten. Ehrlich gesagt, uns stand das Wasser bis zum Hals, vor allem finanziell.

Eine etwas makabre Bemerkung angesichts des Toten auf der Uferböschung, fand Köster. „Weshalb war Herr Reis zur solch späten Stunde noch in der Mühle?“, wollte er wissen.

„Ich sagte ja schon“, meinte Albert bedrückt, „wenn die Maschinen liefen, mussten sie Tag und Nacht überwacht werden,

„Okay. Wissen Sie, Herr Albert, ob Herr Reis Ärger mit jemand hatte. Ich kann mir denken, dass ein laufender Dieselgenerator in dieser stillen Gegend unangenehm auffallen muss, vor allem nachts, nicht wahr?“

„Oh, ja“, bestätigte es Albert, „die Gemeinde und die Naturschützer haben uns ordentlich Ärger gemacht. Aber Matthias konnte ihnen klarmachen, dass er, sobald der Betrieb hier richtig laufen und er sich finanziell erholt haben würde, das Wasserrad für die Stromgewinnung restaurieren lassen wolle, das hat sie einigermaßen besänftigt, vorläufig wenigstens. Matthias wollte es wirklich, es war seine Vision, er war ein unverbesserlicher Optimist.“

„Sie anscheinend weniger, Herr Albert?“, folgerte Köster. Der junge Mann machte den Eindruck, als wären alle seine Träume und Hoffnungen mit dem Mann, der bäuchlings auf der Uferböschung lag, zerplatzt. Er schaute auf den schillernden Ölfilm, der langsam mit der Bachströmung abzog.

„Wissen Sie, Herr Albert, ob Herr Reis verheiratet war oder Verwandte hatte?“, fragte Köster. „Wir müssen seine Familie verständigen.“

„Er ist geschieden“, meinte Albert, es schien ihm schwer zu fallen, sich zu konzentrieren und zu reden. „Seine Kinder aber waren beinahe jedes zweite Wochenende hier in die Mühle, Matthias holte sie von Fulda, wo seine Ex seit der Scheidung, ich glaube bei ihren Eltern, wohnt. Jedenfalls ist sie eine wahre Heimsuchung, Immer wieder tauchte sie auf und machte einen Riesenaufstand, weil Matthias angeblich zu wenig oder zu zögerlich Unterhalt abdrückte, obwohl sie es doch war, die mit den Kindern und ihrem Kerl bei Nacht und Nebel abgehauen ist. Sie wollte Geld, immerfort Geld, aber Matthias hatte kein Geld. Er holte seine Kinder jeden zweiten Freitag von Fulda ab, sie blieben übers Wochenende, also brauchte er Möbel und Kleidung für sie. Das kostete Geld und Zeit und beides hatten wir nicht. Nur einen Schuldenberg hatten wir, der ständig wuchs.“

Der Kommissar notierte es in seinen Block. „Hm, Herr Albert, mir fällt auf, Sie reden immer von unseren Schulden und unserem Ärger mit den Naturschützern und so weiter. Der Betrieb hier liegt Ihnen wohl sehr am Herzen, nicht wahr?“

Albert nickte und strich sich resigniert über die Stirn, Köster bemerkte den hellen Streifen an seinem Ringfinger. „Wissen Sie, Herr Albert, wo Herr Reis früher gearbeitet hat?“, fragte er.

„Natürlich, wir waren ja sowas wie Kollegen. Matthias arbeitete bis noch vor einem Jahr im Darmstädter Chemiewerk als Kunststoff-Verfahrens-Chemiker. Er hätte besser dort bleiben sollen, trotz allem. Ich arbeite immer noch dort als Qualitätsprüfer und Lagerverwalter.“

„Okay. Weshalb hat Herr Reis seine damalige Firma verlassen? Gab es Unstimmigkeiten?“

„Und ob“, Albert grinste wehmütig. „Der Projektleiter hatte sich Matthias Patente unter den Nagel gerissen, das hat Matthias furchtbar gewurmt, natürlich. Da flogen tüchtig die Fetzen.

„Ich nehme an, Herr Albert, Sie haben Herrn Reis in seinem neuen Betrieb nach Kräften geholfen?“

„Ja, sicher“, bestätigte es Albert. „Ich wollte ganz bei ihm einsteigen, sobald der Betrieb hier richtig laufen würde,. Als sein Companion sozusagen. Aber das hat sich ja jetzt erledigt.“

„Nun, ich kann mir denken“, meinte der Kommissar und runzelte die Stirn, „dass bei einer Firmengründung wie dieser nicht allzu viel schief gehen darf.“

„Wohl wahr“, Albert grinste wehmütig, „Wir hatten Pech, einmal wurde aus Asien Schrott angeliefert, das war eine mittlere Katastrophe. Aber Matthias ließ sich nicht davon abbringen, dass das Unternehmen nach einer gewissen Anlaufzeit eine Goldgrube werden würde, Recycling sei ein Zukunftsmodell, hatte er gemeint. Nun, ich habe ihm geglaubt, ich habe ihm geholfen und mich sogar finanziell an der Firmengründung beteiligt.

„Okay, Herr Albert. Wo waren Sie letzte Nacht? Sie verstehen, ich muss Sie das fragen.“

„Schon klar. Nun, ich war in meinem Bett und habe wie ein Murmeltier geschlafen. Sie können mir glauben, Herr Kommissar, die reguläre Arbeit in der Firma ist lange nicht so hart, wie danach die in der Mühle, das geht kräftig an die Substanz. Jedes zweite Wochenende übernahm ich die Arbeit an den Maschinen fast allein, damit Matthias seine Kinder holen und sich um sie kümmern konnte. Ich habe wie ein Toter geschlafen, Herr Kommissar, bis das der Wecker klingelte.“

„Wann klingelte der Wecker und wann haben Sie den Toten gefunden?“

„Den Wecker habe ich auf sechs Uhr gestellt. Wie immer, bevor ich zur Firma fahre, etwa um sieben Uhr, habe ich bei der Mühle vorbeigeschaut. Da habe ich Matthias gefunden.“

„Und die Bescherung mit dem übergelaufenen Dieselgenerator entdeckt, nehme ich an“, meinte der Kommissar und registrierte Alberts unruhige Augen. „Ihre Frau kann das sicher bestätigen, Herr Albert?“

„Nein, das kann sie nicht. Ausgerechnet dieses Wochenende verbringt sie mit unserer Tochter bei ihrer Mutter in Frankfurt. Ist das wichtig?“

„Es wäre gut, denn wir haben es hier mit einem Mord zu tun. Hatte Herr Reis eine Freundin?“

„Nein“, meinte Albert betroffen. „Oder doch“, korrigierte er sich, „einmal eine kurze Affäre mit der Prokuristin unserer Firma. Aber sie kam mit seinen Kindern nicht zurecht, da hat er sich von ihr getrennt. Außerdem ist sie mit einem Muslime verheiratet.“

„Hm. Ach, noch etwas, Herr Albert. Haben Sie den Toten bewegt, vielleicht um zu sehen, ob er noch lebt?“

„Nein, man konnte auch so sehen, dass er tot ist.“

„Was passiert jetzt eigentlich mit dem Betrieb hier, Herr Albert?“

„Anzunehmen, dass sich alles von Wert die Bank und die Gläubiger holen werden.“ Albert wandte sich ab. „Ist mir auch egal“, murmelte er, „jetzt ist sowieso alles aus und vergebens. Alle Anstrengung, alle Inventionen, alle Hoffnung, alles futsch.“

„Danke, Herr Albert, Sie haben mir sehr geholfen. Bitte bleiben Sie bis auf Weiteres zu unserer Verfügung.“

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