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Im letzten Jahrzehnt ist die allgemeine Aufmerksamkeit für die Umwelt und dadurch auch für Pflanzen sehr gewachsen. Pflanzen sind für das Leben fast aller Lebewesen eine unerlässliche Vorbedingung. Sie versorgen mit Nahrung, Heilmitteln, Behausung und Treibstoff. Pflanzen haben mich seit meiner Kindheit interessiert. Als ich älter wurde, wollte ich auch deren Namen wissen. Später, durch mein Studium, faszinierte mich die weltweit anerkannte lateinische Benennung und wie die Pflanzen zu ihren Namen kamen. Als Inhaber eines Blumengeschäfts macht man naturgemäß mit vielen Blumenhändlern aus verschiedenen Ländern Bekanntschaft, wo auch sehr viele nur lokal bekannte Pflanzennamen verwendet werden. Bei Gesprächen mit Händlern oder Kunden kam es zu Verwechslungen, da leider viel zu oft im Handel Pflanzen unter verschiedenen Fantasienamen angeboten werden. Ärgerlich war es, wenn ich mich nicht über Pflanzen verständigen konnte, weil die weltweit anerkannten Namen nicht verwendet oder nicht erkannt wurden, noch ärgerlicher, wenn bei Bestellungen Händler mich bei der Aussprache eines Pflanzennamens korrigierten. So kam ich auf die Idee eine kurze, leicht verständliche Einführung in die Kunst der Pflanzenbenennung zu schreiben. Beim Schreiben fielen mir auch ernste Fragen zum Thema Pflanzen ein, zum Beispiel die Genmanipulation, und die unendliche Diskussion über die Evolution, zu der ich eigene Gedanken beitrug.
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Seitenzahl: 81
Veröffentlichungsjahr: 2022
Anton Berta Dora Puchstaber
Veilchennuss und Palmenbohne
Copyright: © 2022: Nasr Abdalla
Verlag und Druck:
tredition GmbH
Halenreie 40-44
22359 Hamburg
Softcover
978-3-347-63918-8
Hardcover
978-3-347-63919-5
E-Book
978-3-347-63920-1
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Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek:
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Nil tam difficile est, quin quaerendo investigari possiet
Vorhang
Bücher fangen sehr oft mit einem Vorwort an.
Nicht alle Schriftstücke, die in Buchform gebunden sind, sind auch Bücher.
Wer immer so viel Geduld aufbringt dies zu Ende zu lesen, wird sich denken:
„Und wegen ein paar Pflanzennamen so ein Theater“
Genau das ist es, ein Theater.
Ein Theater hat kein Vorwort, sondern einen Vorhang.
Also:
Vorhang auf!
Wie die Pflanzen zu ihren Namen kamen
Voraussetzung
Ich möchte voraussetzen, dass jeder sich der Tatsache bewusst sein müsste, dass es ohne Botaniker und Botanik überhaupt keine Pflanzen auf dieser Welt gäbe.
Botaniker sammelten Unkraut und beschrieben es.
Nota bene: Unkraut.
Botaniker gaben ihm Namen.
Nur so entstanden die Pflanzen, so wie wir sie heutzutage kennen.
Und die Botaniker ruhten am siebenten Tag!
Inbegriff
Ein Name ist der Inbegriff einer Identität. Elfriede Jelinek. Johanna Dohnal. Helga Konrad. Heinz Fischer. Bruno Kreisky. Ludwig van Beethoven. Toni Polster. Hans Krankl. Wir wissen sofort und eindeutig von wem die Rede ist. Um etwas zu identifizieren, ob Mann, Frau oder sonst was, muss man den richtigen Namen verwenden. Dies gilt auch für Pflanzen. Es gibt nichts was keinen Namen hat, d.h. was keinen Namen hat existiert einfach nicht. In den Urwäldern der Welt (wie lange werden die noch existieren?) gibt es tausende von Pflanzen, die für uns nicht existent sind, weil sie noch keinen Namen haben.
Erkenntnis
Eine bekannte Möbel-Firma hat dieses erkannt, alles was die Firma verkauft hat einen Namen. Ob Tisch, Stuhl oder Bett, sogar die einzelnen Schrauben haben einen eigenen Namen. Die Zeiten, wo Sven oder Knut Männer waren, sind schon lange vorbei. Heute könnte Knut ein Schrank oder ein Tisch sein (vielleicht auch ein junger Eisbär) und Sven vielleicht ein Bettvorleger oder sogar eine Klomuschel.
Verhandlungen
Wie wichtig Namen sind, zeigt die Tatsache, dass vor nicht allzu langer Zeit, Namen Gegenstand sehr ernsthafter internationaler Verhandlungen waren. Österreichs Beitritt zur EU ist fast an der Frage gescheitert, ob wir unsere Marillenmarmelade weiterhin Marmelade nennen dürfen oder nicht.
Triumph
Einer der größten Triumphe, die wir damals feierten war, dass wir unsere Marillenmarmelade weiterhin Marmelade nennen dürfen und nicht Konfitüre.
Topfen
Und unseren Topfen dürfen wir weiterhin Topfen nennen!!
Also, Topfen.
Graus
Als Blumenhändler und Florist, habe ich das Glück gehabt nur ausgesprochen nette Kolleginnen und Kollegen zu haben. Als Botaniker habe ich da ein paar winzig kleine Problemchen gehabt, weil im Handel sich leider Namen und Begriffe durchgesetzt haben, die für einen Botaniker ein „Graus“ sind.
Auf die Palme
z.B. „Madagaskar Palme“, „Yucca Palme“ oder „Cycas Palme“. Keine von den genannten Pflanzen ist botanisch gesehen eine Palme. Und warum Sie nicht schlicht und einfach Yucca, Pachypodium oder Cycas heißen sollen, ist für einen Botaniker gar nicht klar.
Yucca elephantipes. Vielleicht zeigt das Bild warum „elephantipes“. Fernitz
Phoenix canariensis (eine „echte“ Palme) in Loja, Andalusien, Spanien
Der Verwalter
Schließlich nennen wir nicht alle Verwaltungsbeamten Herr Meier, und nicht alle, die mit Mehl zu tun haben, Herr Müller. Natürlich sagen wir zu Filomena – Filo, zu Christine – Christl, zu Alfred – Fredi, oder zu Michael – Mike, aber eben nur im Bekanntenkreis und nicht um die Person Unbekannten gegenüber zu identifizieren.
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Rätsel 1
Meinetwegen können wir zu Kalanchoe auch „flammendes Käthchen“ sagen, wenn wir wissen wovon wir reden, aber warum „flammendes Käthchen“ leichter zu merken ist als „Kalanchoe“ ist mir ein Rätsel. Wie überhaupt vieles mir ein Rätsel ist, aber das nur nebenbei.
Woart amol
Oba woart amol, do hob i kürzlich in ana Graza Tageszeitung von oan (ich zitiere) „flammendes Kätzchen“ gelesen. Merke: „Kätz-chen.“ Was ist jetzt? Heißt diese Pflanze „Flammendeskäthchen“ „Flammendeskätzchen“ oder gar „Flammendeskästchen“? Oder vielleicht doch „flammendes Käthchen“?
Wer kann uns da schlüssige Auskunft geben?
Inspiration
Diese Tageszeitung, mit sehr großer Verbreitung, ist immer wieder eine Quelle der Inspiration. Neulich war in einem Artikel über eine durchaus sehenswerte Gartenanlage zu lesen: “Robinea Fresia, die gelb blühende Akazie….“ Man (ich spreche in erster „Linea“ von mir selbst) würde heutzutage erwarten, dass jede/r der einen Artikel in der Zeitung schreibt, Zugang zu einem PC mit Internetanschluss hat, und nur „Robinea Fresia einzugeben braucht, um als Antwort die Frage zu bekommen: „Meinten Sie: Robinia frisia“
Feilschen
Um ein verwirrendes Beispiel zu klären, wird es notwendig sein, ausführlich um „Feilchen“ zu feilschen. Nebenbei gesagt, es ist dies (das Feilschen), ein beliebter Zeitvertreib von Orientalen.
Feilchen 1
Usambara Veilchen. Veilchen? Im Ernst? Dabei klingt der Botanische Name dieser Pflanze urchristlich und richtig distinguiert Saintpaulia jonantha! (mit dem „urchristlich“ stimmt es leider nicht, sie ist nach einem Baron Saint-Paul Hilaire benannt, und nicht nach dem Apostel Paulus). Tut der Sache aber überhaupt keinen Abbruch, der Name klingt weiterhin sehr distinguiert. Saintpaulia jonantha gehört zu der Familie Gesneriaceae, eine Familie, aus der sehr viele Zimmerpflanzen stammen, z.B. Gloxinia oder Streptocarpus.
Feilchen 2
Alpenveilchen, Cyclamen. Schon wieder ein Veilchen? Cyclamen gehört(e) in die Familie Primulaceae, also richtiger wäre es, wenn wir diese Pflanze „Alpenprimel“ nennen würden.
Feilchen 3
Das Stiefmütterchen (Viola wittrockiana) wäre berechtigt zu den „Veilchen“ zu zählen. Viola wittrockiana ist aus der Kreuzung von 3 verschiedenen „Veilchen“ Arten entstanden, und zwar aus der Kreuzung zwischen V. altaica, V. lutea und V.tricolor. Es gehört zur Familie Violaceae.
Rätsel 2
Also 3 Pflanzen aus 3 verschiedenen Familien mit der Bezeichnung „Veilchen“ Warum alle Veilchen heißen müssen ist mir ein Rätsel. Aber wie ich schon sagte, überhaupt Vieles ist mir ein Rätsel.
Ad absurdum I
Der Zweck der Namensgebung wird durch die beliebige Verwendung eines Namens ad absurdum geführt.
Täler
Wie sind die Pflanzen überhaupt zu ihren Namen gekommen? Natürlich gaben und geben alle Menschen den Pflanzen Namen, die sie in ihrer Umgebung finden. Und so entstanden für eine Pflanze viele verschiedene Namen. Sogar in benachbarte Täler gibt es für dieselbe Pflanze oft verschiedene Namen.
Illtal: Bludenz und Nachbardörfer aus Bürserberg
Nil
Im Nil Tal haben meine Vorfahren schon vor 6000 Jahren mit der Dokumentation ihrer Beziehung zu Pflanzen angefangen. Allerdings ist diese Dokumentation relativ massiv ausgefallen.
Grabkammerbemalung aus Theben
„Ägypten Die Welt der Pharaonen“
Herausgegeben von Regine Schulz und Matthias Seidel
Könemann Verlag ISBN 3-89508-941-3
Antike
Schon sehr früh begannen Pflanzen interessierte Menschen zu versuchen, Pflanzennamen zu vereinheitlichen und zu katalogisieren, um die Vielzahl der Pflanzen in übersichtliche Gruppen zusammen zu- fassen. Bekannt sind uns Theophrastos und Dioskorides mit seinem prachtvoll bebilderten Buch.
Dioskorides. Faksimile Ausgabe. ADEVA.
(Akademische Druck- u. Verlagsanstalt. Graz)
Die arabische handschriftliche Eintragung auf der abgebildeten Seite würde in der Übertragung „Kyklaminos“ heißen. Die Zeichnung zeigt allerdings eine in der Natur unmögliche Kreuzung zwischen Cyclamen und Hedera (Efeu)
Bezeichnenderweise trägt das Werk den Namen „Materia Medica“, und wie viele andere, die sich in der Antike mit Pflanzen befasst haben, war Dioskorides ein Arzt (so auch Theophrastos).
Orakel
Es gab natürlich verschiedene Zugänge zur Einordnung der Pflanzen.
Die erste Triebfeder für das Befassen mit Pflanzen war zweifellos deren Nutzen als Nahrungsmittel, Heilkräuter, Lieferanten für Brennstoffe und Baumaterial.
Die Verwendung als Orakel für die Liebe (liebt er mich, liebt er mich nicht) muss erst später in der Geschichte der Menschheit dazu gekommen sein.
Liebesorakel
Muliar
Wie viele Forscher behaupten, waren es die Frauen, die die Landwirtschaft gründeten und dies bedeutet, sie haben sich sicher intensiv mit den Pflanzen in ihrer Umgebung befasst; mit deren praktischen Nutzen.
Vorbehalten
Die angenehme Aufgabe über die Pflanzen zu sinnieren, statt sich mit der harten Arbeit der Nahrungsbeschaffung zu beschäftigen, blieb den Männern vorbehalten. Während die Frauen die Felder bestellten, das Getreide ernteten und Brot buken, saßen die Männer unter den Bäumen und machten sich Gedanken über die Pflanzen.
Hobby
Und so kam es, dass ein Herr Linnaeus, (Schwede) auch Linné genannt, J. Bauhin und DeCandolle (beide Schweizer), Leonhard Fuchs (Deutscher), Jussieu (Franzose) und viele andere, inzwischen in den entsprechenden Fachkreisen mehr oder weniger berühmte Männer Zeit hatten, einem Hobby nachzugehen und Pflanzen zu sammeln und diese zu benennen und dann in Systeme zusammenzufassen.
Taxa
Die Kriterien für die Einordnung der Pflanzen in „Gruppen“ (in der Botanik Taxa genannt) änderten sich mit der Zeit, nicht weil neue Moden entstanden sind, sondern weil die Forscher neue Erkenntnisse erlangten.
Marlene
Sehr verkürzt dargestellt: zuerst nahm man oberflächliche Eigenschaften wie z.B. die Fähigkeit Wasser zu speichern als Kriterium und fasste Pflanzen, die aus den verschiedensten Familien stammen (wie wir heute wissen) zusammen in eine Gruppe: die Sukkulente. Mit der Zeit entdeckte man, dass es unter bestimmten Gruppen von Pflanzen eine gemeinsame Abstammung geben muss und dass morphologische Ähnlichkeiten nur umweltbedingt sind, und gar nichts mit dieser gemeinsamen Abstammung zu tun haben.
Johann ist klein und dick, Marlene ist groß und schlank, sie sind Geschwister. Friedhelm ist klein und schlank und trotzdem mit keiner von beiden verwandt. (Die dargestellten Personen sind reine Erfindung und haben keinen wie immer gearteten Bezug zu lebenden Exemplaren ihrer Art!)
Apo & Vita
Es gibt wasserspeichernde Arten bei sehr vielen Familien. Cactaceae, Euphorbiaceae, , Crassulaceae, Saxifragaceae, Agavaceae, Liliaceae, Apocynaceae, Asteraceae, Vitaceae, usw. usw.
Die Fähigkeit Wasser zu speichern ist genau so ein gutes oder genau so ein schlechtes Kriterium, um diese Pflanzen in eine Gruppe zusammenzufassen, wie wenn man als Kriterium die Blütenfarbe nehmen würde und alle gelb blühenden Pflanzen in eine Gruppe, alle blau blühenden in eine andere und alle rot blühenden in eine dritte Gruppe zusammenfassen würde. Natürlich hat dies unter entsprechenden Bedingungen auch eine Berechtigung, z.B. als Bestimmungshilfe.
System I