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Mit der Erfindung des iPhones hat Apple alle zuvor erfolgreichen Handys binnen weniger Jahre vom Markt gefegt. Mit dem iPod und iTunes hat Apple die Musikwelt auf den Kopf gestellt. Mit dem iPad hat Apple eine völlig neue Produktkategorie aus der Taufe gehoben. Apple verkauft mehr Watches als die gesamte Schweizer Uhrenindustrie. Apple hat also bislang in allen Märkten, die das Unternehmen betreten hat, eine dominante Stellung erreicht. Was liegt daher näher als die Schlussfolgerung, dass der iKonzern mit dem Apple Car den Automobilmarkt ebenfalls an sich reißen wird? Doch die Reaktion der traditionellen Autohersteller auf diesen bevorstehenden Generalangriff erinnert an das Pfeifen im Walde. Sie haben den heute schon bekannten Angreifer Tesla im Visier. Sie freuen sich, wenn es ihnen gelingt, zu Tesla aufzuholen, oder gelegentlich sogar im einen oder anderen Detail Tesla zu überholen. Den wahren Angreifer - Apple - ignorieren sie. War da was? Diese Ignoranz Apple gegenüber wird die Automobilbranche teuer zu stehen kommen. Warum das so ist, und was wir von Apple zu erwarten haben, hat eine Autorengemeinschaft der UNO-Denkfabrik Diplomatic Council in diesem Werk zusammengetragen.
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Seitenzahl: 309
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Dieses Buch ist Steve Jobs gewidmet, mit dem der Autor zu seiner Zeit bei Next Computer persönlich zusammenarbeiten durfte.
Vorwort
Das Ende das Motorola-Nokia-Marktes
Gesellenstück Tesla, Meisterstück Apple
Zeitgeist der Elektromobilität und der Digitalisierung
Autos wie Kinder
Auto ohne Lenkrad
Dramatischer Abschied von den „stinkenden Kisten“
Paradigmenwechsel
Computer, Musik, Uhren, Autos
IBM und Microsoft übernehmen von Apple
Rauswurf: Steve Jobs
We call it iPhone
Herbert Diess ist nicht Bundeskanzler
Das Apple Auto
Der Billionen-Markt
Wie der iKonzern die Autowelt verändern wird
Rechter Außenspiegel als die Innovation verkauft
Apple Watch einfacher als Mercedes, BMW, VW
Mangelnde Innovation, Missachtung der Kunden
Tesla, der amerikanische Neuling
Hektik in der Autoindustrie seit 2021
Apple ist ehrgeizig
Kindliche Freude im Vorstand der Autohersteller
Apple hat keine Ahnung – na und?
Connected Car – häufig ein Hohn
Service ist nicht gleich Service
Arroganz statt Kundenfokussierung
Apple greift sich die Märkte
„i“ ist out, Apple ist „in“
Apple holt auf, die Konkurrenz versagt
Autohersteller wie Nokia
Sensoren: die Augen und Ohren der neuen Autos
Auf dem Weg zur nächsten Generation
Sicherheit an erster Stelle
Apple verbindet Technologie und Lifestyle
Apples Oberklasse startet in den USA
Weniger Mechanik ist mehr
Laden neu gedacht
Das erste Apple Auto ist nicht perfekt
Die Fahrt von Hamburg nach Mailand
Apple ist farbig
Übersichtliche Modelle statt Ausstattungswahn
Netz statt Händlernetz
„One more thing“
Der Kunde im goldenen Käfig
Designed in California, made in China
Die Produktion des Apple Car
Auch Apple macht Fehler
Komplettversagen: Ladematte AirPower
Apple Car mit Fehlern
Geheimorganisation Apple
Leaker und der Erlkönig
Apple kommt spät und mit Macht
Das unfallfreie Auto
Woran Apple scheitern könnte
Ein unfähiger CEO übernimmt Apple
Ein neuer Wettbewerber verdrängt Apple
Apple hinkt bei Künstlicher Intelligenz hinterher
Apple verschläft einen Megatrend
Die Staaten gegen Apple
Apple und die Katholische Kirche
Die „Nokias“ der Auto-Welt
Tesla: Vorreiter für E-Mobilität
Nikola Tesla – Erfinder und Namenspatron
Elektromobilität im Jahr 1821
Erster Hybrid von Ferdinand Porsche
Tesla Roadster der Erste und der Zweite
Auto mit Raumfahrtantrieb
Wie sauber ist E?
Warum E kaufen?
Hybride als Übergangslösung
Vom Nischendasein zum Massenmarkt
E-Antrieb auf dem Vormarsch
E-missionsfreies Fahren
VW auf Kriegsfuß mit dem VDA
VW fährt BMW und Mercedes mit E davon
VW Power-Day 2021
E wie Elektro, aber was ist mit I wie Intelligenz?
E-Wende bei Mercedes
BMW schwenkt auf E um
Tesla-Jäger BMW i4
Hyundai Ioniq 5 gegen VW ID.4
Tesla nicht unangreifbar
Tesla Masterplan Part Deux
Das autonome Automobil
Mehr Mobilität, mehr Assistenz
Autonomes Versagen
Der Fünfstufenplan zur Autonomie
Autonome Autos sind moralische Maschinen
Auto mit Gewissenskonflikten
Aggressiver Autopilot
BMW will Plattform für autonomes Fahren
Mercedes gibt sich selbstbewusst
Gewalt gegen Blech
Deutschland hinkt beim Autonom hinterher
Deutsche Autobauer siegesgewiss
Sedric heißt der neue VW
Hightech-Projekt Artemis
Projekt Apollon: VW und Audi arbeiten zusammen
Auto mit Satellitenanschluss
Digitalkonzerne schleichen sich ins Auto
Hilfe, es fehlen Chips… und Batterien und Software
Gesetze für autonomes Fahren
Automobile Sicherheit
Größer Hackerangriff auf die USA in der Krise 2020
Angriff auf die Impfstoffe
Sicherheit von Anfang an
Cybersecurity für Kraftfahrzeuge
Offene Software und Software-Updates
Autos werden die größten Datensammler der Welt
Google greift nach Daten, Apple schützt die Daten
Die autofreie Stadt
Stau 38-mal um die Erde
Die Vision von der autofreien Stadt
Das Umweltbundesamt träumt
Singapur gegen Tesla
Das Auto der Zukunft
96 Prozent Standdienst
Carsharing boomt
Das mobile Familienmitglied
Viel Geld für´s Kind
Vernetzung total
Wir werden bevormundet
Wem gehören die Daten des Automobils?
Trends der 2020er
Neues Design für die Generation E
Herausforderungen der deutschen Autoindustrie
2040 Autofahren nur noch mit Sondergenehmigung
Fliegende Autos
Über der Stadt: Flugtaxis
EASA bereitet Flugtaxis vor
Apples geheime Entwicklungsagenda
Die Apple Brille
Der Apple Roboter
Der Apple Chip in unserem Körper
Dr. Apple kümmert sich um unsere Gesundheit
Kontaktlinsen von Apple
Ausblick
Freiheit, Lust und Laune
Über die Autoren
Bücher im DC Verlag
Über das Diplomatic Council
Quellenangaben und Anmerkungen
Für Generationen standen die Markennamen Motorola und Nokia als Inbegriff einer damals völlig neuen Ära der Mobiltelefonie. Die heutige Generation kennt diese Namen überwiegend gar nicht mehr. Motorola ist untergegangen, Nokia weitgehend in der Bedeutungslosigkeit verschwunden. Die Ursache dafür lässt sich an einem einzigen Namen festmachen: Apple.
Mit der Erfindung des iPhones hat Apple alle zuvor erfolgreichen Handys binnen weniger Jahre vom Markt gefegt. Das iPhone hat den Markt für Mobilfunk völlig neu definiert. Es war eine Katastrophe für alle damaligen Marktteilnehmer und die Grundlage für den kometenhaften Aufstieg des Weltkonzerns mit dem angebissenen Apfel.
Der derzeitige Automobilmarkt weist unübersehbare Parallelen zu den letzten Motorola-Nokia-Jahren beim Mobilfunk auf. Während sich die traditionellen Automobilhersteller noch in der Hybris ihrer vermeintlichen Überlegenheit und ihrer Dominanz sonnten, genügte ein einziger neuer und innovativer Hersteller – Tesla –, um die angebliche „Creme de la Creme“ der Autoindustrie vorzuführen. Volkswagen, Daimler, BMW… sie alle waren noch mit den Folgen des Dieseldesasters beschäftigt, während Tesla sich anschickte, sie das Fürchten zu lehren. Seit Anfang der 2020er Jahren versucht die Garde der alteingesessenen Hersteller zurückzuschlagen. Die Vorstände von VW, Daimler und Co haben nämlich alle die Story vom Untergang Nokias gelesen und begriffen. Verzweifelt versuchen sie, zu Tesla aufzuschließen und können dabei sogar Achtungserfolge erzielen, die sie stolz der Öffentlichkeit präsentieren.
Doch der Maßstab für den Erfolg im Automobilmarkt der Zukunft wird mutmaßlich nicht Tesla heißen, sondern Apple. Und es stellt sich die Frage: Wenn sich die traditionellen Autohersteller schon schwer tun, beim „Gesellenstück Tesla“ mitzuhalten, wie soll es ihnen beim „Meisterstück Apple“ gelingen?
Dieser Frage geht das vorliegende Werk nach. Dabei genügt es nicht, das Auto nur als Produkt zu begreifen. Vielmehr geht es weit darüber hinaus auch um den Zeitgeist. Dazu gehört zweifelsohne der politisch motivierte Übergang vom Verbrennungsmotor zur Elektromobilität. Dazu zählt aber auch das unaufhaltsame Vordringen der Digitalisierung in alle unsere Lebensbereiche und damit auch ins Automobil. Ebenso ist die eng damit verbundene immer weiter um sich greifende Vernetzung ins Auge zu fassen. Und es wäre blauäugig, die sich häufenden Hackerangriffe im großen Stil zu übersehen, die unsere digitale Zivilisation zunehmend bedrohen. Darüber hinaus ist klar, dass das Auto der Zukunft nicht nur völlig neue Anforderungen an die Ingenieure stellt, sondern auch an den Gesetzgeber. Ein Auto, das ohne Fahrer selbstständig unterwegs ist, stellt in jeder Straßenverkehrsordnung ein Novum dar.
Zum Zeitgeist gehört vor allem auch das gesellschaftliche Umfeld. Der Gedanke, durch Elektromobilität statt der Verbrennungsmotoren die Umwelt zu schonen und den Klimawandel aufzuhalten, hat den Automobilsektor bereits einem fundamentalen Wandel unterzogen. Die klassischen Automobilhersteller haben erst 2021 ernsthaft begonnen, sich dieser Herausforderung zu stellen. Das ist sicherlich noch einige Jahre vor dem Markteintritt von Apple. Ob die Zeit bis dahin ausreicht und ob die traditionellen Autohersteller diese Zeit gut nutzen werden – das sind die Fragen, die sich zur Zukunft des Automobilmarktes stellen.
Beim Aufbruch zur neuen Autogeneration geht es indes keineswegs nur um den Antrieb, also die Umstellung vom Verbrennungs- auf den Elektromotor. Sondern es geht mindestens ebenso sehr um die Digitalisierung der Fahrzeuge. Leistungsfähige Prozessoren, neuartige Sensoren und vor allem Software mit Künstlicher Intelligenz stellen die Schlüsselkomponenten für die Autos der Zukunft dar. Die Digitalkonzerne, allen voran Apple, beherrschen alle diese Disziplinen mit hoher Perfektion. Natürlich hat Apple noch nie ein Auto gebaut. Aber der iKonzern hatte auch noch nie ein Smartphone, noch nie ein Tablet, noch nie eine Computeruhr und noch nie Kopfhörer gebaut, bevor er alle vier Märkte derart grundlegend aufrollte, dass er sie heute beherrscht. Das sollte zu denken geben – und diesen Gedanken lassen wir im vorliegenden Wert freien Lauf.
Andreas Dripke et al.
An diesem Werk haben zahlreiche namhafte Mitglieder der UNO-Denkfabrik Diplomatic Council mitgewirkt, vornehmlich durch fachliche, technische, visionäre, wissenschaftliche, gesellschaftliche und politische Beiträge. Das vorliegende Buch stellt in diesem Sinne ein Gemeinschaftswerk „et alii“ bzw. „et aliae“ dar. Diesen Gemeinsinn will die Autorengemeinschaft mit dem bibliografischen Kürzel „et al.“, also „und andere“, ausdrücken.
1,6 Milliarden Fahrzeuge gibt es rund um den Erdball. Jedes Jahr werden etwa 80 Millionen neue produziert – ungefähr so viele, wie Kinder jedes Jahr geboren werden.1 Sie alle, die Wagenbesitzer und die Kinder, werden von der anstehenden automobilen Revolution betroffen sein.
Das Auto der Zukunft wird nicht einfach ein Wagen sein wie wir ihn heute kennen, nur mit einem E-Motor statt einem Benzin- oder Dieselmotor. Bei der Software wird es sich nicht einfach um verbesserte Assistenzsysteme handeln wie sie derzeit schon in vielen Wagen üblich sind. Sondern es wird grundlegend anders sein und in ein völlig anderes Ökosystem eingebettet sein. Man mag an den Unterschied zwischen einem Tastenoder gar einem Wählscheibentelefon aus alten Zeiten und einem modernen Smartphone mit seiner App-Ökonomie denken – und sich dabei daran erinnern, dass sowohl das Smartphone als auch die App-Ökonomie im Grunde von einem einzigen Unternehmen erfunden wurden: Apple.
Es genügt vielleicht schon, sich ein Auto vorzustellen, das kein Lenkrad mehr besitzt, um sich die Implikationen der anstehenden Veränderungen zu verdeutlichen. Viele von uns beschleicht derzeit sicherlich ein mulmiges Gefühl, sich ein Auto auszumalen, das „niemand“ lenkt. Es erscheint uns sehr fraglich, ob wir uns in einem solchen Wagen sicher fühlen würden. Viele werden sagen: Auf keinen Fall werde ich mich auf eine Fahrt in einem fahrerlosen Automobil einlassen. Doch genau das wird bald Realität werden. Und nach ein paar Jahren Eingewöhnung werden wir uns gar nicht mehr vorstellen können, in einen Wagen einzusteigen, der „nur“ von einem Menschen gefahren wird. Die Fahrt mit einem menschlichen Fahrer wird uns zu ungewohnt, zu unsicher und zu unbequem vorkommen. Selbst zu fahren wird in Zukunft zu einem Abenteuer, das nur noch auf eigens dafür vorgesehenen Pisten erlaubt sein wird, wie auf einem Abenteuerspielplatz. Der Normalfall wird das autonome Automobil sein, das eigenständig fährt und lenkt, das Routinearbeiten wie Laden, Abholen oder Hinbringen selbstständig erledigt. Natürlich findet dieser Wandel nicht von heute auf morgen statt – aber unendlich lange wird diese Veränderung auch nicht dauern. Und es steht für jeden, der sich ernsthaft mit der Materie beschäftigt, außer Frage, dass Apple eine entscheidende Rolle bei dieser anstehenden automobilen Revolution spielen wird.
In diesem Sinne nehmen wir mit diesem Buch Abschied von einer Ära. So in etwa muss es gewesen sein als unsere Groß- und Urgroßeltern den Wandel von der Kutsche zum Automobil erlebten, wie es der Schriftsteller Hans Fallada in seinem Roman „Der eiserne Gustav“ so anschaulich und melancholisch beschrieben hat.2
Die „stinkenden Kisten“, die man mit röhrendem Sound durch die Gegend „heizen“ konnte, nähern sich ihrem Ende. Es ist ein dramatischer Abschied, wie das Dieseldesaster mit seinem Netz aus Lug und Betrug auf beinahe schon tragische Weise zeigte. Die meisten von uns gehören zu den Betroffenen, denn wir fahren noch einen Benziner oder einen Diesel. Damit verbunden ist die Ungewissheit, wie lange man damit noch in welche Städte oder Regionen fahren darf. Wer schon mit einem E-Auto auf die neue Seite gewechselt ist, kämpft dort vermutlich mit den Herausforderungen einer Technologie, die noch am Anfang steht. Die Frage nach der verbleibenden Reichweite ist im aktuellen E-Zeitalter wie ein Damoklesschwert, das über jeder längeren Reise schwebt. So oder ähnlich werden unsere Groß- und Urgroßeltern ihre Anfänge mit dem Automobil erlebt haben.
Es kann keine ernsthaften Zweifel geben, dass wir alle diese Herausforderungen überwinden werden auf dem Weg in eine neue automobile Gesellschaft. Der Übergang vom Verbrennungs- zum E-Motor markiert allerdings nur den ersten Teil der Reise ins neue automobile Zeitalter. Der zweite Teil wird durch die vollständige Digitalisierung des Automobils in jeder Facette, durch autonomes Fahren und durch völlig neue Erlebnisse für den Reisenden und ebenso neue Geschäftsmodelle für die Hersteller geprägt sein. Der iKonzern Apple wird beide Teile zusammenfassen und in den nächsten Jahren seine Vorstellung von der Zukunft der Automobilindustrie präsentieren. Im Vergleich zu der Revolution, die dann auf uns zukommt, stellt der Übergang vom Verbrenner zum Elektromotor nur eine vergleichsweise kleine Veränderung dar.
Der erste Teil ist in etwa vergleichbar mit dem Übergang von Handys, mit denen man nur telefonieren konnte und die nur eine Zifferntastatur aufwiesen, zu den späteren Generationen, die als Vorläufer heutiger Smartphones die elektronische Kommunikation beherrschten und dazu mit alphabetischen Plastiktastaturen im Miniaturformat ausgestattet waren. Der zweite Teil entspricht in diesem Bild dem Übergang von den Plastik-Keyboards mit Kleinstbildschirm zum iPhone als Vorreiter eines völlig neuen Erlebnisses für den Kunden mit einem großen Bildschirm und einer durch Software simulierten Tastatur, die je nach Situation dynamisch angepasst wird.
Apple hat mit dem iPhone einen Paradigmenwechsel im Mobilfunkmarkt herbeigeführt. Vieles deutet darauf hin, dass dem iKonzern ein ähnlicher Paradigmenwechsel in der Automobilindustrie gelingen wird.
Am 1. April 1976 wurde die Firma Apple Computer in der kalifornischen Kleinstadt Cupertino (rund 60.000 Einwohner) offiziell aus der Taufe gehoben. Die beiden Gründer Steve Jobs und Steve Wozniak verband die Idee, eine völlig neue Generation von Computern zu entwickeln, die so kompakt und einfach zu bedienen sein sollten, dass sie für mehr oder minder jedermann verfügbar waren.3 Der Begriff Personal Computer, geschweige denn die Abkürzung PC, war damals noch nicht erfunden, aber es markierte den Beginn der PC-Generation. Ein Computer für jedermann war damals eine Revolution; zuvor waren Computer so groß wie ein heutiger Kompaktwagen gewesen, noch ein paar Jahrzehnte weiter zurückliegend so groß wie ein Einfamilienhaus. Die beiden Steves waren damals nicht die Einzigen. Vielmehr lag die Idee eines kleineren Computers auf Basis der damals neu aufgekommenen Mikroprozessoren augenscheinlich in der Luft. So war Apple Computer nur ein Anbieter unter einer ganzen Reihe von PC-Herstellern – und nicht der erfolgreichste.
Es glich einem Paukenschlag in der PC-Branche, als IBM, der unbestrittene Marktführer bei den zuvor üblichen Großcomputern, am 12. August 1981 einen eigenen IBM PC auf den Markt brachte.4 Der Plan war klar: Der bis dato weltgrößte Computerhersteller wollte seine dominante Position mit aller Macht in die neu aufkommende PC-Ära hinüberretten. Um den Markteinstieg zu beschleunigen, holte sich IBM die Mikroprozessortechnologie von damaligen Prozessorpionier Intel und die notwendige Basissoftware, das PC-Betriebssystem, von der zu dieser Zeit noch wenig bekannten Softwareschmiede Microsoft. In der Eile übersah IBM indes die Cleverness des Microsoft-Gründers Bill Gates und beging einen Kardinalfehler: IBM erlaubte Microsoft das für den IBM PC vorgesehene Betriebssystem MS-DOS (Microsoft Disk Operating System, weil alle PCs damals von einer Diskette aus gestartet werden mussten) auch an andere Hersteller zu lizensieren. Dadurch entstand binnen weniger Jahre eine ganze Phalanx von PC-Klons, Personal Computern, die dem IBM PC sehr ähnlich waren, und vor allem alle für die IBM-Rechner programmierte Software ebenfalls mühelos verarbeiten konnten. In dem Kampf zwischen IBM und den Klons wurde Apple Computer weitgehend zerrieben. IBM gab den Standard im PC-Markt vor, die Klons lieferten sich ein Wettrennen und immer preiswertere Rechner auf Grundlage eben dieses Standards und die Computer von Apple gerieten ins Abseits. Apple kam ins Straucheln und verlor seine strategische Ausrichtung. Einzig Steve Jobs schien zu dieser Zeit klar gewesen zu sein, dass nur bahnbrechende Innovationen das von ihm mitgegründete Unternehmen zu retten vermochten. Doch die Firma Apple Computer war längst eine Aktiengesellschaft geworden und die beiden Gründer besaßen nicht mehr die Mehrheit am Unternehmen. Jobs‘ Innovations-Eskapaden schienen zusehends zur Belastung für Apple Computer zu werden.
Im September 1985 wurde Steve Jobs aus seinem eigenen Unternehmen geworfen.5 Der umtriebige Unternehmer blieb nicht tatenlos. Er kaufte 1986 die Animationsfirma Pixar, mit der er die Filmbranche revolutionierte; Pixar lieferte zunächst die Hardware und Software zur Erstellung computeranimierter Filme und brachte später in Kooperation mit Disney zahlreiche Kassenschlager in die Kinos. Der Film „Toy Story“ brache alle Rekorde. Er spielte mehr als 360 Millionen Dollar ein, wurde für zahlreiche Preise nominiert und gewann einen „Sonderoscar“ als erster vollständig animierter Spielfilm der Welt. Nur wenig später ging Steve Jobs mit Pixar an die Börse; 2006 übernahm Disney das Unternehmen. Noch heute dominiert Pixar den Bereich der computeranimierten Spielfilme.6 Diese Erfolgsstory sondergleichen ist umso bemerkenswerter, als Pixar für Steve Jobs eher ein beiläufiges Engagement darstellte. Dennoch – obgleich es vor allem ein Hobby war – gelang es Jobs, den ins Auge gefassten Markt grundlegend zu verändern und nachhaltig zu dominieren. Nun ist die heutige Firma Apple nicht gleichzusetzen mit dem am 7. Oktober 2011 verstorbenen Firmengründer, aber es kann kein Zweifel daran bestehen, dass Steve Jobs die DNA von Apple bis heute maßgeblich prägt und sein Nachfolger Tim Cook im Geiste Jobs agiert. Die dahinter steckende Idee, einen Markt derart zu revolutionären, dass er sich fundamental verändert und Apple eine anhaltende dominante Position sichert, wird auch das Maß des Handels beim Eintritt in den Automobilmarkt darstellen.
Das Herzblut von Steve Jobs nach seinem Rauswurf bei Apple floss 1985 nicht in Pixar, sondern in eine im selben Jahr von ihm gegründete neue Firma mit dem bezeichnenden Namen Next. Nach seinem Scheitern bei Apple Computer wollte er mit Next die nachfolgende Computergeneration entwickeln.7 Jobs war damals längst klar, dass die Innovationskraft in der Computerbranche maßgeblich von der Software bestimmt wurde. Daher konzentrierte er sich bei Next darauf, eine neue Generation von Basissoftware – Betriebssystem genannt – zu entwickeln, die vor allem auf eines zielte: Computer sollten intuitiv bedienbar sein. Ohne Nachzudenken sollte für den Benutzer stets klar sein, was zu tun ist, um ein von ihm gewünschtes Ergebnis zu erzielen. Diese Fokussierung auf die intuitive Bedienbarkeit, die Steve Jobs bei Next perfektionierte, ist tief in der DNA von Apple verwurzelt und wird Apple entscheidende Wettbewerbsvorteile im Automobilmarkt verschaffen.
Denn Steve Jobs blieb nicht lange bei Next. Apple war nach dem Abgang des Starinnovators immer mehr ins Trudeln geraten und flehte Jobs in höchster Verzweiflung geradezu an, zurückzukehren. 1996 kaufte Apple Computer Jobs‘ neue Firma Next mitsamt Chef.8 Steve Jobs übernahm wieder das Ruder bei Apple und brachte den Computerhersteller mit einer Mischung aus technologischer Innovation, cleverem Unternehmertum und Lifestyle-Ausrichtung des Unternehmens wieder auf Kurs. Das bei Next entwickelte Betriebssystem übernahm Jobs kurzerhand für Apple und verschaffte den Computern des Apfel-Konzerns damit einzigartige Wettbewerbsvorteile. Zugleich hatte Jobs insbesondere durch seinen unternehmerischen Ausflug bei Pixar erfahren, dass es für die Computer- oder wie wir heute sagen würden für die Informationstechnologie noch völlig andere Einsatzgebiete gibt als „nur“ Computer. Die von Pixar hergestellten Animationsfilme waren schließlich deshalb so revolutionär und das Unternehmen so erfolgreich, weil es die neuartige Computerpower nutzte, um seine Filme schneller und besser herstellen zu können. Zuvor hatten Walt Disney und alle Trickfilmer nach ihm die Charaktere von Hand gezeichnet und Animateure hatten sie mit unzähligen Bildabfolgen zum Leben erweckt. Unter Jobs wurde dieser gesamte Vorgang mehr oder minder vom Computer übernommen; die Computeranimationen erlaubten zudem völlig neue Darstellungen, die zuvor selbst für den gewieftesten Handzeichner unmöglich zu realisieren waren. Diese Revolution der Animationsfilmbranche kam Apple zwar nicht direkt zugute, aber die Erfahrungen, wozu Computer alles gut sein konnten, nahm Jobs bei seiner Rückkehr zu Apple Computer mit.
Am 23. Oktober 2001 brachte Apple den ersten digitalen Musikplayer iPod zusammen mit der Musiksoftware iTunes auf den Markt.9 Der Schritt sollte die gesamte Musikbranche für immer verändern. Ein paar Jahres später, 2007, änderte das von den beiden Steves gegründete Unternehmen seinen Firmennamen: aus Apple Computer wurde Apple. 10 Der Zusatz Computer wurde ersatzlos gestrichen, weil die Firma ihren Unternehmenszweck weit über den Computermarkt hinausgehend erweitert hatte. Nicht nur der Computermarkt sollte mit revolutionären computer-basierten Innovationen aufgemischt werden, sondern Apple schickte sich an, weitere Märkte zu erobern.
Nur als Randnotiz, warum Apple eigentlich Apple heißt. Steve Jobs erzählte dazu: „Wir waren damals mit der Anmeldung unseres Firmennamens drei Monate im Verzug, und ich drohte, das Unternehmen ‚Apple Computer‘ zu nennen, falls bis fünf Uhr niemandem ein interessanterer Name einfällt. Ich hoffte, so die Kreativität anzuheizen. Aber der Name blieb. Und deshalb heißen wir heute ‚Apple. (…) Der Name klang freundlich, schwungvoll und nicht einschüchternd. Apple nahm dem Begriff Computer die Schärfe. Zudem würden wir künftig vor Atari im Telefonbuch stehen.“11 Atari gehörte in den Anfangsjahren der Personal Computer, noch bevor der Begriff PC überhaupt geprägt wurde, zu den schärfsten Wettbewerbern von Apple. Schon damals fand Apple also über die Innovationskraft hinaus Mittel und Wege, sich die Konkurrenz vom Leib zu halten. Steve Jobs sollte bis zu seinem Tod und Apple weit darüber hinaus immer wieder in die Trickkiste greifen, um Wettbewerber gezielt klein zu halten und dem Apfel-Konzern eine dominante Marktposition zu verschaffen. Viele dieser Tricks kamen im Rahmen von Gerichtsprozessen ans Licht, wenn firmeninterne E-Mails öffentlich einsehbar wurden. Es war schon damals und ist seitdem nicht nur die strahlende Innovationskraft, die Apple an die Spitze befördert hat, sondern der iKonzern versteht Unternehmertum offensichtlich so, dass sich eine Firme mit allen Mitteln nach vorne kämpfen darf. Als Android die Marktposition von Apple im Smartphone-Markt bedrohte, sagte Jobs: „Ich werde Android vernichten, weil es ein gestohlenes Produkt ist. Im bin bereit, hierfür einen thermonuklearen Krieg anzuzetteln.“ 12 Die gerichtlichen Auseinandersetzungen um Apples AppStore-Modell im Jahr 2021, bei dem andere Programmierer 30 Prozent ihrer über den Store erzielten Umsätze an den iKonzern abtreten müssen, verglich die gegnerische Anwältin Apple mit einem Autobauer, der jedes Mal 30 Prozent vom Preis beim Auftanken haben wolle.13 Der Vergleich war überzogen, aber er charakterisierte das unternehmerische Denken von Apple mehr als zehn Jahre nach dem Tod von Steve Jobs wohl recht treffend. Doch zurück ins Jahr 2007, vier Jahre vor Jobs Tod.
Mit den Worten „We call it iPhone“ stellte Steve Jobs am 29. Juni 2007 das erste iPhone vor und löste damit eine Revolution im Mobilfunkmarkt aus. Deutlicher formuliert: Das iPhone wurde zum Totengräber der Mobiltelefonbranche. Wer wollte sich schon mit einem Handy begnügen, wenn er für mehr oder minder das gleiche Geld ein Smartphone bekommen konnte.
Am 24. März 2007 präsentierte Steve Jobs der staunenden Öffentlichkeit mit den Worten „It’s like magic“ das iPad.14 Eine dünne Glasscheibe, in der sich ein Computer verbarg, und die dank Internet mit der ganzen Welt verbunden war. Das iPad läutete das allmähliche Ende der Zeitungsbranche ein. Warum sollte man eine gedruckte Zeitung mit den Nachrichten von gestern kaufen, wenn man am iPad zu jeder Zeit auf minutenaktuelle Nachrichten zugreifen konnte?
Apple ist das einzige Unternehmen, dass es jemals schaffte, auf der Rangliste der zehn meistverkauften Produkte weltweit zweimal aufzutauchen: mit dem iPhone und dem iPad.15
Dem ehemaligen finnischen Premierministers Alexander Stubb wird sinngemäß der Ausspruch zugeordnet: Apple hat die beiden größten Märkte Finnlands zerstört. Das iPhone hat unseren größten Handyhersteller Nokia in den Ruin getrieben. Das iPad hat die finnische Forstwirtschaft zu Boden geworfen, weil keine Bäume mehr benötigt werden, um daraus Zeitungen herzustellen.“ Wörtlich sagte der Regierungschef: „Paradoxerweise könnte man sagen, dass das iPhone Nokia umgebracht hat und das iPad die finnische Papierindustrie.“16 Es stellt sich die hypothetische Frage, ob eines Tages ein deutscher Bundeskanzler zu beklagen haben wird, dass Apple die über 100jährige Tradition der deutschen Automobilbranche an ihr Ende geführt hat.
Die Schweizer Uhrenindustrie befindet sich im Grunde gerade in dieser Situation. Apple hat 2020 mehr Computeruhren verkauft als die gesamte Schweizer Uhrenindustrie zusammen genommen. 17 Die Musikbranche, die Mobilfunkindustrie, die Forst- und Papierwirtschaft sowie die Zunft der Uhrmacher – keine dieser Branche hat vorausgesehen, von Apple überrannt zu werden. 80 Prozent der weltweiten Gewinne mit dem Verkauf von Smartphones und Tablets entfällt auf Apple. Selbst im Computermarkt, in dem Apple seine dominante Rolle über Jahre hinweg an die Wintel-Front abgeben musste, fuhr Apple 2020 noch 60 bis 70 Prozent aller mit dem Verkauf von Laptops erzielten Gewinne weltweit ein.18
Heute befindet sich die Automobilindustrie in einer Situation der „X Jahre“ vor dem Einstieg von Apple. Keiner weiß genau, für welche Jahreszahl das X steht, vermutlich kann es derzeit noch nicht einmal Apple-Chef Tim Cook auf das Jahr genau sagen.
Herbert Diess ist zwar nicht der deutsche Bundeskanzler, aber seit 2018 immerhin der Vorstandsvorsitzende des größten deutschen Autoherstellers Volkswagen. Ihm werden sinngemäß folgende Worte über Apple zugeschrieben, die er Anfang der 2020er Jahre gesagt haben soll: „Die haben sich schon vor rund zehn Jahren mit dem Thema beschäftigt. Nach ein oder zwei Fahrzeuggenerationen wird Apple dann relevante Marktanteile erobern.“19 Diese Prognose zeichnet sich durch Weitsicht und Kurzsichtigkeit zugleich aus: Apple wird vermutlich nicht nur relevante Marktanteile, sondern gleich den ganzen Markt erobern. Auf jeden Fall steht zu erwarten, dass Apple den Automobilmarkt ähnlich fundamental verändern wird wie zuvor die Mobilfunk-, die Musik- und die Uhrenindustrie.
Wird Apple im Markt für autonomes Fahren mitmischen? Mit Sicherheit, sagt die Mehrzahl der Experten. Apple-Chef Tim Cook erklärte dazu 2021 in einem Interview: „Die Autonomie an sich ist eine Schlüsseltechnologie. Mit etwas Abstand betrachtet ist das Auto in vielerlei Hinsicht ein Roboter. Ein autonomes Fahrzeug ist ein Roboter. Mal sehen, was Apple tun wird“. Auf die konkrete Nachfrage, ob Apple an einem Auto arbeite, ergänzte Cook: „Intern forschen wir an so vielen Dingen. Viele davon erblicken niemals das Licht der Öffentlichkeit. Aber ich sage nicht, dass diese Sache auch dazu gehört.“ 20 Eine klare Bestätigung klingt anders, ein Dementi aber auch.
Der Eintritt Apples in den Automobilmarkt ist deshalb so gewaltig, weil das Unternehmen abgesehen von der PC-Ära längst vergangener Tage noch in jedem Markt, den es betreten hat, eine maßgebliche Rolle gespielt, man könnte auch sagen, den jeweiligen Markt entscheidend geprägt: Smartphones, Tablets, Smart Watches… und künftig wohl auch Autos.
Anfang 2021 trugen über 100 Millionen Menschen eine Apple Watch am Handgelenk – mehr als die Modelle der gesamten Schweizer Uhrenindustrie zusammengezählt.21 Man kann also wohl davon ausgehen, dass Apple auch im Markt für autonomes Fahren eine Schlüsselrolle anstrebt.
2018 wurde bekannt, dass Apple schon seit 2015 an einem „Projekt Titan“ arbeitet: einem eigenen Auto, gelegentlich als iCar kolportiert. Unklar war lange Zeit, ob der iKonzern nur Funktionen für andere Autohersteller bereitstellen oder tatsächlich ein eigenes Auto auf den Markt bringen wollte. Zeitweise haben mehr als 1.000 Ingenieure in diesem Segment bei Apple gearbeitet.22
Anfang 2019 entließ Apple zwar rund 200 Mitarbeiter rund um das Projekt Titan. Aber das hing wohl damit zusammen, dass Apple die Ambitionen, ein eigenes Fahrzeug zu entwickeln, zurückstellte, um sich auf die Entwicklung der Technologie für autonomes Fahren zu konzentrieren. Denn der Innovationsschub besteht nicht darin, ein besonders schickes Auto herzustellen, auch nicht darin, es mit einem elektrischen Antrieb auszustatten (das war die Tesla-Innovation Jahre zuvor), sondern darin, ein Level-5-Auto zu bauen, also einen Wagen, der völlig autonom ohne Fahrer sein Ziel findet. Der Schlüssel dazu ist Künstliche Intelligenz (KI) und so wurde die Zuständigkeit für die Entwicklung des Apple Car 2020 zeitweise an den für KI zuständigen Topmanager John Giannandrea übergeben.23 Bereits im Sommer 2019 hatte Apple den Mobilitätsanbieters Drive.ai aufgekauft. 24 Wie der Firmenname andeutet – das „ai“ steht für Artificial Intelligence – geht es dabei um den Einsatz Künstlicher Intelligenz für die Fahrzeugsteuerung. Apple steht dabei im direkten Wettbewerb mit anderen Digitalkonzernen wie Google oder Amazon und natürlich auch mit den klassischen Automobilherstellern, die um ihr Terrain kämpfen. Zukäufe von Technologie-Startupfirmen wie Drive.ai gehören dabei für die Konzerne zum Alltag, um sich die Technologie und vor allem die darauf spezialisierten Ingenieure zu sichern.
Der entscheidende Wettbewerbsvorteil von Apple und anderen Digitalkonzernen gegenüber den traditionellen Autoherstellern liegt in der Software, verbunden mit neuartiger Hardware. Als Apple 2007 das erste iPhone vorstellte, hatte die Welt ein derartiges Gerät, das mit den Fingern auf einem Touchscreen bedient werden kann, noch niemals gesehen. Der Platzhirsch im Mobilfunkmarkt, Nokia, stand entzaubert dar und verlor binnen weniger Jahre seine dominante Rolle als führender Hersteller von Mobiltelefonen. Apple hatte nicht das Mobiltelefon verbessert, sondern mit dem Smartphone eine völlig neue Produktkategorie eingeführt, perfektioniert und dominiert. Die Angst von VW, BMW und Daimler Anfang der 2020er Jahre bestand darin, auf den Spuren von Nokia zu wandeln, ohne es zu merken oder sich wehren zu können.25 Das Apple Car ist sicherlich nicht „einfach nur ein neues Auto“, sondern eine Zäsur für den Markt. Bei allen vorherigen Produktkategorien, die Apple erobert hat, war es stets eine besonders enge Verzahnung von Hardware und Software, die zu den entscheidenden Wettbewerbsvorteilen führte. Das Apple Car wird keine Ausnahme darstellen. Bei der Hardware mag Apple teilweise auf externe Hilfe zurückgreifen wollen – 2021 wurden Fertigungskooperationen mit zahlreichen namhaften Automobilherstellern von BMW bis Hyundai kolportiert –, doch bei der Software und dem Zusammenspiel beider Komponenten wird Apple zweifelsohne neue Wege gehen. Es könnte zu einem „iPhone-Moment“ für die Autoindustrie kommen – große Marken könnten genauso hinweggefegt werden wie Nokia, einst gefeierter Weltmarktführer der Mobilfunkbranche, der den Sprung in die nächste Generation verpasste.26
Die Investitionen in die nächste Autogeneration scheinen gut angelegt, weil der Zukunftsmarkt nicht etwa auf Milliarden, sondern auf Billionen geschätzt wird. Allein im Marktsegment der Robotertaxis wird ein Volumen von über zwei Billionen Dollar bis 2030 veranschlagt.27
Apple hat bei seinem Einstieg in den Automarkt mit Sicherheit nur eines im Sinn: das beste Automobil zu bauen, das vorstellbar ist. Dieses Ziel, das beste Produkt in einer Produktkategorie zu entwickeln, hat Apple seit Jahren bei allen Neuentwicklungen im Auge gehabt – es darf als sicher gelten, dass der Apfelkonzern dieses Prinzip beim Apple Car nicht aufgeben wird. Und Apple wird die Maxime „nur das Beste“ mit einer Konsequenz verfolgen, die die traditionellen Hersteller in vielerlei Hinsicht überraschen wird. Allein im ersten Jahr nach Apples Start des Autoprojekts „Titan“ sollen mehr als eine Milliarde US-Dollar in die Vorbereitungen geflossen sein. Allein für den Fahrsimulator wurden Experten zu Rate gezogen, die zuvor Achterbahnen für die Freizeitparks von Disney konstruiert hatten. Was ist der Auslöser der Reisekrankheit beim Autofahren, wie lassen sich Bedienoberflächen im Inneren verwirklichen, die erst bei Berührung sichtbar werden, wie lassen sich Hologramme im Inneren darstellen…28 Apple ging schon in den Anfangszeiten der Autoentwicklung Fragestellungen nach, die die traditionellen Automobilhersteller nicht einmal kannte, geschweige denn beachteten.
Dabei ging es nicht nur um Design, sondern auch um Funktionalität und vor allem um Innovation. Beides sind nicht gerade die Königsdisziplinen der herkömmlichen Autohersteller.
Bedenken wir: Es ist die Branche, die über Jahrzehnte hinweg einen rechten Außenspiegel als die Innovation schlechthin angepriesen und gegen einen saftigen Aufpreis verkauft hat – bis sie vom Gesetzgeber gezwungen wurde, ihn serienmäßig zu montieren. Es ist dieselbe Branche, die die Lüftungsschlitze für Fahrer und Beifahrer alle paar Jahre von rund auf eckig geändert und ihren Kunden jeweils als Zeichen von Modernität verkauft hat. Es sind die Hersteller, die neue Generationen immer wieder dadurch markiert haben, dass die Scheinwerfer einmal einzeln zu sehen und einmal hinter einer Glasabdeckung versteckt waren. Es sind die Anbieter, die noch immer für mehrere Tausend Euro eingebaute Navigationssysteme verkauft haben, als Apple, Google und diverse Softwarehersteller schon längst Navigationsprogramme fürs Smartphone für unter 100 Euro oder gar kostenlos ausgeliefert haben. Statt mit Innovationen auszufahren, hat die Branche der fremden Navisoftware den Zugang zum Headup-Display in der Windschutzscheibe verweigert; wer diesen Komfort nutzen wollte, musste zwangsläufig auf die völlig überteuerten Navigationsangebote der Autohersteller zurückgreifen. Und das sind nur einige wenige Beispiele für die Innovationsunfreudigkeit der Autohersteller und ihre Versuche, sich gegen externe Innovationen zu stemmen.
Bei vielen Modellen von Mercedes, BMW oder VW, die mit Apples CarPlay ausgerüstet waren, war es teilweise einfacher, die Musiksteuerung über eine Apple Watch zu kontrollieren als sich durch die undurchsichtigen Menüs des Wagens zu hangeln. Hatte man das iPhone mittels Kabel mit CarPlay verbunden, tauchte das Musikmenü automatisch auf der Smartwatch auf: Doppelpfeil nach links, um zum vorherigen Lied zu gelangen, Doppelpfeil nach rechts, um einen Song nach vorne zu springen, einfacher Pfeil bzw. Quadrat, um die Musikwiedergabe zu starten bzw. anzuhalten. Einfacher geht es nicht – wohlgemerkt, auf der Apple Watch, nicht im Bedienungskonzept des Wagens. So sah Mercedes beispielsweise jahrelang folgende Prozedur vor, um in dieser Situation ein Lied sagen wir nach vorne springen: Menüpunkt „Media“ anwählen (und dadurch ein anderes Menü wie „Navigation“ oder „Reise-Informationen“ zu verlassen), Auswahl der „Medienquelle“ – das alles im Bildschirmdisplay, dann weiter mit Rechts-Links-Knöpfen in der Mittelkonsole. Und auch das ist nur ein Beispiel für die vielen schwer nachvollziehbaren, häufig unsinnigen Bedienungskonzepte der Autobranche.
Die Bedienung der Automobile erinnerte jahrelang an Motorola beim Aufkommen des Mobilfunks: Der US-Konzern Motorola hatte zweifelsohne anfänglich die technisch ausgereifteren Funkgeräte aber die Bedienung war desaströs. Siemens, Sony und natürlich Nokia zogen an Motorola vorbei (zwischenzeitlich wurde Motorola von Google aufgekauft und im Grunde eingestampft) – bis Apple mit einem noch viel besseren Bedienungskonzept Nokia als Weltmarktführer ablöste. Wer damals mit Nokia-Mitarbeitenden sprach, bekam immer wieder im Vergleich mit Apples iPhone zu hören: „das können unsere Geräte schon längst“. Der Konzern hatte jahrelang nicht verstanden, dass es nicht nur darauf ankommt, eine bestimmte Funktion „zu haben“, sondern dass sie für die Kundschaft auch leicht und intuitiv benutzbar sein muss. Es war schon richtig, dass Nokia- Handys lange vor dem iPhone in der Lage waren, E-Mails zu empfangen und zu senden. Aber man musste eine Art Nokia-Experte sein, um die dazu notwendigen Menüpunkte – „Erweiterte Funktionen“, „Optionen“, „Datenübertragung“, „Senden“ bzw. „Empfangen“ – zu finden. Auf dem iPhone-Display war es das Symbol eines Briefes, auf das man einfach mit dem Finger draufklickte, um E-Mail zu senden und zu empfangen. Und auch dies ist nur ein einziges Beispiel für Dutzende von Funktionen, die bei Apple deutlich einfacher und komfortabler waren als beim damaligen Weltmarktführer Nokia.29 Nokias Marktanteile stürzten von 2007 bis 2012 von ungefähr 50 auf 3,5 Prozent. In nur sechs Jahren wurde die damals fünftwertvollste Marke der Welt so obsolet, dass ihre Handysparte 2013 schließlich von Microsoft übernommen wurde. Und nachdem selbst die Windows Phones keinen Erfolg hatten, war auch die Marke Nokia Ende 2014 Geschichte.30
Bezogen auf den Markteintritt von Apple in den Automobilmarkt bedeutet dies: Die traditionellen Hersteller haben über Jahrzehnte hinweg durch mangelnde Innovationskraft und unter weitgehender Missachtung der Nutzererfahrung für einen strikt am Kundenerlebnis orientierten Innovationstreiber wie Apple ein riesiges Scheunentor offen gelassen, um im Automarkt erfolgreich zu sein. Zu den größten „Innovationserfolgen“ der Traditionalisten zählt wohl eher die Schummelsoftware bei der Motorsteuerung, um Dieselfahrzeuge auf dem Prüfstand sauber erscheinen zu lassen, während sie auf der Straße als Dreckschleudern umherfuhren. Statt ihre Ingenieurskunst, ihre Innovationskraft und ihre Forschungsbudgets einzusetzen, um ihren Kunden ein besseres Produkterlebnis zu bescheren, hatten sich VW und Konsorten zusammengetan, um Kunden und Behörden gleichermaßen zu betrügen. Systematisch, skrupellos und über Jahre hinweg. Die VW-Tochter Audi erdreistete sich sogar noch, für ihren Betrug mit den Worten „Clean Diesel“ zu werben. Doch man mag einen einzelnen Kunden oder eine einzelne Behörde zeitweise erfolgreich belügen können, aber man kann nicht die ganze Welt auf Dauer betrügen, ohne dass es auffällt. Diese Binsenweisheit musste auch die Automobilhersteller erfahren: das Dieseldesaster ließ praktisch keinen der Hersteller verschont. Die Branche musste Milliarden an Schadensersatz bezahlen, Rückrufaktionen waren an der Tagesordnung. Reumütig gab sich die Branche indes eher nicht. Selbst nach Aufdeckung der geradezu ungeheuerlichen Taten sträubten sich die Anbieter, die betrogenen Kunden zu entschädigen oder gar Lösungen anzubieten. Das Rechtssystem in den USA machte Schadensersatzzahlungen zwar unerlässlich, aber in Deutschland, wo die Rechtslage weniger eindeutig war, kämpften die Hersteller um jeden Einzelfall vor Gericht. Mit moralisch mehr als fadenscheinigen Ausreden – der Kunde hätte den Wagen beim Händler gekauft, also müsse der für eventuelle Schäden einstehen, nicht der Hersteller –, mogelten sich praktisch alle deutschen Autohersteller um die Verantwortung herum. Ganz im Gegenteil wollte die Branche sogar noch ein Anschlussgeschäft aus ihren Betrügereien schlagen: Die Kunden sollten doch einfach ein neues Auto mit Verbrennungsmotor kaufen, das den neuen Abgasnormen genüge. Man muss schon sehr blauäugig sein, um der Branche nicht zu unterstellen, dass ihr zu diesem Zeitpunkt – in den Jahren 2015 bis 2020 – nicht längst klar war, dass der Verbrennungsmotor, ob Benzin oder Diesel, keine große Zukunft mehr vor sich haben würde. Sie hatte wohl eher eine mehrstufige Verkaufskette vor Augen: Der Kunde kauft den neueren Diesel oder Benziner, um sein Altauto, das zusehends mit Fahrverboten belegt wurde, zu ersetzen, fährt das wenige Jahre, und wechselt danach auf einen Wagen mit Batterieantrieb.31