Astronomie im Sachunterricht (E-Book) - Beate Blaseio - E-Book

Astronomie im Sachunterricht (E-Book) E-Book

Beate Blaseio

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Beschreibung

Dieses E-Book enthält komplexe Grafiken und Tabellen, welche nur auf E-Readern gut lesbar sind, auf denen sich Bilder vergrössern lassen. Astronomische Phänomene faszinieren und interessieren Kinder im Primarschulalter. Der Sachunterricht hat die Aufgabe, den Schülerinnen und Schülern einen bildungsorientierten Zugang zur Astronomie zu eröffnen. Das Buch bietet eine wissenschaftlich fundierte Astronomiedidaktik für die Primarschule. Es wurde ein praxisorientiertes Spiralcurriculum zur Astronomie für die Klassenstufen 1 bis 6 entwickelt, dessen  Bausteine von NMG-Lehrkräften direkt in ihrem Unterricht umgesetzt werden können.

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Beate Blaseio

Astronomie im Sachunterricht

Sachlernen in der Primarstufe – fachdidaktisch fundierte Praxis, Band 1

 

ISBN Print: 978-3-0355-2222-8

ISBN E-Book: 978-3-0355-2223-5

 

1. Auflage 2023

Alle Rechte vorbehalten

© 2023 hep Verlag AG, Bern

 

hep-verlag.com

Material:hep-verlag.com/astronomie-im-sachunterricht

Inhaltsverzeichnis

Material

Vorwort

1 Astronomische Bildung im Sachunterricht

1.1 Grundschulkinder und Astronomie

1.1.1 Interesse, Faszination und Motivation

1.1.2 Fragen der Kinder

1.1.3 Wissen der Kinder

1.1.4 (Fehl-)Vorstellungen und Animismen

1.1.5 Konsequenzen für den Sachunterricht

1.2 Grundschullehrkräfte und Astronomie

1.2.1 Wissen über Astronomie

1.2.2 Fachdidaktisches Wissen zur Astronomie

1.2.3 Tipps für Grundschullehrkräfte

1.3 Bildungswert der Astronomie

1.3.1 Gründe für die Astronomie als Bildungsinhalt

1.3.2 Astronomie in der Geschichte des frühen Sachlernens

1.4 Aktuelle curriculare Verankerung der Astronomie

1.4.1 Perspektivrahmen Sachunterricht

1.4.2 Lehrpläne in Österreich, der Schweiz und Deutschland

1.4.3 Astronomieunterricht nach der Grundschule

1.4.4 Kosmische Erziehung nach Maria Montessori

2 Fachdidaktische Prinzipien und Methoden

2.1 Prinzipien

2.1.1 Fragen und Vorwissen

2.1.2 Vielperspektivität

2.1.3 Fächerübergreifendes Lernen

2.1.4 Aktualität

2.1.5 Regionalität

2.1.6 Differenzierung und Inklusion

2.1.7 Weitere Prinzipien: Üben und exakte Begriffe

2.2 Methoden

2.2.1 Beobachten – mit und ohne technische Geräte

2.2.2 Außerschulische Lernorte und Originalbegegnung

2.2.3 Modelle

2.2.4 Modellversuche und Analogien

2.2.5 Digitales

2.2.6 Sachbücher

2.2.7 Philosophieren

2.2.8 Weitere Methoden

3 Fachwissenschaftliche Informationen für Lehrkräfte

3.1 Astronomie – was ist das?

3.2 Phänomene des Nachthimmels sortieren

3.3 Himmelsmechanik – alles dreht sich

3.4 Dimension des Weltalls – Raum und Zeit

3.5 Anfänge der wissenschaftlichen Astronomie

3.6 Astronomie heute

3.7 Raumfahrt

3.8 Empfehlungen für die weitere fachliche Einarbeitung

4 Inhalte und Kompetenzen des astronomischen Spiralcurriculums

4.1 Inhalte des Spiralcurriculums

4.2 Kompetenzen des Spiralcurriculums

5 Astronomische Unterrichtsthemen

5.1 Mond – Klassenstufe 1 oder 2

5.1.1 Zur Sache

5.1.2 Zur Didaktik

5.1.3 Themen

5.1.4 Mondentstehung

5.1.5 Fundgrube

5.2 Sonne, Erde und Mond – Klassenstufe 2 oder 3

5.2.1 Zur Sache

5.2.2 Zur Didaktik

5.2.3 Themen

5.2.4 Fundgrube

5.3 Sonnensystem – Klassenstufe 3 oder 4

5.3.1 Zur Sache

5.3.2 Zur Didaktik

5.3.3 Themen

5.3.4 Fundgrube

5.4 Sterne und Galaxien – Klassenstufe 3, 4 oder 5

5.4.1 Zur Sache

5.4.2 Zur Didaktik

5.4.3 Themen

5.4.4 Fundgrube

5.5 Geschichte der Astronomie und Raumfahrt – Klassenstufe 4, 5 oder 6

5.5.1 Zur Sache

5.5.2 Zur Didaktik

5.5.3 Themen

5.5.4 Fundgrube

6 Links und Tipps zur Astronomie in der Grundschule

7 Literaturverzeichnis

Über die Autorin

Material

hep-verlag.com/astronomie-im-sachunterricht

 

M1: Erzählung zur Mondentstehung

M2: Beobachtungsbogen – Mond

M3: Sonnenuhr

M4: Planetensteckbrief

M5: Seite für das Beobachtungslogbuch

M6: Saturnringe-Kreisel

M7: Parcours 1: Rund um den Polarstern (ganzjährig)

M8: Parcours 2: Winterhimmel

M9: Parcours 3: Sommerhimmel

M10: Die Himmelsscheibe von Nebra

M11: Porträtblatt Astronominnen und Astronomen

M12: Internationale Raumstation

Vorwort

Die Buchreihe Sachlernen in der Primarstufe – fachdidaktisch fundierte Praxis des hep Verlags verpflichtet sich mit ihren Themenbänden einer lernwirksamen Unterrichtspraxis für den Sachunterricht (Deutschland, Österreich) beziehungsweise das Fach Natur, Mensch, Gesellschaft (NMG) (Schweiz und Liechtenstein).

Die Bände der Reihe basieren auf dem aktuellen wissenschaftlichen Fundament der Sachunterrichtsdidaktik, richten die Themen für die Unterrichtspraxis aus und zeigen vielfältige Möglichkeiten der Umsetzung für die Klassenstufen 1 bis 6 auf.

Fachdidaktische, fachwissenschaftliche und unterrichtspraktische Perspektiven werden dabei systematisch aufeinander bezogen und münden in Unterrichtsanregungen, die den Ansprüchen der Sachunterrichtsdidaktik gerecht werden. So sind die Publikationen der Reihe Sachlernen in der Primarstufe – fachdidaktisch fundierte Praxis für Lehrende, Forschende und Studierende der Sachunterrichtsdidaktik gleichermaßen interessant.

Dieser Ansatz bildet sich auch biografisch bei allen Herausgeberinnen ab: Sie waren als Lehrerinnen in der Primarstufe tätig und sind heute in Forschung und Lehre der Sachunterrichtsdidaktik aktiv.

Der erste Band der Reihe widmet sich der Astronomie im Sachunterricht. Mit diesem Werk liegt nun wieder eine aktuelle Monografie zur Astronomie für die Grundschule auf dem deutschsprachigen Markt vor.

Kinder sind fasziniert von Themen wie Schwarze Löcher, Galaxien oder der Beobachtung des Mondes oder der International Space Station (ISS). Sie haben Fragen und staunen auch über die unvorstellbaren Größen, mit denen sie bei der Astronomie konfrontiert sind: Wer kann sich schon vorstellen, dass unsere Nachbargalaxie (Andromedagalaxie; siehe Buchcover) 2537000 Lichtjahre entfernt ist?

Grundschulkinder sind motiviert, sich mit astronomischen Inhalten zu beschäftigen und können Sachinteresse durch dieses Thema entwickeln – eines der wichtigsten Ziele des gesamten Faches. Neben staunend-visuellen und philosophischen Zugangsweisen bietet die Astronomie vor allem auch spannende naturwissenschaftliche Fragestellungen.

Entsprechend dem Konzept der Reihe zeigt dieses Buch auf, wie astronomische Themen fachdidaktisch fundiert, altersgerecht und damit lernwirksam von Primarstufenlehrkräften unterrichtet werden können. Für Studierende und Sachunterrichtsdidaktikerinnen und Sachunterrichtsdidaktiker ist zudem der aktuelle Stand der didaktischen Überlegungen zum Bereich der Astronomie für die Primarstufe besonders interessant.

 

Die Herausgeberinnen

Franziska Bertschy, Beate Blaseio, Julia Menger und Kerstin Schmidt-Hönig

1Astronomische Bildung im Sachunterricht

1.1Grundschulkinder und Astronomie

1.1.1Interesse, Faszination und Motivation

Kinder haben großes Interesse an Inhalten rund um das Thema Weltall und sind von astronomischen Phänomenen fasziniert. Diese Hinweise findet man sehr häufig in der astronomiedidaktischen Literatur: Es wird von Begeisterung für astronomische Inhalte bei Kindern gesprochen (Geffert 2011, S. 34; Köster 2003, S. 12) und von einer hohen Motivation (Köster 2006, S. 144; Vogel 2004, S. 5). Kinder staunen über astronomische Phänomene (Wittkowske 2016, S. 6; Hartmann 2006b, S. 22). Zudem wird eine hohe Emotionalität der Kinder bei diesem Thema beschrieben (Hartmann 2006b, S. 7). Das sind alles gute Gründe, warum in Ihrem Sachunterricht astronomische Themen nicht fehlen sollten.

Geffert (2009, S. 4) gibt für die Faszination der Kinder zwei Gründe an: Man kann Astronomie durch Beobachtungen selbst erleben (Primärerfahrungen) und die Bilder aus dem Weltall werden von ihnen als ästhetisch ansprechend wahrgenommen.

Die positive Haltung der Kinder gegenüber astronomischen Phänomenen sowie ihre Neugier (Neubert 2016, S. 32; Wittkowske 2016, S. 6) liegen auch an den unvorstellbar großen Dimensionen (Welz 2011, S. 8). Zudem existieren – im Vergleich zu anderen Sachthemen – viele offene Fragen, die auch von den Erwachsenen nicht (wie sonst oft) umfassend beantwortet werden können.

Es liegt bei astronomischen Phänomenen etwas Rätselhaftes vor, etwas, das Spannung bei den Kindern erzeugt, weil es neben der rein wissenschaftlichen Betrachtung auch philosophisch-existenzielle und ästhetische Zugänge gibt. Denn bei Kindern schließt die Auseinandersetzung mit der Astronomie auch die Suche nach der eigenen Identität mit ein und hilft ihnen, sich ihrer physischen Existenz auf der Erde bewusster zu werden (Brinkmann 2019, S. 168).

1.1.2Fragen der Kinder

Astronomische Themen regen Schülerinnen und Schüler zum Nachdenken an, und diese stellen auffallend viele Fragen (Bennert 2003, S. 86). Möglicherweise fragen sie deshalb besonders viel, weil die Astronomie ihnen Spielraum für echte Fragen lässt (Köster 2006, S. 142).

Zwei typische Fragen sind: Was sind Schwarze Löcher? Gibt es Außerirdische? (Geffert 2009, S. 9) Während die erste Frage durch den naturwissenschaftlichen Forschungsstand beantwortet werden kann, gibt es für die zweite Frage keine einfache und gesicherte Antwort.

Die Fragen von Kindern sind facettenreich, wie eine Sammlung von Landwehr (2011, S. 2) exemplarisch zeigt: Was ist ein Planet? Wieso kreisen die Planeten um die Sonne? Wieso gibt es die Erdanziehungskraft? Wieso gibt es Leben auf der Erde? Warum haben einige Planeten Ringe? Wie warm ist es auf der Venus?

Wieso- und Warum-Fragen sind oft anspruchsvoller und meist nicht so einfach zu beantworten wie beispielsweise die Frage nach der Temperatur auf der Venus.

Übrigens: Die Venus hat eine Oberflächentemperatur von circa 465 Grad Celsius.

Eine weitere Sammlung von typischen Grundschulkinderfragen hat Peschel (2016, S. 35) veröffentlicht: Woher kommt die Erde? Warum leuchtet die Sonne? Was sind Schwarze Löcher und fällt man dort hinein, wenn man sich ihnen zu sehr nähert? Wie lange wird die Sonne noch scheinen? Was wird sein, wenn der Brennstoff verbraucht ist? Ist das Weltall unendlich oder was befindet sich dahinter? Kinder, die so differenzierte Fragen stellen, haben bereits einige Vorstellungen von astronomischen Phänomenen und wollen nun mehr darüber wissen.

Welche Fragen haben die Mädchen und Jungen Ihrer Lerngruppe zu astronomischen Phänomenen? Sie können sicher sein, es werden viele Fragen sein (siehe auch Abschnitt 2.1.1)!

1.1.3Wissen der Kinder

Wie in vielen anderen Sachgebieten ist auch die astronomische Vorbildung von Grundschulkindern sehr unterschiedlich ausgeprägt (Geffert 2009, S. 5). Für das 3. und 4. Schuljahr bestätigt Köster (2006, S. 143), dass die Kenntnisse der Schülerinnen und Schüler sehr große Unterschiede aufweisen: Sie reichen von detaillierten astronomischen Kenntnissen über Wissen über das Sonnensystem und Galaxien bis hin zu Weltvorstellungen, die die Menschen vor der kopernikanischen Wende hatten. Kaiser (2012, S. 180) spricht davon, dass es eher einzelne Kinder sind, die über ein größeres Sachwissen zur Astronomie verfügen. Auch die Analyse von Kinderzeichnungen bei Rohen und Wulfmeyer (2021, S. 113–114) bestätigt: Die Lernvoraussetzungen bei Grundschulkindern sind heterogen und einzelne Kinder haben umfangreiche Weltraumkenntnisse.

Astronomische Dinge gehören zur Lebenswirklichkeit von Grundschulkindern (Landwehr 2011, S. 2): Sie kennen den Mond und die Sterne meist seit dem Kleinkindalter (Kaiser 2012, S. 180). Kinder wachsen auch seit ihrer frühen Kindheit in einer Kinderkultur auf, bei der Lieder, Geschichten, Gedichte und Bilder zu astronomischen Phänomenen aufgegriffen werden (Winnenburg 2001, S. 162).

Viele Kinder haben sich vor der Einschulung schon gefragt, woher die Sterne am Himmel kommen (Kahlert 2019, S. 32). Bei Kinderzeichnungen sind Sonne, Mond und Sterne häufig am Himmel zu finden. Heute haben interessierte Kinder unabhängig vom Schulunterricht viele Möglichkeiten, sich mittels des umfangreichen Angebots von Kindersachbüchern zu diesem Thema zu informieren, sich im Internet eigenständig altersgerechte Informationen oder Videos herauszusuchen oder informative Fernsehsendungen auszuwählen (wie z.B. die Sachgeschichten aus der Sendung mit der Maus). Auch Kindernachrichten wie logo! greifen astronomische Themen und aktuelle Raumfahrtereignisse auf.

1.1.4(Fehl-)Vorstellungen und Animismen

Kinder haben nicht nur Fragen, sondern sie stellen auch Hypothesen zur Erklärung von Himmelsphänomenen auf (Welz 2011, S. 9). Aber wie belastbar sind diese Vorstellungen?

Es gibt wenig aktuelle deutschsprachige Forschungen über die Vorstellungen und Fehlvorstellungen von Kindern im Feld der Astronomie: Eine internationale Metaanalyse kommt zu dem Ergebnis, dass das Verständnis der Kinder über astronomische Phänomene nicht mit fachwissenschaftlichen Erklärungen übereinstimmt (Brinkmann 2019, S. 176–177). Auch Koerber und Sodian (2007, S. 68) weisen allgemein darauf hin, dass Kinder im Anfangsunterricht Fehlvorstellungen aus dem Bereich der Astronomie haben und nennen konkret die Vorstellungen zu Modellen von der Erde. Und auch Haider (2010, S. 16) äußert, dass Kinder zu Fragen wie «Warum geht die Sonne unter?» gefestigte Alltagsvorstellungen entwickelt haben, die aber mit wissenschaftlichen Erklärungen nicht übereinstimmen.

Hingegen konnte Sommer (2002) mit ihrer Untersuchung zur Vorstellung der Kinder zur Erde im Weltall nachweisen, dass Grundschülerinnen und -schüler insgesamt im Vergleich zu Ergebnissen vergangener Dekaden bereits über eine differenzierte Erdvorstellung verfügen. Sie macht dafür ihren guten Informationszugang verantwortlich (Sommer 2002, S. 77). Wenn man dieser Begründung folgt, dann müsste heute – 20 Jahre später in einer digitalen Informationswelt – die Erdvorstellung von Kindern noch differenzierter ausfallen.

Wichtige und bis heute bedeutsame Forschungsergebnisse zum astronomischen Denken von Kindern hat Kubli (1984) aufgestellt. Er zeigt anhand zahlreicher Beispiele, wie Grundschulkinder über die Bewegungen von Mond, Sonne und Erde denken: Dabei wird deutlich, dass Fehlvorstellungen vorliegen, wenn die Kinder den Mond für lebendig halten, sie sich die Erde kreisförmig statt rund vorstellen und sie denken, dass die Sonne ihnen folgt, wenn sie sich selbst fortbewegen. Interessant ist auch die Schlussfolgerung Kublis (1984, S. 87): Kinder wiederholen mit ihren astronomischen Vorstellungen die Geistesgeschichte der Menschheit. Sie durchlaufen die gleichen Stufen von Denkprozessen und Erkenntnissen wie der Mensch in der gesamten Wissenschaftsgeschichte.

Abb. 1:

Häufig malen Kinder die Sonne mit einem menschlichen Gesicht (Bild: iStockphoto.com/art-4-art)

Kinder im Vor- und bis zum mittleren Grundschulalter denken auch animistisch-anthropomorph; das bedeutet, sie beseelen unter anderem Sonne, Mond und Sterne mit menschlichen Eigenschaften (Werther 2016, S. 37). Zum Beispiel sagen sie «Die Sonne ist heiß, weil sie Menschen wärmen möchte» (Werther 2016, S. 39).

Diese Zugänge kennen Kinder auch aus Märchen, Liedern und Gedichten (Werther 2016, S. 39). Auch bei Kinderprodukten (Spielzeug, Kleidung oder anderen Textilien für Kinder) ist feststellbar, dass anthropomorphe Darstellungen astronomischer Phänomene gewählt werden.

Kinder im Grundschulalter haben eine erste Vorstellung davon, dass ihr Wissen über astronomische Phänomene und Aussagen aus ästhetisch-religiösem Hintergrund nicht (immer) übereinstimmen. Unterscheidungsprobleme ergeben sich in der deutschen Sprache möglicherweise auch durch die semantische Ambivalenz des Begriffs Himmel, der sowohl das sichtbare Gewölbe als auch den spirituellen Sitz der Gottheit(en) meint. Im Angloamerikanischen wird hingegen zwischen den Bezeichnungen Sky und Heaven unterschieden. Beide Sphären sind auseinanderzuhalten, um die Verstehensprozesse sowohl in der Astronomie als auch in der Religion und Philosophie zu fördern.

1.1.5Konsequenzen für den Sachunterricht

Das Interesse der Kinder, ihre Faszination und Begeisterung sowie ihre hohe Motivation sind sehr gute Voraussetzungen für die Thematisierung astronomischer Inhalte im Grundschulalter. Ihren vielen (individuellen) Fragen sollte im Sachunterricht ausreichend Raum gegeben werden.

Eine Versprachlichung ermöglicht es den Kindern zu erklären, über welche Vorstellungen von astronomischen Phänomenen sie verfügen (Kubli 1984, S. 90), und zeigt Ihnen als Lehrkraft am besten, welche Fragen, Hypothesen und Erklärungsmuster die Mädchen und Jungen haben. Zudem können Sie das Wissen auch durch Interviews oder zu zeichnende Bilder erfassen (Winnenburg 2002, S. 162). Planen Sie daher ausreichend Zeit für gemeinsame Gespräche über den Weltraum im Sachunterricht ein.

Zu bewerten ist auch, wie dominant und umfangreich ein naturwissenschaftliches astronomisches Weltbild ist und wie prägend religiöse sowie animistisch-anthropomorphe Zugangsweisen sind. Für den astronomischen Sachunterricht ergeben sich daraus drei Handlungsmaxime für Lehrkräfte:

Der Aufbau sachlichen Wissens steht im Zentrum.

Der Unterschied zwischen den beiden Zugängen Sky und Heaven ist den Kindern stets zu verdeutlichen.

Die Ansprüche anderer Zugangsweisen sind wertzuschätzen.

1.2Grundschullehrkräfte und Astronomie

1.2.1Wissen über Astronomie

Bei den meisten Erwachsenen liegt nur ein lückenhaftes Wissen über Astronomie vor (Peschel 2016, S. 34). So überrascht es auch nicht, wenn Niermann (2017, S. 91, 98) aufgrund mehrerer Studien zu dem Ergebnis kommt, dass auch Lehrkräfte des Sachunterrichts nur über wenig differenziertes Fachwissen zum Thema Astronomie verfügen. Das ist vor allem auch der Situation geschuldet, dass in den deutschsprachigen Ländern meist nur wenig Astronomie in der Schule gelehrt wird (siehe Abschnitt 1.4). Viele Grundschullehrkräfte sind sich dessen bewusst und wünschen sich Fortbildungen zum Thema Astronomie (Peschel 2010, S. 52).

Auch in der Lehrerinnen- und Lehrerbildung Sachunterricht findet nur an wenigen Universitäten eine Einführung in die Astronomie statt (Hohmann & Quast 2018, S. 143). Um Interesse und Wissen zukünftiger Sachunterrichtslehrkräfte auszubilden, wird daher eine ausgeprägtere Ausbildung im Bereich der Astronomie angeregt. (Hohmann & Quast 2018, S. 144).

Es ist also gut nachvollziehbar, dass Lehrkräfte des Sachunterrichts zumeist nicht über fundierte astronomische Kenntnisse verfügen.

Sie müssen auch keine Expertin und kein Experte für Astronomie sein (Köster 2006, S. 144), um das Thema in der Grundschule unterrichten zu können. Aber über ein solides astronomisches Grundverständnis sollten Sie dennoch verfügen (siehe Kapitel 3) und auch spezifische fachdidaktische Zugangsweisen beachten (siehe Kapitel 2). Zu beiden Aspekten bietet dieses Buch umfangreiche Informationen an.

1.2.2Fachdidaktisches Wissen zur Astronomie

In der Literatur wird die Astronomie auch als eines der «großen Themen des Sachunterrichts» (Thomas 2015, S. 252) bezeichnet, weil sie für unser Welt- und Selbstverständnis eine besondere Bedeutung hat. Dabei gilt das Unterrichten astronomischer Inhalte als schwieriges Thema (Vogel 2004, S. 5; Rödler 1999a, S. 6). Warum eigentlich?

Sicherlich, weil viele Sachunterrichtslehrkräfte davon ausgehen, dass sie selbst zu wenig Vorwissen über dieses Thema mitbringen. Zudem haben sie möglicherweise die Sorge, auf die Fragen der Kinder nicht adäquat reagieren zu können. Dabei müssen Sie als Lehrkraft nicht auf alle Fragen umgehend antworten, denn gerade schnelle Lösungen der Lehrkraft verhindern das Selbstdenken der Schülerinnen und Schüler (Hartmann 2006b, S. 7; Rödler 1999a, S. 8).

Beim Unterricht geht es stets um das Verstehen, weshalb die Kinder auch die Möglichkeit erhalten sollten, selbst plausible Erklärungen zu finden. Überprüfen Sie dabei gemeinsam geduldig die Hypothesen der Kinder in Gesprächen und geben Sie ihnen Zeit, eigene Entdeckungsprozesse zu machen (Kubli 1984, S. 85, 90).

Auch die große Dimension des Weltalls, das mit seiner riesigen Ausdehnung kaum vorstellbar ist und über den Zahlenraum der Grundschule deutlich hinausgeht, macht astronomische Inhalte zu einem anspruchsvollen Thema (Vogel 2004, S. 5). Es werden die Grenzen des Vorstellungsvermögens überschritten (Schmidt & Heumann-Kranz 2012, S. 2); zudem sind astronomische Phänomene nicht direkt greifbar, in der Regel weit entfernt und eher abstrakt (Vogel 2004, S. 5).

Aber ist es vielleicht nicht genau das, was das Thema gerade zu einem besonders spannenden Themenfeld des Sachunterrichts macht (Wittkowske 2016, S. 5; Köster & Backhaus 2016a, S. 9)? Schreier (2003, S. 18) plädiert sogar dafür, gerade die rätselhafte Seite der Welt zu betonen und nicht vorzutäuschen, man wisse schon alles und es gäbe nichts mehr zu entdecken. Zudem kann das Thema – auch im Vergleich zu anderen Inhalten des Fachs – in besonders hohem Maß aktuelle Forschungsstände aufgreifen (Peschel 2016, S. 34) und verfügt über ein hohes Potenzial an Zukunftsoffenheit.

Obwohl Astronomie in den Lehrplänen des Sachunterrichts in Deutschland, Österreich und der Schweiz auftaucht (wenn auch unterschiedlich umfangreich; siehe Abschnitt 1.4.2), werden im Grundschulbereich astronomische Inhalte wenig behandelt (Hohmann & Quast 2018, S. 144). Das bedeutet möglicherweise, dass dieses Thema in der gesamten Schulzeit nicht mehr unterrichtet wird und es den Kindern dann genauso wie Ihnen ergeht (siehe Abschnitt 1.2).

Die Primarstufe ermöglicht neben ihren guten Möglichkeiten für fächerübergreifendes Lernen auch flexibel zu gewichtende Schwerpunktsetzungen im vielperspektivisch ausgerichteten Fach Sachunterricht (siehe Abschnitt 2.1.2). So kann jedes Kind sich zumindest in der Grundschule mit astronomischen Inhalten beschäftigen – wenn Sie als Lehrkraft das Thema in den Unterricht bringen.

Die Kinder haben letztlich auch ein Recht darauf, dass sie sich ihre vielfältige Lebenswelt mit der Unterstützung von ausgebildeten Grundschullehrkräften erschließen. Vielleicht gibt es zusätzlich die Möglichkeit, eine Astro-AG an Ihrer Schule anzubieten oder Projektwochen, damit besonders interessierte Schülerinnen und Schüler sich umfangreich mit Astronomie beschäftigen können.