Athanor 1: Der letzte Krieger - David Falk - E-Book

Athanor 1: Der letzte Krieger E-Book

David Falk

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Beschreibung

Der Krieg gegen die Drachen hat die Menschheit nahezu ausgelöscht. Einziger Überlebender ist Athanor, ein zynischer Krieger, den ein düsteres Geheimnis umgibt. Zwischen dem Reich der intriganten Elfen und den Minen der Zwerge schlägt er sich nun als Händler durch und gerät zwischen die Fronten der erbitterten Feinde. Doch aus den Ruinen seiner Heimat erhebt sich ein grausiges Erbe. Die neue Gefahr droht, auch die letzten Völker Ardaias zu vernichten ... "Ein Action-Abenteuer voller beeindruckender Ideen und noch beeindruckenderer Schlachten." (aus der Zeitschrift "phantastisch!")

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Inhalt

Vorwort

Der letzte Krieger

1

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Epilog

Personen

Lexikon

Werkstatt-Bericht

Weitere Atlantis-Titel

Eine Veröffentlichung des Atlantis-Verlages, Stolberg Mai 2020 Druck: Schaltungsdienst Lange, Berlin Titelbild, Innengrafiken und Umschlaggestaltung: Timo Kümmel Satz: André Piotrowski ISBN der Printausgabe: 978-3-86402-722-2 ISBN der E-Book-Ausgabe (EPUB): 978-3-86402-735-2 Besuchen Sie uns im Internet:www.atlantis-verlag.de

Vorwort

Vorwort zur Neuausgabe 2020

Tag für Tag durchleben wir unzählige Momente, die wir schon am nächsten Morgen wieder vergessen haben. Aber manchmal ist es anders. Manchmal prägen sich Momente ein. Wenn wir uns an sie erinnern, verbinden wir sie mit einem bestimmten Gefühl, einem Geräusch oder einem gestochen scharfen Bild, als hätten wir ein Foto davon gemacht. Solche Momente gab es für mich auch rund um die Romanreihe, deren erster Band hier nun in einer erweiterten Neuausgabe vorliegt. Einige dieser Erlebnisse habe ich in dem Werkstatt-Bericht geschildert, der sich im Anhang befindet. Ihnen gemeinsam ist, dass sie am Schreibtisch, dem Arbeitsplatz des Schriftstellers stattfanden. Mit »Der letzte Krieger« verbinde ich jedoch auch einen ganz besonderen Augenblick in den endlosen Wäldern Schwedens. Ich sehe die Bäume noch genau vor mir, die säulenartigen hohen Stämme und die kleinen Flecken Himmel in den Lücken der Kronen. Über mir krächzte ein Rabe. Seine Stimme ist mir noch im Ohr. Es war nicht das helle »Krah krah« einer Krähe, sondern ein geheimnisvolles dunkles »Krok krok«. Und mitten in diese Stimmung ertönte aus meiner Jackentasche das leise »Ping ping« einer SMS. Was das mit Athanor zu tun hat? Von daheim kam die Nachricht, dass »Der letzte Krieger« schon eine Woche nach Erscheinen in die 2. Auflage ging. Mir war, als hätte ich im Lotto gewonnen. So reich bin ich dadurch zwar nicht annähernd geworden, aber ich fühlte mich beschenkt und werde diesen Moment niemals vergessen.

Sieben Jahre ist das jetzt her … »Der letzte Krieger« hat sich auf dem Schlachtfeld Buchmarkt wacker geschlagen, aber nach sechs Jahren Kampf wurde er vom Verlag zu Grabe getragen, obwohl ich keineswegs der Meinung war, dass er schon tot sei. Doch dann erlebte ich einen weiteren unvergesslichen Athanor-Moment: Mein langjähriger Verbündeter Timo Kümmel schrieb mir, dass Guido Latz vom Atlantis Verlag daran interessiert sei, die Athanor-Reihe neu herauszubringen. Trotz des eher profanen Settings (mal wieder mein Schreibtisch) hat sich mir auch dieses Erlebnis eingeprägt. Vor allem das Gefühl der Dankbarkeit, das mich damals überwältigt hat und bis heute nachwirkt. Deshalb an dieser Stelle auch meinen allerbesten Dank an Timo und Guido! Den beiden ist es zu verdanken, dass Ihr diese Sammlerausgabe nun in den Händen halten könnt – mit wunderbaren neuen Illustrationen, dem besagten Werkstatt-Bericht und dem Ardaia-Lexikon, das es bislang nur im Internet gab. Und im dritten Band werden Euch weitere Überraschungen erwarten. Viel Freude auf der Reise mit Athanor durch seine ganz eigene Welt!

David Falk im April 2020

Der letzte Krieger

1

Der Schrei des Gefangenen hallte durch die Nacht. Das zornige Aufbrüllen bei Sonnenuntergang war längst qualvollen Lauten gewichen.

Wann ist der Kerl endlich tot? Athanor zog die Kapuze über und bettete den Kopf wieder auf das Kleiderbündel. Es half nichts. Von der Kuppe des benachbarten Hügels drangen noch immer raues Lachen und Johlen herüber. Den kehligen Stimmen nach zu urteilen, waren es Orks, die sich so köstlich über die Qualen ihres Opfers amüsierten. Angewidert verzog Athanor das Gesicht. Das feige Pack trumpfte immer dann auf, wenn es nichts zu befürchten hatte.

Knurrend warf er sich auf den Rücken und blickte zu den Sternen auf. Er musste den Tatsachen ins Auge sehen. Die Orks wollten nicht, dass der Gefangene starb. Eine Hinrichtung – und sei sie noch so ausgedehnt – wäre längst vorbei gewesen. Stattdessen bellte immer wieder jemand Fragen, auf die er offenbar nicht die gewünschten Antworten bekam, denn kurz darauf gingen die Schreie weiter. So auch dieses Mal. Wenn der Gefangene nicht einknickte, konnte das Spiel noch die ganze Nacht dauern. In der Nähe einer Bande Orks Schlaf zu finden, war schon ohne Lärm schwierig genug, aber so …

Ihr habt es nicht anders gewollt. Athanor stand auf und spähte zum Gipfel des Nachbarhügels. Wie eine schwarze Krone hoben sich die Ruinen einer Festung vor rötlichem Feuerschein ab. Sie waren so nah, dass er glaubte, den Rauch riechen zu können. Entschlossen hängte er sich seinen Köcher mit Pfeilen über die Schulter und legte den Schwertgurt um. In seinem Kettenhemd hingen Reste des alten Laubs, auf dem er gelegen hatte, doch mit jeder Bewegung rieselte etwas davon zu Boden. Er machte sich schon lange nicht mehr die Mühe, auf sein Äußeres zu achten. Das meiste regelte sich von selbst. Nur den Bart rasierte er alle paar Tage ab, sonst juckte er in der Hitze zu sehr.

Mit geübten Griffen spannte er die Sehne seines Bogens. Seit er selbst tun musste, was ihm früher Knechte abgenommen hatten, ging er sorgfältiger mit seinen Waffen um. Ein schlichtes Messer, das ihm zerbrochen und in der Wildnis nicht zu ersetzen gewesen war, hatte ihn den Wert einer Klinge gelehrt.

Erneut grölten die Orks, dass ihre hämischen Stimmen im ganzen Tal widerhallten. Allmählich freute sich Athanor darauf, ihnen die Kehlen aufzuschlitzen.

Er schob sich die Kapuze wieder vom Kopf und erstarrte. Hinter ihm raschelte es im Unterholz. Alarmiert fuhr er herum, griff nach einem Pfeil aus dem Köcher. Doch außer seinem Muli war unter den Bäumen nichts zu sehen. Mit aufgerichteten Ohren lauschte das Tier auf den Lärm aus der Ruine.

»Kannst wohl auch nicht schlafen«, murmelte er. »Ich kümmere mich darum.«

Er wandte sich wieder der verfallenen Festung zu, die sicher einst erbaut worden war, um über das Tal zu seinen Füßen zu wachen – und über den Pass zur Rechten. Wenn er diesen Sattel querte, sparte er sich den Abstieg ins Tal. Obwohl die Orks gerade dort die meisten Wachen aufgestellt haben würden, entschied er sich für den kürzesten Weg. Sollte er dabei sterben, hatte er den Rest der Nacht wenigstens seine Ruhe.

Wie zur Antwort schob sich in diesem Augenblick das fahle Antlitz Hadons, des Totengottes, hinter ihm über den Hügel. Athanor merkte es an dem Schatten, den er plötzlich warf. Spöttisch hob er einen Mundwinkel und sah sich nach der knochenbleichen Scheibe um. Grünliche Adern deuteten ein Gesicht darauf an, aber nach allem, was Athanor in den Jahren des Krieges gesehen hatte, glaubte er nicht mehr an Götter. Und wenn es sie doch geben sollte, waren sie ihm so gleichgültig wie er ihnen.

Er legte den Pfeil auf die Sehne und tauchte in die Schatten der Bäume ein. Loses Gestein und abgebrochene Äste machten den Hang schon bei Tag tückisch, aber im Zwielicht der Nacht musste er noch aufmerksamer sein. Wenn er durch die Büsche brach wie ein zorniger Keiler, wären die Orks gewarnt, denn von ihren Stimmen abgesehen herrschte tiefe Stille im Wald. Kein Windhauch strich durch die Zweige, kein Marder schrie. Geräuschlos glitt über ihm eine Eule zur Jagd.

Umso lauter kamen ihm seine Schritte vor. Modriges Holz brach unter seinem Gewicht, Laub raschelte, Knochen knackten … Knochen? Athanor hielt inne. Er hatte den Pass erreicht. Vor ihm breitete sich eine Lichtung aus. Angespannt lauschte er. Da war es – das Knirschen von Knochen, die zwischen kräftigen Kiefern zersplitterten.

So leise es in schweren Stiefeln ging, pirschte er sich an den Rand der Lichtung. Große dunkle Klumpen lagen im Gras, deren Form vage den Umrissen niedergestreckter Menschen glich. Athanor hatte genug Schlachtfelder gesehen. Er kannte die beunruhigenden Laute, die aus dem Innern verwesender Leichen drangen. Doch dieses Knacken und Schmatzen hier klang anders.

Aus der Deckung eines Baumstamms ließ er den Blick über die Lichtung schweifen. Dort! Neben einer der Leichen bewegte sich etwas, zerrte an ihr. Ein Berglöwe. Das sandfarbene Fell hob sich im Mondlicht kaum von der Wiese ab.

Gelassen trat Athanor unter den Bäumen hervor. Aus dem Augenwinkel behielt er die Raubkatze im Blick, gab vor, ihr keine Beachtung zu schenken. Du machst dein Ding. Ich mache meins. Kein Grund, sich zu streiten.

Der Löwe fauchte wütend. Fingerlange Zähne blitzten auf. Athanor tat, als hätte er nichts bemerkt, ging weiter, auf eine möglichst weit von dem Raubtier entfernte Leiche zu. Schütteres dunkles Fell bedeckte die muskulösen Gliedmaßen des Toten, während sein kräftiger Rumpf in einer Lederrüstung steckte. Im Todeskampf hatte der Ork die Zähne gebleckt. Spitze Hauer ragten aus seinem Unterkiefer.

Seine Ohren hatten Athanor also nicht getäuscht. Es hatte tatsächlich einen Kampf auf dem Pass gegeben, als er sich noch einen Weg um den sumpfigen Talgrund gebahnt hatte. Neugierig sah er sich um und zählte sechs, nein, sieben tote Orks. Den Letzten hätte er beinahe übersehen, weil sein Blick an einem Koloss hängen geblieben war, den er aus der Entfernung für einen Felsblock gehalten hatte. Erst jetzt erkannte er die Umrisse eines weiteren, umso größeren Körpers.

Der Berglöwe grollte noch immer. Rasch sah Athanor wieder zu ihm. Ungehalten peitschte die Raubkatze mit dem Schwanz das Gras, grub die Zähne jedoch erneut in den aufgerissenen Leib zwischen ihren Pranken.

Genau. Friss schön weiter. War es Gleichgültigkeit oder der Ritus eines fremden Gottes, der die Orks dazu bewegte, ihre Toten für die Aasfresser liegen zu lassen? Er wusste nicht einmal, ob sie Götter hatten. Für ihn waren sie stets nur wilde Bestien gewesen, die an den Grenzen des Reichs lauerten und einsame Dörfer überfielen, wenn die Krieger Theroias an anderer Stelle kämpften. Nun gab es weder das Reich noch die Dörfer Theroias mehr, nur noch ihn, Athanor – und die hämisch lachenden Orks.

Über wen hatten sie hier triumphiert? Er näherte sich dem wuchtigen, mehr als drei Schritte langen Leichnam, bis er ihm ins Gesicht sehen konnte. Helle kleine Augen starrten blind in den Nachthimmel auf. Die Züge des Wesens waren so grob, als hätte ein Steinmetz nur die Rohform eines Gesichts aus einem Fels gehauen. Nase, Wangen, Lippen – alles war zu fleischig geraten.

Beeindruckt musterte Athanor das tote Ungeheuer. Die Keule, die ganz in der Nähe im Gras lag, war so dick wie sein Oberschenkel. Blutflecken zeugten von den Orkschädeln, die der Hüne damit eingeschlagen hatte. Athanors Blick wanderte über den langen, struppigen Bart zum Gesicht des Toten zurück. Er hatte noch nie einen Troll gesehen, aber genügend Beschreibungen gehört, um zu erkennen, was da vor ihm lag.

Demnach hatten die Orks gegen zwei Trolle gekämpft. Das erklärte auch die tiefe, dröhnende Stimme ihres Gefangenen, die ihm Rätsel aufgegeben hatte. Nun würde er auch noch einem sterbenden Troll den Gnadenstoß geben müssen. Er sah zu dem Lichtschein über der alten Festung empor. Eins nach dem anderen.

Es war nicht mehr weit, nur noch ein kurzes Stück den bewaldeten Hang hinauf, aber von hier an musste er mit Wachposten der Orks rechnen. Am besten nahm er nicht den direkten Weg.

Er warf einen letzten Blick auf den Löwen, der sofort wieder die Zähne fletschte, dann tauchte Athanor jenseits der Lichtung in die Schatten des Waldes ein. Er war der Ruine schon so nah, dass er einige Orks an den Stimmen unterscheiden konnte. In weitem Bogen schlich er auf das alte Gemäuer zu, spähte nach dem dunklen Umriss eines Orks, dem Aufblitzen einer Klinge. Kommt schon! So dumm seid ihr nicht. Es könnte noch mehr Trolle in der Gegend geben. Hatte er den Wachposten wirklich umgangen? Gab es etwa nur einen?

Vor ihm schälte sich ein steiniger Wall aus dem Dämmerlicht. Die Reste eines ersten Verteidigungsrings. Vielleicht hatte hier einst eine mächtige Mauer gestanden, doch nun war es nur noch ein Haufen loser Steine, zwischen denen Gräser und Gestrüpp wucherten. Vereinzelt wuchsen sogar Bäume darauf. Athanor fasste eine knorrige alte Kiefer genauer ins Auge. Ihr Stamm war als einziger dick genug, um … Da steht der Wächter! Seine Axt ragte hinter dem Baum hervor. Von dort konnte der Ork den Weg vom Pass herauf beobachten, ohne selbst gesehen zu werden. Doch in Athanors Richtung versperrte ihm die Kiefer den Blick.

Athanor spähte zur anderen Seite den Wall entlang, bis sich das Bauwerk in der Dunkelheit verlor. Kein Anzeichen für einen weiteren Wachposten. Und der Wald reichte bis an die ersten Steine heran. Also los! Im Schutz der Bäume eilte er bis auf den Wall, duckte sich. Schon knirschte es leise unter seinen Sohlen. Langsamer kletterte er weiter. Ein Stolpern, das Poltern eines losgetretenen Steins, und der Ork würde Alarm schlagen.

Jenseits des Walls trennte ihn nur noch ein schmaler Streifen Bäume von der inneren Festung. Verlockend nah, doch er musste sich zuerst um den Wachposten kümmern. Lass den Feind niemals in deinen Rücken kommen, warnte er im Stillen den Ork, während er sich von hinten an ihn heranpirschte. Er spürte seinen Herzschlag bis in den Hals. Es tat gut, wieder einen Feind zu haben. Wann hatte er sich zuletzt so lebendig gefühlt?

In guter Schussweite hielt er inne, hob den Bogen, spannte ihn. Plötzlich bewegte sich der Ork. Athanors Atem stockte. Der Wächter hob seine Axt. Mit dem stumpfen Ende der Waffe kratzte er sich im Nacken und lehnte sich grunzend wieder an den Baum. Leise stieß Athanor die angehaltene Luft aus. Wahrscheinlich Flöhe. Spöttisch verzog er den Mund. Sollte er einst einen letzten Wunsch haben, würde er vielleicht darum bitten, sich noch einmal kratzen zu dürfen.

Er konzentrierte sich, ließ Ruhe in seine Gedanken einkehren. Spannen, zielen, den Dingen ihren Lauf lassen. Fast war es, als gleite der Pfeil von selbst durch seine Finger. Ende der Ruhe. Schneller als Athanor blinzeln konnte, steckte das Geschoss zwischen den Rippen des Orks. Der Getroffene streckte sich, stöhnte, doch der Laut ging im Gelächter seiner Kameraden unter. Seine Hand griff nach der Kiefer, während er bereits kippte. Der Länge nach landete er auf dem Rücken und stieß sich dabei den Pfeil noch tiefer in den Leib.

Zufrieden legte Athanor einen neuen Pfeil auf die Sehne. Neben dem reglosen Ork deutete eine Bresche im Wall an, wo einst der Weg zum Tor der inneren Festung geführt hatte. Statt diesem Pfad zu folgen, zog sich Athanor ein wenig zurück und durchquerte das letzte Stück Wald in einigem Abstand. Er wollte nicht direkt vor dem Eingang auftauchen, wo wahrscheinlich ein weiterer Wächter stand.

Aus der Ruine drangen anfeuernde Rufe und gequältes Ächzen. Athanor sah die feige Bande fast schon vor sich, wie sie sich gegenseitig zu immer größerer Grausamkeit anstachelten. Verlaustes Pack! Aber bei dem Lärm konnte er sich wenigstens unbemerkt anschleichen.

Unter einem alten Baum kauerte er sich ins Gesträuch. Von den einstigen Türmen waren nur eingestürzte, hohle Stümpfe geblieben, als hätte ein Riese mit einem gewaltigen Hammer ihre Spitzen zur Seite gefegt. Überall lagen Trümmer verstreut, doch die frühere Wehrmauer überragte den Schutt noch immer zwei Mann hoch. Athanor sah an ihr entlang. In ihrem zerfallenen Zustand war es ein Leichtes, sie zu übersteigen. Aber er bemerkte auch das Flackern des Feuers, das über die Innenseiten des Gemäuers tanzte. Dort oben wäre er eine gut beleuchtete Zielscheibe. Vielleicht gab es einen besseren Weg.

Nicht weit von ihm entfernt klaffte das offene Tor in der Mauer. Sicher hatte es einst hölzerne Torflügel gegeben, doch sie waren im Lauf der Jahrhunderte zu Staub zerfallen. Nur der Rundbogen trotzte noch immer der Schwerkraft, obwohl die Mauern darüber eingestürzt waren. Athanor zögerte. Sollte er doch dreist durch das Tor marschieren? Wenn es ihm gelang, unbemerkt die Wache zu beseitigen, bot ihm der Eingang sogar Deckung, um weitere Gegner zu erledigen, bevor sie ihm gefährlich werden konnten.

Im Schatten der Bäume näherte er sich dem Tor. Hallte da etwas im Gang? Er riss den Bogen hoch. Keine zwanzig Schritte von ihm entfernt kam ein Ork in Sicht und stapfte mit düsterem Blick ins Freie. Die Wachablösung.

Athanor zielte, zischte. »Pst!«

Der Ork wirbelte herum. Noch während er die Augen aufriss, ragte der Pfeil bereits aus seiner Brust. Athanor stürmte auf ihn zu, sah, wie sich der Mund zum Schrei öffnete. Krächzen und Blutspritzer drangen hervor. Noch im Laufen zog Athanor das Schwert. Sein Gegner taumelte, holte matt mit einem klobigen Haumesser aus. Athanors Hieb trennte ihm fast den Arm ab. Blut strömte aus dem tiefen Spalt, die Waffe entglitt der behaarten Faust. Der Ork brach zusammen.

Hastig sah sich Athanor um. Die fröhliche Folterrunde in der Festung schien nichts bemerkt zu haben. Er schob seine Klinge in die Scheide zurück und legte einen neuen Pfeil auf die Sehne. Den Bogen schussbereit, hielt er auf das Tor zu. Warum war es dahinter stockfinster? Wenn es keine Torflügel mehr gab, musste er doch bis in den Hof sehen können.

Wachsam betrat er den dunklen Gang, ließ seinen Augen Zeit, sich an die Finsternis zu gewöhnen. Der äußere Torbogen mochte noch stehen, doch dahinter war der Gang eingebrochen. Die Trümmer des darüber liegenden Turms waren nachgestürzt, sodass es kein Durchkommen mehr gab. Aber woher zum Henker kam dann der Ork? Der Mistkerl ist doch nicht zum Pinkeln hier reingegangen.

Athanor lauschte. Täuschte er sich, oder hallten die Stimmen der Orks nicht nur von draußen über die Mauer, sondern kamen auch vor ihm durch den eingestürzten Gang? Das konnte nicht stimmen, es sei denn … Sein Blick blieb an einer besonders dunklen Ecke hängen. Je näher er der Stelle kam, desto deutlicher zeichnete sich ein mannshoher Durchlass in der Wand ab. Von dort drangen die Stimmen an sein Ohr. Athanor trat durch die dunkle Pforte. Dahinter war es so eng, dass zwei Krieger gerade noch aneinander vorbeikamen. Es roch nach Erde und feuchtem Mauerwerk – und einer Spur Rauch. Herabgebröckelter Mörtel knirschte unter seinen Sohlen. Vor ihm war eine Abzweigung zu erahnen, und um die Ecke schien es heller zu werden. Dort musste der Ausgang sein.

Athanor sprang vor und zielte in den abzweigenden Gang. Niemand zu sehen. Nur etwa zehn Schritte trennten ihn vom anderen Ende. Noch immer entzog sich das Feuer seinem Blick, doch der Lichtschein verriet ihm, dass es sich rechts des Ausgangs befand. Und wo das Feuer war, fand er vermutlich auch die Orks.

Angespannt rückte er vor. Der Ausgang war eingebrochen und mündete in ein Trümmerfeld. Umso besser. Der Schutt bot mehr Deckung als eine intakte Tür – solange der Gang stabil war. Mit einem unguten Gefühl schielte Athanor zu einem Riss in der Decke empor, der sich vor ihm zu einem Spalt verbreiterte. Eine Handvoll Sterne war darüber zu sehen. Das hat Jahrhunderte gehalten. Hab dich nicht so! Er zwang sich, den Blick wieder nach vorn zu richten. Nur noch fünf Schritte, vier … Er spannte den Bogen.

Über ihm kullerte ein Stein. Athanors Blick zuckte nach oben. Durch den Spalt starrte ein Ork – und stieß einen Speer auf ihn herab. Athanor zuckte zurück. Einen Lidschlag lang fixierten seine Augen den Schaft des Speers, der vor seinem Gesicht aufragte, dann riss er den Bogen empor und schoss. Die Wucht des Aufpralls warf den Kerl fast von den Füßen. Zähnefletschend wankte er, während Athanor einen neuen Pfeil auflegte. Die Finger des Orks krampften sich um das Blatt seiner Axt, Blut rann unter der Rüstung hervor. Er sank auf die Knie, kippte vornüber, verschloss mit seinem sterbenden Körper den Spalt.

Athanor spürte warme Tropfen auf sein Haar fallen. Draußen brüllten die Orks durcheinander, doch ein seltsam dumpfer Schmerz lenkte seinen Blick nach unten. Scheiße! Die Spitze des Speers hatte sich durch seinen Fuß in den festgestampften Boden gebohrt.

Vor dem Ausgang näherten sich schnelle Schritte. Athanor behielt Pfeil und Bogen in der Linken und packte mit der Rechten den Speer. Keine Zeit zum Jammern. Mit einem Schrei riss er die Waffe heraus. Das messerscharfe Blatt hinterließ einen Schlitz in seinem Stiefel, mehr konnte er im schwachen Licht nicht erkennen. Schon stürmten mehrere Orks mit wütendem Gebrüll in den Gang. Athanor schleuderte ihnen den Speer entgegen. Der vorderste Gegner warf sich gerade noch zur Seite. Die tödliche Spitze verfehlte ihn und fuhr in die Kehle seines Hintermanns. Rasch zog sich Athanor tiefer in die Dunkelheit zurück, ignorierte den Schmerz, der beim ersten Schritt durch Fuß und Bein jagte. Das Geschrei der Orks hallte laut von den Wänden wider und verdrängte jeden Gedanken. Hinter der Abzweigung ging er in Deckung. Gegen das flackernde Licht sah er, dass ihm nur noch eine schwarze Gestalt folgte. Die anderen hatten sich wohl schlauerweise zurückgezogen.

Im Zwielicht verschwamm der Umriss seines Verfolgers. Athanor schoss, ließ den Bogen fallen und zog stattdessen sein Schwert. Doch der Ork ging mit einem Aufschrei zu Boden, noch während Athanor hinter der Ecke hervorsprang. Wie viel Zeit blieb ihm, bis jemand über die Mauer kletterte und ihm in den Rücken fiel? Vom Hämmern in seiner Brust abgesehen, herrschte noch Stille im Gang, aber wenn er blieb, würden sie ihn bald in die Zange nehmen. Die Spuren, auf die er im Tal gestoßen war, hatten auf höchstens zwanzig Orks schließen lassen. Mehr als sechs oder sieben konnten es nun also nicht mehr sein. Athanor lächelte. Klingt fair.

Schnell hob er seinen Bogen auf, hängte ihn sich um und rückte vor. Irgendwo zwischen den Trümmern vor dem Ausgang warteten sie auf ihn. Ihr heiseres Flüstern verriet sie. Die Dunkelheit im Gang bot Athanor Deckung, doch mit jedem Schritt wurde es ein wenig heller. Wieder kam der Spalt in der Decke in Sicht. Von dem sterbenden Speerwerfer tropfte Blut herab, bildete eine Lache am Boden.

Athanor hielt sich nah an der rechten Wand, wo die Schatten tiefer waren und fast bis zum Ausgang reichten. Vor ihm lag sein Verfolger – halb am Boden, halb an die Mauer gelehnt. Aus dem Bauch ragte Athanors Pfeil. Wie im Schlaf war dem Ork das Kinn auf die Brust gesunken, und seine erschlafften Finger hatten sich vom Griff seines Messers gelöst.

Mit dem Kerl stimmt was nicht. Athanor kniff die Augen zusammen und versuchte vergebens im Zwielicht zu erkennen, ob sein Gegner noch atmete. Drauf geschissen. Er holte zu einem Stich aus und stieß die Schwertspitze auf die Brust des Orks hinab. Schneller als Athanors Augen folgen konnten, schlug der vermeintlich Tote die Klinge zur Seite, riss das Messer empor und stach nach Athanors Bein. Vom eigenen Schwung getragen, fiel Athanor nach vorn. Tief stieß die Spitze seines Schwerts in die Schulter des Orks. Zugleich spürte er einen scharfen Stich, dann ein Brennen an seinem Schenkel. Hastig wich er zurück. Der Ork fiel mit einem Grunzen wieder gegen die Wand. Blut lief warm an Athanors Bein hinab.

Draußen ertönten aufgebrachte Rufe und Fragen. Wenn niemand antwortete, würden die Orks vielleicht auf gut Glück in den Gang schießen. Er brauchte einen Schild – und zwar schnell. »Weg mit dem Messer!«, blaffte er und stach in die Hand des Verwundeten, der schwer atmend dalag. Der Ork zischte irgendetwas, ließ die Waffe fahren, obwohl er sicher kein Wort verstand. Athanor griff ihm ins Haar und zerrte daran. »Los, hoch mit dir!«

Knurrend bäumte sich der Ork auf, stürzte sich erneut auf ihn, doch seinem Angriff fehlte die Kraft. Athanor rang ihm einen Arm auf den Rücken und stieß ihn vorwärts. »Geh, oder ich zerleg dich, bevor du sterben kannst!«

Mit Athanors Schwertspitze im Rücken stolperte der Ork auf den Ausgang zu, einen Schritt, zwei. Athanors Blick huschte zum Spalt in der Decke empor. Nichts. Rasch sah er wieder nach vorn. Sein noch lebender Schutzschild wankte aus den Schatten. Hinter einem Mauerrest sprang ein Ork auf, schleuderte noch im Sprung seinen Speer. Athanor stieß seinen Gefangenen dem Geschoss entgegen und stürmte an ihm vorbei. Er sah nicht mehr, ob der Speer traf, hörte nur die Wutschreie der Orks vor ihm.

Schon hatte er den Speerwerfer erreicht, der im Schutz der Trümmer eine kurze breite Klinge zog. Athanor flankte über den Mauerrest, das Schwert voran. Die Waffe des Gegners glitt an seiner Klinge ab. Mit voller Wucht prallte er gegen den Ork und warf ihn um. Er landete auf allen vieren, die Knie irgendwo auf dem Gegner, doch sein Schwung trug ihn weiter. Über Steine, die sich schmerzhaft in seine Rippen bohrten, rollte er sich ab, stieß mit der Schulter gegen weitere Trümmer. Mühsam versuchte der Ork wieder auf die Füße zu kommen, doch eins seiner Beine war geschient und knickte unter ihm ein.

Ein Andenken an die Trolle. Athanor sprang auf. Hinter seinem Gegner kam ein zweiter Verwundeter in Sicht, dessen Kopf mit groben Stoffstreifen umwickelt war. Dennoch stürmte er heran und schwang brüllend eine Axt.

Athanor fegte den humpelnden Ork mit einem Tritt wieder von den Beinen und stach ihm das Schwert in den Rücken. Noch bevor der Sterbende still lag, riss Athanor die Klinge heraus und wandte sich dem neuen Gegner zu. Sein Blick streifte den Mauerrest, an dem der Ork entlanglief. Als Athanor plötzlich auf ihn zurannte, stemmte der Ork die Füße in den Boden und holte zu einem Hieb aus, doch es war zu spät. Athanor sprang zur Seite, stieß sich mit einem Fuß von der Mauer ab und flog förmlich an seinem Gegner vorbei. Wie den Stachel einer Wespe ließ er das Schwert in den Hals des Orks zucken.

Die Landung war hart. Jäher Schmerz jagte durch seinen verwundeten Fuß, als drehe jemand ein glühendes Eisen darin um. Er geriet aus dem Gleichgewicht und fiel. Im gleichen Augenblick fuhr neben ihm die Spitze eines Speers in den Boden. Athanor rollte sich auf den Rücken. Schon stürzte sich ein Ork mit einer Axt auf ihn. Athanor warf sich zur Seite. Wo er gerade noch gelegen hatte, schlug das Beil mit einem Knall auf Gestein. Der Ork wurde vom eigenen Schwung auf die Knie gerissen. Hastig rappelte sich Athanor auf, während der Ork wieder auf die Beine kam. Klirrend traf Klinge auf Axtblatt. Der wilde Hieb prellte Athanor fast das Schwert aus der Hand. Wie aus dem Nichts landete eine Faust des Orks in seinem Magen. Das Kettenhemd knirschte, Athanor krümmte sich, doch zugleich packte ihn heißer Zorn. Mit einem Wutschrei warf er sich vor, rammte mit dem Schädel das Kinn des Gegners. Der Ork taumelte rückwärts und holte benommen aus. Hastig stach Athanor zu. Mühelos glitt die Schwertspitze in die Kehle des Orks. Anstelle eines Schreis quoll Blut über die dunklen Lippen und spritzte Athanor ins Gesicht. Angewidert stieß er den Ork von sich. Noch umklammerte sein Gegner die Axt, gurgelte Blut, doch die Beine gaben bereits nach.

Während sein Gegner vornüberkippte, wirbelte Athanor herum und spähte nach neuen Angreifern. Nur der Ork mit dem Kopfverband kniete wenige Schritte entfernt und presste eine Hand auf seinen Hals. Im Schein des Feuers sah Athanor den Blutstrom, der zwischen den Fingern hervorquoll. Keine Gefahr mehr.

Keuchend ließ er das Schwert sinken und nahm den Hof der einstigen Festung zum ersten Mal bewusst wahr. Die verfallenden Türme und Wehrmauern umgaben ihn wie die Ränge eines Theaters. Für einen Moment kam er sich vor wie ein Gladiator in der Arena Theroias. Fehlte nur noch, dass ihm ein einsamer Zuschauer Beifall klatschte. Doch im Spiel der Schatten, die die Flammen des Lagerfeuers auf die Ruinen warfen, war niemand zu sehen.

Von den übrigen Gebäuden auf dem Hof waren kaum mehr als Steinhaufen geblieben. Gräser, Sträucher und vereinzelt sogar Bäume wuchsen zwischen den Trümmern. Das Feuer der Orks brannte auf dem einzigen größeren freien Platz, und nah bei den Flammen lag eine riesige gefesselte Gestalt, die nur der gefolterte Troll sein konnte.

Langsam ging Athanor auf das Feuer zu. Erst jetzt merkte er, dass die blutgetränkte Hose an seinem Schenkel klebte, und bei jedem Schritt schmatzte Blut in seinem Stiefel. Allmählich kehrte auch der Schmerz in den verwundeten Fuß zurück. Humpelnd näherte er sich dem Troll. Mit lodernd gelben Augen sah ihm das Ungetüm entgegen, doch offenbar fehlte ihm die Kraft, auch nur den Kopf zu heben.

»Siehst wirklich übel aus«, murmelte Athanor und blieb außer Reichweite der mit Stricken gefesselten Hände stehen. Das Gesicht des Trolls war blutunterlaufen und verquollen. Aus seinem schwarzen Bartgestrüpp ragte eine breit geschlagene Nase, darunter waren aufgeplatzte Lippen zu erahnen. Der Gestank verbrannter Haare hing noch in der Luft. Athanor konnte sehen, wo die Orks Fackeln über die ansonsten dunkel behaarten Unterarme des Trolls gezogen hatten. Abgesengt wie ein geschlachtetes Schwein. Nur, dass der Hüne noch nicht tot war – obwohl sich jemand viel Mühe gegeben hatte, ihn möglichst nah an die Schwelle zu bringen. Der ganze Körper war mit Schnitten und Blutergüssen bedeckt. Sie mussten mit seiner eigenen Keule auf ihn eingeschlagen haben. An den blutigen Händen fehlten zwei Finger und mehrere Nägel.

Athanor richtete den Blick wieder auf das entstellte Gesicht. Der Troll hatte die Augen geschlossen, als ginge ihn das Leben schon nichts mehr an. Er lag so still, dass Athanor Zweifel kamen, ob er noch atmete. Doch damit hatte ihn auch einer der verfluchten Orks beinahe getäuscht. Wenn er nicht aufpasste, verspeiste ihn der Menschenfresser zum späten Abendessen. Er hob das Schwert und spannte die ausgelaugten Muskeln. Außer dem Knistern und Prasseln des Feuers war nichts zu hören.

Wie aus dem Nichts schlug ein Pfeil in den Boden vor Athanors Füßen.

»Keinen Schritt weiter!«, drohte eine Stimme auf Elfisch.

2

Athanor fuhr herum und hielt das Schwert kampfbereit erhoben. Sein Blick suchte den Ursprung der Stimme, doch das Feuer befand sich zwischen ihm und dem Schützen und blendete ihn.

»Weg mit der Waffe!«, forderte der Unsichtbare. Oder war es eine Frau? Noch nie hatte Athanor eine so melodische Stimme gehört. Fast hätte er das Elfische deshalb nicht wiedererkannt.

»Solange ich bedroht werde, behalte ich mein Schwert lieber.« Wenn der Fremde ihn hätte töten wollen, würde er jetzt schon neben dem Troll liegen, also gab es Verhandlungsspielraum. Dennoch machte er sich darauf gefasst, jeden Augenblick den tödlichen Pfeil zu spüren. Stattdessen hörte er leise Stimmen. Auf der verfallenden Wehrmauer schimmerte Metall im flackernden Licht. Also doch Zuschauer. Drei schlanke Gestalten stiegen von dem Gemäuer herab und kamen langsam auf ihn zu. Trotz des schwierigen Untergrunds konnte eine von ihnen dabei auf Athanor zielen. Die beiden anderen hatten Schwerter mit leicht gekrümmten Klingen gezogen. Athanor schnaubte. Wie sollte ein Krieger mit einer solchen Klinge anständig zustechen?

Dennoch waren diese drei gefährliche Gegner. Die Art, wie sie ihre Waffen hielten und sich trotz ihrer Rüstungen mühelos bewegten, verriet geübte Kämpfer. Unwillkürlich musterte Athanor die fremdartigen Harnische, suchte nach Schwachstellen, die er ausnutzen konnte. Alle drei trugen außerdem schmale Helme, deren Enden in elegantem Schwung bis zum Kinn reichten. Der tief herabgezogene Nasenschutz verlieh ihren Gesichtern einen harten Zug.

»Was hast du hier zu suchen?«, fuhr ihn die Schützin an. Sie war so grazil, dass Athanor sicher war, eine Frau vor sich zu haben. Aber …

»Los, antworte, Mensch!«, blaffte der Krieger neben ihr und hob seine Klinge drohend höher.

Mensch? Athanor versuchte vergeblich, in den Schatten der Helme mehr von ihren Gesichtern zu erkennen. Hatte er wirklich Elfen vor sich? »Ich sorge dafür, dass mein Muli und ich endlich schlafen können.«

Für einen Augenblick herrschte Schweigen. Die beiden Schwertkämpfer wechselten einen undeutbaren Blick, nur die Schützin starrte ihn unverwandt an. »Du befindest dich auf der Schwelle unserer Heimat. Für Menschen ist dieses Land verboten.«

»Ist das so.« Es war eher eine Feststellung als eine Frage, aber er brauchte Zeit zum Nachdenken. Die Elfenlande … Er hatte sich schon so lange nicht mehr gefragt, wo er sich befand, dass er jedes Gefühl für Distanzen verloren hatte. Wenn er müde war, schlug er sein Lager auf, und wenn er aufwachte, wanderte er weiter. Wenn man von niemandem erwartet wurde, spielte es keine Rolle, in welche Richtung man ging oder wann man wo ankam. Er war einfach immer weitergezogen. »Das wusste ich nicht.«

Die Blicke der drei sagten deutlich, dass sie seine Antwort ebenso lahm fanden, wie sie in seinen Ohren geklungen hatte.

»Der Bann ist seit Jahrhunderten in Kraft«, schnappte die Bogenschützin, die seltsamerweise die Anführerin zu sein schien. »Ich warne dich, Mensch! Warum bist du hier?«

Allmählich verlor Athanor die Geduld. Seine geprellte Schulter schmerzte, seine Arme wurden schwer, und es zerrte an seinen Nerven, dass begriffsstutzige Fremde mit Waffen vor seiner Nase herumfuchtelten. »Ich hatte keine Ahnung, dass ich schon so weit südlich bin!«, blaffte er zurück und ließ die Klinge sinken. »Ich bin … eine Art Händler.«

»Ein Händler.« Der Blick der Elfe glitt vielsagend über die toten Orks.

»Ja«, erwiderte Athanor unbeirrt. »Wenn die Leute etwas von mir haben wollen, tausche ich es gegen Dinge, die ich haben will.«

»Er wird ein Kriegsflüchtling sein«, ließ sich die dritte Gestalt vernehmen, die bislang geschwiegen hatte.

Noch eine Frau? Verblüfft sah Athanor sie an. Hatten die Elfen nicht genug Männer, um ihre Grenzen zu verteidigen?

»Die Orks bereiten mir mehr Sorgen«, fügte sie hinzu. »Das war seit Langem der größte Trupp, der es gewagt hat, unsere Wälder zu betreten.«

»Du hast recht, Elanya. Ich verschwende hier meine Zeit.« Die Schützin schob den Pfeil zurück in den Köcher auf ihrem Rücken und klopfte mit der flachen Hand zweimal auf die Lederschiene, die ihren Unterarm schützte. »Retheon muss erfahren, was hier vorgefallen ist. Wir brauchen mehr – und größere – Patrouillen.«

Da alle drei Elfen den Blick gen Himmel richteten, sah Athanor ebenfalls hinauf. Dieses Klopfen aufs Handgelenk … So hatte er stets seine Jagdfalken zurück auf den Handschuh gerufen. Doch die Elfe hielt ihren Arm nicht einladend erhoben, und bei Nacht flogen Falken ohnehin nicht. Dennoch entdeckte er plötzlich einen dunklen Punkt im Mondlicht, der rasend schnell auf sie herabstieß und dabei ebenso rasch größer wurde – viel größer. Der Schrei eines Raubvogels gellte durch die Nacht. Angelegte Flügel breiteten sich aus, um die Landung abzufangen. Athanor war, als ob die riesigen Schwingen die Sterne auslöschten. Wie von selbst riss sein Schwertarm die Waffe empor. Flattern und Rauschen erfüllte die Luft, das Feuer flackerte. Staub und Sand wirbelten auf, stachen ihn in die Augen. Schützend hob er die freie Hand vors Gesicht und starrte auf das majestätische Tier, das sich auf breiten Löwenpranken neben dem Troll niederließ.

Ein Greif! Athanor kannte diese Wesen nur von Mosaiken an den Tempeln und Palästen Theroias. Der Körper der Chimäre war mit rotgoldenem Fell bedeckt, das um die Flügel und den Hals in Gefieder überging. Die Raubvogelaugen blickten so streng, als wachten sie unerbittlich über das Schicksal der Welt. Gereizt peitschte der Greif mit seinem Löwenschwanz den Boden und öffnete den respekteinflößenden Schnabel zu einem weiteren Schrei.

»Du kannst die Orks später fressen«, beschied ihm die Elfe, die ihn gerufen hatte, und sprang leichtfüßig auf seinen muskulösen Rücken. »Den Menschen überlasse ich eurer Verantwortung«, eröffnete sie ihren Gefährten. »Verfahrt mit ihm, wie ihr es für richtig haltet.«

Athanor sah nicht, ob sie dem Greif irgendein Zeichen gab, doch das Tier stieß sich bei ihren letzten Worten vom Boden ab und hob sich mit kräftigen Flügelschlägen in die Luft. Der Wind zerrte an Athanors Haar und wehte ihm neuen Staub ins Gesicht. Noch einmal glänzten Gefieder und Fell im Feuerschein auf, dann stieg der Greif so hoch, dass er nur noch ein Schatten im Mondlicht war.

Erst als er sich von dem erhabenen Anblick löste, merkte Athanor, dass er das Schwert noch immer abwehrend erhoben hielt. Er senkte es und wandte sich dabei den verbliebenen Elfen zu. Die Augen des Kriegers funkelten feindselig im Schatten des Helms.

»Wir sollten ihn mitnehmen, damit die Ältesten ihn befragen können«, befand die Elfe, die Elanya genannt worden war. »Er kann uns sicher mehr über den Krieg erzählen als alle unsere Kundschafter zusammen.«

»Mitnehmen?« Der Elf spuckte das Wort förmlich aus. »Er könnte ein Spion sein. Weshalb spricht er sonst unsere Sprache? Und das auch noch schlecht.«

Schlecht? Das ist ja der Gipfel. Wer redet denn hier unverständlich? »Ich kenne eure Sprache nur, weil man mich als Kind gezwungen hat, sie zu lernen. Und ich habe es jeden einzelnen Tag gehasst!« Ob er dem Graubart mit der Weidenrute nun doch dafür dankbar sein musste, würde er erst nach dieser Begegnung entscheiden.

»Das ergibt überhaupt keinen Sinn!«, ereiferte sich der Elf. »Wir sprechen nicht mit ihnen. Warum also sollten Menschen so etwas tun?«

Eine Frage, die sich Athanor damals Tag für Tag gestellt hatte. »Vielleicht, um kleine Kinder zu quälen, die dann später alle stolz darauf sind, dass sie sich in einer Sprache unterhalten können, die außer ihnen niemand versteht.«

Der Elf trat mit zornigem Blick näher und hob drohend sein gekrümmtes Schwert. »Wenn du nicht endlich aufhörst, uns zum Narren zu halten …«

»Ich halte niemanden zum Narren!«, fuhr Athanor auf. »Ich sage die Wahrheit. Ihr mögt die Menschen vergessen haben, aber sie euch nicht. Wer Wissen in Worte fassen will, benutzt eure Sprache, weil alle Schriften in Elfisch verfasst sind.«

»Lass uns endlich vernünftig mit ihm sprechen, Davaron. Dieser Streit führt nirgendwo hin.«

»Man kann mit Menschen nicht vernünftig sprechen. Gewalt ist die einzige Sprache, die sie verstehen.«

Athanor hatte genug davon, sich beschimpfen zu lassen. In seinen Wunden pochte und brannte es. Er fühlte sich müde und etwas schwindlig. »Falls du mich unbedingt töten willst, könnten wir dann jetzt damit anfangen? Ansonsten würde ich mich nämlich setzen.« Vage deutete er auf seinen verletzten Fuß, ohne sein Gegenüber aus den Augen zu lassen.

Davaron erwiderte ungerührt seinen Blick. »Glaub mir, wenn wir nicht tatsächlich mehr über die Geschehnisse in den Menschenlanden in Erfahrung bringen müssten, würde ich dich auf der Stelle zu den Schatten schicken.«

Athanor blieb die Erwiderung im Hals stecken – jäh begann der Griff seines Schwerts förmlich zu glühen und wurde mit jedem Augenblick heißer. Sein verwundertes »Was …« ging in ein gequältes Zischen über, als sich der Schmerz in seine Hand fraß. Hastig ließ er das Schwert fallen.

»Es wäre sinnvoller, du würdest deine Kräfte für die Orks aufheben«, riet Elanya ihrem Begleiter kühl. »Was, wenn dies hier nur eine Vorhut war?«

Er hat gezaubert? Athanor sah auf seine gerötete Handfläche hinab. Der verfluchte Elf hat meine Waffe verzaubert, und ich habe es nicht einmal bemerkt?

»Die Lektion war nötig«, stellte Davaron frostig fest.

Elanya ignorierte ihn. »Bist du schwer verletzt?«, wandte sie sich an Athanor. Ihr Blick machte deutlich, dass sie seinen Fuß meinte, nicht die Brandblasen auf seiner Hand.

»Das wirst du bereuen, Elf!«, schwor er, bevor er Elanya ansah. »Ich weiß nicht, wie schwer ich verwundet bin, aber ich würde gern endlich nachsehen.«

»Davaron wird dich nicht mehr davon abhalten«, behauptete sie.

»Weiß er das auch?«, murmelte Athanor, doch der Elf beobachtete ihn nur missmutig dabei, wie er sich auf einem Mauerrest niederließ und die Wunde an seinem Oberschenkel untersuchte, so gut es durch den blutverkrusteten Schnitt in der Hose möglich war. Das Messer des Orks hatte wohl nur die Haut durchtrennt. Er verstand nicht viel von Wundversorgung, aber manches, was die Feldscher im Krieg gesagt und getan hatten, war ihm nur zu gut in Erinnerung geblieben. Sobald es ging, würde er die Wunde nähen müssen, sonst riss sie ständig wieder auf.

Schon jetzt schmerzte sie, und als Athanor das Bein anwinkelte, um den aufgeschlitzten Stiefel abzustreifen, quoll frisches Blut hervor. Darunter kam ein mit Blut getränkter Strumpf zum Vorschein. An dessen Unterseite klebte Schmutz, der durch einen weiteren Schlitz in der Stiefelsohle eingedrungen war. Athanor wackelte mit den Zehen. Glück gehabt. Das Speerblatt musste genau zwischen zwei Knochen gefahren sein. Gebrochen war offenbar nichts.

Ein leises Schaben ließ ihn aufblicken. Elanya schob ihr Schwert in die Scheide am Gürtel zurück und zog den Helm vom Kopf. Aus dem langen, rötlich braunen Haar, das sie zu einem Zopf gebunden hatte, lugten die Spitzen ihrer Ohren hervor – ganz so, wie Athanor es von den Statuen in den Hallen der Gelehrten kannte. Ihr Gesicht war makellos schön. Zu makellos für seinen Geschmack, doch da er so lange keine Frau mehr gesehen hatte, wollte er sich nicht über Kleinigkeiten beschweren. Das Licht der Flammen verlieh ihrer Haut einen goldenen Schimmer. Zu gern hätte er mehr davon gesehen, aber nachdem sie den Helm am Boden abgelegt hatte, öffnete sie nicht etwa die Schnallen ihres Harnischs, sondern nur einen Beutel, der an ihrem Gürtel hing.

»Was hast du vor?«, fragte ihr Begleiter.

»Ich reinige mich, sonst kann ich ihn nicht heilen.« Sie ließ ein weißes Pulver aus dem Beutel auf ihre Handfläche rinnen.

»Du willst ihn anfassen? Er ist so unrein, dass es zum Himmel stinkt!«

Athanor warf dem Elf einen bösen Blick zu. Mein letztes Bad mag ja eine Weile her sein, aber …

»Warum sollte er sich reinigen?«, gab Elanya zurück. »Seine Seele gehört ohnehin dem Herrn des Nichts.«

Was zum …

»Genau deshalb solltest du ihn nicht berühren«, beharrte Davaron.

Elanya schloss die Faust um das Pulver und fischte mit spitzen Fingern einen Wasserschlauch aus den Habseligkeiten der Orks. »Siehst du seinen Fuß?« Sie spritzte ein wenig Wasser auf das Pulver. »Wenn ich ihn davor bewahre, an Wundfäule zu sterben, kann ich einen Teil meiner Schuld abtragen.«

»Dafür gibt es einfachere Wege«, murrte der Elf, doch Elanya rieb sich unbeeindruckt das Gemisch aus ihrer Hand ins Gesicht. Seltsamerweise war es durchsichtig geworden und hinterließ keine weißen Spuren. Dennoch nahm sie sogleich den Wasserschlauch zu Hilfe, um die geheimnisvolle Substanz wieder abzuwaschen. Fasziniert sah Athanor zu, wie sie sich näher zum Feuer beugte und mit anmutigen Gesten Rauch in ihre Richtung lenkte, als wollte sie sich damit übergießen.

Als sie sich ihm zuwandte, gab er rasch vor, ganz darauf konzentriert zu sein, sich den Strumpf vom Fuß zu ziehen. Die Haut darunter war mit frischem und getrocknetem Blut verschmiert. Wenn er die Zehen bewegte, quollen noch immer zähe Tropfen aus dem Spalt, den der Speer hinterlassen hatte.

Elanya kniete sich vor ihm auf den steinigen Boden und streckte halb einladend, halb fordernd die Hand nach seinem Fuß aus. »Ich bin Heilerin. Ich kann dir helfen, wenn du mich lässt.«

Wusste ich doch gleich, dass eine Frau kein Krieger sein kann. Aber sie hatte die Klinge sehr geübt gehandhabt. Falls er um seine Freiheit kämpfen musste, durfte er sie nicht unterschätzen. »Das ist sehr freundlich von dir, aber ich kann mich selbst versorgen. Ich habe alles, was ich brauche, in meinen Packtaschen.« Insgeheim hoffte er, dass ihr Stolz ihr verbot, das Angebot zurückzuziehen. Sein Stolz gebot ihm jedenfalls, es erst einmal abzulehnen.

Über ihr Gesicht huschte ein Lächeln, das er nicht deuten konnte, doch angesichts ihrer großen grünen Augen war es ihm gleich. »Mit solchen Wunden ist es ein weiter Weg zu deinem Muli.«

»Wenn er nicht will, kümmere dich lieber um den Troll«, riet Davaron verärgert.

»Nein, nein, du hast recht«, versicherte Athanor. »Es wäre dumm von mir, ohne Verband durch den Wald zu laufen.« Er hatte schon bessere Wege beschritten, um mit einer Frau anzubändeln, als ihr einen blutigen Fuß vor die Nase zu halten, aber manchmal musste man eben nehmen, was die Lage hergab.

»Der Troll wird mich noch die halbe Nacht beschäftigen«, schätzte Elanya an Davaron gewandt. »Wer weiß, ob meine Kräfte danach noch für den Menschen reichen würden.«

Dann gehört das Ungeheuer zu ihnen. Das erklärte, warum sie ihn davon abgehalten hatten, es zu töten. Aber … »Ihr seid mit den Trollen verbündet? Ich dachte …«

»Wir sind nicht mit ihnen verbündet«, schnappte der Elfenkrieger. »Es sind dumme, blutrünstige Tiere! Entweder sie gehorchen uns, oder wir töten sie.«

»Dem Sein sei Dank sind sie klug genug, den Gehorsam zu wählen«, fügte Elanya hinzu.

Athanors Respekt vor dem riesigen Kerl, der reglos jenseits des Feuers lag, sank. Trolle sind also feige. Dann waren sie nicht besser als er. Mit Feigheit kannte er sich bestens aus.

Die Elfe ergriff seinen Fuß und strich mit beiden Daumen über die Haut um die Wunde. Es überraschte ihn, dass er keine Spur von Widerwillen oder Ekel in ihren Zügen entdeckte. Obwohl sie so jung aussah, musste sie eine erfahrene Heilerin sein.

Im ersten Moment fühlten sich ihre Finger kühl und fremd an, doch der Eindruck verging und wich angenehmer Wärme. Dass sie die Verletzung zuerst untersuchte, verstand sich von selbst, aber hätte sie dazu nicht erst einmal das Blut abwaschen müssen? Nun schloss sie auch noch die Augen. Nun ja. Seinetwegen durfte sie seinen Fuß gern die ganze Nacht streicheln – und noch einige Stellen mehr …

»Warum hast du wirklich die Orks angegriffen?«, fragte sie.

»Das sagte ich doch schon. Ich konnte bei dem Geschrei nicht schlafen.« In der Wunde begann es, fast unmerklich zu stechen. Die Wärme aus Elanyas Händen erfasste seinen ganzen Fuß. Benutzte sie denn keine Salben oder Tinkturen?

Die Elfe schüttelte den Kopf. »Es wäre einfacher gewesen, sich davonzuschleichen. Und sehr viel ungefährlicher.«

»Ansichtssache.« Vor einigen Jahren hätte er wohl dasselbe gesagt, doch damals hatte er noch nicht geahnt, wie es war, gejagt zu werden. »Wenn ich weitergezogen wäre, hätten sie morgen meine Spuren gefunden und mich verfolgt. Es ist besser, mich dem Feind zu stellen, solange er nichts von mir ahnt, als ihn im Nacken zu haben.«

»Auch wenn er so deutlich in der Überzahl ist?«

»Gerade dann.«

»Das ist der Weg, der in den Tod führt«, tadelte sie. »Ich hätte versucht, meine Spuren zu verwischen. So hätten sie nie erfahren, dass ich in ihrer Nähe war.«

Er sparte sich den Hinweis, dass sie auch nur eine Heilerin und er ein Krieger war. Ihren Mut anzuzweifeln, würde nicht dazu beitragen, sie auf sein Lager zu bekommen.

»Wir hätten die Orks am Leben lassen sollen, die über die Mauer kamen, um ihm in den Rücken zu fallen«, brachte sich Davaron in Erinnerung. Er stand noch immer mit gezückter Waffe in der Nähe und behielt Athanor argwöhnisch im Auge.

Da waren noch mehr? Also hatte er sich doch nicht verschätzt. »Ich hatte mich schon gewundert, wo sie bleiben.«

»Du glaubst also, du wärst auch mit ihnen noch fertig geworden.« Davaron winkte ab.

»So, das dürfte reichen«, verkündete Elanya, bevor Athanor antworten konnte.

»Was?« Verblüfft sah er auf seinen Fuß, der noch immer blutverschmiert und ohne Verband war. Das Stechen war fort. Die Wärme verflog, sobald die Elfe ihn losließ. Doch wo der Speer den Spalt hinterlassen hatte … Athanor beugte sich vor und rieb ungläubig über das getrocknete Blut. Elanya ließ etwas Wasser aus dem Trinkschlauch über die Stelle rinnen, damit er die Krusten wegwischen konnte. Darunter war nur noch rötliches Narbengewebe zu sehen. Als seien Tage oder Wochen vergangen! Obwohl er sich dumm dabei vorkam und es an seiner Messerwunde riss, warf er auch einen Blick auf die Fußsohle. Nur noch eine Narbe, mehr nicht. »Das ist Magie!«, entfuhr es ihm, und schon kam er sich noch dämlicher vor.

»Natürlich ist es das«, sagte Davaron. »Was sonst?«

»Gibt es denn unter den Menschen keine Magier, die heilen können?«, erkundigte sich Elanya sichtlich amüsiert.

Athanor richtete sich auf, um seine Würde zurückzuerlangen. »Es gab ein paar Zauberer, aber sie hatten angeblich Wichtigeres zu tun, als sich um das Wohl anderer zu kümmern.«

»Was kann es denn Wichtigeres geben?«, wunderte sich Elanya.

»Wen interessiert das jetzt noch?«, fragte Davaron. »Sie sind wahrscheinlich ebenso tot wie die meisten anderen Menschen. Bis auf ihn hier. Sieh lieber zu, dass du fertig wirst! Ich will aufbrechen, sobald Mahalea zurückkommt.«

»Wenn er uns begleiten soll, muss er schnell genug laufen können.« Elanya rückte ein wenig zur Seite, um einen besseren Blick auf den Schnitt in Athanors Oberschenkel zu bekommen.

»Es ist nicht tief«, wiegelte Athanor ab, drehte sich jedoch, damit mehr Licht auf die Wunde fiel. Wenn die Elfe ihn heilen wollte, verzichtete er gern darauf, sich mit der dicken Knochennadel zu malträtieren.

»Trotzdem wird es dich aufhalten – und damit uns«, stellte Elanya fest und schob ihre Hand durch den Schnitt in der Hose, um sie auf die Wunde zu legen. Wieder schloss sie die Augen.

Das letzte Mal, dass die Finger einer Frau in meiner Hose steckten, muss bei der Siegesfeier in Letho gewesen sein. Sie hatten mit reichlich Wein auf die Einnahme der Stadt angestoßen, weshalb seine Erinnerung nur verschwommen war, aber auch ohne den Nebel der Trunkenheit kam es ihm vor, als läge diese Zeit ein ganzes Leben zurück.

Während es unter Elanyas Hand wärmer wurde, setzte ein Pochen in der Wunde ein. In der Stille, die sich zwischen ihnen ausbreitete, blieb Athanors Blick erneut an ihrem Harnisch hängen. Aus der Ferne hatte er das Material für Leder gehalten, das mit verschlungenen Bronzebeschlägen verstärkt worden war. Doch aus der Nähe betrachtet glaubte er, gewebten Stoff unter den Bronzeranken zu erkennen. Stoff, der so steif ist wie gekochtes Leder. Hält er wirklich eine Klinge ab?

»Starr sie nicht so an!« Davaron trat näher. Die Spitze seines Schwerts zielte auf Athanors Hals.

»Mit ehrlicher Klinge drohen, aber mit Zauberei zuschlagen.« Athanor bedachte den Elf mit einem verächtlichen Blick. »Ich bin nicht dein Gefangener, dem du irgendetwas vorschreiben könntest. Ich sitze aus freien Stücken hier.«

»Und ich wäre froh, wenn wir es dabei belassen könnten«, sagte Elanya nachdrücklich. »Es sind genug Menschen gestorben, Davaron. Lass uns diesen hier als Gast betrachten. Er hat Orks getötet, keine Elfen.«

»Dann würde er auch nicht mehr hier sitzen, sondern längst in seinem Blut liegen!« Trotzdem wich Davaron zurück.

Elanya nahm ihre Hand von der Wunde und schenkte Athanor ein spöttisches Lächeln. »Du machst ihn gesprächig. Ich glaube, er hat seit Jahren nicht mehr so viel geredet.«

»Na wunderbar.« Auf diese Ehre konnte er nun wirklich verzichten.

Davaron warf ihnen nur einen weiteren finsteren Blick zu. Elanya erhob sich und ging zu dem Troll hinüber. Ohne das geringste Anzeichen von Furcht beugte sie sich über seine riesigen, von den Orks verstümmelten Hände. Konnte sie mit ihrer Magie auch die abgetrennten Finger nachwachsen lassen? Athanor bezweifelte es. Elanya zog einen Dolch aus ihrem Gürtel und durchtrennte die Fesseln des Ungetüms.

Obwohl Athanor im Grunde bereits wusste, dass auch von seinem Messerschnitt nur eine Narbe zurückgeblieben war, sah er nach. Unter dem Blut kam eine dünne rötliche Narbe zum Vorschein, wie an seinem Fuß. Unglaublich. Kopfschüttelnd stand er auf. Manchmal hatte er einfach unverschämtes Glück. Manchmal aber auch nicht. Als er sein Schwert aufhob, drückte der Griff schmerzhaft auf die Brandblasen.

»Elanya mag dich als Gast betrachten«, zischte Davaron, »aber wenn du eine falsche Bewegung machst, sorge ich dafür, dass dein ganzer Körper aussieht wie diese Hand.«

3

Brauchen Elfen überhaupt keinen Schlaf? Allmählich beneidete Athanor den Troll, der wohl immer noch schnarchend neben dem Feuer lag. Seit Mahalea auf ihrem Greif zurückgekehrt war, um über den Verwundeten zu wachen, bis Verstärkung eintraf, eilte er mit den Elfen durch den lichten, weglosen Wald, der die Hügel ihrer Heimat bedeckte. Jetzt weiß ich auch, warum sie mich geheilt hat. Schon ohne ernsthafte Verletzungen hatte er Mühe genug, mit ihren flinken Pferden Schritt zu halten. Während er das mit Vorräten und Tauschwaren beladene Muli hinter sich herzerrte, lenkten sie ihre Tiere sogar ohne Sattel und Zaumzeug. Bestimmt war wieder Magie im Spiel. Aber lieber hätte er sich auf die Zunge gebissen, als sich über die Hast zu beschweren. Auf der Flucht vor den Drachen und ihren verfluchten Dienern hatte er schließlich ganz andere Strapazen überlebt. Stattdessen setzte er ein grimmiges Lächeln auf, wann immer sich Davaron zu ihm umdrehte. Was der Elf zweifellos nur tat, um sich zu vergewissern, dass ihr »Gast« ihnen noch folgte. Elanya hingegen sah kein einziges Mal über die Schulter.

Athanor lief weiter. Immer höher stieg die Sonne und löste den Morgennebel auf. Selbst unter den Bäumen wurde es bald so warm, dass Athanor Schweiß von der Stirn rann. Anhöhe für Anhöhe eilte er hinauf und hinunter. In jede Richtung erstreckten sich die Hügel bis zum Horizont. Den kurzen Schatten nach zu urteilen, musste es längst Mittag sein, doch die Elfen zeigten keine Anzeichen von Ermüdung. Unbeirrt folgten sie ihrem unsichtbaren Pfad.

Soll das den ganzen Tag so weitergehen? Athanors Magen ballte sich zusammen wie eine Faust, und seine Kehle war staubtrocken. Seit der kurzen Rast bei Sonnenaufgang hatte er nichts mehr getrunken. Zum Essen war gar nicht erst Zeit geblieben, denn die Elfen waren weitergeritten, sobald sie die Pferde getränkt und selbst ein paar Schlucke aus dem klaren Bach genommen hatten. Wozu die Schinderei, wenn ihnen kein Feind auf den Fersen war? Macht, was ihr wollt. Ich werde jetzt essen.

Er blieb stehen, und sofort stürzte sich das Muli so ausgehungert auf die nächsten Grashalme, dass es ihm fast den Strick aus der Hand riss. Knurrend warf er den Rest des Seils nach dem Tier, doch es zuckte nicht einmal mit den langen Ohren. Kopfschüttelnd öffnete er eine der Taschen am Packsattel und zog zwei Lederbänder und ein Stück Dachsfell daraus hervor. Stur wie ein Maulesel. Dasselbe dachte der Elf vermutlich von ihm. Doch der Kerl würde sich nicht damit begnügen, etwas Harmloses nach ihm zu werfen. Sorgfältig wickelte Athanor das Fell um seinen Schwertgriff und band es mit den Riemen fest. Brachte der Mistkerl die Waffe erneut zum Glühen, würde ihm das Polster ein paar Hiebe erkaufen, bevor die Hitze hindurchdrang.

Er prüfte, ob die Klinge locker genug in der Scheide saß, und setzte sich zufrieden auf den mit Moos und altem Laub bedeckten Boden. Das Land der Elfen. Zahllose Legenden rankten sich darum, Geschichten von Zauberei und Gefahr. Nun würde er erfahren, wie viel Wahrheit in ihnen steckte. Na und? Es gab niemanden mehr, dem er davon erzählen konnte. Er nahm einen tiefen Schluck aus dem Wasserschlauch und wünschte, es wäre Wein.

Im Wald war es so still, dass Athanor das Trommeln der Pferdehufe schon von Weitem hörte. Das Trockenfleisch würde also noch einen Moment in seinem Beutel warten müssen. Er hatte nicht vor, es in den Dreck fallen zu lassen, nur weil ihn ein übellauniger Elf angriff. Doch es war Elanya, die auf ihrer eigenen Spur zurückgaloppierte. Das fuchsrote Pferd verriet sie, lange bevor er ihr Gesicht erkennen konnte.

Wo steckte Davaron? Athanor lauschte, ohne den Blick von der Elfe zu lösen, deren Pferd zwei Speerlängen vor ihm anhielt. Ihre glatten Züge verrieten kein Gefühl, aber in ihren Augen glaubte er Ärger und Unverständnis zu sehen.

»Warum sitzt du hier? Bist du zusammengebrochen?«

Gerade als er den Mund zu einer Antwort öffnen wollte, drang von hinten Hufschlag an sein Ohr. Das Pferd preschte so schnell heran, dass er bereits das Zittern des Bodens spürte. Athanor sprang auf, wirbelte herum und riss in der Drehung das Schwert heraus. In einer Woge raschelnden Laubs kam Davarons Hengst zum Stehen, die Nüstern nur eine Handbreit von Athanors Schwertspitze entfernt. Mit blanker Klinge in der Hand starrte Davaron finster von seinem Ross herab.

»Damit wir uns nicht missverstehen«, sagte Athanor. »Ich verschwende meine Zeit nicht damit, gegen Reiter zu kämpfen. Ich töte das Pferd. Und dann töte ich den Mann, der darunter eingeklemmt liegt.«

»Von einem Menschen habe ich nichts anderes erwartet«, gab der Elf kalt zurück. »Töten ist alles, was ihr könnt.«

Es lag so viel Wahrheit in diesem Satz, dass Athanor getroffen mit den Zähnen knirschte. Und ich bin der Meister von allen. Ich schaffe es sogar ganz ohne Waffen. Ich muss nicht einmal einen Finger dafür rühren.

»Niemand muss sterben, wenn ihr endlich aufhört, euch aufzuführen wie zankende Harpyien über der Beute.«

Davarons Blick schoss zu Elanya, als hätte er Athanors Anwesenheit vergessen. Er sah sie so eisig an, dass es selbst Athanor kalt wurde.

Elanyas Augen waren vor Schreck geweitet. Sie hielt eine Hand vor den Mund, als könnten ihr ungewollt weitere Worte entschlüpfen. »Es tut mir leid«, wisperte sie, bis ihre Stimme mehr Kraft fand. »Verzeih mir. Ich weiß nicht, wie ich ausgerechnet auf Harpyien kam. Ich …« Sie brach ab, doch der Elf erwiderte nichts. Noch immer starrte er sie an. Trotz des Helms konnte Athanor den kalten Zorn in der versteinerten Miene erkennen. Wortlos schob Davaron seine gekrümmte Klinge in die Scheide zurück, ohne den Blick von Elanya zu nehmen. Das Schweigen wog schwerer als jeder Vorwurf. Was zum Dunklen läuft hier?

»Es tut mir wirklich leid«, beteuerte Elanya, die langsam ihre Fassung zurückgewann. Davaron schwieg immer noch. Elanya seufzte und warf ihm einen letzten Blick zu, bevor sie sich Athanor zuwandte. Offenbar würde Davaron sie doch nicht umbringen. Vorerst beruhigt steckte Athanor das Schwert wieder ein.

»Was bei allen Alfara machst du hier?«, wollte sie endlich wissen.

Er hob den ledernen Beutel mit dem Trockenfleisch auf und zuckte die Schultern. »Ich esse.«

»Aber es wird doch heute Abend in Ardarea etwas geben.«

»Ihr könnt so viele Mahlzeiten auslassen, wie ihr wollt. Das ist eure Sache. Ich sehe dafür keinen Grund.« Er fischte einen Streifen aus dem Beutel und biss von den zähen Fasern ab. Von einem leichten Rauchgeschmack abgesehen waren sie fad und muffig, aber daran hatte er sich längst gewöhnt.

»Auslassen?« Elanya sah verwirrt zu Davaron, der geringschätzig das Gesicht verzog.

»Menschen essen ständig. Mindestens drei Mal am Tag.«

»Tut ihr das nicht?«, staunte Athanor. Kein Wunder, dass sie so schmächtig sind.

»Natürlich nicht«, erwiderte Elanya. »Warum sollten wir? Es genügt doch zu essen, wenn man Hunger hat.«

»Äh, ja. Sicher. Ich habe eben etwas öfter Hunger als ihr.«

Dagegen konnte Elanya offenbar nichts einwenden. Schweigend sah sie zu, wie er das Trockenfleisch Bissen für Bissen mit Wasser hinunterspülte, und ritt mit einem knappen Nicken weiter.

* * *

Dass sich Davaron nun hinter ihm hielt, störte Athanor nicht, solange der Elf nicht versuchte, ihn anzutreiben wie ein Stück Vieh. Doch nach einer Weile ritt Elanya voraus, um ihre Ankunft anzukündigen, und sogleich hatte Athanor den Eindruck, Davarons Atem im Nacken zu spüren. Vielleicht lag es nur daran, dass er nun langsamer lief. Schließlich kannte er die Richtung nicht und musste deshalb auf Elanyas Spuren achten. Trotzdem ärgerte es ihn. Ständig dieser feindselige Blick im Rücken, den er sich lebhaft vorstellen konnte, war schlimm genug. Abrupt blieb er stehen und fasste den Strick fester. Das Muli ruckte vergeblich daran.

»Entweder reitest du langsamer oder voraus«, stellte er Davaron vor die Wahl und ignorierte den Schubs, den ihm der Maulesel mit der Nase gab. »Und keine Sorge«, fügte er hinzu. »Ich habe nicht vor, wegzulaufen.«

Finster sah der Elf ihn an. Vermutlich kannte er keinen anderen Gesichtsausdruck. »Glaubst du, ich verlasse mich auf dein Wort, Mensch?« Aus seinem Mund klang es stets wie eine Beleidigung. »Ich werde nicht riskieren, dass es heißt, ein Sohn Piriths sei schuld daran, dass Söhne und Töchter Ardas starben.«

Athanor beschloss, die Unterstellung zu übergehen. Mit diesem Kerl zu streiten, war so sinnlos, wie einem Muli das Lesen beibringen zu wollen. Er stapfte weiter und zerrte das Packtier hinter sich her. Eine Weile dachte er über Davarons Worte nach. Sie konnten bedeuten, dass der Elf nicht aus der Gegend stammte, sonst hätte er auch seine eigene Familie in Gefahr glauben müssen. Oder er gehörte einem kriegerischen Haus an, das verpflichtet war, die anderen zu beschützen. »Ist Elanya eine Tochter Ardas?«

»Was geht es dich an, Mensch?«

»Ich versuche nur herauszufinden, von welcher Familie ich einen Funken Gastfreundschaft erwarten kann.«

»Die Söhne und Töchter Ardas sind keine Familie, sondern ein Volk! Hast du nicht behauptet, dass die Menschen die Elfen nicht vergessen hätten? Wenn sie nicht einmal mehr von den vier Völkern der Elfen wissen, kann es damit nicht weit her sein.«

»Ich bin Krieger, kein Gelehrter. Mag sein, dass es Schriften darüber gab.« Pergamente, die mit den Bibliotheken Theroias in Flammen aufgegangen sind. Für einen Augenblick spürte er erneut die Hitze der brennenden Stadt auf der Haut. Rauch kratzte in seinem Hals, biss in seine Augen. In seinen Ohren fauchte und brüllte das Feuer, und die Menschen schrien. Wie ein nasser Hund schüttelte er den Kopf, doch es war der Hufschlag eines galoppierenden Pferds, der die Erinnerungen endlich vertrieb.

Athanor blickte auf und entdeckte zwischen den Bäumen Elanya, die zurückkam. Da sie so wenig Zeit gebraucht hatte, konnte es bis zur Stadt der Elfen nicht mehr weit sein. Ein Lächeln huschte über ihr Gesicht. »Ich bin erfreut zu sehen, dass ihr beide noch lebt.«

»Warum sollten wir nicht?«, fragte Athanor schmunzelnd. »Wir haben nur ein wenig geplaudert.«

Davaron zog es offenbar vor, nichts dazu zu sagen, aber Athanor konnte sich seinen Blick in den düstersten Farben ausmalen.

»Gut, dann kommt!« Elanya wendete ihr Pferd, um wieder voranzureiten. »Peredin, der Älteste der Söhne und Töchter Ardas, erwartet uns.«