Atlan 754: Der erste Stützpunkt - Falk-Ingo Klee - E-Book

Atlan 754: Der erste Stützpunkt E-Book

Falk-Ingo Klee

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Beschreibung

Zur Jahreswende 3819/20 beginnt sich die Machtkonstellation in der Galaxis Manam-Turu drastisch zu verändern. Atlans Hauptgegner, der Erleuchtete, der vor Jahresfrist Alkordoom verließ, um hier, an seinem Ursprungsort, sein Kunstgeschöpf EVOLO zu vollenden, ist nicht mehr. Vergalo - so lautet der ursprüngliche Name des Erleuchteten - hielt sich in seiner Hybris für unschlagbar, und diese Einstellung, gepaart mit sträflichem Fehlverhalten, führte letztlich dazu, dass EVOLO seinen Schöpfer vernichtete. Auch wenn Atlans größter Gegner nicht mehr existiert, die Lage in Manam-Turu ist deswegen noch lange nicht bereinigt. EVOLO ist nun stärker denn je, und was dieses mächtige Psi-Geschöpf nach seinem Sieg über den Erleuchteten unternehmen mag, wird sicher nicht dem allgemeinen Wohl dienen. Abgesehen davon hat das Neue Konzil, bestehend aus Hyptons und Ligriden, seine Eroberungspläne längst nicht aufgegeben, auch wenn die Daila den Eroberern kräftig Paroli bieten. Doch wenden wir uns jetzt erst einmal wieder den Machenschaften EVOLOS zu! Er, der Sieger über den Erleuchteten, scheint in die Fußstapfen seines Schöpfers zu treten. Welche Gefahr für ganz Manam-Turu er darstellt, zeigt sich auf der Welt der Kaytaber, denn sie wird DER ERSTE STÜTZPUNKT ...

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Nr. 754

Der erste Stützpunkt

Ein Volk wir hörig

von Falk-Ingo Klee

Zur Jahreswende 3819/20 beginnt sich die Machtkonstellation in der Galaxis Manam-Turu drastisch zu verändern. Atlans Hauptgegner, der Erleuchtete, der vor Jahresfrist Alkordoom verließ, um hier, an seinem Ursprungsort, sein Kunstgeschöpf EVOLO zu vollenden, ist nicht mehr.

Vergalo – so lautet der ursprüngliche Name des Erleuchteten – hielt sich in seiner Hybris für unschlagbar, und diese Einstellung, gepaart mit sträflichem Fehlverhalten, führte letztlich dazu, dass EVOLO seinen Schöpfer vernichtete.

Auch wenn Atlans größter Gegner nicht mehr existiert, die Lage in Manam-Turu ist deswegen noch lange nicht bereinigt. EVOLO ist nun stärker denn je, und was dieses mächtige Psi-Geschöpf nach seinem Sieg über den Erleuchteten unternehmen mag, wird sicher nicht dem allgemeinen Wohl dienen. Abgesehen davon hat das Neue Konzil, bestehend aus Hyptons und Ligriden, seine Eroberungspläne längst nicht aufgegeben, auch wenn die Daila den Eroberern kräftig Paroli bieten.

Die Hauptpersonen des Romans

Traykon – Ein unermüdlicher Helfer der Kaytaber.

Perlmutt – Eine junge Kaytaberin.

Tranoque und Maronx – Verantwortliche von Yutlamal.

Evodix, Evroom und Everyhan – Drei suspekte Fremde in Yutlamal.

Linque und Restjue

1.

Der Turm aus Bruchsteinen, auf dem ich stand, war erst vor wenigen Tagen nach meinen Instruktionen fertig gestellt worden, doch sein Material wirkte so verwittert, als wäre er schon Jahrhunderte alt.

Wuchtig wie ein Festungsbau überragte er die Häuser, die nur selten eine Höhe von mehr als zwei Stockwerken hatten. Von hier oben aus hatte man einen ausgezeichneten Blick über ganz Yutlamal und die malerische Umgebung. Die Stadt war auf einer Erhebung erbaut und lag inmitten eines hügeligen Geländes zwischen den senkrechten Hängen eines Urstromtals.

Es war ein schönes Fleckchen Erde. Majestätisch schlängelte sich der nahe Fluss durch die anmutige Landschaft, schimmernd wie poliertes Silber. Saftige Wiesen in sattem Grün bildeten Hintergrund und Kulisse für bunte Blumen und blühende Wildkräuter, die sich über die Gräser erhoben. Frisch gepflügte Streifen aus dunklem, fettig glänzendem Mutterboden umgaben die Vegetationsinseln, die nicht bearbeitet wurden. Wie gelbe Flicken hoben sich dagegen die kleinen Felder aus gelbem Löß ab, auf denen Mannanna angebaut wurde. Noch lagen die von Palisadenwänden, Hecken und Dornengestrüpp geschützten Äcker brach, aber bald konnte wieder gesät werden, und dann würde das üppig sprießende Korn sich in ein Meer aus wogenden Ähren verwandeln.

Von keinem Luftzug bewegt und achtunggebietend standen die Baumriesen da. Blankgeputzt leuchtete ihr Blattwerk, würdevoll reckten sie ihre belaubten Kronen in den hellen Himmel, den kein Wölkchen trübte. Eine gewisse Feierlichkeit ging von den Wäldern aus, die Felder und Wiesen säumten. Sie schienen über alles erhaben zu sein, scheinbar unangreifbar, nur den Naturgewalten Tribut zollend, uralte, weise Beobachter, die allem und jedem Nahrung und Lebensgrundlage boten, der sich in ihren Schutz begab. Freund und Feind tummelten sich zwischen den mächtigen Stämmen, die mit ihrem Laub die Unbilden der Witterung abmilderten.

Auch Yutlamal profitierte von den Wäldern. Ihr Holz diente nicht nur zum Hausbau, sondern auch zur Befestigung der Wälle rings um die Stadt, zur Anlegung von Brücken, zur Errichtung von Wachtürmen auf den Feldern und zum Bau von Toren. Unter meiner Anleitung hatte sich Yutlamal in eine Wehrsiedlung verwandelt, umgeben von einem Wassergraben, so dass die Stadt für die Tixudkatzen fast unangreifbar wurde. Dezimiert, wie die Tiere waren, stellten sie im Augenblick keine Bedrohung mehr für die Kaytaber dar, doch da die Planetarier sie nicht gezielt verfolgten oder gar ihre Ausrottung betrieben, würde sich die Art wieder erholen.

Die ärgsten Schäden hatten abgewendet werden können. Der Weiße Unbekannte, jener geheimnisvolle Nebel, der das Psi-Potenzial des Getreides in sich aufgenommen und es dadurch als Nahrung für die Kaytaber unbrauchbar gemacht hatte, hatte Aytab nicht mehr heimgesucht. Die Vermutung, dass es sich bei dieser Erscheinung um EVOLO oder zumindest um sein Werk handelte, lag nahe, doch der letzte Beweis fehlte mir trotz umfangreicher Untersuchungen. Immerhin hatte genug Mannanna geerntet werden können, um die Speicher halbwegs zu füllen und eine Neuaussaat zu sichern. Meine Analysen hatten ergeben, dass keine Substanzen im Boden zurückgeblieben waren, die das Korn in der nächsten Wachstumsperiode ungenießbar machen würden.

Nicht nur eine Hungersnot war gebannt worden, es war auch gelungen, die Zerstörungen zu beheben, die die rasenden Tixudkatzen angerichtet hatten. Damit nicht genug, hatte ich auch allerlei Verbesserungen einführen können, die der Sicherheit und der Anhebung des Lebensstandards dienten. Das betraf nicht nur den persönlichen Bereich, sondern vor allem auch die Technik. Die Holprigs, jene vorsintflutlichen Vehikel mit Verbrennungsmotor, die als bodengebundene Transportmittel eingesetzt wurden, konnten inzwischen tatsächlich als »Autos« bezeichnet werden, und aus der mittelalterlichen Alchimistenküche von Linque und Restjue war ein Labor geworden, das diesen Namen auch verdiente. Das Wrack des abgestürzten Traykon-Schiffes hatte sich dabei als eine unerschöpfliche Fundgrube erwiesen, dessen Schätze noch längst nicht alle geborgen waren.

Meine unermüdlichsten und auch sachkundigsten Helfer dabei waren die beiden Forscher, die ich der Einfachheit halber Links und Rechts nannte. Natürlich begriffen sie nicht alles und beherrschten die komplizierte Maschinerie nur zu einem geringen Teil, doch sie waren wissbegierig und lernten täglich dazu. Routineangelegenheiten konnte ich ihnen getrost überlassen, und hatten sie erst einmal die Problemstellung erkannt, machten sie auf eigene Faust weiter und tüftelten und bastelten, bis sie eine brauchbare Lösung fanden.

Vor rund drei Monaten hatten Atlan, Chipol und Mrothyr den Planeten mit der STERNSCHNUPPE verlassen, und ich bereute es bis heute nicht, hiergeblieben zu sein. Schon beim ersten Kontakt hatte ich eine ungeheure Zuneigung zu diesem liebenswerten, friedlichen Völkchen entwickelt, die in den letzten Wochen eher noch zugenommen hatte. Ja, ich hatte die Kaytaber regelrecht in mein positronisches Herz geschlossen, eine emotionelle Komponente, die wohl Schwiegermutter und vor allem Blödel in meine Speicher und Programme eingebracht hatten. Deutlicher als je zuvor empfand ich, dass meine Entscheidung richtig war, den Planetariern beim Wiederaufbau zu helfen. Auf Aytab wurde ich wirklich gebraucht. Ob ich Atlan bei seiner Mission so nützlich sein konnte wie hier, war fraglich.

Meine besondere Liebe galt Perlmutt, einer niedlichen, jungen Kaytaberin, mit der ich enge Freundschaft geschlossen hatte. Sie begleitete mich auf Schritt und Tritt, und sogar die Unterkunft teilten wir miteinander. In meinem Unterbewusstsein war der Begriff »Agaporniden« aufgetaucht – die »Unzertrennlichen«. So hatte man seinerzeit das Gespann Nockemann-Blödel genannt, doch das mochte ich für unsere Beziehung nicht gelten lassen. Die beiden waren oft aneinandergeraten, wir zwei dagegen verstanden uns ganz prächtig und stritten uns nie.

Wie immer war Perlmutt an meiner Seite. Sie räkelte sich neben mir auf der Plattform behaglich in der Sonne. Sanft fuhr ich ihr über den hellblauen Pelz und kraulte sie zwischen den Ohren, eine Liebkosung, die sie besonders gern mochte. Genüsslich schloss sie die Augen und schnurrte dabei fast wie eine Katze.

»Ist Aytab nicht eine herrliche Welt, Traykon, so voller Frieden und Harmonie?«, meinte die zierliche Kaytaberin schwärmerisch und atmete tief die würzige Luft ein.

»Ja, das ist sie wirklich«, bestätigte ich. Überwältigt brach sich das Blödel-Erbe in mir Bahn und riss mich zu einem Goethe-Zitat hin. »Wer nicht die Welt in seinen Freunden sieht, verdient nicht, dass die Welt von ihm erfahre.«

»Das hast du schön gesagt, Traykon.« Sie öffnete die ausdrucksvollen Augen und bedachte mich mit einem warmherzigen Blick. »Ich bewundere dich. Du weißt alles, du kannst alles, und du verstehst dich sogar auf die Dichtkunst. Nie zuvor bin ich jemandem begegnet, der so vollkommen ist wie du.«

Fast wurde ich ein wenig verlegen über dieses Lob. Nicht, dass ich ein Typ war, der sein Licht unter den Scheffel stellte, aber ein Meister der Feder und der Reime war ich nicht, und dass das Wissen von drei Positroniken in mir verankert war, konnte ich ihr schlecht auf das hübsche Näschen binden, also verstieg ich mich zu dem klassischen Ausruf:

»Die unbegreiflich hohen Werke sind herrlich wie am ersten Tag.«

»Oh, mein Traykon, ich liebe dich und deine Künste!«

Nun wurde mir die Sache doch peinlich. Schroffer als beabsichtigt sagte ich:

»Du mich auch.«

Verständnislos blickte mich die Kleine an.

»Du mich auch? Was heißt das?«

Sofort tat mir meine dumme Bemerkung leid, ich ärgerte mich darüber. Im Umgang mit rüden Raumfahrern mochte sie ihre Berechtigung haben, für so liebliche Ohren war sie eigentlich nicht bestimmt. Um eine Ausrede nicht verlegen, hatte ich sofort eine passende – wenn auch alberne – Antwort parat.

»Du liebst mich, ich liebe dich, ich liebe mich, und du mich auch.«

»Ach so.« Sie lachte glockenhell. »Du bist wirklich unterhaltsam.«

»Ich weiß. Scherz erkannt, Witz gebannt.«

»Du bist wirklich ein Schatz.« Wieder lachte Perlmutt. »Was du dir immer für lustige Dinge ausdenkst. Ich erinnere mich noch deutlich daran, als Valabog seine eigenen Verse vortrug und dich um deine Meinung fragte. Weißt du noch, was du ihm gesagt hast?«

»Natürlich, denn mein Gedächtnis ist vollkommen«, gab ich im Brustton der Überzeugung zurück. »Ich antwortete: Du passt zu den Dichtern wie ein A...«

Erschrocken hielt ich inne. Um ein Haar hätte ich einer Dame gegenüber diesen unaussprechlichen Körperteil in den Mund genommen – bildlich gesprochen, denn ich besaß weder eine Analgegend noch ein Organ zur Nahrungsaufnahme. Bevor ich Perlmutt ablenken konnte, ergänzte sie voller Heiterkeit:

»... zu den Gesichtern. Ich habe mich köstlich darüber amüsiert, nur der arme Valabog war etwas geknickt, als er dein Urteil hörte.«

»Vielleicht habe ich es ein wenig hart formuliert. Ich mag ihn, er ist ein netter Kerl, aber er sollte lieber Flurhüter bleiben. Was er sich da zusammenreimt, lässt mir ja direkt mein Gesichtsfeld beschlagen. Was soll ich halten von ›Auf der grünen Wiese / wartet ein Tixud / auf eine milde Brise / die ihn erfrischen tut‹? Oder den anderen Wiesen-Quatsch-Vers ›Auf der Denkerwiese / sitzen S. Ydo und G. Riese / den Kopf voll Ideen / die hin und her gehen / dann haben sie es satt / und reißen vom Baum Blatt für Blatt / um sie mit Stiften / als Exposés zu beschriften‹. Das knickt mir ja förmlich die Antennen weg.« Ich musterte die Kleine. »S. Ydo und G. Riese – was für eine Bedeutung haben sie überhaupt? Sind es Namen, Personen, Begriffe?«

»Vermutlich sind es irgendwelche Bezeichnungen, die der Phantasie Valabogs entsprungen sind«, meinte Perlmutt versonnen. »Er hat oft so seltsame Einfälle, wenn ihn die Muse küsst.«

»Ich denke, die Muse wird ihn eher fliehen, denn sonst hätte er bei seinen geistigen Ergüssen schon Knutschflecken.«

Die junge Kaytaberin kicherte vergnügt und wälzte sich auf den Rücken, um auch den Bauch von der Sonne bescheinen zu lassen. Auffordernd streckte sie mir ihre Beine entgegen, um gestreichelt zu werden. Ich tat ihr den Gefallen und fuhr ihr mit den Fingern beider Hände durch das seidige Fell. Ein behagliches Brummen zeigte, dass es ihr gefiel, und mir bereitete es Freude, meine kleine Freundin so zufrieden zu sehen. Wenn ich da noch an die Zeit meiner Ankunft dachte ...

Kampf, Not, Elend und Tod hatten den Alltag der Kaytaber bestimmt, Angst und Ohnmacht, Hilflosigkeit und vergebliches Aufbäumen gegen das, was sich planetenweit tat. All das war nun Vergangenheit, auch wenn das Leid noch nicht vergessen war, sondern vielleicht nur verdrängt. Die Schäden, die die Planetarier an die schlimme Zeit erinnern konnten, waren beseitigt, technische Entwicklungen, von mir angeregt und in die Wege geleitet, wiesen einen erfolgversprechenden Weg in die Zukunft, und die Nahrungsgrundlage der vegetarischen Körneresser war gesichert. Überall kehrte der Alltag wieder ein, eine Phase der Ruhe und Beschaulichkeit, beides Eigenschaften, die zum Wesen dieses Volkes gehörten.

Auch ich genoss diese Zeit des inneren und des äußeren Friedens. Wieder nahm ich das Bild der paradiesischen Landschaft in mir auf und ließ meinen Blick schweifen. Da die Feldarbeit ruhte und kein Acker zu bestellen und zu bewachen war, hielt sich auch kein Einwohner Yutlamals außerhalb der Stadt auf. Kein Holprig störte die Ruhe und Harmonie der Natur, selbst die intelligenten Tixudkatzen hielten sich verborgen, alles atmete jene Beschaulichkeit aus, die typisch war für Aytab und das Zusammenleben seiner höchstentwickelten Vertreter mit der Flora und Fauna.

Plötzlich kam Bewegung in das Stillleben. Drei Gestalten bevölkerten auf einmal die Szenerie. Sie folgten der mehr schlecht als recht ausgebauten Straße, die eigentlich nur von landwirtschaftlichen Fahrzeugen benutzt wurde und sich wie ein Lindwurm durch einen Wald schlängelte. Verschiedene Gehölzgruppen verhinderten, dass sie immer einsehbar war – selbst von unserer Warte aus nicht.

Der Gestalt und der Art der Fortbewegung nach handelte es sich eindeutig um Kaytaber, doch sie konnten unmöglich aus Yutlamal stammen. Weder Leute der Tixudabwehr noch Flurhüter hatten Exkursionen angekündigt, zumal auch keine Notwendigkeit bestand, auszurücken. Noch am Morgen hatte ich mit den Verantwortlichen gesprochen, doch niemand hatte die Absicht geäußert, Aktivitäten außerhalb der Stadt zu starten.

Es wäre mir auch nicht verborgen geblieben. Die Planetarier waren ein Völkchen, das geradezu funksüchtig war. Überspitzt gesagt, meldeten sie sogar über dieses Medium, das sie im Normalbereich nahezu perfekt beherrschten, wann die Toilette frei war und von anderen Familienangehörigen benutzt werden konnte. Die drahtlose Verständigung mit anderen Siedlungen und Artgenossen – das war die Leidenschaft der Kaytaber. Alles und jedes – selbst Banalitäten – ging per Radiowelle rund um den Globus.

Von den dreien, die sich Yutlamal näherten, wusste ich – wussten wir – nichts. Merkwürdig war, dass sie nicht angekündigt worden waren, noch merkwürdiger war, dass sie nicht selbst versuchten, mit der Bevölkerung der Stadt Kontakt aufzunehmen. Höchst suspekt war, dass sie einen Weg benutzten, der als Fernverbindung ausschied und nur regionale Bedeutung hatte. Welches intelligente Wesen kam schon auf die Idee, quer durch die Wildnis von Acker zu Acker zu trampen, wenn es Straßen gab?

»Wir bekommen Besuch.«

Sofort kam Perlmutt hoch und tappte auf ihren Hinterbeinen ein wenig unbeholfen zur Brüstung vor. Ein paar Sekunden lang spähte sie nach unten, dann wandte sie sich um.

»Seltsam, sie sind gar nicht avisiert worden. Oder hast du eine Nachricht empfangen?«

»Nein. Ich werde Tranoque und Maronx informieren.«

Ich gab einen kurzen Kennungsimpuls ab und bekam auch sofort Kontakt mit den beiden Kaytabern. Sie bildeten etwas ähnliches wie die Führung Yutlamals. Tranoque war Verantwortlicher der Tixudabwehr, Maronx trug den Titel »Oberster Flurhüter«. Sie empfanden es ebenfalls als ungewöhnlich, dass Reisende sich einer Stadt näherten, ohne sich zu melden.

»Maronx und Tranoque wollen die Fremden am Nebentor II empfangen«, berichtete ich, nachdem das Funkgespräch beendet war. »Wir sollten sie begleiten. Ich möchte die unbekannten Wanderer auch in Augenschein nehmen. Wer weiß, was sie dazu bewogen hat, ausgerechnet diesen Weg zu nehmen.«

Gemeinsam verließen wir das wuchtige Bauwerk. Zwei Kaytaber nahmen unseren Platz als Türmer ein.

*

Ich war überrascht. Die drei Ankömmlinge glichen sich wie ein Ei dem anderen. Sie waren exakt 106 Zentimeter groß, hatten das gleiche rauchblaue Fell und identische Gesichter. Selbst Bewegungen und Mimik stimmten völlig überein. Kein Zweifel, es musste sich um eineiige Geschwister handeln. Solche Mehrlingsgeburten waren zwar selten, doch sie kamen ab und zu vor.

»Willkommen in Yutlamal, der wehrhaften großen Stadt am Fluss«, spulte der Torwächter sein Verslein herunter. »Darf ich euch nach den Namen, eurem Begehr und eurer Herkunft fragen?«

»Wir heißen Evodix, Evroom und Everyhan«, stellte einer der drei sich und seine Brüder vor. »Wir kommen von weither und bitten darum, in den Mauern dieser Stadt rasten und übernachten zu dürfen.«