Auch Engel sterben - Sophie Heeger - E-Book

Auch Engel sterben E-Book

Sophie Heeger

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  • Herausgeber: Midnight
  • Kategorie: Krimi
  • Sprache: Deutsch
  • Veröffentlichungsjahr: 2017
Beschreibung

Julia Möller war ein Engel. Engagiert in der Kirche und im Chor, hilfsbereit und freundlich. Jetzt ist sie tot, aufgebahrt mit weißen Engelsflügeln mitten in der Mainzer Innenstadt. Kommissar Franz Bender und Kommissarin Sandra Kurz finden bald heraus, dass Julias Leben alles andere als paradiesisch war: Von den Klassenkameraden gemobbt und von einem fiesen Stalker verfolgt. Oder ist der Mörder in ihrer Kirchengemeinde zu suchen? Immerhin hat sie sich sehr gut mit Priesteranwärter Benedikt Kaufmann verstanden. Eine unerwiderte Liebe oder eine Beziehung gegen alle Regeln? Bender und Kurz treten auf der Stelle, denn jede neue Spur scheint sich sofort wieder aufzulösen. Und beiden geht der Fall so nah wie nie … Von Sophie Heeger ist bei Midnight erschienen: Die Schattenrose Auch Engel sterben

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Die AutorinDie Autorin, geboren 1958 in Frankfurt am Main, studierte an der Johann Wolfgang Goethe-Universität Medizin und absolvierte Ausbildungszeiten in der Psychiatrie, Chirurgie und Inneren Medizin. Es folgte die Promotion zu einem gynäkologischen Thema. Während der sich anschließenden Facharztausbildung zur Arbeitsmedizinerin betreute sie unter anderem das Polizeipräsidium Frankfurt, verschiedene Gerichte, sowie Justizvollzugsanstalten. Sie ist verheiratet, hat drei Kinder und lebt mittlerweile seit über zwanzig Jahren in Mainz. Nahe Mainz arbeitet sie in eigener Praxis als Ärztin für Allgemeinmedizin. Mit dem Schreiben begann sie 2009 und bereits 2012 erschien ihr Debutroman mit dem Titel Mephistos Erben beim S. Fischer Verlag in Frankfurt.

Das Buch

Julia Möller war ein Engel. Engagiert in der Kirche und im Chor, hilfsbereit und freundlich. Jetzt ist sie tot, aufgebahrt mit weißen Engelsflügeln mitten in der Mainzer Innenstadt. Kommissar Franz Bender und Kommissarin Sandra Kurz finden bald heraus, dass Julias Leben alles andere als paradiesisch war: Von den Klassenkameraden gemobbt und von einem fiesen Stalker verfolgt. Oder ist der Mörder in ihrer Kirchengemeinde zu suchen? Immerhin hat sie sich sehr gut mit Priesteranwärter Benedikt Kaufmann verstanden. Eine unerwiderte Liebe oder eine Beziehung gegen alle Regeln? Bender und Kurz treten auf der Stelle, denn jede neue Spur scheint sich sofort wieder aufzulösen. Und beiden geht der Fall so nah wie nie …

Von Sophie Heeger ist bei Midnight erschienen:Die SchattenroseAuch Engel sterben

Sophie Heeger

Auch Engel sterben

Ein Rhein-Main-Krimi

Midnight by Ullsteinmidnight.ullstein.de

Originalausgabe bei Midnight Midnight Ullstein Buchverlage GmbH, Berlin August 2017 (1)  © Ullstein Buchverlage GmbH, Berlin 2017 Umschlaggestaltung: zero-media.net, München Titelabbildung: © FinePic® Autorenfoto: © privat  ISBN 978-3-95819-123-5  Hinweis zu Urheberrechten Sämtliche Inhalte dieses E-Books sind urheberrechtlich geschützt. Der Käufer erwirbt lediglich eine Lizenz für den persönlichen Gebrauch auf eigenen Endgeräten. Urheberrechtsverstöße schaden den Autoren und ihren Werken, deshalb ist die Weiterverbreitung, Vervielfältigung oder öffentliche Wiedergabe ausdrücklich untersagt und kann zivil- und/oder strafrechtliche Folgen haben. In diesem E-Book befinden sich Verlinkungen zu Webseiten Dritter. Bitte haben Sie Verständnis dafür, dass sich die Ullstein Buchverlage GmbH die Inhalte Dritter nicht zu eigen macht, für die Inhalte nicht verantwortlich ist und keine Haftung übernimmt.

Gott hat auch die Engel, die gesündigt haben,

nicht verschont, sondern sie in die finsteren Höhlen der Unterwelt verstoßen.

2. Apostelbrief Petrus 2,4 

3. Juni

Nur wenige Stunden noch! Ich muss nichts tun, nur warten. Doch wie anders vergeht die Zeit, wenn man wartet. Die Minuten, selbst die Sekunden schleichen, und die Uhrzeiger der Pendeluhr bewegen sich wie altersschwach; kein Wunder, sie gehörte meiner Urgroßmutter. Im Haus ist es so still, wie es nur ein Sonntagnachmittag sein kann. Und diese Stille beunruhigt mich, denn es scheint, als wäre es ihre vordringlichste Aufgabe, nichts von meiner Zukunft preiszugeben.

Ich sollte aufhören, so etwas zu schreiben. In zwanzig Jahren werde ich mich für überspannt oder wahnsinnig halten. Aber ist Liebe nicht eine besondere Form des Wahnsinns?

Ächzend stoppte der Stadtbus an der Haltestelle nahe dem Mainzer Dom. Viele Menschen waren es nicht, die am Sonntagabend mit dem Bus unterwegs waren; es war die Zeit der Nachrichten und des Sonntagskrimis. Zwei Fahrgäste stiegen zu. Der eine war ein älterer Herr mit einem Strauß Ranunkeln. Sein Haarkranz klebte schweißfeucht an der hellen Kopfhaut, und er wirkte von der sommerlichen Hitze ebenso mitgenommen wie die Blumen, die bereits ihre Köpfe hängen ließen. Der zweite Fahrgast war eine junge Frau. Sie lief zum Ende des Busses, setzte sich auf einen Fensterplatz und zog ihr Handy aus der Tasche.

Der Bus setzte sich in Bewegung, fuhr am Staatstheater vorbei, am Kinocenter, bog auf die Rheinallee ab, um sich nach einer Kurve dem Rheinufer zu nähern. Während ihres Telefonats schaute die junge Frau aus dem Fenster. Die vorbeihuschenden Häuser, Grünanlagen und Kreuzungen glitten als Schatten über ihr Gesicht.

Der Bus näherte sich der Eisenbahnbrücke, die ihr Ziel war. Vor ihr lag die Bundesstraße, die am Rhein entlang nach Nierstein führte. Als der Bus hielt, beeilte sie sich aufzustehen und verließ den Bus. Niemand außer ihr war ausgestiegen, und nachdem der Bus davongefahren war, ging sie ein kurzes Stück zurück bis zu einem schmalen Weg, der zur Eisenbahnbrücke hinaufführte.

Da sah sie den Wagen, der am Straßenrand geparkt war. Ihr Magen zog sich zusammen. Wie konnte das sein? Woher wusste er, dass sie hier ausstieg?

Die Wagentür öffnete sich. Langsam kam der Fahrer näher, und sie trat auf die Fahrbahn, um ihm auszuweichen. Doch er versperrte ihr den Weg. »Nicht in der Kirche?«

Sie trat zur anderen Seite, doch er vollzog ihre Bewegung nach. »Sag schon! Ein Treffen mit dem heimlichen Lover? Oder sind es mehrere?«

Sie presste die Lippen aufeinander und wich seinem Blick aus. Er durfte ihre Gefühle nicht in den Schmutz ziehen, so wie er alles in den Schmutz zog. Den Blick auf den Boden gewandt, machte sie einen Bogen um ihn herum, – vielleicht beließ er es bei den üblichen Sprüchen? Doch als sie fast an ihm vorbei war, packte er ihren Unterarm. »Hoppla! Hat unser Liebesengel etwa keine Zeit zum Plaudern?«

Entgegen seiner lässigen Körperhaltung war sein Griff fest, und sie musste stehen bleiben. »Lass mich in Ruhe!« Mit der Hand versuchte sie seinen Griff zu lösen.

»Wie? Du magst mich nicht?« Er verstärkte seinen Griff.

»Lass mich!« Mit einiger Anstrengung gelang es ihr, sich loszumachen. Dabei ritzte ihr Fingernagel seine Haut und hinterließ einen blutigen Kratzer.

»Oh! Jetzt hast du’s mir aber gezeigt!« Langsam fuhr er mit dem Zeigefinger über den Kratzer und zog eine schmale Blutspur vom Handgelenk zum Unterarm. »Bin ich jetzt auch einer dieser Märtyrer, nach denen du dich in Sehnsucht verzehrst?«

»Komm, lass sie!« Die Stimme vom Beifahrersitz des Wagens klang ungeduldig.

»Gleich«, erwiderte der Fahrer. »Obwohl ich glaube, dass sie mich braucht«. Er streckte seine Hand aus und nahm eine Haarsträhne zwischen die Finger. »Weich!«

»Mach schon! Die anderen warten!«

»Gleich, hab ich gesagt!« Er zog ihren Kopf an der Haarsträhne näher, grinste und versetzte ihr einen Stoß. Sie stolperte, und zufrieden ging er zum Wagen zurück, stieg ein und fuhr davon.

Nachdem ihr Herzschlag sich beruhigt hatte, wandte sie sich nach rechts und folgte einem geschwungenen Pfad auf die Brücke. Dort kletterte sie über eine verrostete Eisentür mit dem Schild Betreten verboten. Die Eisenkonstruktion der Brücke hob sich blassgrün vom milchigen Abendhimmel ab. Doch sie hatte keinen Blick für die Farben, als sie neben den Bahngleisen entlanglief; weder für das Graublau des Flusses noch für das Rostrot des Lastkahns, der sich in Richtung Bingen durch das Wasser schob. Und auch nicht für den silberfarbenen Wagen, der nach fünfhundert Metern in der Einfahrt eines Getränkemarktes wendete und zurückfuhr.

Vorsichtig stieg sie eine Steintreppe hinab, die von Büschen nahezu verborgen wurde, verschwand im Grün und ging um den Turm aus dunklem Sandstein herum. Von dort waren es nur wenige Schritte zum Ufer des Flusses. Blind hätte sie diesen Weg gefunden.

Lea Johannsen entdeckte einen braunen DIN-A4-Umschlag zwischen den Zeitschriften, der einen überaus offiziellen Eindruck machte. Sie zog ihn aus dem Stapel und riss ihn auf.

… Nach erfolgter Weiterbildung sind Sie zur Führung des Zusatzes »Forensische Psychiatrie« berechtigt …

Lea holte tief Luft. Nun war es so weit: Die Weiterbildung zur forensischen Psychiatrie war mit diesem Dokument endgültig abgeschlossen, und ihr Name stand ab sofort auf einer Liste der Landesärztekammer. So konnten Staatsanwaltschaft, polizeiliche Ermittlungsteams oder Gerichte sie bei psychiatrischen Fragestellungen jederzeit als Sachverständige hinzuziehen.

Lea ließ das Blatt sinken. Die Zukunft würde zeigen, worauf sie sich da eingelassen hatte. Doch heute war Sonntag, und den wollte sie genießen. Mit einem Kriminalroman unterm Arm ging sie zurück zu ihrem Liegestuhl auf der Veranda. Die tief stehende Sonne spiegelte sich im Weinglas, das auf einem Hocker stand.

»Nicht schlecht, Ullrichs Wein aus dem Medoc, oder?« Sören, Leas Ehemann, betrachtete den rubinroten Wein und schwenkte das Glas. »Ich weiß nicht genau, wonach er schmeckt, aber er ist gut!«

Lea ließ sich auf dem Liegestuhl nieder. »Hast du etwas anderes erwartet? Wenn Ullrich von einem Spitzenwein redet, dann ist das so sicher wie das Amen in der Kirche, vielleicht noch sicherer.«

»Stimmt schon«, sagte Sören. Auch er kannte Ullrich Köller lange genug, um zu wissen, dass er nicht nur Leas überaus zuverlässiger Praxispartner war, sondern auch ein ausgewiesener Kenner französischer Rotweine.

»Was für ein Abend!« Lea sah zum Taunus hinüber. Bald würde die Sonne den Bergrücken entlangrollen, sich in seine Mulden schmiegen, um dann später ganz hinter ihm zu verschwinden. Doch zuvor tauchte sie den Himmel, die Ebene und die Stadt mit ihren Kirchtürmen in rotgoldenes Licht.

Lea nahm ihr Buch zur Hand, glättete die umgebogene Seitenecke und las weiter. Ein pfiffiges Ermittlerduo klärte mit hintergründigem Humor mysteriöse Mordfälle in den Mauern Jerusalems auf, und die Handlung war so spannend konstruiert, dass Lea den Rotwein, die untergehende Sonne und das Schreiben der Landesärztekammer nach wenigen Sätzen vergaß. Über zwei Kapitel verfolgte sie ungestört das Geschehen, das am Purim-Fest einen ersten grausigen Höhepunkt erreichte.

»Mama! Meinst du, ich habe Chancen zu gewinnen?« Marie, Leas ältere Tochter, schob die Füße ihrer Mutter zur Seite und setzte sich auf das Fußteil des Liegestuhls.

»Wobei?«

»An der Maria–Ward-Schule läuft ein Deutschprojekt für alle Mainzer Gymnasien. Kurzgeschichten von Schülern werden von einer Jury beurteilt, und die beste Geschichte wird in der Zeitung veröffentlicht.«

Lea legte ihr Buch zur Seite. »Worüber hast du geschrieben?«

»Über ein Mädchen, das träumt, was am Tage geschehen ist. Doch im Traum kann sie Ereignisse verändern, kann Menschen und ihr Verhalten lenken. Das geht Nacht für Nacht so, bis sie in einer perfekten Traumwelt lebt. Und so beschließt sie, nie wieder aufzuwachen.«

»Kann ich verstehen!«, meine Lea. »Wie ist der Titel?«

»Das Mädchen, das nicht aufwachen wollte.«

»Das passt doch. Hast du die Geschichte schon abgegeben?«

»Gestern. In einer Woche stehen die Gewinner fest. Drück mir die Daumen!« Marie stand auf. »Ich fahr noch mal zu Meike, bis später!«

Als Lea den Liegestuhl wieder für sich alleine hatte, reckte sie sich nach dem Rotweinglas und schaute nach oben. Der Himmel leuchtete noch immer über der Stadt, doch vom Taunus drängte eine dunkle Wolkenformation zum Rheintal hinunter.

Er war gegangen. Nie konnte er längere Zeit bleiben, und sie fragte sich, ob es jemals genug Zeit geben würde. Sie saß auf der Holzbank eines kleinen Häuschens am Rheinufer und betrachtete die glänzende Wasserfläche, nur die dunklen Trichter der Strudel im Fluss blieben finster.

Nach einer Weile stand sie auf und ging die Uferböschung hinunter bis zu einer Ansammlung von Süßwassermuscheln. Rechts und links wurden sie von groben Betonklötzen eingefasst, die in auffälligem Kontrast zur feinen Struktur der Muscheln standen. Zwischen ihnen führte ein schmaler Pfad in den Fluss hinein.

Langsam zog sie Bluse und Unterhemd aus, löste den BH, streifte die Sandalen von den Füßen und legte Rock und Slip ab. Die Kleider deponierte sie auf einem Betonklotz, die Sandalen stellte sie daneben. Einen Badeanzug brauchte sie nicht; dieser Uferabschnitt, nahe dem Zementwerk, war mehr als abgelegen.

Schritt für Schritt suchten ihre Füße den Weg in das Wasser. Kühl umspülte es ihre Knöchel, dann Knie und Oberschenkel. Als der Strom sie aufnahm, ließ sie sich flussabwärts treiben, machte dann kehrt und schwamm mit zügigen Bewegungen zurück. Langsam löste sich die Anspannung der letzten Stunden in gleichförmiger Bewegung auf, und sie wurde ruhiger. Nichts war entschieden!

Wie wunderbar es war, hier zu schwimmen! Die Lichter der Stadt beleuchteten das andere Ufer, und flussabwärts war die mit Glühbirnen geschmückte Silhouette eines Segelschiffs zu sehen. Und hinter der Theodor-Heuss Brücke, deren Laternen wie Luftballons im Nachthimmel schwebten, erhob sich der Taunus wie ein schlafendes Tier. Doch sie fürchtete sich nicht. In der Kraft des Stroms fühlte sie sich geborgen, und sie genoss die Leichtigkeit, die das Wasser ihr verlieh.

Routiniert schob sie ihren rechten Arm über den Kopf nach vorne, tauchte mit der Handfläche ins Wasser ein, zog den Arm unter dem Körper nach hinten und ließ ihren linken Arm folgen, in genau abgestimmter Bewegung. Eine tausendfach einstudierte Bewegung, die sie auch gegen starke Strömung zuverlässig vorwärtsbrachte. Sie wusste ihre Kräfte einzuschätzen, schwamm gleichmäßig und konzentriert.

Doch unvermittelt fing ihr Blick eine flüchtige Bewegung am Ufer ein. Sie hielt inne und suchte die Stelle mit den Augen ab. Nichts! Die Weiden standen bewegungslos nebeneinander, und nichts rührte sich in ihrem Schatten. So schwamm sie weiter stromaufwärts, bis die Betonklötze zu erkennen waren, tastete sich an das Ufer und stieg aus dem Wasser. Sie fühlte sich so wohl wie lange nicht, wickelte das Handtuch um ihren Körper, nahm einen Apfel aus ihrem Beutel und setzte sich auf einen größeren Stein. Der Abend roch nach Fluss, feuchtem Holz und frischen Gräsern. Doch wieder musste sie warten!

Sie seufzte, biss in den Apfel und grub ihre Füße in die Muscheln. Eine ritzte ihre Haut, und es brannte; so hübsch die Muscheln auch waren, so schmerzhaft konnten ihre Schnitte sein.

Das Geräusch hinter ihr war leise, doch sie war sich sicher, dass ihre Wahrnehmung sie dieses Mal nicht getäuscht hatte. Ihr Herz schlug schneller. War er zurückgekommen? Hatte er sich entschieden?

Montag, 4. Juni

Walburga Eichbaum machte ihrem Namen alle Ehre. Sie stand mit jedem ihrer kräftigen Beine fest auf dem Boden, hielt wenig von Träumereien, sagte Ja, wenn sie einverstanden, und Nein, wenn sie dagegen war. Nur ihre Tochter Josefine vermochte aus ihrem Nein ein Vielleicht und aus diesem Vielleicht ein Ja zu machen. Josefine war anders als ihre Mutter. Sie war verspielt, sprunghaft, schrieb Gedichte und Kurzgeschichten. Von Zeit zu Zeit verlor sie sich jedoch in der Welt ihrer Fantasie und vergaß die Wirklichkeit. Walburga Eichbaum seufzte. Sie liebte ihre Tochter. Trotz oder vielleicht gerade wegen ihrer Andersartigkeit.

Im Moment allerdings war sie verärgert, denn der braune Briefumschlag auf ihrem Beifahrersitz sollte in den Briefkasten der Maria-Ward-Schule befördert werden. Und der Abgabetermin am frühen Vormittag war Josephine natürlich erst gestern Nacht eingefallen. Und sie war spät dran, denn um 7.00 Uhr sollte sie besser in der Bäckerei hinter der Verkaufstheke stehen, sonst würde es Ärger mit der Chefin geben.

Es war bereits 6.45 Uhr, als sie in die Pfaffengasse, nahe dem Ballplatz, einbog. Die Straßen glänzten feucht, und überall hatten sich Pfützen gebildet. Es war in der Tat ein heftiges Gewitter gewesen, das am gestrigen Abend über dem Rhein-Main-Gebiet gewütet hatte. Fast zwei Stunden lang hatten sich Blitz und Donner am Nachthimmel ausgetobt, und wegen der sintflutartigen Regenfälle mussten Feuerwehrfahrzeuge ausrücken, um vollgelaufene Keller leer zu pumpen.

Langsam fuhr Walburga Eichbaum durch die enge Gasse, einen Kratzer an dem erst zwei Jahre alten Wagen wollte sie in jedem Fall vermeiden. Um diese Uhrzeit war niemand unterwegs. Passanten, Touristen und Café-Besucher würden den Ballplatz erst Stunden später bevölkern.

In der Hoffnung, dass die Suche nach dem Schulbriefkasten rasch abgeschlossen sein würde, stellte sie den Wagen kurzerhand im Halteverbot ab, stieg aus und ließ ihren Blick über den Platz wandern. Über den Dreimädchenbrunnen, dessen Figuren ihre metallenen Regenschirme der Morgensonne entgegenstreckten, über herausgeputzte historische Gebäude und schließlich über die Fassade der Maria-Ward-Schule.

Den Briefumschlag in der Hand, lief sie zum Torbogen der Schule, über dem eine Muttergottesstatue thronte. Aber hier gab es keinen Briefkasten. Walburga Eichbaum suchte den unteren Bereich der Fassade ab, die durch Sandsteinnischen mit weißen Sprossenfenstern unterbrochen wurde. Neben dem Portal gab es einen öffentlichen Briefkasten, der ihr jedoch nicht weiterhalf. Langsam ging sie das Hauptgebäude entlang und kam zu einem Tor, durch dessen Gitter ein Anbau mit Glasfront zu erkennen war. Weiter rechts schlossen sich Wohnhäuser bis zur nächsten Straßenecke an, doch dieser Bereich hatte mit dem Schulgebäude nichts mehr zu tun. Ein letztes Mal wanderte ihr Blick über den Gebäudekomplex, doch nirgends war ein Briefkasten zu finden.

Frustriert blieb sie neben einem halbrundförmigen Beet stehen, in dessen Mitte ein großer Laubbaum in den Himmel ragte. Aber nicht der Baum erweckte plötzlich ihre Aufmerksamkeit, sondern ein weißer Gegenstand, der zwischen dem Grün der Büsche steckte. Auf den ersten Blick sah das Gebilde wie eine bizarr verformte Plastiktüte aus, die sich in den Zweigen verfangen hatte, doch auf den zweiten Blick erkannte Walburga Eichbaum, dass es sich um etwas anderes handelte. Sie machte einen Schritt auf den Gegenstand zu. Ein weißer Flügel?

Sie bog den Zweig mit dem Flügel zur Seite und wich zurück. Eine junge Frau hockte am Boden, mit dem Rücken an den Baumstamm gelehnt. Der Flügel, den Walburga Eichbaum in den Zweigen entdeckt hatte, war an ihrer Schulter befestigt, während ein zweiter auf ihrem Schoß lag. Vorsichtig beugte Walburga Eichbaum sich vor. Vielleicht hatte die Frau zu intensiv gefeiert und schlief nur ihren Rausch aus? Doch da ahnte Walburga Eichbaum schon, dass sie es mit einem Schlaf zu tun hatte, aus dem niemand erwachte. Das Gesicht der jungen Frau hatte die graue Farbe des Todes angenommen.

Walburgas Herzschlag beschleunigte sich, als sie sicherheitshalber an den Hals der leblosen Person fasste, um einen Pulsschlag zu suchen. Doch bereits die erste Berührung der kühlen Haut machte ihr endgültig klar, dass sie keinen mehr finden würde.

Ein lautes Hupen zerriss die Stille, und Walburga Eichbaum schrak zusammen. Ein Fahrer der städtischen Entsorgungsbetriebe hatte seine Hand auf der Hupe abgelegt und forderte sie mit eindeutiger Geste auf, ihr Fahrzeug aus dem Weg zu schaffen.

Walburga Eichbaum richtete sich auf und rief über den Platz: »Rufen Sie die Polizei! Und einen Krankenwagen!«

Da ihre Stimme keinen Zweifel an der Dringlichkeit dieses Auftrags ließ, erstarb das Hupen, und der Fahrer beugte sich aus dem Fenster. »Was is’n passiert?«

»Hier liegt jemand im Gebüsch! Machen Sie schon, Polizei und Krankenwagen!«

Ohne nachzufragen, verschwand der Mann vom Fenster, und der schwerfällige Wagen stieß in die enge Gasse zurück. Walburga Eichbaum war wieder allein mit der leblosen Gestalt am Boden. Sie betrachtete eine feuchte Haarsträhne, die wie Kupferdraht schimmerte. Erlebte sie das gerade wirklich?

Walburga fuhr mit der Hand über ihre Augen, dann straffte sie sich, zog ihr Handy hervor und wählte die 110.

Eine Männerstimme meldete sich.

»Walburga Eichbaum. Ich stehe auf dem Ballplatz vor der Maria-Ward-Schule. Hier liegt eine junge Frau im Gebüsch. Sie ist tot.«

Zehn Minuten später rollte der Dienstwagen der Mainzer Kriminalpolizei auf den kleinen Platz. Kriminalhauptkommissar Franz Bender stieg aus und sah die Frau, die die Polizei verständigt hatte, vor einem Gebüsch stehen. Gemeinsam mit Sandra Kurz, seiner jüngeren Kollegin, machte er sich auf den Weg. Mit schnellen Schritten überquerten die beiden den Platz, auf dem sich inzwischen einige Schaulustige eingefunden hatten.

»Frau Eichbaum?« Bender zeigte seinen Dienstausweis, dann stellte er sich und seine Kollegin vor. »Sie haben gemeldet, dass Sie eine Tote gefunden haben?«

Walburga Eichbaum nickte. »Ich wollte etwas in den Schulbriefkasten einwerfen, aber ich fand keinen.« Sie machte eine unbestimmte Geste zum Schultor, das nun weit geöffnet war. »Als ich gerade gehen wollte, ist mir im Gebüsch etwas aufgefallen. Und da habe ich sie gefunden.« Walburga Eichbaum bog die Büsche zur Seite und gab den Blick auf die Tote frei.

Bender trat einen Schritt nach vorn, runzelte die Stirn und nahm das Bild der kauernden Gestalt in sich auf. Die Frau war tot, daran gab es keinen Zweifel. Nach einer Weile wanderte sein Blick nach oben in die Baumkrone, dann zu den Fenstern der umliegenden Gebäude.

»Da war gerade eben ein Mann von der Stadtreinigung in seinem Fahrzeug; ich habe ihm zugerufen, er soll einen Krankenwagen bestellen«, fiel es Walburga Eichbaum noch ein.

Den Blick auf die starren Pupillen der Toten gerichtet, schüttelte Bender den Kopf. »Die Sanitäter können umkehren. Sandra, übernimmst du das?«

Die Kommissarin nickte, zückte ihr Mobiltelefon und tippte die Nummer der Rettungsleitstelle ein.

Bender trat an das Beet. Im Laufe der Jahre hatte er sich angewöhnt, die Toten zunächst zu betrachten: ihren Gesichtsausdruck, ihre Körperhaltung, die Kleidung und natürlich Besonderheiten wie diese weißen Flügel. Die Tote war mit einem weißen T-Shirt bekleidet, das verkehrt herum angezogen worden war, ebenso wie der Slip. Bender hatte bislang noch keine Frau kennengelernt, die ihre Kleidung verkehrt herum anzog; zumindest nicht, ohne volltrunken zu sein oder vielleicht in panischer Eile. Unter dem Shirt der Toten zeichneten sich schwere Brüste ab. Sie trug keinen BH, was ebenfalls ungewöhnlich war. Vor einigen Jahrzehnten wäre das Fehlen eines BHs nicht weiter auffällig gewesen, aber diese Zeiten waren lange vorbei. Die Tote war kräftig gebaut, und der Slip schnitt in weiche Haut.

Mit geübter Bewegung zog Bender sein Notizbuch hervor und notierte sich diese Details. Anschließend wählte er die Telefonnummer von Hubertus Kaltmesser, dem Rechtsmediziner der Johannes-Gutenberg-Universität.

»Hubertus? Wir haben eine Tote am Ballplatz. Hat man dich schon informiert?«

Das war nicht der Fall, und so klärte der Kommissar ihn mit wenigen Sätzen auf, danach schob er sein Handy in das Jackett zurück.

»Ihre Haare sind feucht. Das T-Shirt und die Flügel nicht«, bemerkte Sandra Kurz, die sich neben Bender gestellt hatte.

Bender nickte. »Das Gewitter gestern Abend. Möglich, dass sie gerade auf der Straße unterwegs war.«

»Ohne Tasche, nicht einmal mit Schuhen?«

»Vielleicht war sie feiern, hat was eingenommen oder zu viel getrunken?«

»Und hat sich auf dem Nachhauseweg ins Gebüsch gesetzt und ist gestorben?« Sandra wies auf die Flügel. »Mit diesen Dingern als Dekoration?«

Das war in der Tat merkwürdig, dachte Bender, und ihn beschlich die dumpfe Ahnung, dass dieser Fall schwierig werden könnte.

»Außerdem sieht die nicht nach Party und Drogen aus«, fuhr Sandra fort, und Walburga Eichbaum, die hinter den Kriminalbeamten stand, musste ihr zustimmen. Das weite T-Shirt, die unspektakuläre Unterwäsche, eine schmale Goldkette mit Kreuz daran und das Fehlen jeglichen Make-ups sprachen nicht nur auf den ersten Blick dagegen. Sie dachte an Josefines Partyaufmachung mit Lidschatten, die einer Cleopatra würdig gewesen wären, ganz zu schweigen von den knappen Fummeln, die man kaum als Kleidungsstück bezeichnen konnte. Nein, das Gesicht der Toten wies nicht einmal Spuren jener Wimperntusche auf, die regelmäßig ihre frisch gewaschenen Frotteehandtücher verunstaltete.

Hinter ihnen näherten sich Schritte, und Bender drehte sich um. »Ah, Manfred!«, begrüßte er Manfred Münning, einen schlaksigen jungen Mann, der sich als Kriminalkommissar in Ausbildung zu bezeichnen pflegte.

»Frau Eichbaum hier hat die Tote gefunden«, erklärte Bender. »Nimm bitte ihre Personalien und die Umstände des Leichenfundes auf.«

Münning nickte und ging mit Frau Eichbaum ein paar Schritte weiter.

Sandra Kurz wartete einen Moment, dann trat sie auf das Beet und hockte sich neben die Tote, »Vielleicht war sie auch nur auf dem Heimweg von einem Treffen mit Freundinnen, als sie ausgeraubt und getötet wurde. Von einem Täter auf Drogen oder mit Sinn fürs Kuriose. Das würde zumindest erklären, weshalb ihren Sachen verschwunden sind.«

Die Kommissarin, die mit Jeans und schwarzem T-Shirt nicht älter aussah als die Schülerinnen der Oberstufe, die inzwischen durch das Schultor strömten, befühlte den Flügel auf dem Schoß der Toten. »Also, der ist staubtrocken. Der war nicht im Regen unterwegs.«

Immer noch in der Hocke zog sie zwei Latexhandschuhe aus der Hosentasche, streifte diese über und schob das Unterhemd der Toten über den Bauchnabel nach oben. Dort war nichts zu sehen außer weißer Haut. Die Kommissarin griff nach der linken Hand der Toten und drehte sie um. Doch auch hier gab es nur die feinen Linien zu sehen, die jede Handfläche durchziehen. Sandra Kurz fasste nach der anderen.

»Franz, hier!« Ihr Kinn wies auf einen Striemen, der sich über die Beugeseite der Finger zog. »Könnte eine Abwehrverletzung sein!«

»Sandra, lass das Hubertus machen!«, mahnte Bender, der wusste, wie ungehalten der Rechtsmediziner reagieren konnte, wenn man ihm bei der Untersuchung der Leiche zuvorkam.

»Ich orientiere mich doch nur, Franz.« Ungerührt schob die Kommissarin nun die Haare der Toten zurück und wies auf mehrere bläuliche Verfärbungen. »Ziemlich merkwürdige Partyspäße, wenn sie doch feiern war, oder?«

Nun trat auch Bender auf das Beet und beugte sich über die Tote. »Oder es gab jemanden, der nicht in Feierlaune war. Das sieht nach Würgemalen aus.«

Sandra hob die Haare auf der anderen Seite an. »Aber keine durchgehende Strangulationsmarke.«

Ein metallenes Scheppern kündigte die Kollegen von der Kriminaltechnik an, die ihre Alukoffer vor dem Beet auf dem Kopfsteinpflaster abstellten. Rasch stand Sandra auf und ließ die Handschuhe in ihrer Hosentasche verschwinden.

»Grüß dich, Volker«, begrüßte Bender einen untersetzten Mann mit dunklem Schnauzer. »Ihr müsst euch mit der Absperrung beeilen! Hier sind mir zu viele Menschen unterwegs.« Er wies auf eine größere Gruppe von Schülerinnen, die zu ihnen herübersahen.

Volker Trapp, Chef der Spurensicherung, nickte und gab eine entsprechende Anordnung an seine Begleiter weiter. »Wo ist die Tote?«

Als Bender die Zweige zur Seite bog, stöhnte Volker Trapp auf. »Rindenmulch! Nur Sand ist schlimmer.« Er machte einen Schritt auf die Steinumrandung des Beetes, um sich einen ersten Überblick über diesen ungewöhnlichen Leichenfundort zu verschaffen.

Unterdessen betrachtete Bender eine Locke der Toten, die den Flügel auf ihrem Schoß berührte. Mehr Unbehagen als der Rindenmulch bereitete ihm etwas anderes: Ob das hier womöglich das Werk eines Täters war, der die Flügel als dramaturgische Untermalung eingesetzt hatte? Der seine Opfer in Szene setzte, um sich zusätzliche Befriedigung zu verschaffen? Ein beunruhigender Gedanke.

Volker Trapps Kollegen spannten die rot-weißen Absperrbänder in größerem Abstand zum Fundort der Toten auf und öffneten ihre Koffer. Sie fotografierten die Tote aus unzähligen Perspektiven, sammelten mit Pinzetten einzelne Fasern von den spärlichen Kleidungsstücken, versenkten diese in Plastiktüten und maßen im Rindenmulch angedeutete Abdrücke aus, um sie anschließend zu fixieren.

Sandra Kurz, die auf das Kopfsteinpflaster zurückgetreten war, überlegte halblaut: »Vielleicht ist sie woanders gestorben und wurde hier nur abgelegt? Und der Täter hat ihre Sachen mitgenommen, um die Identifizierung zu erschweren? 0der er mag Trophäen?«

»Ich hoffe nicht«, sagte Bender, und Sandra verstand, was er damit meinte. »Kümmern wir uns erst einmal um ihre Identität und lassen Volker und Hubertus ihre Arbeit machen. Die werden sicher noch einige Details für uns haben.«

»Das hoffe ich doch!«, meldete sich eine tiefe Stimme in ihrem Rücken.

»Ah, Hubertus!« Bender wandte sich um. »Das ging aber schnell!«

»Ich war noch auf dem Parkplatz vor dem Institut, als du angerufen hast«, erklärte der Neuankömmling und begrüßte die Beamten mit kräftigem Handschlag. Wohl niemand der Schaulustigen hinter dem Absperrband hätte Professor Hubertus Kaltmesser als leitenden Gerichtsmediziner der Johannes-Gutenberg-Universität identifiziert. Seine Haare waren im Nacken zu einem kurzen Pferdeschwanz zusammengefasst, und ein nicht gerade kleiner Ohrstecker zierte sein linkes Ohrläppchen. Und Bender wusste, dass Kaltmesser sich in seiner Freizeit mit der gleichen Begeisterung auf seine Harley Davidson schwang, mit der er selbst seine Angelrute in Teiche oder Bäche hielt.

»Und, Franz, wie war dein letzter Angeltrip? Hast du endlich deinen Hecht gefangen?«, fragte Hubertus Kaltmesser, während er einen ersten Blick auf die Tote warf.

Bender schüttelte den Kopf. »Das nicht, aber trotzdem war’s schön. Es hat geregnet.«

Kaltmesser lachte. »Angler und Dichter sind vermutlich die Einzigen, die sich über einen verregneten Ausflug freuen.«

»Hubertus, könntest du dich mal um die Leiche kümmern! Ihr könnt sicher später bei einem Tässchen Kaffee noch plaudern!« Sandra Kurz deutete auf die Tote. »Sie hat Blutergüsse am Hals.«

»Die jungen Leute, immer in Eile«, bemerkte Kaltmesser gleichmütig und betrat das Beet. Mit einem Blick erkannte er, dass die Haare der Toten die Male verdeckten, von denen Sandra gesprochen hatte. Er drehte sich zu der jungen Kommissarin um. »Aber das nächste Mal bremst du bitte deinen Eifer!«

»Meinetwegen. Aber wir haben ein Gewaltdelikt aufzuklären und keinen Fahrraddiebstahl«, erwiderte Sandra Kurz gereizt.

Kaltmesser murmelte so etwas wie »Schlecht geschlafen« und »Frauenkram«, dann konzentrierte er sich auf seine Arbeit. »Mach mal aus der Perspektive ein paar Fotos«, forderte er einen Mitarbeiter der Spurensicherung auf und zeigte den Winkel an. »Bodenspuren habt ihr schon?«

»Zwei unscharfe Vertiefungen, mehr war nicht drin«, war die unbefriedigende Antwort.

Bender ging zu Manfred Münning, der noch mit Walburga Eichbaum beschäftigt war. »Wie weit bist du?«

Münning hielt sein Notizbuch hoch. »Ich habe alles.«

»Gut.« Bender wandte sich an die Frau, die unruhig von einem Bein auf das andere trat. »Sie können dann gehen, Frau Eichbaum. Sie sind unter Ihrer Mainzer Adresse erreichen?«

Walburga Eichbaum nickte. Dann erinnerte sie sich an den Grund ihrer Anwesenheit und hielt den braunen Umschlag in die Höhe. »Der hier muss in die Maria-Ward-Schule, ins Sekretariat! Deswegen bin ich überhaupt hier«

Bender nahm ihr den Umschlag aus der Hand. »Ich denke, das übernimmt unser junger Kollege für Sie, wir müssen ohnehin in das Gymnasium.«

»Vielen Dank!«, murmelte Walburga Eichbaum und übergab Münning den Umschlag. Dann machte sie sich, von den Ereignissen noch einigermaßen benommen, auf den Weg zur Bäckerei in der Ludwigstraße.

Vielleicht war die Tote eine Schülerin des Gymnasiums? Bender sah zum Eingang des Mädchengymnasiums hinüber. Ihr Alter schätzte er auf irgendwo zwischen siebzehn und zwanzig, aber er hatte es eigentlich aufgegeben, das Alter junger Frauen zu schätzen: Fünfzehnjährige sahen mit dickem Make-up wie Zwanzigjährige aus, und Fünfundzwanzigjährige konnte man ohne Weiteres für Schülerinnen halten.

»Wir müssen in der Schule nachfragen, ob sie hier bekannt ist«, sagte er zu Sandra, die herbeigekommen war. »Lass dir von Volker ein Polaroid geben.«

»In Ordnung«, erklärte Sandra Kurz etwas umgänglicher und machte sich auf den Weg. Bender schaute ihr nach. Sein Blick verharrte auf dem Brunnen in der Platzmitte. Was auch immer ihre Ermittlungen ans Tageslicht brachten; diesem Ort würde es ergehen wie all den anderen, über die Gewalt und Tod gekommen waren: Er würde nie wieder nur der idyllische Platz sein, wo Studenten in Cafés sitzen, adrett gekleidete Damen Tortenstücke verspeisen und Schülerinnen nach dem Unterricht beisammenstehen und schwatzen. Mit der Toten am Baum hatte er seine Unschuld unwiederbringlich verloren.

Lea Johannsen ging auf das Gebäude zu, in dessen erstem Stock die neurologisch–psychiatrische Gemeinschaftspraxis lag. Zurzeit war das ein problematischer Arbeitsplatz, denn umfangreiche Sanierungsarbeiten am Nachbargebäude beschallten sie tagtäglich mit ätzendem Baulärm. Bislang gab es keinen Hinweis darauf, dass die Umbauphase sich ihrem Ende näherte; vielmehr brachten die wuchtigen Hammerschläge der Fensterbauer die Praxismitarbeiter seit drei Tagen an den Rand des Wahnsinns. Als Lea die Treppe zum ersten Stock emporstieg, drang allerdings nur leises Hämmern herüber, und sie wagte kaum zu hoffen, dass es dabei bliebe.

In der Praxis waren einige Plätze im Warteraum besetzt, doch Frau Witt, ihre langjährige Sprechstundenhilfe, stand nicht an ihrem üblichen Platz an der Anmeldung.

Gerade als Lea sich darüber zu wundern begann, kam aus dem Funktionsraum neben Leas Sprechzimmer ein gellender Schrei, nach wenigen Sekunden ein zweiter. Dann hörte sie Ullrichs Stimme: »Nicht bewegen! Es ist gleich vorbei!«

Mit wenigen Schritten war Lea an der Tür und öffnete sie. Auf der Untersuchungsliege lag eine Patientin mit angezogenen Beinen. In ihrem Lendenwirbelsäulenbereich steckte eine lange Hohlnadel, aus der Liquor in das Untersuchungsröhrchen tropfen sollte. Eine notwendige Untersuchung, denn bei Frau Jäckel stand die Diagnose Multiple Sklerose im Raum.

»Ah, Lea!« Ullrich schaute auf. »Spritzt du bitte die Lokale nach!«

Lea nickte, zog zwei Milliliter des Lokalanästhetikums auf und infiltrierte das Gewebe rund um die Punktionsnadel.

»Ich halt das nicht aus!« Frau Jäckel versuchte ihr Bein zu strecken, während Frau Witt genau das mit aller Kraft zu verhindern suchte.

Ullrich Köller schob die Punktionsnadel einige Millimeter vor, legte den Dreiwegehahn um, und endlich rann die klare Flüssigkeit in das Reagenzröhrchen. Nachdem es halb gefüllt war, wurde es mit einem Gummistopfen verschlossen.

»So, das hätten wir!« Ullrich Köller zog die Punktionsnadel heraus und drückte einen sterilen Mulltupfer auf die Punktionsstelle. »Sie müssen eine Weile liegen bleiben, sonst bekommen Sie Kopfschmerzen.«

Benommen nickte Frau Jäckel. »Und das Ergebnis?«

»Das haben wir in zwei bis drei Tagen.« Ullrich Köller klebte einen Streifen Leukosilk über den Tupfer, nickte der Patientin zu und verließ das Zimmer. Lea folgte ihm zur Anmeldung.

»Tut mir leid, dass ich so spät dran bin!« Deutlich abgehetzt kam Torsten Michaelis, ihr Praxisassistent, durch die Eingangstür. »Ein Teil der Ludwigstraße ist abgesperrt. Auf dem Ballplatz wurde eine Frauenleiche gefunden.«

»Auf dem Ballplatz?« Lea sah den jungen Kollegen ungläubig an. Michaelis nickte. »Eine junge Frau. Sie wurde von einer Bäckereiverkäuferin im Gebüsch entdeckt.«

»Und woher weißt du das?«

»Die Kollegin dieser Verkäuferin verkauft mir jeden Morgen meinen Laugenzopf.«

Hauptkommissar Bender hatte den Ballplatz verlassen und war nun auf dem Weg zu einem Gymnasium in der Mainzer Neustadt. Nachdem Sandra die Vermisstenanzeigen vom Wochenende abgerufen hatte, war sie auf eine junge Frau gestoßen, die in der Nacht von Sonntag auf Montag gegen 0.30 Uhr als vermisst gemeldet worden war. Das Foto, das die Beamten bei der Aufnahme der Anzeige eingescannt hatten, zeigte zweifelsfrei die junge Frau vom Ballplatz. Die Mutter der Vermissten, eine Helga Möller, hatte bei den Beamten vom Innenstadtrevier angegeben, dass ihre Tochter am Sonntagabend gegen 20.00 Uhr zu einem Abendspaziergang aufgebrochen, aber nicht nach Hause zurückgekehrt sei. Das war aber schnell gegangen mit der Vermisstenanzeige, wunderte sich Bender. Doch es gab natürlich keinen festgelegten Zeitpunkt, ab wann Eltern sich Sorgen zu machen hatten. Nach den Einträgen in der Vermisstendatei waren beide Eltern Lehrer, und vielleicht lag da die Erklärung. Friedhelm Möller unterrichtete im Schloss-Gymnasium, das nicht weit vom Polizeipräsidium entfernt lag, und so machte Bender sich auf den Weg. Auch nach all den Jahren hasste er es noch immer, die Angehörigen über den Tod eines Familienmitglieds zu unterrichten. Und auch der anschließende Gang zur Gerichtsmedizin würde hart werden.

»Ich kümmere mich darum«, hatte er dennoch zu Sandra gesagt, die begonnen hatte, die Mieter der Wohnungen am Ballplatz ausfindig zu machen.

Die Schule war nicht weit vom Polizeipräsidium entfernt; ein großes Backsteingebäude mit einem kleinen Platz vor dem Eingang. Seitlich standen Fahrräder in Metallspiralen. Im Schulgebäude war es kühl und überraschend still. Doch nur wenige Minuten, denn nachdem der Kommissar die Eingangshalle durchquert hatte, schrillte die Pausenklingel. Und nach geschätzten zwei Sekunden wurden Türen aufgerissen, hallten eilige Schritte durch die Gänge, wurden Ranzen, Rucksäcke und Sporttaschen von den Haken genommen, und unvermittelt befand sich Bender inmitten einer Flut von Schülern unterschiedlichen Alters. Einige rannten an ihm vorbei die Treppen hinunter – wie oft mochten sie ohne Erfolg ermahnt worden sein, keine Treppenstufen zu überspringen. Andere, meist Mädchen, schlenderten die Flure entlang, wickelten ihre Brote aus, tuschelten und kicherten.

Bender blieb auf einem Treppenabsatz stehen und beobachtete für einen Moment das quirlige Treiben. Nachdem die meisten Schüler in Richtung Pausenhof verschwunden waren, steuerte Bender das Lehrerzimmer im ersten Stock an. Er wollte gerade auf den Klingelknopf neben der Tür drücken, da öffnete sich die Tür von innen, und eine kräftige Lehrerin mittleren Alters trat auf den Gang. Bender zeigte seinen Ausweis vor und fragte nach Friedhelm Möller.

»Friedhelm, der müsste gleich kommen. Er hatte gerade die 8a«, erklärte die Frau mit Blick auf einen Plan, der an der Wand hing.

Bender bedankte sich, wartete vor dem Lehrerzimmer und betrachtete in der Zwischenzeit Schülerbilder von Sonnenuntergängen an der Wand. Wenig später kam ein Mann, Mitte vierzig, die Treppe herauf.

»Herr Möller?«

Der Angesprochene blieb stehen und sah ihn an. »Ja, Sie sind von der Polizei?«

Bender nickte und zückte seinen Ausweis. Flüchtig beschäftigte ihn die Frage, woher fremde Menschen bei seinem Anblick wussten, dass sie einen Kriminalbeamten vor sich hatten. Schließlich trug er keinen sichtbaren Pistolengurt wie so mancher Fernsehkommissar. Umgab ihn möglicherweise eine gewalttätige Aura, die von den Verbrechen herrührte, mit denen er sich täglich beschäftigte? Obwohl ihn die Antwort interessiert hätte, war bislang kein Augenblick geeignet gewesen, danach zu fragen. Und auch dieser war es nicht.

»Sind Sie der Vater von Julia Möller?«

Aschfahl im Gesicht geworden, brachte der Mann ein kurzes Nicken zustande.

»Wir haben am Ballplatz eine junge Frau tot aufgefunden. Es könnte sich um ihre Tochter handeln.« Bender wusste um die Brutalität dieses Satzes, doch auch nach all den Jahren war ihm noch keine behutsame Formulierung eingefallen, und er war sich fast sicher, dass es diese nicht gab.

»Tot?« Herr Möller schwankte, und die Finger, mit denen er seine Aktentasche hielt, verloren an Kraft. Langsam rutschte sie nach unten. In seinen Augen stand Entsetzen, aber auch die winzige Hoffnung, es könnte sich um einen Irrtum handeln.

»Ich möchte Sie bitten mitzukommen«, sagte Bender, nachdem er dem Mann etwas Zeit gelassen hatte. »Wegen der Identifizierung«.

Friedhelm Möller nickte. »Nur einen Moment bitte. Ich hätte jetzt die 10a. Ich werde einen Kollegen bitten, die Vertretung zu übernehmen.«

Nach wenigen Minuten war Herr Möller zurück und verließ mit Franz Bender das Schulgebäude. Gemeinsam gingen sie zu dem Dienstwagen, der in einer Seitenstraße abgestellt war. Friedhelm Möller setzte sich ungelenk auf den Beifahrersitz, den Blick starr nach vorne gerichtet. Er sagte nichts und fragte nichts.

Bender kannte diese Schweigsamkeit. Egal ob das Unglück Ehemänner, Lebenspartner oder Väter traf, Männer sprachen nicht. Jedenfalls nicht in den ersten Stunden.

Über die Kaiserstraße fuhren sie am Hauptbahnhof vorbei, hielten sich rechts und fuhren Richtung Römerwall. In der Nähe der Gerichtsmedizinischen Abteilung der Mainzer Uniklinik stellte Bender den Wagen ab. Sie stiegen aus und gingen auf das betongraue Gebäude des Instituts zu. Herr Möller verlangsamte seinen Schritt; als könnte er das, was ihm bevorstand, hinauszögern. So ging Bender voraus, hielt seinem Begleiter die Tür auf und steuerte die Räume im Untergeschoss des Gebäudes an. Sie befanden sich im Reich von Hubertus Kaltmesser. Auf dem Gang fragte Bender einen Mitarbeiter nach dem Professor.

»In der Zwei. Verkehrsunfall!«

Der Institutsangestellte reichte dem Kommissar nur bis zur Schulter, seine wenigen Haare waren akkurat gescheitelt und lagen in gleichmäßigem Abstand auf der Kopfhaut. Bender kannte den Mann seit Jahren und wunderte sich nicht mehr über dessen Zweiwortsätze. »Die Tote vom Ballplatz. Feststellung der Identität!«

»Ah!« Der Sektionsgehilfe musterte Benders Begleiter. »In der Drei. Kommen Sie!«

Schon beim Betreten des Raumes war die Kontur der Gestalt auf einer Metalltrage zu erkennen, die noch von einem Baumwolltuch verhüllt war. Bender spürte seinen Hals eng werden. Friedhelm Möller folgte ihm. Dabei hielt er sich hinter der Schulter des Kommissars, obwohl diese ihn kaum würde schützen können, wenn es sich bei der Toten um seine Tochter handelte.

Der Sektionshelfer ging zum Kopfteil der Trage, fasste einen Zipfel des grünen Tuches und zog es zurück.

Die Haare der Toten waren getrocknet und ringelten sich auf der Zinkoberfläche der Trage. Ihr Gesicht schien ernst und war von einer alabasterfarbenen Lasur überzogen, die an Marmorbüsten erinnerte. Die Augenlider waren geschlossen, ebenso der Mund.

Bender drehte sich zu Friedhelm Möller um. Dessen Gesicht war erstarrt, nur sein Adamsapfel zuckte. Zögernd streckte er seine Hand aus, hielt sie einen Moment in der Luft, als wollte er den endgültigen Beweis vermeiden. Dann berührten seine Fingerspitzen die Wange, wichen vor der Kälte der Haut zurück und fanden Halt an einer Haarsträhne.

»Das ist meine Tochter. Das ist Julia«, brachte er leise heraus. Mit zitternden Fingern schob Herr Möller die Haarsträhne hinter das Ohr der Toten.

»Darf ich?« Der Sektionshelfer nahm wieder die Zipfel des Tuchs in die Hand. Es war seine Absicht, auf ein rasches Ende der Situation zu drängen. Was immer man von Schock, Trauer und anderen seelischen Notfallsituationen auch denken mochte, in der Regel reagierten alle Menschen gleich. Und je länger Angehörige ihre Toten betrachteten, umso häufiger kam es zu emotionalen Eruptionen. Und diese konnte man hier unten nicht brauchen.

Als Bender nickte, verschwand die Tote wieder unter dem grünen Tuch, und alles sah aus wie wenige Minuten zuvor.

»Kommen Sie, Herr Möller. Ich fahre Sie nach Hause!« Bender umfasste den Ellenbogen des Mannes und führte ihn zur Tür, dann weiter zum Aufzug. Er wusste, dass Friedhelm Möller das Tageslicht hassen würde; Leid sehnte sich nach Dunkelheit.

Während die beiden Männer vor dem Aufzug warteten, schob der Sektionsgehilfe die Metallliege zurück in den Kühlraum. So jung! Musste das sein? Als er die Tür öffnete, fuhr seine Hand zu seinem Oberschenkel. Der stechende Schmerz suchte ihn von Zeit zu Zeit mit einer Heftigkeit heim, die ihm die Luft nahm. Er rieb mit der Handfläche über die schmerzende Stelle. Dieses verdammte Schicksal! Es schlug zu wie ein Schwergewichtsboxer; kurzer Haken an die Schläfe, die lange Rechte gegen die Augenbraue, der letzte Schlag aufs Kinn. Brutal und vernichtend. Was blieb, als sich taumelnd auf den Hocker in der Ecke zwischen den Seilen zu retten? Und wenn man Pech hatte, blieb man sein Leben lang in diesem Dreieck zwischen den Seilen hocken. Dieser Vater würde auch Mühe haben, dort wieder herauszukommen. Er seufzte, schloss die Tür zum Kühlraum und begann die Instrumente ins Waschsieb zu sortieren. Um den Sitz seiner Oberschenkelprothese würde er sich in den nächsten Tagen kümmern müssen.

Eine Viertelstunde nachdem Kommissar Bender Julias Vater an dessen Wohnung abgesetzt hatte, betrat er das Büro im Polizeipräsidium am Valencia Platz, das er sich mit Sandra Kurz teilte. Der Stuhl gegenüber war noch leer. Dafür klingelte das Telefon.

»Bender!«

»In der Schule ist sie unbekannt«, informierte ihn Münning und vernachlässigte die üblichen Begrüßungsformalitäten. »Ich habe auch in dem Café nachgefragt, auch dort kennt sie niemand. Soll ich mit den Häusern hier am Ballplatz weitermachen, oder hast du was anderes?«

»Nein, das ist in Ordnung«, sagte Bender und klärte Münning über das Ergebnis der Identifizierung auf. »Die Tote heißt Julia Möller.«

»Hallo! Ist jemand zu Hause?« Lea stellte ihre Tasche im Hausflur ab.

»Mama!«

Das kam aus der Küche, und Lea machte sich auf den Weg. Jonas hatte sich eine Salamipizza in den Backofen geschoben, und der Geruch von Paprika und scharfer Wurst kam Lea entgegen.

»Willst du ein Stück?« Jonas zog das Backblech aus dem Ofen.

»Nein, danke.« Lea nahm eine Scheibe Käse aus dem Kühlschrank, ohne zu bemerken, dass Lilly neben dem Kühlschrank auf ihren Anteil wartete.

»Mama! Was ist denn?« Kauend musterte Jonas seine Mutter. Üblicherweise schafften es Lillys Hundeaugen immer, ihr einen Leckerbissen abzunötigen.

»Heute Morgen wurde eine junge Frau am Ballplatz gefunden.«

»Und?«

»Sie ist tot.«

»Echt?«, stieß Jonas hervor und vergaß zu kauen. Dann startete er den Laptop, mit dem er verwachsen schien, und ging auf die Seite mit aktuellen Nachrichten aus der Region. »Tote am Ballplatz in Mainz«, las er vor, hielt aber plötzlich inne und starrte auf ein Bild. »Das ist Julia! Mama, du hast sie bei unserer Schulaufführung gesehen!«

Lea beugte sich über den Laptop. Jonas hatte recht: Das Gesicht kam ihr bekannt vor. Vor allem an diese rötlich blonden Locken, die unter einem Schleier zum Vorschein gekommen waren, konnte sie sich erinnern. Es war eine Szene aus »Romeo und Julia« gewesen: »… nur düstern Frieden bringt dieser Morgen.«

Jonas starrte weiterhin auf das Bild und schüttelte den Kopf. »Das ist so krass!«

Es war kurz nach 16.00 Uhr, als Bender auf den Klingelknopf eines Mehrfamilienhauses in der Mainzer Altstadt drückte. Bevor er mit Sandra Kurz aufgebrochen war, hatte er sich noch die Vermisstenanzeige angeschaut: Helga Möller, die Mutter, hatte ihre neunzehnjährige Tochter am Sonntagabend um 23.50 Uhr als vermisst gemeldet. Sie sei um 20.00 Uhr zu einem Spaziergang aufgebrochen und nicht zurückgekehrt. Im Protokoll waren ihre Antworten auf die Fragen des Beamten vermerkt: »Nein, etwas anderes als den Abendspaziergang hat sie nicht vorgehabt. Nein, sie ist noch nie über Nacht weggeblieben.«

Für eine Vermisstenanzeige, in der meist Vermutungen über letzte Kontaktpersonen, mögliche Aufenthaltsorte oder andere Hinweise auftauchten, waren die Angaben recht dürftig, hatte Bender gedacht, als er das Blatt zur Seite gelegt hatte.

Im Erdgeschoss des Hauses im Kirschgarten gab es einen Laden mit bunten Holzspielsachen und Kunstgewerbe, in den oberen Etagen befanden sich renovierte Wohnungen. Der Türöffner gab den Eingang zu den Wohnungen frei, und die Kommissare betraten ein verwinkeltes Treppenhaus, in dem es nach Bohnerwachs roch. Im zweiten Stock wurde eine Tür geöffnet, und nach der letzten Wendung der Treppe sahen sie Friedhelm Möller in der geöffneten Wohnungstür stehen. Obwohl Bender ihn kaum vier Stunden zuvor gesehen hatte, schien er um Jahre gealtert. Nach wortloser Begrüßung folgten die beiden Beamten ihm in den Flur, von dort weiter ins Wohnzimmer. Auf der Couch zusammengesunken saß Helga Möller.

»Der Kommissar, Helga. Ich habe dir von ihm erzählt«, erklärte Friedhelm Möller ihr leise. »Und seine Kollegin.«

Frau Möller reichte erst Bender, dann Sandra Kurz die Hand. Nach einem kurzen Moment setzte Bender sich ihr gegenüber und zog sein Notizbuch heraus. »Frau Möller, mein aufrichtiges Beileid. Wir müssen Ihnen einige Fragen stellen, so schwer das für Sie ist.«

Die Frau nickte stumm, während ihr Blick auf eine blaue Glasschale auf dem Couchtisch gerichtet war.

»Laut Vermisstenanzeige haben Sie Ihre Tochter am Sonntagabend zum letzten Mal gesehen. Ist das richtig?«

Helga Möller sah auf. »Julia wollte einen Spaziergang am Rhein machen. Sie ist manchmal zum Fischtorplatz gelaufen und hat sich auf die Stufen am Wasser gesetzt. Aber meistens ist sie mit dem Bus gefahren. Das stimmt doch, Friedhelm? Sie ist meistens mit dem Bus gefahren?«Friedhelm Möller nickte.

»Ist sie denn an eine bestimmte Stelle am Rhein gegangen«, fragte Bender weiter.

»Sie hatte einige Lieblingsplätze.«

»Wollte Ihre Tochter vielleicht auch zum Rheinstrand oder an den Winterhafen?«, schaltete sich Sandra Kurz ein, die wusste, wo junge Leute sich gegen Abend häufig trafen.

Frau Möller schüttelte den Kopf. »Ich glaube nicht.«

»Sie wussten also nicht genau, wohin Julia am Sonntagabend ging oder ob sie mit jemandem verabredet war«, fragte Sandra nach.

»Nein.«

»Könnte es sein, dass Ihre Tochter, entgegen ihrer Ankündigung nicht zum Rhein gegangen ist, sondern zum Beispiel in einen Club zum Feiern?«

Frau Möller sah die Kommissarin an. »Nein. Julia war nicht so.« Ein leiser Vorwurf klang in ihrer Stimme mit.

Julia war nicht so, dachte Bender. Es wäre nicht das erste Mal, dass Eltern wenig Ahnung davon hatten, wie ihre Kinder waren. Dann fragte er: »Dürfen wir uns Julias Zimmer ansehen?«

Wortlos erhob sich Frau Möller und ging in den Flur. Bender und Kurz folgten ihr.

Sehr ordentlich, dachte Sandra Kurz nach dem ersten Blick in das Zimmer der Toten. So ganz anders als das mittlere Chaos ihrer Wohnung, die Wäscheberge in ihrem Bad und die ständig überquellende Spüle. Hier gab es eine hellblau-weiß gestreifte Gardine am Fenster, passend zum Bettbezug, einen weißen Schreibtisch mit Stuhl, Regale ohne Staub und ein großes Aquarium. An der Wand hingen großformatige Fotografien. Das Zimmer schien darauf zu warten, dass Julia Möller hereinkam, sich aufs Bett fallen ließ oder zu den Fischen ging, die durch ihre Unterwasserwelt schwammen.

Es war Bender, der das Zimmer zuerst betrat, zum Aquarium ging und dort stehen blieb. Ein hellblauer Zierfisch mit roter Rückenflosse schwamm vorbei, machte kehrt und schwamm zurück in ein Dickicht aus Wasserpflanzen.

»Melanotaenia praecox. Ein Diamant-Regenbogenfisch. Sie kommen aus Südostasien«, erklärte Herr Möller, der in der Tür stehen geblieben war. »Das war Nepomuk. Er ist größer als Iris, dort drüben, hinter der Wurzel. Iris ist die griechische Göttin des Regenbogens. Wir haben lange nach einem schönen Namen gesucht!«

Bender versuchte vergeblich das andere Exemplar im Grün der Wasserpflanzen auszumachen. Ein Fisch namens Nepomuk und eine Fischdame mit dem Namen einer griechischen Regenbogengöttin! Nicht unbedingt das, was man im Zimmer einer Neunzehnjährigen erwartete. Bender wandte dem Aquarium den Rücken zu.

»Über den Fisch gibt es ein Kinderbuch, kennen Sie das?«, fragte Herr Möller.

Bender schüttelte den Kopf. »Nein, tut mir leid.«

»Wegen dieses Buches haben wir die Fische gekauft, zu Julias elftem Geburtstag.«

Bender nickte und betrachtete das Regal an der Wand. Es war gut gefüllt: Schulbücher, Bücher über Komponisten, Bildbände über Küstengebiete, eine Box mit Büchern zur Abiturvorbereitung, ein Stapel Notenblätter und verschiedene Romane standen dort ordentlich aufgereiht. Daneben ein Miniatur-Eiffelturm und eine Seejungfrau auf einem grünen Plastikstein. Mehrere kleine Bücher mit einem Einband aus Seidenstoff mit chinesischen Motiven lagen sorgfältig aufeinandergestapelt. Bender kam ein Verdacht. Er trat zum Regal, nahm das oberste in die Hand und blätterte es auf.

»Das sind Julias Tagebücher!« Frau Möller hob die Hand. »Bitte, lesen Sie nicht darin.«

Bender schlug das Buch zu, behielt es jedoch in der Hand. Vielleicht gab es Dinge preis, von denen Julias Eltern keine Ahnung hatten? Er betrachtete die Fotografien an der Wand: zwei Urlaubsfotos, auf denen Julia ungefähr sieben Jahre alt war. Auf dem ersten planschte sie mit der Mutter in einem Swimmingpool, auf dem anderen schob das Mädchen den Vater einen Abhang hinauf. Beide lachten in die Kamera. Die dritte Fotografie war offenbar in einem Zeltlager aufgenommen worden; mehrere Jugendliche standen vor einem blauen Zelt und grinsten in die Kamera. Ein schmaler Junge spreizte die Finger zu einem Victory-Zeichen.

»Hatte Julia einen Freund?«, fragte Sandra Kurz, die ebenfalls die Fotografie im Blick hatte.

Es dauerte eine Weile, bis Frau Möller antwortete: »Ich glaube nicht. Friedhelm, was meinst du?«

»Nein, ich denke auch nicht.«

»Sie glauben es nicht, können es aber auch nicht mit Sicherheit ausschließen?« In Sandras Feststellung schwang leise Verwunderung mit. Die Wohnung und die beiden Menschen darin machten einen derart geordneten Eindruck, dass man zwangsläufig dachte, mit ihrem Leben und den Informationen darüber müsse es sich genauso verhalten.

Frau Möller räusperte sich. »Ich kann nicht ausschließen, dass Julia jemanden näher kannte.« Unsicher schaute sie zu den Fischen hinüber. »Julia zeigte ihre Gefühle nicht so deutlich, nicht einmal in der Pubertät. Es gab keine überschäumende Fröhlichkeit, keine Anfälle von Traurigkeit oder Hysterie. Jedenfalls nicht das, was ich von meinen Schülern kenne.«

»Richtig, Sie sind Lehrerin«, erinnerte sich Bender.

»Für Deutsch und Musik«, antwortete Frau Möller und fügte hinzu, dass ihr Mann Chemie und Physik lehre.

Sandra stellte die nächste Frage: »Worüber hat Julia in letzter Zeit denn so gesprochen?«

»Über Alltägliches. Den Gemeindechor, die Schule, manchmal über meeresbiologische Forschungen, aber sonst …«

Erneut schlug Bender das Tagebuch in seinen Händen auf und registrierte die gleichmäßig geschriebenen Buchstaben. Als er einige Seiten umblätterte, fielen drei Bildchen heraus, kaum größer als Briefmarken. Wie tote Schmetterlinge segelten sie zu Boden.

»Die Heiligenbildchen sind von unserem Pfarrer. Julia hat sie seit dem Kindergottesdienst gesammelt«, erklärte Frau Möller, und ihre Augen wurden feucht.

Bender hob sie auf und legte sie zurück in das Tagebuch. »Ich müsste es mitnehmen.«»Das Tagebuch? Nein, das geht nicht!« Heftig schüttelte Helga Möller den Kopf. »Julia würde das nicht wollen!«

»Ich verstehe Ihre Bedenken«, sagte Bender, »aber vielleicht finden sich Hinweise auf den Täter.«

Entsetzt sah Frau Möller den Kommissar an, dann streckte sie die Hand nach dem Buch aus. »Julia hat es immer zur Seite gelegt, wenn man ihr Zimmer betrat. Und ich habe es selbst dann nicht gelesen, wenn sie bekümmert schien. Julia hätte mir das niemals verziehen.«

Bender horchte auf. »Sie schien bekümmert? Weshalb?«

Frau Möller seufzte. »Julia wurde von Mitschülern verspottet, wegen ihres Äußeren. Und wegen ihrer Arbeit in der Kirchengemeinde.«

»Was machte sie dort?«, fragte Sandra Kurz nach.

»Sie arbeitete an einem Hilfsprojekt mit und sang im Chor. Das war sehr zeitaufwendig, denn als Solistin hatte sie zusätzliche Einzelproben. Sie war regelmäßig in der Kirche und ging einmal in der Woche zur Beichte. Manchmal traf sie sich auch mit Fiona, einer Klassenkameradin.« Vorwurfsvoll sah Frau Möller ihren Ehemann an. »Ich war froh über diese Kontakte; wir reden hier nicht viel.«

»Helga, ich bitte dich! Welche Neunzehnjährige schüttet ihrem Vater das Herz aus?« Gekränkt sah Herr Möller seine Frau an.

Bender registrierte das Aufflackern eines möglichen Eheproblems, doch er überging die Äußerung und fragte: »Wie hat Julia den Sonntag verbracht? War sie den ganzen Tag zu Hause?«

Frau Möller strich sich eine Haarsträhne aus der Stirn. »Julia war den ganzen Tag hier, also nach dem Sonntagsgottesdienst am Vormittag. Sie hat sich im Internet die Universitäten angeschaut, sie wollte zur Uni nach Kiel.«

»Kiel?«

Nun kamen Frau Möller die Tränen. »Julia wollte sich für bedrohte Meeressäuger engagieren und gegen die Umweltverschmutzung in ihrem Lebensraum.«

Bender machte eine Notiz, dann fragte er: »Hatte Julia einen Job? Ich meine, bis zum Beginn des Studiums?«

Frau Möller wischte sich eine Träne ab. »Dreimal in der Woche hat sie im Gemeindekindergarten ausgeholfen.«

»Wo ist dieser Kindergarten?«

Helga Möller nannte die Adresse, und auch diese notierte Bender. »Eine Frage zum Chor: Gab es da engere Beziehungen?«

»Mit zwei Frauen hat Julia öfter telefoniert, oder sie haben sich geschrieben.«

»Über Facebook?«

Frau Möller nickte.

»Könnte ich Julias Computer sehen?«

»In der Schreibtischschublade, ein Mac-Book, zu Weihnachten«, sagte Herr Möller, der noch immer im Türrahmen stand.

Sandra Kurz zog die Schublade unter der Arbeitsplatte auf und nahm das Gerät heraus. »Wir müssen es mitnehmen, wir müssen wissen, mit wem Julia in näherem Kontakt stand.«

»Natürlich«, sagte Frau Möller, die es offenbar aufgegeben hatte, das Privatleben ihrer Tochter zu verteidigen.

»Gibt es noch etwas, das wir wissen sollten«, fragte Sandra Kurz, den Laptop in der Hand.

Friedhelm Möller schüttelte den Kopf und schwieg. Seine Frau ging zum Aquarium, nahm von einer Ablage Fischfutter aus einer Tüte und ließ die Körnchen auf die Wasseroberfläche rieseln. Sie sogen sich mit Wasser voll und versanken. »Wir haben unsere Tochter geliebt«, sagte sie, mehr zu den Fischen als zu den Beamten. »Julia war eine gute Tochter, freundlich und hilfsbereit. Sie war ein Engel.«

Ein Engel! Bender und Kurz dachten gleichzeitig an das gefiederte Etwas auf dem Schoß der Toten und wechselten einen schnellen Blick. Doch beide schwiegen.

Sandra klemmte den Laptop unter ihren Arm und ging an Bender vorbei in den Flur. Franz Bender folgte ihr, blieb aber an einer Konsole stehen, auf der ein Telefon in seiner Ladestation abgelegt war. »Hat Julia telefoniert, bevor sie am Sonntag die Wohnung verließ?«

Frau Möller runzelte die Stirn. »Sie kam mit ihrem Stoffbeutel bei uns im Wohnzimmer vorbei, ging dann in die Küche, um sich einen Apfel mitzunehmen. Nein, ich glaube nicht, dass sie telefoniert hat. Sie hat noch ›Tschüs‹ gerufen, und dann ist sie gegangen.«

Als sie erkannte, dass dies der letzte Augenblick im Leben ihrer Tochter war, den sie mitbekommen hatte, schluchzte Frau Möller auf, presste die Hand vor den Mund und lief zurück ins Wohnzimmer.

»Julia Möller war neunzehn Jahre alt!« Sandra Kurz schüttelte den Kopf, als sie vor Bender die Treppe hinunterging. »Und der Vater erzählt von Regenbogenfischen und einem Kinderbuch! Merkwürdig, oder?«

»Vielleicht erinnert er sich gerne an diese Zeit. So etwas soll es geben.«

»Iris! Wir haben lange nach einem schönen Namen gesucht; für einen Fisch!« Sandra schüttelte den Kopf. »Was für ein Aufwand!«

»Wer sagt schon, dass es leicht ist, Liebe zu dosieren«, sagte Bender und trat auf die Straße.

In ihrem Büro am Valencia-Platz mischten sich Telefonklingeln, klackernde Tastaturen und Straßenlärm. Eine beruhigende Geräuschkulisse, fand Bender und ließ sich auf seinem Schreibtischstuhl nieder. Anders als zu Beginn seiner beruflichen Laufbahn schätzte er mittlerweile Tätigkeiten, die im Büro erledigt werden konnten. Er streckte die Beine unter dem Schreibtisch aus und nahm das Tagebuch der Toten zur Hand. Nachdem er zwei Seiten gelesen hatte, schaute er zu Kurz. »Hör dir das an!

Wie habe ich das Klingeln nach der sechsten Stunde herbeigesehnt. Dieses Getuschel hinter meinem Rücken, die anzüglichen Blicke. Ich lebe nur auf den Moment hin, wenn das alles hier vorbei ist.«

»Hört sich nicht nach beglückender Schulzeit an«, stellte Sandra Kurz fest.

»War deine Schulzeit ein Hort der Glückseligkeit? Nette Mitschüler, gütige Lehrer?« Bender ließ das Tagebuch sinken.

»Glückseligkeit fällt mir nicht zuerst ein, aber es war erträglich.« Sandra grinste. »Außerdem bin ich schnell in Wut geraten, da hat sich keiner getraut, hinter meinem Rücken zu tuscheln.«

»Verstehe«, sagte Bender, der keine Mühe hatte, sich seine Kollegin als wutschnaubende Achtklässlerin vorzustellen. Er blätterte zum letzten Eintrag. »Hier! Das ist vom Sonntagnachmittag:

Nur noch wenige Stunden! Ich muss nichts tun, nur warten, bis die Zeit vergeht – sonst nichts. … Eigenartigerweise wühlt diese unerschütterliche Stille mich auf, denn sie hält meine Zukunft so beharrlich verborgen, als wäre es ihre vordringlichste Aufgabe, nichts davon preiszugeben.«

Sandra kniff die Augen zusammen. »Vielleicht ist Julia Möller nicht an den Rhein gegangen, um dort nur am Ufer zu sitzen?«

Bender nickte und blätterte zurück. »Das sind etwa einhundertfünfzig Seiten.«

»Na gut. Du kümmerst dich um das Tagebuch und ich mich um Informationen aus dem Netz?«, schlug Sandra vor, wogegen Bender nichts einzuwenden hatte. Er las nämlich weitaus lieber Akten oder ein Tagebuch, als mit dem Computer nach Informationen zu suchen; denn nicht immer machten Computer, was er sich vorstellte. So sah er einigermaßen erleichtert zu, wie Sandra ihren PC hochfuhr.

»Zuerst die Community«, murmelte sie.

»Was?«