Auf Frachtschiffen die Welt entdecken - Henning Köhlert - E-Book

Auf Frachtschiffen die Welt entdecken E-Book

Henning Köhlert

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Beschreibung

Besondere Reiseerlebnisse, Erfahren des Lebens an Bord, Aussichten auf Küsten und Städte, Passagen auf Fahrten mit Frachtschiffen, Wiederentdecken historischer Seewege

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB
MOBI

Seitenzahl: 160

Veröffentlichungsjahr: 2022

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Henning Köhlert

Auf Frachtschiffen die Welt entdecken

Meine schönsten Erlebnisse auf See und an Land

Henning Köhlert

Auf Frachtschiffen die Welt entdecken

Meine schönsten Erlebnisse auf See und an Land

Copyright: © 2022 Henning Köhlert

Fotos von: Henning Köhlert, Eberhard Frick, ATPI, R. Pickering, S.39 aus Untersuchungsbericht Bundesstelle für

Seeunfalluntersuchung,

S.83 Grafik aus OpenStreetMap, UKHO Security Chart, Q 6099 über: Steamship Mutual,

S. 119, unterflickr.com/photos/ pierre_markuse/51070311183

Verlag (und Druck):

tredition GmbH

Halenreie 40-44

22359 Hamburg

978-3-347-74135-5 (Paperback)

978-3-347-74136-2 (Hardcover)

978-3-347-74137-9 (E-Book)

Das Werk, einschließlich seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung ist ohne Zustimmung des Verlages und des Autors unzulässig. Dies gilt insbesondere für die elektronische oder sonstige Vervielfältigung, Übersetzung, Verbreitung und öffentliche Zugänglichmachung.

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek:

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Inhaltsverzeichnis

1. Vorwort und Einleitung

2. Endlich an Bord

- Vorbereitung und Anfahrt

- Im Hafen und auf der Elbe

- Ein typischer Tag an Bord

- Kontrollen bei der Einschiffung

3. Erlebnisse an Bord

- Meine Äquatortaufe

- Jogging

- Arbeiten an Bord

- Weihnachten und Silvester an Bord

- Ladearbeiten in Qingdao

- Orkan im Nordpazifik

- Man over board

4. Erlebnisse an Land

- Im Hafen

- Im Shuttlebus

- Colombo

- Santos

- Paranagua

- Miami

- Melbourne

- Rio de Janeiro

- Buenos Aires

- Reunion

- Panama City

5. Passagen

- Anfahrt auf Buenos Aires

- Suezkanal Nord – Süd

- Hochrisikozone

- Bab El Mandeb

- Singapur

- Hongkong – Chiwan

- Die Magellanstraße

- Panamakanal

- 50 Shades of Beige

- Suezkanal Süd – Nord

- Straße von Gibraltar

- Nord-Ostsee-Kanal

6. Seegeschichten

- Lotsen

- Escobar

- Piraten von Belawan

- Zucker für Djiddah

- Geschichte ohne Ende

- Der clevere Schiffsjunge

- Seemannsgarn

- Regentropfen

7. Andere besondere Erlebnisse

- Dreimal England

- Liverpool und der Beat

- Eine flüchtige Gesprächsunterbrechung

- Die Armbanduhr

- Meine teuersten Biere

- Kein Wort verstanden

- Kuchen satt

- Stunde der Wahrheit

8. Nachwort

Vorwort

Seit mehr als 10 Jahren begleiten wir Herrn Henning Köhlert mit Rat und Tat bei der Auswahl und Buchung seiner Frachtschiffreisen. Es gibt keinen Kontinent, den Herr Köhlert noch nicht mit dem Frachtschiff bereist hat. Begleiten wir unseren Passagier bei seinen abenteuerlichen Seepassagen, dem abwechslungsreichen Bordleben und beim Entdecken der unterschiedlichsten Häfen und Länder. In dem neusten Buch nehmen wir direkt an den schönsten Erlebnissen sowohl auf See als auch an Land teil. Es gewährt spannende Einblicke in das Bordleben bei einer Äquatortaufe sowie zu speziellen Feiertagen wie Weihnachten und Silvester.

Regelmäßig hält Herr Köhlert auch Vorträge zu seinen Reisen und hat in diesem Buch die schönsten Erlebnisse an Land in den verschiedenen Häfen vorgestellt. Die Schilderung der zahlreichen Passagen weltweit nach Buenos Aires, durch den Suez- oder Panamakanal oder durch die Straße von Gibraltar mit atemberaubenden Fotos weckt die Reiselust. Am liebsten möchte ich gleich selbst am nächsten Tag an Bord eines Frachtschiffes gehen, um die Welt zu entdecken.

Wir als ATPI Hamburg GmbH arrangieren sowohl die Frachtschiffreise als auch die entsprechenden Hotels und Flüge. Somit können wir bei etwaigen Fahrplanänderungen oder Routenabweichungen bzw. Verspätungen die notwendigen Umbuchungen und Anpassungen vornehmen.

Lassen Sie sich von der Welt der Frachtschiffreisen mit Ihrem ganz speziellen Charme faszinieren. Jede Reise ist einzigartig und enthält immer wieder Momente an Bord und beim Landgang, die noch lange in Erinnerung bleiben.

Viel Freude bei dieser spannenden Reiselektüre

wünscht Ihnen

Kerstin Ronai.

Einleitung

Dieses Buch zu schreiben hat mir unendlich viel Spaß gemacht. Ich wollte ursprünglich nur meine handschriftlichen Reisetagebücher digital erfassen, systematisieren und umformulieren. Schwerpunkt waren besondere Ereignisse, die ich gesondert abspeicherte. Schnell landete ich bei dem Raster, das Sie im Inhaltsverzeichnis vorfinden. Als ich merkte, wie viele Geschichten, Erlebnisse und Beschreibungen da zusammenkamen, war der erste Schritt zum Buch getan.

Mit jeder Geschichte, mit jedem Beschreiben von Ereignissen wurde die Erinnerungen an die Fahrten wieder wach. Mir fielen Ereignisse, Personen und Örtlichkeiten ein; ich stöberte nach Fotos, handschriftlichen Notizen, gedruckten Dokumenten, jedes Mal durchlebte ich die Reise aufs Neue. Bei einzelnen Situationen wusste ich genau, was ich damals gedacht hatte, obwohl das nirgendwo geschrieben stand.

Vielleicht können Sie das nachvollziehen, wenn Sie mal alte Fotoalben durchstöbern, ihnen irgendwelche abgelegten Eintrittskarten in die Hände fallen oder wenn Sie von längst vergangenen Ereignissen lesen oder hören. Ich beschreibe hier zwar meine Reiseerlebnisse und meine Sichtweisen, aber sind diese so anders als Ihre? In den Einzelheiten bestimmt, trotzdem tauchen beim Lesen sicher viele Ereignisse in Ihrer Erinnerung auf, die ähnlich waren. Das ist genau das Ziel dieses Buches: Das Beleben der Erinnerung an die eigenen Erlebnisse, so andersartig sie auch im Detail sein mögen.

Zum besseren Verständnis der Texte führe ich die Liste meiner Frachtschiffreisen in chronologischer Reihenfolge auf, damit Sie auch bei der Lektüre immer den Bezug zur jeweiligen Fahrt haben. Dabei müssen Jahr, Namen der Schiffe, Zeitdauer und Zielpunkte genügen. Einige der Reisen sind ja in meinen Büchern und Heften ausführlich beschrieben.

Meine bisherigen Frachtschiffreisen:

1. Juli 2011, Bianca Rambow, 9 Tage, Hamburg – Finnland – Hamburg

2. Juni 2012, Santa Cruz, 32 Tage, Hamburg – Buenos Aires

3. März/April 2013, Hatsu Crystal, 44 Tage, Hamburg – Hongkong

4. 2013/14, Santa Cruz, 40 Tage, Hamburg – Brasilien

5. 2014/15, CMA CGM Marco Polo, 84 Tage, Hamburg – Schanghai – Hamburg

6. 2015/16, Cap San Augustin, Hammonia Massilia, Balthasar Schulte, 95 Tage, Rund um Südamerika

7. 2016/17, CMA CGM Puccini und Mozart, 100 Tage, Australien

8. 2017/18, MSC Paris, 64 Tage, Südafrika

9. Juli 2018, Adelina D, 14 Tage, Nord- und Ostsee

10. 2018/19, CMA CGM Lisa Marie, 92 Tage, Weltumrundung ab/bis Singapur

11. 2019/20, Buxcliff, 52 Tage, USA + Mexiko

12. Juni 2022, MS Andrea, 7 Tage, Hamburg – Helsingborg – Hamburg

Natürlich bin ich nicht nur auf Frachtschiffen gereist. Deshalb habe ich am Ende noch einige spannende Geschichten von anderen Reisen zum Teil aus längst vergangenen Zeiten drangehängt, zur Ergänzung meiner Reiseberichte aus jüngerer Zeit.

Einige Texte habe ich ursprünglich für andere Anlässe geschrieben: als Textbeitrag auf meinen Vorträgen, als Artikel im Kreuzfahrtmagazin AZUR, als Redebeitrag auf Veranstaltungen der Toastmasters und auf Poetry-Slam-Abenden.

Über meine Erlebnisse hinaus habe ich verschiedene Ereignisse erwähnt, meistens Havarien anderer Schiffe, die wegen des Themas, Ortes oder Zeitpunktes einen Bezug zu dem Text haben. Diese kurzen Informationen habe ich in Kästen gerahmt.

Nun wünsche ich Ihnen viel Freude bei der Lektüre. Kommen Sie mit mir an Bord und tauchen Sie ein in die spannende Welt der Frachtschiffreisen.

Ihr Globetrotter

Henning Köhlert.

Endlich an Bord

Wie bei allen Reisen ist die Vorfreude auf das, was einen erwartet, natürlich riesengroß. Man kann es kaum erwarten, dass es endlich losgeht. Bei Frachtschiffreisen allerdings geschieht noch Einiges, bevor das Schiff ablegt.

Vorbereitungen und Anfahrt

Die Vorplanung einer Frachtschiffreise ist für mich immer ein wesentlicher Bestandteil. Sie steigert meine Vorfreude enorm. Dazu gehört das Verfolgen des Schiffes auf marinetraffic.com, das die aktuelle Position des Schiffes, besonders aber die Einlauf- und Auslaufzeiten in den Häfen dokumentiert. Wenn man diese Daten mit denen der anderen Schiffe auf dieser Route vergleicht, kann man sich ein ziemlich genaues Bild machen, wie lange die Aufenthaltsdauer in den Häfen sein könnte. Aber mit 10 Jahren Erfahrung bin ich mir im Klaren, dass die Wirklichkeit später ganz anders aussehen kann.

Je näher das Schiff meinem Einstiegshafen rückt – bei meinen ersten Frachtschiffreisen war der Starthafen immer Hamburg, Burchardkai – desto kürzer werden die Intervalle, in denen ich im Internet recherchiere. Da ich nur 10 km von der Elbe entfernt wohne, „begrüße“ ich oft mein Schiff bereits vom Lühe-Anleger aus kurz vor der Einfahrt in den Hamburger Hafen.

Die Santa Cruz vor dem Lühe-Anleger

Dann ist es soweit, es geht endlich los. Die Anfahrt von zu Hause bis zum Containerterminal ist kurz, die Formalitäten an der Anmeldung sind unbürokratisch und schnell erledigt, dann geht es mit dem Shuttlebus bis ans Schiff. Das ist bereits ein erster Höhepunkt der Reise. Jedes Mal kommt es mir vor, als ob der Fahrer extra für mich eine Besichtigungstour durch den Terminal unternimmt:

Wir umkurven riesige Containerstapel, die sich rechts und links auftürmen, immer wieder müssen wir an Kreuzungen und Einmündungen anhalten, weil die hochaufgeschossenen Van-Carrier Vorfahrt haben, logisch, Cargo first! Das letzte Stück kriechen wir fast am Kai entlang. Jetzt gilt mein Blick nur noch den Stahlkolossen dicht neben uns. Ich versuche, Namen zu lesen, Größe abzuschätzen, das gelingt nicht immer. Dann sind wir da. Ich lade mein Gepäck aus und bestaune zum ersten Mal mein Schiff aus der Froschperspektive.

Links die Schiffswand, rechts der Ladekran, voraus die steile Gangway – da muss ich rauf.

Jetzt muss ich nur noch irgendwie die steile, wackelnde Gangway hinaufkommen, mit Koffer, Reisetasche und kleinem Rucksack. Das ist ein Kraft- und Balanceakt. Wenn ich Glück habe, kommt mir vielleicht der Wachhabende entgegen und nimmt mir den Koffer ab.

Geschafft, ich bin oben an Deck. Zuerst muss ich mich im Wachbuch eintragen, da begrüßt mich auch schon der wachhabende Offizier und geleitet mich ins Schiffsoffice. Sie wollen gleich den Reisepass haben, oft auch die Versicherungsunterlagen mit der 24-Stunden-Rufnummer, mein Ticket interessiert jedoch niemanden, ein Foto für den Schiffspass wird auch noch schnell angefertigt. Danach führt man mich auf meine Kammer, so werden die Kabinen im Seemannsjargon genannt. Ab jetzt bin ich mir überlassen.

Eintragen ins Wachbuch der Santa Cruz

Das alles geht so schnell. Eben war ich noch draußen auf der Straße vor dem Hafen, jetzt, auf dem Schiff, bin ich in einer vollkommen anderen Welt. Darauf muss ich mich erst einmal einstellen, auf die neue Umgebung, ungewohnte Abläufe, unbekannte Leute um mich herum, die Enge des Schiffes, alles ist anders. Es ist immer das gleiche Gefühl, ob auf einem Megafrachter oder einem kleinen Feederschiff, doch inzwischen kenne ich das schon.

Zuerst schaue ich mich in meiner Kammer um. Was bietet sie? Sofa, Schreibtisch, Sessel, Couchtisch, Kühlschrank, TV-Gerät, reichlich Stauraum in Schränken und Kommoden. Das ist Standard, und je nach Buchung gibt es einen abgetrennten Schlafbereich. Die Nasszelle mit Waschbecken, WC und Dusche ist meistens recht eng.

Im Hafen und auf der Elbe

Allein schon an Bord im Hamburger Hafen zu sein, ist ein besonderes Erlebnis. Wenn man sich draußen auf die Brückennock begibt, hat man aus rund 40 Meter Höhe einen fantastischen Rundblick: Direkt vor der eigenen Nase die Ladearbeiten, die anderen festliegenden Schiffe, das riesige Containerdepot mit den umherflitzenden Van-Carriern, der Blick auf die Autobahn, das andere Elbufer bis hin zu den Landungsbrücken und der Elbphilharmonie.

Zwei Schlepper nähern sich dem Schiff, wir legen gleich ab. Jetzt nichts wie rauf auf die Brücke; von dort hat man den besten Blick und bekommt alle Kommandos mit. Doch man muss sich zurückhalten, um die Schiffsführung bei ihrer verantwortungsvollen Arbeit nicht zu stören.

Der Hafenlotse verlässt uns schon auf Höhe Blankenese, unser Schiff nimmt Fahrt auf. Auf Backbord sind Hallen und Landebahn von Airbus nicht zu übersehen, ebenso wenig die Sietas Werft am Este Sperrwerk. Etwas später kommt der Lühe-Anleger mit vielen Ausflüglern. Nur ein kurzes Stück weiter folgt die ehemalige Seefahrtsschule in Grünendeich mit ihrer kleinen Aussichtsplattform auf dem Dach. Ich erinnere mich an den Blick von dort auf die auf Grund gelaufenen CSCL Indian Ocean.

Fotos folgende Seite:

Das Containerdepot vom Burchardkai mit den agilen Van-Carriern Blick Richtung Elbbrücken

Blick elbabwärts, links die Airbuswerke, rechts im Hintergrund das Kohlekraftwerk Wedel

Im Februar 2016 war das 400-Meter-Schiff CSCL Indian Ocean auf der Elbe gegenüber der Seefahrtsschule auf Grund gelaufen. Erst nach sechs Tagen konnte es freigeschleppt werden. Der Grund wurde später gefunden: Ein falsche Verkabelung hatte zu einer Blockade des Ruders geführt.

Das havarierte Schiff auf der Elbe. Der Schiffsverkehr war nur gering beeinträchtigt.

Schiffe konnten den Hafen Hamburg fast ungehindert anlaufen, aber während dieser Tage herrschte im Alten Land Ausnahmezustand. Tausende von Schaulustigen kamen an die Elbe, um das Riesenschiff aus der Nähe zu betrachten. Dabei blockierten sie mir ihren PKW die engen Zufahrtsstraßen im Alten Land.

Dann kommt die Kuppel vom Atomkraftwerk Stade, das abgebaut wird, Stader Sand und wenig später der Industriehafen Bützfleth und Dow Chemical. Alles markante Punkte, die mir bekannt sind, doch der Anblick vom Wasser aus ist auch für mich als Bewohner des Kreises Stade nicht alltäglich.

Klare Sicht auf Cuxhaven …

Die Fahrt geht gleichmäßig weiter, voraus kreuzt die Fähre Wischhafen – Glückstadt, das Kernkraftwerk Brokdorf ist schon vom Weitem zu sehen, gefolgt vom Eingang des Nord-Ostsee-Kanals. Hier, wo die Elbe scheinbar breiter wird, findet ein Lotsenwechsel statt, dafür verlangsamen wir kurz unsere Fahrt. Ich freue mich über die klare Sicht auf Cuxhaven mit Hafenanlagen und Kugelbake und später sogar auf Helgoland. Das ist ein fantastischer Schlusspunkt, denn wir haben die Elbe verlassen, die Nordsee hat uns in Empfang genommen, was man gleich am stärkeren Seegang merkt.

…und heute auch auf Helgoland

Ein typischer Tag an Bord

Bei meinen Vorträgen taucht häufig die Frage auf: Was machen Sie den ganzen Tag lang an Bord? Detaillierte Antworten geben meine ausführlichen Reiseberichte. Doch einen guten Einblick gibt die Schilderung eines „typischen Tages auf See“.

Der Tag beginnt mit dem Frühstück in der Offiziersmesse meistens zwischen 7:30 und 8:30 Uhr. Halten Sie möglichst die Essenszeiten ein, da der Steward, der für Sie zuständig ist, auch viele andere Dinge erledigen muss. Anschließend können Sie sich auf die Kommandobrücke begeben, um Aktuelles über Fahrtroute, Wetterlage oder Besonderheiten an Bord zu erfahren. Erfragen Sie, ob es an dem Tag interessante Passagen gibt, welche anderen Schiffe zu sehen sind. Der wachhabende Offizier gibt ihnen gern Auskunft. Oder genießen Sie einfach die fantastische Aussicht, geschützt von der Brücke oder im Wind an der Seite auf der freien sogenannten Brückennock.

Bei gutem Wetter folgt oft ein Rundgang draußen auf dem Upper Deck um das Schiff. Da gibt es immer etwas zu entdecken, besonders für Landratten wie mich: Entweder an Bord (technische Anschlüsse und Apparate) oder auf See (Fische, Vögel, Wellen) oder auch die unterschiedlichsten Arbeiten an Deck.

Ein neues Seil wird auf die Winde gezogen

Mein Lieblingsplatz ist vorn am Bug, im Seemannsjargon die Back. Dort ist es unerwartet ruhig; kein Lärm von Kühlaggregaten und Motoren, von Wind und Wellen. Mein Tipp für Frachtschiffreisende: Unternehmen Sie regelmäßig Rundgänge, auch mal zwei oder drei Runden in flottem Tempo und benutzen Sie die Treppe und nicht den Lift, so können Sie die reichlichen Kalorien vom Essen gut abbauen.

Die Offiziersmesse auf der Hatsu Crystal

Der Speiseplan: kräftigeHausmannskost

Das Mittagessen um 12:00 Uhr kommt schneller, als man denkt: Es gibt verschiedene Salate als Vorspeise, Suppe, einen kräftigen Hauptgang und Nachtisch. Mein Tipp: Teilen Sie dem Steward mit, dass Sie nur eine kleine Portion möchten; glauben Sie mir, die ist groß genug. Nach dem Essen ist Zeit für eine Ruhepause. Auf See werden Sie viel müder sein und ein größeres Schlafbedürfnis haben als an Land (die frische Luft, das ständige Rollen des Schiffes, die ungewohnte Umgebung).

Um 15:00 Uhr ist für alle Kaffeepause; für Sie auch früher oder später. Erfragen Sie, wo es einen Kaffee gibt, oder wo Sie sich ihn zubereiten können. Auf See haben Sie viel Zeit. Überlegen Sie vorher, wie Sie diese gestalten wollen. Fotografieren Sie? Führen Sie ein Tagebuch? Lesen Sie gern? Oder genießen Sie einfach nur Sonne und Wind und lassen „die Seele baumeln“?

Das Abendessen wird sehr zeitig eingenommen, Sie haben einen langen Abend vor sich. An Bord gibt es mehrere Fernsehgeräte und DVD-Player. Sie können auch in der Lounge den Abend mit den Offizieren verbringen oder im Mannschaftsraum mit der Crew. Mein Tipp: Gehen Sie im Dunkeln auf die Brückennock und bestaunen Sie den Sternenhimmel. Auf See ist es nachts dunkler, als es an Land sein kann.

Regelmäßig gibt es obligatorische Alarmübungen. Darüber werden Sie zu Beginn der Reise informiert. Für die Seeleute schließt sich meistens ein Sicherheitsdrill an, wobei es für Sie oft interessant ist, dabei zuzuschauen.

Der Maschinenraum ist nur mit einer Führung zugänglich. Fragen Sie den Kapitän oder den ersten Ingenieur; Ihnen wird alles gern gezeigt und erklärt. Das Gleiche gilt für Lade- und Vorratsräume.

Wichtig zu wissen:

Die Kabinen sind geräumig und zweckmäßig mit viel Stauraum in Schränken und Kommoden.

Auf allen Schiffen gibt es eine Anzahl von Waschmaschinen, die natürlich auch von Passagieren benutzt werden können, was auf längeren Fahrten sehr praktisch ist.

Bordsprache ist Englisch. Seien Sie unbesorgt, Ihr Schulenglisch genügt in der Regel.

Trinkgeld wird nicht erwartet, aber Sie können bei der Grillparty „einen ausgeben“. Sprechen Sie das am besten vorher mit dem Kapitän ab.

Die Kommandobrücke, auf See ist sie natürlich immer besetzt, im Hafen nicht

Kontrollen bei der Einschiffung

So problemlos und unkompliziert wie in Hamburg verläuft die Einschiffung nicht überall. Ein extremes Beispiel musste ich in Callao, Peru erleben. Dort ging ich an Bord der Balthasar Schulte zur letzten Etappe meiner Reise rund um Süd Amerika. Mit dabei waren fünf philippinische Seeleute, die ihren Dienst antraten, der ganze neun Monate dauern würde.

Was jetzt kommt, ist schon fast ein Erlebnis für sich, eher der unangenehmen Art. Die Kontrollen am Gate verlaufen noch wie in anderen Häfen auch, doch danach geht es erst richtig los. Wir müssen unsere Koffer gleichmäßig ausgerichtet in einer Reihe aufstellen. Ein Drogenhund schnüffelt jeden Koffer ein paarmal ab, es gibt keine Beanstandungen. Ich dachte, das war jetzt alles und wir können auf das Schiff gehen, doch es kommt noch mehr, wir fahren zum Zoll.

Die Kontrollen hier kann man nur als äußerst penibel bezeichnen: Jeder wird einzeln mit seinem Gepäck in den Dienstraum gewunken. Jeder Koffer wird systematisch durchsucht, jede Zahnpastatube aus der Originalverpackung herausgenommen und geöffnet, ob wirklich nur Zahnpasta drin ist, Keksschachteln werden aufgerissen, an Rasierwasser wird geschnüffelt, die Wäsche durchwühlt, es ist schon entwürdigend. Die armen Filipinos, die jetzt für neun Monate an Bord gehen – nicht auszudenken, wenn jemand eine Schachtel Zigaretten zu viel eingepackt hätte! Einige Taschen werden sogar zweimal durchsucht.

Bei mir verläuft die Kontrolle vielleicht nicht ganz so gründlich, aber der Beamte wühlt genauso in meiner Wäsche herum (die allerdings nicht so ordentlich gepackt ist wie die der Filipinos) und die Sonnencreme wird zweimal geöffnet und genauestens untersucht. Eine Stunde dauert die Prozedur, dann sind wir abgefertigt, sie haben nichts gefunden.

Zum Ende der Reise in Rotterdam gibt es an Bord weitere Kontrollen durch Zoll und Drogenbehörde. Insgesamt dauern sie über sechs Stunden. Auch wir Passagiere werden eingehend befragt und unsere Kabinen durchsucht. Ich erinnere mich besonders an die etwas hinterhältigen Fragen. Es beginnt ganz harmlos mit Fragen über Frachtschiffreisen, unsere Motivation, auf diese Art zu reisen. Es scheint als hätten sie echtes Interesse, alles ist im Plauderton gehalten. Dann kommen plötzlich Fragen nach Freunden und Familie, Souvenirs, ob wir rauchen usw. Abrupt beende ich das Gespräch, und sie verlassen meine Kammer.

Mit der Balthasar Schulte fahre ich von Callao, Peru zurück nach Hamburg

Erlebnisse an Bord

Das Bordleben ist für einen Passagier schon aufregend. Alles ist neu, die Enge des Schiffes im Gegensatz zum weiten Blick, den man auf offener See hat, die Arbeitsabläufe an Deck, auf der Kommandobrücke und im Maschinenraum, die Auswirkungen des Seegangs auf die eigene Person. Das ist sozusagen der Alltag an Bord.