Mit dem Frachtschiff unterwegs: Australien - Henning Köhlert - E-Book

Mit dem Frachtschiff unterwegs: Australien E-Book

Henning Köhlert

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Beschreibung

Der ehemalige Realschullehrer Henning Köhlert hat seit seiner Pensionierung zahlreiche Reisen auf Containerschiffen unternommen. Er berichtet in Büchern und Vorträgen von seinen Fahrten über die Weltmeere. Frachtschiffreisen vermitteln authentische Eindrücke über die Seefahrt, bieten einmalige Aussichten auf zum Teil historischen Handelsrouten, gewähren Einblicke in das Leben der Seeleute. Diese Reise geht von Hamburg durch Mittelmeer, Suezkanal, Rotes Meer, Piratengebiet, Indischen Ozean bis Australien und zurück über Singapur, Indien und Sri Lanka. Ausführlich behandelt wird die Fahrt durch das Piratengebiet zwischen Somalia und Jemen. 42 Tage Hinreise, 12 Tage in Melbourne und Sydney und 46 Tage Rückreise, 52.000 Kilometer - das sind nur die bloßen Zahlen. Tauchen Sie ein in die vielfältigen Erlebnisse dieser Frachtschiffreise.

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

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Seitenzahl: 110

Veröffentlichungsjahr: 2020

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Henning Köhlert

Mit dem Frachtschiff unterwegs

Australien

Henning Köhlert

Mit dem Frachtschiff unterwegs

Australien

Reisebericht

Copyright: © 2020 Henning Köhlert

Fotos: Henning Köhlert

Grafik S.20, OpenStreetMap, UKHO Security Chart, Q 6099 über: Steamship Mutual

Verlag und Druck:

tredition GmbH

Halenreie 40-44

22359 Hamburg

978-3-347-14746-1

978-3-347-14747-8

978-3-347-14748-5

Das Werk, einschließlich seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung ist ohne Zustimmung des Verlages und des Autors unzulässig. Dies gilt insbesondere für die elektronische oder sonstige Vervielfältigung, Übersetzung, Verbreitung und öffentliche Zugänglichmachung.

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek:

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Etappe I: Hamburg - Melbourne

Einleitung

Nun soll es Australien werden. Die Tour von Nordeuropa nach Australien ist bei Frachtschiffreisenden sehr gefragt, ich muss mit dem aus meiner Sicht zweitbesten Termin vorlieb nehmen. Alle Schiffe auf der Nemo-Linie (NEMO: Nordeuropa – Mittelmeer – Ozeanien) tragen Namen von großen Komponisten, sind baugleich und fahren auf der gleichen Route. Da ist also kein Unterschied; der liegt in meiner Aufenthaltsdauer in Australien.

Ich fahre mit der CMA CGM Puccini von Hamburg über Rotterdam, Le Havre, Fos sur Mer, Genua, Damietta, Suezkanal, Reunion, Fremantle bis Melbourne. Dort steige ich aus und plane eine Woche in Australien. Hier hätte ich gern etwas mehr Zeit gehabt, aber das Schiff vor der Puccini war schon ausgebucht und ein Schiff später zurückfahren, geht auch nicht, weil nicht alle Schiffe auf dieser Route Passagiere mitnehmen. Mein Rückweg startet dann auf der CMA CGM Mozart in Sydney und geht über Adelaide, Singapur, Port Kelang, Chennai (Madras), Colombo, Cochin, Suezkanal, Damietta, Malta, Salerno, London Gateway bis Hamburg. Weil ich in Sydney wieder zusteige, bleiben mir etwa 10 Tage in Australien. Da ich über Weihnachten/Neujahr dort bin, stehen mir wegen der verschobenen Liegezeiten in den dortigen Häfen am Ende 12 Tage zur Verfügung. Ich werde genau 100 Tage unterwegs sein: Hinfahrt 42 Tage, 12 Tage in Melbourne und Sydney, 46 Tage Rückfahrt.

Das ist noch länger als meine Frachtschiffreisen nach Schanghai (84 Tage) und rund um Südamerika (95 Tage). Aber Australien liegt ja auch am anderen Ende der Welt. Nur Neuseeland ist noch weiter entfernt. Bevor ich gebucht habe, habe ich ein Frachtschiff gefunden, das mich von Sydney über Neuseeland, durch den Panamakanal zurück nach Hamburg bringen könnte. Leider nimmt es keine Passagiere mit, so muss ich meinen Traum, auf Frachtschiffen einmal um die ganze Welt zu reisen, verschieben und es bei dieser halben „Weltumrundung“ belassen.

Aber allein die Aufzählung der Häfen, die wir anfahren, lässt meine Erwartung größer werden und mein Reisefieber um einige Grade steigen. Bisher kenne ich nur Rotterdam, Le Havre, Malta und Port Kelang. Dazu kommen die Passagen durch die Straße von Gibraltar, das Mittelmeer, den Suezkanal und das Rote Meer. Aber was heißt hier kennen; z.B. den Suezkanal zum vierten Mal zu durchfahren, ist bestimmt ebenso interessant. Wie sich herausstellen sollte, ist es noch viel interessanter, weil beide Passagen weitgehend Tagesdurchfahrten sind und sich baulich auch einiges im Suezkanal getan hat. Doch dazu später mehr.

Viele Leser werden fragen, warum fährst Du um die halbe Welt bis Australien, um dann nur zwei Wochen dort zu bleiben? Die Frage ist natürlich berechtigt und ich habe sie mir auch gestellt. Für mich ist aber das Reisen auf Frachtschiffen vorrangig. Melbourne und Sydney sind ebenso wenig DAS Reiseziel wie Australien. Dort geht meine Reise hin, aber es ist „nur“ der Wendepunkt; Reunion, der Suezkanal, Singapur z.B. haben für mich die gleiche Bedeutung. Bei jeder großen Reise muss man Kompromisse eingehen und mit dieser Lösung kann ich sehr gut leben. Meine Schwerpunkte und Interessen in der Reisegestaltung sind sicherlich andere als die vieler Leute, unabhängig von ihrem Alter.

In diesem Reisebericht soll der Schwerpunkt auf den Höhepunkten der Reise liegen, den besonders attraktiven Passagen und Hafenstädten. Ich denke, so kann ich am besten meine Begeisterung für diese Art zu reisen vermitteln. Alles steht in chronologischer Reihenfolge, angereichert durch kleine Geschichten „am Rande“ der Reise, die aber alle einen Bezug zum Geschehen und Erlebten haben.

CMA CGM Puccini und CMA CGM Mozart

Die Puccini auf Höhe des Lühe-Anlegers vor dem Hamburger Hafen

Bruttoraumzahl: 65.730 – Tragfähigkeit: 73.235 t

Gesamtlänge x Breite: 277 m × 40 m

TEU: 5780 – Baujahr: 2004

Am 11.11. an Bord

Der 11.11. ist natürlich ein markantes Datum. Ich nehme es als gutes Omen und freue mich, dass ich heute ohne die sonst bei Frachtschiffreisen gängigen Verzögerungen an Bord gehen kann. Die Formalitäten am Gate zum Containerterminal Burchardkai sind wie immer sehr unkompliziert und schnell erledigt, der Shuttlebus steht schon bereit und sofort bin ich in einer anderen Welt. Der Bus fährt eine kurvige Route durch den ganzen Terminal, als ob der Fahrer mit mir eine Besichtigungstour machen will. Dann stehe ich unten am Kai vor dem Schiff, das für die nächsten sieben Wochen mein Zuhause sein wird. Also Rucksack auf, den Koffer über die linke Schulter, die Tasche über die rechte und rauf geht es die schmale, schaukelnde Gangway hinauf. Ich stoße rechts und links an den Handlauf und gerate etwas aus dem Rhythmus. Da kommt mir schon der wachhabende Seemann entgegen und nimmt mir den Koffer ab.

Eine junge Rumänin ist dritter Offizier. Sie führt mich hoch in meine Kammer auf dem F-Deck. Die ist kleiner als gedacht, aber es ist genügend Stauraum da. Das merke ich, als ich meine Sachen auspacke. Alles ist schnell seegerecht verstaut und ich kann einen ersten Rundgang starten. Ich finde den Crewcomputer, den wir Passagiere für E-Mails benutzen können. Hierzu wird jedem ein gesonderter Account eingerichtet. An Bord ist auch ein sehr nettes Ehepaar aus York. Wir sind schnell in einem intensiven Gespräch über Frachtschiffreisen, England und Australien. Dieser Kontakt tut meinem Englisch sicherlich gut; denn ich habe lange nicht mehr so viel Englisch „am Stück“ gesprochen.

Die Mannschaft, insgesamt 26 Seeleute, besteht aus bulgarischen und rumänischen Offizieren und einer Crew aus Sri Lanka. Koch und Steward sind aus Sri Lanka und haben immer ein offenes Ohr für uns Passagiere, wie sich im Laufe der Fahrt herausstellt.

Erster Höhepunkt – Stippvisite in Rotterdam

Henk habe ich vor genau zwei Jahren kennen gelernt. Er war einer der beiden Passagiere auf der Marco Polo. Wir haben seitdem einen losen E-Mail-Kontakt gehalten. Als ich ihm von meiner Reise berichtete, hat er sofort einen Besuch über den CMA-Agenten in Rotterdam organisiert.

Sonntag, 13. November 2016

Die See ist die ganze Fahrt sehr ruhig. Um kurz vor 1000 (das ist 10 Uhr, so wird die Zeit an Bord angegeben) kommt der Lotse an Bord, die Revierfahrt soll etwa drei Stunden dauern. Wir fahren die Maas hinauf, an Hook van Holland vorbei, immer weiter. Mehr als Scherz denke ich, schau dir mal die Deiche genauer an, vielleicht fährt dir ja Henk entgegen. Nach einiger Zeit sehe ich einen silbernen PKW auf dem schrägen Grün des Deiches geparkt. Ich denke, wer parkt denn so? Unten am Wasser steht jemand mit Kamera und winkt. Ich also raus auf die Nock, doch selbst mit Fernglas kann man es nicht genau erkennen, aber es muss Henk sein. Wer würde sonst mitten auf dem Grün des Deiches parken und bei dem nasskalten Wetter wie verrückt winken und fotografieren. Erst als er zurück zum Auto geht, kann ich ihn an seinem Gang genauer erkennen. Was für eine irre Idee – aber sie hat funktioniert.

Um 1310 liegen wir fest. Henk kommt mit seinem PKW direkt ans Schiff. Auch das hat er über den Hafenagenten organisiert, eine logistische Hochleistung, wenn man bedenkt, dass es sich um einen Privatbesuch handelt. Nach einer herzlichen Begrüßung zeige ich ihm das Schiff, dann fahren wir in die Stadt rein. Wir nehmen Catherine und Matthew, die englischen Passagiere, mit.

Im Zentrum von Rotterdam ist es wie draußen im Hafen: nasskalt. Trotzdem drehen wir von der neuen Markthalle aus erst eine Runde, wärmen uns dann bei einem Kaffee auf, danach steuern wir ein teures, aber gutes chinesisches Restaurant an. Jetzt haben wir Zeit in Ruhe zu erzählen, ich über die anstehende Reise, Henk – er ist Truckfahrer bei internationalen Rallyes – über seine Abenteuerreise durch Russland, die Mongolei bis Peking. Zwei echte Globetrotter beim Fachsimpeln. Vor der Rückfahrt erstehe ich noch einen Sixpack Bier, um an Bord auch mal etwas anderes als Mineralwasser und Beuteltee trinken zu können. Dann fährt mich Henk zum Schiff zurück und um 1900 bin ich wieder an Deck. Das ist alles perfekt gelaufen – einen besseren Start für meine Reise kann es nicht geben.

Drei Stunden vom Feinsten

Sonnenuntergang in der Straße von Gibraltar

Es ist Freitag, der 18. November kurz vor 1700. Ich bin genau eine Woche auf dem Schiff. Schon das vierte Mal fahre ich jetzt durch die Straße von Gibraltar. Heute habe ich besonderes Glück; es ist den ganzen Tag schon strahlend blauer Himmel, Sonne pur, klare Sicht und wenig Wind. Die Temperatur liegt bei 20°C, geht mit sinkender Sonne aber zurück. Wir fahren auf die Straße von Gibraltar zu, zunächst mit südöstlichem Kurs, dann auf Ost drehend. Nur ruhige, weite See, einige Schiffe sind zu sehen, hier ist noch viel Platz, alles verteilt sich gut. Wir kommen in den vorgeschriebenen Korridor, der Verkehr ins Mittelmeer fährt mit südlicher Route. Bald kommt Afrikas Küste in Sicht.

Die Sonne neigt sich hinter uns dem Horizont entgegen, ein gleißend roter, runder Ball, der sich beim Berühren des Horizonts etwas verflacht. Man wartet fast darauf, dass er wie ein richtiger Ball gleich wieder hochfedert. Es ist ein fantastisches Bild rundum: hinter uns die Sonne mit ihren letzten Strahlen, wegen der wenigen Wolken nur ein schmales, rotgelbes Band bildend, das Abendrot, um uns herum die silbern leuchtende See.

Wir überholen gerade die Buxcliff, die mit gleichem Kurs etwas langsamer fährt. Ich nehme das als einen Gruß von zu Hause; das Schiff gehört zur NSB-Flotte, der Reederei aus dem heimatlichen Buxtehude. Jetzt wird es immer dunkler, die Lichter von Tanger sind gut zu sehen. Nur ein Blick auf die Karte lässt erkennen, dass Tanger in einer Bucht liegt. Von hier aus ziehen sich die hellen Lichter der Stadt schnurgerade entlang der afrikanischen Küste. Dann in kürzeren Abschnitten kleinere Ortschaften mit wenigen Lichtpunkten, in größerem Abstand gefolgt von Tanger Med, dem neuen Containerhafen. Starke Scheinwerfer erhellen das weite Areal, selbst aus dieser großen Distanz kann man die riesigen Ladebrücken und zwei gigantische Containerschiffe gut ausmachen. Sogar der Schriftzug oberhalb des Hafens ist von hier lesbar – wenn man Arabisch kann. (Ich glaube er lautet übersetzt: Allah, Nation und König) Er besteht inzwischen aus Leuchten, denn so klar könnte man den Schriftzug sonst nicht lesen. Vor zwei Jahren lag ich mit der CMA CGM Marco Polo dort, da waren die Buchstaben mit weißer Farbe auf den Felsen gemalt.

Von Spanien im Norden sind wir etwas weiter entfernt. Man sieht nur die Lichter der Stadt Tarifa, dann erstmal nichts, nur die Berge zeichnen sich ganz schüchtern gegen den etwas helleren Abendhimmel ab. Ein Blick auf die Karte zeigt, dass als nächstes die Bucht von Gibraltar folgt. Etwas weiter und wir erblicken die hellen Lichter von Algeciras, dem großen Containerhafen an der Südspitze Spaniens.

Jetzt sind wir direkt auf Höhe von Tanger Med. Vor uns liegt pechschwarze Nacht, die Lichter von zwei Schiffen voraus wirken eher wie verlorene Glühwürmchen. Nur einige hell erleuchtete Fähren von Spanien nach Marokko, und in umgekehrter Richtung, kreuzen mit hohem Tempo unseren Weg. Hinter einem Berg schimmern bereits die Lichter von Algeciras.

Östlich von Tanger Med folgt nur schwarze Nacht und dann die strahlend erleuchtete spanische Enklave Ceuta, mit Grenzstreifen und doppelten Zäunen fluchtsicher abgeschirmt. Das konnte ich auf meiner letzten Tagespassage gut erkennen. Die Lichter, die ins Landesinnere führen, sind nicht nur Straßen, ich bin mir sicher, dass das der Grenzstreifen ist; Ceuta nach außen geschützt und abgeriegelt wie ein Banktresor. Das Bild ist sicher nicht übertrieben, aus Sicht afrikanischer Flüchtlinge jedenfalls. Ceuta setzt den hellen Schlussakkord auf afrikanischer Seite. Mein Blick schwenkt nach Norden. Die Lichterkette startet funkelnd am Hafen von Algeciras und zieht sich die ganze Bucht entlang bis zum Schlusspunkt Gibraltar. Die vorsichtig am Felsen emporkletternden Lichter zeigen die Umrisse des Kleinstaates. Ganz oben blinken einige nur schwache, rote Positionslichter. An uns schiebt sich gerade ein riesiges Containerschiff vorbei, die Marie Maersk. Unglaublich: zwischen ihren Containerreihen scheinen die Lichter der Küste durch, obwohl das Schiff drei Meilen von uns entfernt ist.

Das war’s. Wir ändern den Kurs in nördliche Richtung. Ceuta leuchtet noch hinter uns, der Schimmer der südspanischen Urlaubsorte von Estepona bis Marbella setzt sich kaum durch. Vor uns die schwarze Nacht des weiten Mittelmeeres. Zum Glück gibt es heutzutage GPS, das uns sicher nach Norden führt zu unserem nächsten Hafen: Fos sur Mer in der Nähe von Marseille.

Eine unerwartet schöne Passage – die Straße von Messina

Wir sind schon südlich von Neapel. In Fos sur Mer herrschte Sturm, in Genua Dauerregen, also gab es keinen Landgang in beiden Häfen. Jetzt ist die Luft noch sehr frisch, ich werde mich bestimmt in den nächsten Wochen nach solchen gemäßigten Temperaturen sehnen.

Am späten Nachmittag kommt der Stromboli in Sicht.