Auftrag von ganz oben. Die Koki-Bande - Christian Linker - E-Book

Auftrag von ganz oben. Die Koki-Bande E-Book

Christian Linker

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Beschreibung

Das ist doch unerhört! Der reichen Witwe Hohenstolz wurde das Portemonnaie geklaut. Die vier Freunde Paolo, Lucy, Valentin und Su-Ri haben sofort einen Verdacht. Sie beschatten den vermeintlichen Täter - und nebenbei versuchen sie die Frage zu klären, warum ihre Mitschülerin Nora sich urplötzlich von der Kommuniongruppen-Stunde abgemeldet hat. Als alle Spuren in das Hochhaus führen, in dem Nora wohnt, scheint die Sache klar! Aber dann ist alles doch ganz anders als gedacht … Die Kommunionkinder-Bande ermittelt. Was aber, wenn man dabei mit dem Gesetz in Konflikt kommt?

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Für Alissa, Anton, Cara, Emily, Mariella,Joschua, Sabine, Sarah und Sophie.

© Verlag Herder GmbH, Freiburg im Breisgau 2022

Alle Rechte vorbehalten

www.herder.de

Gesamtgestaltung: Veronika Preisler, München

Lektorat: Stefan Wendel

Druck: CPI books GmbH, Leck

Konvertierung: Newgen Publishing Europe

ISBN E-Book (epub): 978-3-451-82838-6

ISBN 978-3-451-71616-4

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Innentitel

Inhaltsverzeichnis

Informationen zum Buch

Impressum

Inhalt

1. Verhaspelt

2. Zwei Berliner und ein doofes Gefühl

3. Absolut verdächtig

4. Beschatten statt spionieren

5. Überwachungstechnik

6. Ein Job für Nora

7. Das Geheimnis des Meerschweinchenkäfigs

8. Eiskalter Anruf

9. Nur noch ein einziges Mal

10. Ein beinahe perfekter Plan

11. In der Falle

12. Die Kommunionkinder-Gang

1

Verhaspelt

Vielleicht denkst du jetzt: Aha, schon wieder so eine Geschichte mit einer Kinderbande. Kennt man ja.

Aber wir sind absolut keine normale Kinderbande.

Zum Beispiel haben wir keinen Hund. Nur eine Katechetin. Und wir sind auch keine Detektive. Jedenfalls nicht immer. Sondern manchmal auch das Gegenteil davon. Wir haben sogar schon Sachen gemacht, für die man in den Knast kommen kann.

Wobei Magdalena aber meinte, Kinder würden gar nicht in den Knast kommen. Und Su-ri meinte, man sagt nicht Knast, sondern Gefängnis. Aber Palaver meinte, wenn man erst mal drinnen ist, kann es einem ziemlich wurst sein, wie es heißt.

Und Palaver weiß, wovon er spricht.

Aber dazu später. Dann erfährst du auch, was eine Katechetin ist.

Begonnen hat das alles so harmlos, wie überhaupt nur eine Geschichte harmlos beginnen kann, nämlich an einem Sonntag im Gottesdienst. Wobei ich zugeben muss, dass Gottesdienste auch nur auf den ersten Blick harmlos sind. Da hört man nämlich ziemlich krasse Sachen wie: „Selig sind die Armen.“ Und man entdeckt auch ganz unvermutet Leute, die man niemals in der Kirche erwartet hätte. Zum Beispiel Palaver.

Ich erschrak richtig, als ich ihn sah. In der Kirche war er mir noch nie begegnet, jetzt stand er da hinten an der Wand. Er war es eindeutig, seine schiefe Nase würde ich überall erkennen. Die stammte angeblich von einer krassen Schlägerei. Fast bekam ich wieder genauso Schiss wie damals. Aber hier, in der vollen Kirche, mitten während der Messe, konnte er mir ja wohl nichts tun. Ich zwang mich, nach vorn zu schauen.

Wir saßen in der ersten Reihe, direkt vor dem Altar. Das war neuerdings unser offizieller Platz, denn die erste Bank in der Kirche ist immer für die Kommunionkinder reserviert, und seit drei Wochen waren wir welche. Neben mir saß Lucy – genau wie in der Schule. Und genau wie in der Schule, wenn sie sich ein bisschen fragte, wozu um alles in der Welt wir irgendwelche Zahlen addieren oder Satzteile mit unterschiedlichen Farben markieren müssen, drehte sie mit skeptischem Blick eine blonde Strähne um den Zeigefinger. Neben ihr saß der schwergewichtige Paolo und blätterte im Gesangbuch. Er kann besser Noten lesen als Buchstaben, glaube ich. Er ist nämlich ein Musikgenie und spielte vermutlich gerade im Kopf die besten Lieder auf dem Klavier durch. Neben Paolo saß Su-ri. Sie schaute konzentriert nach vorn, als könne sie mithilfe eines speziellen Röntgenblicks herausfinden, wie das eigentlich rein technisch funktioniert: dass sich die kleinen, runden Hostien aus Esspapier in den Leib Christi verwandeln. Und neben Su-ri saß niemand mehr, da war die Bank zu Ende. Nora hätte also gar nicht mehr in die Reihe reingepasst. Ich hatte eh schon geahnt, dass sie nicht kommen würde. Nora und Kommunion – das ging irgendwie nicht zusammen.

Plötzlich riss mich die Orgel aus meinen Gedanken, alle standen auf, und ich merkte, dass ich am Schluss der Predigt gar nicht mehr richtig zugehört hatte. Hastig kramte ich den Zettel aus meiner Hosentasche, denn gleich kamen die Fürbitten dran.

Wenn im Gottesdienst Kinder gesucht werden, die irgendwas vorlesen, melde ich mich immer. Ich kann es halt gut, ich lese klar und deutlich und ohne zu stocken. Und unter uns gesagt – ich mag es, vorne zu stehen, so wie der Pfarrer und die Messdienerinnen. Mein älterer Bruder Jakob hat mal gesagt, ich sei eine „Rampensau“. Erst mal hatte ich ihm deswegen vors Schienbein getreten, weil ich das für eine Beleidigung hielt. Mein Vater erklärte mir dann aber, es sei wohl eher als Kompliment gemeint. Und irgendwie traf es ja auch zu. Am Ende des Liedes ging ich also nach vorn, drei Stufen hoch zum Ambo, wie man dieses Redepult in der Kirche nennt. Fünf weitere Kinder hatten so einen Zettel, ein Kind aus jeder Gruppe. Außer uns vieren gab es nämlich noch jede Menge anderer Kommunionkinder, aber die bildeten andere Gruppen und hatten andere Katecheten – so nennt man die Erwachsenen, die die Gruppen leiten. Unsere Eltern hatten es extra so hingedreht, dass wir vier zusammen in einer Gruppe waren, also Su-ri, Paolo, Lucy und ich, denn wir sind sowieso die besten Freunde. Da hätte Nora auch gar nicht reingepasst, die war nämlich nur mit Lucy befreundet, wir anderen drei mochten sie nicht besonders. Ich warf ihnen ein Lächeln zu, als wären sie meine Fans, dann ließ ich den Blick über die anderen Reihen schweifen, sah meine Eltern neben den Eltern von Paolo sitzen, sah den Vater von Su-ri und die Mütter von Lucy, sah unsere Katechetin Magdalena mit ihrem blitzenden Nasenpiercing, sah die alte Frau Hohenstolz mit ihrem stets missmutigen Gesicht unter dem breiten Hut, die schon mal ihr Portemonnaie aus der Handtasche kramte, weil gleich der Teil des Gottesdienstes kam, wo alle eine Geldspende ins Körbchen legen. Und ich sah Palaver, der immer noch ganz hinten stand, Hände in den Hosentaschen, und genau wie ich die Leute musterte.

„… und darum, guter Gott, bringen wir unsere Bitten vor dich“, sagte Pastor Sharma, der den Buchstaben R immer so knödelt, als wäre er ein Rockstar. Er bog das Mikrofon für uns Kinder nach unten und trat einen Schritt zurück.

Einer nach dem anderen lasen wir unsere Fürbitten vor, und die Leute antworteten jedes Mal gemeinsam: „Wir bitten dich, erhöre uns.“

„Guter Gott“, begann ich, als ich an der Reihe war, „wir bitten dich“, ich ließ noch einmal ganz kurz meinen Blick über die Gemeinde gleiten wie ein Moderator im Fernsehen, „schenke uns ein weites Herz, damit bei uns …“ Ich stockte. Das passierte mir sonst nie! Ich schluckte und nuschelte: „… damit bei uns alle Kinder willkommen sind und wir … und wir niemanden aus unserer Gemeinschaft ausschließen.“

„Wir bitten dich, erhöre uns“, antwortete die Gemeinde im Chor.

Aber ich sah nicht zu den Leuten, sondern starrte auf den Boden. Ganz plötzlich schämte ich mich. Aber nicht, weil ich mich zum allerersten Mal beim Vorlesen verhaspelt hatte.

Nach der Messe strömten die Leute ins Freie. Die Herbstsonne vergoldete den Vorplatz der Kirche. Ein paar Kindergartenkinder bewarfen einander mit dem bunten Laub der alten Bäume im Pfarrgarten gegenüber. Meine Eltern plauschten noch mit den Eltern von Paolo, auch Su-ris Vater gesellte sich dazu und Lucys Mütter. Sie hat nämlich gleich zwei. Zu beiden sagt sie „Mama“, und mir ist es ein Rätsel, woher die drei immer genau wissen, wer jeweils gemeint ist. So wie jetzt.

„Ich hab Hunger, Mama, können wir bitte schnell nach Hause und frühstücken?“

„Wir wollen noch ein bisschen reden“, antwortete Mama Birte und zog einen Geldschein aus der Hosentasche, den sie ihrer Tochter hinhielt. „Warum gehst du nicht schon zum Bäcker und kaufst Brötchen und Croissants?“

„Gute Idee“, meinte mein Vater und zückte sein Portemonnaie.

Wir hatten nämlich auch noch nicht gefrühstückt. Im Gegensatz zu Paolo und Su-ri, aber die ließen sich ebenfalls ein paar Münzen aushändigen, damit sie uns zum Bäcker begleiten konnten.

Unterwegs stupste Lucy mich in die Seite und sagte: „Was du da vorhin vorgelesen hast, diese Fürbitte …“

„Ich weiß“, brummte ich. „In dem Augenblick ist es mir auch aufgefallen. Also wegen Nora.“

„Was, wie, wegen Nora?“, fragte Paolo. „Verstehe ich nicht.“

„Na, weil sie heute nicht gekommen ist“, sagte ich. „Das kann doch nur heißen, dass sie sich endgültig entschieden hat, nicht zur Kommunion zu gehen.“

Su-ri zuckte mit den Schultern und fragte: „Was hat das mit der Fürbitte zu tun? Wir haben sie doch gar nicht ausgeschlossen. Wenn sie nicht mehr kommt, dann war es ihre eigene Entscheidung. Oder die von ihrer Mutter, wie auch immer. Was haben wir damit zu tun?“

„Ich hab mich … na ja, ganz heimlich darüber gefreut, dass sie nicht da war“, gestand ich.

Dabei war ich stehen geblieben und sah die anderen an. Auch sie hatten angehalten, wir bildeten unwillkürlich einen Kreis.

„Okay, ich auch“, gab Paolo zu. „Müssen wir deswegen ein schlechtes Gewissen haben?“

„Zumindest sollten wir uns über so etwas nicht freuen“, sagte Su-ri und schaute sehr ernst drein.

„Ach, Leute“, meinte ich und atmete auf, „es tut einfach gut, wenn man unangenehme Sachen ganz ehrlich anspricht. Und wenn man zu seinen Fehlern steht. Genau wie wir es im Kommunionunterricht von Magdalena gelernt haben.“ Ich lächelte zufrieden in die Runde. „Dann hätten wir das geklärt.“ Ich rieb mir die Hände. „Jetzt aber auf zum Bäcker, ich hab echt Hunger.“

Wir setzten uns wieder in Bewegung, da traf mich Lucys Erwiderung wie ein Nackenschlag.

„Geklärt?“, schimpfte sie. „Gar nichts ist geklärt, Valentin! Wir müssen mit Nora reden. Oder halt mit ihrer Mutter. Oder mit beiden.“

„Ja, stimmt eigentlich“, murmelte Paolo. „Sprich einfach morgen in der Schule noch mal mit ihr.“

„Nee“, entgegnete Lucy. „Das hab ich schon gemacht, aber es hat nichts gebracht. Wir müssen gemeinsam mit ihr reden – wir alle vier. Und nicht in der Schule. Wir gehen zu ihr.“

„Ähm …“, machte Paolo, „ist das wirklich nötig?“

„Sie könnte sich überrumpelt fühlen“, gab Su-ri zu bedenken.

„Und ich glaube, sie findet Kirche eh total langweilig“, setzte ich hinzu.

„Ihr seid so feige!“, schimpfte Lucy.

„Feige und hungrig“, sagte Paolo. „Können wir bitte erst mal zum Bäcker? Ich brauche einen Berliner. Sonst kann ich überhaupt nicht richtig nachdenken.“

„Ich dachte, du hast heute schon gefrühstückt“, meinte Su-ri.

„Das war doch vor über einer Stunde!“

2

Zwei Berliner und ein doofes Gefühl

Vor der Bäckerei mussten wir uns in eine endlos lange Warteschlange einreihen.

Su-ri fragte: „Was sollen wir denn überhaupt sagen?“