Die verbotene Mission. Die Koki-Bande - Christian Linker - E-Book

Die verbotene Mission. Die Koki-Bande E-Book

Christian Linker

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Beschreibung

Wer hat die goldene Uhr von Frau Hohenstolz gestohlen? Die Koki-Bande war es jedenfalls nicht – und die fünf Freunde sind entschlossen, ihre Unschuld zu beweisen. Um den wahren Täter zu schnappen, stellen die Freunde eigene Recherchen an und haben bald eine gewisse Catalina Ramirez in Verdacht ... Doch was die Kinder dann herausfinden, stellt alles in ein anderes Licht und muss geheim bleiben: Catalina und ihr Sohn Luiz sind illegal in Deutschland und dürfen deshalb keinesfalls auffallen. Doch Catalina hat furchtbare Zahnschmerzen und muss dringend zum Arzt. Wie kann die Kommunionkinder-Bande hier helfen? Diskretes Vorgehen ist gefragt ... 

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© Verlag Herder GmbH, Freiburg im Breisgau 2023

Alle Rechte vorbehalten

www.herder.de

Gesamtgestaltung: Veronika Preisler, München

Lektorat: Stefan Wendel, Lübeck

Conversion: Newgen Publishing Europe

ISBN 978-3-451-71617-1

ISBN eBook (EPUB): 978-3-451-82829-4

Inhalt

1. Bitte nicht so viel Drama

2. Angriff aus den Büschen

3. Der Junge, der nicht existierte

4. Wir können schweigen

5. Vater unbekannt

6. Knalleffekt

7. Ein geheimnisvolles Einhorn

8. Das Schlimmste kommt noch

9. Bauchweh und Beichtgeheimnis

10. Mission erfüllt?

11. Hälleluja!

1

Bitte nicht so viel Drama

„Wir sitzen in der Falle! Gefangen im stickigen Innern des Lieferwagens! Von außen rüttelt der brutale Jens an der Tür, er flucht und schimpft. Drinnen liegen wir fünf vollkommen starr in unserem Versteck und wagen kaum zu atmen. Totale Dunkelheit umfängt uns, denn wir haben die muffigen Decken komplett über unsere Köpfe gezogen. Nur eine einzige falsche Bewegung, und wir sind tot!“

Ich schaute von meinem Aufsatzheft auf und sah, dass sämtliche Kinder gebannt an meinen Lippen hingen.

„Ähm – Ende“, sagte ich entschuldigend. „Weiter bin ich noch nicht gekommen.“

Die anderen klatschten Beifall.

„Wirklich sehr schön geschrieben, Valentin“, lobte Herr Ademi. Doch sein Gesichtsausdruck passte nicht ganz dazu. Ich wartete auf das große „Aber“.

„Aber“, fuhr Herr Ademi fort, „deine Geschichte geht leider ein bisschen am Thema vorbei. Wolltest du nicht darüber schreiben, wie du mit deinen Freunden ein verlorenes Portemonnaie gefunden und zurückgegeben hast?“

„Eigentlich gehört das mit dazu“, murmelte ich.

„Kann es sein, dass da deine Fantasie mit dir durchgegangen ist?“, fragte Herr Ademi. „Wenn wir demnächst wieder ausgedachte Geschichten schreiben, kannst du das ruhig ausleben. Aber bei dieser Übung solltet ihr euch an die Tatsachen halten. Beim nächsten Mal bitte nicht so viel Drama, okay?“

„Okay.“ Ich nickte und versuchte, dabei ganz ernst zu gucken. Herr Ademi konnte natürlich nicht ahnen, dass wir das Abenteuer rund um das Portemonnaie ganz genau so erlebt hatten, wie in meiner Geschichte beschrieben.

Lucy, Su-ri und Nora grinsten mir verstohlen zu. Sie wussten es besser, denn sie waren schließlich live dabei gewesen, versteckt unter den Decken im Lieferwagen des fiesen Jens. Den wir austricksen mussten, damit die reiche Frau Hohenstolz ihr Portemonnaie zurückbekam – das sie übrigens gar nicht verloren hatte, sondern das ihr gestohlen worden war. Seitdem waren wir die Koki-Bande. So nannten wir uns, weil wir alle zusammen in einer Kommuniongruppe waren. Also Lucy und Su-ri und Nora und ich und Paolo, der natürlich auch dazugehörte. Der aber als Einziger jetzt nicht grinste, sondern empört seine Pausbacken aufpumpte und mich wütend anfunkelte.

Später, als wir in der Frühstückspause auf den Schulhof hinausliefen, boxte er mich gegen die Schulter und knurrte: „Bist du total verrückt?“

„Wieso?“ Ich kapierte echt nicht, was er meinte.

„Du weißt genau, dass das verboten war, was wir da gemacht haben“, sagte er leise und schaute sich verschwörerisch um. „Das war doch unser Geheimnis. Und du plauderst es einfach so aus – ach was, du schreibst es sogar in dein Heft und liest es der ganzen Klasse vor.“

„Keine Sorge, das glaubt sowieso niemand“, entgegnete Lucy an meiner Stelle. Sie hatte sich mit Su-ri und Nora zu uns gesellt. „Alle denken, dass es eine ausgedachte Geschichte ist.“

„Trotzdem“, brummte Paolo. „Ich will nicht, dass irgendjemand misstrauisch wird.“

„Wer sollte denn misstrauisch werden?“, fragte Nora.

Und Su-ri machte Herrn Ademis Stimme nach, als sie jetzt zu Paolo sagte: „Bitte nicht so viel Drama.“

Also ich persönlich hätte gegen ein bisschen Drama nichts einzuwenden gehabt. Oder gegen ein neues Abenteuer. Immerhin waren wir eine richtige Bande: die mutige Lucy und die verrückte Nora, die schlaue Su-ri und der feinfühlige Paolo. Und ich, der so gern Geschichten erzählt. Wobei ich zugeben muss, dass uns zu einer wirklich richtigen Bande noch ein Hund fehlte oder meinetwegen eine Katze oder ein Papagei. Immerhin hatten wir eine Katechetin, nämlich Magdalena, eine Studentin, die unsere Kommuniongruppe leitet. Denn wir fünf gehen nicht nur zusammen in die Schule, wir treffen uns auch jeden Dienstagnachmittag zur Gruppenstunde mit Magdalena und bereiten uns auf den großen Tag vor: die Kommunionfeier im nächsten Frühling.

„Ich seh da aber gerade wirklich jemanden, der ziemlich misstrauisch guckt“, flüsterte Paolo jetzt. „Er beobachtet uns. Guckt nicht hin!“

Natürlich guckten wir alle hin.

„Meinst du etwa Luiz?“, fragte Nora.

„Nicht so auffällig“, schimpfte Paolo.

Tatsächlich schaute Luiz verstohlen zu uns rüber. Er stand an die Hofmauer gelehnt, die Hände in den Hosentaschen vergraben, und interessierte sich weder für das Fußballgekicke noch den wilden Rundlauf um die Tischtennisplatte oder das Gewusel der Erstklässler, die Jungsfangen-die-Mädchen spielten. Er tat nichts, sprach mit niemandem, ließ bloß die Blicke aus seinen dunklen Augen über den Hof wandern. Mit anderen Worten: Er tat, was er während der großen Pause immer tat. Also eigentlich nichts Ungewöhnliches. Allerdings hatte Paolo recht. Immer wieder fixierte Luiz uns fünf und sah dabei ein bisschen so aus, als müsse er angestrengt nachdenken.

„Ach, das hat bestimmt nichts zu bedeuten“, meinte ich. „Der ist doch sowieso total komisch. – Aua!“

Lucy hatte mich gegen das Schienbein getreten. Ich wusste sofort, warum. „Ja, sorry“, murmelte ich.

Bis vor Kurzem hatte ich nämlich auch Nora immer als „komisch“ bezeichnet. Das war, bevor sie zu unserer Gruppe dazugekommen war und bevor wir mit unserem ersten Abenteuer die Koki-Bande gegründet hatten. Ich hätte eigentlich längst kapiert haben sollen, dass man Leute nicht als komisch bezeichnet, wenn man sie überhaupt nicht kennt. Es fiel mir trotzdem schwer.

Und ganz ehrlich: Luiz war wirklich komisch. Ganz anders komisch, als ich Nora früher komisch gefunden hatte. Denn mit Nora hatte ich zwar früher nichts zu tun gehabt und sie nichts mit mir, aber sie war ja schon immer mit Lucy befreundet gewesen. Doch Luiz hatte keine Freunde, nicht einen einzigen. Und wollte angeblich auch keine. Er sprach mit niemandem, spielte nirgends mit. Paolo hatte ihn trotzdem letztes Jahr zu seinem Kindergeburtstag eingeladen, aber Luiz war nicht gekommen. Er hielt sich von allen fern und blieb für sich allein. Umso rätselhafter schien es, dass er sich jetzt, als der Gong das Ende der Pause verkündete, von der Mauer löste und langsam auf mich zukam.

Während die anderen schon reingingen, wollte ich schnell noch zum Klo. Luiz fing mich vor der Tür ab.

„Du …“, begann er und räusperte sich. „Du hast doch vorhin von dieser reichen Frau erzählt, die das Portemonnaie verloren hatte.“

„Frau Hohenstolz?“

„Genau. Und du sagtest, dass sie wirklich sehr, sehr reich wäre. Und sehr, sehr unfreundlich.“

„Ja?“

„Und dass ihr dieses riesige Haus auf der anderen Seite vom Park gehört?“

„Ja, aber wozu willst du das wissen?“

„Nur so.“ Damit drehte er sich um, ließ mich stehen und flitzte durch die Eingangstür ins Schulgebäude.

Ich runzelte die Stirn. Komisch war ja gar kein Ausdruck. In mir machte sich ein Verdacht breit. Ich lief schnell zum Toilettentrakt, der in einem Nebengebäude untergebracht ist, und beeilte mich anschließend, wieder in die Klasse zu kommen.

„Sorry, war noch aufm Klo“, murmelte ich.

„Man geht in der Pause zur Toilette“, tadelte Herr Ademi, „nicht nach der Pause. Das erklären wir immer den Erstklässlern. Im dritten Schuljahr sollten das eigentlich alle verstanden haben.“

Ja, schon gut, bitte nicht so viel Drama, dachte ich. Aber das sagte ich natürlich nicht, sondern nickte nur brav und setzte mich. Auf Mathe konnte ich mich allerdings nicht konzentrieren. Stattdessen gingen mir die seltsamen Fragen von Luiz durch den Kopf. Ich hätte gern sofort mit den anderen darüber gesprochen, aber da musste ich bis zur Mittagspause warten.

Als es endlich so weit war und ich mit Paolo und Lucy, Su-ri und Nora an unserem angestammten Tisch im Essensraum saß, platzte ich heraus: „Ich muss euch was total Krasses erzählen!“

„Ich auch“, brummte Paolo. „Ich muss euch nämlich sagen, dass in Spaghetti Carbonara keine Sahne gehört.“

„Dafür schmeckt es dir aber ziemlich gut.“ Lucy grinste.

Paolo hatte seine Portion schon fast zur Hälfte weggeputzt, während wir anderen noch damit beschäftigt waren, unsere Teller, Besteck, Servietten und Nachtischschälchen zu sortieren.

„Ich sage nicht, dass es nicht lecker ist“, nuschelte er kauend. „Falsch ist es trotzdem.“

„Aha, vielen Dank für diese wichtige Information“, sagte Su-ri, dann sah sie zu mir. „Und was wolltest du dazu beisteuern?“

„Was? Ich? Unsinn. Mir geht es um was ganz anderes.“ Ich senkte die Stimme. „Ich glaube, Luiz will bei Frau Hohenstolz einbrechen.“

„Quatsch“, rief Nora.

Und Lucy musste sich vor Lachen die Hand vor den Mund halten, um nicht ihre Nudeln über den Tisch zu prusten. „Wie kommst du denn auf so was?“

Ich berichtete von dem kurzen, rätselhaften Gespräch auf dem Schulhof.

Paolo verdrehte die Augen. „Du witterst schon wieder ein Verbrechen.“

„Na und?“, gab ich zurück. „Als ich das letzte Mal was gewittert hab, stimmte es schließlich. Was, wenn ich diesmal wieder richtig liege?“

„Dann müssten wir Frau Hohenstolz warnen“, meinte Nora.

Su-ri winkte ab. „Leute falsch zu verdächtigen ist eine Sache. Aber das dann auch noch herumzuerzählen ist was ganz anderes – nämlich gemein.“

„Und wenn es kein falscher Verdacht ist?“, bohrte ich nach.

Lucy legte ihre Gabel aus der Hand und verschränkte die Arme. „Ganz egal, was Luiz denkt oder tut – ich werde niemals wieder zu dieser Frau Hohenstolz gehen.“

Die anderen schienen dasselbe zu denken, sie nickten nachdrücklich.

Und das verstand ich, mir ging es ja ähnlich. Als wir der alten Frau das Portemonnaie zurückgebracht hatten, hatte sie uns bloß angemeckert und uns mit einem mickrigen Finderlohn abgespeist sowie mit einer Packung ekliger Schnapspralinen.

„Okay, okay“, sagte ich, „schon kapiert. Aber jetzt mal ehrlich, Leute. Wenn mein Verdacht wirklich falsch ist und Luiz absolut nicht dran denkt, die doofe Frau Hohenstolz zu beklauen – welcher andere Grund fällt euch dafür ein, dass er mich vorhin nach ihr ausgefragt hat?“

Schweigen.