Aurora erleuchtet - Amie Kaufman - E-Book
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Aurora erleuchtet E-Book

Amie Kaufman

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Beschreibung

Das fulminante Finale der grandiosen Space Opera und Bestseller-Trilogie! Was passiert, wenn man einen Haufen Loser und Außenseiter bittet, die Galaxie vor einem uralten, übermächtigen Feind zu retten? Der uralte Feind gewinnt natürlich. Moment mal ...  Nicht. So. Schnell. Als wir Tyler Jones und sein Squad 312 das letzte Mal erlebten, arbeiteten sie perfekt zusammen (oder rasteten aus), während eine intergalaktische Schlacht tobte und eine uralte Superwaffe das Universum zu vernichten drohte. Natürlich ging alles total schief. Aber wie sich herausstellt, ist nicht jedes Ende ein Ende, und das Team hat noch eine Chance, sein eigenes umzuschreiben. Vielleicht auch zwei. Es ist kompliziert. Und die Zeit läuft davon. Der Auftrag für Zila, Fin und Scarlett (und MAGELLAN!): Freunde finden, Feinde finden und Geschichte schreiben? Klar, kein Problem. Der Auftrag für Tyler, Kal und Auri: sich mit zwei der meist gehassten Schurken der Galaxis zusammentun? Ähm, okay. Das auch. Aber können sie die Galaxie wirklich retten? Dazu bedarf es schon eines Wunders... Alle Bände der Aurora-Trilogie: Band 1: Aurora erwacht Band 2: Aurora entflammt Band 3: Aurora erleuchtet 

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Seitenzahl: 629

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Jay Kristoff | Amie Kaufman

Aurora erleuchtet

Band 3

 

Aus dem amerikanischen Englisch von Barbara König

 

 

 

 

 

Über dieses Buch

 

 

Das fulminante Finale der grandiosen Space Opera und Bestseller-Trilogie! Was passiert, wenn man einen Haufen Loser und Außenseiter bittet, die Galaxie vor einem uralten, übermächtigen Feind zu retten? Der uralte Feind gewinnt natürlich. Aber Moment mal. Wie sich herausstellt, ist nicht jedes Ende ein Ende, und Tyler Jones und sein Squad 312 haben noch eine Chance, ihr eigenes umzuschreiben. Doch die Uhr tickt. Können sie die Galaxie wirklich retten?

 

 

Weitere Informationen finden Sie unter www.fischerverlage.de/kinderbuch-jugendbuch

Biografie

 

 

Amie Kaufman wuchs in Australien und Irland auf und hatte als Kind das Glück, in der Nähe einer Bücherei zu wohnen. Heute lebt sie mit ihrem Mann und ihrem Hund Jack in Melbourne und schreibt Science-Fiction- und Fantasy-Romane für Jugendliche. Sie liebt Schokolade und Schlafen, hat eine riesige Musiksammlung und einen ganzen Raum voller Bücher.

 

Jay Kristoff verbrachte den Großteil seiner Jugend mit einem Haufen Bücher und zwanzigseitiger Würfel in seinem spärlich beleuchteten Zimmer. Als Master of Arts verfügt er über keine nennenswerte Bildung. Er ist zwei Meter groß und hat laut Statistik noch 13.020 Tage zu leben. Zusammen mit seiner Frau und dem faulsten Jack-Russell-Terrier der Welt lebt er in Melbourne. Jay Kristoff glaubt nicht an Happy Ends.

 

Für die Mitglieder unserer Squads, ohne die wir verloren wären:

Amanda

Brendan

Und nun auch noch Pip.

Das solltet ihr wissen
▶ Aurora-Trilogie
▼ Besetzung

Aurora Jie-Lin O’Malley – das Mädchen, das aus der Zeit gefallen ist. Vor Jahrhunderten war ihr Kolonie-Schiff, die Hadfield, auf dem Weg nach Octavia III. Inzwischen wissen wir, wie gut es ist, dass sie ihr Ziel nie erreicht hat. Denn den Kolonisten dort sind sehr schlimme, sehr … botanische Sachen passiert. Ihr Dad gehörte leider auch dazu.

Darüber gleich mehr.

Auri hat angefangen, prophetische Visionen zu haben und telekinetische Fähigkeiten zu entwickeln, nachdem sie sich dem Squad 312 der Aurora Legion angeschlossen und sich ganz allgemein in eine kleine, aber entschlossene Superheldin verwandelt hat. Ihre Kraft hat sie den Eshvaren zu verdanken, einem geheimnisvollen Volk, das vor Äonen das Ra’haam besiegt hat.

Die Eshvaren wussten, dass ihr uralter Feind nur schläft, und so haben sie eine Waffe zurückgelassen und dafür gesorgt, dass der Trigger dieser Waffe lernt, mit ihr umzugehen.

Im Echo, einem übernatürlichen Trainingsort, hat Auri gelernt, ihre Kraft zu beherrschen – und mit ihrem Freund Kal noch anderes eingeübt. Dann ist sie wiederaufgetaucht, bereit, das Ra’haam zu besiegen, nur um festzustellen, dass jemand anderes bereits die Waffe gestohlen hatte.

Der syldrathische Kriegsherr, auch bekannt als der Sternentöter, der ebenso zum Trigger ausgebildet wurde, hatte die Waffe benutzt, um die Sonne seines Heimatplaneten zu zerstören. Und bedroht nun auch die Erde. Ach ja, und es hat sich herausgestellt, dass er Kals Vater ist. Das war ein Gespräch, das nicht ganz so optimal gelaufen ist.

Wurde zuletzt gesehen: an Bord der Waffe, einem Raumschiff aus Kristall, im Kampf gegen den Sternentöter, um dieses mächtige Schiff – das Planeten zerstören kann und bei dessen Anblick jeder sofort die Hosen voll hat – unter ihre Kontrolle zu bekommen.

 

Tyler Jericho Jones – der Anführer, der zum Flüchtling wurde. Als Tyler der Aurora Legion beigetreten ist, hätte er sich nicht träumen lassen, dass sein Squad einmal aus dem Bodensatz der Legion bestehen würde. Genauso wenig wie er sich vorstellen konnte, auf der Flucht vor der halben Galaxis zu sein, Banken auszurauben und Schiffswracke zu plündern, ganz zu schweigen davon, sich mit der fiesesten syldrathischen Kriegerin zusammenzutun, der er je begegnet ist.

Habe ich Kals Schwester Saedii schon erwähnt? Dieser Junge hat mehr als eine Leiche im Keller.

Jedenfalls hat Tyler seine taktische Begabung und unvergleichlichen Grübchen dafür eingesetzt, um zusammen mit seinem Squad Octavia zu entkommen und nach Emerald City zu fliehen, wo sie ein dickes Bündel Geld, einen Kasten voller geheimnisvoller Gaben sowie die Schlüsselkarte zu einem sehr, sehr edlen Schiff erbeutet haben. All das wurde, lange bevor all dieser Unfug seinen Anfang genommen hat, für sie hinterlegt.

Gerade als sie dabei waren, die Blackbox der Hadfield zu stehlen, wurden sie von der bereits erwähnten syldrathischen Kriegerin Saedii gefangen genommen. Einen Kampf mit dem Drakkan in der Arena später wurde Tyler zusammen mit seiner neuen syldrathischen Feindin von der Global Intelligence Agency (auch bekannt als die GIA) gefangen genommen.

Er hat Einiges in Erfahrung gebracht, unter anderem wie Saedii in Unterwäsche aussieht und auch, dass er und Scarlett keine Terraner sind, wie sie gedacht hatten, sondern dass ihre Mutter eine syldrathische Wegewanderin war.

Wurde zuletzt gesehen: auf der Flucht mit seiner neuen Freundin-Feindin Saedii.

 

Kaliis Idraban Gilwraeth – der missverstandene Krieger. Vom Höhepunkt, im Squad 312 eine neue Familie zu finden, und der Liebe mit der übernatürlichen Waffe Aurora, bis hin zum Tiefpunkt, als Sohn des Sternentöters entlarvt und aus dem Squad rausgeworfen zu werden, war bei Kal in letzter Zeit eine Menge los.

Er wurde ausgestoßen, weil er vergessen hatte, das winzige Detail zu erwähnen, dass er der Sohn ihres Erzfeindes ist, um dann in den Schoß seiner Familie zurückzukehren. Doch – überraschende Wendung! – er ist Aurora treu geblieben und hat an ihrer Seite gekämpft, als sie gegen seinen Vater angetreten ist.

Wurde zuletzt gesehen: an Bord der Waffe der Eshvaren, während er von übernatürlichen Kräften angegriffen wurde.

 

Scarlett Isobel Jones – die Fabelhafte, die, die meine Persönlichkeit programmiert hat, Licht meines Lebens. Sie weiß auch, wo man mich ausschaltet.

Die Worte »wenn sie sich mehr Mühe gegeben hätte« sind öfter in ihren Zeugnissen der Academy aufgetaucht als bei jeder anderen Kadettin zuvor. Aber ihr verblüffendes Einfühlungsvermögen (oder nicht so verblüffend, wenn man bedenkt, dass ihre Mutter eine syldrathische Wegewanderin war, was Scarlett aber nicht weiß) und ihre absolute Loyalität ihrem Zwillingsbruder Tyler gegenüber haben dazu geführt, dass sie mit dem Squad 312 durch die Galaxis gestürmt ist, ohne sich dabei nur einen Fingernagel abzubrechen.

Während sie auf der Flucht waren, hat der Squad eine Ansammlung von Gaben im Dominion-Depot vorgefunden, die dort, Jahre bevor sie überhaupt der Aurora Legion beigetreten sind, für sie hinterlegt wurden. Scar hat das beste Geschenk erbeutet – eine Halskette mit einem Diamanten. Und die sind, wie wir alle wissen, die besten Freunde eines Mädchens.

Nachdem Tyler von der GIA gefangen genommen wurde, haben Scarlett und die anderen weitergemacht, um Aurora dabei zu helfen, die Waffe vom Sternentöter zurückzuerobern, die Erde zu retten und endlich das Ra’haam zu erledigen, bevor es aufwacht und sich die Galaxis einverleibt. Kein Ding.

Wurde zuletzt gesehen: wie sie kurz davor war, mit Finian (!!!) zu knutschen (!!!), was aber im letzten Moment durch seine Erkenntnis vereitelt wurde, dass es sich gar nicht um einen Diamanten an ihrer Kette handelt, sondern um ein Kristall der Eshvaren (!!!).

Ach ja, und dann ist alles in die Luft geflogen.

 

Finian de Karran de Seel – der, der einem echt ans Herz wächst, sobald man ihn besser kennengelernt hat. Als betraskisches Technikgenie des Squad 312 hat er seine Loyalität immer wieder unter Beweis gestellt.

Seine Schale mag vielleicht nicht mehr ganz so rau sein, aber seine Klugscheißerei kann man ihm nun aus seinen toten, kalten Händen reißen. Schließlich war das Letzte, was er, Scarlett und Zila am Ende des zweiten Bandes gesehen haben, ein greller Lichtblitz inmitten einer riesigen Schlacht im Weltraum, um die Erde vor einem sehr schlecht gelaunten Sternentöter zu verteidigen.

Wurde zuletzt gesehen: wie er seinen lebenslangen Traum, einmal Scarlett Jones (!!!) zu küssen (!!!), mit seiner Erkenntnis über ihre Halskette unterbrochen hat. Der Junge steht sich echt selbst im Weg.

 

Zila Madran – die mit den Ohrringen. Und dem Gehirn von der Größe eines Planeten.

Obwohl Zilas Squad sie lange Zeit für eine totale Soziopathin gehalten hat – und zu ihrer aller Verteidigung muss gesagt werden, dass sie doch eine sehr ungesunde Vorliebe dafür gezeigt hat, ihr Disruptorgewehr auf Töten einzustellen –, wissen wir inzwischen, dass sie als Kind zusehen musste, wie ihre Eltern getötet wurden, als sie sie beschützen wollten, und sie seitdem ganz allein in der Galaxis ist.

Sie hat echt krasse Sachen zustande gebracht, darunter auch, den Squad 312 aus der Gefangenschaft auf Saediis Schiff zu befreien. Und auch gelernt, sich von der Theorie in die Praxis zu begeben, und langsam, aber sicher scheint das Eis zu schmelzen.

Wurde zuletzt gesehen: wie sie während der Schlacht, um die Erde zu retten, zusammen mit Scarlett und Finian in ihre molekularen Bestandteile gesprengt wurde.

 

Catherine Brannock – die gefallene Kameradin. Beste Freundin von Tyler und Scarlett und die Pilotin des Squad 312, war Cat »Zero« Brannock ein Ass, das seinesgleichen suchte.

Als der Squad von Octavia geflohen ist, wurde sie vom Ra’haam verschlungen, aber das war nicht ihr letzter Auftritt. Nun ist sie Teil des Ra’haam, und es hat ihr Wissen benutzt, um Aurora, Tyler und den übrigen Squad zu verfolgen. Und es ist auch nicht darüber erhaben, ihr vertrautes Gesicht einzusetzen. Als Tyler in Gefangenschaft geriet, hat sie ihn als Teil der GIA verhört.

Wurde zuletzt gesehen: wie sie einen Haufen Raketen auf Tylers Lieblingsgesicht abgefeuert hat.

 

Caersan, Archont der Ungebrochenen – jede Familie hat einen, und er ist der von Kal. An dieser Stelle ist es hilfreich, wenn man über die politischen Verhältnisse der Syldrathi Bescheid weiß.

Also, die Syldrathi sind in Kabalen aufgeteilt, okay? Die Wildgeborenen sind die Krieger (Nomen est Omen und so), und als die Syldrathi ein Friedensabkommen mit den Terranern und Betraskern geschlossen haben, da haben die Krieger, nun … sie hätten gerne weitergekämpft.

Ein Teil von ihnen hat sich die Ungebrochenen genannt und einen syldrathischen Bürgerkrieg unter der Führung von Caersan, Archont der Ungebrochenen, besser bekannt als der Sternentöter, angezettelt. Seinen Namen hat er sich durch den Raub der Waffe der Eshvaren verdient, für die Auri trainiert hat, und dann hat er die Sonne seines Heimatplaneten in die Luft gesprengt. Diese gewaltige Machtdemonstration hat alle davon überzeugt, ihm schön aus dem Weg zu gehen, während er seinen eigenen Leuten den Krieg erklärt hat.

Sein Sohn Kal wollte nichts mehr mit ihm zu tun haben und ist abgehauen, um unter falschem Namen der Aurora Legion beizutreten. Wie toll das gelaufen ist, haben wir ja gesehen.

Seine Tochter Saedii hat ihm die Treue gehalten, und als sie und Tyler von der GIA gefangen genommen wurden, hat er klar und deutlich zum Ausdruck gebracht, dass er bereit ist, die Erde in die Luft zu jagen, um sie zurückzubekommen.

Wurde zuletzt gesehen: wie er im Kampf gegen Auri mit übernatürlichen Kräften um die Kontrolle besagter Waffe ringt.

 

Saedii Gilwraeth – die schreckliche Schwester. Während Kal zusammen mit seiner Mutter Caersan in frühen Jahren verlassen hat, beschloss Kals Schwester, zu ihm zu halten. Nun dient sie ihm als eine seiner Templerinnen und führt das Kommando über ein riesiges und schreckliches Kampfschiff und einen bedeutenden Teil seiner Flotte.

Sie ist wunderschön, sie ist tödlich, und um ihren Hals hängt eine Kette mit den Daumen früherer Bewunderer. Man sollte es sich also gut überlegen, bevor man sie anbaggert.

Nachdem ein paar Ungebrochene Kals Namen bei einem Streit in einer Bar auf Sempiternity mitbekommen hatten, hat sie den Squad von Emerald City bis zum Wrack der Hadfield verfolgt, wo sie dann alle gefangen genommen hat. Danach kam die ganze Sache mit dem Kampf gegen den Drakkan, und dann wurden sie und Tyler von der Global Intelligence Agency hinter Schloss und Riegel gesetzt. Die GIA, korrumpiert durch das Ra’haam, hat versucht, einen interplanetarischen Zwischenfall loszutreten, um die Aufmerksamkeit von ihren schnell reifenden Brutstätten abzulenken. Das ist alles ziemlich kompliziert.

Widerwillig gesteht Saedii ein, dass Tyler während ihrer Flucht ganz nützlich war.

Wurde zuletzt gesehen: wie sie zusammen mit Tyler Jones die Flucht ergriffen hat.

 

Die Eshvaren – die geheimnisvollen Aliens. Vor Äonen haben die Eshvaren gegen das Ra’haam gekämpft, um zu verhindern, dass die alles Leben in der Galaxis verschlingen, und sie haben gewonnen.

Na ja, fast.

Eigentlich ist das Ra’haam nur untergetaucht und hat etwa zig Jahrtausende gewartet, um seine Kräfte zu sammeln.

In dem Wissen, dass sie nicht mehr da sein würden, wenn es in die nächste Runde geht, haben die Eshvaren dafür gesorgt, dass die Galaxis mit Hunderten Spezies übersät wurde – alle zweibeinig, alle aus Kohlenstoff und fähig, miteinander zu kommunizieren, ein bisher unerklärliches Vorkommnis, welches zur Gründung des Vereinten Glaubens geführt hatte. Wissenschaftler werden sich ohne Zweifel als Nächstes der Frage zuwenden, wer denn die Schöpfer geschaffen hat.

Bekannt für ihre wunderschönen Kristall-Artefakte, ihren flexiblen Umgang mit der Zeit und ihre allgemeine Rätselhaftigkeit, haben die Eshvaren das Echo erschaffen, wo sich Aurora von einer gestressten Zeitreisenden in eine übernatürliche Kriegerin verwandelt hat, die nur ein einziges Ziel hat.

Die Eshvaren haben Auri gesagt, dass sie die Kraft, die sie brauchen würde, nur heraufbeschwören könnte, wenn sie sich von allen Bindungen an ihr altes Leben lossagt. Aber am Ende ist Aurora klargeworden, dass diese Bindungen dafür gesorgt haben, dass sie überhaupt kämpfen wollte.

Wurden zuletzt gesehen: oder eher nicht, da sie seit Äonen ausgestorben sind.

 

Das Ra’haam – der unbarmherzige und unbeirrbare Feind.

Das Ra’haam versucht seit undenklichen Zeiten, die Milchstraße zu erobern, und nach seiner letzten großen Niederlage gegen die Eshvaren hat es sich auf zweiundzwanzig Brutstätten zurückgezogen. Auf diesen unbedeutenden Planeten konnten die letzten überlebenden Samen langsam unter der Oberfläche wieder gesund werden. Niemand hat damit gerechnet, dass diese nervigen Terraner den Planeten Octavia kolonialisieren würden, was das Ra’haam zu früh aus dem Schlaf gerissen hat. Da hat es die Körper der Kolonisten in Besitz genommen – darunter leider auch Auroras Vater – und sie benutzt, um die terranische Gesellschaft zu unterwandern.

Ein paar Jahrhunderte nachdem sie zuerst infiziert wurden, haben die Kolonisten von Octavia sich immer mehr Macht angeeignet und kontrollieren nun die Global Intelligence Agency, also die gruseligen Geheimagenten, die für die Sicherheit der Erde zuständig sind.

Sie werden von Princeps angeführt, der geistig nichts anderes als Teil des Ra’haam ist, aber im Körper von Auroras Dad steckt.

Diese einzelnen Agenten können die Sporen, die man braucht, um andere zu infizieren, nicht selbst bilden – sie sorgen nur dafür, dass die Brutstätten, die Planeten, auf denen das Ra’haam fast wieder zu voller Stärke nachgewachsen ist, nicht gestört werden.

Und irgendwann werden diese Brutstätten blühen und bersten und ihre Sporen durch die Raumfalten auf jeden bewohnten Planeten in der Galaxis schicken. Dort werden sie alles intelligente Leben infizieren und es in die riesige vereinigte Intelligenz, die das Ra’haam ist, aufnehmen.

Damit ihr Geheimnis gewahrt bleibt, bis die anderen einundzwanzig Brutstätten bereit sind zu blühen und zu bersten, hat das Ra’haam Jagd auf Aurora und den übrigen Squad 312 gemacht und Tyler und Saedii gefangen genommen. Das hat einen interplanetarischen Zwischenfall losgetreten, der dazu geführt hat, dass der Sternentöter gedroht hat, die Erde in Stücke zu sprengen, wenn die GIA ihm nicht seine Tochter zurückgibt, und zwar sofort.

Wurde zuletzt gesehen: wie es Tyler und Saedii verfolgt, als die abgehauen sind. Aber eigentlich ist es überall.

 

Magellan – oh, hallo, das bin ich. Ich will nicht lügen. Mir ging es schon mal besser. Als Aurora die Raumsonde der Eshvaren berührte und ich dabei in ihrer Tasche war, hat mich das fix und fertig gemacht. Deswegen musste ich mich umhören, um diese Infos für euch zusammenzusammeln. Gerade bin ich, äh, auf dem Land, wo ich viel Platz habe, um mich zu bewegen.

Aber vielleicht bin ich bis zum Ende der Geschichte wieder da, um die Lage zu retten? Das klingt wie etwas, was ich tun würde …

Aber jetzt, schnallt euch an, meine Freunde, denn es geht wieder los.

Es war einmal eine Gruppe von Irren, die sich weigerten, auf ihren total intelligenten Uniglass-Freund zu hören …

Teil 1Ein Drachen, der im Sturmwind tanzt

1Zila

Mich kann wenig überraschen. Egal in welcher Situation ich mich auch befinde, ist es mir zur Gewohnheit geworden, die Chancen im Hinblick auf alle denkbaren Ergebnisse abzuwägen. Nur so kann ich sichergehen, dass ich auf alle Fälle vorbereitet bin.

Nichtsdestotrotz bin ich äußerst überrascht festzustellen, dass ich noch am Leben bin.

Schockiert verbringe ich sechs Sekunden mit offenem Mund und langsam blinzelnd. Dann halte ich zwei Finger an meinen Hals, um meinen Puls zu überprüfen, der etwas schneller, aber ohne Zweifel vorhanden ist. Das legt nahe, dass ich hier keine unerwartete Version des Jenseits erlebe.

Interessant.

Ein Blick aus dem Cockpit-Fenster enthüllt gar nichts – keine Sterne, keine Raumschiffe, nichts als Dunkelheit. Instinktiv überprüfe ich unsere Sensoren, sowohl die Langstrecken als auch die Kurzstrecken sind ausgefallen. Seltsamerweise ist nichts von der riesigen Schlacht zu sehen, die eben noch um uns herumgetobt hat, kurz bevor sich die Waffe der Eshvaren in die Luft gesprengt hat – ein Ereignis, das nur mit unserer vollkommenen Einäscherung ausgehen konnte.

So unmöglich es auch erscheint, die gesamte syldrathische Armada ist zusammen mit der terranischen und betraskischen Flotte sowie der Waffe einfach … verschwunden.

… Interessant?

Nein. Beunruhigend.

Ich lasse mich von meinem Training leiten und weise das uralte Navcom unseres syldrathischen Schiffes an, alle sichtbaren Sterne zu katalogisieren, alle Raumfaltentore und andere Wahrzeichen oder Erscheinungen, um uns über unseren derzeitigen Standort zu informieren.

Warte mal. Unseren.

Ich knipse das Funkgerät an. »Finian, Scarlett, seid ihr noch …?«

»Am Leben?«, höre ich Finians etwas wackelige Stimme.

»Sieht so aus.«

Eine Welle der Erleichterung überflutet mich, und ich versuche nicht, sie aufzuhalten. Es ist nicht effizient, gegen solche Gefühle anzugehen. Es ist besser, ihnen ihren Lauf zu lassen.

»Ich bin ganz schön durcheinander«, fährt Finian fort.

»Sind wir nicht gerade … explodiert?«, fragt Scarlett.

»Lass mal sehen«, antwortet Fin.

Ich höre ein leises Quietschen. Einen sanften Seufzer. Ein langer Augenblick vergeht, und gerade will ich nachhaken, als Finian sagt:

»Ja«, berichtet er schließlich. »Wir sind eindeutig noch am Leben.«

»Ich ermittle gerade«, teile ich ihnen mit, als das Navcom Laut gibt. »Noch einen Moment, bitte.«

Als ich das Steuerungssystem überprüfe, runzle ich die Stirn. Nicht nur ist keine Spur von der riesigen Schlacht zu sehen, die uns eigentlich hätte umbringen sollen, sondern auch die Planeten des terranischen Sonnensystems sind verschwunden. Kein Neptun, kein Uranus, kein Jupiter.

Tatsächlich kann ich weder in der Nähe noch in der Ferne irgendwelche Sterne sehen.

Kein Sonnensystem.

Keine Sterne.

Wir haben uns … bewegt.

Und ich habe keine Ahnung, wo wir sind.

Interessant UND beunruhigend.

Ein neues Symbol taucht auf dem Display des schlecht funktionierenden Sensors auf und zeigt an, dass sich etwas hinter uns befindet. Unsere Triebwerke funktionieren nach wie vor nicht, wurden während der großen Schlacht außer Gefecht gesetzt, also schalte ich unsere rückseitigen Sensoren ein und blicke in die unendliche Weite hinter uns.

  Dort …

    Das heißt …

  Ich, äh …

    Ich …

Hör auf damit, Legionärin.

Ich atme tief ein und setze mich aufrechter hin.

Ich verstehe nicht, was ich dort sehe.

Ich fange damit an, das zu katalogisieren, was ich wahrnehmen kann, so wie das jede Wissenschaftlerin tun würde.

Die Messwerte der Sensoren zeigen an, dass immense Schwankungen im gravitativen und elektromagnetischen Spektrum stattfinden, Quantenteilchen hallen im Teilraum wider. Doch als ich unsere hinteren Kameras einschalte, kann ich im Sichtfeld kaum etwas erkennen.

Tatsächlich gehe ich fälschlicherweise zunächst davon aus, dass unsere Übertragung nicht funktioniert. Alles ist vollkommen schwarz. Und dann leuchtet in der Ferne ein schwaches Licht auf, ein leichtes Aufblitzen auseinanderfallender Photonen. Und in ihrem flüchtigen violetten Widerschein erblicke ich etwas, was man nur beschreiben kann als …

Es ist ein Sturm.

Ein dunkler Sturm.

Er ist gewaltig. Erstreckt sich über Zigtausende Kilometer. Abgesehen von dem kurzen Aufblitzen der Photonen ist alles absolut schwarz – eine ölige, siedende Leere, so vollkommen, dass das Licht schlichtweg darin erstirbt.

Ich weiß, was das ist.

»Ein Sturm«, flüstere ich. »Ein Sturm aus Dunkler Materie.«

Sein Vorhandensein ist schon seltsam genug, wenn man bedenkt, dass wir gerade noch am Rande des terranischen Sektors waren, wo solche räumlichen Anomalien nicht vorkommen. Noch seltsamer hingegen ist, dass ich noch etwas anderes sehe. Ich stelle auf Vergrößern ein, und mein Verdacht bestätigt sich. Steuerbord befindet sich eine Raumstation, die sich silbern vor dem brodelnden schwarzen Sturm abhebt.

Es ist ein klobiges, hässliches Ding, eindeutig im Hinblick auf Funktionalität gebaut und nicht auf Schönheit. Sie scheint beschädigt worden zu sein – große knisternde Blitze gleiten über ihre Oberfläche, grell und weiß. An der Seite, die uns am nächsten ist, tritt Dampf aus: Treibstoff oder, wenn die Crew Pech hat, Sauerstoff und Stickstoff. Wie warmer Atem an einem kalten Tag wird der Dampf in diese endlose aufgewühlte Dunkelheit hineingezogen.

Wenn sie terranisch ist, dann ist die Ausstattung dieser Raumstation geradezu archaisch.

Aber das erklärt nicht, warum sie überhaupt hier ist.

Oder wie wir hierhergekommen sind.

Nichts davon ergibt einen Sinn.

»Zila?«, sagt Scarlett. »Was geht da draußen vor? Kannst du die Waffe der Eshvaren sehen? Wie sieht es mit der feindlichen Flotte aus? Sind wir in Gefahr?«

»Wir …« Ich weiß nicht, was ich auf ihre Fragen antworten soll.

»Zila?«

Von der Station erstreckt sich ein dickes Kabel aus glänzendem Metall. Es ist Hunderttausende von Kilometern lang, dreht und windet sich, aber ist fest in der beschädigten Anlage an dem einen Ende verankert. Am anderen Ende, ganz am Rand dieses tobenden Sturms aus Dunkler Materie, hängt ein riesiges quecksilbriges Segel, das über einen rechteckigen Rahmen gespannt ist. Seine Oberfläche wirbelt wie öliger Schlick. Auf meinen Bildschirmen erscheint es winzig, aber die Tatsache, dass ich es überhaupt sehen kann, deutet darauf hin, dass es gewaltig sein muss.

Wenn ich es nicht besser wüsste, würde ich annehmen …

»Unbekanntes Flugobjekt, ihr befindet euch in terranischem Sperrgebiet. Weist euch aus und nennt den Sicherheitscode, oder wir werden auf euch schießen. Ihr habt dreißig Sekunden Zeit.«

Die Stimme knistert durch das Cockpit, barsch und misstönend. Mein Puls beschleunigt sich, was nicht hilfreich ist.

Ich kann kein anderes Schiff sehen. Woher kommt diese Stimme?

Abgesehen davon, dass ich keinen Sicherheitscode habe, weiß ich nicht, ob es sich um Freund oder Feind handelt.

Nicht dass die Anzahl von Freunden unseres Squads zurzeit besonders groß ist.

Ich drücke auf den Schalter für die Funkverbindung des Squads und sage eindringlich: »Scarlett, bitte komm umgehend auf die Brücke. Diplomatie ist gefragt.«

»Unbekanntes Flugobjekt, bitte weist euch aus und nennt mir den Sicherheitscode. Wird dem nicht Folge geleistet, wird das als feindliche Absicht verstanden. Es verbleiben noch zwanzig Sekunden.«

Ich suche das Bedienfeld ab und strecke mich – jeder Syldrathi über zwölf ist größer als ich –, um auf den Knopf zu drücken, der unseren Kanal von Audio auf Video umstellt. Ich muss herausfinden, wer uns da anspricht.

Das Gesicht, das meinen Bildschirm ausfüllt, ist von einer schwarzen Atemmaske bedeckt, der dicke Schlauch schlängelt sich außer Sichtweite. Die Maske verbirgt alles unterhalb der Augen des Piloten und der Helm darüber alles andere.

Der Pilot ist ohne Frage Terraner, höchstwahrscheinlich ostasiatischer Abstammung, Alter und Geschlecht lassen sich aber nicht bestimmen. So seltsam diese Situation ist, vielleicht kann ich mit einem Terraner vernünftig reden – schließlich gehören wir derselben Spezies an.

»Einen Augenblick, bitte«, sage ich. »Ich habe gerade das Face unseres Teams einbestellt.«

»Den Sicherheitscode«, verlangt der Pilot mit zusammengekniffenen Augen. »Und zwar sofort!«

»Verstanden«, sage ich. »Ich habe keinen Code, aber …«

»Ihr seid in terranisches Sperrgebiet eingedrungen! Ihr habt zehn Sekunden Zeit, uns den richtigen Code zu nennen, oder ich werde auf euch schießen!«

Um mich herum flackern überall Warnsignale auf, Lichter blinken, und syldrathische Schriftzeichen leuchten, während ein Lautsprecher mich anbrüllt. Ich verstehe die Wörter nicht, aber ich weiß, was er sagt.

»WARNUNG, WARNUNG: RAKETEN IM ANFLUG!«

»Fünf Sekunden!«

»Bitte«, sage ich. »Bitte wartet …«

»Zünden!«

Ich beobachte, wie ein winziger Lichtpunkt auf unseren Bildschirmen auftaucht.

Wir haben keine Triebwerke. Keine Steuerung. Keine Abwehr.

Wir sollten sowieso schon tot sein. Zusammen mit Aurora und der Waffe verbrannt sein. Aber irgendwie ist es ungerecht, ein weiteres Mal sterben zu müssen.

Das Licht kommt näher.

»Bitte …«

Die Rakete schlägt ein.

Feuer ergreift die Brücke.

BUMM!

2.1Scarlett

Schwarzes Licht brennt weiß auf meiner Haut. Ich kann den Klang um mich herum schmecken wie Metall auf meiner Zunge, ich höre Berührungen, fühle Gerüche, während alles, was ich bin und war und je sein werde, auseinandergerissen wird und wieder zusammen, zusammen und zusammen …

»Scar?«

Ich öffne die Augen und blicke in ein anderes Augenpaar.

Groß.

Schwarz.

Hübsch.

Finian.

»Bist du …?«, frage ich.

»War das …?«, sagt Finian.

»Seltsam«, murmeln wir beide gleichzeitig.

Ich sehe mich um und erlebe ein merkwürdiges, unheimliches Schwarze-Katze-Gefühl von Déjà-vu, das mir wie eine Spinne über den Rücken läuft.

Wir stehen im Korridor vor dem Maschinenraum, genau dort, wo wir vor einer Minute gestanden haben, als uns die Waffe der Eshvaren mit ihrer ganzen zerstörerischen Wucht eins in die Fresse gegeben und sich dann in winzige Kristallteile gesprengt hat. Aber Freude über Freude, wir sind tatsächlich noch am Leben. Das ist aus verschiedenen Gründen eine gute Nachricht. Als Allererstes, offen gesagt, wäre es nicht gerade schlau vom Universum, einen Arsch wie meinen verkommen zu lassen, indem es ihn in einer feurigen Explosion in den Tiefen des Weltraums einäschert. Mal ehrlich, so ein Hintern kommt nur so etwa einmal in einem Jahrtausend vor.

Zweitens bedeutet das, dass der Junge, der vor mir steht, auch nicht tot ist. Und seltsamerweise ist mir das viel wichtiger, als ich vor ein paar Stunden noch zugegeben hätte.

Finian de Karran de Seel.

Er ist überhaupt nicht mein Typ. Hirn statt Muskeln. Komplexe bis zum Ende der Galaxis. Aber er ist mutig. Und klug. Und während ich so dicht neben ihm stehe, komme ich nicht umhin zu bemerken, wie ihm das weiße Haar ins Gesicht fällt, wie weich seine bleiche Haut ist und diese Lippen, die ich fast geküsst habe, als wir kurz davor waren zu sterben.

Das habe ich nur deswegen gemacht.

Weil wir echt kurz davor waren zu sterben, stimmt’s?

Wir starren einander an, sind uns darüber bewusst, wie eng wir beieinanderstehen. Keiner von uns bewegt sich. Er sieht mir in die Augen, und ich öffne den Mund, doch zum ersten Mal in meiner Erinnerung habe ich keine Ahnung, was ich sagen soll, und das Einzige, was mich vor der Peinlichkeit bewahrt, sprachlos zu sein, wo ich doch nichts kann außer reden, ist Zilas knisternde Stimme über Funk.

»Finian, Scarlett, seid ihr noch …?«

»Am Leben?«, sagt Finian mit etwas wackeliger Stimme.

»Sieht so aus.«

Und da ist es wieder. Das gleiche unheimliche Schwarze-Katze-Gänsehaut-Gefühl. Das Gefühl, als …

»Ich bin ganz schön durcheinander«, sagt Finian.

»Sind wir nicht gerade … explodiert?«, frage ich.

Wieder trifft sein Blick meinen. Ich kann diesen Beinah-Kuss zwischen uns spüren, und ich weiß, dass er das auch tut. Und ich kann sehen, wie er sich wappnet, tief Luft holt.

»Lass mal sehen«, antwortet Fin.

Ich spüre die prickelnde Spannung, als seine Fingerspitzen meine berühren. Er nimmt meine Hand in seine und sieht mich eine weitere Sekunde lang fragend an, und er ist überhaupt nicht mein Typ, aber ich rücke noch immer nicht von ihm ab. Und jetzt lehnt er sich näher ran und noch näher, und obwohl wir jetzt nicht mehr kurz davor sind zu sterben, küsst er mich, o Schöpfer, er küsst mich, und wie ein Stromschlag fährt dieses Gefühl durch meine Lippen, durch meinen ganzen Körper. Ich spüre, wie ich mich an ihn dränge, seinen Kuss erwidere, das Prickeln, als seine Hände über meine Hüften gleiten bis zu dem Hintern, den auch das Universum nicht gewagt hat zu vergeuden, und ihn genau richtig drückt.

Tja, Finian de Karran de Seel. Ach, du lieber Himmel.

Wer in der Galaxis hätte je gedacht, dass du es draufhast?

Unsere Lippen trennen sich, und als er sich von mir abwendet, um noch mal ins Funkgerät zu sprechen, tut mir das richtig weh.

»Ja«, berichtet er. »Wir sind eindeutig noch am Leben.«

»Ich ermittle gerade«, sagt Zila. »Noch einen Moment, bitte.«

Das Funkgerät kommt knisternd zum Schweigen und lässt uns allein. Fin und ich halten einander noch immer in den Armen, und dieser Kuss hängt jetzt zwischen uns, und wenn einer von uns nun nicht gleich etwas sagt, weiß ich, dass wir wieder anfangen werden. Unter den gegebenen Umständen wäre das keine gute Idee.

Ich werfe einen Blick auf seine Hände.

Jup. Noch auf meinem Hintern.

»Weißt du, als Zila gesagt hat ›Noch einen Moment, bitte‹, war das nicht damit gemeint, de Seel.«

Er lacht nervös und lässt los. »Tut mir leid.«

»Muss es nicht.«

Und ich stürze mich auf seinen Mund, nur ein kurzes Aufeinandertreffen, hart und heiß. Beiße auf seinen Lippen, als ich mich von ihm löse, damit er weiß, wie hungrig ich noch bin.

»Aber wir müssen herausfinden, was zum Teufel da gerade passiert ist.«

»Ja.« Er atmet tief ein und tritt einen Schritt zurück und fährt sich mit seinen metallenen Fingerspitzen durch seinen weißen Haarschopf. »Ja, das müssen wir.«

Wir sind noch immer im Korridor vor dem Maschinenraum, noch immer sind die Türen verschlossen. Die Luft ist erfüllt vom scharfen Gestank von verbranntem Plastahl, verschmorten Kabeln und Rauch. Als ich durch das Sichtfenster gucke, kann ich sehen, was die Schienenkanonen mit unseren Triebwerken angerichtet haben, als sie uns getroffen haben, und ich kenne mich damit zwar nicht so gut aus, bin mir aber ziemlich sicher, dass Triebwerke nicht in fünfzig Einzelteilen daherkommen.

»Das brauchen wir, um zu fliegen«, sage ich.

»Es kann keiner behaupten, dass du nicht auch ein Gearhead hättest sein können.«

»Doch, jeder Ausbilder, den ich an der Academy hatte, zusammen mit meinem Tutor und dem Leiter der technischen Abteilung.«

Finian grinst und sieht sich um. Sein dunkler Blick fährt über die Decke, den zerstörten Maschinenraum. Und dann wandert er auf meine Brust. Sein Mund steht offen, und ich kann praktisch sehen, wie seine Augen hinter den Kontaktlinsen glasig werden.

Jungs und Brüste, aber echt jetzt.

»Hey!« Ich schnipse mit den Fingern. »Ich weiß, sie sind grandios, aber wirklich jetzt, konzentrier dich auf das, was wir zu tun haben, de Seel.«

»Nein.« Er tippt an seinen Hals. »Deine Kette. Weißt du noch?«

Ich greife nach meinem Hals. Nach der Kette, die wir im Dominion-Tresor vorgefunden haben, als wir in Emerald City waren. Für jeden von uns war eine Gabe im Tresor hinterlegt worden, was wir Admiral Adams und Battle Leader de Stoy zu verdanken hatten. Tyler hat neue Stiefel bekommen, Kal das Zigarillokästchen, dem er sein Leben verdankt. Finian hat einen Kugelschreiber gekriegt, über den er sich herrlich aufgeregt hat. Zila hat Ohrringe in Form von Falken erhalten. Und ich habe eine Diamantenkette bekommen, auf der die Worte Halte dich an Plan B eingraviert waren. Kurz bevor wir in unsere Bestandteile gesprengt werden sollten, hat Fin jedoch erkannt, dass es gar kein Diamant ist.

»Es ist ein Kristall der Eshvaren.«

Und ja, das ist merkwürdig. Wir haben in der Raumfalte schon einmal ein Kristall der Eshvaren gefunden – die Raumsonde, die Auri ins Echo geführt hat. Aber das erklärt nicht so wirklich, warum die Kommandanten der Academy mir eine Kette mit dem Zeug gegeben haben.

Und warum sind wir nicht tot?

Das Adrenalin, das durch meinen Körper pumpt, weil wir fast gestorben sind, uns fast geküsst haben und dann eindeutig nicht gestorben sind, uns aber eindeutig geküsst haben, klingt allmählich ab, und meine Hände zittern. Aber mein Blick wandert noch immer über Finians Körper, während er sich im Korridor umsieht, auf diese genervte, verwirrte Art, die er an sich hat, als hätte das Universum beschlossen, ihm ganz gezielt Unannehmlichkeiten zu bereiten. Blass wie ein Geist, mit seinen pechschwarzen Augen, umhüllt von seinem silbernen Exoanzug, steht er mit geneigtem Kopf da.

»Nicht dass ich mich beschweren will«, sagt er vorsichtig. »Aber wir befinden uns mitten im Kampf zwischen zwei Kriegsflotten im terranischen Sektor auf einem syldrathischen Schiff ohne funktionierende Triebwerke. Selbst wenn wir die Explosion der Waffe überlebt haben … sollte uns jetzt nicht irgendein eifriger terranischer Pilot in die Luft sprengen?«

Ich runzle die Stirn und drücke auf das Funkgerät.

»Zila? Was geht da draußen vor? Kannst du die Waffe der Eshvaren sehen? Wie sieht es mit der feindlichen Flotte aus? Sind wir in Gefahr?«

»Wir …« Ihr versagt die Stimme.

»Zila?«

Und ich sehe Finian an und kann es in ihm spüren, so wie ich es auch selbst tue. Dieses unheimliche Gefühl, das uns wie eine Spinne über den Rücken läuft. Dieses Gefühl, dass wir …

»Scar, dieses Gespräch kommt mir nur … allzu vertraut vor.«

»Ich weiß, was du meinst.«

Stirnrunzelnd schüttelt er den Kopf. »Es klingt verrückt, aber ich habe eindeutig ein Gefühl von …«

»Déjà-vu.«

»Was zum Teufel ist ein Déjà-vu?«

»Das ist eine Wahrnehmung. Wenn du den Eindruck hast, dass du etwas schon einmal getan oder gesagt hast.«

»Oh. Okay.« Er nickt entschieden. »Ja. Das habe ich eindeutig. Aber die Betrasker nennen es tahk-she.«

»Ja, ich weiß. Aber auf Terra nennen wir es Déjà-vu. Das ist Französisch.«

»Ich kann kein Französisch.«

»Bleib bei mir.« Ich zwinkere ihm zu. »Dann bringe ich es dir bei.«

Zilas Stimme drängt über Funk: »Scarlett, bitte komm umgehend auf die Brücke. Diplomatie ist gefragt.«

Und wieder überkommt mich dieses Gefühl. Dass wir diesen Augenblick schon einmal miteinander gesprochen, erfahren, erlebt haben. Und darüber hinaus, dass es sehr, sehr schlecht zu Ende gegangen ist. Ich strecke die Hand aus, und Fin ergreift sie, ohne nachzudenken, und zusammen rennen wir den Korridor entlang. Während wir laufen, muckt und zischt Fins Exoanzug, unsere Stiefel stampfen über das Metall, als wir die Treppe zum Cockpit nehmen.

Zila sitzt im Pilotensitz und sieht etwas mitgenommen aus, was bei ihr bedeutet, dass sie kurz vor dem Nervenzusammenbruch ist. Auf den ersten Blick scheinen unsere visuellen Systeme ausgefallen zu sein – auf allen Bildschirmen ist nichts als Dunkelheit zu sehen. Keine Planeten, nicht einmal Sterne, was etwas …

Nein, Moment mal. Ein paar Kameras funktionieren wenigstens noch. Ich kann eine kleine, schwerfällige Raumstation auf einem der Bildschirme sehen, von der ein schweres Kabel ausgeht in diese sonst so vollkommene Dunkelheit.

Das ergibt keinen Sinn …

Vor ein paar Minuten waren wir noch inmitten einer tobenden Schlacht am Rande des terranischen Sektors. Wo sind die Flotten? Warum ist diese Raumstation aufgetaucht? Und warum sind dort draußen keine Sterne zu sehen?

Zila trifft meinen Blick, als ich sie fragend ansehe, und ich weiß, dass das irre klingt, aber ein Teil von mir weiß auch, weiß, WEISS, dass …

»Ich nehme an, dass auch du das Gefühl hast, dass sich dieser Augenblick wiederholt«, sagt sie.

»Das ist Französisch!«, erklärt Fin.

Auf dem Bildschirm erscheint ein Lichtblitz. Nur für ein paar Sekunden leuchtet ein flüchtiger, violetter Widerschein auf. Aber mir dreht sich der Magen um, als mir klar wird, dass da draußen nicht nur Dunkelheit herrscht. Da draußen ist … so eine Art Sturm. Ein öliges, siedendes Aufeinanderprallen dunkler Strudel, so groß, dass mir fast der Kopf platzt.

Fin blinzelt: »Ist das …?«

»Ein Sturm aus Dunkler Materie«, murmelt Zila. »Ja.«

Ich werfe einen Blick auf die Sichtanzeige des Funkgeräts, den Geschmack von verbranntem Metall auf der Zunge, während leuchtende syldrathische Schrift über den Bildschirm läuft. Ich kann die Gesichtszüge einer Terranerin ausmachen – weiblich, jung –, aber ihr Gesicht ist fast ganz durch die Atemmaske und den Helm verdeckt. Zwei Abzeichen aus Diamanten sind an ihren Kragen geheftet, die sie als Leutnantin ausweisen, aber sie trägt eindeutig keine Uniform der Terran Defense Force. Mein erster Eindruck ist, dass sie es mehr als draufhat. Aber ihre Stimme klingt doch ein klein wenig unsicher.

»Hört mal … ihr müsst euch identifizieren und den Sicherheitscode nennen. Ihr habt noch zehn Sekunden.«

Eigentlich wird der Squad 312 ja wegen galaktischem Terrorismus gesucht, also beschließe ich, etwas vage zu bleiben, was unsere Identität angeht. Ich streiche mir das Haar zurück, lege mir aus meinem Repertoire eine entspannte Haltung an und schnurre ins Mikrophon.

»Ich kann Ihnen gar nicht sagen, wie gut es ist, Sie zu sehen, Leutnantin! Wir dachten schon, das war’s. Unser Schiff ist beschädigt, unsere Triebwerke funktionieren nicht, und wir brauchen Ihre Hilfe, over.«

»Das hier ist Sperrgebiet«, antwortet die Pilotin, noch immer etwas unsicher. »Wie seid ihr hierhergekommen? Und was, zum Teufel, ist das für ein Schiff?«

»Das ist eine echt lange Geschichte, Leutnantin.« Warm und freundlich lächele ich sie an. »Aber unser Lebenserhaltungssystem spielt hier leider nicht unser Wunschkonzert, wenn Sie uns also anbieten könnten, uns in Schlepptau zu nehmen, lade ich Sie zu einem Drink ein und erzähle Ihnen die ganze Geschichte.«

Es folgt eine lange Pause, während ich die Kiefer zusammenpresse.

»Also dann«, sagt die Pilotin endlich. »Ich werfe euch ein Abschleppseil rüber und bringe euch ins Dock. Aber eine falsche Bewegung, und ich sprenge eure Ärsche quer über das ganze Sonnensystem, ohne weiter darüber nachzudenken.«

Ich muss lächeln. »Das sind großartige Nachrichten, Leutnantin.«

»Danke schöööööön!« Finian taucht hinter mir auf und winkt. »Sie sind so weise wie Sie schön sind, meine Dame!«

Die Pilotin erstarrt zu Eis. Das, was ich von ihrem Gesichtsausdrucke sehen kann, verhärtet sich. »Ihr habt einen verdammten Betrasker an Bord?«

Plötzlich ertönen um uns herum überall Alarmsirenen, rote Lichter blinken, und syldrathische Schriftzeichen leuchten auf, und ein Lautsprecher bellt:

»ACHTUNG, ACHTUNG: RAKETE IM ANFLUG.«

Eine winzige Lichtspur taucht auf unseren Radarschirmen auf. Ich sehe die anderen an, hilflos und außer mir. Wir haben keine Triebwerke. Keine Steuerung. Keine Abwehr.

»Oh, scheiße …«, flüstere ich.

»Scar …«, sagt Finian leise.

Das Licht kommt näher. Unsere Finger berühren sich.

»Habt keine Angst.« Zila runzelt die Stirn. »Es tut nicht wirklich weh.«

»… was?«

Die Rakete schlägt ein.

Feuer ergreift die Brücke.

BUMM!

2.2Scarlett

Schwarzes Licht brennt weiß auf meiner Haut. Ich kann den Klang um mich herum schmecken wie Metall auf meiner Zunge, höre Berührungen, fühle Gerüche, während alles, was ich bin und war und je sein werde, auseinandergerissen wird und wieder zusammen, zusammen und zusammen …

»Scar?«

Ich öffne die Augen und blicke in ein anderes Augenpaar.

Groß.

Schwarz.

Hübsch.

Finian.

»Bist du …?«, frage ich.

»War das …?«, sagt Finian.

»Seltsam«, murmeln wir beide gleichzeitig.

Ich sehe mich um und erlebe ein merkwürdiges, unheimliches Schwarze-Katze-Gefühl von Déjà-vu, das mir wie eine Spinne über den Rücken läuft.

Wir stehen im Korridor vor dem Maschinenraum. Und Freude über Freude, wir sind tatsächlich noch am Leben.

Aber …

Moment mal …

Sind wir nicht gerade …?

Ich sehe Finian an und bin mir bewusst, wie eng wir beieinanderstehen. Er sieht mir in die Augen, aber ich habe keine Ahnung, was ich sagen soll. Zila bewahrt mich vor der Peinlichkeit, sprachlos zu sein.

»Finian, Scarlett, seid ihr noch …?«

»Am Leben?«, sagt Finian mit etwas wackeliger Stimme.

»Sieht so aus.«

Und da ist es wieder. Das gleiche unheimliche Schwarze-Katze-Gänsehaut-Gefühl. Das Gefühl, als …

»Ich bin ganz schön durcheinander«, sagt Finian.

»Sind wir nicht gerade … explodiert?«, frage ich.

Wieder trifft sein Blick meinen. Ich kann sehen, wie er sich wappnet, tief Luft holt.

»Lass mal sehen«, antwortet Fin.

Ich spüre die prickelnde Spannung, als seine Fingerspitzen meine berühren, und dann küsst er mich, o Schöpfer, und wie ein Stromschlag fährt dieses Gefühl durch meine Lippen und …

»Hör auf«, sage ich und reiße mich los. »Nein, hör auf, Fin … warte …«

Ich sehe ihn an, und er blickt mich genauso verwirrt an wie ich ihn, und irgendwie, irgendwie weiß ich genau, was er gleich sagen wird.

»Scar, ich habe eindeutig ein Gefühl von …«

»Déjà-vu.«

Er blinzelt. »… das ist Französisch.«

»Du kannst kein Französisch«, sage ich, und mir dreht sich der Magen um.

Er löst sich von mir, das Deck scheint unter meinen Füßen zu schwanken, und während er sich umsieht, habe ich das Gefühl, einen großen Klumpen Eis im Bauch zu haben. Noch stehen wir im Korridor vor dem Maschinenraum, noch ist die Luft erfüllt vom scharfen Gestank von verbranntem Plastahl, verschmorten Kabeln und Rauch. Als ich durch das Sichtfenster gucke, kann ich sehen, was von den Triebwerken noch übrig ist, und ich weiß, ich kenne mich da nicht so aus, aber dieser Ort, dieses Gespräch, irgendwie …

»Was zum Teufel, Fin …?«

Mit gerunzelter Stirn sagt er: »Das haben wir schon einmal erlebt.«

»Aber … das kann nicht sein …«

Er hebt eine blasse Augenbraue, und trotz allem ringt er sich noch ein Lächeln ab. »Scar, glaub mir, ich habe mir schon so oft vorgestellt, dich zu küssen, dass ich es auf jeden Fall merke, wenn ich es zweimal am selben Tag gemacht habe.«

Eine Stimme kommt über Funk. »Scarlett? Finian?«

»Zila?«

»Ist bei euch … alles gut?«

»Ich habe keine Ahnung.« Finian presst die Kiefer zusammen, und dann wird seine Stimme fester. »Hör mal … das klingt vielleicht verrückt, aber ist auf deinem Bildschirm eventuell gerade eine alte, ramponierte Raumstation zu sehen? Ein Sturm aus Dunkler Materie? Und ein terranisches Kampfschiff, das droht, uns in unsere traurigen kleinen Einzelteile zu sprengen?«

»Soll ich das so verstehen, dass du gerade das Gefühl hast, diesen Augenblick schon einmal erlebt zu haben?«

Fin sieht mich an, die Lippen zusammengepresst.

»Beim Schöpfer …«, flüstere ich.

»Wir sind gleich bei dir«, sagt Fin.

Das Adrenalin, das durch meinen Körper pumpt, weil wir fast gestorben sind, uns fast geküsst haben und dann eindeutig nicht gestorben sind, uns aber eindeutig geküsst haben, wird nun durch das Gefühl ersetzt, etwas zu erleben, was schlichtweg unmöglich ist. Meine Beine fühlen sich an wie Pudding, meine Gedanken rasen. Aber ich strecke Fin meine Hand hin, und zusammen rennen wir den Korridor zum Cockpit entlang. Wieder finden wir Zila im Pilotensitz vor, wieder sieht sie etwas mitgenommen aus. In einem Meer sternenloser Dunkelheit kann ich die schrottige Raumstation sehen und die wütende terranische Pilotin.

Wieder.

Wieder.

Aber anstatt ein winziges bisschen unsicher zu klingen, ist die Pilotin jetzt völlig von der Rolle. »Was in drei Teufels Namen geht hier vor?«

Zila sieht Finian an und kaut dabei auf einer ihrer langen Locken rum.

»Eine zeitliche Verzerrung?«, sagt Fin.

»Eine bessere Erklärung fällt mir nicht ein«, antwortet sie.

»Scheeeeiiiße«, flüstert er. »Der Ouroboros-Effekt?«

»Das ist reine Theorie.« Unser Brain schüttelt den Kopf, wirft einen Blick auf die Raumstation, kurz flackert ein violettes Licht in dem dunklen Sturm dahinter auf. »Und trotz unseres Kurses in Temporaler Mechanik an der Academy hätte ich das für undenkbar gehalten.«

»Hört mal«, sage ich und werfe den beiden einen wütenden Blick zu. »Den einzigen Kurs in Temporaler Mechanik, den ich je besucht habe, habe ich damit verbracht, mit Jeremy und Jonathan McClain zu flirten …

(Exfreund Nr. 35 und Nr. 36. Pro: Eineiige Zwillinge, insofern war einer heißer als der andere. Kontra: Eineiige Zwillinge, insofern waren sie im Dunkeln leicht zu verwechseln. Ups.)

»… und falls es euch noch nicht aufgefallen ist, ist da eine sehr verärgerte Pilotin …«

Das Funkgerät knistert und schneidet mir das Wort ab.

»Das hier ist terranisches Sperrgebiet«, sagt die eben erwähnte Pilotin. »Ihr habt fünfzehn Sekunden Zeit, den Sicherheitscode zu vermitteln, oder ich schieße!«

»Wir scheinen gerade eine zeitliche Verzerrung zu erleben, Scarlett«, erklärt Zila. »Du, ich, Finian, unser Schiff … so absonderlich es auch klingt, scheinen wir wieder und wieder dieselben Minuten zu durchleben.«

»Zehn Sekunden!«

»Es ist eine Zeitschleife, Scar«, sagt Fin. »Wir befinden uns in einer Art Zeitschleife.«

»Die mit unserem Tod endet.« Zila nickt. »Und dann sind wir wieder in dem Moment, in dem wir angekommen sind. Wie der Ouroboros. Die Schlange aus der ägyptischen und griechischen Mythologie, die sich in den eigenen Schwanz beißt.«

Ich sehe die beiden böse an. »Das ist unmöglich.«

»Es ist äußerst unwahrscheinlich«, stimmt Zila zu. »Aber sobald man das Unmögliche ausgeschlossen hat, ist das, was übrig bleibt, egal wie unwahrscheinlich …«

»Ich habe euch gewarnt«, spuckt die Pilotin. »Ich werde jetzt schießen!«

Um uns herum ertönen überall Alarmsirenen, rote Lichter blinken, und syldrathische Schriftzeichen leuchten auf, und ein Lautsprecher bellt:

»ACHTUNG, ACHTUNG: RAKETE IM ANFLUG.«

Eine winzige Lichtspur taucht auf unseren Radarschirmen auf. Ich sehe die anderen an. Wir haben keine Triebwerke. Keine Steuerung. Keine Abwehr.

»Hab keine Angst«, sagt Zila.

»Es tut nicht wirklich weh«, murmelt Fin.

Meine Hand greift nach seiner, kalt und hart spüre ich die Angst in meinem Bauch.

»Wehe, das stimmt nicht«, atme ich.

»Tja, falls nicht … wollen wir noch ein bisschen knutschen?«

BUMM!

2.3Scarlett

Schwarzes Licht brennt. Ich kann den Klang schmecken, während alles um mich herum auseinandergerissen wird und wieder zusammen, zusammen und zusammen …

»Scar?«

Ich öffne die Augen und sehe vor mir ein anderes Augenpaar.

Finian.

»Was …?«, frage ich.

»Das …«, sagt Fin.

»Scheiße«, murmeln wir beide gleichzeitig.

Ich sehe mich um, und wieder krabbelt mir das Déjà-vu-Gefühl über den Rücken. Wir stehen wieder vor dem Maschinenraum. Und Freude über Freude, wir sind tatsächlich noch am Leben.

Wieder.

Ich sehe Finian an, und obwohl das alles nicht sein kann, bin ich mir immer noch bewusst, wie eng wir beieinanderstehen. Ein wiiiinziger Teil von mir erinnert sich noch an das letzte Mal, als wir das gemacht haben, als dieser bleiche, schöne Junge mich in etwa fünf Sekunden küssen wird. Aber der Rest von mir, der vernünftige Teil, brüllt gerade meine weiblichen Reize an, endlich Ruhe zu geben, denn wen interessiert das, wenn wir das bereits getan haben, Eierstöcke, die Sache ist die, WIR HABEN DAS BEREITS GETAN.

»Was zum Teufel, Finian«, flüstere ich.

»Finian?«, knistert eine Stimme. »Scarlett?«

Fin drückt auf das Funkgerät, spricht schnell. »Wir sind da, Zila.«

»Wieder«, sage ich.

»Ich schlage vor, dass ihr schleunigst nach oben kommt. Schnell.«

Das ist alles so undenkbar, dass sich meine Beine in Pudding verwandeln, meine Gedanken rasen, während Fin nach meiner Hand greift und wir den Korridor zum Cockpit rennen. Wieder finden wir Zila im Pilotensitz vor, die siedende Dunkelheit, das flüchtige Aufblitzen, die Raumstation. Alles ist genauso wie beim letzten Mal, und beim Schöpfer, wir haben das alles schon einmal gemacht, WIR HABEN DAS ALLES SCHON EINMAL ERLEBT.

Aber dieses Mal …

»Wo ist die Pilotin?«, fragt Fin. »Die Terranerin, die auf uns geschossen hat?«

»Ihr Schiff ist da draußen«, Zila nickt. »Ich kann es auf unserem Radar sehen. Aber sie hat keinen Funkkontakt hergestellt.«

»Wartet …« Ich starre Zila und Fin an, und meine Gedanken rasen so sehr, dass mir der Kopf weh tut. »Du … Ich dachte, du hättest gesagt, wir wären in einer Zeitschleife.«

»Ja, das ist die plausibelste Erklärung angesichts der gegenwärtigen Datenlage.«

»Aber sollte sie uns dann nicht inzwischen angebrüllt haben, um den Sicherheitscode zu bekommen? Sollte sie nicht wieder und wieder das Gleiche tun?«

Zila kaut auf ihren Haaren rum und starrt auf den winzigen Punkt auf unserem Radarschirm. Sie tippt schnell etwas in das flackernde Bedienfeld und murmelt etwas vor sich hin.

»Interessant.«

Die Alarmsirenen erwachen zum Leben, Lichter blinken, syldrathische Schriftzeichen leuchten auf, und ein Lautsprecher bellt.

»ACHTUNG, ACHTUNG: RAKETE IM ANFLUG.«

»O Schöpfer, nicht schon wieder …«, murmele ich.

Meine Hand greift nach Finians.

Er drückt sie fest und sieht mir in die Augen.

Zila starrt auf das Kampfschiff auf dem Radar und kaut noch immer auf ihrer Haarlocke rum.

»Sehr interessant.«

BUMM.

2.4Scarlett

Schwarzes Licht brennt, während alles auseinandergerissen wird und wieder zusammen und zusammen …

»Scar?«

Finian.

Ich schaue ihm in die Augen, während es um uns herum dunkel wird. Die Alarmsirenen ertönen, das inzwischen allzu vertraute Bellen kommt aus dem Lautsprecher, und mir rutscht das Herz in die Hose.

»ACHTUNG, ACHTUNG: RAKETE IM ANFLUG.«

»Okay«, seufze ich. »Jetzt bin ich echt durch mit diesem Tag.«

»Scarlett? Finian?«

»Wir sind hier, Zila«, meldet sich Fin zu Wort.

»Die Pilotin ist kurz davor, wieder auf uns zu schießen. Diesmal war sie noch schneller.«

»Hör mal«, zische ich ins Funkgerät und versuche, nicht einfach loszuschreien, bis meine Stimme in eine Million Bestandteile zerfällt, zusammen mit dem Rest meines Körpers. »Vielleicht habe ich mich nicht mit Temporaler Mechanik beschäftigt, vielleicht bin ich einfach blöd, aber wenn wir in einer Zeitschleife gefangen sind, sollte dann alles um uns herum nicht exakt genauso ablaufen?«

»Meine Messwerte stimmen damit überein«, sagt Zila. »Die gravitatonischen Ausbrüche in dem Sturm, die Energiesignaturen, die Quantenfluktuation – alles an dieser Situation ist jedes Mal genau gleich.«

Ich spüre die prickelnde Spannung, als Fins Fingerspitzen meine berühren. »Du weißt, dass du nicht blöd bist«, sagt er mir. »Ich weiß nicht, warum du dich immer so runtermachst.«

Ich sehe auf das graue Metall um uns herum. Die blinkenden Kugeln, die sich in den großen, schönen Augen des Jungen widerspiegeln, der meine Hand hält. Und dann sehe ich es.

Denn, ja, ich mag nicht das Brain dieses Squads sein. Aber wenn wir tatsächlich in dieser Zeitschleife gefangen sind und uns jedes Mal anders verhalten und diese schießwütige Pilotin da draußen sich auch jedes Mal anders verhält, dann gibt es nur eine Erklärung.

Sobald man das Unmögliche ausgeschlossen hat, ist das, was übrig bleibt, egal wie unwahrscheinlich, die Wahrheit.

»Die Pilotin steckt zusammen mit uns in der Zeitschleife«, sage ich.

»Du bist eben mehr als ein hübsches Face.« Fin lächelt.

»Sehr lustig.«

Sein Lächeln verblasst etwas, als ich auf seine Lippen blicke. Und als ich meinen Mund an seinen drücke, als er mich zurückküsst, wird mir klar, dass es schlimmere Arten gibt zu sterben, wieder und wieder und wieder.

BUMM.

3Tyler

»TYLER!«

Um mich herum sind die Wände aus Regenbogen.

Unter mir bebt der Boden.

Ich habe den Mund voller Blut, und über mir ragt ein Schatten auf, so gewaltig und tief und dunkel, dass ich weiß, er wird die Galaxis verschlingen, wenn ich es zulasse.

Das muss ich verhindern …

Ein syldrathisches Mädchen kniet über mir, wie ein Heiligenschein strahlt hinter ihr kaleidoskopisches Licht. Sie ist schön. Strahlend. Jünger als ich, und doch irgendwie älter, und ihre Augen sind violett, und ihr Haar sieht aus wie gesponnenes Gold, und ich weiß, dass sie mir alles bedeutet, ohne zu wissen, warum.

»TYLER!«

Die Stimme schallt aus meiner Vergangenheit, aber in meine Zukunft hinein – ein anderes Mädchen, das ich mal kannte, aber nie wirklich, schreit jenseits der Grenzen von Zeit und Tod. Und ich weiß, dass sie versucht, mir etwas Wichtiges mitzuteilen, aber das syldrathische Mädchen vor mir streckt ihre Hände nach mir aus, und sie sind voller Blut (meinem Blut), und das goldene Haar tropft rot und …

»… noch kannst du das alles in Ordnung bringen, Tyler Jones …«

»Ich kann nicht …«

»Tyler Jones.«

Vielleicht ist dort nichts.

Dort ist nichts. Ich …

»Tyler Jones!«

Ich öffne die Augen, und grelles Licht durchbohrt meinen Schädel. Angesichts der Silhouette über mir zucke ich zusammen.

Ein syldrathisches Mädchen, wie die aus meinem Traum gerade eben, wunderschön und strahlend. Aber während ihr Haar dort Gold wie das Licht der Sterne war, ist es nun schwarz wie die Nacht, genauso wie der Streifen über ihren Augen und auf ihren geschürzten Lippen.

»Endlich wach«, sagt Saedii und hebt eine dunkle Augenbraue leicht an. »Ich habe mich schon gefragt, ob du den gesamten Krieg verschlafen willst.«

Mein Schädel dröhnt, und das Licht ist viel zu grell. Ich spüre, wie das Brummen der schweren Triebwerke mein Pflegebett erzittern lässt. Auf meinem Arm klebt ein Pflaster, in meinem Mund ist der metallische Geschmack von Wachmachern, und es riecht nach Desinfektionsmittel. Es tut ein wenig weh zu atmen.

Mir wird klar, dass ich mich auf einem Schiff befinde. Schwarzes Metall. Syldrathisches Design. Aber das Licht ist grau, nicht rot, also sind wir wohl in der Raumfalte …

»B…beim Schöpfer«, huste ich. »W…was ist passiert?«

»Ist das nicht offensichtlich?« Saedii lehnt sich in ihrem Stuhl zurück und hebt ihre langen schwarzen Stiefel, um einen scharfen Absatz auf der Kante meines Pflegebetts abzulegen. »Du bist fast gestorben, Tyler Jones.«

»… wo bin ich?«

»An Bord meines Schiffs. Die Shika’ari. Tja …« Sie blickt sich kurz um und wirft sich einen dicken schwarzen Zopf über die Schulter. »Jedenfalls ist es jetzt mein Schiff.«

»Das Letzte, an das ich mich erinnere … das war der Kampf auf der Kusanagi.« Ich stütze mich auf einem Ellbogen ab, mein Kopf dröhnt wie eine Kriegstrommel. »Wir sind aus unserer Zelle ausgebrochen. Deine Leute haben angegriffen.« Wieder zucke ich zusammen, meine Erinnerung ist verschwommen, der seltsame Traum geht mir noch nach. Ich fühle mich, als wäre ein schwerer Frachter über mich hinweggedonnert.

… noch kannst du das alles in Ordnung bringen …

»Wir sind geflohen … in Fluchtkapseln?«

»Die terranischen Feiglinge auf der Kusanagi haben auf deine Kapsel geschossen.« Saediis spitzer Eckzahn schimmert, als sie höhnisch grinst. »Aber da war ich schon an Bord der Shika’ari. Unser Abwehrschild hat ihre Rakete abgefangen, bevor sie dich treffen konnte. Aber dadurch, dass sie in nächster Nähe explodiert ist, wurde deine Kapsel manövrierunfähig, das Lebenserhaltungssystem war zerstört. Du warst kurz davor zu sterben, als wir dich gerettet haben.«

Sie hebt eine geschwungene schwarze Augenbraue.

»Aber wir haben dich gerettet.«

Unsere Blicke treffen sich, ihre Augen sind schwarz umrandet, ihre dunkelviolette Iris zerfließt zu Grau. Ihre Gesichtszüge sind scharf gezeichnet, vollkommen ebenmäßig, kalt und gebieterisch.

»Du hast mir das Leben gerettet.«

Sie neigt den Kopf. »So wie du auch mein Leben gerettet hast.«

Da spüre ich ihre Gedanken. Ein vorsichtiger Versuch, um sicherzugehen, dass alles, was wir in der Gefängniszelle an Bord der Kusanagi miteinander geteilt haben, auch wahr ist. Ihre Enthüllung über das syldrathische Blut, das durch meine Adern fließt, sitzt wie ein kalter Splitter in meinem Kopf. Gedanken an die Wegewanderin, die meine Mutter war und von der mir mein Vater nie erzählt hat, wirbeln wie Rauch.

Ich kann mich an die anderen Wahrheiten erinnern, die wir geteilt haben. Die Wahrheit über ihre Herkunft. Der Name ihres Vaters. Die Lügen ihres Bruders. Aber bevor ich mich über den Verrat meines Freundes aufregen kann, wandern meine Gedanken von Kal zu Auri und dann zu Scarlett und …

»Die Erde«, zische ich und setze mich auf. »Die Ungebrochenen befinden sich im Krieg mit der Erde.«

»Ja.«

»Wir müssen sie aufhalten! Ein Krieg in der Galaxis ist genau das, was das Ra’haam will.«

Saedii zuckt mit den Schultern, schürzt die schwarzen Lippen. »In diesem Fall ist das Glück uns hold.«

»Wo zum Teufel sind wir eigentlich?« Ich stehe vom Bett auf und mir schwindelt, als ich auf die Füße komme. »Wir müssen …«

Saedii steht auf. Sie ist so groß, dass wir fast auf Augenhöhe sind. Sie legt eine Hand auf meine Brust und bringt mich zum Stehen. Ich kann ihr Haar riechen, den Duft von Leder und Lias-Blumen und Spuren von Blut. Ich kann mich erinnern, wie sie mich auf die Wange geküsst hat, als wir uns verabschiedet haben. Wie sich mich angesehen hat, ihre Stimme in meinem Kopf, als ich ihre Flucht ermöglicht habe.

»Du bist mutig, Tyler Jones. Ein aufrichtiger Mann.«

»Wir leiten gerade den taktischen Rückzug ein. Der Kampf mit der Kusanagi war verlustreich. Nur die Shika’ari und ein weiterer Kreuzer sind uns erhalten geblieben. Und beide Schiffe haben erheblichen Schaden genommen.«

»Ich muss mit meinen Leuten vom Aurora-Kommando sprechen«, beharre ich. »Mit Admiral Adams und Battle Leader de Stoy. Das Schicksal der gesamten Galaxis …«

»Du solltest dich um dein eigenes Schicksal kümmern, Terraner. Und nicht um das der Galaxis.« Ihre Hand auf meiner Brust bewegt sich, drückt fester zu. »Schließlich bist du jetzt mein Gefangener. Und deine Leute waren nicht besonders gastfreundlich, als ich bei ihnen war. Mein gesamter Führungsstab ist der Meinung, ich hätte dich in der Fluchtkapsel sterben lassen sollen.«

Ich erinnere mich an meine letzten Minuten in Gefangenschaft. An die Konfrontation in der Nähe der Kapseln, an diese Augen, einst braun und nun blau, an diesen bohrenden Blick. An die Absichten des Feindes, an die Stimme einer Freundin, die mich anfleht zu bleiben.

Tyler, geh nicht …

Cat …

Ich liebe dich, Tyler.

Saedii sieht mich forschend an. Ihre Hand liegt noch auf meiner Brust. Ich kann ihre warme Haut unter der terranischen Uniform spüren, die ich gestohlen habe. Sie hat sich die Zeit genommen, wieder die Uniform der Ungebrochenen anzuziehen – stilvolles, scharfes Schwarz mit noch schärferen Kurven darunter. Ich kann mich noch an ihren Anblick in der Abstellkammer erinnern, wenn ich es versuche, als sie sich bis auf die Unterwäsche ausgezogen hat, aber ich will es nicht versuchen. Denn die, die das Blut der Wegewanderer in den Adern haben, können gegenseitig ihre Gedanken lesen, und das Letzte, an das ich jetzt denken möchte, ist …

»Was ist mit der Kusanagi passiert?«

»Sie hat den Rückzug angetreten, nachdem sie schwer beschädigt wurde.« Sie neigt den Kopf zur Seite. »Warum interessiert dich das überhaupt?«

»Auf dem Schiff waren Terraner«, antworte ich. »Meine Leute.«

»Geht es dir um deine Leute? Oder um deine Geliebte?«

Tyler, geh nicht …

»Cat ist nicht meine …«

»Aber sie war es.«

Ich nicke, muss schlucken. »Aber das ist nicht mehr Cat.«

»Hmmm.«

Saedii rückt näher an mich heran, wiegt sich wie eine Schlange und beobachtet mich durch den Schleier ihrer langen schwarzen Wimpern. Wenn ich es versuche, dann kann ich es in ihr spüren – den Rausch der Schlacht, der wir gerade entkommen sind, den Nervenkitzel, den ihr der Geruch von Blut und Rauch und Feuer bereitet. Fast so, als sei sie … davon betrunken. Ich weiß, dass gerade viel Wichtigeres auf dem Spiel steht, aber ein Teil von mir kommt nicht umhin zu bemerken, wie gut sie aussieht, erinnert sich daran, wie wir Seite an Seite gekämpft, wie ihre Augen geleuchtet haben, und mir schlägt das Herz bis zum Hals.

Saedii drückt ihre Fingerspitzen in meine Brust.

»Bei uns Wildgeborenen gibt es ein Sprichwort, Tyler Jones. Anai la’to. A’le sénu.«

»Ich spreche kein syldrathisch.« Finster blicke ich auf ihre langen schwarzen Fingernägel, die nun fest gegen meine Haut drücken. »Und das tut weh.«

»Lebe für den Moment«, übersetzt sie. »Denn morgen werden wir sterben.« Sie kratzt mit ihren Fingern über meine Brust, und ihre Nägel bleiben am Stoff hängen. »Wir, die wir für den Krieg geboren wurden, verschwenden unsere Zeit nicht mit Belanglosigkeiten. Die Große Weite weiß, wann unsere Zeit zu Ende geht.«

Ich nicke und versuche, nicht an ihren Körper zu denken, der sich jetzt gegen meinen drückt. »Wir haben auch so ein Sprichwort. Carpe Diem. Nutze den Tag.«

Ihre schwarzen Lippen verziehen sich zu einem Lächeln. »Unseres ist besser.«

Ich zucke zusammen, als ihre Fingernägel sich tiefer in meine Haut graben. »Hör auf.«

»Dann zwing mich doch.«

»Ich meine es ernst«, knurre ich und schiebe ihre Hand weg.

Als meine Haut ihre berührt, greift sie blitzschnell nach meinem Handgelenk.

Ich keuche, als ein plötzlicher Schmerz meinen Arm hochschießt, der mich meinen brummenden Schädel vergessen lässt. Sie versucht, mir die Arme auf den Rücken zu biegen. Ich mache mich frei und gehe mit erhobenen Händen ein Stück zurück. »Saedii, was zum Teufel ist los …«

Aber bevor ich den Satz beenden kann, schließt sie auf, ihr Lächeln verwandelt sich in ein Zähnefletschen und übt einen Scheinangriff auf mein Gesicht aus. Und schneller als ich gucken kann, legt sie die Hände auf meine Schultern und versucht, ihr Knie zwischen meine Beine zu rammen.

Zum Glück hat Saedii das schon ein paarmal mit mir abgezogen – da hatten meine Jungs kein Glück, aber, tja, man lernt nie aus. Instinktiv wehre ich ihren Tritt ab.

»Bist du verrückt geworden?«, will ich wissen.

Sie zieht die Faust zurück, um mich zu schlagen, aber ich verlagere mein Gewicht und weiche aus. Ich nutze ihren Schwung aus, stoße sie in den Rücken und sorge so dafür, dass sie in die Wand kracht. Wütend wirbelt sie herum.

Ihr Tritt trifft mich im Solarplexus, und ich stolpere über das Pflegebett, knalle auf den Boden und grunze, als ein schweres Gewicht auf mir landet.

Saedii sitzt rittlings auf meiner Brust und drückt meine Handgelenke nach unten. Wie ein schwarzer Vorhang fallen ihr die Zöpfe übers Gesicht, als sie sich über mich beugt, mit zischendem Atem. Ihre blasse Haut ist violett verschmiert, und erschrocken stelle ich fest, dass ihre Lippe aufgeplatzt ist. »Beim Schöpfer, das tut mir leid, ich …«

Und mir verschlägt es die Sprache, als sie, ohne Vorwarnung, ihren Mund auf meinen drückt.

Mir rasen etwa tausend Gedanken auf einmal durch den Kopf. Ich erinnere mich daran, dass das die Frau ist, die abgetrennte Daumen früherer Verehrer um den Hals trägt, nur so aus Jux. Wildgeborene, zum Blutvergießen erzogen, Tochter des Sternentöters höchstselbst. Ich erinnere mich daran, dass sich die Ungebrochenen mit Terra im Krieg befinden und dass ich – theoretisch – hier ein Gefangener bin, sie hat mich erobert, sie ist mit mir verfeindet. Da draußen tobt ein Krieg um die gesamte Galaxis, und hier, auf mir, liegen zwei Meter einer syldrathischen Kriegerprinzessin.