Ausgeliefert – Verführt von einem Rebellen - Meagan McKinney - E-Book
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Ausgeliefert – Verführt von einem Rebellen E-Book

Meagan McKinney

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Beschreibung

Heiß begehrt und von Verlangen verzehrt: Das Romance-Highlight »Ausgeliefert – Verführt von einem Rebellen« von Meagan McKinney als eBook bei dotbooks. Drei Männer, wie sie unterschiedlicher kaum sein könnten – doch eines haben sie gemeinsam: Sie sind nicht die, für die sie sich ausgeben! Vom ersten Moment an fühlt sich die junge Aurora zu dem attraktiven Vashon hingezogen – doch kann sie einem berüchtigten Piraten wie ihm wirklich trauen? Die schöne Ravenna hegt ähnliche Zweifel, als ausgerechnet der Mann, der sie einst verschmähte, alles daran setzt, ihr widerspenstiges Herz zum Schmelzen zu bringen … Als gefährliche Banditen ihre Kutsche überfallen, ist auch die eigensinnige Lady Christabel hin und hergerissen: Zwischen der Angst, dass ihre wahre Identität enttarnt wird, und dem unbändigen Verlangen, das sie ergreift, als sie in die Augen des geheimnisvollen Anführers blickt … Jetzt als eBook kaufen und genießen: In »Ausgeliefert – Verführt von einem Rebellen« von Meagan McKinney erhalten Sie mit »Die Leidenschaft des Piraten«, »Der Lord und die Schöne« und »Der Outlaw und die Lady« gleich drei historische Liebesromane im Sammelband! Lesen ist sexy: venusbooks – der erotische eBook-Verlag.

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Seitenzahl: 1656

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INHALT

Erstes Buch: Die Leidenschaft des Piraten

Der Pirat

Prolog

Die Heldin

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Kapitel 10

Kapitel 11

Kapitel 12

Kapitel 13

Kapitel 14

Kapitel 15

Kapitel 16

Kapitel 17

Kapitel 18

Mirage

Kapitel 19

Kapitel 20

Kapitel 21

Kapitel 22

Kapitel 23

Kapitel 24

Kapitel 25

Kapitel 26

Kapitel 27

Der Waffenstillstand

Kapitel 28

Kapitel 29

Kapitel 30

Der gezähmte Drache

Kapitel 31

Zweites Buch: Der Lord und die Schöne

Teil 1

Beltaine

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Teil 2

Kapitel 5

Kapitel 6

Teil 3

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Kapitel 10

Kapitel 11

Kapitel 12

Kapitel 13

Kapitel 14

Kapitel 15

Kapitel 16

Kapitel 17

Kapitel 18

Kapitel 19

Kapitel 20

Kapitel 21

Kapitel 22

Kapitel 23

Kapitel 24

Kapitel 25

Teil 4

Kapitel 26

Kapitel 27

Kapitel 28

Epilog

Drittes Buch: Der Outlaw und die Lady

DANKSAGUNGEN

Wearing of the Gray

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Kapitel 10

Kapitel 11

Kapitel 12

Kapitel 13

Kapitel 14

Kapitel 15

Kapitel 16

Kapitel 17

Kapitel 18

Kapitel 19

Kapitel 20

Kapitel 21

Kapitel 22

Kapitel 23

Kapitel 24

Kapitel 25

Kapitel 26

Kapitel 27

Kapitel 28

Kapitel 29

Kapitel 30

Lesetipps

Über dieses Buch:

Drei Männer, wie sie unterschiedlicher kaum sein könnten – doch eines haben sie gemeinsam: Sie sind nicht die, für die sie sich ausgeben!

Vom ersten Moment an fühlt sich die junge Aurora zu dem attraktiven Vashon hingezogen – doch kann sie einem berüchtigten Piraten wie ihm wirklich trauen? Die schöne Ravenna hegt ähnliche Zweifel, als ausgerechnet der Mann, der sie einst verschmähte, alles daran setzt, ihr widerspenstiges Herz zum Schmelzen zu bringen … Als gefährliche Banditen ihre Kutsche überfallen, ist auch die eigensinnige Lady Christabel hin und hergerissen: Zwischen der Angst, dass ihre wahre Identität enttarnt wird, und dem unbändigen Verlangen, das sie ergreift, als sie in die Augen des geheimnisvollen Anführers blickt …

Über die Autorin:

Meagan McKinney, geboren 1961, ist studierte Biologin. Diese Karriere ließ sie jedoch schon früh hinter sich, um sich voll und ganz dem Schreiben von historischen Liebesromanen zu widmen. Heute lebt sie mit ihren zwei Kindern in New Orleans.

Die Autorin veröffentlicht bei venusbooks auch den folgenden Titel:Der Rebell und die Lady

***

eBook-Sammelband-Originalausgabe Dezember 2018

Ein eBook des venusbooks Verlags. venusbooks ist ein Verlagslabel der dotbooks GmbH, München.

Die in der Sammlung enthaltenen Romane erschienen bereits 1992, 1995 und 1994 unter den Titeln Wenn die Liebe das Dunkel besiegt, Im Zauberbann der Liebe und Geheimnisvoll wie die Rose bei Gustav Lübbe Verlag GmbH, Bergisch Gladbach und 2016 unter den Titeln Die Leidenschaft des Piraten, Der Lord und die Schöne und Der Outlaw und die Lady bei venusbooks.

Copyright © der amerikanischen Originalausgaben 1991, 1994 und 1993 by Ruth Godman

Die amerikanischen Originalausgaben erschienen 1991, 1994 und 1993 unter den Titeln Till Dawn Tames the Night,The Ground She Walks Upon und Fair is the Rose bei Bantam Doubleday Dell Publishing Group, Inc.

Copyright © der deutschsprachigen Erstausgaben 1992, 1995 und 1994 Gustav Lübbe Verlag GmbH, Bergisch Gladbach

Copyright © der Neuausgaben 2016 dotbooks GmbH, München

Copyright © der Sammelband-Originalausgabe 2018 dotbooks GmbH, München

Copyright © der Sammelband-Lizenzausgabe 2018 venusbooks GmbH, München

Copyright © der aktuellen eBook-Sammelband-Originalausgabe 2020 venusbooks Verlag. venusbooks ist ein Verlagslabel der dotbooks GmbH, München.

Dieses Werk wurde vermittelt durch die Literarische Agentur Thomas Schlück GmbH, 30161 Hannover.

Alle Rechte vorbehalten. Das Werk darf – auch teilweise – nur mit Genehmigung des Verlages wiedergegeben werden.

Titelbildgestaltung: Wildes Blut, Atelier für Gestaltung, Stephanie Weischer unter Verwendung mehrerer Bildmotive von © Shutterstock / Halay Alex / Partyk Kosmider / GoodMoodPhoto und © Pixabay / Frank Winkler

eBook-Herstellung: Open Publishing GmbH (aks)

ISBN 978-3-95885-645-5

***

Liebe Leserin, lieber Leser, wir freuen uns, dass Sie sich für dieses eBook entschieden haben. Bitte beachten Sie, dass Sie damit ausschließlich ein Leserecht erworben haben: Sie dürfen dieses eBook – anders als ein gedrucktes Buch – nicht verleihen, verkaufen, in anderer Form weitergeben oder Dritten zugänglich machen. Die unerlaubte Verbreitung von eBooks ist – wie der illegale Download von Musikdateien und Videos – untersagt und kein Freundschaftsdienst oder Bagatelldelikt, sondern Diebstahl geistigen Eigentums, mit dem Sie sich strafbar machen und der Autorin oder dem Autor finanziellen Schaden zufügen. Bei Fragen können Sie sich jederzeit direkt an uns wenden: [email protected]. Mit herzlichem Gruß: das Team des venusbooks-Verlags

***

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***

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Meagan McKinney

Ausgeliefert – Verführt von einem Rebellen

Drei Romane in einem eBook

venusbooks

Inhalt

Erstes Buch: Die Leidenschaft des Piraten

Der Pirat

Prolog

Die Heldin

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Kapitel 10

Kapitel 11

Kapitel 12

Kapitel 13

Kapitel 14

Kapitel 15

Kapitel 16

Kapitel 17

Kapitel 18

Mirage

Kapitel 19

Kapitel 20

Kapitel 21

Kapitel 22

Kapitel 23

Kapitel 24

Kapitel 25

Kapitel 26

Kapitel 27

Der Waffenstillstand

Kapitel 28

Kapitel 29

Kapitel 30

Der gezähmte Drache

Kapitel 31

Zweites Buch: Der Lord und die Schöne

Teil 1

Beltaine

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Teil 2

Kapitel 5

Kapitel 6

Teil 3

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Kapitel 10

Kapitel 11

Kapitel 12

Kapitel 13

Kapitel 14

Kapitel 15

Kapitel 16

Kapitel 17

Kapitel 18

Kapitel 19

Kapitel 20

Kapitel 21

Kapitel 22

Kapitel 23

Kapitel 24

Kapitel 25

Teil 4

Kapitel 26

Kapitel 27

Kapitel 28

Epilog

Drittes Buch: Der Outlaw und die Lady

DANKSAGUNGEN

Wearing of the Gray

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Kapitel 10

Kapitel 11

Kapitel 12

Kapitel 13

Kapitel 14

Kapitel 15

Kapitel 16

Kapitel 17

Kapitel 18

Kapitel 19

Kapitel 20

Kapitel 21

Kapitel 22

Kapitel 23

Kapitel 24

Kapitel 25

Kapitel 26

Kapitel 27

Kapitel 28

Kapitel 29

Kapitel 30

Lesetipps

Erstes Buch: Die Leidenschaft des Piraten

Roman

Aus dem Amerikanischen von Dorothee von der Weppen

Für Tommy 1. Januar 1990

Oh, sei still, mein Baby, die Zeit wird bald kommen

Und dein Schlaf wird genommen von Trompete und Trommel.

Deshalb sei still, mein Liebling, schlaf, noch kannst du

Denn der Kampf kommt, wenn du ein Mann bist und am Tage wirst wachen.

Sir Walter Scott (1771 – 1832)

Der Pirat

Er denkt zu viel.

Solche Männer sind gefährlich.

Shakespeare: Julius Caesar

Prolog

1818

LONDON DOCKS

Heute Nacht war nichts los am Green Serpent Yard. Obwohl die vergammelte Kneipe stadtbekannt war für ihren schlechten Gin – und für noch schlechtere Gesellschaft – war sie sonst bei Einbruch der Dunkelheit gerammelt voll. Hier trieb sich ein Pack herum, das kaum je außerhalb von Newgate gesehen wurde und das sich einen Dreck um die Qualität des Alkohols kümmerte. Aber heute Nacht, seltsam genug, war kaum etwas los.

Nur eine kleine Gruppe von fünf Männern saß in der Ecke und trank. Die Männer saßen dicht zusammengerückt und sprachen im Flüsterton. Hin und wieder lachte einer leise auf, war aber schnell wieder ernüchtert durch die Gesichter der anderen. Die, die heute Nacht lachten, lachten allein.

Die Zeit verging, nervöse Blicke wanderten zur Tür, als ob man auf den Teufel höchstpersönlich wartete. Die Männer schienen mehr und mehr ihre Nerven zu verlieren. Und wie um diese zu beruhigen, gossen sie sich den Gin in riesigen brennenden Schlucken die Kehle herunter, dann wischten sie sich ihren Mund mit den Ärmeln ab und bestellten das nächste Glas.

Es herrschte Furcht an diesem Abend. Man sah sie nicht nur in den Gesichtern der Männer und hörte sie an dem Klingen der Zinnbecher; es ging auch ein überwältigender Gestank von diesen ungewaschenen Kerlen aus und vom verschmutzten Stroh, das den Boden bedeckte. Sogar die Ratten schienen zu spüren, daß etwas in der Luft lag. Immer wieder kamen sie aus ihren Schlupfwinkeln hervor, um nachzuschauen, was diese Stille zu bedeuten hatte. Sie hoben ihre Vorderbeine, schnüffelten und verschwanden schnell wieder in ihren Löchern.

»Was, wenn er uns nicht glaubt, Murdoch? Was, wenn er uns alle abmurkst? Ich weiß ja, es geht ums Gold, aber man sagt, daß Vashon so schnell einen Kerl umlegt, wie er ihn anschaut.« Ein älterer Mann in der Gruppe hob die Stimme. »Auch wenn ich schon lange lebe, ich weiß einfach nicht, ob ich bereit bin, heute Nacht schon zu gehen …«

»Und was ist mit dem Drachen?« winselte ein anderer seinen Boß an. »Ich hab’ gehört, der gibt ihm übernatürliche Kräfte! Ich hab’ Geschichten über diesen Piraten gehört, die gruseln einer Nonne die Jungfernschaft raus!«

»Wir sind Idioten, hier zu sein! Er wird unsere Information nicht wollen! Er hat mehr Kehlen aufgeschlitzt, als ich zählen kann!« Mutig vom Gin, schlug dieser Mann mit der Faust auf den Tisch.

»Als du zählen kannst? Als du zählen kannst!« Ihr Anführer Murdoch, ein unflätig aussehender Mann von fünfzig, stand nun auf. »Ihr blöden gelben Hunde! Ihr könnt doch nicht mal bis drei zählen!« Angewidert blickte er von einem zum andern. »Ich brauch’ heute Nacht keine Jammerlappen! Wer nicht den Mut hat zu bleiben, der soll gehen! Aber denkt nicht, daß ihr dann auch nur einen Goldtaler bekommt!« Mit diesen Worten hob er den Tisch und schmiß ihn zu Boden. Glas zersplitterte, und die Tischplatte riß.

Nach diesem Ausbruch hörten die Speichellecker auf, sich zu beklagen. Empört ging der Gastwirt auf Murdoch zu, aber als dieser sich zu ihm umdrehte, blieb er vor Schreck wie angewurzelt stehen.

»Wenn dir dein Leben lieb ist, Jack, hältst du dich besser raus.« Murdoch öffnete seinen Mantel und ließ seine Pistole sehen, die im Taillenbund der Hose steckte.

Ohne ein weiteres Wort zog sich der Wirt zurück.

»Nun«, sagte Murdoch und wandte sich wieder seinen Leuten zu, »wer bleibt und wer geht?«

»Der einzige Weg, uns zum Gehen zu bewegen, wäre Vashons Messer in den Eingeweiden.« Einer der Männer hob den Kopf. Seine blassen blauen Augen blickten geistesabwesend an seinem Anführer vorbei. Ein verrücktes Lächeln umspielte seine Lippen, und er begann zu lachen. »Deshalb schätze ich, werden wir bleiben!«

»Das ist richtig«, gab Murdoch zurück. Gerade wollte er einen seiner Männer nach einer weiteren Runde Gin losschicken, als ein Schatten über ihn fiel. Er blickte auf.

»V-Vashon«, würgte er hervor und rappelte sich auf. Sofort taten es ihm seine Leute nach, und alle starrten sie den Dämon vor ihnen an. Er hatte sie überrumpelt. Und wenn sie schon verängstigt auf ihn gewartet hatten, nun, wo er da war, waren sie regelrecht verstört.

Unterwürfig sahen sie ihn näherkommen. Obwohl Vashons Aufzug – ein dunkelblauer Gehrock und helle Leder- Breeches – äußerst vornehm und kostbar aussah, erkannten die Männer doch, daß dieser Mann schlechte Gesellschaft war. Er überragte sie alle, mindestens um einen Kopf. Und dennoch war es nicht seine Größe, die ihnen die Angst das Rückgrat hinunterlaufen ließ. Auch nicht sein muskulöser Körper. Es war sein Gesichtsausdruck.

Vashon sah sehr gut aus, ungewöhnlich attraktiv, aber sein Gesicht war hart und gnadenlos. Tief in seinen Augen konnte man lesen, daß er die Welt für einen häßlichen Platz hielt. Und in dieser seiner Welt, einer Welt ohne Schönheit und Frieden, schien er eine große Zerstörungskraft entwickelt zu haben. Auf den ersten Blick war es leicht zu glauben, daß dieser Mann das tun würde, was er tun mußte, egal, wie falsch oder wie brutal es war. Nicht nur seine Pistole, auch der Mann selbst schien hochexplosiv zu sein. Und tödlich.

»Vashon«, stammelte Murdoch. »Ich kann Ihnen gar nicht genug für Ihr Kommen danken. Ich wußte nicht, ob sie wirklich kommen …«

»Wir sind gekommen. Also, was für eine Information habt ihr?«

»Wir?« Murdoch blickte zur Tür. Ein stämmiger Pirat stand dort. Er mußte wohl doppelt so alt sein wie Vashon, aber obwohl sein Haar grau und sein Bauch mit den Jahren dick geworden war, sah man ihm doch an, daß er seine Pistole, mit der er auf Murdochs Kopf zielte, sehr wohl zu gebrauchen wußte.

Murdoch wandte sich wieder Vashon zu. Er würgte: »Würden Sie ein Gläschen mit uns trinken, Gouverneur …?«

»Ich will eure Information. Jetzt.«

Bei diesen Worten hielten alle Männer den Atem an.

Murdoch schluckte wieder und nahm seinen Mut zusammen. Seine Stimme nahm einen bittenden Ton an. »Ich hasse es, Sie damit zu belästigen, Vashon, überhaupt auch nur an so etwas zu denken, aber da wäre noch die Frage des Preises.«

»Ich werde entscheiden, ob das, was du zu sagen hast, etwas wert ist.«

Vashon verschränkte die Arme und lehnte sich gegen die Wand. Er blickte auf Murdoch und dessen Leute, als seien sie nichts weiter wert als eine Horde räudiger Köter.

»Ich werde es Ihnen also sagen«, räumte Murdoch hastig ein. »Ist ja kein Problem. Ich weiß doch, Gouverneur, daß Sie zahlen werden. Sie sind ein Mann ganz nach meinem Herzen. Ich bewundere Sie, ich traue Ihnen –«

»Nun mach schon«, forderte Vashon, offensichtlich angewidert von Murdochs Stiefelleckerei.

»Natürlich, natürlich, Gouverneur!« faselte dieser. »Ich kann kaum erwarten, es Ihnen zu erzählen, weil das, was ich weiß, Ihnen mehr bedeuten wird als all Ihr Gold!«

»Eure Nachricht erwähnte den Stern von Aran. Was wißt ihr über den Smaragd?«

»Ich weiß, wo er ist.«

Vashon versteifte sich. Sein Blick brannte sich in Murdochs Augen. »Wenn du weißt, wo der Stern ist, warum holst du ihn dir dann nicht selbst?«

»N-na ja, es ist ein bißchen komplizierter als …«

Mit unbewegtem Gesicht machte Vashon seinem Mann ein Zeichen. »Isaac, wir verlassen diesen lügenden Idioten.«

»Wartet!« schrie Murdoch und folgte ihnen bis zur Tür. »Ist ja schon gut! Schon gut! Ich weiß nicht, wo der Stein ist! Aber ich weiß, wo der Viscount sucht, und ich weiß, wie sehr Sie den Viscount Blackwell hassen!«

Vashon wandte sich um und griff Murdoch an den Mantelkragen. Allein diese Gebärde reichte aus, um zwei von Murdochs verängstigten Leuten zur Tür springen zu lassen, um in der Nacht zu verschwinden.

»Ich weiß alles über Josiah Peterborough«, teilte Vashon ihm ruhig mit und preßte ihn gegen die Wand, »und ich weiß, wo er sucht. Aber der Stern ist nicht in Irland. Deshalb vergeudet er seine Zeit, genau wie du.« Der Pirat lockerte seinen Griff. Erschrocken rutschte Murdoch auf den Boden.

Vashon wandte sich zum Gehen, und mit ihm schwand Murdochs Hoffnung auf Gold. Verzweifelt rappelte er sich noch einmal auf und griff nach dem Ärmel des Piraten.

»Aber jetzt sucht Blackwell woanders! Er sucht nach dem Mädchen. Und nur ich weiß, wo sie ist!«

Vashon blieb stehen. Kühl drehte er sich um. »Du weißt, wo sie ist?«

»Der Viscount hat erfahren, daß das Mädchen in London sein könnte. Daher versucht er, sie dort aufzuspüren. Er hat allen von ihr erzählt und daß sie ein Medaillon trage. Brightson hier« – Murdoch nickte zu einem seiner Männer hinüber »sah ein Mädchen mit so einem Medaillon und folgte ihr nach Hause. Wir waren drauf und dran, Peterborough die Information zu geben. Aber dann haben wir uns gesagt, Sie hassen ihn so sehr, daß Sie vielleicht mehr zahlen.«

Vashons Augen zogen sich zusammen. »Was plant der Viscount mit dem Mädchen, wenn er es gefunden hat – falls er es findet? Wenn ich mich recht entsinne, war die Kleine erst vier, als ihr Vater starb. Wie sollte sie sich an den Stern erinnern?«

Murdoch zog sich nervös die Ärmel hoch. »Ich weiß nicht, an was sie sich erinnert, Gouverneur, aber ich weiß, daß Blackwell sie will. Und wenn er sie findet, wird er sie entführen. Und bestimmt wissen Sie, daß er nicht viel Federlesen mit ihr machen wird. Fragen Sie Old Danny. Er hat für ihn gearbeitet.« Murdoch zeigte auf den Mann mit den blaßblauen Augen, der ihnen kurz zugrinste und sich dann wieder seinen Fingernägeln widmete.

»Er plant also, sie zu entführen?« fragte Vashon nachdenklich.

»Genau. Und hat Blackwell erst seine Pranken auf ihr, wird sie anderen nicht mehr viel nützen. Das ist sicher.«

»Wo ist das Mädchen?«

»Sie ist in London.«

Der Pirat dachte einen Augenblick nach. Er schien an Murdochs Worten zu zweifeln. Murdoch blickte ihn ängstlich an. Er war auf der Flut –

»Weiter.«

Erleichtert grinste Murdoch. »Also gut. Ich wußte, daß Sie sich für unsere Information interessieren würden. Und der alte Peterborough soll zum Teufel gehen.« Ängstlich bemüht, seine Flaut zu retten, wischte Murdoch mit seinem Mantelärmel über die Bank. Er bot Vashon einen Platz an. »Setzen Sie sich doch, Gouverneur. Es ist doch nicht nötig, daß –«

»Ich sagte, weiter.«

Murdoch wurde blaß und stieß die folgenden Worte hastig hervor. »Sie ist in einem Armenhaus, direkt hier in London – ist dort aufgewachsen, habe ich gehört.«

»Was noch.«

»Na ja …« Murdoch zögerte. Es war offensichtlich, daß er zwar sein Leben liebte, aber Gold noch mehr.

Murdoch nahm sein letztes bißchen Mut zusammen und stotterte: »Ich – ich hasse es, das zu erwähnen, Gouverneur, aber d-da gibt es noch die kleine Nebensächlichkeit mit dem Geld …«

»Ich sagte, weiter.«

Er glotzte Vashon unbehaglich an. »Das Armenhaus wird ›Phipps-Bluefield-Heim für kleine Wanderer‹ genannt. Es liegt zwischen dem Hafen und Goddman’s Fields in Whitechapel. Sie arbeitet dort, hilft den anderen kleinen Jungen und Mädchen, aber wir haben gehört, daß sie nach einer neuen Stelle sucht. Die Eigentümerin ist gerade gestorben – oder so ähnlich.«

»Kennst du ihren Namen?«

Murdoch nickte.

»Dann sag mir ihren Namen, und ich werde wissen, ob ihr das richtige Mädchen habt.«

Ohne Vorwarnung griff Vashon Murdoch an den verdreckten Kragen. Seine Kumpane keuchten entsetzt auf, als der Pirat ihn gewaltsam auf die Füße zog. Als Murdoch wie ein gestochenes Schwein aufschrie, sagte Vashon: »Nenn mir ihren Namen, du Esel, sonst wirst du garantiert noch bedauern, mich hierher gerufen zu haben.«

»Ihr Name ist Aurora! Aurora Dayne!« würgte Murdoch hervor.

Vashon lockerte seinen Griff, und Murdoch stolperte auf den dreckigen Boden, hustete und rieb sich sein Genick. Der Pirat betrachtete ihn einen Moment. Er griff in seinen Mantel, und Murdochs Augen weiteten sich vor Entsetzen. Die Männer suchten nach Deckung. Aber Vashon zog nur einen Sack voller Münzen heraus.

»Das war die richtige Antwort, du Idiot.«

Mit einem zynischen Lächeln ließ Vashon den Beutel auf den Boden neben Murdoch fallen. Dann sagte er zu aller Erleichterung: »Nun, erzähl mir mehr …«

Das Phipps-Bluefield-Heim für kleine Wanderer

Aurora wischte einen kleinen Rußfleck von ihrem Mansardenfenster und blickte hinaus über die Londoner Dächer. Es war Zeit zu gehen, und obwohl sie diesen Moment seit über einem Jahr herbeigesehnt hatte, waren ihre Gefühle nun doch sehr zwiespältig.

»Ich wünschte, du würdest uns nicht verlassen«, murmelte eine Mädchenstimme hinter ihr.

Aurora drehte sich um und lächelte das Mädchen beruhigend an. »Wenn ich nicht ginge, Faith, kämst du nicht in den Genuß meines Zimmers.«

Das Mädchen Faith blickte sich in dem winzigen Raum um. Der Boden, wenn auch ohne Teppich, war sauber gefegt und gewachst; die Wände waren immer noch weiß vom letzten Tünchen. Die Bettücher waren zwar schon ziemlich verschlissen und mehrfach ausgebessert, aber immerhin war das Bett frisch bezogen und ordentlich gemacht. Aurora konnte sehen, daß das Mädchen sehr angetan war.

»Oh, ich möchte nicht, daß du gehst … aber ich schätze den Gedanken, ein eigenes Zimmer zu haben!« brach es aus Faith heraus.

Aurora lachte. »Ich verstehe dich sehr gut. Ich erinnere mich noch, wie paradiesisch mir dieses Zimmer erschien, verglichen mit den Schlafräumen unten bei den Kindern.«

»Wie wird wohl dein neues Schlafzimmer aussehen?«

Faiths Frage überrumpelte Aurora. »Ich – ich weiß wirklich nicht«, stammelte sie. »Ich denke, wenn ich erst einmal dort bin, wird es diesem hier sehr ähnlich sein.«

»Außer daß es sich nicht in einem schäbigen alten Waisenhaus befinden wird! Es wird in einem großen Herrenhaus sein. Und du wirst uns schnell vergessen haben.«

Faiths vorwurfsvoller Blick traf Aurora. Sofort ging sie zu ihr und nahm ihre beiden Hände. »Ich muß gehen. Du weißt, daß ich muß.«

Eine Träne lief über Faiths Wange. Das Mädchen wischte sie schnell fort. »Warum mußte Mrs. Bluefield an Schwindsucht sterben? So ist John Phipps gekommen und hat in einem Jahr alles kaputtgemacht.«

Aurora nahm das Mädchen in ihre Arme, und Faith weinte an ihrer Schulter. Als sie sich schließlich beruhigte, löste sich Aurora von ihr und sagte: »Du weißt, Faith, daß John sich gut um das Heim kümmern wird. Er ist wirklich ein anständiger Mann. Es ist eben nur, daß ich … na ja, ich kann anscheinend nicht mit ihm auskommen.«

»Er ist verrückt.«

»Nein, nein!« rief Aurora aus.

»Doch, das ist er«, widersprach Faith. »Daß du gehst, macht ihn wahnsinnig. Er ist außer sich, seit du ihm gesagt hast, daß du gehen willst.«

Aurora blickte das Mädchen nicht an. Sie wollte Faith widersprechen, aber das war schwer. Oberflächlich gesehen war John ein anständiger junger Mann, rechtschaffen bemüht, das Heim, das er geerbt hatte, gut, wenn nicht besser als vorher zu führen. Aber es gab Zeiten … Zeiten, in denen er ihr unausgeglichen vorkam. Und unglücklicherweise war sie ihm immer mehr aufgefallen als die anderen Mädchen des Heims, und deshalb hatte sie auch mehr von seinem unberechenbaren Charakter mitbekommen.

Sie holte tief Luft und blickte Faith an. »Er würde keinem etwas tun. Das weißt du, Faith. Wenn ich glauben würde, daß er etwas Schlechtes tut, würde ich niemals gehen. John hat es einfach nicht gern, wenn man ›nein‹ sagt, aber wenn ich weg bin, wird er das Heim auf anständige Weise führen, das verspreche ich dir.«

»Ich weiß. Aber ich wünschte, du gingest nicht. Er macht mir angst.«

»Es gibt keinen Grund, Angst zu haben.«

»Er tut so merkwürdige Dinge. Besonders, was dich betrifft.«

»Was meinst du damit?« fragte Aurora, nicht ganz sicher, ob sie es wirklich wissen wollte.

»Gerade gestern sah ich, wie er diese Stickerei anstarrte, die du für Mrs. Bluefield gemacht hast, als du noch ein Kind warst. Und es ist so eine Schande, es war nämlich eine wunderschöne Stickerei, Aurora. Du mußt Monate daran gearbeitet haben.«

»Was ist damit geschehen?« flüsterte Aurora.

»Sie ist weg. John Phipps stand in dem Eßsaal und starrte sie an. Dann sah ich, wie er sie ganz ruhig aus dem Rahmen nahm und sie in den Ofen schob, wie irgendein Stück Brennholz. Oh, Aurora, wie kann er nur so hartherzig sein?«

Aurora wandte sich angewidert ab. Sie hatte fast fünfzehn Monate gebraucht, um diese Stickerei anzufertigen. Sogar jetzt, Jahre danach, konnte sie sich noch daran erinnern, wie gewissenhaft sie jeden Stich gesetzt hatte. Und sie entsann sich auch, wie sehr sich Mrs. Bluefield gefreut hatte.

»Aurora, mußt du gehen?«

Betrübt blickte Aurora das Mädchen an. »Sicher merkst du selbst, daß ich muß. Er läßt mich sonst nie in Ruhe, und ich kann ihn nicht heiraten. Ich weiß, daß ich vielleicht nie wieder solch eine Chance haben werde, einen Mann zu finden, aber ich werde lieber eine häßliche alte Jungfer, als ihn zu heiraten. Haßt du mich deswegen?«

Traurig schüttelte Faith den Kopf. Sie umarmten sich noch einmal. Dann nahm Aurora ihren Korb, in dem sich all ihre Habseligkeiten befanden, und ging zur Tür. Aber bevor sie das Zimmer verließ, nahm sie ein einzelnes Buch, das auf ihrem Schrank lag, und reichte es Faith.

»Die Perrault Märchen?« flüsterte Faith und starrte ungläubig in Auroras tränengerötete Augen. »Du kannst dieses Buch doch nicht hierlassen. Mrs. Bluefield hat es dir geschenkt.«

Auroras Stimme zitterte. »Die Kinder lieben diese Geschichten. Einmal in der Woche bin ich hinuntergeschlichen und habe ihnen heimlich vorgelesen. Wenn John das herausbekommen hätte, wäre er bestimmt sehr ärgerlich geworden. Aber bisher konnten die Kinder und ich es vor ihm geheimhalten. Abends ist er ja sehr mit seinem Gebet und der Andacht beschäftigt, weißt du.«

»Ich werde ihnen einmal die Woche daraus vorlesen, Aurora. Ich werde einen Weg finden. Das verspreche ich dir«, sagte Faith mit genauso zittriger Stimme.

»Dann segne dich Gott, Faith. Und ich hoffe, wir sehen uns wieder.« Mit diesen Worten konnte Aurora nicht länger an sich halten. Sie drückte ihren Korb an die Brust und floh die Stufen hinunter, tränenüberströmt.

Die Heldin

Jeder, der die Welt herausfordert, hat früher oder später die Konsequenzen davon zu tragen.

– Lady Elizabeth Melbourne –

Kapitel 1

QUEENHITHE DOCK

Ihr Abenteuer hatte begonnen.

Aurora konnte kaum ihre Unruhe verbergen, als sie über das Hauptdeck der Seabravery zur Themse blickte. Es war fast Mittag, und sie lagen immer noch am Hafen, aber in wenigen Stunden würden sie ablegen.

Nervös spielte sie an dem Medaillon, das sie um den Hals trug. Es war ein seltsames Medaillon, schon reichlich angeschlagen und etwas abgewetzt, und doch war es einzigartig schön. Es zeigte eine goldene Eidechse aus glitzernden Smaragden; zwei kleine Rubine bildeten die Augen, und auf dem Bauch saßen Diamanten. Man konnte das Medaillon öffnen, aber die winzigen Scharniere waren nicht zu sehen, und nur Aurora wußte, wie es aufging. Die meisten erkannten nicht einmal, daß es ein Medaillon war, und dachten statt dessen, es sei ein Anhänger. Aber innen befand sich der letzte Vers eines Kinderreimes, den ihr Vater für sein kleines Mädchen hatte eingravieren lassen.

Als sie jetzt mit dem Medaillon spielte, merkte sie, daß schon wieder ein Smaragd fehlte. Der Verlust machte sie traurig, aber sie hatte sich geschworen, nicht wieder melancholisch zu werden. Als sie Faith und das Heim verlassen hatte, hatte sie geweint. Und jetzt würde es keine Tränen mehr geben. Heute war sie eine Lady des Abenteuers geworden, wild und sorglos. Bald würde ihre Seereise losgehen, und in wenigen Wochen würde sie exotische Plätze sehen, Plätze, die sie bisher nur aus ihren Träumen kannte. London würde hinter ihr liegen und ein vollkommen neues Leben beginnen.

Vor Aufregung hatte sie rote Wangen bekommen. Die Themse lockte sie in die Ferne. Der sonst so träge Fluß war vom Wind aufgewühlt. Kleine Wellen schlugen ausgelassen gegen die Seiten des Schiffes, mit demselben aufgeregten Rhythmus wie ihr Herz.

Als ob sie immer noch nicht so recht an ihr Glück glauben konnte, grub sie in ihrem braunen Seidenbeutel nach dem Brief. Im ersten Moment konnte sie ihn nicht finden, und sie runzelte beunruhigt die Augenbrauen. Es war ihr alles wie ein einziger Traum vorgekommen. Sollte sie jetzt daraus erwachen? War es am Ende gar nicht wahr? Ihre Finger fanden den Umschlag. Der Brief war immer noch da. Alles würde geschehen, wie erwartet. Erleichtert zog sie ihn hervor und wollte ihn gerade noch einmal lesen, als sie von einer lauten Frauenstimme unterbrochen wurde.

»Noch eine Frau! Gott sei Dank! Ich wußte nicht, wie ich diese Reise ohne ein anderes weibliches Wesen an Bord aushalten würde, das meine Sorgen mit mir teilt.«

Aurora blickte auf, und ihre wasserblauen Augen weiteten sich, als eine korpulente, ausgesprochen gut angezogene Dame auf dem Deck auf sie zukam. Die Frau trug eine schwarze Satinhaube auf dem Kopf und hielt einen schwarzen Pagode-Sonnenschirm in der Hand. Sie hatte Witwenkleider an, aber diese waren von höchster Qualität. Der kostbare schwarze Taft raschelte, als die Dame auf sie zusteuerte, um sie zu begrüßen.

»Lassen Sie mich mich Ihnen vorstellen, meine Liebe«, verkündete die Frau und bot ihr mit ihrem Sonnenschirm Schatten. »Ich bin Mrs. Stefan Lindstrom. Wir werden sehr vertraut werden auf dem Weg nach Bermuda. Ich weiß das, denn es ist meine sechste Reise.«

»Ihre sechste Reise«, erwiderte Aurora beeindruckt. »Ich fürchte, dies ist meine erste.«

»Es wird Ihnen gut gefallen. Ich kenne mich mit allen Mitteln gegen Seekrankheit aus, und ich hörte, daß die Seabravery das beste Segelschiff ist. In der Tat, Captain Corbeil sagte mir, daß der Eigentümer des Schiffes mit uns fahren wird, und so denke ich, daß es eine angenehme Reise wird. Wie ist Ihr Name, meine Liebe?«

Mrs. Lindstroms letzte Frage überrumpelte sie, und sie brauchte einen Moment, ehe sie reden konnte.

»Miss Dayne. Miss Aurora Dayne«, antwortete sie zögernd.

»Reizend, einfach reizend. Und Sie sind von …?«

Aurora zögerte wieder. »Vom Phipps-Bluefield-Heim für kleine Wanderer.«

»Oh! Eine Waise! Wie unglaublich romantisch!« Mrs. Lindstrom klatschte in die Hände.

Aurora blickte sie verlegen an. Sie wußte überhaupt nicht, was die Dame meinte. Als Waise aufzuwachsen hatte nichts, aber auch gar nichts Romantisches an sich. Mrs. Bluefield, dem Herrn sei Dank, daß es sie gegeben hatte, hatte dafür gesorgt, daß sie erzogen wurde und daß für sie gesorgt war. Aber ansonsten war ihr Leben in dem Heim freudlos und grau gewesen, grau, wie die praktischen Leinenkleider, die sie dort trugen. Diese Mrs. Lindstrom war aber nun wirklich eine komische Frau.

»Ich bin kein Waisenkind mehr«, erklärte Aurora. »Ich meine, ich war als Waise in dem Heim, aber als ich älter wurde, war ich dort Erzieherin.«

»Und eine gute. Da bin ich ganz sicher.«

Die Dame schenkte ihr ein breites Lächeln, und sofort erwärmte sich Aurora für sie. Mrs. Lindstrom war vielleicht ein bißchen zu neugierig, und sie hatte gewiß einen etwas eigenartigen Hang zum Dramatischen. Aber Aurora mochte sie trotzdem. Und daß sie, Aurora, eine Waise war, schien Mrs. Lindstrom nicht das geringste auszumachen. Und das war schon etwas Ungewöhnliches für jemanden, der offensichtlich sehr wohlhabend war.

»Also, was hat Sie auf die Seabravery gebracht, Miss Dayne?« fragte die Dame als nächstes. Sie schien vor Neugierde zu platzen. »Sind Sie vielleicht unterwegs, um Ihren Verlobten in St. George zu treffen? Mit Ihrem reizenden Gesicht und dieser prachtvollen Haarfarbe müssen Sie irgendein wundervolles Abenteuer vor sich haben. Oh, wie sehr ich mir wünschte, wieder jung zu sein! Die Dinge, die ich dann tun würde …!«

Während Mrs. Lindstrom weiter über ihre verlorene Jugend plapperte, schob sich Aurora eine vorwitzige Locke von ihrer Stirn und steckte sie wieder unter ihren schäbigen, braunen Hut. Sie hatte die Farbe ihres Haars nie als prachtvoll empfunden. Es hatte einen mittleren Ton: nicht feurig genug, um rot zu sein, noch blaß genug, um blond zu sein. Wirklich, ihr schien die eigene blaßrote Haarfarbe sehr fade zu sein. Die Farbe, fand sie, hatte viel Ähnlichkeit mit ihrem Leben: farblos und nichtssagend.

Mit einem Stirnrunzeln entsann sie sich, wie John Phipps einmal ihr Haar als »wie es sich gehört« bezeichnet hatte. Aber er war in dieses Haar zu verliebt gewesen, dachte sie finster. Und das genau war es, wovor sie nun weggelaufen war. Nachdem Mrs. Bluefield an Schwindsucht gestorben war, legte sich diese graue Blässe von John Phipps Einfluß über ihr Leben wie ein Leichentuch. Obwohl sie ihn schon seit ihrem ersten Tag im Heim kannte, gab es seit dem Tod von Mrs. Bluefield kein Entkommen mehr vor ihm. Seine Aufmerksamkeiten waren erstickend und seine Anwesenheit unerträglich geworden.

Ihre wasserblauen Augen verdunkelten sich vor Schuldgefühlen. John Phipps war kein grauenhafter Mann, obwohl er das mit ihrer Stickerei getan hatte. Im Gegenteil, mit seiner selbstgerechten Frömmigkeit hielten ihn die meisten für einen guten Mann. Einen schrecklich guten Mann, dachte sie und erinnerte sich, daß man sie als undankbar bezeichnet hatte, sein Angebot zurückzuweisen. Vielleicht würde sie es ja wirklich irgendwann einmal bedauern, ihn abgelehnt zu haben. Aber sie bezweifelte es. Auch wenn ihre Haarfarbe vielleicht ruhig und unauffällig war, ihr Herz jedenfalls war nicht ruhig. Und sie hätte es ihm niemals schenken können.

Nein, sie hatten überhaupt nicht zusammengepaßt, es hätte nie gutgehen können, und nun, im nachhinein, konnte Aurora verstehen, warum Mrs. Bluefield sie immer ermutigt hatte, das Heim zu verlassen und sich woanders eine Stelle zu suchen. Sie hatte es nie übers Herz gebracht, weil sie eine zu große Schuld dem Heim gegenüber empfand. Sie hätte ihr ganzes Leben lang dort gearbeitet, um etwas von Mrs. Bluefields Güte zurückzuzahlen. Aber diese lebte nun nicht mehr, und den Rest ihres Lebens mit John Phipps zu verbringen, wäre untragbar gewesen. Und gerade als ihr die Suche nach einer neuen Stellung vergeblich erschienen war, hatte sie wie durch ein Wunder diesen Brief erhalten.

»Ist es St. George, wohin Sie wollen, Miss Dayne, oder zu einer entfernter gelegenen Plantage?«

Aus ihren Gedanken gerissen, blickte Aurora zu Mrs. Lindstrom.

»Oh, ich weiß!« fuhr die alte Dame fort. »Sie wollen nach Clairdon, um einen von den Sinclair-Jungs zu heiraten! Wie viele Söhne hat Lord Sinclair überhaupt? Acht war die Zahl, die ich zuletzt gehört habe. Ziemlich stramme Jungs, wenn ich mich recht entsinne … In der Tat, Miss Dayne, Sie hätten es gar nicht besser treffen können.«

Aurora versteckte gekonnt ihr Lächeln hinter der vorgehaltenen Hand. Mrs. Lindstrom ließ sich nicht stören. Als Aurora ihre Hand senkte, sagte sie: »Ich habe es noch viel besser getroffen, Mrs. Lindstrom, weil ich gar keinen Verlobten in St. George treffe, und auch keinen von den Sinclair-Jungs. Ich will überhaupt nicht nach St. George. Ich reise nach Kingston, Jamaica.«

»Kingston! Gütiger Himmel, ich wußte gar nicht, daß das Schiff nach Jamaica fährt.«

»Ja, ich werde Gesellschafterin bei Lady Perkins von der Roselawn Plantage. Ihrem Brief nach zu urteilen, scheint sie schon recht alt zu sein – Sie haben nicht zufällig von Roselawn gehört, oder?« Aurora warf Mrs. Lindstrom einen hoffnungsvollen Blick zu. Sie war immer der Ansicht gewesen, über ein großes Maß an innerer Stärke zu verfügen. Aber von dem einzigen Zuhause, das sie je gehabt hatte, zu einer tropischen Insel zu reisen und nicht eine einzige Referenz zu haben, machte sie doch etwas nervös.

»St. George ist ziemlich weit von Jamaica entfernt, aber lassen Sie mich nachdenken …« Mrs. Lindstrom schüttelte den Kopf. »Nein, ich kann mich nicht an Roselawn erinnern, und ich muß sagen, ich bin stolz darauf, jeden, der etwas darstellt, zu kennen – aber Roselawn und Lady Perkins – nein, diese Namen sagen mir überhaupt nichts.«

»Ich verstehe.« Aurora versuchte, ihre Enttäuschung zu verbergen.

»Wie haben Sie von der Stelle erfahren?« Mrs. Lindstrom warf ihr einen mitleidigen Blick zu.

»Also«, Aurora blickte auf das trübe Wasser der Themse hinunter, »es war wirklich eine ziemliche Überraschung. Lady Perkins’ Brief kam erst vor etwa einer Woche. Darin hieß es, ich sollte heute hier sein, abfahrbereit, wenn ich an der Stellung interessiert sei.«

»Wie überaus mutig von Ihnen, meine Liebe, ganz allein eine so weite Reise zu machen! Aber ich denke mir, in dem Waisenhaus sind Sie scheußlich behandelt worden.«

»O nein! Im Gegenteil!« Plötzlich standen Aurora Tränen in den Augen. Das Phipps-Bluefield-Heim war zwar ein Waisenhaus, aber Mrs. Bluefield hatte daraus einen wunderbaren Ort gemacht. In den Jahren, in denen sie dort aufgewachsen war, war diese liebe Frau ihr Mutter, Freundin und Lehrerin gewesen. Und nun durchtrennte sie ihr letztes und einziges Band zu ihr. Trotz ihres Ärgers mit John Phipps war dies schmerzhaft.

»Ist ja gut, meine Liebe.« Mrs. Lindstrom sah sie besorgt an. Sie streichelte ihre Hand und sagte: »Sie müssen dort sehr gut zu Ihnen gewesen sein, wenn Sie sie so vermissen.«

»Ja, ja.« Auroras Worte sprudelten nur so hervor. Aus irgendeinem Grund hatte sie jetzt schon großes Heimweh.

»Aber nun, Miss Dayne, werden Sie die Welt sehen – jedenfalls die Hälfte davon!«

»Ja.« Aurora versuchte zu lächeln.

»Und wer weiß, welche Leidenschaft und Romanze Sie auf dem Weg dorthin finden werden.«

Aurora wurde rot. Das genau war es, wonach sie sich sehnte. Aber nun, wo es ihr so greifbar nahe schien, fragte sie sich, ob sie diese Herausforderung annehmen konnte. Vielleicht war sie doch mehr das stille, zurückhaltende Mädchen, das John in ihr sehen wollte.

»Ich fürchte, ich muß Sie enttäuschen, Mrs. Lindstrom«, sagte sie. »Mein Leben ist bisher ziemlich ereignislos verlaufen, und ich fürchte, auch eine Reise nach Jamaica wird daran nicht viel ändern.«

»Wenn man jung und hübsch ist wie Sie, meine Liebe, weiß man nie genau, welche Abenteuer vor einem liegen.«

Aurora lachte. »Gut, wir können ja immerhin hoffen, stimmt’s?«

»Wir müssen!« lachte Mrs. Lindstrom mit. Sie klappte ihren schwarzen Sonnenschirm zusammen und sagte ohne weitere Umstände: »Kommen Sie, Miss Dayne, obwohl Mr. Lindstrom nun schon fast seit zehn Jahren tot ist, trauere ich noch immer um ihn, aber ich kann in dieser Kleidung nicht so lange in der Sonne stehen. Wenn Sie so freundlich wären, mich in meine Kabine zu begleiten, damit wir uns dort etwas ausruhen können? – Meine Zofe wird uns eine heiße Schokolade machen, und so können wir zusammen darauf warten, daß der Anker gelichtet wird.«

Mrs. Lindstroms Kabine auf dem Zwischendeck war recht groß. Die Kommoden waren aus Mahagoni, die Ecken mit Messing beschlagen. Alles war extra für das Schiff gebaut. Sämtliche Griffe und Schlüssel konnten bei Bedarf eingezogen werden, so daß man sich bei starkem Seegang nicht an einem scharfen Gegenstand verletzen konnte. Ein winziger blauer Teppich hellte die Kabine auf, und durch die geöffneten Bullaugen strömte eine angenehme leichte Brise von der Themse herein. Mrs. Lindstroms Mädchen lief sogleich flink hin und her, brachte den beiden Damen eine kleine Erfrischung und stellte sie auf das Teetischchen, um das herum ein Messingrand lief.

»So, Miss Dayne«, begann Mrs. Lindstrom, nachdem die heiße Schokolade vor ihnen stand, »sind Sie zufrieden mit Ihrer Kabine?«

»Ja, ja, meine Kabine ist entzückend.« Aurora erwähnte nicht, daß sogar ihre kleine, recht einfache Kabine immer noch größer und eleganter war als ihr Mansardenzimmer im Heim. Sie nahm einen Schluck Schokolade. »Ich bin sicher, die Reise auf diesem großen Schiff wird einfach himmlisch. Ich kann immer noch nicht glauben, daß meine neue Herrschaft so großzügig war, mich auf diesem hier kommen zu lassen.«

»Ja, das ist wirklich sehr außergewöhnlich, zumal der Eigentümer mit uns reist. Das macht den doppelten Preis. Weniger Platz, wissen Sie, und außerdem gibt sich die Besatzung in jeder Hinsicht viel mehr Mühe.«

»Kennen Sie den Eigentümer?«

Mrs. Lindstrom schüttelte ihren Kopf. »Nein, ich weiß nur, daß er unglaublich reich ist – die Seabravery ist nur eins von fünf Schiffen, die ihm gehören. Außerdem hat er eine riesige Zuckerplantage auf irgendeiner Insel in der Karibik. St. Kitts, glaube ich, oder vielleicht Nevis.«

»Er wirkt ziemlich geheimnisvoll«, meinte Aurora, während sie mit den Bändern ihres Hutes spielte. Wie gern hätte sie den Hut abgenommen, aber sie würden sicher gleich ablegen, und dann würde sie natürlich auf das Deck zurückkehren.

»Ja, er ist recht geheimnisvoll, eine richtig romantische Person, hörte ich. Sehen Sie, meine Liebe« – Mrs. Lindstrom lehnte sich vor, als ob sie wer weiß was für eine Klatschgeschichte zum besten geben wolle – »ein anderer wichtiger Grund, weshalb es so besonders vorteilhaft ist, auf der Seabravery zu reisen, ist, daß sie noch nie geplündert wurde. Weder von Piraten noch von Freibeutern. Offensichtlich hat der Eigentümer dieses Schiffes einen sehr speziellen Ruf, so daß nicht einmal die schlimmsten Wüstlinge sich daran gewagt haben.«

»Stimmt das wirklich?« fragte Aurora mit heiserer Stimme.

»Genauso. Ich erfuhr es von meinem Schwiegersohn, und er weiß einfach alles. Absolut alles. Deshalb hat er auch dafür gesorgt, daß ich auf diesem Schiff reise. Er meinte, es wäre die sicherste Reise, die man sich denken kann.«

»Sie reisen also nach Hause? Haben Sie ein Haus in St. George?« Aurora spielte unruhig an ihrer Kette. Sie war glücklich, das Thema wechseln zu können. Diese Reise war ihr immer ein bißchen zu schön erschienen, um wahr zu sein. Und sie wollte einfach nicht, daß dieser Eindruck zerstört wurde. Aus irgendeinem Grund war ihr bei dem Gespräch über den Eigentümer des Schiffes unbehaglich geworden.

»ja. Ich war sechs Monate fort. Und obwohl ich natürlich meine Enkelkinder über alles liebe, kann ich kaum erwarten, meine Freunde wiederzusehen. Wir haben einen netten Kreis von Damen in der Stadt – oh, ich wünschte, Sie reisten nicht bis Jamaica! Mrs. Random hat eine Tochter, die etwa in Ihrem Alter sein muß … Wie alt sind Sie, meine Liebe? Ungefähr neunzehn?«

Aurora zögerte. Immer hatte sie diese Frage gehaßt. »Ja, neunzehn«, sagte sie ein wenig zu hastig.

»Das ist vorzüglich. Julia Ramson ist jetzt zwanzig. Sie zwei würden sich sehr gut verstehen.«

Aurora war einmal mehr überwältigt von Mrs. Lindstroms herzlicher Art. Die Frau war geradeheraus und so offen in gesellschaftlichen Dingen. Sie bezog sie, Aurora, die Waise, einfach in ihren Kreis mit ein. Als ob sie vergessen hätte, mit wem sie sprach. Aurora hatte kaum je Kontakt zu der besseren Gesellschaft gehabt. Immer mal wieder waren wohlhabende Damen und Herren gekommen, um ein ungewünschtes, verwandtes Waisenkind im Heim abzugeben. Und diese Leute hatten sie oder Mrs. Bluefield niemals wie ihresgleichen behandelt. Aber ganz anders diese bemerkenswerte Mrs. Lindstrom.

»Noch etwas Schokolade, Miss Dayne?« Mrs. Lindstrom wollte schon nach der Kanne greifen.

Aurora schüttelte den Kopf. »Bitte, nennen Sie mich Aurora, bitte.« Sie schenkte der Witwe ein stilles, kleines Lächeln. Sie war so erleichtert, daß sie diese Frau getroffen hatte. Sicher würde die Reise nicht halb so erschreckend sein, solange Mrs. Lindstrom auf dem Schiff war.

»Ich weiß, daß wir die besten Freundinnen werden.« Die ältere Dame schien sich über das Angebot zu freuen. Sie streichelte ihre Hand. »Und du mußt mich Flossie nennen. Das war Mr. Lindstroms Kosename für mich.«

»Wie sehr muß er Sie, eh … dich geliebt haben.«

Die Witwe lächelte ein wehmütiges Lächeln, strahlte dann aber wieder. »Nun, Aurora, sicher wird Captain Corbeil jeden Moment ablegen. Warum gehen wir nicht an Deck?«

Aurora nickte und klatschte in die Hände. »Etwas muß passieren. Wir sind schon seit Stunden über der Zeit.«

»Sollen wir hochgehen und mal schauen, ob dieser mysteriöse Eigentümer inzwischen angekommen ist?« Mrs. Lindstrom zwinkerte Aurora übermütig zu. »Oh, ich hoffe wirklich, er diniert mit uns und nicht in seiner Kabine. Wie schrecklich langweilig wäre sonst diese Reise.«

Mrs. Lindstrom strich sich über die Haube und griff nach dem Sonnenschirm. Aurora sah ihr zu und war sich ganz sicher, daß sie noch nie jemandem wie Flossie Lindstrom begegnet war. Die behäbige Witwe segelte aus ihrer Kabine, wie ein schwarzes, schweres Schiff. Und Aurora war überzeugt, daß mit dieser Frau an ihrer Seite einfach nichts schiefgehen konnte.

Die Sonne ging über dem Tower unter, und die Seabravery hatte immer noch nicht abgelegt. Aurora schaute begeistert zu, wie das Feuerwerk auf den Docks die Sommersonnenwende feierte. Mrs. Lindstrom hatte sich schon vor längerer Zeit in ihre Kabine zurückgezogen. Und Aurora war allein oben geblieben, erkundete die Decks und wartete unruhig auf … etwas.

Der Himmel war orangerot von den Freudenfeuern, die auf den Straßen entzündet worden waren. »Hurra!« hörte sie die Menschen ausgelassen schreien. Umsonst hatten der Erzbischof von Canterbury und der Erzbischof von York ihre Gemeinden zu überzeugen versucht, daß an diesem Abend das Fest von Johannes dem Täufer zu begehen sei und daß die Leute in die Kirche gehen sollten.

Aurora lächelte. Offensichtlich hatte es überhaupt nichts genützt. Die Menschen fuhren unbeeindruckt fort, ihre Feuer in den Straßen zu entzünden und auf heidnische Art um die Flammen zu tanzen, um die Sommersonnenwende zu feiern.

Verträumt stützte Aurora ihre Arme auf die Reling. Heute abend sah es so aus, als ob England weit von jeder Zivilisation entfernt war. Vor Jahrhunderten schon hatten die Menschen ihre Götzenfeuer und die Riten genauso gefeiert. Hanfsamen wurden im Kirchhof verstreut, und die unverheirateten Mädchen nahmen ihre Nadelkissen und hängten sie über Nacht in ihre Strümpfe, in der Hoffnung, auf diese Weise einen flüchtigen Blick auf ihre zukünftigen Männer werfen zu können. Aurora fragte sich, ob sie nicht auch solch ein Nadelkissen mit auf die Reise hätte nehmen sollen, und sie mußte lachen, daß sie selbst auch so abergläubisch war.

Die Rufe auf den Straßen am Hafen wurden lauter, Pferde scheuten, Knallkörper explodierten. Aurora war von dem allgemeinen Tumult so gefangen, daß sie zuerst gar nicht die vielen Wagen bemerkte, die an der Gangway zum Halten gekommen waren.

Als allerdings mit dem Abladen begonnen wurde, fragte sie sich, ob nun der Eigentümer endlich da war. Aber sie konnte sich kaum vorsteilen, daß dieser mächtige Mann mit einem gewöhnlichen Wagen ankommen würde. In diesem Moment erschien Captain Corbeil auf dem Deck und überwachte die Leute. Es wurden Perserteppiche an Bord getragen. Kostbare Mahagoni-Tische mit säulenartig gedrehten Beinen wurden hochgezogen. Vier Männer trugen ein schwarz gepolstertes Sofa mit goldverzierten Delphinbeinen hinauf. Sogar Aurora konnte mit einem Blick erkennen, daß es sich bei diesen Stücken um sehr wertvolle Möbel handelte. Und es war auch klar, daß sie in eine bestimmte Kabine gehörten. Offensichtlich in die Kabine des Eigentümers.

Der Captain stützte sich untätig auf die Reling. Von unten konnte Aurora das Klopfen und Hämmern hören. Die Möbelstücke wurden angenagelt, damit sie auf der Reise keinen Schaden nehmen konnten. Zusammen mit den lautstarken Geräuschen von den Docks und den umliegenden Straßen, war jetzt an Ruhe in der Kabine sowieso nicht zu denken; deshalb blieb Aurora an Deck. Obwohl sie im Schatten des Mastes stand, traf sie der Blick des Captains.

Der dickbäuchige grauhaarige Captain war den ganzen Tag über geradezu die Verkörperung eines Gentlemans gewesen. Er hatte sich auf liebenswürdige Weise darum bemüht, Flossie und ihr jeden erdenklichen Komfort zu bieten. Immer war er mit einem freundlichen Wort oder einem Scherz zur Stelle gewesen. Aber in diesem Moment, wo er offensichtlich nicht mit ihrer Anwesenheit gerechnet hatte, lag etwas anderes in seinem Blick. Es war, als ob sie ihn irgendwie störte, als ob er sich um etwas Sorgen machte.

Wie ein scheues Reh stand Aurora unbeweglich da, während er seinen Blick über ihren schäbigen Mantel streifen ließ, über jede abgetragene Stelle. Und sie fragte sich, ob sie ihm wohl leid tat. Vielleicht hatte er gehört, daß sie aus einem Waisenhaus kam. Aber instinktiv spürte sie, daß es nicht Mitleid war, was sich in ihm regte. Dafür war sein Blick zu düster.

Vielleicht war es der Lärm um sie herum, aber Auroras Nerven waren zum Zerreißen gespannt. Sie zwang sich, ihren Blick vom Captain abzuwenden, und stützte sich wieder auf die Reling. Sie wußte, was immer sie sich auch einbildete, es mußte falsch sein. Bestimmt hatten nur Flossies romantisch versponnene Ideen auf sie abgefärbt.

Plötzlich fröstelte sie, und sie zog den Mantel fester an sich heran.

»Miss Dayne, ich bin überrascht, Sie zu so später Stunde noch hier draußen anzutreffen.«

Schnell drehte sie sich um. Captain Corbeil war zu ihr getreten. Fort war sein besorgter Blick, statt dessen blitzten seine Augen vergnügt.

»Ich – ich bin nicht müde«, stotterte Aurora wie ein kleines Kind. Warum konnte sie nicht gelassener sein, fragte sie sich ärgerlich und holte tief Luft. »Verzeihen Sie mir, Captain. Ich war so aufgeregt wegen der Reise und all dem Neuen hier. Und die Verspätung hat es auch nicht gerade besser gemacht. In der Tat muß ich zugeben, in meiner Sorge sehe ich schon schreckliche Dinge.« Unschlüssig lächelte sie ihn an. Sie kam sich so dumm vor. Der Captain war nicht der Typ, der dunkle, böse Geheimnisse verbarg. Er war vielmehr ein ritterlicher, ja väterlicher Mann, der sich fürsorglich Gedanken um sie machte und es ihr so schön und angenehm wie möglich auf dieser Reise machen wollte. Sie hätte glücklich sein sollen, sich in so guten Händen zu befinden, nicht mißtrauisch.

Sein dröhnendes Lachen aus tiefstem Herzen beruhigte sie.

»Ich bin sicher, Miss Dayne, Sie irren sich. Was könnten Sie sehen? Sind Sie unzufrieden mit dem Schiff?«

»Nein, nein! Das Schiff ist wundervoll.« Aurora lächelte ihn schüchtern an. Was war es nur gewesen, was sie auf diese komischen Gedanken gebracht hatte?

»Ich muß mich für unsere Verspätung entschuldigen. Es ist bedauerlich, aber ich verspreche Ihnen, innerhalb einer Stunde werden wir ablegen.«

»Nachts?« fragte sie. »Ist das nicht ganz und gar ungewöhnlich?«

Der Captain beugte sich über die Reling. Sie blickte auf seine Hände, und sie entdeckte, daß drei seiner Finger fehlten. Die Narben an seinen Händen waren groß. Warum hatte sie das nicht schon früher bemerkt? Schnell wandte sie sich wieder ab.

»Ich kenne die Themse, Miss. Wir werden im Nu im Kanal sein«, lächelte der Captain beruhigend.

»Und werden wir nun doch ohne den Eigentümer reisen?« fragte sie. Ihre Frage schien ihn zu überraschen.

»O nein. Er wird jeden Moment kommen, Miss Dayne. Das kann ich Ihnen garantieren.« Eilig entschuldigte er sich, er müsse hinunter zu seinen Männern.

Aurora blieb keine Minute allein, denn plötzlich tauchte Mrs. Lindstrom auf. Ihre Kleidung wirkte unordentlich, als sei sie eben erst aus tiefstem Schlaf erwacht.

»Ach hier bist du, meine Liebe!« Sie winkte Aurora zu. »Hat man Worte für diesen Lärm? Und das um Mitternacht?«

»Ja, das ist was«, stimmte ihr Aurora zu und trat an ihre Seite. Sie wollte gerade weitersprechen, als sich auf den Docks der Lärm noch verstärkte. Neugierig traten Aurora und Mrs. Lindstrom an die Reling und blickten hinunter.

Aurora hatte noch nie eine so dunkle Pracht gesehen. Unten stand eine schwarzlackierte, von acht schwarzen Streitrossen gezogene Kutsche. Daneben schien alles andere unwichtig. Das Pferdegeschirr war golden, und eine dünne Goldeinfassung lief um die prachtvolle Kutsche, deren Türen ohne Wappen waren. Geheimnisvoll wirkte sie, aber noch mehr der Mann, der ihr entstieg.

»Mein Gott …« Flossie stöhnte entzückt und gleichermaßen erschrocken auf. Ihre Hand griff nach Auroras Arm.

Das junge Mädchen wollte etwas sagen, aber die Stimme versagte ihr. Und sie wußte selbst nicht genau, weshalb, aber irgendwie fand sie, daß sie doch nicht solch ein Glück hatte. Sie konnte ihren Blick nicht von dem Mann lassen, der soeben das Schiff betrat.

Er war groß, viel größer als der Captain, der auch schon alles andere als klein war. Und irgendwie wirkte er brutal und dadurch noch gewaltiger. Er war außergewöhnlich modisch gekleidet und gut angezogen mit seinem schwarzen Carrick, seinem Mantel mit nicht weniger als neun Capes. Darunter trug er ein weißes Batisthemd und Hosen aus besonders feinem schwarzen Material. Wenn man von der Kleidung ausging, führte dieser Mann ein Leben nach den Normen der besseren Gesellschaft. Aber als sie genauer hinsah, erkannte Aurora, daß an diesem Mann nichts der Norm entsprach.

In Wirklichkeit stellte er eine Mode zur Schau, die in keiner Weise seiner ungezügelten Wildheit entsprach. Er trug sein Haar fast bis zu den Schulterblättern, die schwarzen ungebärdigen Locken zu einem Schwanz nach hinten gebunden, ein Stil, der vollkommen aus der Mode war. Und ein winziger Silberring durchbohrte sein linkes Ohrläppchen, was ihn verrucht aussehen ließ. Insgesamt gab es eigentlich nur eine Art, ihn zu beschreiben.

»Er ist ein Pirat!« keuchte Mrs. Lindstrom und klammerte sich noch fester an Auroras Arm. Aurora hätte sie gern beruhigt, aber sie wußte nichts zu sagen, denn sie hatte sofort dasselbe gedacht.

Captain Corbeil ging gerade auf den Mann zu, um ihn zu begrüßen. Offensichtlich kannten sie sich sehr gut. Nun war endgültig klar, daß dieser erschreckende Mensch der Eigentümer des Schiffes war, auf den sie so sehnsüchtig gewartet hatten.

Aurora versuchte, sich selbst zu beruhigen. Bestimmt war die Phantasie mit ihnen beiden durchgegangen. Aber gerade in dem Augenblick schaute Captain Corbeil finster zu ihr herauf.

Und der Blick des Eigentümers folgte dem seinen.

Obwohl er unter ihr auf dem Hauptdeck stand, nahm sie die überwältigende Gegenwart des Mannes gefangen. Wie durch einen Zauberbann zwang er sie, seinen Blick zu treffen, und Aurora war schockiert über seine Augen. Sie waren so unglaublich schön und zugleich so unglaublich kalt. Er sah sie nur ganz kurz an, aber so intensiv, daß sie sich bis auf die Seele von ihm durchschaut fühlte. Sie konnte ihren Blick nicht von ihm abwenden, auch nicht, als er sich schon wieder zu Corbeil umgedreht hatte. Und sie konnte auch nichts dagegen tun, daß eine tiefe, instinktive Furcht von ihr Besitz ergriff.

»Oh, wie aufregend! Wie herrlich aufregend!« hörte sie Mrs. Lindstrom neben ihr flüstern. »Dieser Mann ist ein Pirat! Oh, wir befinden uns bestimmt mitten in einem Abenteuer, Aurora!«

Aurora blickte sie an. Entsetzt stellte sie fest, daß ihre Hand genauso fest an Flossies Arm klammerte wie umgekehrt. Der Eigentümer war unter Deck verschwunden. Von der Vernunft her gab es keinen Grund, irgend etwas ungewöhnlich zu finden, aber sie konnte immer noch nicht das Gefühl der Angst abschütteln, daß irgend etwas geschehen würde. Und so verrückt es auch war, sie konnte auch nicht die Furcht zerstreuen, daß es etwas mit ihr zu tun haben würde.

Sie ließ Mrs. Lindstroms Arm los und marschierte, einzig von ihrer Intuition gesteuert, auf die Gangway zu, mit dem festen Willen, das Schiff auf schnellstem Wege zu verlassen, auch wenn das bedeutete, wieder ins Heim zurückzukehren, was in jedem Fall demütigend war. Aber nein, es war zu spät. Unter sich hörte sie das Klicken des Gangspills und das schwere Rauschen von Wasser. Zu ihrer allergrößten Bestürzung war die Gangway schon hochgezogen, unter ihr war nichts als die dunkel glitzernde Themse. Verzweifelt wandte sie sich zu Flossie um. Das Gesicht der Witwe spiegelte ihr eigenes wider. Ob sie es wollten oder nicht, es führte kein Weg mehr von diesem Schiff.

Ihr Abenteuer hatte begonnen.

Kapitel 2

»Wir haben sie.«

Mit dieser Bemerkung zog Vashon seinen Carrick aus und warf ihn auf das Sofa mit den Delphinbeinen. Er setzte sich rittlings auf einen Stuhl, die Arme um die Lehne geschlungen.

»Ich glaube, sie ist wirklich ein ganz nettes kleines Mädchen, Vashon. Ich hoffe, du wirst gut mit ihr umgehen. Ich sehe keinen Vorteil darin, sie jetzt schon zu erschrecken.« Isaac Corbeil setzte seinen goldverzierten Kapitänshut ab und kratzte sich den kahlen Schädel.

»Wie sollte ich sie erschrecken?« gab Vashon mit einem seltsamen und flüchtigen Lächeln zurück. Seine Zähne schimmerten in einem geradezu sündhaft schönen Weiß, das sich gegen den, dunklen Bartwuchs abhob, und für einen kurzen Moment sah er fast glücklich aus.

Der Captain seufzte. »Gütiger Gott, aber haben wir nicht etwas Schreckliches getan, Vashon? Ich meine, dieses Mädchen ist nicht irgendein leichtfertiges Weibsbild, das man einfach verschleppen kann.«

»Sei doch nicht absurd. Dies ist das Beste, was diesem Fratz je geschehen ist.« Vashon lachte kurz und freudlos auf. »Sie ist besser dran, mit uns unterwegs zu sein, als weiterhin in diesem Armenhaus zu verkommen.«

»Vielleicht, aber ihr Ausdruck verlor in jedem Fall diese hübsche Jungmädchenhaftigkeit, als sie deiner ansichtig wurde.«

»Die wird sie sich schon bewahren.« Vashons Mund verzog sich zu einem sarkastischen Grinsen. »Wir sollten ihre Fähigkeiten, auf sich selbst aufzupassen, nicht unterschätzen. Immerhin hat sie nur einen kurzen Blick auf mich geworfen, und schon sah sie so aus, als wolle sie jeden Moment über Bord springen. Also ist sie wenigstens eine Frau der Tat.«

Isaac kicherte und schüttelte den Kopf. »Ja, das denke ich auch.«

»Nebenbei gesagt, wenn du dir meinetwegen Sorgen machen solltest, ich bin wahrlich nicht der Typ, der sich mit anständigen, kleinen Jungfrauen aus dem Waisenhaus abmüht.«

»Trotzdem, Vashon, wenn du hinter ihr schüchternes, mädchenhaftes Verhalten und die abgetragenen Kleider blickst, wirst du möglicherweise überrascht sein. Mir ist es so ergangen. Aurora Dayne ist in jedem Fall nicht wie diese pferdegesichtige Gideon, die wir heute an Bord genommen haben.«

Vashon blickte ihn abgespannt an. »Warum sollte ich mir diesen Ballast überhaupt anschauen? Das Mädchen ist ein schäbiger kleiner Tugendbold. Ich hab’ hübschere Spatzenfedern gesehen.«

»Ja, aber es ist nicht so leicht, sich ihrem einnehmenden Blick zu entziehen. Unsere Leute sind schon alle auf sie aufmerksam geworden und waren hingerissen von ihrem mädchenhaften Charme.«

Plötzlich blitzten Vashons Augen. »Sie ist unsere einzige Hoffnung, den Stern von Aran zu finden. Ich hoffe, du sorgst dafür, daß sie sie in Ruhe lassen. Sonst werde ich dafür sorgen … und dann für immer.«

»Ah, mein Lieber!« lachte Isaac. »Das wird wirklich nicht nötig sein! Und wir brauchen zumindest einen Teil der Leute, um mit dem Schiff vorwärts zu kommen.«

Vashon warf ihm einen düsteren Blick zu. Dann kehrte sein Humor zurück. Ein Lächeln zog über seine Lippen.

»Aber ich muß eins zugeben. Ich dachte, Jungfern, die in Waisenhäusern arbeiten, wären häßliche alte Hexen mit Warzen und dünnen Lippen und noch dünneren Figuren. Unsere Miss Dayne paßt nicht ganz in diese Beschreibung, nicht wahr?«

»Aus irgendeinem Grund denken die meisten aber auch, daß Piraten, die sich durch Plündern von Schiffen ein Vermögen erworben haben, vernarbte Schurken ohne Zähne sind, mit zwei gekreuzten Knochen unter einem Totenkopf auf der Flagge an ihren Masten – nicht mit dem Union Jack.« Schmunzelnd verschränkte Isaac seine Arme vor dem dicken Bauch.

Vashon lächelte endlich breit. »Ich habe den Eindruck, du beziehst dich auf mich.«

»Auf wen sonst?«

»Also, dann sollte ich vielleicht meine Augenklappe hervorholen. Zumindest würde das der alten Witwe Lindstrom einen Schauder über den Rücken jagen.«

»Ich fürchte, dieses alte Mädchen erwartet direkt etwas Derartiges von uns. Du solltest es besser tun.«

Beide lachten.

Schließlich blickte der Captain Vashon voller Ehrfurcht an. »Ich muß es schon zugeben, Vashon. Ich hatte mir zunächst nicht vorstellen können, daß dein Plan funktionieren würde. Ich glaubte auch nicht, daß Miss Dayne tatsächlich so gerne England verlassen wollte. Ich hatte, ehrlich gesagt, meine Befürchtungen, daß wir uns mitten in der Nacht in das Heim einschleichen müßten, um sie in einen Teppich zu rollen.«

»Warum so etwas Schmutziges tun, wenn so ein Fratz sich ganz von allein in unsere Hände begibt? Oder in dein Schiff, wie es hier der Fall ist.«

»Um es beim Namen zu nennen, Entführung …«

»Hätten wir sie Blackwell überlassen sollen?«

Isaac starrte ihn an. »Du weißt, es verfehlt nie seine Wirkung, wenn du Peterborough mit dem Titel Blackwell versiehst. Mein Gott, Mann, was es dich kosten muß, diesen Namen auszusprechen – und dann noch in diesem Zusammenhang.«

»Das macht mir gar nichts«, antwortete Vashon. »Er hat eine Menge getan, um diesen Titel zu bekommen. Solange ich nicht den Wunsch verspüre, ihn ihm wegzunehmen, kann er ihn ruhig behalten. Wirklich, ich würde es nicht halb so sehr genießen, mit ihm zu spielen, wenn er nichts zu verlieren hätte.«

»Du bist ein größerer Mann als ich, Vashon. Oder ein kälterer. Ich bin mir da nicht so sicher.«

Vashon lächelte. »Komm, Isaac, bestimmt hat dich mein großmütiges Wesen beeindruckt. Ich habe unsere liebe Miss Dayne vor einem schrecklichen Schicksal bewahrt. Ihr Vater hat diesen Smaragd von Peterborough gestohlen, und wenn man ihn so gut kennt wie wir, weiß man auch, daß er nicht allzu sanft und nachsichtig mit ihr umgehen würde.«

»Nein«, stimmte Isaac zu. »Blackwell nicht. Michael Dayne hat sich in jedem Fall den Falschen für seinen Diebstahl ausgesucht. Hat man eigentlich je herausgefunden, was aus ihm geworden ist?«

»Ich hab’ mal gehört, daß man ihn an einer der Eichen des Viscount hängen sah. Aber ich glaube, dieser arme Kerl war eher einer, den sie beim Wildern erwischt haben, nicht Miss Daynes Vater.«

»Na ja, wenn Blackwell seine Wilderer schon so behandelt, sollte sich Aurora Dayne tatsächlich glücklich schätzen, jetzt auf der Seabravery zu sein.« Isaac setzte sich seinen Kapitänshut auf. »Ich werde die Mannschaft informieren, daß du zufrieden bist, Vashon, und daß ansonsten alles wie geplant verlaufen soll. Sie machen sich alle Gedanken wegen dieser Reise, weißt du. Ich fürchte, alle Hoffnungen liegen bei Miss Dayne.«

»Ja«, stimmte Vashon nachdenklich zu. »Es ist schwer zu glauben, daß unser ganzes Glück von dieser mickrigen, kleinen Kirchenmaus abhängt.«

»Du magst sie als schäbige, kleine Kirchenmaus ansehen, aber dennoch ist sie eine Lady unter all ihren abgerissenen braunen Fetzen. Ich hoffe, daß du dich daran erinnerst, wenn du mit ihr zu tun hast.«

Vashon lächelte ihn zynisch an. »Laß mich dich daran erinnern, Isaac, daß unsere Miss Dayne nicht wirklich die Crème de la Crème der feinen Gesellschaft ist. Ihr Vater war ein Verräter und Dieb. Ihre Mutter … Gott allein weiß, was, und sie wuchs als Arme in einem Waisenhaus auf.«

»Ja, ja.« Isaac nickte. »Aber sie weiß nichts von ihren Eltern, und ich bin sicher, sie wäre entsetzt, wenn sie es herausfände.«

»Also, vielleicht ist es an der Zeit, daß unser kleines Fräulein erfährt, wer sie ist«, meinte Vashon kalt.

»Wahrscheinlich. Aber sie kommt mir doch sehr unschuldig vor. Und ich glaube nicht, daß irgendwer das ändern könnte. Nicht einmal du.«