18,99 €
Die ayurvedische Ernährung ist buchstäblich in aller Munde. Aber wie lässt sie sich im stressigen Berufsleben umsetzen? Heißt es doch, dass man im Ayurveda nichts aufwärmen darf und dass eine erwärmte Mahlzeit weniger Nährstoffe enthält. Die Ayurveda-Therapeutin und Ernährungsexpertin Laura Krüger zeigt dir in diesem Buch, wie du die indische Lehre auch im Alltag ganz einfach umsetzen kannst. Du lernst die Grundlagen der ayurvedischen Wissenschaft kennen, erfährst alles über die acht Faktoren der ayurvedischen Ernährungslehre, verstehst die Warenkunde aus dem Blickwinkel von Ayurveda und erhältst praxisnahe Tipps für deine Pausen im Job. 75 natürliche, leckere und einfache Rezepte erleichtern es dir, deine Ernährung gesund, ausgeglichen und entspannt zu gestalten. Mit Suppen, Currys oder Eintöpfen im Thermobehälter, lauwarmen Salaten, verdauungsfreundlichen Broten mit leckeren Dips sowie Gewürzmischungen und Toppings, mit denen du im Notfall Kantinenessen ayurvedatauglich machen kannst, funktioniert Ayurveda auch im Berufsalltag!
Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:
Seitenzahl: 298
Veröffentlichungsjahr: 2020
Laura Krüger
FÜR
BERUFSTÄTIGE
Laura Krüger
FÜR
BERUFSTÄTIGE
Wie du die traditionelle Lehre in deinem Alltagmodern umsetzt und dich ins Gleichgewicht bringst
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie.
Detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über https://dnb.de abrufbar.
Für Fragen und Anregungen
Wichtige Hinweise
Dieses Buch ist für Lernzwecke gedacht. Es stellt keinen Ersatz für eine individuelle medizinische Beratung dar und sollte auch nicht als solcher benutzt werden. Wenn Sie medizinischen Rat einholen wollen, konsultieren Sie bitte einen qualifizierten Arzt. Der Verlag und die Autorin haften für keine nachteiligen Auswirkungen, die in einem direkten oder indirekten Zusammenhang mit den Informationen stehen, die in diesem Buch enthalten sind.
Ausschließlich zum Zweck der besseren Lesbarkeit wurde auf eine genderspezifische Schreibweise sowie eine Mehrfachbezeichnung verzichtet. Alle personenbezogenen Bezeichnungen sind somit geschlechtsneutral zu verstehen.
Originalausgabe
3. Auflage 2025
© 2021 by riva Verlag, ein Imprint der Münchner Verlagsgruppe GmbH
Türkenstraße 89
80799 München
Tel.: 089 651285-0
Alle Rechte, insbesondere das Recht der Vervielfältigung und Verbreitung sowie der Übersetzung, vorbehalten. Kein Teil des Werkes darf in irgendeiner Form (durch Fotokopie, Mikrofilm oder ein anderes Verfahren) ohne schriftliche Genehmigung des Verlages reproduziert oder unter Verwendung elektronischer Systeme gespeichert, verarbeitet, vervielfältigt oder verbreitet werden. Wir behalten uns die Nutzung unserer Inhalte für Text und Data Mining im Sinne von § 44b UrhG ausdrücklich vor.
Redaktion: Simone Fischer
Umschlaggestaltung: Manuela Amode
Umschlagabbildungen: © Ann Christin Weiß, Foodstyling Corinna Posny
Abbildungen im Innenteil: S. 15, 16, 47, 48, 110, 118, 121, 129–259: © Ann Christin Weiß, Foodstyling: Corinna Posny; S. 28: Voin_Sveta/Shutterstock.com; S. 67: Shutterstock.com: Elene Pimonova, Natalia Hubbert, Inspiring, Mona Monash, Daria Ustiugova, Phrang Ck, vasabii, Ekaterina Chetverikova, Anna Turaeuva, Le Panda, mimomy; S. 68: Hein Nouwens/Shutterstock.com; S. 89, 104, 122–123, 126–127: Happy Art/Shutterstock.com; S. 101–103: Happy Art/Shutterstock.com, Baksiabat/Shutterstock.com; S. 34, 41, 67, 68, 91, 98: Müjde Puzziferri
Satz: inpunkt[w]o, Haiger (www.inpunktwo.de)
Druck: Florjancic Tisk d.o.o., Slowenien
ISBN Print 978-3-7423-1535-9
ISBN E-Book (PDF) 978-3-7453-1206-5
ISBN E-Book (EPUB, Mobi) 978-3-7453-1207-2
Weitere Informationen zum Verlag finden Sie unter
www.rivaverlag.de
Beachten Sie auch unsere weiteren Verlage unter www.m-vg.de
Vorwort
Einleitung
Ayurvedische Grundprinzipien
Geschichte und Bereiche des Ayurveda
Ayurveda als Lebensphilosophie
Mikrokosmos im Makrokosmos
Die fünf Elemente: Panchamahabhuta
Die zehn Eigenschaftspaare
Die drei Doshas und ihre Bedeutung
Ayurveda – alte, moderne Wissenschaft
Die ayurvedische Ernährungslehre
Die acht Faktoren ayurvedischer Ernährung
Warenkunde im Licht von Ayurveda
Ayurveda im (Berufs-)Alltag: Möglichkeiten und moderne Interpretation
Frühstück
Mittagessen
Abendessen
Planung
Individualisiere deine Mahlzeiten abgestimmt auf deinen Alltag
Kantinenessen und Restaurantbesuch
Deine ayurvedische Vorratskammer
Beispielhafter Wochenplan
Praktisches
Ein ganzheitlich nachhaltiger Lebensstil
Natürliche Rezepte für den Alltag
Miracle Morning
Pflaumenmus
Exotisches Kokos-Mango-Granola
Carrot-Cake-Porridge
Bircher Müsli
Basic Porridge
On-the-go-Porridge
Warme Smoothie-Bowl
Herzhafte Frühstücksmuffins
Chia-Porridge mit Rhabarberkompott
Sonnengeküsster Dal
Golden-Hirse-Porridge
Obst mit Mandelmus-Dressing
Sonnenblumenkernmus
Schokoladen-Granola
Buchweizen-Frühstückspudding
Gewürz-Mandelmus
Porridge-Baukasten
Brote, Brötchen und mehr
Vollkorn-Pfannen-Naan
Walnuss-Cranberry-Fenchel-Brot
Vollkornbrötchen
Kümmel-Karotten-Brot
Galette-Kuchen
Bowls und nährende Salate
Grüne Naturreis-Pfanne
Sommerlicher Nudelsalat
Vietnamesische Reisnudel-Bowl
Rote-Bete-Karotten-Erbsen-Salat
Burrito-Bowl
Süßkartoffel-Belugalinsen-Blech mit Tahindressing
Quinoa-Bowl
Nussig-fruchtiger Buchweizensalat
Quinoasalat mit Mango, Minze und Pistazien
Gebratener Reis mit Gemüse und Erdnussdressing
Hirse-Rote-Bete-Salat
Brokkoli-Süßkartoffel-Gemüse mit Pesto
Baukasten für Getreidegerichte
Suppen und Eintöpfe
Pikanter Kartoffel-Lauch-Eintopf
Marokkanische Gemüse-Tajine
Süßkartoffel-Chili
Karottensuppe
Afrikanischer Erdnusseintopf
Einfache Gemüse-Minestrone
Tomaten-Dal mit Zucchini
Kitchari
Marokkanische Harira
Tarka-Gemüse-Dal
Veggie-Bolognesesoße
Baukasten für Suppen und Eintöpfe
Currys
Massaman-Curry
Pastinaken-Curry
Kichererbsen-Gemüse-Curry
Kürbis-Curry
Linsen-Curry
Zucchini-Paprika-Curry
Dips und Dressings
Oliven-Tapenade
Hummus
Cashew-Pesto
Grüner Gemüsedip
Mallorquinische Gemüsepaste
Kidneybohnenmus
Erdnussdressing
Weiße-Bohnen-Kurkuma-Paste
Grundrezepte
No-Waste Hafermilch
Tamari-Reis
Zitronenbulgur
Koriander-Kokos-Quinoa
Instant-Gemüsebrühe auf Vorrat
Lunch-Gewürzmischung mit Samen
Agni-Booster
Ofengemüse-Baukasten für das schnelle Abendessen
Snacks
Sommerliche Limetten-Kokos-Laddus
Bananenbrot
Kakao-Erdnuss-Energy-Balls
Geröstete süß-salzige Mandeln
Geröstete Kichererbsen
Müsliriegel
Getränke
Heißer Apfel
Kurkuma Latte
Power-Kakao
Kaffeegewürz
Schlusswort
Quellen
Danksagung
Über die Autorin
Der Ayurveda kann nur so kraftvoll sein, wie wir es schaffen, ihn umzusetzen.
Ich glaube kaum ein Satz spricht mehr für den Ayurveda und dessen Wirksamkeit als dieser.
Denn die Neugierde, Begeisterung und Faszination für die traditionell indische Heilkunst und Lebensweise wächst bei uns in der westlichen Welt stetig. Doch schon oftmals konnte ich in meiner langjährigen Arbeit als Ayurveda-Ärztin hautnah bei meinen KlientInnen erleben, dass zwar die Motivation für einen ayurvedischen Lebensstil groß ist, die Umsetzung dann aber scheitert. Warum? Zu fremd, zu rigide und schwer in unserer westlichen Welt umsetzbar können viele der ayurvedischen Empfehlungen erscheinen.
Umso wichtiger ist es also, dass wir hier an das moderne Leben angepasste Empfehlungen im Ayurveda finden können, die uns dabei unterstützen, den Ayurveda nicht nur zeitgemäß zu verstehen, sondern auch ganz unkompliziert zu leben.
Dies ist eine Kunst, welche viel Wissen, Erfahrung und eine Kombination von Tradition und Moderne braucht.
Laura Krüger ist für mich aus dieser Perspektive eine wunderbare Ayurveda-Künstlerin, die es nicht nur versteht, auf die wahren Bedürfnisse unserer Zeit einzugehen und zeitgemäße Antworten zu formulieren, sondern dies gleichzeitig mit einem Tiefgang und einer Leichtigkeit umsetzt. Mit diesem Buch schlägt sie eine gekonnte Brücke zwischen den verschiedenen Welten und zeigt uns, wie wir den Ayurveda auch im Büro, mit einer Familie oder unterwegs authentisch und individuell leben können.
Die Rezepte laden zum Kochen und Schlemmen ein und sind dabei ganz einfach umsetzbar. Alle Ayurveda-Empfehlungen, die Laura mit uns teilt, lassen sich auch im vollsten Alltag gut unterbringen und zeigen uns, was der Ayurveda letztendlich ist: eine Lebenshaltung, die wir in jedem Moment unseres Lebens einnehmen können – und zwar undogmatisch und ohne Stress.
Ich verstehe Lauras Buch als eine Einladung, sich selbst dadurch ein Stück besser kennenzulernen, zu entschleunigen und den eigenen Ayurveda-Weg zu gestalten. Ich freue mich, dass dieses Buch nicht nur einen festen Platz in meinem Bücherregal einnehmen wird, sondern ich es auch vielen meiner KlientInnen empfehlen kann, die dadurch mit Sicherheit einen fundierten, aber einfachen Start in ein einfach gesundes Leben haben werden.
Herzlichen Dank, liebe Laura, für dieses Werk.
Liebe Leser/-innen, ich wünsche euch viel Freude beim Lesen, Genießen und ayurvedisch Leben.
Dr. med. Janna Scharfenberg
Die ayurvedische Ernährungslehre ist oft der Einstieg in einen ganzheitlichen ayurvedischen Lebensstil. Durch die positiven Effekte der ayurvedischen Herangehensweise und die Anwendung von Ernährung auf körperlicher Ebene wird oft das Interesse geweckt, mehr aus den anderen Bereichen des Ayurveda zu erfahren. Für mich war dies einer der Beweggründe, dieses Buch zu schreiben. Inzwischen zielt mein gesamter Berufsalltag darauf ab, die ayurvedische Lehre so vielen Menschen wie möglich näher zu bringen. Warum?
Für mich ist Gesundheit die Voraussetzung, um die eigenen Ziele und Visionen ausgeglichen, mit voller Schöpferkraft und Leichtigkeit zu verfolgen. Ich bin davon überzeugt, dass jeder Mensch die Welt hin zum Positiven beeinflussen kann, sei es in dem Unternehmen, wo man arbeitet, in der eigenen Familie, im Freundeskreis oder auch mit dem eigenen Business. Das »Wie« ist dabei so individuell wie jede Person auf diesem Planeten. Nun kannst du dir vielleicht vorstellen, wie sehr ich mich freue, dass du dieses Buch in den Händen hältst.
Du hast das Buch wahrscheinlich gekauft, um mehr über die ayurvedische Ernährung zu lernen sowie Rezeptinspirationen zu erhalten. Diese Aspekte werden auch den Großteil des Buches ausmachen. Allerdings möchte ich die Chance nutzen, dir auch den ayurvedischen Lebensstil und einige ayurvedische Ansätze über die Ernährung hinaus etwas näher zu bringen. Denn Ayurveda funktioniert nur durch die Betrachtung einer ganzheitlichen Body-Mind-Balance.
Gesundheit ist so viel mehr als die Abwesenheit (körperlicher) Krankheiten. Im Ayurveda gibt es sogar zwei unterschiedliche Begriffe, um die Unterscheidung zu verdeutlichen. Svastha bedeutet Gesundheit und Aroga bedeutet ohne Krankheit. Im Rahmen von Svastha betrachtet Ayurveda auf der einen Seite das körperliche Gleichgewicht und auf der anderen Seite den Geist. Körperlich sind wir gesund, wenn unsere Physiologie, also unsere körperlichen Funktionen, einwandfrei arbeitet, dazu zählt unter anderem eine gute Verdauung, gesunde Körpergewebe und -kanäle. Auf mentaler Ebene gelten wir nach Ayurveda als gesund, wenn ein Zustand des Glücks erreicht wird – auf geistiger, seelischer und sinnlicher Ebene. Somit ist es auch nicht verwunderlich, dass Ayurveda die Individualität des Menschen deutlich in den Mittelpunkt stellt. Für jeden ist die Definition von Glück subjektiv und wird durch unterschiedliche Lebensweisen erreicht. Die Lehre des Ayurveda ist in der Theorie eindeutig definiert, im Alltag aber subjektiv anwendbar. In diesem Buch liest du also meine Interpretation von Ayurveda. Es gibt zahlreiche Ansätze, Strategien und Interpretationen, und ich möchte mir nicht anmaßen, sie als gut oder schlecht, sondern nur als anders zu beurteilen, denn so findet jeder seinen persönlichen (Lebens-)Weg.
Ich verfolge einen undogmatischen, flexiblen Ayurveda. Ich bin kein großer Anhänger von Lebensmittellisten und Verboten. Denn was Ayurveda nicht ist, ist eine Diät, die dir etwas wegnehmen möchte. Wir wollen eher ein positives »hin zu«-Denken etablieren als ein »weg von«-Denken. Der Fokus wird eher darauf gelegt, dass du lernst und erfährst, was dir guttut. Das kann auch mal eine Pizza, ein Croissant, ein Glas guter Wein oder Schokolade sein. Es kommt auf die Häufigkeit, die Qualität und ein gesundes Maß an. Nicht zu vergessen ist die Umgebung, in der du isst, und auch die Menschen, mit denen du dich währenddessen umgibst. Ayurveda ist eine Lebensphilosophie, die darauf ausgerichtet ist, selbst Verantwortung für das eigene Glück, die Gesundheit und Lebensweise zu übernehmen.
Ich möchte an dieser Stelle realistisch bleiben. Zu dieser Selbstverantwortung gehört ein gewisses Maß an Veränderungsbereitschaft, je nachdem, wie deine aktuellen Gewohnheiten sind. Und ja, es gehört auch ein gewisses Maß an Disziplin dazu – gerade zu Beginn. Es muss sicherlich keine ausgedehnte zweistündige Morgenroutine sein, mit allen ayurvedischen Reinigungsritualen, Yoga, Atemübungen, Meditation und heißem Wasser, aber auch auf zehn Minuten wirst du (und auch ich) nicht immer Lust haben. Manchmal würden wir das dritte Mal in Folge vielleicht lieber zu den Pommes greifen oder auf dem Weg zur Arbeit schnell ein Franzbrötchen auf die Hand holen. Das nicht zu machen, ist Disziplin. Ich erlebe oft, dass die Umgewöhnung von einem Lebensstil mit vielen Fertigprodukten sowie Fleisch und Süßigkeiten hin zu mehr Gemüse, vollwertigen Getreidesorten, Obst und Hülsenfrüchten für viele Menschen ein langer Weg sein kann. Die Geschmacksnerven müssen sich auf die neuen Facetten einstellen, was etwas dauern kann. In den meisten Fällen lernen die Menschen diese neue vollwertige Ernährung allerdings nach einiger Zeit wahrhaftig lieben. Die erfreuliche Nachricht auf diesem Weg ist: Mit der Zeit und jedes Mal nach einer für deine Gesundheit förderlichen Entscheidung wirst du spüren, wie anders du dich fühlst. Das motiviert, sehr sogar. Dein Leben ist das Ergebnis der Routinen, die du dir aneignest. Das können gesundheitsförderliche Routinen sein, wie eine natürliche, vollwertige, individuell abgestimmte Ernährung, eine Stunde Zeit am Tag nur für dich oder tägliche Bewegungseinheiten. Genauso gibt es aber auch abträgliche Routinen. Wie oft redest du schlecht mit dir oder denkst negativ über dich? Wie oft scrollst du am Handy und vergleichst dich mit anderen, anstatt dich anzuerkennen? Wie oft greifst du zu Frittiertem oder zu übermäßig viel Alkohol? Auch diese wiederkehrenden Ereignisse sind Routinen.
Das Bewusstsein für den Satz »Dein Leben ist das Ergebnis der Routinen, die du dir aneignest« zu schärfen und ihn zu verinnerlichen, kann deinen Blickwinkel auf Routinen, ob gut oder schlecht, fundamental ändern.
Glücklicherweise spielt dir auch die Wissenschaft der ayurvedischen Lehre mehr und mehr in die Karten. Studien zur ayurvedischen Medizin gibt es nicht so viele, wie man in Anbetracht des Alters von Ayurveda annehmen könnte. Aber wie soll eine standardisierte Studie funktionieren, wenn jeder Patient hoch individuell und noch dazu sowohl auf körperlicher als auch auf mentaler Ebene behandelt wird? Ich freue mich darauf, dass Ayurveda in den nächsten Jahren trotzdem sicherlich Fortschritte auf diesem Gebiet verzeichnen darf. Nichtsdestotrotz zeigt das Forschungsgebiet der Epigenetik, warum Ayurveda seit über 2000 Jahren derart beträchtliche Erfolge sowohl in der Prävention als auch der Therapie erzielen kann. Die Epigenetik erforscht, wie sich beispielsweise unsere Gene durch äußere Einflüsse wie Lebensstil oder Ernährung verändern können, ohne die Veränderung der DNA-Sequenz selbst. Auch die moderne Ernährungswissenschaft hat zahlreiche Übereinstimmungen mit den ayurvedischen Ansätzen, insbesondere, wenn wir die Heil- und Präventivdiät im Ayurveda unterscheiden, worauf wir später noch zurückkommen werden. Die Übereinstimmungen können sehr schön am Eatwell Guide aus Großbritannien erkannt werden, welcher in einem späteren Kapitel eine Rolle spielen wird. Wir können die moderne Wissenschaft sehr gut mit Ayurveda in Einklang bringen, wenn wir uns von den unterschiedlichen Bezeichnungen beider Wissenschaften lösen. Für mich ist Wissen über unsere Ernährung sowohl aus ayurvedischer als auch aus wissenschaftlicher Sicht eine große Motivation, jeden Tag eine gewisse Zeit in der Küche zu verbringen. Daher wirst du in diesem Buch auch beide Seiten kennenlernen.
Ich wünsche dir unglaublich viel Freude und Inspiration mit diesem Buch sowie den Rezepten und hoffe, dass ich dir den Einstieg in die ayurvedische Lebensphilosophie erleichtern kann.
Deine Laura
Bevor wir uns der ayurvedischen Ernährungslehre im Detail widmen, beginnen wir mit den Basics des Ayurveda: Woher kommt er, nach welchen Axiomen ist diese Wissenschaft aufgebaut, wie funktioniert Ayurveda im Alltag und welche Zyklen werden im Ayurveda beschrieben. All das sind Grundlagen, die nötig sind, um auch die ayurvedische Ernährung zu begreifen und für sich individualisieren zu können. Ich wünsche dir viel Spaß beim Lesen dieses Kapitels, beim Entdecken neuer Facetten oder beim Auffrischen von altem Wissen.
Ayurveda ist ein aus Indien stammendes Medizinsystem. Gemeinsam mit der traditionellen Chinesischen Medizin (TCM) und der hippokratischen Medizin gilt es als ältestes Medizinsystem der Welt. Die ersten Ansätze der ayurvedischen Lehre liegen circa 3000 bis 3500 Jahre zurück. Ayurveda als konkretes System existiert seit circa 2000 bis 2500 Jahren. Auch heute ist Ayurveda in Indien noch eine Volksmedizin und wird sowohl präventiv als auch therapeutisch genutzt. Das Wort Ayurveda besteht aus den Begriffen »Ayus« und »Veda«. »Ayus« bedeutet Leben – Leben im ganzheitlichen Sinne auf körperlicher, geistiger und auch spiritueller oder seelischer Ebene. »Veda« bedeutet Wissen. Ayurveda kann also als das Wissen vom Leben übersetzt werden.
Ayurveda bedeutet »Wissen vom Leben«.
Es existieren mehrere große Werke, die Ayurveda erklären und beschreiben. Zwei von ihnen ist eine besondere Bedeutung zuzuschreiben. Zum einen die Caraka Samhita, in der Grundlagen, Philosophie und Krankheitslehre beschrieben werden, und zum anderen die Sushruta Samhita, welche auf die Anatomie und Chirurgie eingeht. Das Stichwort Chirurgie bringt uns zu dem Punkt, dass Ayurveda nicht nur aus den Bereichen Ernährung und Lebensstil besteht, sondern noch in weitere Säulen der Therapie und Prävention unterteilt werden kann.
Drei davon habe ich bereits genannt: Ernährung, Lebensstil und Chirurgie. Ernährung und Lebensstil sind auch heute noch enorm relevant und richtig eingesetzt sehr kraftvoll. Die ayurvedische Chirurgie wurde heute vollkommen von der modernen, schulmedizinischen Chirurgie abgelöst.
Des Weiteren ist die Säule der ayurvedischen Nahrungsergänzungsmittel zu nennen, welche stets mit einem Ayurveda-Spezialisten besprochen werden sollte. In Deutschland ebenfalls recht bekannt ist die Manualtherapie, die Massagen und weitere körperliche Anwendungen beinhaltet. Zudem nutzt Ayurveda ausleitende Maßnahmen, auch als Panchakarma bekannt. In Indien und Sri Lanka existieren zahlreiche Kliniken, aber auch in Deutschland werden diese Kuren zunehmend bekannter und populärer. Die ayurvedische Psychologie ist ein weiterer Bereich dieser ganzheitlichen Medizin. Die subtile Ebene wurde früher insbesondere durch Rituale ausgedrückt und könnte heute mit Spiritualität übersetzt werden.
Die Säulen der Ayurveda-Therapie beziehungsweise -Prävention sind Ernährung, Lebensstil, Chirurgie, Phytotherapie, Manualtherapie, ausleitende Maßnahmen, Psychologie sowie die subtile Ebene.
Ayurveda verfolgt – vereinfacht ausgedrückt – drei wichtige Ziele. Die Gesundheit des Gesunden soll gestärkt werden. Die Lebensspanne und gleichzeitig die Gesundheitsspanne sollen verlängert werden. Krankheiten sollen geheilt werden. Die ersten beiden Punkte sind auf die Prävention ausgerichtet, Letzteres auf die Herstellung des Gleichgewichts. In beiden Bereichen können wir zahlreiche Tools nutzen: die Anpassung von Schlafgewohnheiten, Stressmanagement, Bewegung beziehungsweise Sport und Ernährung. Daran ist zu erkennen, wie hochaktuell Ayurveda heute noch ist. Denn diese Bereiche zählt auch die moderne Wissenschaft zu wichtigen Säulen der Gesundheit. Routinen in all diesen Bereichen aufzubauen und sämtliche Empfehlungen zu integrieren ist eine enorm große Aufgabe. Daher möchte ich, dass du eines im Hinterkopf behältst, wenn du dieses Buch liest: Es braucht Jahre, um ein für dich passendes Bewegungsprogramm zu finden, genauso wie es Jahre braucht, ein Business aufzubauen oder eine natürliche, vollwertige Ernährung in dein Leben zu integrieren. All das passiert nicht über Nacht.
Drei der Hauptziele von Ayurveda sind: die Gesundheit stärken, die Lebens- und Gesundheitsspanne verlängern sowie Krankheiten heilen, wenn nötig.
Gemäß Ayurveda sind wir gesund, wenn unser Körper im Gleichgewicht ist, genauer gesagt, wenn unsere körperlichen Funktionen einwandfrei funktionieren, unser Stoffwechsel und unsere Verdauung optimal arbeiten und wir auf mentaler, emotionaler Ebene Glück empfinden. Ayurveda zielt also immer auf eine ausgeglichene Body-Mind-Balance ab. Zur Erreichung dieser Balance bedient sich Ayurveda aus diversen Bereichen wie Zubereitungsmethoden beim Kochen, Pranayama (Atemübungen) aus dem Yoga, verschiedenen Meditationen beziehungsweise Entspannungsübungen oder alltäglichen Reinigungsritualen wie dem Zungeschaben. Es werden stets zahlreiche Körperfunktionen wie Atmung oder Verdauung einbezogen. Ayurveda ist demnach kein esoterisches, sondern ein höchst logisches und rationales System, welches modern interpretiert werden darf.
Um die gewünschte Balance zu erreichen, ist der erste Schritt, die Ursachen, die Disbalancen hervorrufen, zu vermeiden oder auszugleichen. In Bezug auf die Ursachen dürfen wir etwas größer denken. Denn wir sind, wie du gleich lernen wirst, der Mikrokosmos im Makrokosmos. Das bedeutet, die Jahreszeiten um uns herum, die Tageszeiten und unsere Lebensabschnitte sowie bei Frauen auch der Menstruationszyklus haben einen Einfluss auf unsere Balance.
Ayurveda ist kein esoterisches, sondern ein höchst logisches und rationales System.
Im Sommer schwitzen wir vermehrt, da unser Körper uns durch die Verdunstungskälte des Schweißes kühlen möchte. Im Winter haben wir vermehrt Lust auf deftiges, schwereres Essen, da unser Körper uns auf den »harten Winter« vorbereiten und gerne ein wenig Gewicht zulegen möchte. Im Sommer wollen wir etwas leichter essen, da unser Körper mit dem Kühlen von innen beschäftigt ist und der Darm nicht unnötig viel arbeiten soll und kann. In den dunkleren Monaten des Jahres sind wir müder, da die Dunkelheit unser Schlafhormon Melatonin verstärkt anregt. Kurz vor der Menstruation brauchen Frauen meist etwas mehr Ruhe, da das Hormon Progesteron das Bedürfnis auslöst, sich etwas zurückzuziehen, um die eventuell befruchtete Eizelle zu schützen. Während der Menstruation sind die Geschlechtshormone auf dem Minimum, was abermals dazu führt, dass wir uns etwas zurückziehen wollen. Wir können all diese Faktoren ignorieren, was sicher eine Zeit lang gut gehen wird, denn unser Körper ist ein Wunder. Es ist unglaublich, was alles passiert, während du diese Wörter hier liest. Du atmest ganz automatisch, das Herz schlägt für dich und pumpt dein Blut durch deine Adern, deine Sinne blenden tausende Reize aus, damit du konzentriert diesen Zeilen folgen kannst, dein Körper reguliert die Temperatur, sagt dir, wann du essen oder trinken sollst, und wenn du gut zuhörst sogar, wann du Pausen benötigst. All das und noch so viel mehr kann unser Körper ohne jegliches Zutun unsererseits. Dein Körper kann also auch sehr lange selbst einen Ausgleich schaffen, wenn deine Ernährung oder dein Lebensstil eher zu einer Verschlimmerung als zu einer Verbesserung des dynamischen Gleichgewichts beitragen. Das führt zum einen allerdings nicht unbedingt zu einer gesunden Langlebigkeit in der eigenen Kraft und zum anderen macht es das Leben sicherlich nicht einfacher.
Im Ayurveda gibt es den wichtigen Leitsatz »Gegensätze gleichen sich aus«. Wenn es heiß ist, unterstütze deinen Körper also mit kühlenden Lebensmitteln wie Gurke, Melone oder Minze.
Wenn du während deiner Menstruation Ruhe benötigst, dann finde Wege, dir diese zumindest in einem gewissen Maße zu gönnen. Und wenn du im Winter Lust auf etwas Deftiges hast, gönn dir ruhig eine größere Portion eines leckeren Kartoffeleintopfes.
Gegensätze gleichen sich aus.
Nun ist das alles schon recht viel Wissen, das einen großen Einfluss auf unser Leben haben kann. Daher ist es jetzt wichtig, entspannt zu bleiben. Wenn du beginnst, dich mit Ayurveda zu beschäftigen, kann es gut sein, dass du dich pausenlos fragst, wie du diesen Leitsatz nun in deinen Alltag integrieren kannst. Das ist etwas Schönes, gleichzeitig kann es aber enorm stressen. Gehe also Baby-Schritte. Erkenne an, wenn du einmal am Tag auf deinen Körper hörst, und freue dich über die kleinen Dinge. Wir werden wahrscheinlich niemals die perfekte Balance erreichen, dafür sind wir zu vielen externen Faktoren ausgesetzt. Aber ich denke, das ist auch gar nicht das Ziel. Das Ziel ist es, sich und seine Bedürfnisse besser kennenzulernen, persönlich zu wachsen und das dynamische Gleichgewicht zu erfahren, mit dem wir uns wohlfühlen. Der Weg ist das Ziel. Ein Satz, den jeder kennt, der aber kaum wahrer sein könnte. Dieser Weg ist für jeden unterschiedlich. Auch in der Ernährung. Das sagt nicht nur der Ayurveda, sondern auch die Ernährungswissenschaften. Es gibt unterschiedliche Konzepte für die Ernährung von Kindern, Erwachsenen und Senioren. Ernährung ist abhängig vom Gewicht, von der Muskelmasse, vom Geschlecht, von der Art und Häufigkeit der Bewegung und noch vielem mehr. Das ist nicht komplett übertragbar auf den Ayurveda, aber es zeigt, dass in beiden Bereichen ein individueller Ansatz existiert und eine »One fits all«-Lösung eher unrealistisch ist.
Die Annahme, dass wir von unserer Umgebung beeinflusst werden, wurde im Ayurveda auch durch den Grundsatz »Wir (die Menschen) sind der Mikrokosmos im Makrokosmos« begründet. Naturwissenschaftlich betrachtet, besteht alles im Universum aus den gleichen Atomen. Atome sind die Bausteine, welche alle festen, flüssigen oder gasförmigen Stoffe bilden. Die Bestandteile, die sich im gesamten Universum finden, finden sich also auch im Menschen wieder. Somit leben wir nicht unabhängig von der Natur, sondern sind ein Teil von ihr. Wir tun uns also selbst einen Gefallen, wenn wir uns an den Rhythmus der Natur anpassen. Nichts anderes ist Ayurveda.
Wir sind der Mikrokosmos im Makrokosmos.
Ich selbst bin ein unglaublich großer Fan von Technik, Digitalisierung sowie der Globalisierung und sehe enorme Chancen in diesen Bereichen. Gleichzeitig fordern diese Entwicklungen aber auch die Rückbesinnung auf sich selbst, die natürlichen Rhythmen und große Achtsamkeit, wie wir mit uns und der Welt umgehen. Ich denke, hier finden sich unter anderem einige Gründe, warum Ayurveda, Yoga und auch die Meditation in den letzten Jahren immer mehr in Europa angekommen sind. Wir suchen intuitiv einen Ausgleich zu den rasanten Entwicklungen, die so viel Positives bereithalten, aber auch große Anpassung von uns verlangen.
Ausgehend von dem Konzept des Mikrokosmos im Makrokosmos, sagt Ayurveda auch, dass die Eigenschaften, welche sich im Großen (Makrokosmos) wiederfinden, sich auch im Kleinen (Mikrokosmos) wiederfinden. Zum Konkretisieren dieses Konzepts dienen die fünf Elemente, die Grundlage des ayurvedischen Denkens.
Alles besteht aus einer bestimmten Zusammensetzung aller Elemente.
Jedem Element werden verschiedene Eigenschaften zugeschrieben. Alles, was Materie ist, wird im Ayurveda mit diesen Eigenschaften der Elemente beschrieben. Materie umfasst alles, was uns umgibt: unsere Nahrung, den menschlichen Körper, alle Gegenstände sowie Tiere und Pflanzen, die existieren. Was du dir an dieser Stelle merken kannst, ist, dass alles aus einer bestimmten Zusammensetzung aller Elemente besteht, jedoch ist die Zusammensetzung jeweils unterschiedlich. Die fünf Elemente sind Erde, Wasser, Feuer, Luft und Raum.
Erde (Prthvi) werden die Eigenschaften kalt, schwer, rau, hart, grobstofflich, trocken, träge und fest zugeschrieben. Jedes Element hat zudem Wirkprinzipien. Bei Erde ist dies primär das Masse-Prinzip, mit dem die Wirkungen Stabilität, Wachstum, Schwere und Kompaktheit eng einhergehen. Das Sinnesorgan, welches Erde zugeschrieben wird, ist die Nase.
Das Element Wasser (Jala) wird beschrieben durch die Eigenschaften flüssig, feucht, schwer, kalt, träge, weich und glatt. Wasser wird dem Synthese-Prinzip zugeschrieben, also der Verbindung verschiedener Elemente oder im weiteren Sinne auch dem Prinzip des Lebens. Das zugehörige Sinnesorgan ist die Zunge.
Zum Element Feuer (Agni) zählen die Eigenschaften heiß, scharf, penetrierend, fein, leicht, trocken und beweglich. Das Prinzip hinter Feuer ist Hitze beziehungsweise. Energie sowie Transformation. Dieses Element hat eine starke Wirkung auf unsere Verdauung oder auch die Ausstrahlung der Haut. Das mit Feuer in Verbindung gebrachte Sinnesorgan sind die Augen.
Luft (Vayu) wird beschrieben mit leicht, kühl, rau, trocken und feinstofflich sowie beweglich beschrieben. Das wirkende Prinzip ist Bewegung, was gut zum Wind passt, an den viele denken, wenn über das Element Luft gesprochen wird. Das dazugehörige Sinnesorgan ist die Haut.
Das Element Raum (Akasa), auch Äther genannt, ist weich, leicht, fein, glatt, subtil und durchdringend. Das Wirkprinzip ist die Ausdehnung, was vielleicht etwas besser verstanden wird, wenn die Wirkung als Abwesenheit von Widerständen beschrieben wird. Letztendlich ist Äther das unkonkreteste aller Elemente und schwierig vorstellbar. Eine Unterstützung kann sein, dass du dir Raum vorstellst als das Element, in dem die anderen Elemente existieren können. Das zugehörige Sinnesorgan sind die Ohren.
Die fünf Elemente, ihre Eigenschaften, Prinzipien und Sinnesorgane
Element (Sanskrit)
Eigenschaften
Prinzip, Wirkung
Sinnesorgan
Erde (Prthvi)
kalt, schwer, rau, hart, grobstofflich, trocken, träge, fest
Masse-Prinzip, Stabilität, Wachstum, Schwere, Kompaktheit
Nase
Feuer (Agni)
heiß, scharf, penetrierend, fein, leicht, trocken, beweglich
Transformationsprinzip, Hitze, Energie
Augen
Wasser (Jala)
flüssig, feucht, schwer, kalt, träge, weich, glatt
Synthese-Prinzip, Verbindung/Leben
Zunge
Luft (Vayu)
beweglich, leicht, kühl, rau, trocken, feinstofflich
Bewegungsprinzip
Haut
Raum (Akasa)
weich, leicht, fein, glatt, subtil, durchdringend
Ausdehnungsprinzip, Abwesenheit von Widerständen
Ohr
Die Elemente werden in unserem Alltag durch die Eigenschaften beschrieben und machen Ayurveda zu einem sehr praxisnahen System. Wir können dominierende Eigenschaften in unserem Körper feststellen, in unserer Umgebung, in unserer Nahrung und auch in unserem Geist. Nun fragst du dich vielleicht, wie es möglich ist, die Elemente beziehungsweise die entsprechenden Eigenschaften tatsächlich wahrzunehmen. Dazu ein Beispiel: Das Element Luft in einer Reiswaffel wahrzunehmen, ist vielleicht nicht direkt greifbar. Die Eigenschaften der Reiswaffel wie leicht und trocken hingegen schon. Das Luft-Element ist zum Beispiel (übermäßig) präsent, wenn wir trockene Haut oder auch Verstopfung, also einen trockenen Darm haben. An einem tropischen Sommertag mit hohen Temperaturen und einer hohen Luftfeuchtigkeit sind die Elemente Feuer und Wasser an den Eigenschaften heiß und feucht zu erkennen. Ein Pastagericht ist eher schwer und hat viel Erd-Element inne, es kann durch eine leichte Gemüsesoße aber ausbalanciert und somit etwas leichter gemacht werden. Können wir durch das allseits bekannte Gedankenkarussell nicht einschlafen, sind unsere Gedanken beweglich und kommen nicht zur Ruhe, ist in uns demnach das Element Luft momentan stark ausgeprägt.
In der Praxis arbeiten wir primär mit sechs der 20 Eigenschaften: heiß und kalt, leicht und schwer sowie trocken und feucht.
Hier eine kleine Aufgabe für dich, wenn du Lust hast. Achte in den nächsten Tagen auf die Eigenschaften um dich herum und dich selbst betreffend. Frage dich, ob du eher dazu tendierst, mehr zu frieren, oder ob dir meist warm ist. Leicht und schwer kannst du zum Beispiel auf dein Gewicht beziehen, aber auch auf die Frage, ob deine Gelenke eher breit und stark oder sehr zierlich sind. Bei trocken und feucht kannst du dich fragen, ob du eher zu einer öligen Haut tendierst oder sie meist trocken ist. Versuche, während deiner nächsten Mahlzeiten auch dein Essen nach diesen sechs Eigenschaften zu bewerten. Nehmen wir als Beispiel nochmals das Pastagericht. Es ist recht schwer, und die Nudeln allein sind eher trocken. Mit einer Gemüsesoße kannst du das Gericht aber nicht nur leichter machen, sondern auch feuchter, je nachdem, wie viel Soße du nutzt.
Wenn du achtsamer gegenüber den Eigenschaften deines Körpers und deines Geistes wirst, kannst du dir diesen sehr wirkungsvollen Leitsatz aus dem Ayurveda zunutze machen: »Gegensätze gleichen sich aus.« Spürst du zum Beispiel viel Leichtigkeit in deinem System, kann dich eine Pasta aus Dinkelvollkornnudeln mit einer leckeren Gemüsesoße erden. Spürst du viel Trockenheit in deinem System, kannst du abends vermehrt Suppen oder Eintöpfe als Abendessen einplanen oder etwas mehr Ghee zum Kochen nutzen. So ist es ganz einfach, sich über die tägliche Nahrungsaufnahme etwas Gutes zu tun und ein dynamisches Gleichgewicht zu finden.
Die zehn Gegensatzpaare
heiß
kalt
leicht
schwer
trocken
feucht
spitz
träge
mobil
statisch
hart
weich
fein
grob
klar
trüb
rau
glatt
dünnflüssig
dickflüssig
Solltest du bereits vorher ein Buch über Ayurveda in den Händen gehalten und darin geblättert haben, dann kommen dir die Begriffe Vata, Pitta und Kapha vielleicht bekannt vor, denn dabei handelt es sich um die Doshas. Sie sind nicht nur einer der bekanntesten Begriffe aus dem Ayurveda, sondern eine der zentralen Theorien der ayurvedischen Lehre.
Die Elemente spielen auch im Rahmen der Dosha-Lehre eine überragende Rolle, denn die Doshas werden aus den fünf Elementen zusammengesetzt. Je zwei Elemente ergeben jeweils ein Dosha. In diesem Dosha finden sich somit auch die Eigenschaften der zugeordneten Elemente wieder. Ist von einem Dosha-Typ die Rede, so ist die Konstitution eines Menschen gemeint, auch Prakriti genannt. Jedem Dosha werden verschiedene körperliche Merkmale und Funktionen zugeschrieben, Neigungen zu bestimmten Krankheiten, Tendenzen zu bestimmten Emotionen sowie Veranlagungen. Daraus resultierend, kann die Prakriti jedes Menschen bestimmt werden. Diese Konstitution verändert sich im Laufe des Lebens nicht, sie ist sozusagen die ganz individuelle DNA eines Menschen.
Die Doshas beschreiben allerdings noch viel mehr als diesen physiologischen, auf das Individuum bezogenen Aspekt. Im Ayurveda gehen wir davon aus, dass alles aus den Elementen besteht, wir finden demnach auch die Doshas in allem wieder – nicht nur in uns selbst, sondern auch in unserer Umgebung. Sie spielen daher eine große Rolle bei der Ayurveda-Therapie, bei der Einteilung von Funktionen im Körper sowie beim Beschreiben und Erfassen von Störungen. Des Weiteren werden unsere Lebensphasen den Doshas zugeordnet, ebenso wie die Tages- und Jahreszeiten sowie der Menstruationszyklus. Ayurveda hat, vereinfacht ausgedrückt, bestimmte Einflüsse und Eigenschaften in verschiedenen Zyklen oder Menschentypen beobachtet, diese Einflüsse kategorisiert und ihnen Namen gegeben: Vata, Pitta und Kapha. Die Doshas können somit am ehesten als Konglomerat von Eigenschaften beschrieben werden.
Die Doshas sind ein Konglomerat von Eigenschaften.
Bei den Doshas handelt es sich um ein sehr praxisnahes Konzept, welches im Alltag eine große Unterstützung bei Fragen zur individuellen Ernährung und zu Lebensstilentscheidungen beitragen kann. Dieses Konzept schafft auf einmalige Weise eine Verbindung zwischen Innen- und Außenwelt, zwischen körperlicher und mentaler Balance sowie zwischen Balance und Disbalance.
Um dieses tiefgreifende ayurvedische Konzept mehr zu verinnerlichen, schauen wir uns im Folgenden sowohl die Konstitutionslehre als auch die verschiedenen Zyklen genauer an.
Die Konstitution kann als die DNA eines Menschen erachtet werden, sie ist demnach genauso individuell wie unsere genetische Grundlage selbst und verändert sich im Laufe des Lebens nicht. Jedes der drei Doshas setzt sich aus zwei der fünf Elemente zusammen. Vata besteht aus Luft und Raum, Pitta aus Feuer und Wasser und Kapha aus Erde und Wasser. Wenn zum Beispiel von einer Vata-Konstitution die Rede ist, dann sind die Elemente Luft und Raum und somit auch die Eigenschaften dieser beiden Elemente besonders präsent. Allerdings besteht wie oben beschrieben jeder Mensch und auch alles um uns herum aus allen fünf Elementen, nur in einer unterschiedlichen Zusammensetzung. Dies erklärt auch die Individualität jedes Einzelnen.
Als Ausprägungen der Konstitution, auf Sanskrit Prakriti genannt, existieren insgesamt sieben Typen: Vata, Pitta und Kapha als Einzelkonstitutionen sowie die Mischkonstitutionen Vata-Pitta, Vata-Kapha, Pitta-Kapha und die Tridosha-Kombination Vata-Pitta-Kapha.
Die Zusammensetzung der Doshas aus den Elementen
Wenn du deine eigene Konstitution kennst, wirst du dich selbst besser verstehen und kannst Rückschlüsse auf deine Potenziale, Stärken und Talente ziehen. Du weißt auch, wo deine Schwächen liegen oder für welche Disbalancen du anfälliger sein könntest und bist demnach achtsamer bei ersten Anzeichen. Schön ist es, die Konstitution zu erforschen und zu versuchen, sich selbst spielerisch einzuordnen. Du kannst auch gemeinsam mit einem Ayurveda-Therapeuten oder Ayurveda-Arzt deine Konstitution herausfinden. Für einen ersten Eindruck findest du in den folgenden Tabellen eine Einordnungen nach Vata, Pitta und Kapha. Es werden insgesamt vier Bereiche berücksichtigt, denn sie alle lassen Rückschlüsse auf die Konstitution zu: Körperliche Merkmale, physiologische Merkmale, Psychologie und Verhalten sowie Emotionen. Bei den folgenden Beschreibungen wird die Prakriti beschrieben. Im Laufe des Lebens verändert sich unser Zustand allerdings immer wieder. Daher kannst du dich in Gedanken immer wieder fragen: Wie war die entsprechende Ausprägung zu einem Großteil meines Lebens?
Ausprägungen von Vata anhand der Eigenschaften
Vata
Eigenschaft
Ausprägung
kühl
kälteempfindlich; schlechte Durchblutung; Tendenz zu kalten Händen und Füßen
trocken
Tendenz zu trockener, dünner Haut, wenig Schweiß; Tendenz zu trockenen Haaren; Tendenz zu knackenden Gelenken; Tendenz zu trockenem Darm (Verstopfung)
leicht
leichter, schneller Gang; leichtes Gewicht/schmale Gelenke/schmaler, zierlicher Körperbau; leichter Schlaf; Wechselhaftigkeit (Appetit, Verdauung, unregelmäßiger Zyklus); schnelles Sprechen
beweglich
instabile Gelenke; flexibel im Geist/enthusiastisch/kreativ; schnelle Augenbewegungen
subtil
Tendenz zu Ängsten, Nervosität, kreisenden Gedanken; offen für Spiritualität
Ausprägungen von Pitta anhand der Eigenschaften
Pitta
Eigenschaft
Ausprägung
heiß
oft warme Körpertemperatur; Tendenz zu rötlicher Haut mit Muttermalen;
Tendenz zu Entzündungen;
gute Verdauung (eventuell zu stark);
ausgeprägtes Hunger- und Durstgefühl;
Tendenz zu hitzigem Gemüt;
Tendenz zu früher Faltenbildung und Haarverlust;
leidenschaftlich
flüssig/fließend
Neigung zu öliger Haut; Neigung zu schnell fettenden Haaren; viel Schweißbildung; große Mengen an Urin und Stuhl
scharf
scharfer Verstand; ehrgeizig, fokussiert; Tendenz zu Ungeduld
sauer
Tendenz zu saurem Körpergeruch; Tendenz zu Sodbrennen
leicht
athletischer Körperbau
Ausprägungen von Kapha anhand der Eigenschaften
Kapha
Eigenschaft
Ausprägung
schwer
stabiler Körperbau und breite Gelenke;
Tendenz zu kurvigem Körperbau;
Neigung zu Gewichtszunahme; langsame, träge Verdauung;
tiefer Schlaf, Tendenz zu langem Schlafen
weich
weiche Gesichtszüge; weicher, ebenmäßiger Teint;
weiche, gesunde Haare; weiches Wesen, ausgeglichen
träge
Tendenz zu gemächlichem Handeln; langsamere Gangart;
Zufriedenheit und Gelassenheit;
weniger Motivation zu Bewegung:
langsame Sprechweise
kalt
Körpertemperatur ist eher kühl, ohne dass gefroren wird;
Mangel an Hunger, aber trotzdem kulinarische Genießer;
wenn, dann eher kalter Schweiß
flüssig/feucht
Neigung zu Wasseransammlungen;
Neigung zu Schleimbildung
Wahrscheinlich wirst du dich beim Lesen der Tabellen bei zwei Doshas verstärkt wiedergefunden haben. Die Mischkonstitutionen kommen nämlich am häufigsten vor. Ich hoffe, dieser kleine Einblick inspiriert dich, auch in Zukunft deine Konstitution etwas genauer zu erforschen. Für die Anwendung von Ayurveda im Rahmen der Ernährung ist es allerdings etwas relevanter, deinen aktuellen Ist-Zustand zu kennen (Vikriti). In diesem Fall schaust du, welche Eigenschaften aktuell bei dir vorhanden sind und wie du diese ausgleichen kannst. Prakriti und Vikriti können voneinander abweichen. Wir streben im Ayurveda nach einem dynamischen Gleichgewicht. Unser Gleichgewicht wird von unzähligen Einflüssen wie den Jahreszeiten, den Tageszeiten, bei Frauen vom Menstruationszyklus sowie dem eigenen Lebensalter und der Nahrung, die wir zu uns nehmen, sowie dem Lebensstil bestimmt. Daher dürfen wir uns jeden Tag aufs Neue fragen, was wir heute brauchen, um unser Gleichgewicht zu erhalten oder wiederherzustellen. So entsteht eine dynamische und keine statische Balance.
Wir streben im Ayurveda nach einem dynamischen Gleichgewicht und nicht nach einer statischen Balance.
Der folgende Test hilft dir dabei, deine Vikriti, also deinen aktuellen Ist-Zustand, zu erfassen. Gehe in der Tabelle jede Spalte durch und kreuze an, welche Eigenschaft auf dich zutrifft. Schreibe dann ganz unten in der Spalte »Auswertung« auf, wie viele Kreuze du bei welchem Dosha gemacht hast. Wenn deine Punktzahl bei einem Dosha deutlich höher ist als bei den anderen, ist dies deine aktuelle Vikriti, und du kannst die Empfehlungen für dieses Dosha berücksichtigen. Haben zwei Buchstaben eine ähnliche Punktzahl, besteht bei dir zurzeit eine Mischkonstitution. Dann kannst du dich an den Empfehlungen für beide Doshas orientieren. Im Kapitel zu den Grundlagen der ayurvedischen Ernährung findest du zahlreiche Tipps, wie du deinen Ist-Zustand ausbalancieren und wie du alle Gerichte in diesem Buch für deinen aktuellen Ist-Zustand anpassen kannst. Du kannst diese Einordnung ruhig alle paar Wochen oder Monate wiederholen, wenn du das Gefühl hast, dass dein Zustand sich verändert hat.
Merkmal
Vata
Pitta
Kapha
Körperbau
schlank; feingliedrig; gut sichtbare Adern
athletisch; weder auffällig breit noch schmal
stabil; breite Gelenke
Gewicht
niedriges Gewicht; Tendenz zu Untergewicht
Normalgewicht
eher im oberen Gewichtsbereich oder Übergewicht
Haut
trocken und sensibel
ölig; Neigung zu Rötungen und Entzündungen; Sommersprossen; viele Muttermale
fest; eher kühl; etwas ölig; prall
Haare
trocken; Spliss; rau; dünn
glänzend; Tendenz zu frühem Ergrauen oder Haarausfall
volles, kräftiges Haar
Schlaf
unruhig; leichter Schlaf; öfters wach
gut und tief; meist ohne Unterbrechungen und durchschnittlich lange
tiefer und langer Schlaf; gerne mehr als acht Stunden
Tendenz zu Disbalancen
sehr wechselhafte Verdauung; Schlafstörungen; Gedankenkarussell
Entzündungen (z. B. Akne, Gastritis); beißender Körpergeruch; Sodbrennen
Übergewicht; Verschleimung
Eigenschaften
kreativ; neugierig; flexibel
entscheidungsfreudig; strukturiert
geduldig; gelassen
Immunsystem
eher schwach; häufig krank
gut, teils zu stark; Tendenz zu Allergien
ausgewogen; sehr selten krank
Appetit/Hunger
wechselhaft
stark
mehr Appetit als Hunger
Verdauung
wechselhaft
gut
träge
Stuhl
mal zu trocken/hart, mal Durchfall (besonders bei Nervosität), mal gut
lockerer Stuhl; täglich mindestens einmal Stuhlgang
voluminöser Stuhl, eventuell schleimig
Energielevel
schwankend, mal sehr viel Energie, mal starke Müdigkeit und ein ausgelaugtes Gefühl
in der Regel gut; Tendenz zu Überlastung mit folgender Erschöpfungsphase
eher gering; oft geistige träge
Temperaturempfinden
meist kalt
meist warm
weder noch; angenehm warm
Sehnsucht nach
Wärme und Erdung
Entspannung und Gelassenheit
Aktivierung und Wachheit
Auswertung