Babylon! - Callas - Adelhard Winzer - E-Book

Babylon! - Callas E-Book

Adelhard Winzer

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Beschreibung

Babylon! - Absalon und Bischof erzählen sich in einer geschlossenen Anstalt Geschichten über den Krieg, über die Manipulation staatlicher Fördergelder, über die Schwierigkeiten, ein Haus zu vermieten, über den ganz normalen Wahnsinn des Lebens. Sie fantasieren über die wüsten Zustände in Großbritannien und den Traum, in unserer hochtechnisierten Welt einen Freund zu finden. Und sie kommen zu dem Schluss: Jeder sollte einen Freund aus einem fremden Land haben. Dann ginge es der Welt und den Menschen besser. Callas - Was ist Egoismus? Und was ist Größe? Was ist Unterwürfigkeit? Was Aufopferung und was Gerechtigkeit? Adelhard Winzer versucht in diesem Stück eine Antwort zu finden auf die ungelösten Fragen des Lebens. In der Scheinwelt genauso wie in der Realität und der Kunst in unserer Zeit.

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Babylon! – Komödie Absalon und Bischof erzählen sich in einer geschlossenen Anstalt Geschichten über den Krieg, über die Manipulation staatlicher Fördergelder, über die Schwierigkeiten, ein Haus zu vermieten, über den ganz normalen Wahnsinn des Lebens. Sie fantasieren über die wüsten Zustände in Großbritannien und den Traum, in unserer hochtechnisierten Welt einen Freund zu finden. Und sie kommen zu dem Schluss: Jeder sollte einen Freund aus einem fremden Land haben. Dann ginge es der Welt und den Menschen besser.

Callas – Ein Spiel Was ist Egoismus? Und was ist Größe? Was ist Unterwürfigkeit? Was Aufopferung und was Gerechtigkeit? Adelhard Winzer versucht in diesem Stück eine Antwort zu finden auf die ungelösten Fragen des Lebens. In der Scheinwelt genauso wie in der Realität und der Kunst in unserer Zeit.

Adelhard Winzer, geboren in Karlshuld, Donaumoos, lebt heute im Chiemgau. Erlernte das Bäckerhandwerk. Spielte mit sechzehn in der ersten Band. War Discjockey und als Berufsmusiker in Deutschland, Österreich und der Schweiz unterwegs. Veröffentlichte ein Kinderbuch. Arbeitete in einer Großbank. Wurde zur Lesung in den Grünen Salon der Volksbühne Berlin eingeladen. Belegte den dritten Platz beim Fränkischen Kurzgeschichtenpreis. Widmete sich, nach dem Eintritt ins Pensionsalter, endgültig dem Schreiben und Zeichnen.

Inhalt

Babylon!

Callas

Babylon!

Zwei Akte

Personen

BISCHOF

ABSALON

Absalon und Bischof erzählen sich in einer geschlossenen Anstalt Geschichten über den Krieg, über die Manipulation staatlicher Fördergelder, über die Schwierigkeiten, ein Haus zu vermieten, über den ganz normalen Wahnsinn des Lebens. Sie fantasieren über die wüsten Zustände in Großbritannien und den Traum, in unserer hochtechnisierten Welt einen Freund zu finden. Und sie kommen zu dem Schluss: Jeder sollte einen Freund aus einem fremden Land haben. Dann ginge es der Welt und den Menschen besser.

Erster Akt

Während die Zuschauer ihre Plätze einnehmen, ist ein Ausschnitt aus dem Prelude der Cellosuite Nummer 1, BWV 1007 zu hören. Die Protagonisten sitzen bereits auf der Bühne. Ein spärlich eingerichtetes Zimmer. Ein Tisch und zwei Stühle. Im Hintergrund eine Tür. BISCHOF, groß und in voller Montur, dreht wiederholt an seinem Ring. ABSALON, klein, schmächtig, kurzer Haarschnitt, weiß gekleidet und in Sandalen, hat vor sich auf dem Tisch ein großes Buch, in das er sporadisch zeichnet und schreibt. Alles ist offen, alles ist frei, allein Absalons Kittel erinnert an eine Heilanstalt. Das Licht im Saal geht nicht aus.

ABSALON Weißt du, dass wir eine neue Küche kriegen?

BISCHOF Obwohl ich immer sage, eine Küche brauchen wir nicht.

ABSALON Ich brauche sie schon. Weil meine Frau kocht gut und gerne für mich!

Kurze Pause.

BISCHOF Alle haben eine große Küche, nur bei uns muss jede Ecke ausgenutzt werden. Die Schwenktüren und Schubläden, in denen alles verschwindet, die sind schon praktisch.

Kurze Pause.

ABSALONgrinst Erinnerst du dich noch an das Essen beim Barras?

BISCHOF Barras?

ABSALONzweifelnd Warst du überhaupt dabei?

BISCHOFin lautem Kasernenhofton Kompanie – Stillgestanden!

Kurze Pause.

BISCHOFverächtlich Barras, hör mir bloß auf.

ABSALON Längst vorbei, mein Bischof.

BISCHOF Ich habe erst nachher den Kriegsdienst verweigert.

Kurze Pause.

BISCHOF Ein Hauptmann mit Armprothese hat damals die Untersuchung geführt. Dem ist kein Lächeln ausgekommen.

Kurze Pause.

BISCHOF Zum Beispiel hat er gefragt: Sie gehen mit der Oma im Wald spazieren. Kommt einer mit einem Gewehr daher – was machen Sie?

Kurze Pause.

ABSALONlachend Ich erschieße die Oma!

Kurze Pause.

BISCHOFstreng Ach so, Sie haben ein Gewehr?!

Kurze Pause.

BISCHOF Also können Sie auch töten.

Kurze Pause.

BISCHOF Wenn Sie töten können, können Sie auch zum Militär!

Kurze Pause.

BISCHOF ABGELEHNT!

Kurze Pause.

ABSALON Jawohl!

BISCHOF Ich weiß gar nicht mehr, was ich darauf geantwortet habe.

Kurze Pause.

ABSALON Depperte Fragen! Ich hab das zufällig mitgekriegt von einem aus unserer Truppe, der auch verweigert hat.

BISCHOF Warst du vielleicht Berufssoldat?

ABSALONdistanziert Nein, ich war auf See!

BISCHOF Wie lange?

ABSALON Ein halbes Jahr Grundausbildung, ein Jahr Marine.

BISCHOF Und als was haben sie dich entlassen?

ABSALON Erst war ich Matrose, dann Gefreiter.

Entlassen wurde ich als Hauptgefreiter.

Kurze Pause.

ABSALON Ich hätte aber –

Kurze Pause.

BISCHOF Was hättest du?

Kurze Pause.

ABSALON Aufgrund der Schulung hätte ich Leutnant werden können, habe es aber abgelehnt.

BISCHOF Und immer auf dem Schiff?

ABSALON Klar!

BISCHOF Wie hast du dich denn da gefühlt?

ABSALON SCHEISSE!

BISCHOF Das kann ich mir denken.

Kurze Pause.

BISCHOF Nie an Land.

Kurze Pause.

BISCHOFgrinst Und keine Frauen?

Kurze Pause.

ABSALON Natürlich waren wir auch mal an Land.

Kurze Pause.

ABSALON Wir hatten auch Frauen, aber so einfach war das nicht.

Kurze Pause.

BISCHOF Das glaube ich dir, dass es hart war, so eng aufeinander. Nein, darum beneide ich dich nicht!

Kurze Pause.

ABSALON Es gab auch einen Selbstmord.

Kurze Pause.

BISCHOF Mann über Bord, oder?

ABSALONkopfschüttelnd Ein Schuss weniger, wer merkt das schon.

BISCHOF Wurden denn die Patronen nicht gezählt?

ABSALON Keine Ahnung.

BISCHOF Ah, wie ich sie gehasst habe, diese Schießübungen. Es gab ja so geile Jungfüchse: Ich möchte auch mal mit der MP schießen, Herr Unteroffizier, darf ich mal? Der hat sie natürlich schießen lassen, so Kerle brauchten die ja.

Kurze Pause.

BISCHOF Und die Waffenreinigung. Mein Gott, wie war ich froh, wenn die Kirche mal wieder angerufen hat und ich rauskam aus der Kaserne.

ABSALON Mit welcher Begründung?

BISCHOF Die haben angerufen beim Kompaniechef, kein Problem. Da hat es nur geheißen: Wir brauchen ihn zum Orgelspielen!

ABSALON Aha!?

BISCHOF Als ich fertig war, hab ich von den Typen, die das alles wieder aufleben lassen wollten, ständig Einladungen erhalten: Großes Kameradschaftstreffen der Kompanie! Aber ich hab nur gesagt: Keine Zeit, ich muss die Orgel spielen. Auch wenn es nicht stimmte.

Kurze Pause.

ABSALON Ich war ein Jahr auf dem Schiff. Das hat mir gereicht. Wir waren in einem kleinen Raum untergebracht. Wenn du da nicht funktioniert hast, gab es gleich eine auf den Deckel. Wie mir scheint, bist du aber ganz gut weggekommen?

Bischof geht nicht darauf ein.

ABSALONbefehlend Zeig mir mal deine Hand.

Bischof zeigt seine Hand.

ABSALON Schau, ein Knorpel!

Bischof zieht die Hand zurück.

ABSALON Streck sie aus!

BISCHOF Wieso, stimmt was nicht?

ABSALONöffnet Bischofs Hand Siehst du die Sehne?

BISCHOFmit geschlossenen Augen Ich sehe nichts!

ABSALON Hier, noch ein Knorpel.

BISCHOFdie Augen öffnend Tatsächlich!

ABSALON Weißt du, woher das kommt –

Kurze Pause.

ABSALON VOM LÜGEN!

Kurze Pause.

BISCHOFabwehrend Was hätte ich denn machen sollen? Ich wollte mich nicht mehr mit diesen Kriegstreibern treffen. Notlügen waren das, nichts als Notlügen!

ABSALON Finden diese Treffen immer noch statt?

BISCHOF Alle Jahre wieder.

ABSALON Dann weißt du, woher du die Knorpel hast!

Bischof steht auf, geht im Kreis.

Absalon beobachtet ihn.

Bischof bleibt stehen.

BISCHOFlaut Ihr könnt mich alle mal!

ABSALON Was?!

Bischof holt eine Landkarte aus der Tischschublade, breitet sie auf dem Boden aus.

ABSALON Was machst du?

BISCHOF Ich?

ABSALONbelustigt Wer denn sonst?!

BISCHOF Ich plane eine Reise.

ABSALONflüchtig die Karte betrachtend Aah – Palästina?

BISCHOF Um Gottes willen, nein!

ABSALON Wohin dann?

BISCHOF Nach Indien.

ABSALONabwertend Indien, ich glaube, dafür könnte ich mich nicht begeistern. Nicht aus Angst, nein, es würde mich einfach nicht interessieren.

BISCHOF Es ist gar nicht so weit, wie du vielleicht denkst. Sieben, acht Stunden im Flugzeug, mehr nicht.

Kurze Pause.

BISCHOF Ich war schon zwei Mal dort.

Kurze Pause.

BISCHOF Ein tolles Land!

Kurze Pause.

ABSALON Ich erinnere mich. Du hast einmal gesagt, dass es die einfachen Leute sind, die dich interessieren?

BISCHOF Ja, das auch.

Kurze Pause.

ABSALON Dazu fällt mir ein italienisches Dorf ein, in dem ich ein paar Monate gelebt habe.

Kurze Pause.

ABSALON Abends saß ich im Büro, während draußen vor den Häusern sich die Leute unterhalten haben.

Kurze Pause.

ABSALON Die Gespräche erinnerten mich an meine Kinderzeit auf dem Bauernhof.

Kurze Pause.

ABSALON Der Knecht hat sich lautstark geärgert beim Stallausmisten, hat es aber trotzdem gemacht, weil ihm nichts anderes übrig blieb. Das Palaver der Tagelöhner beim Kartoffelklauben. Die Gespräche beim Brotzeitmachen und am Abend vor dem Fernsehschirm. All diese Stimmen habe ich auf der Straße vor meinem Büro wieder gehört.

Kurze Pause.

ABSALONlaut Die Italiener schreien auch manchmal, dass man denkt, Wunder was ist geschehen. Sie lassen alles raus. Ihre Freude genauso wie ihre Trauer und Wut.

Kurze Pause.

ABSALON Richtig bewusst ist mir das erst im Nachhinein geworden.

Kurze Pause.

BISCHOF Ich war auf Kuba und Jamaika, in Chile, Hongkong und Bombay!

Kurze Pause.

BISCHOF Aber nirgends habe ich es lange ausgehalten.

Kurze Pause.

ABSALON Woher kommst du eigentlich?

Kurze Pause.

BISCHOF Da, wo ich herkomme, gibt es bretterebene Landschaften, schwarze Erde und Bäche, die noch nicht begradigt sind. Du gehst über kleine Brücken und denkst, du bist in der Wildnis.

ABSALONneckisch Aah, kommst du vielleicht aus Niederbayern?

BISCHOF Von wegen!

Kurze Pause.

BISCHOF Ich war in Burma, Vietnam und China. Ich war auch in Bangkok, Kambodscha und auf den Philippinen – nur in Niederbayern war ich noch nicht!

Kurze Pause.

ABSALON Hab ich jetzt deinen Nerv getroffen?

BISCHOF Nein, ich weiß gar nicht, wer das mit Niederbayern aufgebracht hat. Alle sagen, ich käme aus Niederbayern. Vor allem mein Schwiegervater, der aus Rumänien kommt. Die Schwiegermutter aus der früheren Tschechoslowakei, die Oma aus Italien und der Opa aus Russland! Manchmal fühle ich mich wie ein Ausländer im eigenen Land.

ABSALON Auch ich habe oft das Gefühl, als gehörte ich nirgends dazu.

Kurze Pause.

ABSALON Gestern habe ich zu meiner Frau gesagt: Bringen wir uns um!

BISCHOF Wieso?

ABSALONgrinst Warum nicht!

BISCHOF Naja, testamentarisch wäre das ziemlich kompliziert.

Kurze Pause.

BISCHOF Wer von euch hat denn das meiste Geld?

ABSALONbeschwichtigend Es war nur Spaß!

Kurze Pause.

ABSALON Eigentlich freue ich mich, dass ich hier bin.

BISCHOFdie Landkarte zusammenfaltend Ich weiß oft nicht, wohin ich gehöre.

Kurze Pause.

BISCHOFlegt die Karte in die Schublade zurück Die Angeber wollen dir wichtige Orte einreden. Du weißt, dass du schon einmal dort warst, hast aber nichts dabei empfunden.

Kurze Pause.

BISCHOFsetzt sich Du kommst mit dem Wagen in so ein Kaff. Kein Parkplatz weit und breit. Bleibst stehen, wirst angehupt und denkst: Was, das soll der Ort sein, der so hochgejubelt wird?!

Kurze Pause.

ABSALON Ja, das kenn ich!

Kurze Pause.

BISCHOF Weißt du, was das Schärfste war?

Kurze Pause.

BISCHOF Letztes Jahr in Kalifornien, in diesem großen Park, du weißt schon, mit den Riesenbäumen, wie heißt der gleich wieder?

ABSALON Keine Ahnung.

BISCHOF Da hab ich gedacht, wenn das der Anwalt aus Stuttgart sehen würde, das wäre ein Ding!

Kurze Pause.

BISCHOF Und da geht tatsächlich der Anwalt aus Stuttgart vor mir her –

Kurze Pause.

BISCHOF Geht direkt vor mir, dass ich stehen bleibe und rufe: HALLO!

Kurze Pause.

BISCHOF Und er dreht sich um, schaut ganz irritiert, fällt aus allen Wolken!

ABSALON Nein!

BISCHOF Doch, der hat seine Reise linksrum gemacht und ich rechtsrum. Und genau auf halbem Weg haben wir uns getroffen!

ABSALON So was passiert wahrscheinlich alle hundert Jahre nur einmal?

BISCHOF Falls überhaupt!

Kurze Pause.

BISCHOF