Repetition - Adelhard Winzer - E-Book

Repetition E-Book

Adelhard Winzer

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Beschreibung

Das Leben ist wie eine Litanei. Eine Litanei besteht aus Wiederholungen. Wenn man etwas macht, was man schon einmal gemacht hat, ist es eine Wiederholung. Wiederholungen kann man erst machen, wenn man etwas schon einmal gemacht hat. Die meisten Menschen wiederholen sich.

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Adelhard Winzer, geboren in Karlshuld, Donaumoos, lebt heute im Chiemgau. Erlernte das Bäckerhandwerk. Spielte mit sechzehn in der ersten Band. War Discjockey und als Berufsmusiker in Deutschland, Österreich und der Schweiz unterwegs. Veröffentlichte ein Kinderbuch. Arbeitete in einer Großbank. Wurde zur Lesung in den Grünen Salon der Volksbühne Berlin eingeladen. Belegte den dritten Platz beim Fränkischen Kurzgeschichtenpreis. Widmete sich, nach dem Eintritt ins Pensionsalter, endgültig dem Schreiben und Zeichnen.

Inhaltsverzeichnis

Personen

Unterwegs

Biergarten

Der Spaziergang

Der Weg zurück

Vor dem Haus

Personen

KOMPARSE / EINS / ZWEI / BEDIENUNG / KELLNER / FRAUENSTIMME / MÄNNERSTIMME / PASSANTEN

Ein Komparse erscheint vor dem geschlossenem Vorhang. Er hält mehrere beschriftete Pappkartons in die Höhe, geht hin und her damit, so dass der Text von allen Seiten gelesen werden kann: „Das Leben ist wie eine Litanei. Eine Litanei besteht aus Wiederholungen. Wenn man etwas macht, was man schon einmal gemacht hat, ist es eine Wiederholung. Wiederholungen kann man erst machen, wenn man etwas schon einmal gemacht hat. Die meisten Menschen wiederholen sich.“

Der Vorhang geht auf und zwei Figuren erscheinen auf der Bühne. Auf dem Rückenteil ihrer Kleidung ist jeweils eine Zahl aufgenäht: EINS und ZWEI. Darstellung einer Autofahrt, eines Restaurantbesuchs, eines Spaziergangs, weder als elegisches Trauerspiel noch als leichtfertige Posse. Keine zwingende Anweisung. Neutrales Bühnenlicht. Allein der Spaziergang am See sollte mysteriöser erscheinen als die Szene im Biergarten. EINS ist der Mann. ZWEI die Frau.

Vor dem Haus

EINSleicht besorgt Geht’s dir nicht gut?

ZWEI Nicht besonders.

EINS Meinst du, es ist zu weit?

ZWEI Nein.

EINS Also, fahren wir.

ZWEI Ja.

EINS Ich habe das Schlafzimmerfenster zugemacht, hast du es gesehen?

ZWEI Ich hab’s gesehen.

Kurze Pause.

ZWEI Mir ist leicht übel, aber vielleicht kommt das vom Kopfweh. Rundherum regnet es, nur hier nicht.

EINS Föhn, eindeutig.

Kurze Pause.

EINSgeht zum Briefkasten Ah, der Postbote war da.

Ein Auto fährt vorbei, ziemlich leise.

EINSbleibt verwundert stehen Den hört man ja gar nicht!

ZWEI Ein Elektroauto, oder?

EINS Ich bin richtig erschrocken!

ZWEI Durchaus möglich, dass es ein Elektroauto war.

EINSöffnet den Briefkasten Fast lauter Post für dich.

ZWEI Nichts als Werbung, oder?

Kurze Pause.

EINS Lässt du dir die Kontoauszüge zuschicken?

ZWEI Nein, schon lange nicht mehr.

EINShebt ein Kuvert in die Höhe Scheinbar ist das einer.

ZWEI Rundherum schlechtes Wetter.

EINS Was?

ZWEI Morgen regnet es, ich spür’s.

Kurze Pause.

ZWEI Wann fahren wir eigentlich auf die Grintzinger Höhe?

EINS Nächste Woche, wenn du willst.

* * *

Unterwegs

Beide steigen in einen Wagen. EINS startet und fährt los. ZWEI, auf dem Beifahrersitz, blättert die Briefe durch, legt sie dann auf den Rücksitz.

ZWEI Du gehst nachher hoffentlich mit zu der Jubiläumsfeier!

EINS Wenn es unbedingt sein muss.

ZWEI Meine Schwester kann da nämlich nicht so lange bleiben, weil sie im Krankenhaus ihre Schwiegertochter besuchen muss.

EINS Ach, das hab ich ganz vergessen.

ZWEI Wir können nicht nach einer Stunde schon wieder gehen. Ich mag auch nicht alleine sitzen bleiben, also hätte ich gerne, dass du mitkommst.

EINS Kann man das nicht absagen?

ZWEI Nein, nein!

Kurze Pause.

EINS Gestern war so viel Lärm beim Nachbarn. Mich hat gewundert, dass sich niemand beschwert hat!

ZWEI Der ist ja nicht ganz dicht.

EINS Den ganzen Nachmittag hat er Brennholz gesägt – mit der Kettensäge!

Kurze Pause.

ZWEIaufgeregt Du musst die Abkürzung nehmen, nimm die Abkürzung!

EINS Ich nehme sie doch.

Kurze Pause.

ZWEI Als ich heute Vormittag in der Gärtnerei war, hab ich gedacht, ich kriege keinen Parkplatz mehr, wegen der Chiemgau-Ausstellung, dann war es aber doch nicht so schlimm.

Kurze Pause.

ZWEI Der Gärtner hat Messepreise gehabt, da habe ich eine Orchidee für zehn statt für zwanzig Euro bekommen.

EINS Messepreise, dass ich nicht lache!

ZWEI Jedenfalls war der Laden brechend voll.

Kurze Pause.

EINS Dem Herrn Landrat schieben sie es vorne und hinten rein, und das Geld wird veruntreut vom Touristenverband, der ist subventioniert worden, hast du das gewusst?

ZWEI Ich hab es gehört, der Skandal geht schon was weiß ich wie lange.

EINS Ja, aber dass die Subventionen kriegen, hab ich auch heute erst erfahren!

ZWEI Die haben das Geld veruntreut, ja.

Kurze Pause.

ZWEI Pass auf, pass auf!

EINS Schon wieder einer mit einem Handy am Steuer.

ZWEI Die gehörten angezeigt.

EINS Überholt mich und biegt rechts ab!

ZWEI Was sind das bloß für Leute.

Kurze Pause.

ZWEI Der Rechtsanwalt, dem ich das Mandat wegen des Autoschadens gegeben habe, rührt sich auch nicht.

EINS Der wird sich denken, wegen der paar hundert Euro!

Kurze Pause.

EINS Ich würde ihn trotzdem noch mal anrufen, den Rechtsanwalt. Hat er nicht deine ganzen Unterlagen?

ZWEI Alles.

EINS Vielleicht ist er im Urlaub.

ZWEI Er hat alle meine Unterlagen. Ich habe ihn angerufen, später eine E-Mail geschickt. Als ich ihn angerufen habe, hat er noch nicht Bescheid gewusst, wahrscheinlich die Unterlagen noch gar nicht angeschaut. Dann hab ich ihm noch eine E-Mail geschickt.

EINS Jetzt musst du halt warten, irgendwas wird er dir schon mitteilen.

Längere Pause.

EINS Ich glaube, die Abkürzung ist gar nicht kürzer.

ZWEI Wie kommst du darauf?

EINS Ob ich jetzt so oder anders fahre, ich glaube, es bleibt sich gleich. Vielleicht wäre die herkömmliche Strecke sogar kürzer.

Kurze Pause.

ZWEI Pass auf, schon wieder ein Verrückter!

EINS Unmöglich.

Kurze Pause.

ZWEI Der fährt, als wäre er allein auf der Straße!

Kurze Pause.

EINS Es macht keinen Spaß mehr.

Längere Pause.

ZWEI Unser neuer Nachbar hat mir heute Schwammerl gezeigt.

EINS Was?

ZWEI Schwammerl!

Kurze Pause.

EINS Was spricht er denn, unser Herr Nachbar?

ZWEI Nicht viel.

Kurze Pause.

ZWEI In die Schwammerl gehen, das würde mir auch gefallen.

EINS Ja, wenn man sie kennt.

ZWEI Ich kenne sie nicht.

EINS Ich auch nicht.

ZWEI Aber er hat gesagt, er könne sie uns zeigen. Der hat Schwammerl in seinem Korb gehabt, die ich noch nie in meinem Leben gesehen habe!

EINS Ich mag sie nicht.

ZWEI Ah, ich schon.

EINS Ich mag das Herumkriechen im Wald nicht, dann bin ich mir nicht sicher, und immer das Gestrüpp, nein, das ist nichts für mich.

ZWEI Ah, es ist so schön im Wald.