Baccara Extra Band 30 - Sarah M. Anderson - E-Book

Baccara Extra Band 30 E-Book

Sarah M. Anderson

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Beschreibung

DIE LEIDENSCHAFTLICHE RACHE DES SCHEICHS von Sarah M. Anderson
Scheich Rafiq kann den One-Night-Stand mit der geheimnisvollen Fremden einfach nicht vergessen. Dabei ist er in Texas, um sich an seinem Erzfeind Mac zu rächen. Als Rafiq ihn aufsucht, trifft er unerwartet die Fremde wieder: Macs Schwester Violet! Hat sie ihn etwa aus Berechnung verführt?

EIN HÖCHST EROTISCHES ANGEBOT von Maureen Child
Seit sechs Jahren ist Andrea die Assistentin von Tycoon Mac McCallum. Und genauso lange gehört ihm ihr Herz, ohne dass er es ahnt. Jetzt will Andrea kündigen und einen Mann finden, der ihre Liebe erwidert. Da unterbreitet Mac ihr ein verlockendes Angebot …

HEISSE STUNDEN MIT DEM MILLIARDÄR von Dani Wade
Presley Macarthur soll dem Milliardär Kane Harrington Zutritt zur exklusiven Welt der Pferdezüchter verschaffen. Auch wenn sie gegen seinen Charme immun scheint, hilft sie ihm – denn nur Kane kann den Ruf ihrer Familie retten. Doch bald weckt sie Gefühle in ihm, die er nie wieder zulassen wollte …

MIT TEXANERN SPIELT MAN NICHT! von Jules Bennett
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Seitenzahl: 828

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Sarah M. Anderson, Maureen Child, Dani Wade, Jules Bennett

BACCARA EXTRA BAND 30

IMPRESSUM

BACCARA EXTRA erscheint in der Verlagsgruppe HarperCollins Deutschland GmbH, Hamburg

Redaktion und Verlag: Postfach 301161, 20304 Hamburg Telefon: +49(0) 40/6 36 64 20-0 Fax: +49(0) 711/72 52-399 E-Mail: [email protected]
Geschäftsführung:Katja Berger, Jürgen WelteLeitung:Miran Bilic (v. i. S. d. P.)Produktion:Christina SeegerGrafik:Deborah Kuschel (Art Director), Birgit Tonn, Marina Grothues (Foto)

Erste Neuauflage in der Reihe BACCARA EXTRA, Band 30 02/2023

© 2016 by HARLEQUIN ENTERPRISES ULC Originaltitel: „A Surprise for the Sheikh“ erschienen bei: Harlequin Enterprises Ltd., Toronto Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l. Übersetzung: Roswitha Enright Deutsche Erstausgabe 2018 by CORA Verlag GmbH & Co. KG, Hamburg,in der Reihe BACCARA, Band 2015

© 2016 by HARLEQUIN ENTERPRISES ULC Originaltitel: „A Bride for the Boss” erschienen bei: Harlequin Enterprises Ltd., Toronto Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l. Übersetzung: Roswitha Enright Deutsche Erstausgabe 2018 by CORA Verlag GmbH & Co. KG, Hamburg,in der Reihe BACCARA, Band 2019

© 2017 by Katherine Worsham Originaltitel: „Unbridled Billionaire“ erschienen bei: Harlequin Enterprises Ltd., Toronto Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l. Übersetzung: Simone Fischer Deutsche Erstausgabe 2018 by CORA Verlag GmbH & Co. KG, Hamburg,in der Reihe BACCARA, Band 2028

© 2017 by Jules Bennett Originaltitel: „Twin Secrets“ erschienen bei: Harlequin Enterprises Ltd., Toronto Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l. Übersetzung: Victoria Werner Deutsche Erstausgabe 2018 by CORA Verlag GmbH & Co. KG, Hamburg,in der Reihe BACCARA, Band 2024

Abbildungen: Harlequin Books S. A., alle Rechte vorbehalten

Veröffentlicht im ePub Format in 02/2023 – die elektronische Ausgabe stimmt mit der Printversion überein.

E-Book-Produktion: GGP Media GmbH, Pößneck

ISBN 9783751516563

Alle Rechte, einschließlich das des vollständigen oder auszugsweisen Nachdrucks in jeglicher Form, sind vorbehalten. CORA-Romane dürfen nicht verliehen oder zum gewerbsmäßigen Umtausch verwendet werden. Sämtliche Personen dieser Ausgabe sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig.

Weitere Roman-Reihen im CORA Verlag:BIANCA, JULIA, ROMANA, HISTORICAL, TIFFANY

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Die leidenschaftliche Rache des Scheichs

PROLOG

Das war kein Traum …

Mit seinem schlanken, muskulösen Körper drückte Ben sie gegen die Fahrstuhlwand. Als Violet etwas Hartes, Heißes spürte, das sich gegen ihren Bauch presste, lachte sie leise. Nein, das war alles andere als ein Traum.

Sie hatte es wirklich gewagt.

„Küss mich“, sagte er mit diesem sexy Akzent, der ihr gleich aufgefallen war. Sie hatte keine Ahnung, wo Ben herkam. Aber seine Stimme hatte etwas Betörendes, Feuriges, als käme er aus einem Land voller Sonnenschein.

Sie fuhr mit gespreizten Fingern durch sein volles schwarzes Haar und zog seinen Kopf zu sich heran. Sofort drückte er seine Stirn gegen ihre. „Küss mich, du geheimnisvolle Frau, meine wunderschöne V.“ Zu ihrer Verblüffung wartete er tatsächlich darauf, dass sie den nächsten Schritt tat.

Ein Gefühl der Macht durchströmte sie. Genau das war der Grund, weshalb sie mit ihm im Fahrstuhl zum obersten Stockwerk des Holloway Inn fuhr. Mit einem Mann, der nicht wusste, dass sie Violet McCallum war, Mac McCallums kleine Schwester.

Ihr Leben lang war sie nur Violet gewesen, die kleine Violet, die vor der großen bösen Welt beschützt werden musste. Violet, deren Eltern gestorben waren, als sie noch ein kleines Mädchen war, und sie allein gelassen hatten. Violet, die immer noch in ihrem Elternhaus lebte, zusammen mit ihrem großen Bruder, der sie behütete und darauf achtete, dass ihr nichts zustieß.

Zum Teufel mit Violet. Sie wollte nicht mehr Violet sein, nicht in dieser Nacht.

Deshalb küsste sie ihn, diesen Fremden, tief und lange, während sie seinen Kopf festhielt und sich an ihn drückte. Er sollte wissen, was sie wollte: ihn.

Ursprünglich war sie nicht in die Hotelbar gegangen, um jemanden fürs Bett aufzugabeln, an einen One-Night-Stand hatte sie nicht gedacht. Sie hatte nur Lust gehabt, sich hübsch anzuziehen, ein bisschen zu flirten und sich begehrenswert zu fühlen. In Royal, ihrer texanischen Heimatstadt, war das natürlich nicht möglich. Da kannte sie jeder. Deshalb war sie in die Nachbarstadt gefahren.

Aber sie hatte nicht mit jemandem wie Ben gerechnet. „Du hast wunderschöne Augen“, flüsterte er mit seiner Samtstimme, strich ihr über den Rücken und legte die Hände auf ihren kleinen, festen Po. „Und nicht nur das, meine geheimnisvolle V.“ Dann hob er sie hoch, und ohne nachzudenken, legte sie ihm die Beine um die Hüften – und spürte seine pulsierende Härte jetzt genau da, wo sie sie ersehnte.

Stöhnend bog sie sich ihm entgegen. Ben küsste sie auf den Hals und strich ihr mit den Lippen über den großzügigen Ausschnitt bis zum Brustansatz. Während er sie mit einer Hand in dieser Position hielt, schob er mit der anderen ihr kleines Schwarzes hoch und liebkoste ihre nackten, heißen Oberschenkel. „Ben … ich …“, stieß sie halblaut hervor.

„Wenn du mit mir zusammen aus diesem Fahrstuhl aussteigst, gehörst du mir, das weißt du hoffentlich? Ich werde dich lieben, wie du noch nie geliebt worden bist. Dies ist deine letzte Chance, dich anders zu entscheiden.“

Im Vorgefühl dessen, was kommen würde, erschauerte sie. Violet McCallum hätte nie zugelassen, dass ein Mann so mit ihr sprach. Aber heute Abend war sie V.

„Ist das ein Versprechen?“

„Allerdings“, sagte er ernst. „Dir Lust zu verschaffen, ist für mich die Erfüllung meiner sexuellen Träume.“

So etwas Wundervolles hatte noch keiner zu ihr gesagt. Ihr Leben lang hatte sie nie das machen dürfen, was sie wollte, hatte sie nie das bekommen, wonach sie sich sehnte. Selten gingen ihrem Bruder die Erklärungen aus, weshalb dieses und jenes nicht möglich war. Sie hätte ja keine Ahnung, was für Folgen das hätte. Es sei viel zu riskant, viel zu gefährlich …

Wenn Mac wüsste, dass sie hier mit einem Mann im Fahrstuhl war, der ihr gerade das aufregendste Kompliment ihres Lebens gemacht hatte, dann würde sein Colt wohl locker sitzen. Denn was sie hier tat, war riskant und gefährlich und genau das, wovor er sie in den letzten zwölf Jahren gewarnt hatte.

Aber sie hatte es satt, wie ein Kind behandelt zu werden. Sie war eine erwachsene Frau, verdammt. Und sie wollte Ben.

„Und warum sind wir dann immer noch hier?“, fragte sie mit einem koketten Augenaufschlag.

„Bist du ganz sicher?“

„Ja. Aber sprich weiter. Ich höre deine Stimme so gern.“

Sie hatte kaum ausgesprochen, als sich die Fahrstuhltür öffnete und Ben auch schon mit ihr auf den Armen den langen Flur entlangging. „Bist du immer so abenteuerlustig?“, stieß er leise hervor.

Er trug sie, als wäre sie leicht wie eine Feder. Und so fühlte sie sich auch, losgelöst von allem. Am liebsten wäre sie nie wieder in die graue Wirklichkeit ihres Lebens zurückgekehrt. Doch eins machte ihr Sorgen. Wie konnte sie vor ihm verbergen, dass sie nicht wirklich viel Erfahrung hatte, was Bettgeschichten anging? Immer wenn sie sich ernsthaft für einen Mann interessiert hatte, war ihr Bruder dazwischengegangen. Sie wusste, er meinte es bestimmt nur gut mit ihr, wollte sie beschützen. Aber es endete immer auf dieselbe Art: dass ihr Auserwählter mit einer faden Entschuldigung die Flucht ergriff.

Violet hatte deshalb nur wenige Männerbekanntschaften gehabt. Aber bei V war es etwas ganz anderes. Sie war eine erfahrene sexy Frau, die es in diesem Punkt mit Ben ohne Weiteres aufnehmen konnte. Das zumindest würde er erwarten.

„Wollen wir das nicht gemeinsam herausfinden?“ Sie lächelte vielversprechend.

Er stöhnte nur leise und drückte ihr einen Kuss auf die Stirn. Endlich blieb er vor einer Tür stehen und ließ Violet langsam an sich heruntergleiten. „Willst du mir wirklich nicht sagen, wie du heißt?“

„Nein.“ Sie schüttelte heftig den Kopf. Diese traumhafte und lang ersehnte Nacht wollte sie sich nicht von so etwas Langweiligem wie der Wirklichkeit kaputt machen lassen. „Keine Namen. Nicht heute Nacht.“

Er zog den Schlüssel aus der Tasche und schloss auf. Dann schob er Violet langsam vor sich her in den Raum. „Wovor hast du Angst? Vor wem versteckst du dich? Vor deiner Familie?“ Er drehte sie zu sich herum und sah ihr tief in die Augen, während er den langen Reißverschluss ihres Kleides aufzog. „Vor einem anderen Lover?“

„Ich verstecke mich vor niemandem.“ Na ja, das war nicht ganz richtig. Mac durfte auf keinen Fall herausfinden, was seine Schwester hier trieb. Deshalb war sie ja auch nicht in Royal geblieben, sondern nach Holloway gefahren.

„Verstecken wir uns nicht alle vor irgendjemandem oder irgendetwas?“, bemerkte Ben leise seufzend. Dabei schob er ihr langsam das Kleid herunter, wobei ihr knapper BH aus schwarzer Spitze sichtbar wurde.

„Ich … also …“ Sie stockte und trat ein paar Schritte zurück. „Ich stelle dir keine Fragen, und du stellst mir keine Fragen“, sagte sie leicht frustriert. „Und nur mit Kondom, das sind meine Bedingungen. Wenn sie dir nicht passen …“ Sie zuckte mit den Schultern und griff nach dem Kleid, um es wieder hochzuziehen.

Ben sagte gar nichts, sondern sah sie nur mit diesem Lächeln an, dem sie kaum widerstehen konnte. Er würde doch hoffentlich ihre Bedingungen annehmen? Denn sie wollte hierbleiben, wollte ihn endlich nackt sehen und wilden Sex haben, bis sie total erschöpft und befriedigt war.

„Ich möchte diese eine Nacht mit dir verbringen“, fügte sie leise hinzu. Und erst jetzt wurde ihr dieser Wunsch in seiner ganzen Tragweite klar. Denn als sie nach Holloway gefahren war, hatte sie keine Sekunde gedacht, dass ihr Abend so enden würde, sie hatte sich nur ein paar Stunden amüsieren wollen. Aber als dieser dunkle Fremde in der Bar sie lächelnd von oben bis unten gemustert hatte, da hatte sie gewusst: Sie wollte ihn, und sie musste mit ihm schlafen.

„Mehr will ich nicht. Nur eine Nacht. Völlig ohne Verpflichtungen. Nur Sex.“

Ben kam wieder näher und umschloss ihr Gesicht mit beiden Händen. „Das ist wirklich alles? Mehr nicht?“ Das klang überrascht, vielleicht auch ein wenig enttäuscht, und schnitt Violet ins Herz. Sie wusste nichts von ihm und hatte keine Ahnung, was er in Holloway machte. Auf keinen Fall kam er hier aus der Gegend. Aber irgendwie hatte sie den Eindruck, dass es auch in seinem Leben eine ganze Menge Einschränkungen gab.

Das Gefühl kannte sie nur zu gut. Aber heute Nacht wollte sie nur das tun, was sie selbst wollte, und sich nicht um die Vorstellungen anderer Menschen kümmern. Sie wollte mit Ben schlafen und würde es nicht bedauern. Ob er …?

„Nein. Dir Lust zu verschaffen, ist für mich die Erfüllung meiner sexuellen Träume“, wiederholte sie dicht an seinen Lippen.

„Küss mich.“

Sofort krallte sie die Finger in sein Haar, stellte sich auf die Zehenspitzen und küsste ihn voller Verlangen. Und dann wussten beide nicht mehr, wer wen zuerst auszog. Lediglich, dass sie nackt auf das breite Bett fielen und sich mit einer Lust und Ausdauer liebten, die sie die Zeit vergessen ließ. Nur eins war Violet dabei bewusst: Ben war genau der Liebhaber, von dem sie immer geträumt hatte – nur noch viel besser. Leidenschaftlicher, einfühlsamer und voller überraschender Ideen.

Schließlich kuschelte sie sich in seine Arme, vollkommen befriedigt und glücklich. Und während er ihr flüsternd Geschichten in einer Sprache erzählte, die sie nicht verstand, schlief sie ein. Ben, war ihr letzter Gedanke.

1. KAPITEL

Vier Monate später

Das konnte einfach nicht wahr sein.

Lieber Gott, bitte mach, dass es nicht wahr ist! Violet starrte fassungslos auf den schmalen Plastikstreifen, der in schrecklichen Großbuchstaben verkündete: SCHWANGER.

Vielleicht hatte sie den Test nicht richtig gemacht. Hatte das falsche Ende eingetaucht oder so. Das musste es sein. Schließlich hatte sie noch nie einen Schwangerschaftstest gemacht. Wahrscheinlich hatte sie sich die Anleitung nicht genau durchgelesen.

Glücklicherweise hatte sie drei Tests gekauft. Um sicherzugehen, dass ihre leidenschaftliche Nacht vor vier Monaten mit einem Fremden namens Ben ohne Folgen geblieben war. Sie setzte sich auf den Badewannenrand und nahm sich die nächste Packung vor. Konzentriert studierte sie die einzelnen Schritte, um die Schachtel dann entnervt fallen zu lassen. Mist. Sie hatte alles richtig gemacht.

Dennoch, diese Tests waren nicht hundertprozentig zuverlässig. Also noch mal.

Die nächsten zwei Minuten waren die Hölle. Sie zwang sich, gleichmäßig weiterzuatmen, um die Panik zu unterdrücken. Der erste Test musste danebengegangen sein, das passierte doch dauernd. Sie konnte nicht schwanger sein! Dass ihr manchmal übel war, einfach so ohne Anlass, hatte sicher damit zu tun, dass sie etwas Falsches gegessen, vielleicht sich auch irgendwo einen Virus eingefangen hatte. Da es nie morgens auftrat, konnte es nicht die berüchtigte morgendliche Übelkeit sein, die typisch für Schwangere war. Nein, sie litt an einer leichten Magengrippe. Und ihr Zustand hatte nichts mit der Nacht im Holloway Inn vor vier Monaten zu tun …

SCHWANGER.

Oh Gott … Einmal konnte der Test falsch sein, aber zweimal? Nicht, wenn man wilden Sex mit einem Mann gehabt hatte, den man nicht kannte.

Was sollte sie bloß tun?

Sie wusste weder, wie dieser Ben mit Nachnamen hieß, noch hatte sie seine Telefonnummer. Er war mehr oder weniger eine Fantasiegestalt gewesen, die am frühen Morgen wieder verschwunden war. Als sie aufwachte, war sie allein gewesen. Ihr Kleid hing frisch gebügelt an der Badezimmertür. Und der Zimmerservice hatte ihr Frühstück gebracht, mit einer Rose und einer handschriftlichen Notiz, die sie zu Hause in ihrer Wäscheschublade versteckt hatte – auf keinen Fall durfte Mac sie finden.

Dir Lust zu verschaffen, war für mich die Erfüllung meiner sexuellen Träume. Ich danke Dir für diese Nacht.

Er hatte die Nachricht noch nicht einmal unterzeichnet. Kein Name, keine Unterschrift. Keine Möglichkeit, ihn zu erreichen. Dafür aber zwei positive Teststreifen …

Eine fatale Situation.

Okay, sie konnte also keinen Kontakt mit ihm aufnehmen, wenigstens momentan nicht. Vielleicht konnte sie später einen Privatdetektiv anheuern, der ihn über das Hotel ausfindig machte. Aber das half ihr jetzt recht wenig.

„Violet?“, rief Mac von unten. „Kannst du mal eben runterkommen?“

Ihr war schon wieder übel. Diesmal hatte das aber nichts mit der Schwangerschaft zu tun. Wie um alles in der Welt sollte sie ihrem Bruder erklären, was sie getan hatte? Dass sie eine leidenschaftliche Nacht mit einem Fremden verbracht hatte und nun schwanger war? Mac hatte die letzten zwölf Jahre nach dem Tod der Eltern alles darangesetzt, sie vor Unglück zu bewahren. Und nun das. Er würde entsetzt sein!

„Violet?“

Eine Stufe knarrte. Himmel, er kam die Treppe hoch!

„Ich komme gleich!“ Hastig steckte sie die gebrauchten Teststreifen in die Schachtel zurück und versteckte sie ganz hinten in der Schublade. Was sollte sie bloß tun? Mit Macs Verständnis konnte sie nicht rechnen.

Schnell spritzte sie sich kaltes Wasser ins Gesicht und trocknete sich ab. Sie schminkte sich selten und schon gar nicht, wenn sie auf der Familienranch Double M zu tun hatte. Für die Rancharbeiter musste sie nicht schön sein. Mac hatte ihnen ganz sicher eingebläut, dass seine kleine Schwester tabu war. Was sie eigentlich ziemlich ärgerte. Zum einen heuerte sie ja die Leute nicht an, um sich in einem passenden Moment mit dem einen oder anderen im Heu zu wälzen. Zum anderen war sie der Boss hier, während Mac sich um McCallum Enterprises kümmerte, das Unternehmen, das ihr Vater gegründet hatte.

Die Ranch und McCallum Enterprises hatten nichts miteinander zu tun, was Mac nie so recht begreifen konnte. Denn er wollte einfach nicht einsehen, dass Violet sehr gut in ihrem Beruf war und es trotz langer Trockenperioden und dem fürchterlichen Tornado immer noch schaffte, dass die Ranch Profit abwarf.

Nein, für ihn war sie immer noch die hilflose Sechzehnjährige von damals, als ihre Eltern verunglückt waren. Egal, was sie tat und wie gut sie war, sie blieb seine kleine Schwester, nicht mehr und nicht weniger.

Wie sehr hatte sie sich gewünscht, mal nicht die Schwester zu sein, die behütet werden musste, sondern eine erwachsene Frau, wenigstens für eine Nacht. Wenn es sein musste, in den Armen eines Fremden.

Das hatte sie nun davon.

Sie hatte gerade das Haargummi abgezogen, das ihren Pferdeschwanz zusammenhielt, und angefangen, ihr kastanienbraunes Haar zu bürsten, als sie wieder Macs Stimme hörte: „Violet?“

Sie zuckte zusammen, weil er direkt vor ihrer Tür stand und sie ihn nicht hatte kommen hören. „Ja, was ist denn?“

„Wir haben Besuch von meinem alten Freund … Rafe.“

„Äh, ja … ich komme gleich.“ Rafe, irgendwie kam ihr der Name bekannt vor. Aber warum klang Mac so nervös? „Alles okay?“

„Ja, ja, alles in Ordnung. Es ist nur … Also, Rafe ist der Scheich, den ich damals auf dem College kennengelernt habe. Erinnerst du dich?“

„Warte …“ Sie öffnete die Tür einen Spaltbreit und starrte ihren Bruder an. „Doch nicht der, der diese unmögliche jüngere Schwester hatte, die dich reingelegt hat? Der Rafe?“

„Ja, der. Rafiq bin Saleed.“ Mac wirkte irgendwie aufgeregt und verwirrt zugleich.

„Was will der denn hier?“ Violet runzelte die Stirn. „Das ist doch der, der dich beschuldigt hat, seine Schwester – wie sagt man …?“

„Entehrt zu haben. Ja, genau der.“

„Und warum muss ich diesen Kerl dann begrüßen?“

„Na ja, er ist gerade in der Stadt. Und er hat sich für sein Verhalten vor zwölf Jahren entschuldigt.“

Verständnislos schüttelte sie den Kopf. „Und damit ist für dich alles wieder gut?“ Männerfreundschaften würde sie nie begreifen.

„Ja, warum nicht? Das Ganze war ein Missverständnis. Sein Vater war derjenige, der sich so aufgeregt hat. Rafe versucht zu schlichten.“

Jetzt? Nach zwölf Jahren? Sehr seltsam. Männer! „Und du willst mich warnen, weil …“

„Weil ich dich kenne, Violet. Du bist einfach zu spontan und sagst Dinge, die nicht angebracht sind. Er kommt aus einem arabischen Land, wo andere Sitten und Gebräuche herrschen. Also versuch bitte, höflich zu sein, ja?“

Sie warf ihm einen genervten Blick zu. „Du liebe Zeit, hältst du mich wirklich für so unbeherrscht, dass ich mit jemandem aus einem anderen Kulturkreis keinen Small Talk machen kann?“ Sie stieß die Tür auf. „Vielen Dank, Mac. Du scheinst ja viel von deiner Schwester zu halten!“

„Siehst du?“ Er grinste. „Schon regst du dich wieder auf.“

„Ach, hör doch auf.“ Sie drehte sich um und ging zum Schrank. Was sollte sie anziehen? War ein Scheich so etwas wie ein Adeliger? Und wenn schon, ein sauberes T-Shirt sollte genügen. „Okay, bringen wir es hinter uns. Ich sage deinem Freund Guten Tag, und dann verschwinde ich wieder. Habe sowieso genug zu tun.“ Wie zum Beispiel diesen Ben ausfindig zu machen und einen Termin bei einem Frauenarzt zu besorgen.

Während sie ihre Arbeitshose auszog, dachte sie über ihre Situation nach, die ihr Leben total veränderte. Sie hatte ganz andere Pläne gehabt, hatte ihren Bruder allmählich davon überzeugen wollen, die im Norden angrenzende Ranch Wild Aces dazuzukaufen. Denn sie wollte raus aus ihrem Elternhaus, wollte endlich allein leben und nicht bei jedem Schritt von Mac überwacht werden. Und Wild Aces hatte ihr immer schon sehr gut gefallen.

Gepachtet hatten sie die Ranch ja bereits. Seit der Tornado die Wasserversorgung ihrer eigenen Farm zerstört hatte, brauchten sie die üppigen Wasservorräte von Wild Aces. Warum sie die Ranch nicht gleich gekauft hatten, verstand Violet immer noch nicht. Wahrscheinlich hatte Mac abgelehnt, weil der Vorschlag von seiner kleinen Schwester und nicht von seiner Assistentin Andrea Beaumont gekommen war. Aber immerhin hatten die beiden Frauen ihn überreden können, die Ranch zu pachten.

Doch nun war Violet schwanger, und das veränderte alles. Wie sollte sie weiterhin aktiv die Verantwortung für Double M übernehmen, ganz abgesehen von Wild Aces, wenn sie einen dicken Bauch vor sich hertrug oder ein Baby auf der Hüfte hatte?

Als Mac still blieb, sah sie ihn fragend an. „Was ist?“

„Alles in Ordnung?“

„Warum denn nicht? Alles bestens.“

Mac hob zweifelnd eine Augenbraue, aber bevor er etwas sagen konnte, fügte sie schnell hinzu: „Solltest du nicht unten sein und deinem Freund, dem Scheich, Gesellschaft leisten? Damit ich mich umziehen kann?“

„Äh … ja, natürlich. Entschuldige.“ Er verschwand.

Violet schloss die Tür hinter ihm. Sie würde erst einmal so tun, als wäre alles wie immer, und sich überlegen, wie sie weiter vorgehen würde. Sollte sie nach Ben suchen lassen? Aber was würde geschehen, wenn sie ihn fand? Wäre er froh darüber? Oder würde er darauf bestehen, dass es eine Begegnung vollkommen ohne Verpflichtungen gewesen war und dass das Baby deshalb allein ihre Sache sei?

Was für eine verkorkste Situation.

„Entschuldige“, sagte Mac und hob die Schultern. „Violet kommt gleich. Sie ist … na ja, sie ist eben Violet.“

Rafe saß auf der Couch und musterte den Raum und den Mann, der jetzt vor ihm stand. Mac sah zwar älter aus als vor zwölf Jahren, aber das, was er Rafe und damit seinem besten Freund und dessen Familie angetan hatte, schien keine Spuren bei ihm hinterlassen zu haben. Anders als bei Rafe … Aber dass Mac nicht weiter bekümmert schien, verwunderte Rafe eigentlich nicht. Als Mac damals Nasira und die ganze Familie entehrt hatte, hatte ihm Rafe offensichtlich wenig bedeutet. Er hatte kein schlechtes Gewissen gehabt, weil er wahrscheinlich unfähig war, so etwas wie Schuld zu empfinden.

Das steigerte Rafes Rachegefühl. Aber er wusste, er musste sich vorläufig zusammennehmen und den geeigneten Zeitpunkt abwarten, um zuzuschlagen.

Also nickte er Mac nur lächelnd zu. „Richtig, Violet ist deine jüngere Schwester. Als wir auf dem College waren, ging sie noch zur Schule, oder?“

„Ja, das stimmt. Aber nun zu dir, Mann. Wir haben uns ja ewig nicht gesehen. Weshalb bist du hier in der Stadt?“

Rafe machte eine unbestimmte Handbewegung, als wäre es Zufall, dass er sich in Royal aufhielt. „Mein Vater ist tot.“

„Oh Mann.“ Mac ließ sich in einen Sessel fallen. „Das tut mir echt leid.“

„Danke, aber das ist nicht nötig.“ Wieder lächelte Rafe. Aber nicht, weil sein Vater tot war, sondern weil Macs Anblick ihn verrückterweise an diese geheimnisvolle Frau erinnerte, mit der er den besten Sex seines Lebens gehabt hatte, auch wenn er sich nicht erklären konnte, warum sein Gehirn diese Verbindung herstellte. Wo sie jetzt wohl war? Darüber hatte er in den letzten Monaten immer wieder nachdenken müssen. „Er war, wie du weißt, ein schwieriger Mann, um es vorsichtig auszudrücken.“

Mac nickte.

Wieder musste Rafe sich zwingen, seinen Zorn zu unterdrücken. Wenn er daran dachte, wie nahe er sich dem früheren Freund immer gefühlt hatte, so nah, dass er ihm als Einzigem die Schwierigkeiten mit seinem herrschsüchtigen Vater anvertraut hatte. Um dann zu erleben, wie Mac und Nasira den ganzen Bin-Saleed-Clan entehrt hatten …

„Nach seinem Tod“, fuhr Rafe ruhig fort, „ging der Titel des Scheichs an meinen ältesten Bruder Fareed über. Und ich gewann mehr Freiheit, das zu tun, was ich gern tun wollte.“ Aber das bedeutete natürlich nicht, dass die Ehre und der Stolz der Familie für ihn keine Bedeutung mehr gehabt hätten. Oder dass nach zwölf Jahren das Bedürfnis nach Rache verschwunden wäre.

„Ich habe dich eigentlich viel früher aufsuchen wollen. Aber ich musste unsere Reederei übernehmen und erst mal dafür sorgen, dass sie wieder in die schwarzen Zahlen kam. Außerdem hoffe ich, unsere Unternehmen ausweiten zu können. Vielleicht in den Energiesektor. Weltweit wird immer mehr Energie benötigt. Und da habe ich an dich gedacht und wie begeistert du immer von dieser Gegend und ihren vielen Möglichkeiten gesprochen hast.“

Das war noch nicht einmal ein Bruchteil der Wahrheit. Denn heimlich ließ er über Samson Oil Land in und um Royal aufkaufen, obgleich er wusste, dass es hier kein Öl und kaum Bodenschätze gab. Das war auch in der Stadt kein Geheimnis. Lediglich als Viehweide war der Boden geeignet. Deshalb hatten auch viele Einheimische das großzügige Angebot nur zu gerne angenommen, das Anwalt Nolan Dane ihnen im Namen von Samson Oil gemacht hatte. Dass der charmante Nolan, der aus Royal stammte, lange Zeit der Strohmann von Rafe gewesen war, wusste keiner. Und wenn es rauskam, würde es zu spät sein.

Die Stadt würde zu großen Teilen Rafe gehören. Und er konnte mit ihr machen, was er wollte.

„Ja, die Arbeit kann einen wirklich auffressen“, meinte Mac seufzend. „Seitdem ich für McCallum Enterprises zuständig bin, weiß ich oft auch nicht, wo mir der Kopf steht. Ich habe keine Zeit mehr, mich um die Ranch zu kümmern. Das macht jetzt Violet.“

„Sie bewirtschaftet die Ranch? Allein?“ Aber eigentlich sollte ihn das nicht wundern. Violet war ganz anders als andere Mädchen, das hatte Mac schon früher gesagt. Schon als Kind hatte sie am liebsten mit den Jungs gespielt.

„Ja, und zwar mit großem Erfolg“, musste Mac zugeben.

Rafe sah ihn überrascht an. „Und ich dachte immer, sie würde wie du in Harvard studieren.“ Das hatte Mac wenigstens früher immer behauptet, als sie sich über die Schwierigkeiten mit jüngeren Schwestern austauschten. Aber wahrscheinlich war das auch nur eine Lüge gewesen, um sich bei Rafe einzuschmeicheln.

„Ja, das wollte sie auch. Aber als unsere Eltern dann bei dem Flugzeugabsturz umkamen …“ Mac stockte und blickte kurz zu Boden, um sich zu sammeln. „Sie war verzweifelt und fühlte sich vollkommen verloren. Und ich war noch nicht einmal da, als es passierte.“

„Das alles wusste ich gar nicht.“ Rafes Stimme klang mitfühlend, obgleich er die Umstände natürlich genau kannte. Macs Vater hatte selbst am Steuer des kleinen Flugzeugs gesessen, als es abstürzte. Es gab keine Überlebenden.

All das geschah, kurz nachdem Rafe Harvard auf Befehl seines Vaters hatte verlassen müssen, als Strafe dafür, dass er nicht besser auf seine Schwester aufgepasst hatte. An die Mac sich herangemacht hatte.

Von dem Unfall hatte Rafe erst Jahre später erfahren, genauer gesagt erst nach dem Tod seines eigenen Vaters. Denn erst dann hatte er die Möglichkeit gehabt, die Sache mit Mac und Nasira genauer zu untersuchen.

Dass er davon erst so spät erfahren hatte, ärgerte ihn immer noch. Denn unmittelbar nach dem Tod der McCallums hätte er sicher ohne Schwierigkeiten deren Besitz erwerben können. So aber musste er auf die nächste Gelegenheit warten, um Rache zu nehmen.

Seine Geduld hatte sich ausgezahlt. Als im letzten Jahr Macs Heimatstadt Royal durch einen gewaltigen Tornado fast zerstört worden war, hatte Rafe seine Chance gewittert. Die Stadt lag wirtschaftlich am Boden, und – was noch besser war – die Wasserversorgung der McCallum Ranch war zusammengebrochen. Mac würde die Ranch nicht mehr lange halten können, zumal Rafe unter dem Decknamen Samson Oil große Teile der Stadt und ihrer Umgebung aufgekauft hatte. Auch diese Ranch würde ihm bald in den Schoß fallen.

Das würde Rafe endlich die Genugtuung verschaffen, nach der er sich seit zwölf Jahren sehnte. Mac hatte ihn damals auf das Schlimmste hintergangen, als er sich an Nasira heranmachte und damit nicht nur das junge Mädchen, sondern die ganze Familie Bin Saleed entehrte.

Bisher wusste keiner, dass Rafe hinter Samson Oil steckte. Aber sobald er sein Ziel erreicht hatte, wollte er es öffentlich machen, dass er der Drahtzieher war. Erst dann war seine Rache vollkommen. Deshalb war er hergekommen.

Er sah den ehemaligen Freund ernst an. „Ja, ich kann mir vorstellen, dass es hart für Violet war.“

„Das kann man sagen.“ Mac lächelte traurig. „Deshalb bin ich auch sofort auf die Ranch zurückgekehrt. Und habe versucht, wieder Stabilität in ihr Leben zu bringen, auch wenn ich ihr die Eltern natürlich nicht ersetzen konnte. Das war nicht immer einfach. Manchmal brachte sie mich zur Weißglut.“ Er grinste kurz, dann beugte er sich vor und sah Rafe eindringlich an. „Du, es tut mir immer noch leid, dass wir uns damals so zerstritten haben …“

Rafe ließ sich nicht anmerken, was dieser Satz in ihm auslöste, sondern winkte nur milde lächelnd ab. „Das ist doch alles schon ewig her. Mach dir darüber keine Gedanken.“

„Danke. Weißt du, ich wollte Nasira wirklich keine Probleme machen. Ich schwöre dir, ich hatte keine Ahnung, dass sie in meinem Zimmer war. Und es war nicht so, wie es aussah. Ganz bestimmt nicht.“

„Ist schon okay. Sie hat einen Mann geheiratet, der besser zu ihr passt.“ Themenwechsel. „Und Violet? Wie geht es ihr? Ich kenne sie ja nur als Tennager – und nur aus deinen Geschichten.“

„Darüber wollte ich auch gern mit dir reden. Ich gebe mir wirklich Mühe, sie aus allen möglichen Schwierigkeiten herauszuhalten, aber sie hat ihren eigenen Kopf. Wenn du mir dabei helfen könntest, wäre das super. Ich meine, während du hier in der Stadt bist.“

Beinahe hätte Rafe laut losgelacht. Das war ja die blanke Ironie! Er war hier, um die Ehre seiner Schwester und der Familie zu rächen. Und Mac, die Ursache allen Übels, bat ihn, auf seine Schwester Violet aufzupassen! Wenn das nicht die Gelegenheit war, Mac genau das anzutun, was er ihm angetan hatte, als er Nasira verführte.

„Aber selbstverständlich“, sagte er mit einer kleinen Verbeugung und tat so, als sei er gerührt von Macs Vertrauen. Dieser Vollidiot. Er machte es ihm beinahe zu einfach.

„Mir klingeln die Ohren“, sagte eine leise weibliche Stimme hinter ihm. „Wovon redet ihr beide?“

Rafe drehte sich um. Violet stand in der Tür, starrte ihn mit offenem Mund an und wurde kreidebleich. Sein Körper reagierte, bevor ihm klar war, wen er da vor sich hatte, und er war sofort hart. Die Reaktion kam so plötzlich, dass er für einen Moment nicht wusste, was mit ihm los war. Sicher, die Frau war hübsch, aber eher guter Durchschnitt, sodass er nicht wusste, weshalb er sich so spontan zu ihr hingezogen fühlte.

Dann erst begriff er, wer sie war.

Im hellen Tageslicht sah sie anders aus. Und in Jeans und Arbeitshemd hatte er sie auch noch nicht gesehen. Das Haar hatte sie hinten im Nacken zusammengebunden, und sie war vollkommen ungeschminkt.

Und trotzdem erkannte er sie. Es war V.

Was hatte das zu bedeuten? Seine wunderschöne, geheimnisvolle V war hier? Die Frau, die er in den letzten vier Monaten nicht hatte vergessen können, lebte hier, in Macs Haus?

Mac stand auf, und auch Rafe erhob sich langsam. „Ah, da bist du ja endlich“, sagte Mac. „Violet, das ist mein alter Collegefreund Rafiq bin Saleed.“

„Bin Saleed?“ Sie starrte Rafe an. „Bin?“

„Äh … ja.“ Mac sah kurz zwischen den beiden hin und her. „Rafe, das ist meine kleine Schwester Violet.“

V war Violet! V war die Schwester seines Erzfeindes Mac McCallum!

Manchmal schlug das Schicksal wirklich die verrücktesten Kapriolen.

Rafe hätte sich ohrfeigen mögen. Normalerweise ging er nicht mit irgendeiner x-beliebigen Frau ins Bett. Er verführte sie nicht und legte ihr keine romantischen Grüße auf den Nachttisch. Er war ein Bin Saleed. Er hatte so etwas nicht nötig. Und nun das! Eine Nacht mit der absolut falschen Frau, und seine ganze Racheplanung war dahin – sie konnte seine Intrige aufdecken!

Außerlich blieb er gelassen. Viele Jahre lang hatte er den Zorn des Vaters ertragen und dabei gute Miene zum bösen Spiel machen müssen. Währenddessen dachte er fieberhaft nach. Noch konnte er sein Racheprojekt nicht offenbaren, es war noch nicht vollendet. Aber Violet wusste, dass er sich schon seit vier Monaten hier in der Gegend aufhielt und nicht erst heute angekommen war, wie er behauptet hatte. Fatal, und das nur, weil er einer schönen Frau nicht hatte widerstehen können.

Vielleicht aber war auch alles ganz anders. Vielleicht hatte ihr Bruder sie auf seine Spur gesetzt und einen Gegenangriff geplant. Und Rafe war darauf hereingefallen, weil er dem Sog dieses Lächelns und ihrem betörenden Körper nicht gewachsen gewesen war.

Andererseits hatte sie darauf bestanden, anonym zu bleiben. Beide kannten die Identität des anderen nicht. Konnte es sein, dass Violet als V wirklich nur Sex gewollt hatte?

Wie auch immer, es blieb ihm nichts anderes übrig, als weiter die Rolle des alten Freundes zu spielen. Er konnte seine Karten doch nicht aufdecken, nur weil er zufällig mit dieser Frau geschlafen hatte. „Violet“, sagte er mit einer tiefen Verbeugung, „es ist mir eine Ehre, die geliebte Schwester meines Freundes endlich kennenzulernen.“

„Tatsächlich?“, kam es zurück wie ein Peitschenhieb.

„Violet …“ Mac warf ihr einen beschwörenden Blick zu. „Ich hatte dich doch gebeten …“

„Tut mir leid“, sagte sie in einem Ton, der klarmachte, dass es ihr überhaupt nicht leidtat. „Ich hatte jemand anderen erwartet.“

Ich auch. Rafe unterdrückte ein Lächeln. „Komme ich ungelegen?“ Als er in Harvard studierte, hatte er zum ersten Mal den Ausdruck wenn Blicke töten könnten gehört. In seiner Heimat Al Qunfudhah würde es niemand wagen, ein Mitglied der königlichen Familie mit einem solchen Blick anzusehen, es sei denn, er nahm die Folgen in Kauf. Das konnte Tod sein, zumindest aber Landesverweisung.

Aber er war nicht in Al Qunfudhah, sondern in den USA. Und wenn Blicke töten könnten, hätte Violet ihn schon vor ein paar Minuten erledigt. Lächelnd hob er eine Augenbraue. Die Fassung zu bewahren, fiel ihm leicht. Und ihr? Hatte Mac deshalb erst mit ihr allein gesprochen? Hatten sie abgesprochen, was sie sagen wollten?

„Nein, nein“, wehrte Mac verlegen ab. „Vielleicht kannst du uns was zu trinken holen, Violet?“

„Wieso ich? Ich bin doch nicht deine Dienerin!“ Sie warf Mac einen wütenden Blick zu, aus dem Rafe schloss, dass sie ihrem Bruder nichts von der leidenschaftlichen Nacht erzählt hatte.

„Violet!“ Mac sah Rafe entschuldigend an. „Entschuldige bitte …“

Rafe hob beschwichtigend die Hand. „Kein Problem. Wir sind doch nicht in Al Qunfudhah.“ Oh, wie er das Unbehagen des „Freundes“ genoss! „Hier in Amerika ist manches anders, ich weiß. Ich erwarte nicht, von der Frau des Hauses bedient zu werden.“

Aber von irgendjemandem schon, drückte seine Körperhaltung aus. Er lehnte sich lässig zurück, legte beide Arme auf die Rückenlehne des Sofas und sah Violet herausfordernd an. Ich bin hier. Und nun?

Wieder warf sie ihm diesen mörderischen Blick zu. „Ach, daher kommen Sie?“

Das klang bitter, was er nicht erwartet hatte. Als er sie das letzte Mal gesehen hatte, lag sie schlafend in seinem Bett, nackt bis auf das Laken, das sie um sich gewickelt hatte. Ihr prachtvolles rotbraunes Haar lag wie ein Fächer über ihrer Schulter, und ihr weicher rosa Mund lächelte im Schlaf. Wie eine lustvoll befriedigte Frau sah sie aus, und Rafe hätte sie am liebsten mit einem Kuss geweckt.

Aber sie hatte nur eine Nacht mit ihm verbringen wollen, und so war er leise aufgestanden, hatte ihr Kleid zum Aufbügeln gegeben und Frühstück für sie bestellt. Danach hatte er sich mit Nolan Dane getroffen, der damals noch für ihn gearbeitet hatte, auch um auf andere Gedanken zu kommen. Denn die verführerische V ging ihm seit jener Nacht nicht mehr aus dem Sinn.

Eine rätselhafte Frau. Wieder dachte er an diese unvergessliche Nacht zurück. Er hatte V zu nichts gezwungen, er erinnerte sich sehr gut, dass er ihr häufiger die Möglichkeit gegeben hatte, zu gehen. Sie hatte mit ihm in seine Suite gehen wollen. Sie hatte die Begegnung auf eine Nacht beschränken wollen. Sie hatte entschieden, anonym zu bleiben. Warum also war sie verbittert? Sie hatte doch genau das bekommen, was sie wollte.

„Ich hole uns was zu trinken“, sagte Mac und stand auf. „Violet, kommst du mal eben mit in die Küche?“

„Ich möchte Limonade, danke.“ Unbeeindruckt von seiner Aufforderung, ließ sie sich in einen Sessel fallen.

Das verwunderte Rafe nun doch. Dass eine Frau einem Mann einen Auftrag gab, nun ja, das konnte er sich vorstellen. Aber dass dieser Mann, dazu noch der ältere Bruder, seufzend gehorchte, das war schon erstaunlich. Vielleicht wäre alles anders gekommen, wenn Nasira auch gelernt hätte, sich gegen Männer zu behaupten … Rafe schob den Gedanken zur Seite und konzentrierte sich auf die Frau vor ihm. Violet kochte immer noch vor Wut, das war nicht zu übersehen.

Sowie Mac im Flur verschwunden war, beugte sie sich vor und starrte Rafe unter zusammengezogenen Brauen an. „Rafiq bin Saleed?“

Das überhörte er. Ein Mann wie er brauchte sich schließlich nicht zu rechtfertigen. „Es ist schön, wenn auch unerwartet, dich wiederzusehen, V.“

„Allerdings unerwartet! Was zum Teufel hat das zu bedeuten?“

„Ich hoffe, es geht dir gut?“

Sie riss die Augen auf. „Ob es mir … Auf einmal interessiert es dich, wie es mir geht?“

Unwillig schüttelte er den Kopf. „Nur zu deiner Information, das hat mich auch damals interessiert. Aber du selbst hast die Regeln aufgestellt. Eine Nacht, nicht mehr. Keine Namen, keine Verpflichtungen.“

Sie ging nicht darauf ein. „Wie soll ich dich denn nennen? Doch sicher nicht Ben, oder?“

„Ich heiße Rafiq und werde meistens Rafe genannt.“

„Okay, Rafe.“ Sie richtete sich auf und sah ihn an, als wolle sie gleich zum Angriff übergehen. „Da du gefragt hast, nein, es geht mir nicht gut.“

„Nein?“ Gegen seinen Willen spürte er so etwas wie Sorge. Dabei sollte er froh darüber sein, machte es doch Macs Leben schwerer. Stattdessen wollte er sie in die Arme ziehen und trösten. Er war reich. Er konnte ihr helfen, was auch immer es war. „Das ist hoffentlich nicht meine Schuld?“

Sie schloss kurz die Augen und atmete einmal tief durch. „Ich fürchte doch. Ich bin schwanger.“

Was hatte sie gesagt? Schwanger? „Von mir?“

Angespannt wie eine Löwin, die zum Sprung ansetzt, stieß sie hervor: „Selbstverständlich von dir! Offenbar kennen wir uns wirklich nicht besonders gut. Denn normalerweise gabele ich nicht irgendwelche Männer auf und hüpfe mit ihnen ins Bett. Das mit dir war eine Ausnahme. Du bist der Einzige, mit dem ich im letzten Jahr zusammen war. Und du solltest verhüten, erinnerst du dich?“ Den letzten Satz zischte sie zwischen den Zähnen hervor.

Doch bevor Rafe dazu irgendetwas sagen konnte – was bloß? –, trat Mac mit einem Tablett ein.

„Wer möchte Limonade?“

2. KAPITEL

Rafe saß einfach bloß da und verzog auch keine Miene, als Mac plötzlich zurück ins Zimmer kam. Violets ganze Welt lag in Scherben, und Rafe sah aus, als habe sie ihm nicht gerade verkündet, dass sie ein Kind von ihm erwartete.

Das konnte doch alles nicht wahr sein! Sie hielt es nicht mehr aus. Ihr war schlecht, und sie konnte nur hoffen, es noch bis ins Bad zu schaffen. „Danke, Mac.“ Mit zitternden Knien stand sie auf. „Aber ich habe eigentlich keinen Durst.“

Der Vater ihres ungeborenen Kindes war leider kein namenloser Fremder, den sie zufällig in einer Bar getroffen hatte. Das wäre noch einigermaßen einfach. Sie müsste das Kind allein aufziehen, ein beunruhigender Gedanke, aber machbar. Stattdessen war er Mitglied einer arabischen Königsfamilie. Und nicht irgendein Mitglied! Er war der frühere Freund ihres Bruders, der Mac beschuldigt hatte, Nasira verführt zu haben.

Ben – oder Rafe oder wie auch immer er hieß – war ebenfalls aufgestanden.

In der letzten halben Stunde hatte sich ihre traumhafte Sexnacht in einen Albtraum verwandelt. Wie, um Himmels willen, sollte sie Mac sagen, dass sie ein Kind erwartete? Übrigens, ich bin schwanger, Mac. Und stell dir vor, der Vater ist dein alter Freund Rafe. Ist das nicht zum Totlachen?

Mac behandelte sie immer noch, als sei sie sechzehn. Wie würde er reagieren, wenn herauskam, wie unverantwortlich sie gehandelt hatte? Oh Gott, nichts wäre mehr so wie früher. Sie drehte sich um und ging in Richtung Tür, war aber wegen ihrer wackeligen Beine nicht schnell genug.

„Violet …“

Das war Rafe mit seiner Samtstimme, die ihr gleich wieder Schauer über den Rücken jagte. Verdammt! Ihr Kopf verurteilte den Mann, doch ihr Körper sehnte sich nach ihm.

Aber das durfte sie nicht beeinflussen. Schon das letzte Mal war es im Wesentlichen seine Stimme gewesen, der sie nicht hatte widerstehen können. Und was war das Ergebnis? Sie war schwanger und unverheiratet. Und hatte nicht einmal eine Mutter, die sie trösten konnte.

„Was denn?“ Das klang ziemlich genervt.

Mac zuckte zusammen.

„Ich würde Royal gern ein bisschen besser kennenlernen und ein paar alte Freunde wiedersehen“, sagte Rafe unbeeindruckt. „Wie wäre es, wollen wir drei nicht morgen zusammen zu Abend essen?“

Auch das noch! Bei der Vorstellung, einen ganzen Abend wie auf heißen Kohlen zwischen ihrem ehemaligen Lover – dem Vater ihres Kindes – und ihrem Bruder zu sitzen, wurde Violet noch elender zumute.

„Gute Idee“, meinte Mac gleich beflissen. „Leider bin ich morgen nicht da. Aber Violet kann dich herumführen.“

Violet verdrehte die Augen. Das war wieder so typisch Mac. Als ob sie den ganzen Tag auf dem Sofa saß und Däumchen drehte! Schließlich hatte sie eine Ranch zu leiten.

Ihre Reaktion war Rafe nicht entgangen, er wurde rot und lächelte vorsichtig. Wahrscheinlich durften die Frauen in seinem verdammten Scheichtum ihre Gefühle nie zeigen. Leider sah der Mann einfach zu gut aus.

Er sah sie an, richtete seine Worte allerdings an Mac: „Einverstanden. So kann ich auch gleich noch ein Auge auf deine Schwester haben. Wie wäre es mit abends um sieben?“

Und Mac, dieser Schuft, nickte zustimmend, als sei sie, um die es ja schließlich ging, gar nicht im Raum! Ein Auge auf sie haben – das hörte sich ja so an, als habe Mac diesen Rafe darum gebeten. Ein Babysitter war ja nun wirklich das Letzte, was sie brauchte. Wenigstens jetzt noch nicht. In sechs Monaten vielleicht. „Ich weiß nicht …“

„Ja, gern. Das wäre ideal.“ Mac wirkte erleichtert. Als ob seine Schwester noch nicht einmal allein irgendwo essen konnte, ohne in Schwierigkeiten zu geraten. Violet knirschte vor Wut mit den Zähnen. „Ich habe nämlich einen Termin mit Andrea“, fügte Mac schnell hinzu, „meiner Assistentin. Aber ihr beiden könnt gern essen gehen. Wird sicher nett.“

Nett? Es wurde Zeit, dass sie ihrem Bruder mal ein paar Takte erzählte, was Rafe betraf. Aber erst einmal musste sie mit Rafe sprechen, allein. „Okay.“ Sie lächelte kurz. „Dann gehen wir eben zum Dinner.“

Rafe schenkte ihr ein kleines Lächeln, was sie noch mehr auf die Palme brachte. Ihre ganze Welt war zusammengebrochen, und der Vater ihres Kindes stand einfach lächelnd da und sah so sexy aus wie an dem Abend vor vier Monaten. Durch die Schwangerschaft würde sich ihr Leben total verändern. Und seins?

Ja, sie mussten unbedingt miteinander reden, allein und an einem Ort, wo keiner ihr Gespräch unterbrechen konnte.

„Bis morgen dann“, sagte Rafe.

„Sehr gut“, bemerkte Mac zufrieden und sah Violet auffordernd an, die sich schließlich ein „Ich freue mich darauf“ abzwang.

Rafe neigte den Kopf, ohne sie aus den Augen zu lassen. „Ich auch.“

„Eine Sache noch, Rafe.“ Mac hob die Hand. „Übermorgen haben wir unser monatliches Treffen im Texas Cattleman’s Club. Falls du etwas mehr über die Stadt und ihre Menschen wissen willst, kannst du gern mitkommen. Ich meine, wegen deiner Pläne, hier eine Niederlassung zu gründen.“

„Was?“ Violet glaubte, ihren Ohren nicht trauen zu können.

„Ja, gern“, sagte Rafe, an Mac gewandt. Dann sah er Violet an. „Ich überlege, hier in der Gegend etwas im Energiesektor zu tun. Und da habe ich natürlich an meinen alten Freund Mac gedacht.“

„Natürlich“, wiederholte sie. Alter Freund Mac? Irgendetwas stimmte hier überhaupt nicht. Aber sie war zu durcheinander, um herauszufinden, was.

„Dann sehe ich Sie morgen zum Dinner.“ Wieder hatte er diese Samtstimme, die ihr durch und durch ging.

Lächelnd ließ er sich von Mac zur Tür bringen.

Von wegen morgendliche Übelkeit! Violet war den ganzen Tag schlecht. Vielleicht hatte sie noch etwas anderes. Denn die Morgenübelkeit der Schwangeren sollte ja nur im ersten Vierteljahr auftreten. Und das hatte sie längst hinter sich. Schließlich kannte sie das Datum der Empfängnis nur allzu genau. Unwillkürlich musste sie wieder an die Nacht in Bens, das heißt Rafes, Armen denken. Mist!

In Slip und BH stand sie vor ihrem nur spärlich gefüllten Kleiderschrank, in ihrem normalen weißen T-Shirt-BH und nicht etwa in der sexy Nummer, die sie an dem Abend vor vier Monaten getragen hatte. Dieser hier entsprach ihr eher, tat das, wozu er da war, war langweilig und nicht sexy. Falls Rafe glaubte, sie würde heute Abend wieder als die verführerische V auftauchen, hatte er sich geschnitten. Außerdem passte ihr ihr einziges Cocktailkleid nicht mehr, das hatte sie bereits ausprobiert.

All die kleinen Veränderungen, die ihr Körper durchmachte, die leichte Gewichtzunahme, die ewige Müdigkeit, die Übelkeit, hatte sie bisher mit allem Möglichen erklärt. Mit Erschöpfung. Mit einer Magenverstimmung. Mit Stress. Mit dem Wechsel der Jahreszeiten, ja sogar mit dem Mondzyklus! Aber nun konnte sie die Wahrheit nicht länger leugnen.

In zwei Wochen hatte sie einen Termin bei einem Frauenarzt in Holloway. Eigentlich albern, dass sie nicht hier in Royal zum Arzt ging. Aber sie wusste noch nicht genau, wie sie Mac das Ganze beibringen sollte, und wollte erst die Bestätigung durch den Arzt abwarten. Und wenn man sie in Royal in die Praxis gehen sah, würde sie sofort Stadtgespräch sein.

Und Rafe? Noch wusste sie nicht, was und ob sich etwas mit ihm entwickeln würde. Sie hatte im Internet nachgesehen, wo behauptet wurde, dass Al Qunfudhah im Vergleich zu anderen arabischen Ländern durchaus fortschrittlich war, was Frauenrechte betraf. Aber konnte man es schon Fortschritt nennen, nur weil Frauen Auto fahren durften? Das war doch eine Selbstverständlichkeit.

Auch nach dem Artikel war sie nicht schlauer und konnte nicht abschätzen, was Rafe tun würde. Er gehörte wohl wirklich zur Königsfamilie. Sein Vater war vor ein paar Jahren gestorben, und sein Bruder regierte als Scheich das Land. Das war schon alles. Von irgendeinem Fremden schwanger zu sein, wäre schon schlimm genug gewesen. Aber von einem echten Adeligen?

Jetzt musste sie erst einmal das Dinner überstehen. Und es wäre wohl besser, sie tauchte dort angezogen auf. Schließlich entschied sie sich für eines ihrer wenigen Kleider, eine Art schlichtes Hemdblusenkleid, dunkelgrün mit kleinen rosa Blümchen. Das Muster war vielleicht etwas zu verspielt, dafür war der Schnitt klassisch-streng und hatte um die Taille herum genug Spielraum. Das Haar hochgesteckt, die Wimpern getuscht und etwas Rouge auf den Wangen – fertig. Schließlich war dies ja kein Date, sondern eine Art Geschäftsbesprechung …

Glücklicherweise war Mac nicht da. Wenn er sie so sehen würde, hätte er gleich ein paar misstrauische Fragen gestellt. Denn außer an Weihnachten und Ostern sah man Violet eigentlich nie in einem Kleid.

Gerade als sie noch darüber nachdachte, ob sie Lipgloss oder einen echten Lippenstift benutzen sollte, klingelte es. Mist. Jetzt musste sie sich auch noch hetzen. Aber warum eigentlich? Sie war Rafe gegenüber zu nichts verpflichtet. Sie war schwanger und würde sich nicht beeilen, um ihm gefällig zu sein. Im Gegenteil, er sollte sich daran gewöhnen, dass es jetzt eher nach ihrer Nase ging. Betont langsam schminkte sie sich die Lippen dunkelrosa und griff nach ihrer hellen Jeansjacke. Sie war cool, gelassen und selbstbewusst. Kein Grund, nervös zu sein, oder? War ja nur ein Dinner mit dem Vater ihres Kindes, kein Problem.

Aber als sie die Treppe hinunterging, zitterten ihr doch die Knie. Und als sie die Tür öffnete und Rafe da stehen sah mit einer roten Rose in der Hand, da musste sie sich am Türrahmen festhalten. Er sah einfach hinreißend aus in seinem dunklen Anzug, und sie wünschte, sie hätte etwas hartnäckiger versucht, den Reißverschluss ihres schwarzen Cocktailkleides zuzuziehen.

„Guten Abend“, sagte er und sah sie nicht cool an wie gestern, sondern wie damals in der Bar. Wie der Mann, dem sie willenlos nach oben in seine Suite gefolgt war.

„Hallo“, sagte sie nervös, weil sie die beiden Männer nicht zusammenbringen konnte. Den von gestern, der sie gemustert hatte wie ein Wolf seine Beute. Und den, der jetzt vor ihr stand und ihr charmant lächelnd die Rose überreichte. „Eine schöne Blume für eine schöne Frau.“

Und wieder hatte sie dieses kaum bezwingbare Verlangen, ihn zu küssen, sich in seine Arme zu flüchten und sich von ihm sagen und zeigen zu lassen, wie sinnlich und begehrenswert sie war. Aber nun wussten sie voneinander, waren nicht mehr die anonymen Lover.

„Rafe, was soll das? Das hier ist doch kein Date, oder?“

Er presste kurz die Lippen zusammen. „Ich würde dich nie zu etwas zwingen, was du nicht willst, Violet“, sagte er ernst. „Wenn dies ein Dinner unter Freunden sein soll, ist mir das recht. Wenn du es mehr als Date siehst, umso besser.“

Sie nahm die Rose und legte sie auf den Garderobentisch. „Unser letztes Date, wenn du so willst, ist leider schiefgelaufen.“ Zwei Schwangerschaftstests bewiesen das. „Ich finde, wir sollten uns über ein paar Dinge im Klaren sein, bevor wir an irgendetwas anderes denken.“

„Das ist richtig. Es wäre zu einfach, gleich wieder …“ Er stockte, und Violet meinte, ihn erröten zu sehen. „Dann lass uns fahren. Ich habe bei Claire’s einen Tisch bestellt.“

„Oh.“ Claire’s war das eleganteste Restaurant in der Stadt, und sie stand hier mit ihrer Jeansjacke. „Dann sollte ich mir vielleicht etwas anderes anziehen.“

„Nein, du siehst toll aus.“ Rafe machte einen Schritt auf sie zu, umfasste ihr Kinn mit einer Hand und hob ihr Gesicht an. „Du warst in jener Nacht vor vier Monaten wunderschön, und du bist jetzt wunderschön. Und wer es wagen sollte, dich zu kritisieren, bekommt es mit mir zu tun.“

Wow, was für ein Kompliment. Violet war sprachlos. Was vielleicht gar nicht schlecht war, denn sie war unsicher, wie sie sonst reagiert hätte. Sicherlich hätte sie irgendwas Dummes gesagt oder gestottert. Oder, schlimmer noch, sie hätte ihm vielleicht gestanden, wie sehr sie sich nach ihm sehnte und wie oft sie noch an die gemeinsame Nacht dachte.

Denn dann würde er sie vielleicht zurück ins Haus drängen, sie die Treppe hochtragen, wie er sie den Hotelflur entlanggetragen hatte, sie auf ihr Bett werfen und … Nein, das wäre wirklich total daneben, nicht auszudenken.

„Violet“, sagte er leise und war ihr dabei so nah, dass sie ihn hätte küssen können, wenn sie sich auf die Zehenspitzen gestellt hätte, „du hast mich gefragt, wie dieser Abend einzuschätzen ist. Ich gebe die Frage zurück. Wie hättest du es denn gern?“

Violet war es gewohnt, mit Männern umzugehen. Schließlich hatte sie den Job eines Mannes. Im Wesentlichen hatte sie es mit Cowboys, Rancharbeitern und natürlich mit ihrem Bruder zu tun. Da hatte sie weder Zeit noch Lust, sich in Schönheitssalons herumzutreiben und mit anderen Frauen zu klatschen.

Sie hatte nie Schwierigkeiten gehabt, sich zu behaupten. Immer wieder gab es Männer, die meinten, eine zierliche Frau wie sie sei nicht dafür geschaffen, Zäune zu flicken, Kälber mit dem Brandzeichen zu versehen oder auch andere Arbeiten zu übernehmen, die normalerweise von Männern erledigt wurden und nach deren Meinung auch nur von Männern erledigt werden konnten. Diese Männer hielten sich für die Krone der Schöpfung, der sich eine Frau einfach zu unterwerfen hatte.

Deshalb hätte Violet eigentlich nicht den Wunsch verspüren sollen, sich Rafes Meinung unterzuordnen, ihm zu sagen, dass alles, was er wollte, ihr recht sei. Seine männliche Ausstrahlung war so dominant, dass sie sie körperlich spüren konnte. Was sollte sie bloß tun?

Die Männer vor ihm hatten sich immer mit Worten aufgebaut, hatten jedem erzählen müssen, was für ein Superman sie waren, meinten wohl, sonst würde es keiner merken. Rafe dagegen war von einem ganz anderen Kaliber. Auch ohne Worte war seine machtvolle Überlegenheit spürbar, der jeder sich wie selbstverständlich unterzuordnen hatte.

Doch dann erinnerte sie sich glücklicherweise an ihre Situation. Sie nahm den Kopf zur Seite, sodass er sie loslassen musste, und sah ihm in die Augen. In diese dunkelbraunen, warmen Augen, die eindeutig ausdrückten, was er dachte. Das richtige Wort von ihr, und in Sekundenschnelle läge sie nackt auf ihrem Bett.

Das durfte definitiv nicht passieren! „Was ich möchte? Ich möchte erst einmal herausfinden, wie wir überhaupt in diese Lage geraten sind und wie es weitergehen soll.“ Leider klang ihre Stimme nicht fest und bestimmt, sondern eher wie ein laszives Flüstern.

Das war auch Rafe nicht entgangen. Er lächelte wissend. „Da hast du recht. Also, wie sind wir in diese Lage geraten? Ich erinnere mich, dass ich eine mysteriöse, hinreißende Frau in meine Suite …“

„Halt, das meine ich nicht.“ Ihr war heiß geworden, sie musste sich unbedingt zusammennehmen. „Mehr so, was danach passiert ist. Ich bin schwanger. Das ist eine ernste Sache.“

Rafe seufzte leise und nickte dann. „Ich weiß. Wollen wir beim Essen darüber reden? Oder lieber mehr in einem privateren Rahmen?“

Im Grunde wäre Violet privat sehr viel lieber gewesen – hätte das nicht bedeutet, dass sie seiner Charmeoffensive ausgesetzt wäre, der sie vielleicht nicht widerstehen könnte. „Beim Essen.“

Rafe war anständig genug, sie nicht überreden zu wollen. So wie er auch vor vier Monaten, wenn sie ehrlich war, nichts gegen ihren Willen getan hatte. Mit einer leichten Verbeugung sagte er lächelnd: „Gut, dann lass uns fahren.“

3. KAPITEL

Ihr Tisch stand halb verborgen im hinteren Teil des Restaurants. Genau das hatte Rafe sich gewünscht. Denn einerseits sollte man ihn und Violet zusammen sehen, was Mac zweifellos am nächsten Morgen erfahren würde – er sollte sich von Rafes tadellosem Benehmen überzeugen können. Andererseits saßen sie außerhalb der Hörweite der anderen Gäste, was wegen des delikaten Themas wichtig war.

Er rückte für Violet den Stuhl zurecht. Als sie sich setzte, blickte er verzückt auf ihren zierlichen Nacken, auf dem sich eine rotbraune Locke kringelte. Am liebsten hätte er sich vorgebeugt und diese Stelle geküsst, und es war nicht das erste Mal heute Abend, dass er sein Verlangen bezähmen musste. Schon als sie ihm die Tür geöffnet hatte, hätte er sie am liebsten auf die Arme genommen und in das nächstbeste Schlafzimmer getragen. Gestern, als sie ihm so unvermutet als wütendes Cowgirl gegenübergestanden hatte, war das nicht so gewesen. Aber heute …

Als er weiter bewegungslos hinter ihrem Stuhl stehen blieb, drehte Violet sich zu ihm um. „Ist etwas?“

Er zuckte kurz zusammen, ging dann langsam um den Tisch herum und setzte sich ihr gegenüber. „Ich bin wirklich sehr froh über unser Wiedersehen.“

„Tatsächlich? Gestern hatte ich nicht den Eindruck.“

„Das glaube ich. Aber es kam für uns beide ja sehr überraschend. Kein Wunder, dass wir nicht spontan begeistert waren.“

„Nicht?“ Sie musterte ihn aus leicht zusammengekniffenen Augen, und er hatte den Eindruck, etwas Falsches gesagt zu haben.

Also schnell das Thema wechseln. „Nun zu dem, weshalb wir hier sind. Deiner Schwangerschaft. Seit wann weißt du schon davon?“ Er musste sicher sein, dass es wirklich sein Kind war. Schließlich hätte sie in den letzten vier Monaten durchaus andere Männer haben können.

Sie wurde rot. „Eigentlich erst seit gestern. Ich war gerade dabei, den Test zu machen, als Mac kam und sagte, du seist da.“

Rafe hüstelte leicht, um sein Erstaunen zu verbergen. „Erst gestern? Wirklich?“

„Ja. Ich hatte mich schon eine ganze Zeit irgendwie komisch gefühlt, war dauernd müde und nahm zu. Erst dachte ich, ich hätte mir irgendein Virus eingefangen. Aber dann hat meine Freundin Clare angefangen, mich über die Symptome auszufragen – sie ist Krankenschwester, musst du wissen –, und meinte, ich sei vielleicht …“ Sie schluckte und starrte in ihr Wasserglas. „Da habe ich dann den Test gekauft, das heißt gleich drei Packungen. Um sicherzugehen.“

„Und wie viele waren positiv?“

„Zwei. Der erste hätte ja falsch sein können. Aber als dann auch der zweite …“ Sie hob den Kopf und sah ihn an. „Tut mir leid, dass ich gestern vielleicht ein bisschen grob war. Aber ich hatte gerade erst herausgefunden, dass ich schwanger bin. Und zerbrach mir den Kopf, wie ich dich finden könnte. Dann ging ich ins Wohnzimmer, und da warst du.“

„Ja, das war sicher ein Schock. Aber nicht nur für dich.“

Sie beugte sich vor und runzelte leicht die Stirn. „Warum hast du dich damals Ben genannt?“

Für die Wahrheit war es zu früh, das war Rafe klar. Dann würde seine Geschichte auffliegen. Also gab er die Frage zurück. „Und warum du dich V?“

Sie antwortete nicht gleich. Der Kellner kam an ihren Tisch und fragte nach ihren Wünschen. Rafe trank äußerst selten Alkohol. Seit diesem Abend vor vier Monaten hatte er kein einziges Glas Wein mehr getrunken. Ob er sich deshalb damals so schnell auf diese verführerische Frau eingelassen hatte?

Heute Abend brauchte er etwas, das spürte er. Schon zur Beruhigung. Auf keinen Fall durfte er sich herausfordern lassen und in Gefahr geraten, seine Rachepläne zu verraten. Nach wie vor wusste er nicht, ob Violet nun Freund oder Feind war. Also dranbleiben, bis er wusste, wie er sie einzuschätzen hatte.

Er bestellte eine Flasche Sauvignon Blanc, was gut zu seinem Filet Mignon und ihrem Huhngericht passen würde. Doch Violet schüttelte nur den Kopf, und als der Kellner gegangen war, flüsterte sie: „Ich darf doch nicht.“

„Was? Wieso?“

„Ich bin doch schwanger! Da soll man keinen Alkohol trinken. Wusstest du das nicht?“ Ein ungläubiger Ausdruck huschte über ihr Gesicht. „Weißt du überhaupt irgendetwas über Schwangerschaften? Über Babys?“

„Nein, natürlich nicht. Ich habe keine Kinder. Und wenn ich welche hätte, würden Nannys für sie sorgen. So ist das bei uns.“

Violet war blass geworden und starrte ihn entsetzt an. „Nannys? Plural? Nicht nur eine? Also … also, so stelle ich mir das für unser Kind nicht vor.“

„So weit sind wir doch noch nicht“, versuchte er sie zu beruhigen, denn ihre Verzweiflung ging ihm irgendwie nahe. Dabei sollte er sich darüber freuen, schließlich war sie ja Macs Schwester. Aber so war es nicht, sosehr er sich auch über diese Schwäche ärgerte.

„Das stimmt“, sagte sie leise.

„Lass uns das Ganze noch einmal von Anfang an durchgehen“, meinte er sanfter, als er vorgehabt hatte. Immerhin schien es zu wirken, Violet lehnte sich zurück und sah ihn ruhig an. „An dem Abend wusste ich nicht, wer du warst. Und du tapptest offenbar genauso im Dunkeln.“

„Ja. Keine Namen, das hatten wir doch ausgemacht. Aus dem gleichen Grund bin ich auch nach Holloway gefahren und nicht in Royal geblieben. Ich wollte einfach mal nachts ausgehen, ohne dass mein Bruder am nächsten Morgen gleich alles erfuhr.“ Nervös rückte sie ihr Besteck zurecht. „Mac meint es nur gut mit mir, das weiß ich. Aber manchmal schnürt mir diese Fürsorge die Luft ab. Und unser Dinner heute Abend ist für ihn auch kein Date. Schließlich hat er dich ja gebeten, auf mich aufzupassen, oder?“

„Ja“, gab Rafe zu.

Sie stieß die Luft aus. „So ist er leider. In seinen Augen bedrohen Männer entweder meine Unschuld oder eignen sich als Babysitter.“

„Aber du bist doch längst erwachsen“, meinte Rafe kopfschüttelnd. „Du bist nicht mehr die kleine Schwester, von der er mir damals vor zwölf Jahren auf dem College erzählt hat.“

„Das mach ihm mal klar! Er behandelt mich, als sei ich immer noch sechzehn und durch den Tod der Eltern vollkommen aus der Bahn geworfen. Aber so ist es nicht. Ich bin eine erwachsene Frau und ganz allein für die Ranch verantwortlich. Obwohl, schwanger zu werden war wohl nicht so fürchterlich schlau. Aber damit komme ich schon zurecht.“

Rafe sah sie nachdenklich an, während er den Wein kostete, den der Kellner gebracht hatte. Er nickte dem jungen Mann zu und wandte sich dann wieder an Violet. „Ich muss dich etwas fragen. Warst du noch, wie sagt man, unschuldig?“

„Du liebe Zeit!“ Sie rollte mit den Augen und seufzte. „Nein, ich war keine Jungfrau mehr, okay? Du etwa?“

Rafe zog die dunklen Brauen zusammen. Eine solche Frage stellte man ihm nicht. Aber dann sah er, wie sie ihn gespannt musterte, und ihm wurde klar: Für sie war er nicht in erster Linie der Bruder eines Scheichs. Er war der Mann, mit dem sie für immer verbunden sein würde, ob sie wollte oder nicht.

„Nein. Und um deiner nächsten Frage zuvorzukommen: Momentan bin ich solo. Und mit Ausnahme unserer Nacht vor vier Monaten habe ich schon lange keine Frau mehr gehabt.“

Sie grinste kurz. „Soso. Dann hast du also wie ein Mönch gelebt?“

„Wenn du so willst. Ich hatte viel zu tun. Mein Bruder ist der regierende Scheich von Al Qunfudhah, und ich musste die Familienreederei übernehmen.“

„Dennoch, ganz ohne Frau? Du könntest doch jede haben. Du kommst aus einer königlichen Familie!“ Ihr Blick wanderte über sein Gesicht und über seinen Oberkörper. „Und du siehst umwerfend aus.“

Ihre freimütige Art machte ihn verlegen. Er räusperte sich kurz. „Kann sein. Aber dass ich jede Frau haben könnte, bedeutet noch lange nicht, dass ich das auch will.“

„Auch noch bescheiden“, sagte sie spöttisch. Ihr Lächeln nahm den Worten aber die Spitze. „Was für eine ungewöhnliche Haltung. Die meisten Männer würden nehmen, was sie kriegen können.“

„Ich bin nicht die meisten Männer.“

„Ich weiß“, sagte sie leise und beinahe zärtlich.

Rafe freute sich. Aber nicht, weil sie sich ihm öffnete und so seiner Rache nur noch in die Hände spielte, sondern weil ihm bei ihrem Lächeln ganz warm ums Herz wurde. Er beugte sich vor und nahm ihre Hand. „Und du? Bist du liiert?“

„Nein. Die meisten Männer werden ziemlich schnell von meinem Bruder vertrieben.“

„Das muss ja sehr frustrierend sein.“

Sie zuckte kurz mit den Schultern und entzog ihm schnell die Hand. „Das schon. Andererseits sage ich mir dann immer, wer weiß, wofür es gut ist. Wenn sie noch nicht einmal meinem Bruder die Stirn bieten können, sind sie nichts für mich.“