Backstage - Mia auf Tournee - Lisa Burstein - E-Book

Backstage - Mia auf Tournee E-Book

Lisa Burstein

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Beschreibung

Verlieb dich nie in einen Rockstar ...

Sie sind die heißeste Boyband seit One Direction: Die fünf Jungs von Seconds to Juliet sind der Traum eines jeden Fangirls. Und unerreichbar. Doch dann treffen Miles, Ryder, Trevin, Will und Nathan auf fünf Mädchen, die ihre Welt für immer verändern …

Ryder Brooks lebt den Traum: Ruhm und Mädchen. Doch eigentlich will er seine eigene Musik schreiben, nicht die eingängigen Songs für Seconds to Juliet. Dafür muss er sein Leben ändern, und bekommt eine Tutorin, die absolut heiß ist. Mia steht zwar total auf Ryder, doch das würde sie nie zugeben. Mit einem Trick zwingt Ryder sie, sich als seine Freundin auszugeben, und Mia ist stinksauer. Doch manchmal braucht auch ein echter Badboy ein paar Streicheleinheiten – und eigentlich ist er ja ziemlich süß …

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Seitenzahl: 281

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DIE AUTORIN

Foto: © Lisa Burstein

Lisa Burstein verkauft tagsüber Tee und schreibt bei Nacht. Sie hat Kreatives Schreiben an der Eastern Washington University studiert und lebt in Portland, Oregon mit ihrem sehr geduldigen Ehemann, einem neurotischen Hund und zwei Katzen.

Bei cbt ist außerdem erschienen:

BACKSTAGE – Ein Song für Aimee (Band 1)

Mehr über cbj/cbt auf Instagram unter @hey_reader

LISA BURSTEIN

Mia auf Tournee

Aus dem Englischen

von Michaela Link

Der Inhalt dieses E-Books ist urheberrechtlich geschützt und enthält technische Sicherungsmaßnahmen gegen unbefugte Nutzung. Die Entfernung dieser Sicherung sowie die Nutzung durch unbefugte Verarbeitung, Vervielfältigung, Verbreitung oder öffentliche Zugänglichmachung, insbesondere in elektronischer Form, ist untersagt und kann straf- und zivilrechtliche Sanktionen nach sich ziehen.

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Deutsche Erstausgabe Juli 2019

Copyright © 2015 by Lisa Burstein

Die Originalausgabe erschien 2015 unter dem Titel »Mia and the Bad Boy. A Backstage Pass Novel« bei Crush, an imprint of Entangled Publishing LLC, Fort Collins, USA.

© 2019 für die deutschsprachige Ausgabe

cbj Kinder- und Jugendbuchverlag in der Verlagsgruppe Random House GmbH, Neumarkter Straße 28, 81673 München.

Aus dem Englischen von Michaela Link

Umschlaggestaltung: Suse Kopp, Hamburg, unter Verwendung mehrerer Motive von Gettyimages/oxygen; Plainpicture/LPF

he · Herstellung: eR

Satz: KompetenzCenter, Mönchengladbach

ISBN 978-3-641-21258-2V001

www.cbj-verlag.de

Für Donnie von NKOTB, den ersten Bad Boy,

in den ich mich verliebt habe

Ryder Brooks

Alter:Siebzehn

Haarfarbe:Dunkelblond

Augenfarbe:Haselnussbraun

Heimatstadt:NYC

Lieblingssong auf dem Debütalbum:

Kiss This

Steht auf:Selbstbewusstsein, weiche Haut, Mädchen, die mit einem Instrument umgehen können

Sein Traumdate:Alles, was nach dem Date passiert

Motto:»Ohne Musik wäre das Leben ein Irrtum.«

(Friedrich Nietzsche)

Kapitel 1

Es gab so einiges, das Ryder Brooks an Seconds to Juliet hasste.

1. Er durfte nicht seine eigene Musik spielen.

2. Die Musik, die er machen durfte, war übersteuerter, widerlich süßer Teenie-Pop.

3. Den anderen Jungs in der Band schien das alles vollkommen egal zu sein.

Aber das absolut Allerschlimmste waren die Pressekonferenzen.

Im Tourbus – den sie stolz The One nannten, nach ihrer ersten Hit-Single, die er geschrieben hatte – war es einfach, sich die Kopfhörer aufzusetzen und Coldplay oder Nirvana aufzudrehen, um die Jungs zu übertönen. Sich vor Shows in seiner Garderobe zu verstecken, war ebenfalls einfach. Auch mit heißen Groupies abzuhängen und sich nach den Shows mit ihnen zu vergnügen, war leicht. Aber bei Pressekonferenzen musste er präsent sein, musste mitmachen, mit hechelnder Zunge, wie ein Schoßhund.

Er musste sich benehmen, als wäre Seconds to Juliet das Blut, das durch seine Adern strömte. Als würde er die Band atmen und sogar pissen. Scheiße durfte er ja nicht sagen.

Sie waren zwei Wochen zuvor zu ihrer ersten großen Hallen-Tournee aufgebrochen, und Ryder begriff allmählich: Größere Konzerte bedeuteten auch mehr Publicity-Scheiß – Publicity-Mist.

»Ryder«, rief eine junge Journalistin mit blondem Pferdeschwanz, die von einem dieser Online-Teenie-Gossip-Kanäle kam. »Erzähl uns, warum du Kiss This geschrieben hast.«

Sie hatte ein süßes Lächeln und einen netten Körper, aber das lenkte ihn nicht davon ab, dass bei jeder Pressekonferenz mindestens ein Journalist genau diese Frage stellte.

Hatten die denn noch nie was von Google gehört?

Natürlich durfte er auch keine ehrliche Antwort geben: Weil jeder, der hinter dieser Sucht-den-Superstar-generierten-Band-von-einer-Geldmaschine steckt, hinter diesem Affront gegen jeden guten Musikgeschmack, hinter diesem Promi-Fake, mir buchstäblich meinen schneeweißen Arsch küsst. Er durfte wahrscheinlich auch nicht Arsch sagen. Und heute schon gar nicht.

Er blickte von der Bühne hinunter auf Lester »LJ« Pearl – Manager, Zuchtmeister, Aufseher. Seinen Bierbauch hinter einer Aktenmappe versteckt, den kahlen Kopf mit einer S2J-Baseballkappe getarnt, verfolgte er das Interview wie immer wachsam, damit Ryder auch ja den Jungen spielte, den seine Fans haben wollten.

Ryder wusste, was sein Blick bedeutete: Sei der Ryder, mit dem ich Geld machen kann.

Bedauerlicherweise hatte LJ an diesem Tag etwas, das Ryder wirklich haben wollte, sodass der Anreiz diesmal größer war, die Rolle gut zu spielen.

Ryder räusperte sich und schluckte. Sein dunkelblondes Haar fiel ihm über die Augen, als er sich über das Mikro beugte. Seine Oberarme spannten sich unter den Ärmeln des weißen T-Shirts und ließen sein Tattoo hervorblitzen, ein Tribal, das seinen Bizeps umschloss. »Es soll jemandem sagen: ›Geh weg, das hier ist mein Leben‹. Jemandem, der einen …« Er hielt inne. Selbst in seiner Rolle als »Bad Boy« konnte er nicht beschissen sagen. Die Moms der Fangirls unter dreizehn kauften keine Alben und Poster und verdammten Action-Figuren von Typen, die beschissen sagten oder Kacke oder Arsch oder irgendeins der anderen Wörter, die er den ganzen Tag lang sagen wollte. »Jemandem, der einen gelinkt hat«, beendete er seinen Satz schließlich und bedachte den blonden Pferdeschwanz mit dem Lächeln, das alle Mädchen verrückt machte.

Er war sicher, LJ vor Erleichterung seufzen zu hören.

Die anderen Jungs in der Band nickten. Ryder glaubte, dass er ihnen Angst machte, oder zumindest wollte er das gern glauben. Das wäre besser als die mögliche Alternative. Dass sie ihn duldeten wie einen Bruder, den man eigentlich nicht besonders mochte. Dass sie fanden, auf ihn passten eigentlich so ziemlich alle Ausdrücke, die sie nie laut aussprechen durften.

Er kämpfte gegen das Gefühl an, dass sein Magen sich umdrehte. Was scherte es ihn überhaupt, was diese Typen dachten? Er war schließlich nicht freiwillig mit ihnen in einer Band. Sie waren während der Realityshow Rockstars Live zusammengewürfelt worden. Er hatte vorgespielt, in der Hoffnung auf eine Solokarriere, auf eine Chance, seine alkoholabhängige Mutter endgültig hinter sich zu lassen.

Aber das war eine ganz andere Geschichte.

Der blonde Pferdeschwanz quiekte, obwohl Ryder dieselbe Antwort schon x-mal gegeben hatte. Wie immer würde das iPhone der Reporterin seine Worte aufzeichnen und sie dann über seine Fans ausgießen, die sie auswendig lernten wie ein Gebet, das sie vor dem Schlafengehen aufsagen mussten.

»Sie können das abspielen, wann immer Sie wollen, wenn Sie« – er hielt inne – »eine Inspiration brauchen«, ergänzte Ryder mit heiserer Stimme.

Von der anderen Seite des langen Tisches aus bemerkte Ryder, dass Miles die Augen verdrehte, aber so, dass nur sein bester Freund Trevin es sehen konnte. Miles war talentiert, aber er trug für seine Fans viel zu dick auf. Ryder nahm an, dass es Sinn machte, immerhin war Miles derjenige, den alle Mädchen wollten. Und LJ erwartete, dass alle anderen in der Band es genauso machten wie er.

Ryder war anormal, der Außenseiter.

Die Reporterin wandte sich an Miles und fragte ihn, wie er es schaffe, in so großartiger Form zu bleiben. Ryder warf wieder einen verstohlenen Blick in seine Richtung. Miles strahlte eine derartige Zufriedenheit aus, dass Ryder fast schlecht wurde. Miles wirkte immer glücklich, aber seit er verliebt war, benahm er sich, als wäre er auf Drogen.

Auch das hielt Ryder für eine riesige Täuschung – Liebe.

»Wer ist jetzt dran?«, fragte Trevin, lehnte sich zurück und beäugte die hungrige Menge.

Trevin war ein ganz anständiger Typ. Mit seinen achtzehn Jahren schien er zu verstehen, was für ein Zirkus das alles war. Der große, dunkle Koreaner war der Liebling der älteren Mädchen. Von den meisten hielt er sich jedoch fern, sodass Ryder die Auswahl unter den Fangirls von Miles und Trevin hatte.

»Erzählt mehr über die Welttournee«, brüllte eine andere junge Journalistin, während die Blitzlichter der Kameras aufleuchteten.

Die Welttournee.

LJ Pearl redete über nichts anderes mehr. Wir haben Amerika erobert und jetzt erobern wir die Welt. Ryder wollte definitiv die Welt erobern, aber mit seiner eigenen Musik. Nicht mit der Musik, die er für S2J schreiben und spielen musste.

Nicht, dass er eine Wahl gehabt hätte.

»Drei Monate, dreißig Länder, in Australien endet die Tour«, sagte Trevin.

Die Journalistin runzelte leicht die Stirn. Trevins Reife konnte ihn manchmal etwas hölzern wirken lassen. Ryder dachte darüber nach, ihn zu retten, aber er hatte bereits eine Frage beantwortet, genau wie Miles. Jetzt war einer der anderen Jungs an der Reihe.

»Ich freue mich am meisten auf Japan«, plapperte Nathan los, ließ sein Babyface-Lächeln aufblitzen und hielt inne, damit die Kameras seine großen braunen Augen möglichst gut einfangen konnten. »Mangas mag ich am liebsten.«

Nathan war gerade sechzehn geworden – er sollte wahrscheinlich nach neun Uhr abends nicht mehr draußen sein, geschweige denn mit einer Band auf Tour gehen.

»Was ist mit dir, Will?«, rief eine andere Journalistin.

»Ich bin aufgeregt«, antwortete dieser, den Blick auf seine Hände geheftet, die er im Schoß gefaltet hatte.

Wow, ganze drei Wörter. Das war mehr, als die Leute sonst aus ihm herausbekamen.

Ryder fragte sich, warum LJ Will nicht so nervte wie ihn. Vielleicht, weil Wills zusammengepresste Lippen und die gesenkten Lider seine Rolle als »der Schüchterne« noch unterstrichen.

Aber warum musste dann Ryder überhaupt so tun, als wäre ihm das alles so wichtig? Er war der Bad Boy, da musste er doch wohl der Rebell sein?

Ja, hörte er LJs Stimme in seinem Kopf, aber ein mitfühlender Rebell. LJ predigte ihm immer, dass seine arrogante Haltung es den Fans schwer mache, sich mit ihm zu identifizieren.

Warum sollten seine Fans auch anders sein als alle anderen?

Aber so war es eben. Das war das Blatt, das ihm das Schicksal ausgeteilt hatte. Er war in einer verfluchten Boyband. Einer sehr erfolgreichen Boyband. Einer, die mit Nummer-eins-Hits die Charts stürmte, deren Konzerte ausverkauft waren und deren Bilder die Cover aller Zeitschriften zierten.

Er hatte gedacht, er könne den Zirkus eine Zeit lang aushalten, aber je länger er dabei war, desto mehr erwartete man von ihm, dass es ihm tatsächlich gefiel, und die Jungs verließen sich immer stärker auf ihn. Und nachdem er sein Leben lang im Stich gelassen worden war, wollte er das umso weniger jemand anderem antun.

Ryder sah zu LJ hinüber. Er hatte irgendwann doch um Hilfe gebeten, und LJ hatte sich reingehängt, indem er ihm eine Nachhilfelehrerin besorgt hatte, die garantiert diskret war und nicht schreiend und weinend davonlief wie die anderen davor. Ryder verschliss Nachhilfelehrerinnen wie manch anderer Mädchen. Zum Teufel, er verschliss Mädchen genauso wie seine Nachhilfelehrerinnen.

Wie er LJ kannte, hatte er wahrscheinlich irgendeine alte Dame gefunden, die quietschende Schuhe mit Keilabsätzen, so dick wie Käseecken, trug.

»Was darf man von eurem nächsten Album erwarten?«, fragte eine andere Journalistin.

Ryder lehnte sich zurück und unterdrückte ein Grinsen. Sollten die anderen Jungs doch bei dieser Antwort schwitzen. Das nächste Album existierte noch gar nicht. Sie hätten daran arbeiten sollen, aber da die Chemie zwischen ihnen am Labortisch hergestellt worden war, klappte es nicht so richtig. Aber das war egal. Nach der Welttournee würde er genug Geld fürs Studium und ein anständiges Polster haben.

Er musste nur durchhalten. Er musste nur seinen Schulabschluss nachmachen, damit er am Berklee College of Music aufgenommen wurde und Musik studieren konnte.

Er musste seine »diskrete neue Nachhilfelehrerin« zumindest länger als einen Tag ertragen.

Hoffentlich war sie nicht buchstäblich eine Nonne.

Mia Reyes stieg aus dem Taxi und betrachtete den Palace of Auburn Hills. Dem Namen nach hatte sie eine Burg erwartet, aber es war nur eine Arena, die wie ein riesiges Ufo aussah und draußen vor Detroit lag. Sie hatte bereits ihre Mutter angerufen – mit dem Handy, das ihre Eltern ihr nach zwei Jahren Betteln endlich gekauft hatten –, um ihr zu versichern, dass sie gut angekommen war.

Natürlich hatte sie das Handy nicht dank ihrer Überredungskünste bekommen, sondern weil sie zum ersten Mal in ihrem Leben von zu Hause weg war. Ohne Eltern. Die das Handy natürlich überwachten, um ganz sicherzugehen, dass sie es auch wirklich nur für die Kommunikation mit ihnen benutzte.

Sie konnte kaum glauben, dass ihre Eltern ihr überhaupt erlaubten, allein mit dem Flugzeug zu reisen, geschweige denn einen Monat lang mit einer Band auf Tour zu gehen. Nur das in Aussicht gestellte Geld konnte sie umgestimmt haben, denn das Lösegeld für Mias Freiheit war ein Betrag in der Höhe ihrer gesamten College-Gebühren der nächsten vier Jahre.

»Sei ein braves Mädchen, Mia«, waren die letzten Worte ihrer Mutter gewesen, bevor sie aufgelegt hatte.

Als ob sie ihr das noch sagen müsste – Mia hatte diese Ermahnung schon ihr ganzes Leben lang gehört. Sie strich sich über die Haare, ein Zeichen ihrer Nervosität. Ihr rabenschwarzes Haar war vollkommen glatt, wie immer – aber Mia war auch immer nervös.

Lester Pearl hatte sie angewiesen, zu Ryder Brooks’ Garderobe zu gehen und sich vorzustellen.

Ganz einfach, stimmt’s?

Unglücklicherweise war Ryder nicht nur der Junge, den sie einen Monat lang unterrichten sollte, er war außerdem einer der heißesten und begehrtesten Typen des Landes und Mitglied ihrer Lieblingsband, Seconds to Juliet. Sie hatte ihn in Zeitschriften, auf Plakatwänden und auf Müslischachteln angehimmelt: seine dunkelblonden Haare, die ihm ins Gesicht fielen, seine haselnussbraunen Augen, die wie Bernstein glühten, und seine Lippen, die seine Fans zum Weinen brachten.

Lippen, bei denen sie ein Ziehen und Pochen in ihrem Bauch spürte, wenn sie sie zu lange ansah. Und genau das machte ein unbefangenes Kennenlernen nicht gerade einfacher.

Sie strich ihr Shirt mit dem S2J-Aufdruck glatt, holte tief Luft und ging weiter. Den Riemen ihrer Handtasche über der Schulter, zwang sie sich, ihre freie Hand in die Tasche ihres Jeansrocks zu stecken. Wenn sie ihr Haar noch weiter glättete, würde sie bald so kahl sein wie Lester.

Lester, auch bekannt als LJ Pearl, war der Boss ihrer Mom, Manager von S2J und – wenn alles nach Plan lief – ihr Kontaktmann zu Ryder Brooks, ihrem College-Wohltäter. Lester hatte gesagt, er würde in einem Meeting mit der Plattenfirma sein und keine Zeit haben, sie mit Ryder bekannt zu machen. Und wenn man bedachte, was sie ihr bezahlten, konnte sie das ja wohl auch selbst erledigen.

Wie bei allen anderen Dingen, die mit dieser Sache zu tun hatten, blieb ihr keine große Wahl.

Wenn sie genug Geld fürs College zusammenbekommen wollte, musste sie in diese Riesenarena gehen und ihre Nervosität abschalten. Sie musste Ryder Brooks so gut unterrichten, dass er seinen Schulabschluss bekam, und sie musste ihre peinliche Schwärmerei auf ein absolutes Minimum beschränken.

Sie zeigte dem Bodyguard, der vor der Tür stand, ihren Backstage-Pass. Er warf einen Blick darauf und winkte sie durch. Sie trat aus dem Sonnenlicht und machte sich auf den Weg ins Innere der Arena, in deren Eingeweide. Es war kühl drinnen und leer. Sie dachte über die anderen Teile des Gebäudes nach. Wenn sie sich hier in den Eingeweiden befand, machte das die Bühne zum Gehirn? Die Sitze zu Zellen? S2J zum Herz?

Dachte sie so etwas nur, weil man ihr seit ihrem fünften Lebensjahr Anatomiebücher vor die Nase gehalten hatte? Sie ging weiter, wich Roadies aus und schlängelte sich an Lautsprechern, Kulissen, Instrumenten und Kisten vorbei; die Vorbereitungen für die Show am Abend waren in vollem Gange.

Sie hatte keine Ahnung, wo sie hinmusste.

»Gehörst du hierher?«

Mia wurde von einem hochgewachsenen, schlanken Mädchen mit Zöpfen, das ein bauchfreies Shirt und enge Jeans trug, aus ihrer Verwirrung gerissen.

»Ich denke, ja«, antwortete Mia und zeigte dem Mädchen ihren Pass.

»Wohin genau?« Das Mädchen lächelte, allerdings nicht besonders freundlich, und Mia bemerkte, dass sie ebenfalls einen Backstage-Pass hatte. Er hing an einer ihrer Gürtelschlaufen und trug die Aufschrift: Paige Curtis, Künstlerin.

»Ich soll nach Ryder Brooks suchen.«

Paige lachte, wieder nicht besonders freundlich, und zeigte in eine Richtung. »Viel Glück«, sagte sie über ihre Schulter hinweg, während sie davonging.

Mia bog in einen langen Flur ein und fand fünf Türen zu den Garderoben. Sie brauchte erheblich mehr als Glück.

Die fünf begehrtesten Jungen des Landes waren hinter diesen Türen und über jedem ihrer Namen klebte ein goldener Stern. Tausende Mädchen würden töten, um da zu stehen, wo sie gerade stand, aber sie strich sich nur wieder übers Haar. Sie holte noch einmal tief Luft, ihr Zwerchfell ließ den Sauerstoff durch die Alveolen in ihre Lungen, in ihr Blut und ihre pulmonalen Adern zu ihrem Herzen strömen, bevor sie endlich den Mut aufbrachte, an Ryders Tür zu klopfen.

Ryder Brooks, der Junge aus meiner Lieblingsband, ist hinter dieser Tür.

»Hau ab«, brüllte er, ohne sich auch nur die Mühe zu machen, zu öffnen.

Nicht Wer ist da? oder auch nur Was?, sondern Hau ab. Wusste er, dass sie kam?

Sie klopfte noch einmal, nachdrücklicher diesmal.

»Wahnsinn«, schnaubte er.

Sie drückte ein Ohr gegen die Tür, hörte ein Krachen und Stampfen. Dann riss er die Tür auf und sie sprang erschrocken zurück.

Zuerst sagte Ryder gar nichts. Er starrte sie mit seinen berühmten, wunderbaren haselnussbraunen Augen an, als wäre sie der letzte Donut in einer Schachtel und er wollte ihn sich schnappen, bevor ein anderer auf die Idee kam.

Ihr wurde heiß. Endlich sagte er etwas.

»Ich habe gesagt, du sollst abhauen«, wiederholte er. »Ich gebe keine Autogramme.«

Sie war sprachlos. Er war in echt noch heißer; seine Wangen wirkten, als wären sie gemeißelt, er war größer und durchtrainierter als auf den Fotos – und er war schon auf Fotos perfekt, auf den Postern, die überall an ihrer Wand klebten. Aber es war offensichtlich, dass sein Benehmen ebenso schlecht war wie sein Aussehen gut.

»Sprichst du Englisch?«, fragte er, als sie immer noch nicht reagierte.

Sie hatte mit ihren großen braunen Augen wahrscheinlich nicht einmal geblinzelt – zumindest nicht, bis sie seine Frage hörte. Denn eines hasste Mia als Amerikanerin mit mexikanischen Wurzeln richtig: Bis sie den Mund aufmachte, dachten alle, sie sei keine Amerikanerin.

»Wahrscheinlich besser als du«, brachte sie schließlich heraus, obwohl ihr Herz ihr bis zum Hals schlug. Sie kannte seine Noten – es war nicht wahrscheinlich so, es war definitiv so.

»Okay.« Er lachte auf und verschränkte die Arme über seiner breiten Brust. »Dann wirst du es ja verdammt gut verstehen, wenn ich dir sage, dass du jemand anderen nerven sollst. Miles signiert, was immer du willst. Er liebt süße kleine Groupies mit großen braunen Augen.«

Ihr Magen verkrampfte sich bei diesen Worten. Sicher, irgendwie war sie ein Groupie, aber so idiotisch, wie er sich gerade benahm, würde sie ihm das auf keinen Fall auf die Nase binden. Natürlich sagte ihr Shirt schon alles.

»Ich bin deine neue Nachhilfelehrerin«, platzte sie heraus. Mia hielt die Arme eng an ihren Körper gepresst und kämpfte gegen den Drang, ihr Haar zu berühren. Sie wünschte, sie könnte zu Miles gehen. Er schien wenigstens nett zu sein.

Ryder trat zurück und musterte sie. Seine Lippen verzogen sich zu einem Lächeln, einem Oh-mein-Gott-mein-Herz-zerfällt-in-einzelne-Moleküle-und-wird-dann-wieder-komplett-neu-aufgebaut-Lächeln. »Heilige Scheiße.« Er fuhr mit der Hand durch seine Haare. »Dann solltest du wohl reinkommen.«

»Ich finde, du solltest ein wenig höflicher sein«, erwiderte sie, ohne sich von der Stelle zu rühren. Obwohl Ryder der Bad Boy der Gruppe war, hatte sie nicht erwartet, dass er so schlimm sein würde. Sie versuchte, die wohlig warmen Gefühle, die sie in all diesen Monaten für ihn gehegt hatte, mit dem Typen in Einklang zu bringen, der jetzt vor ihr stand.

Er schüttelte den Kopf, das Lächeln verschwand. »Schätzchen, höflich ist nicht bei mir.«

»Und Schätzchen ist nicht bei mir.« Sie drehte sich um, als wolle sie wieder gehen. »Also besorgst du dir wohl am besten eine neue Nachhilfelehrerin.« Sie konnte nicht fassen, wie dreist sie war, aber der Umgang mit Ryder war wie eine Substitutionsreaktion in Chemie. Ihre sonst so zurückhaltende Art wurde plötzlich durch Ryders bühnenfüllendes Ego ersetzt, damit sie mithalten konnte.

»Warte«, sagte er und streckte eine Hand aus, um sie aufzuhalten. Als sie sich nicht umdrehte, fügte er hinzu: »Bitte, lass uns noch mal von vorn anfangen.«

Sie sah sich um. »Ich dachte, höflich ist nicht bei dir.« Sie lächelte; sie konnte einfach nicht anders.

»Ist es auch nicht, aber ich brauche wirklich eine Lehrerin. Also kannst du mir vielleicht beibringen, höflich zu sein«, entgegnete er, und seine Stimme hüllte sie ein wie Rauch.

Sie musste dringend aufhören, in seine Augen zu sehen, aber sie waren hypnotisch, hatten die Farbe von Honig und waren wohl genauso klebrig.

Sie seufzte und kehrte zurück zu seiner Garderobe. »Man hat Affen in einem Experiment beibringen können, Geld zu benutzen. Dann ist wohl alles möglich.«

Er biss sich auf die Lippen, aber sie war nicht sicher, ob er versuchte, ein Lachen zu unterdrücken, oder ob er wütend war. »Möchtest du reinkommen?«

Es machte ihr Angst, dass sie das nach alldem tatsächlich irgendwie wollte.

Sie trat ein und setzte sich auf eine große Ledercouch, während Ryder die Tür schloss. »Ich bin Ryder«, sagte er.

»Ich weiß«, antwortete sie und klang dabei, als würde sie sagen: Achwirklich, das weiß doch jeder, dann stotterte sie, als ihr klar wurde, dass er ihr nur die Gelegenheit gab, sich selbst vorzustellen. »M-Mia.«

»Hübscher Name«, sagte er und nahm neben ihr auf der Couch Platz.

Sie errötete. Die Blutgefäße in ihrem Hals, ihren Ohren und ihrer Brust weiteten sich, als Adrenalin mehr Blut zu ihrem Herzen schickte, aber selbst mit diesem Wissen gab es nichts, was sie tun konnte, um die Reaktion aufzuhalten. Die Leute sagten ihr ständig, dass sie einen hübschen Namen hätte, aber die sahen nicht aus wie Ryder; sie wurden nicht von Tausenden von Mädchen mit hübschen Namen belagert; sie waren nicht der Junge, den sie anstarrte, bevor sie abends einschlief, und von dem sie nachts träumte.

Sie schob diese Gedanken beiseite. Dieser Ryder war eine Fantasie. Das hier war der echte Ryder, unverschämt, ungeschliffen und ganz anders, als sie es erwartet hatte.

»Hübsches Shirt«, sagte er. Er starrte auf ihre Brust, direkt auf die Stelle, an der das Logo von S2J aufgedruckt war. Die Blutgefäße in ihrem Gesicht drehten durch. Sie erfuhr am eigenen Leib, was sie in Büchern gelesen hatte: Man konnte versuchen, seinen Körper mit dem Verstand zu kontrollieren, aber der Versuch war zwecklos.

»LJ hat mir das gegeben«, sagte sie und dachte kurz nach. Die vergangenen Minuten mit Ryder hatten vollkommen ausgereicht, um ihr zu zeigen, dass ihre Situation nur schlimmer würde, wenn sie ihre Schwärmerei für S2J zugab. Oder dass sie ihn mochte – oder gemocht hatte.

Ryder verdrehte die Augen. »Er verteilt die Dinger wie Süßigkeiten.«

Puh, dachte Mia, gerade noch mal Glück gehabt.

»Also, wie hat LJ dich überhaupt dazu überredet, das hier zu machen?«, fragte er und legte den Arm auf die Rückenlehne der Couch. Ein Schachzug, den ein Typ machte, wenn er seinen Arm um ein Mädchen legen wollte – zumindest hatte Mia das im Fernsehen und im Kino beobachtet.

Sie versuchte, die Geste zu ignorieren, obwohl ihr Puls sich beschleunigte. »Meine Mom arbeitet für ihn.« Das war alles, was Ryder jemals zu wissen brauchte. Sie wollte ihm nicht erzählen, dass ihre Mom LJs Dienstmädchen war. Sie hasste es, das preiszugeben. Nicht weil sie sich schämte, sondern weil die Menschen sie anschließend anders ansahen.

»Und jetzt arbeitest du wohl für mich«, sagte er, während seine Finger auf dem butterweichen Leder Klavier spielten.

»Ich arbeite für LJ«, entgegnete Mia und hielt seinem Blick stand.

»Der dich für mich eingestellt hat«, erwiderte Ryder. »Ich bezahle dich, schon vergessen?«

Sie reagierte nicht. Ryder war so direkt. Sie war es nicht gewohnt, dass jemand so mit ihr redete, und noch weniger war sie es gewohnt, allein mit ihm oder irgendeinem Jungen hinter einer geschlossenen Tür zu sitzen.

»Okay«, fuhr er fort, lehnte sich zurück und schlug die Füße übereinander, die in schwarzen Lederstiefeln steckten. »Ich weiß nicht, wie viel LJ dir erzählt hat, aber ich bin in allem außer Mathe durchgefallen. Nur weil Mathe und Musik sich ziemlich ähnlich sind, und, na ja, Musik …« Er hielt inne. »Musik ist mein Leben.«

»Es gibt noch mehr im Leben als Musik«, hörte Mia sich mechanisch sagen. Das sagte ihre Mutter jedes Mal, wenn Mia darum bat, sich in der Schule für den Chor oder die Band anmelden zu dürfen. Sie hasste diesen Spruch, und sie war sich ziemlich sicher, dass Ryder das ähnlich sah.

Er verzog das Gesicht. »Ich sehe schon, wir werden uns großartig verstehen.« Seine Züge veränderten sich und er beugte sich näher zu ihr vor. Die Couch knarrte. »Zumindest könnten wir das lernen.«

Ihr Blutdruck schoss in die Höhe und sie bekam eine Gänsehaut. Zuerst antwortete sie nicht, weil sie sich nicht sicher war, wie. Flirtet er mit mir?

Sie räusperte sich, die Situation erforderte einen Themenwechsel, und zwar dringend, sonst würde sie noch in Flammen aufgehen. »Wir sollten einen Unterrichtsplan erstellen.«

»Da wäre vorher noch eine weitere Sache.«

Er sah sie ernst an. »Niemand darf wissen, dass du mich unterrichtest.«

Sie stieß ein nervöses Lachen aus. Sie hatte etwas anderes erwartet, so wie die Dinge sich bisher entwickelt hatten. »Keine Sorge. Ich sage schon nichts.«

Er legte eine Hand auf die Couch, so dicht neben ihrem Knie, dass es kein Versehen sein konnte. Sie spürte förmlich, wie es sich anfühlen würde, wenn er sie berührte. »Nein, es ist komplizierter. Ich meine, niemand darf es wissen, ganz besonders nicht die Jungs von der Band. Ich will nicht, dass sie auch nur anfangen zu überlegen, wer du bist. Niemand weiß, dass ich die Highschool nicht geschafft habe. Sie denken alle, ich hätte meinen Abschluss in der Tasche. Und ich möchte, dass das so bleibt.«

»In Ordnung«, antwortete sie. Sie konnte den Blick nicht von seiner Hand lösen; die Hand war wie eine Spinne, vor der sie schreckliche Angst hatte, und gleichzeitig wie ein kleines Häschen, das zu berühren sie sich sehnlichst wünschte. »Wenn ich nicht deine Nachhilfelehrerin bin, wer bin ich dann?«

Sein Blick wanderte umher und fiel auf eine Akustikgitarre, die an einer Kommode lehnte. »Du bist jünger, als ich erwartet habe, deshalb kann ich dich nicht als meine Therapeutin ausgeben, wie ich es eigentlich vorhatte.«

Es wäre ihm lieber, die Leute denken, er braucht eine Therapeutin statt einer Nachhilfelehrerin? Was ist los mit diesem Typen?

»Wer soll ich dann sein?«

Er hielt inne und legte den Kopf schief. »Wir könnten behaupten, dass du meine Freundin bist.«

Mia stockte der Atem und die Muskeln in ihrer Kehle zogen sich vor Schreck zusammen. Wenn er sie wirklich fragen würde, ob sie seine Freundin sein wollte, würde sie vielleicht Ja sagen. Aber das tat er nicht. Er sagte gerade: Ich werde niemals mit jemandem wie dir zusammen sein, aber du bist gut genug, um so zu tun, als ob.

»Du machst Witze.«

Er schüttelte den Kopf.

»Warum sagen wir nicht, ich sei eine deiner Pflegeschwestern oder so was?« Sobald sie das ausgesprochen hatte, bereute sie es. Sie kannte Ryders Vergangenheit, und jetzt wusste er, dass sie es wusste – obwohl das jeder wusste, der jemals irgendeine Zeitschrift aufgeschlagen hatte.

Ryder seufzte. »Weil dann einer der anderen Jungs versuchen könnte, etwas mit dir anzufangen. Ich bezweifle, dass du mein Geheimnis für dich behalten kannst, wenn einer der anderen mit dir herumturtelt.«

»Du kannst mir vertrauen«, antwortete Mia. Obwohl noch nie jemand mit ihr geturtelt hatte. Ryder hatte gerade das totale Gegenteil davon getan und sie saß immer noch hier.

»Schätz…« Er presste die Lippen aufeinander. »Vertrauen ist bei mir nicht.« Die Worte kamen heiser heraus, als wögen sie zu schwer, um sie auch nur auszusprechen.

»Was ist denn dann bei dir?«, antwortete Mia mit einer Stimme, die sie selbst nicht wiedererkannte.

»Das würdest du wohl gern wissen«, sagte Ryder, dessen Fassade wieder saß. Sein undurchsichtiges Lächeln machte das nur zu deutlich.

Mia schaute auf ihre Hände hinab und versuchte, das Schlagen ihres Herzens zu verlangsamen, obwohl ihr klar war, dass es keinen Sinn hatte. Ihr endokrines System hatte jetzt die Führung übernommen. »Ich bekomme längst nicht genug Geld, um mich mit so etwas herumzuschlagen.«

Er beugte sich zu ihr vor, sodass sie sein Rasierwasser riechen konnte – beißend, wie sich Eis auf der Haut anfühlte. »Verlangst du mehr Geld dafür, dich als meine Freundin auszugeben? Das würde dich dann wohl zu einer Prostituierten machen.«

»Wie bitte?« Sie stand so schnell auf, dass ihr schwindlig wurde.

Ryder streckte die Hand nach ihr aus, hielt jedoch inne und strich sich stattdessen übers Haar. »Das ist falsch herausgekommen. Wir brauchen gar nichts zu tun. Du musst nur so tun, als wärst du meine Freundin, wenn andere Leute dabei sind. Dann macht es Sinn, dass wir so viel Zeit miteinander verbringen.«

Sie stand vor ihm. Das hier war viel mehr, als sie sich hatte zumuten wollen, und den Gerüchten über Ryder Brooks nach zu urteilen, hatte sie sich bereits eine ganze Menge zugemutet.

»Wenn es dir so wichtig ist«, sagte er, »kann ich dir mehr bezahlen.«

Mia schaute auf ihre strahlend weißen Tennisschuhe hinab. Sie wollte nicht über Geld reden. Sie wollte über nichts von alledem reden. Jetzt verstand sie, warum ihr Flugzeugticket nur für die Hinreise ausgestellt gewesen war. LJ hatte gesagt, er sei nicht sicher, wie lange man sie brauchen würde, vielleicht länger als einen Monat, aber jetzt wusste sie, dass er keine Ahnung gehabt hatte, wie lange sie durchhalten würde.

Denn die Gerüchte über Ryder kratzten nicht einmal an der Oberfläche dessen, wozu er wirklich fähig war.

»Ich mache das nicht«, sagte sie. Klar, sie hatte sich vorgestellt, wie es mit ihm in echt sein könnte, aber das hier war nicht echt.

»Da ist die Tür«, antwortete Ryder und nickte zum Ausgang hinüber.

Sie konnte nicht gehen. Sie wollte es – wollte es wirklich –, aber ihre Beine versagten ihr den Dienst. Es war, als hätte ihr Gehirn dichtgemacht, sobald sie Ryder gesehen hatte.

Sie hatte sich sonst immer im Griff. Aber jetzt konnte sie nur an seine Hände denken, die ihr so nah gewesen waren, und wie sie sich vielleicht anfühlen würden … Sie schüttelte den Kopf, als vor ihrem inneren Auge ein anderes Bild Gestalt annahm – ihre Eltern, die an ihrem College-Abschlusstag strahlten. Ihr ganzes Leben lang hatte sie sich darum bemüht, ihre Eltern stolz zu machen, und nichts würde sie mit mehr Stolz erfüllen als der Tag, an dem sie zu der ersten Reyes wurde, die ihren Traum verwirklichte.

»Wenn ich zustimme«, sagte sie und versuchte, wenigstens ein bisschen die Kontrolle zurückzugewinnen, »brauchen wir Regeln.«

Er lachte und sah ihr in die Augen. »Zum Beispiel?«

»Keine Küsse.«

»Nur keine Küsse?«, fragte Ryder mit einem durchtriebenen Lächeln.

»Kein gar nichts«, sprudelte es aus Mia heraus. Ihr Blut wurde heißer und ihre Temperatur schien wie Quecksilber in einem Thermometer hochzuklettern.

Ryder verzog die Lippen. »Wir können uns hinter verschlossenen Türen benehmen wie Bruder und Schwester, aber in Gesellschaft wirst du dich wie meine Freundin verhalten müssen.«

»Na schön«, erwiderte Mia, die nicht einmal daran denken konnte, wie es wäre, Ryder so nah zu sein.

»Was immer das bedeuten mag«, gab Ryder zurück.

Mia biss sich auf die Unterlippe.

»Es ist ja nicht echt«, fuhr er fort, »und du brauchst nur so zu tun, bis ich meinen Abschluss habe. Ich bin für die Prüfung in einem Monat angemeldet.«

Konnte Mia einen Monat lang so tun, als würde sie Ryder Brooks mögen? Das hätte sie geschafft, bevor sie ihn kennengelernt hatte, aber jetzt wusste sie, dass sein Aussehen rein gar nichts mit seinem Benehmen zu tun hatte. Ganz zu schweigen von den Gefühlen, die er in ihr auslöste.

Ryder musste ihr Zögern gespürt haben, denn er sprach weiter. »Es geht hauptsächlich um die Jungs in der Band.«

»Warum kümmert es dich so, was die denken?«

»Tut es gar nicht«, antwortete Ryder viel zu schnell. »Ich möchte nur, dass wenigstens ein Bereich meines Lebens privat bleibt.«

Während Ryder auf ihre Antwort wartete, wanderte sein Blick zu ihren Lippen und dann langsam weiter hinab, hielt inne und konzentrierte sich auf ihre Brüste.

Mia errötete und starrte zu Boden, die Stimme ihrer Mutter im Kopf: Sei ein braves Mädchen, Mia.

Mia dachte an ihre Mutter. Sicher, sie hatte ihr Okay gegeben, aber sie würde sie umbringen, wenn sie erfuhr, wozu Mia vielleicht gleich ihre Zustimmung gab. Und dann würde sie Mia reanimieren, nur um sie abermals umzubringen, wenn sie auch nur ahnte, dass Mia irgendwie neugierig darauf war, wie es wohl sein würde, Ryder Brooks’ Freundin zu sein.

Ryder Brooks’ Freundin. Ihr Gehirn schlug Purzelbäume bei dem Gedanken, bis sie sich ins Gedächtnis rief, dass die Beziehung vorgetäuscht sein würde. Außerdem war der Ryder Brooks, den sie aus Zeitschriften zu kennen geglaubt hatte, nicht der, der vor ihr saß und immer noch auf ihre Brüste starrte. Sie verschränkte die Arme vor dem Oberkörper und zerstörte damit sowohl seine Aussicht als auch ihre flüchtige, alberne Fantasie.

Sie verspürte den Drang, Ellie anzurufen, ihre beste Freundin, und sie um Rat zu bitten. Sie war die Tochter einer der Familien, für die ihre Mutter putzte, und sie hatten miteinander gespielt, als sie klein gewesen waren. Sie waren Freundinnen geblieben, weil sie beide so behütet erzogen wurden. Ellies Eltern waren genauso anspruchsvoll und streng wie Mias, obwohl Ellie in einer Villa in Beverly Hills lebte, während Mia in einem einfachen Haus im Valley wohnte.

Ellie würde ihr raten zu verschwinden. Darauf beharren, dass ihre Selbstachtung mehr wert sei als Geld. Jemand, der reich war, hatte leicht reden.

»Du bist noch hier, also nehme ich an, das bedeutet Ja?«, brach Ryder das Schweigen.

»Du bist nicht gewohnt, dass jemand Nein sagt, hm?«

»Nicht, wenn ich etwas habe, das dieser Jemand will.«

Bedauerlicherweise hatte er das. Sofern sie nicht auf der Stelle im Lotto gewann, würde sie es tun. Sie konnte entweder für den Rest ihres Lebens Darlehen zurückzahlen oder das Geld von Ryder annehmen, der das wahrscheinlich an einem Tag verdiente.

»Moment mal, was ist mit all deinen Groupies?«,fragte sie, und das Wort lag wie Säure auf ihrer Zunge. Wenn die Gerüchte über ihn stimmten – und bisher taten sie das –, würde er ihr nie im Leben einen Monat lang treu bleiben können.

»Du bist nicht wirklich meine Freundin, also ist es leicht, den braven Jungen zu spielen«, sagte er.

»Was heißt das, wenn du einen auf braver Junge machst?«