Bad At Love - Morgane Moncomble - E-Book

Bad At Love E-Book

Morgane Moncomble

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Beschreibung

Was, wenn unsere Liebe mein Untergang ist?

Als Azalées Mutter stirbt, bleibt ihr nichts anderes übrig: Sie muss nach vier Jahren zum ersten Mal in ihre Heimatstadt zurückkehren. Augenblicklich holen sie dort die schrecklichen Erinnerungen an ihre Vergangenheit ein. Doch nicht nur das: Azalée lernt auch ihren neuen Nachbarn Eden kennen. Er ist sexy und geheimnisvoll, und auch wenn sie sich geschworen hat, niemals Gefühle für einen Mann zu entwickeln, berührt er sie auf eine Weise, die ihre Welt mit jedem Tag ein bisschen mehr ins Wanken bringt ...

"Wirkungsvoll, überwältigend, tiefgreifend und mutig. Morgane greift wichtige aktuelle und oft tabuisierte Themen auf und beschreibt sie mit äußerster Genauigkeit und Wahrheit. Dieses Buch ist meisterhaft." Lectures de Jenn

Außerdem von Morgane Moncomble:

1. Never Too Close

2. Never Too Late

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Seitenzahl: 536

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Inhalt

Titel

Zu diesem Buch

Widmung

Playlist

Anmerkung der Autorin

Prolog

Erster Teil

1

2

3

4

5

6

7

8

9

10

11

12

13

Zweiter Teil

14

15

16

17

18

19

20

21

22

23

24

25

26

Dritter Teil

27

28

29

30

31

32

33

34

35

36

37

38

39

40

Epilog

Danksagung

Solltest du Hilfe benötigen …

Die Autorin

Morgane Moncomble bei LYX

Impressum

MORGANE MONCOMBLE

BAD AT LOVE

ROMAN

Ins Deutsche übertragen vonUlrike Werner-Richter

Zu diesem Buch

Azalée hat sich geschworen, nie wieder in ihre Heimatstadt zurückzukehren – schließlich verbindet sie mit diesem Ort nichts als Schmerz, Verrat und Traurigkeit. Doch als ihre Mutter stirbt und sie sich um deren Nachlass kümmern muss, hat sie keine andere Wahl, als ihre Sachen zu packen und zum ersten Mal seit vier Jahren wieder nach Charleston zu fahren. Augenblicklich holen sie dort die schrecklichen Erinnerungen an ihre Jugend ein – ebenso wie die Gerüchte und das Getuschel der Leute, das auch nach all den Jahren nicht weniger geworden ist. Aber im Gegensatz zu damals ist es Azalée jetzt egal, was über sie geredet wird. Alles, was sie will, ist, so schnell wie möglich das Haus ihrer Mutter zu verkaufen und zu verschwinden. Dieser Entschluss gerät allerdings gehörig ins Wanken, als sie auf ihren neuen Nachbarn trifft. Eden ist nicht nur charmant und attraktiv – er versteht Azalée wie niemand jemals zuvor. Je näher sich die beiden kennenlernen, je mehr sie übereinander erfahren und miteinander teilen, desto mehr bröckelt die Mauer, die Azalée vor Jahren um ihr Herz errichtet hat. Doch ihre alten Wunden sind noch lange nicht verheilt und die Dämonen ihrer Vergangenheit nicht besiegt. Kann sie es wirklich wagen, sich zu verlieben, obwohl sie weiß, dass diese Liebe sie ein für alle Mal zerstören könnte?

Für die Mutigen,

die jenseits des Lebensschmerzes leben.

Playlist

Maggie Lindemann – Pretty Girl

Olivia O’Brien – Empty

Olivia O’Brien – Trust Issues

James Arthur – Sermon

James Arthur – You Deserve Better

Shawn Mendes – Bad Reputation

Sia – Elastic Heart

Sia – Big Girls Cry

Sia – Breathe Me

Kehlani – Gangsta

Ariana Grande – Dangerous Woman

The Cinematic Orchestra – To Build A Home

Beyoncé – Flaws and All

Halsey – Bad At Love

Halsey – Devil In Me

The Weeknd – Die For You

Ruelle – The Other Side

Dear Evan Hansen (Original Cast) – You Will Be Found

Bebe Rexha – I’m a Mess

Bebe Rexha – Don’t Get Any Closer

Marvin Gaye – Ain’t No Mountain High Enough

Maroon 5 – She Will Be Loved

Why Don’t We – Hooked

OneRepublic – Made For You

Skylar Grey – Final Warning

Olly Murs – Troublemaker

Cassie – Long Way 2 Go

P!nk – Slut Like You

Shawn Mendes – Kid in Love

The Jackson 5 – I Want you back

Idina Menzel – Let It Go (Frozen)

Anmerkung der Autorin

Triggerwarnung

Dieses Buch ist ganz anders als alles, was ich bisher geschrieben habe.

Manchmal ist es mir ziemlich schwergefallen. Es gab Tage, an denen ich mir die Frage stellte: »Warum habe ich nicht einfach wieder einen Roman voller Schokolade und Regenbögen geschrieben?« Die Antwort lautet schlicht: Weil es im Leben auch darum geht: um das Düstere, das Unschöne, das Traurige. Und auch wenn wir vor solchen Dingen in aller Regel lieber die Augen verschließen, verschwinden sie dadurch nicht.

Ich persönlich möchte darüber sprechen.

Nicht nur, um die Qualen in der Vergangenheit meiner Romanfiguren zu beschreiben, sondern auch, um zu einer Diskussion einzuladen und zu ernsthaftem Nachdenken anzuregen. Denn auch dazu dienen Bücher, nicht wahr?

Bad At Love reißt schwierige Themen an, die bei einigen Menschen, die ähnliche Erfahrungen gemacht haben, unangenehme Reaktionen auslösen könnten. Aber vielleicht auch nicht. Leider muss ich jetzt spoilern und das tut mir auch wirklich leid, aber ich möchte euch lieber vorwarnen, um unangenehme Überraschungen zu vermeiden: In diesem Buch geht es um Vergewaltigung, Cybermobbing, Slutshaming, Depressionen und Suizid. Und alles ist auf die eine oder andere Weise miteinander verbunden.

Aber ihr werdet auch einige sehr positive Dinge in diesem Buch finden, versprochen! Ganz ehrlich. Die Rede ist von Liebe, Freundschaft, netten Hunden, Waffeln mit Schlagsahne und viel Humor.

Daher hoffe ich, dass ihr Azalée willkommen heißt und sie so liebt, wie ich sie liebe; sie kann es wirklich brauchen.

Prolog

Sechs Jahre zuvor

Azalée

Es ist fünf Uhr morgens. In zwei Stunden müsste ich aufstehen, um mich für die Schule fertig zu machen, aber ich bin geistig und körperlich völlig erschöpft. Ich sehne mich nach Schlaf, nach einer Pause, wenigstens für eine Minute.

Und doch stehe ich hier unter der Dusche. Im Dunkeln, um meine Mutter nicht zu wecken. Ich wasche mich, und zwar gründlich. Ich seife mich ein, schrubbe und reibe, reibe heftiger, immer heftiger, als wolle ich einen unsichtbaren Virus loswerden. Schon seit zwanzig Minuten schäume ich meinen nackten Körper ein, aber es bringt nichts.

Dabei heule ich Rotz und Wasser, obwohl ich mir selbst vormache, es gar nicht zu bemerken. Wie auch immer, die Wassertropfen schwemmen meine Tränen zu meinen Füßen hinunter. Ich scheuere meine Haut so kräftig, dass sie unter meinen Fingern rot wird. So weh es auch tut, ich mache weiter.

Ich habe keine andere Wahl.

»Weg mit dir, weg mit dir, weg mit dir …«

Ich ziehe den ganzen Zirkus durch, bis meine Haut unter dem Waschlappen zu bluten beginnt und die Seife wie Salz auf einer Wunde brennt.

Endlich steige ich aus der Dusche, trockne mich ab und ermahne mich, nicht mehr zu weinen. Sei stark, Azalée.

Ich weiß ganz genau, dass ich nie wieder sauber sein werde … und doch versuche ich es jeden Abend aufs Neue.

ERSTER TEIL

Zurück zu den Anfängen

1

Juni 2018

Azalée

Willkommen bei Dear Patriarchy,

wusstet ihr, dass Hysterie eine Neurose ist, die Frauen häufiger betrifft als Männer? Das Wort selbst kommt aus dem Lateinischen hystericus, was »die Gebärmutter betreffend« bedeutet, und beschreibt unkontrollierbare emotionale Übertreibungen.

Na toll.

Interessieren würde mich, ob sich jemals jemand für zwei Minuten hingesetzt und sich gefragt hat: »Bei allem, was wir den Frauen antun – ist es da ein Wunder, dass sie ausflippen?« Aus Angst und Pflichtgefühl sind wir so lang still und gehorsam gewesen, dass es inzwischen genügt, sich ganz normal zu verhalten, um als hysterisch bezeichnet zu werden.

Wenn wir einmal schlechte Laune haben, werden wir sofort gefragt, ob wir unsere Tage haben.

Nein, ich habe keineswegs meine Periode, Blödmann. Ich bin einfach nur wütend.

Und ich finde, dass wir alle verdammt noch mal jedes Recht der Welt dazu haben.

Mein Flugzeug geht in anderthalb Stunden. Ich muss noch: 1. meinen Koffer packen, 2. ein Aspirin einnehmen und 3. ganz New York City durchqueren, um rechtzeitig zum Flughafen zu kommen. Aber ich liege noch immer komplett angezogen im Bett und verfluche diesen unglückseligen Abend.

Zu meiner Verteidigung: Es war Tori – meine Chefin und Freundin –, die darauf bestanden hat, am Vorabend meiner Abreise noch ein Glas miteinander zu trinken.

Letztendlich wurden es fünf pro Person. Wenn aber 5+5=10 ergibt und eine Null ohnehin nichts zählt, war es also jeweils ein Glas für jede von uns. Läuft bei uns.

Nachdem ich ein paar Klamotten in einen Koffer geworfen habe, nehme ich ein Taxi und versuche, auf der Rückbank mit der Sonnenbrille auf der Nase schweigend nüchtern zu werden. Mein Telefon vibriert auf meinen Oberschenkeln. Ich habe eine Nachricht bekommen.

Tori: Ich hoffe doch, du bist aufgestanden????

Ich verdrehe die Augen und beruhige sie.

Ich: Auf dem Weg zu den Spuren von Nicholas Sparks, Baby!

Tori: Uff. Genieß deine Ferien, ich genehmige so etwas nicht oft.

Angesichts des Wortes »Ferien« verziehe ich ein bisschen das Gesicht. Wir wissen beide, dass die Sache nicht wirklich lustig ist, aber wir tun gern so als ob.

So ist es nämlich einfacher.

Tori und ich kennen uns erst seit einem Jahr, nämlich seit ich in New York ankam. Sie arbeitete in einem neuen Café ganz in der Nähe meiner ziemlich miesen Wohnung. Bei unserer ersten Begegnung kritisierte ich ihre Cupcakes, die ich »ungenießbar und zu rosa« fand.

Verärgert fragte sie mich, was ich für ein Problem mit Rosa hätte und forderte mich auf, es besser zu machen. Weil ich gerne recht behalten, habe ich die Herausforderung angenommen.

Nachdem Tori meine Cupcakes mit weißer Schokolade und Veilchenaroma probiert hatte, schaute sie mich nachdenklich an und sagte dann:

»Suchst du einen Job?«

Ich zuckte die Schultern. Ich war gerade aus Tennessee gekommen, mein gesamtes Hab und Gut steckte in einem riesigen Rucksack und ich hatte nicht mehr als ein paar Hundert Dollar in der Tasche.

Es ließ sich also durchaus sagen, dass ich einen Job brauchte.

»Gut, morgen früh um sieben fängst du an. Und hör auf mit diesem Knacki-Blick. Man könnte meinen, dass du die halbe Welt k. o. schlagen willst.«

So begann mein neues Leben in New York. Es ist die erste Stadt, in der ich länger geblieben bin, seit ich nach meinem 18. Geburtstag vor vier Jahren Charleston verlassen habe. Ich bin eine echte Nomadin, die es nirgendwo lange aushält. Vermutlich, weil ich zu nichts anderem tauge, als wegzulaufen.

»Behalten Sie den Rest«, sage ich und steige aus dem Taxi.

Ich lade meinen Koffer aus und ziehe ihn völlig entspannt hinter mir her ins Flughafengebäude. Ich bin pünktlich auf die Minute. Mein Gesicht sieht zum Weglaufen aus, aber das ist nicht weiter schlimm. Heute Morgen habe ich meine Schürze gegen Boyfriend Jeans, ein Paar Timberlands, ein langes weißes Tanktop und meine zeitlose schwarze Bomberjacke eingetauscht.

Tori beschwert sich immer und behauptet, ich sähe aus wie ein »Kerl« – sie hat fast einen Herzinfarkt bekommen, als ich sie einmal zu einem meiner Kickboxkurse mitnahm. Mir persönlich ist mein Outfit egal. Männer haben sich bisher nicht darüber beschwert. Und was soll das überhaupt heißen, »sich wie ein Kerl anziehen«?

Während ich meine Jacke ausziehe und alles auf das Laufband lege, beginnt mein Smartphone erneut zu vibrieren. Diesmal erscheint das Bild des miesepetrigen Grinch auf dem Display. Ich seufze entnervt, dann merke ich, dass der Mann vor mir das Bild auch gesehen hat. Er sieht mich an, als ob er nicht verstehen könne, warum der Grinch mich anruft.

Ich zucke die Schultern und melde mich.

»Hallo.«

»Hi, hier ist deine Tante! Wie geht es dir, Süße?«

Ich schüttele den Kopf, während ich mir die Jacke wieder anziehe. Natürlich ist es meine Tante. Ich habe schließlich das Bild gesehen.

»Hi, Auntie. Mir geht es gut. Und dir?«

Jetzt wird sie mich fragen, ob ich in diesem Scheiß-Flugzeug sitze, das weiß ich genau. Ich überlege schon, ob ich ihr ein Selfie mit dem Piloten schicken soll, um sie loszuwerden.

»Alles bestens. Ruhig halt. Dein Onkel ist mit George zum Angeln gefahren. Nicht der George aus der Kirche, sondern der George aus …«

»Ja, Auntie, das ist toll«, unterbreche ich sie und lege einen Schritt zu. »Aber ich habe gerade nicht viel Zeit.«

»Bist du am Flughafen?«

Bingo.

»Schon im Flugzeug. Eben werden wir gebeten, sofort die Handys auszuschalten. Wenn sie nämlich an bleiben, könnte das Flugzeug abstürzen, weil die Triebwerke …«

»Oh ja, klar, absolut richtig!«, ruft sie panisch, was mich ungewollt zum Lächeln bringt. »Tu, was sie sagen. Leg auf, Süße, leg auf! Wir sprechen uns später!«

Ich gehorche, wünsche ihr einen schönen Tag und stoße einen tiefen Seufzer aus. Ich mag meine Tante, aber nur in einer gewissen Entfernung. Weit weg zum Beispiel. Sehr weit weg.

Als Kind nannte ich sie »den Grinch«, weil sie sich zu Weihnachten immer geizig zeigte. Obwohl sie das einzige mir verbliebene Familienmitglied ist, besuche ich sie nie. Sie redet nämlich immer nur über »die gute alte Zeit«, und das kann ich nicht ertragen.

Als ich klein war, hat sie uns nur selten besucht. Warum also hat sie es sich in den Kopf gesetzt, mich seit einem Monat ständig anzurufen?

Ach, stimmt ja. Weil meine Mutter gestorben ist.

Angeblich ein Autounfall.

Ich habe nicht geweint, als ich die Nachricht erhielt. Und auch seither nicht – es ist jetzt ein halbes Jahr her. Stattdessen habe ich den folgenden Tag mit Shopping verbracht. Tori hat behauptet, das wäre der Schock gewesen. Ich war nicht einmal auf der Beerdigung. Ich hatte nicht die Kraft dazu.

Daher war es eine echte Überraschung, als ich erfuhr, dass meine Mutter mir alles hinterlassen hat – einschließlich unseres Strandhauses in South Carolina. Ich hatte vier Jahre lang keinen Kontakt mehr zu ihr, und dann vererbt sie mir den Ort meiner schlimmsten Albträume.

Die Ironie des Schicksals.

Aus diesem Grund kehre ich für den Sommer nach Charleston zurück – dorthin, wo so viel passiert ist.

In die Stadt, in die ich nie wieder einen Fuß setzen wollte.

»Hier sind die Schlüssel. Im Schlüsselmäppchen ist noch ein Ersatzschlüssel. Sollen wir zusammen hineingehen, oder …«

Ich greife nach meinem Koffer und unterbreche den Mann:

»Schon gut, ich kenne mich aus. Vielen Dank.«

»Gern geschehen«, lächelt er. Seine Haut ist von der Sonne ganz verbrannt. »Willkommen in Charleston! Ein wirklich schönes Haus haben Sie da.«

Mein Haus. Wow, an die Vorstellung muss ich mich erst noch gewöhnen.

Ich antworte nicht und schaue ihm dabei zu, wie er das Gesicht verzieht und davongeht. Ich hatte geplant, mich während des Fluges vorzubereiten, aber mir scheint, dass alle Zeit der Welt nicht dafür gereicht hätte. Eine Welle unkontrollierbarer Übelkeit überwältigt mich, als ich das Haus betrachte, in dem ich aufgewachsen bin.

Es steht am Strand von Folly Beach, unmittelbar neben einem ähnlichen wenn auch kleineren Haus. Es hat zwei Etagen und eine große weiße Holztreppe, die zur Haustür führt. Ich steige hinauf und schiebe die schlechten Erinnerungen, die mich heimsuchten, möglichst weit von mir weg.

Du kannst es schaffen, Azalée. Zwei Monate, mehr brauchst du nicht, um dieses verdammte Haus zu verkaufen.

Ich zwinge mich, das Wohnzimmer zu betreten und meine Sachen neben der Couch zu deponieren. Nichts hat sich verändert. Die weißen Wände, der Sessel mit dem abgenutzten Lederbezug, auf den ich mich immer setzte, um meinem besten Freund Andrew Chips ins Gesicht zu werfen.

Eigentlich habe ich dort auch ein paar gute Momente erlebt.

Ich öffne die Terrassentür zum Garten, und die warme Luft liebkost meine nackten Arme, als ich die Holzterrasse betrete. Die Aussicht ist atemberaubend. Das hatte ich ganz vergessen.

Ein alter Bootssteg führt direkt zum Strand, einer ruhigen kleinen Ecke von Folly Beach. Das Meer ist heute ziemlich aufgewühlt, aber das Geräusch der Wellen, die sich auf dem Sand brechen, beruhigt mich.

Ein markanter Unterschied zum Big Apple.

Ich beschließe, einen Rundgang durch das Haus zu machen, und gehe hastig an meinem alten Zimmer vorbei, das sich seit vier Jahren nicht verändert hat. Auf meinem ungemachten Bett stapeln sich staubige Schallplattencover. Unwillkürlich kommen mir die Tränen.

Man könnte meinen, meine Mutter hätte darauf gewartet, dass ich zurückkomme.

Das ist zu viel. Ich will gerade die Treppe hinuntergehen, als etwas Weiches meinen Knöchel streift. Ich quietsche erschrocken.

Vor mir steht ein kleiner Hund und wedelt heftig mit dem Schwanz. Es ist ein süßer junger Beagle, der nur gestreichelt werden will. Erleichtert lächele ich und gehe in die Hocke, um seiner Bitte nachzukommen.

»Na, Dickerchen. Bist du ganz allein?«

Er hechelt und schmiegt seinen Kopf in meine streichelnde Hand. Ich schätze, er ist durch die angelehnte Terrassentür hereingekommen.

»Weißt du was?«, flüstere ich in das niedliche Gesicht mit der kleinen Nase. »Ich nenne dich … Frechdachs. Das passt zu dir, findest du nicht?«

Ich lasse ihn los und richte mich auf, damit er in sein Körbchen auf der Terrasse der Nachbarn zurückkehren kann.

Als Nächstes gehe ich einkaufen. Das Auto meiner Mutter schaut mich einladend an; nach dem Unfall, der sie das Leben kostete, wurde es wieder hergerichtet, aber ich ignoriere es und beschließe, zu Fuß zu gehen.

Und so spaziere ich durch die von Vorkriegshäusern gesäumten Straßen. Die meisten Residenzen sind viktorianisch inspiriert. Ich sehe mich Hand in Hand mit Josh durch die gleichen Straßen gehen und seiner Erklärung lauschen, warum einige Türen eine so schöne himmelblaue Farbe haben. Fast kann ich die Stimme meines Ex-Freundes hören, der für mich den Reiseleiter spielt und mich mit seiner besten Imitation von Sylvester Stallone begeistert – übrigens der einzigen Stimme, die er beherrscht.

»Hör zu, es ist ein alter Aberglaube: Angeblich hält das Blau, das hier Haint Blue genannt wird, böse Geister fern, weil sie nicht schwimmen können und das Blau mit Wasser verwechseln.«

Am darauffolgenden Tag bat ich Josh aus schierem Übermut, blaue Farbe zu kaufen und mir dabei zu helfen, unsere Tür zu streichen. Meine Mutter schätzte das gar nicht und wurde wütend. Wir mussten alles wieder weiß streichen, was nicht mehr ganz so lustig war.

Ich gehe in den ersten Supermarkt, den ich sehe, und behalte meine Sonnenbrille auf der Nase.

Himmel, hoffentlich erkennt mich niemand.

Ich greife gerade nach einem Päckchen Müsli, als mich das Klingeln meines Telefons aus meiner Träumerei reißt. Die Familienmutter neben mir wirft mir einen missbilligenden Blick zu, als sie hört, wie Les Plastiscines verkünden, dass ich eine Bitch bin. Ich strahle sie an.

»Ja?«

»Hallo, Schätzchen. Gut angekommen?«

Toris Stimme entlockt mir ein Lächeln.

»Schon … Ich bin zwar erst zwei Stunden hier, aber ich war noch nie so froh, dass ich vor vier Jahren hier die Biege gemacht habe. Überall sind Touris und dann diese Hinterwäldler, die seit drei Generationen hier leben«, sage ich, ohne lange nachzudenken.

Tori lacht. Sie versteht wahrscheinlich nicht, wovon ich rede, weil sie die große Stadt nie verlassen hat. Ich schaue auf die Uhr. Wahrscheinlich ist sie im Café.

»Ist der Laden ohne mich noch nicht im Chaos versunken?«

»Du bist noch keine vierundzwanzig Stunden weg, überhebliches Weib. Aber nein, bis jetzt noch nicht.«

Mit zwischen Ohr und Schulter eingeklemmtem Telefon bewege ich mich auf den nächsten Gang zu.

»Umso besser. Du solltest jemand anderen einstellen, zumindest um …«

Oh Scheiße. Mein Magen schlägt einen Salto rückwärts und schnürt mir dann die Kehle zu. Ich breche mitten im Satz ab. Mein Mund bleibt offen stehen. Ich höre Tonis Stimme, die mich fragt, ob ich noch dran bin. Ich achte nicht darauf, sondern versuche, trotz meines armen, hämmernden Herzens zur Besinnung zu kommen.

Diese Augen würde ich überall erkennen. Diese grünen Augen, die mich verblüfft anstarren. Diese grünen Augen, von denen ich nicht gedacht hätte, dass ich sie je wiedersehen würde.

»Tori, ich rufe zurück«, flüstere ich und lege auf.

Andrew starrt mich mit aufgerissenen Augen an, während ich immer noch nicht weiß, was ich sagen soll. Er hat sich nicht verändert; seine helle Iris kontrastiert wunderbar mit seiner schwarzen, seidigen Haut. Vor vier Jahren habe ich ihn das letzte Mal gesehen … als ich von einem Tag auf den anderen fortging, ohne jemanden vorzuwarnen.

Klar, dass ich mich gleich in der ersten Stunde nach meiner Rückkehr Auge in Auge, oder besser Einkaufswagen an Einkaufswagen mit meinem ehemaligen besten Freund wiederfinde. Anscheinend will mich das Schicksal wieder mal verarschen.

»Azalea … Wow. Du … du bist zurück.«

Azalea. Nicht Aze. Aber eigentlich dürfte mich das nicht überraschen, oder? Und doch bebt mein Herz vor Traurigkeit. Ich setze die Sonnenbrille ab, die mir offensichtlich nicht geholfen hat, und erwidere sein Lächeln. Erst jetzt merke ich, wie sehr ich ihn vermisst habe.

Dieser Mann und ich haben absolut alles zusammen gemacht.

»Schön, dich wiederzusehen, Loser.«

Sein Spitzname entlockt ihm ein unbehagliches Grinsen. Ungläubig schüttelt er den Kopf und mustert mich von oben bis unten. Ich hätte ihn lieber an einem Tag wiedergesehen, an dem ich nicht verkatert bin, aber es ist, wie es ist. Es sollte mir eine Lehre sein.

Ich bin schon froh, dass er überhaupt noch mit mir spricht, nach dem Schlag, den ich ihm versetzt habe – ihm und auch Josh. Sie wussten ja nicht einmal, ob ich überhaupt noch lebe.

Andrew durchbricht die peinliche Stille, während ich registriere, was in seinem Einkaufswagen liegt: Farbe, Rollen und Pinsel in allen Größen.

»Mein herzlichstes Beileid.«

Ich zucke zusammen und blicke zu ihm auf. Er schaut mich voller Mitgefühl an und reibt sich den Hals. Für einen kurzen Moment verwirrt mich seine Bemerkung.

Ach, stimmt ja. Ich bin in Trauer. Ich schätze, ich sollte eigentlich total niedergeschlagen sein … Warum bin ich es dann nicht? Wie es aussieht, sind andere Leute viel trauriger als ich. Dabei habe schließlich ich meine Mutter verloren. Wenigstens geht er nicht auf meine Abwesenheit bei der Beerdigung ein.

»Na? Renovierst du?«, frage ich ihn statt einer Antwort.

Er blickt mich fragend an. Ich zeige auf seine Einkäufe.

»Oh nein«, antwortete er, als er versteht, was ich meine. »Das ist für die Arbeit.«

»Bist du Anstreicher?«

»Innendekorateur, ja. Ich habe … Ich habe nach den Zwischenzeugnissen die Schule geschmissen«, gibt er verlegen zu. »Beruflich blieb mir da keine große Wahl.«

Ich nicke stumm, denn mir ist klar, dass sein Vater es sich nicht leisten konnte, ihm ein Studium zu finanzieren. Ich erinnere mich noch sehr gut an die Zeit, als Andrew die alten Klamotten seiner Cousins auftrug … und daran, dass ich meinem Stiefvater Pete Geld stahl und es meinem besten Freund heimlich in die Tasche steckte.

»Und was machst du so?«, wechselt er hastig das Thema.

»Mal dies, mal jenes. Im Moment arbeite ich in einem Café. Ich bereite Cupcakes zu.«

Ein trauriges Lächeln huscht über sein Gesicht. Er hatte wahrscheinlich wie alle anderen erwartet, dass aus mir eine Bardame oder ein Escort Girl würde.

»Schön, dass du klarkommst.«

Ich zucke entspannt die Schultern. Ich freue mich, ihn wiederzusehen. Und noch mehr, weil ich merke, dass er mir nichts nachträgt. Eigentlich müsste er mich hassen und mich beschimpfen.

Aber das ist natürlich ganz und gar nicht sein Stil. Er zieht es vor, seine Wut in Schweigsamkeit zu hüllen und mich mit unausgesprochenen Worten zu bestrafen.

»Dann bist du also zurückgekommen«, seufzt er angespannt. »Wie lange … willst du bleiben?«

Ich denke einige Sekunden über die Frage nach.

»Nicht sehr lange, glaube ich. Ich bin eigentlich nur gekommen, um das Haus zu verkaufen. Hier hält mich nichts.«

Eine Sekunde lang kommt es mir vor, als wäre er endlich sauer. Seine Lippen krümmen sich nach oben und er wirft mir einen verbitterten Blick zu.

»Du hast recht. Die ›Hinterwäldler, die dort seit drei Generationen leben‹, sind sicher ansteckend.«

Ah. Ich verziehe das Gesicht, ehe ich lospruste. Ich weiß, dass er sich ärgert, aber ich kann nicht anders.

»Tut mir leid, aber ich muss los …«, fährt er fort. »Pass auf dich auf. Und willkommen zurück.«

Ich nicke. Erleichterung überschwemmt mein verwundetes Herz. Ich schaue ihm nach. Andrew war immer mein Seelenverwandter und er wusste längst, was ich von Charleston hielt, ehe ich ihn ohne ein Wort des Abschieds hier zurückließ.

Klar habe ich egoistisch gehandelt, aber ich hatte meine Gründe. Wäre ich in dieser Stadt geblieben, hätte ich mich irgendwann aus dem Fenster gestürzt.

Daher entschied ich mich, mich selbst zu retten, anstatt darauf zu warten, dass jemand anderes es für mich tun würde.

2

Juni 2018

Eden

Ich bin in Schwierigkeiten.

Natürlich ist es nicht das erste Mal, dass es mir schwerfällt, den ganzen Monat über die Runden zu kommen, aber ein Vergnügen ist es nie. Mit einem tiefen Seufzer werfe ich einen düsteren Blick auf die Rechnungen, die sich auf dem Schränkchen neben der Haustür stapeln. Ich könnte sie natürlich wegwerfen. Wenn ich sie im Müll der Nachbarin entsorgen würde, könnte ich mir einbilden, sie hätten nie existiert, nicht wahr?

Na ja, ich hatte schon mal bessere Ideen. Und selbst wenn ich es zu ignorieren versuche, die Tatsache bleibt: Diesen Monat wird es verdammt eng. Vor allem wegen des kleinen Wahnsinns, den ich mir gegönnt habe: mir einen Anwalt zu nehmen, dessen Honorar es ihm vermutlich ermöglichen wird, sich ein drittes Haus in der Karibik zu kaufen.

Ich hätte mir natürlich auch irgendeinen Rechtsverdreher nehmen können, nur dass ich es mir absolut nicht leisten kann, diesen Fall zu verlieren.

»Die Sache ist ganz schön vertrackt«, hat er mir heute mit besorgtem Gesicht erklärt.

Was du nicht sagst. Gerade weil es so kompliziert ist, habe ich ihn ja hinzugezogen. Leider habe ich im Moment eine höchstens vierzigprozentige Chance, meinen Fall zu gewinnen. Anders ausgedrückt: »Ich mache mir Stress für nichts« – O-Ton Josh.

Ich schalte das Licht in der Küche aus, gehe nach oben, ziehe mein Hemd aus und putze mir die Zähne. Im Bad werfe ich einen neugierigen Blick auf das Fenster gegenüber. Es ist geschlossen und im betreffenden Zimmer brennt kein Licht. Aber als ich von der Arbeit nach Hause kam, habe ich Licht in Sylvias Haus gesehen. Daraus schließe ich, dass ihre Tochter angekommen ist.

Ich erinnere mich noch an die Beerdigung. Gott, ich dachte, dieser Tag würde nie enden. Aber das war ich Sylvia schuldig.

Sie war eine gute Nachbarin, und, soviel ich weiß, auch ein guter Mensch. Aber es hätte wohl jeder sofort bemerkt, dass sie unglücklich war.

Dass die Tochter nicht an der Beerdigung teilnahm, sorgte für viel Gerede. Mir persönlich ist es scheißegal. Soll sie doch machen, was sie will – es ist nicht mein Problem. Ich verurteile niemanden, den ich nicht kenne, und ihr Leben interessiert mich nicht weiter. Ich bemühe mich, mit meinem eigenen klarzukommen, und andere sollten das Gleiche tun.

Es klingelt.

Es gibt nur einen Menschen, der mich um diese Zeit stören würde.

»Scheiße, irgendwann bringe ich ihn um.«

Leise vor mich hin fluchend spüle ich mir den Mund aus, während mein Besucher den Daumen auf der Klingel hält. Dabei hatte ich ihm gesagt, dass er heute Abend nicht kommen soll, weil ich niemanden sehen will. Aber nein. Er hielt es wohl für eine Einladung.

Unten in meiner Küche treffe ich auf Alec. Er ist gerade dabei, sich ein Bier aus dem Kühlschrank zu holen. What the …

»Du hast nicht aufgemacht, da bin ich durch das Fenster hereingekommen«, erklärt er mit Unschuldsmiene.

Ja logisch.

»Fühl dich ganz wie zu Hause«, murmele ich.

»Danke schön.«

Alec ist einer meiner wenigen Freunde in Charleston. Zwar wohne ich schon zwei Jahre hier, aber meine wahren Freunde kann ich an einer Hand abzählen. Alec und Josh gehören dazu. Josh habe ich im Fitnessstudio kennengelernt; er studiert Jura, arbeitet aber nebenbei als Fitnesstrainer. Unter anderem gibt er die Kickbox-Kurse, die ich besuche.

Was Alec angeht, so ist er einer von diesen typischen schüchternen Künstlern, die man einfach mögen muss, selbst wenn sie es selbst gar nicht bemerken – ich selbst bin Mechaniker und bringe die Leute eher selten zum Träumen. Alec schreibt die Musik, die sein Zwillingsbruder Cameron mit seiner Rockband in der örtlichen Kneipe, dem Royal American, spielt. Meistens treffen wir uns dort, weil Joshs Verlobte Alyssa da kellnert.

»Alec, erinnerst du dich, was ich dir geantwortet habe, als du mich fragtest, ob du vorbeikommen kannst?«, erkundige ich mich und fahre mir mit der Hand übers Gesicht.

Er denkt nach, starrt auf meine Brust, und wiederholt meine Antwort Wort für Wort:

»›Ja klar, nach einem langen Arbeitstag wünsche ich mir nichts sehnlicher, als dein Gesicht zu sehen.‹«

Plötzlich begreife ich das Missverständnis und muss zugeben, dass ich selbst schuld daran bin.

»Das war Sarkasmus, Mann.«

»Ah«, sagt er und runzelt verlegen die Stirn. »Dann willst du also nicht, dass ich hier bin?«

Wie immer lasse ich mich von seinen Gestiefelter-Kater-Augen erweichen. Ich seufze und sage, er dürfe einen Moment bleiben.

Statt einer Antwort lächelt er nur, geht direkt zu meinem Plattenspieler und schaltet ihn ein. Alec und ich sind leidenschaftliche Musikliebhaber. Ich habe Musik immer schon geliebt, auch wenn ich ein schrecklicher Sänger bin. Jedes Mal, wenn ich aus einem der Waisenhäuser fortlief, in denen ich aufwuchs, gab ich mein Geld für neue CDs aus. Und im Gegensatz zu dem, was meine vielen Tattoos vermuten lassen, stehe ich auf klassische Musik. Geige und Gitarre spiele ich übrigens ganz gut.

Ich höre The Kinks und muss unwillkürlich lächeln. All Day and All of the Night, eine sichere Wahl.

»Die anderen kommen übrigens auch gleich«, verkündet Alec und lässt sich auf die Couch fallen.

»Das ist doch hoffentlich ein Witz, Alec?«

Er schaut mich verständnislos an, wendet aber schon eine Sekunde später den Blick ab.

»Nein, ich habe sie eingeladen.«

Alec hat ein Problem mit Sarkasmus und rhetorischen Fragen. Murrend kneife ich für eine Sekunde die Augen zusammen. Ich bin es wirklich leid, dass sie mein Haus zu ihrem Hauptquartier erklären, wenn sie sich abends langweilen.

»Ihr geht mir auf den Keks.«

Plötzlich fällt mir ein, dass ich vergessen habe, Chestnut zu füttern. Ich lasse Alec zwei kurze Minuten allein und gehe auf die Terrasse, wo mein kleiner Beagle liegt und ruhig dem Rauschen der Wellen lauscht. Als er mich sieht, hebt er den Kopf und schaut mich so desillusioniert an, als wolle er sagen: »Na endlich!«

Ich setze mich neben ihn, streichele ihm den Kopf, nehme ihn in die Arme und küsse seine Nase.

»Tut mir leid, Champ. Wo habe ich nur meinen Kopf? Dafür bekommst du heute die doppelte Portion …«

Aber ich unterbreche meinen Satz und runzele die Stirn. Seine Schüssel ist bereits voll. Dabei war sie gestern Abend halb leer, und bin mir ziemlich sicher, sie danach nicht mehr gefüllt zu haben.

Aber vielleicht erinnere ich mich auch einfach nur nicht mehr. Verwirrt setze ich den Hund ab. Ich brauche wirklich Schlaf. Ganz zu schweigen von den Bauchschmerzen, die mich wieder einmal plagen … Ich sollte vorsichtiger sein.

»Hör zu, Alec, ich bin heute Abend nicht in Stimmung«, sage ich, nachdem ich ins Wohnzimmer zurückgekehrt bin. »Könntest du jetzt nach Hause gehen?«

Er geht an mir vorbei, drückt mir ein Bier in die Hand und setzt sich auf der Terrasse in die Hollywoodschaukel. Ich schaue ihn einen Moment an und hoffe auf ein Wunder. Doch er zuckt nicht mal mit der Wimper.

»Bist du obdachlos oder was?«, seufze ich.

»Nein. Aber deine Wohnung ist ruhiger. Cameron spielt bis Mitternacht zu Hause Schlagzeug. Ich kann dabei nicht schlafen.«

Ich schüttele den Kopf, öffne das Bier, das er mir gegeben hat, und setze mich neben ihn. Ich gebe auf. Alec weiß, dass das Bier auf der Terrasse vor dem Schlafengehen mein kleines Ritual ist. Ich liebe es, am Ende des Tages in aller Ruhe das Meer zu betrachten.

Nach einigen Minuten höre ich ein Auto in der Einfahrt. Ich trinke mein Bier aus. Josh und Alyssa kommen Hand in Hand um das Haus und entdecken uns. Wenn ich daran denke, dass sie kurz davor sind, zu heiraten … Am liebsten würde ich sie warnen, sie zur Vorsicht aufrufen – dass man sich für sehr verliebt halten kann und dann eines Morgens aufwacht und feststellen muss, dass man sich geirrt hat. Aber ich denke, sie würden einen solchen Rat nicht zu schätzen wissen.

»Hi.«

Alyssa drückt Alec und mir einen Kuss auf die Wange und verkündet, sie müsse auf die Toilette.

»Könntest du auf dem Rückweg bitte nachschauen, ob noch Bier im Kühlschrank ist?«, bitte ich sie und tue so, als hätte ich Joshs unsicheren Blick auf das Nachbarhaus nicht bemerkt.

Alyssa verschwindet nach drinnen und Josh bleibt mit den Händen in den Taschen vor uns stehen.

»Nur, dass ihr es wisst: Ich habe euch nicht eingeladen. Dieser Depp hier war es«, sage ich im Konversationston und deute mit dem Kinn auf Alec.

Josh starrt ihn böse an.

»Alter, manchmal übertreibst du echt! Alyssa hasst es, sich aufzudrängen. Sagt es ihr bloß nicht, sonst lamentiert sie mindestens zehn Minuten lang auf Spanisch.«

Alyssa spricht immer Spanisch, wenn sie wütend ist; es ist ein Klischee, aber in diesem Fall zutreffend. Alec und ich lachen darüber, aber ich möchte in dieser Situation nicht in Joshs Haut stecken. Wenn es passiert, ist es wirklich beängstigend.

Als ich Alyssa kennenlernte, machte ich mir einen Spaß daraus, Josh zu beunruhigen, indem ich stichelte, sie sei vermutlich in einer mexikanischen Familie aufgewachsen, die zerstückelte Leichen in Koffern versteckt. Mit Stereotypen zu spielen kann ein echtes Talent sein.

Tatsächlich ist es so, dass ebenso viel libanesisches wie mexikanisches Blut in Alyssas Adern fließt.

»Was ist los?«, frage ich Josh, dessen Augen immer wieder zu Sylvias Haus zurückkehren.

Er schreckt aus seiner Träumerei, betrachtet mich unentschlossen und seufzt.

»Ich denke an Azalea … Ich meine, Azalée. Wie auch immer.«

Überrascht runzele ich die Stirn. Ich wusste nicht, dass er Sylvias Tochter kannte. Seltsamer Vorname. Ich habe in der Schule genügend Französisch gelernt, um seine Bedeutung zu verstehen. Die Azalee ist eine Blume. Eine sehr schöne Blume sogar.

»Kennst du sie?«

Die Frage scheint ihm Unbehagen zu bereiten. Mit diesem Gesichtsausdruck bin ich vertraut und das aus gutem Grund: Darin habe ich sozusagen meinen Meister gemacht. Er hat mit diesem Mädchen geschlafen, ganz sicher. Und da sie erst seit heute wieder da ist, schätze ich, dass es einige Jahre her sein muss. Sonst wäre er einer von der ganz schnellen Truppe.

»Ja. Ich sollte vielleicht bei ihr klingeln und sie willkommen heißen. Wir standen uns einmal ziemlich nahe.«

Bingo. In diesem Augenblick kommt Alyssa zurück und bringt Bier mit. Alec scheint nicht zu verstehen, dass wir das Gespräch an dieser Stelle schnell abbrechen müssen, denn er fragt:

»Wenn du ›nahestehen‹ sagst, meinst du das dann sexuell?«

Ich werfe ihm einen verärgerten Blick zu, denn ich habe auch keine Lust darauf, dass Alyssa heute Abend Spanisch spricht. Mein Kopf ist durcheinander genug, vielen Dank. Seltsamerweise bleibt Alyssa die Ruhe selbst. Merkwürdig, wenn man bedenkt, wie eifersüchtig sie sein kann. Sie begnügt sich damit, Alec von seinem Platz zu verscheuchen, um sich selbst dort niederzulassen, und kreuzt ihre nackten, gebräunten Beine.

Glücklicherweise ist Alyssa nicht mein Typ, sonst hätte ich Schwierigkeiten, den Blick abzuwenden. Sie hat dichtes braunes Haar, einen sinnlichen Mund und trägt Klamotten, die wenig Raum für Fantasie lassen.

Aber man darf keinesfalls den Fehler machen, sie für eine Draufgängerin zu halten, das könnte böse enden.

»Von wem redet ihr da?«

Ich beschließe, die Lage zu entspannen und antworte ganz cool:

»Von der Nachbarin.«

»Ach so«, meint sie gelangweilt. »Josh und sie waren auf der Highschool mal ein Paar.«

»Du warst mit der Nutte vom Bishop zusammen und ich wusste nicht einmal davon?«, ruft Alec echt überrascht.

Erneut runzele ich die Stirn. Die »Nutte vom Bishop«. Was zum …? Josh scheint betroffen zu sein, denn er errötet und antwortet entschlossen:

»Hör auf, sie so zu nennen. Azalea …«, fährt er fort und sucht nach Worten. »Sie ist schwierig einzuschätzen. Aber im Grunde ist sie kein schlechter Mensch.«

Alyssa schweigt, auch wenn sie möglicherweise nicht ganz einverstanden ist. Ich trinke schweigend mein Bier und beobachte. Nur Alec scheint nicht zu verstehen, dass das Thema erledigt ist – wie immer.

»Auch eine Schlampe muss nicht unbedingt böse sein.«

Josh beißt die Zähne zusammen. Sowohl er als auch ich wissen, dass Alec es nicht so meint; er spricht lediglich Fakten aus. Ich beschließe, einzugreifen, ehe es unangenehm endet, und lege ihm eine Hand auf die Schulter.

»Zwar hast du recht, aber was Josh meint ist, dass Azalée keines von beidem ist.«

»Wenn ihr meint«, antwortet er und zuckt mit den Schultern. »Ich kenne sie nicht.«

Josh entspannt sich und legt einen Arm um Alyssa. Die hübsche Brünette sagt noch immer nichts, was nichts Gutes verheißt. Vermutlich hat sie ein paar unausgegorene Dinge über dieses Mädchen gehört, das ihrem Verlobten früher einmal den Kopf verdreht hat. Ich frage mich, wie diese Azalée wohl sein mag, wenn sie so viele lebhafte Reaktionen hervorruft …

»Wir sollten sie zu unserer Hochzeit einladen.«

Alyssa und ich drehen uns gleichzeitig zu Josh um. Ich versuche, mein Erstaunen unter Kontrolle zu bringen; Alyssa bemüht sich deutlich weniger. Wie immer, wenn sie wütend ist, sich aber dem Drang widersetzt, etwas zu sagen, schnalzt sie mit der Zunge. Josh bemerkt es und reibt sich errötend den Nacken.

»Fuera de discusión«, sagt Alyssa hart.

Zwar lässt mein Spanisch ziemlich zu wünschen übrig, aber ich habe durchaus begriffen, dass Alyssa nicht gerade begeistert von dem Gedanken ist, die Ex ihres Liebsten bei ihrer Hochzeit dabei zu haben. Ich verstehe sie durchaus, auch wenn mir eine kleine Stimme zuraunt, dass es sehr interessant werden könnte.

»Schätzchen …«, versucht Josh es, ehe sie ihm das Wort abschneidet und Dinge sagt, die ich leider nicht wiedergeben kann.

Sie redet ungeheuer schnell in ihrer Muttersprache. Josh bittet mich mit Blicken um Hilfe, aber ich grinse nur verstohlen vor mich hin und überlasse ihn sich selbst.

»Warte, bis du sie kennengelernt hast«, fleht Josh. Alyssas Beine liegen auf seinem Schoß. »Du wirst sehen. Sie ist … cool.«

Eines ist sicher: Diese Diskussion hat mich sehr neugierig auf meine neue Nachbarin gemacht.

»Ich kenne diese Art von Mädchen«, kontert Alyssa unbarmherzig. »Und ich kenne dich, Josh! Du bist zu schwach, zu freundlich, zu … alles Mögliche.«

Josh runzelt die Stirn, widerspricht ihr aber nicht. Er weiß, dass er nicht diskutieren sollte.

»Sie ist mir wichtig, Al. Auch wenn es dir nicht gefällt, aber Azalée ist das erste Mädchen, das ich geliebt habe.«

»Sie hat dich gnadenlos abserviert und ist dann bei Nacht und Nebel verschwunden, ohne auch nur irgendjemanden zu informieren.«

Ein Schatten huscht über das Gesicht meines Freundes.

»Ich weiß. Trotzdem würde ich mich freuen, wenn sie käme.«

»Darüber sprechen wir später unter vier Augen«, entscheidet Alyssa.

Schweigend trinke ich mein Bier aus und betrachte das Haus nebenan. Eines muss man wirklich sagen: Die Rückkehr der verlorenen Tochter ist nicht unbemerkt geblieben.

Die ganze Woche über bereite ich mich darauf vor, meine neue Nachbarin zu treffen. Schlimmer noch: Ich warte sogar darauf. Aber weil ich jeden Tag zur Arbeit gehe, sehe ich sie nie. Ein paarmal nehme ich mir vor, an ihrer Tür zu klopfen und mich vorzustellen, aber dann lasse ich es doch.

Doch eines Tages geschieht das Undenkbare.

Ich lerne Azalée Green kennen. Zumindest ihre Stimme. Zwar kann ich sie nicht sehen, aber ich höre sie. Es ist Abend, als ich erschöpft aus der Werkstatt nach Hause komme und leise meine Terrassentüren öffne, um frische Luft zu schnappen.

Der Strand ist verlassen und der Wind pfeift über die Wellen, auf denen sich eine feurige Sonne spiegelt. In diesem Moment erreicht mich eine weiche, etwas heisere, geradezu betörende bezaubernde Stimme.

»Willkommen bei Dear Patriarchy … Diese Woche präsentiere ich euch einfach nur einen Song, an dem ich in letzter Zeit gearbeitet habe.«

Ich halte inne und lausche ihrem Gesang, als hätte ich eine göttliche Erscheinung. Aus Furcht, sie könnte mich bemerken, wage ich nicht, auf die Terrasse hinauszugehen. Azalées Stimme klingt durch die Stille, die unsere beiden Häuser umgibt, und lässt mein Herz höherschlagen.

Mama, you didn’t want to see

Well I’m the one who’s sorry

I wish my words had crossed the wall

But have I a voice at all?

Nachdem sie geendet hat, verschwinde ich ebenso diskret wie ich gekommen bin … Eine Gänsehaut überzieht meine Arme.

Noch nie habe ich eine solche Stimme gehört.

Ich brauche mehrere Minuten, bis ich mich, ganz allein in meinem Wohnzimmer, wieder erholt habe. An den folgenden Abenden passiert das Gleiche. Sie singt auf ihrer Terrasse und spielt Gitarre, aber ihr Anblick ist mir nach wie vor unbekannt. Ich habe den Eindruck, an einem zutiefst intimen und fast verbotenen Moment teilzunehmen. Als hätte ich kein Recht, dort zu sein oder sie singen zu hören.

Aber ich kann nicht anders. Jeden Abend bin ich dabei und öffne leise meine Fenster, um ihr heimlich zuzuhören.

Ihre sirenengleiche Stimme könnte Seeleute in einen süßen Tod locken, und die Worte, die sie singt, sind todtraurig. Ich muss sie unbedingt sehen.

Fast sofort und ohne sie überhaupt kennengelernt zu haben, begreife ich, dass Azalée Greens Stimme nur ein einzelnes Sandkorn ist, es aber die ganze Wüste bräuchte, um sie verstehen zu können.

3

Juni 2018

Azalée

Willkommen bei Dear Patriarchy,

wenn ihr das nächste Mal einer Feministin erklärt, sie beschwere sich über Belanglosigkeiten, die Gleichstellung der Geschlechter sei schließlich längst erreicht, oder dass Aktivistinnen übertreiben und ihre Aktionen nur noch mehr Frauenfeindlichkeit erzeugen, dann solltet ihr wissen, dass diese Einwände einen Namen haben. Wenn antifeministische Strömungen versuchen, die Bedeutung unseres Kampfes kleinzureden bezeichnet man das als Backlash.

Ich persönlich nenne es Unsinn. Das passt auch.

Nach Charleston zurückzukehren war einfacher, als ich dachte. In diesem verdammten Haus zu wohnen fällt mir zwar immer noch schwer, aber ich versuche, so wenig Zeit wie möglich dort zu verbringen.

Ehrlicherweise muss ich gestehen, dass ich bisher noch keinen Makler wegen des Verkaufs kontaktiert habe. Keine Ahnung, worauf ich warte.

Morgens jogge ich am Folly Beach, am Nachmittag mache ich einen Spaziergang im Wald, und abends setze ich mich auf meine Terrasse, um zu singen oder eine neue Episode von Dear Patriarchy vorzubereiten, einem Podcast, den ich vor zwei Jahren ins Leben gerufen habe. Am Anfang tat ich es, weil ich einsam war. Weil ich wissen wollte, ob ich eine Stimme habe oder nicht und was passieren würde, wenn ich sie benutze.

Heute vergeht keine Woche, ohne dass ich vor meinem Mikrofon über Feminismus und eine positive Haltung spreche. Ich habe herausgefunden, dass ich mit meinen Worten Menschen helfen konnte, dass es möglich ist, die Ungerechtigkeiten dieser Welt anzuprangern und aufzuzeigen, und dass man gewisse Veränderungen auch mit kleinen Taten ins Rollen bringen kann …

Aber vor allem habe ich gelernt, dass ich tatsächlich eine Stimme habe. Auch wenn sie noch anonym ist.

Dear Patriarchy ist zu einem Zufluchtsort geworden. Ob für meine Zuhörer oder für mich – ich weiß es nicht.

»Hallo, du. Wie geht es dir heute?«

Als ich von meiner morgendlichen Joggingrunde zurückkomme, bleibe ich für zwei Minuten stehen, um Frechdachs zu begrüßen, der mir die Hände leckt. Danach gehe ich nach oben, um zu duschen.

Im Badezimmer schalte ich das Radio ein und singe leise vor mich hin. Das Fenster ist offen. Plötzlich bemerke ich, dass auch das gegenüberliegende Fenster geöffnet ist. Ich will mich gerade abwenden, als sich die Duschtüre öffnet und ein Rücken sichtbar wird.

Oh. Ich stehe ganz still, während der Mann die Tür wieder schließt und nach einem weißen Handtuch greift. Glücklicherweise sehe ich nicht, was unterhalb der Taille passiert … Der Mann wendet mir weiterhin den Rücken zu und rubbelt seine nassen braunen Haare mit dem Handtuch ab.

Ich kann nicht anders: Mein Blick wandert verstohlen über seinen Körper. Breite Schultern, kraftvoll hervorspringende Schulterblätter und Muskeln, die sich auf eine Art unter der Haut bewegen, die mich unwillkürlich erschauern lässt.

Sein ganzer Körper ist tätowiert.

Ohne die Augen von ihm abzuwenden strecke ich den Arm zum Radio aus, um es leiser zu drehen. Ich will keine Aufmerksamkeit erregen. Mit etwas Glück bewegt er sich ein paar Millimeter und ich kann sein Gesicht im Profil sehen …

Leider greife ich daneben. Verärgert darüber, dass ich mich von dem tollen Anblick abwenden muss, drehe ich mich zu hastig um und mein Arm fegt das Radio auf den Boden, wo es mit einem lauten Scheppern zerschellt.

»Scheiße!«

Ich will gerade nachschauen, ob mein Nachbar etwas mitbekommen hat, als ich sehe, wie er sich umdreht. In heller Panik, gesehen zu werden und einen völlig falschen Eindruck zu erwecken, tue ich das Erste, was mir in den Sinn kommt:

Ich ducke mich.

Wie ein kleines, auf frischer Tat ertapptes Mädchen bleibe ich in der Hocke und ärgere mich über meine kindische Reaktion. Ich bin sicher, dass er genau gesehen hat, wie ich abtauchte. Vermutlich hält er seine neue Nachbarin jetzt für eine Spannerin.

»Toll«, flüstere ich und verberge mein Gesicht in den Händen.

Ich warte mehrere Minuten, ehe ich es wage, den Kopf zu heben und sicherzustellen, dass niemand mehr da ist. Meine Wangen brennen vor Scham, als ich feststelle, dass mein Nachbar nicht nur das Fenster geschlossen, sondern auch die Jalousie heruntergelassen hat.

Wow. Der Typ denkt jetzt sicher, dass er sich verbarrikadieren muss, damit seine perverse Nachbarin ihn nicht unter der Dusche anglotzt. Fünfzehn Minuten später höre ich ein Motorgeräusch in der Einfahrt und weiß, dass der Typ zur Arbeit aufbricht.

Ich nutze den Morgen für Hausarbeit. Ich erstelle ein riesiges Inventar und notiere, was ich behalten und was ich wegwerfen will, außerdem mache ich eine »Pro und Kontra«-Liste.

Auf meiner Runde durch das Haus komme ich auch in mein altes Zimmer. Am liebsten hätte ich alles sofort aus dem Fenster geschmissen. Dieser Raum war einmal mein Zufluchtsort, mein eigenes kleines Universum.

Er hat alles besudelt.

Ich kauere ganz hinten in meinem Schrank. Ich bin sechzehn Jahre alt. Pete und Mom sitzen oben, aber ich bin über den Balkon geklettert und sie wissen nicht, dass ich da bin. Sie sollen ruhig denken, ich wäre immer noch unterwegs, denn ich habe keine Lust, sie zu sehen. Also verstecke ich mich. Und ich esse. Ich sitze im Dunkeln, weine schweigend alle Tränen, die in meinem Körper sind, und ich esse wie noch nie zuvor in meinem Leben. Zu meinen Füßen liegen Tüten mit Keksen, Waffeln und Donuts mit Zuckerglasur. Ich stopfe immer schon den nächsten Bissen in mich hinein, noch ehe ich fertig gekaut habe. Ich fühle mich schwer und weiß, dass eigentlich nichts mehr in mich hineinpasst, dass ich nichts mehr hinunterschlucken kann, dass mein Magen völlig überfüllt ist, aber ich mache weiter, bis mir schlecht wird. Als ich würgen muss, zwinge ich mich, alles bei mir zu behalten.

Und ich weine noch mehr. So verbringe ich eine geschlagene Stunde in der Dunkelheit meines Schranks und ignoriere Andrews Anrufe. Meine Tränen vermischen sich mit dem Fett der Donuts, das an meinen zitternden Lippen klebt.

Nein, nein, nein, stopp. Ich will mich nicht daran erinnern. Ich bin nicht mehr die gleiche Person. Keuchend verlasse ich den Raum und setze meine Runde im Obergeschoss fort. Dabei versuche ich, an etwas anderes zu denken.

Tori hat mir geraten, sorgfältig zu überlegen, ehe ich einen voreiligen Entschluss treffe, aber ich habe mich längst entschieden. Ich habe keine Lust, unter diesem Dach zu schlafen und mich an Petes Hände auf meinem Körper zu erinnern.

Es ist zweimal passiert. Beim ersten Mal war ich zwölf Jahre alt. Viele Leute glauben, dass sexuelle Übergriffe von irgendwelchen Unbekannten in dunklen, menschenleeren Gassen begangen werden.

Aber das stimmt nicht.

»Hast du mich lieb?«, fragte er mich und setzte sich neben mich auf mein Bett.

Ich machte den Fehler, die Frage zu bejahen, weil es stimmte. Er war wie ein Vater für mich.

Es geschah in aller Stille. Zunächst wich ich vor ihm zurück. Ich verstand nicht, was er vorhatte. Dann sagte er mir, ich solle ihm vertrauen. Ich hatte Angst, aber ich glaubte ihm, als er mir versprach, dass er mir niemals wehtun würde.

Ich hielt die ganze Zeit still, obwohl ich wusste, dass es falsch war. Ich habe nichts gesagt und ich habe auch nichts getan. Das ist es, was ich heute am meisten bedauere. Als er mein Zimmer verließ, war mir zunächst nicht klar, was da gerade passiert war. Stundenlang weinte ich stumm vor mich hin.

Von diesem Augenblick an war ich kein Kind mehr; indem er mir Erwachsenendinge antat, zwang er mich, zu schnell groß zu werden.

Ich hätte gern darüber geredet, doch schnell wurde mir klar: Niemand will hören, was man zu sagen hat.

»Es bleibt unser Geheimnis, okay? Deine Mutter würde es nicht verstehen«, sagte er am nächsten Tag, als er mich von der Schule abholte. Es war ein Fehler.

Danach habe ich mich komplett verändert. Andrew und Josh bekamen es von Anfang an mit. In den folgenden Jahren hielt Pete sich zurück. Bis ich sechzehn wurde. Er hatte zu viel getrunken und war wütend auf mich, weil ich mich im Auto vor dem Haus von Josh streicheln ließ. Ich hätte es wissen müssen.

»Du magst es, nicht wahr …«, sagte er. »Ich weiß, dass es dir gefällt, Aze. Schau mich an.«

Dieses Mal habe ich mich gewehrt. Er schaffte es trotzdem, mich erneut zu missbrauchen, indem er seine Hand auf meinen Mund legte und mir einschärfte, leise zu sein. Schließlich gab ich auf und betete leise, während ich hoffte, der Moment möge so schnell wie möglich vergehen.

Das Schlimmste sind die Schuldgefühle. Auch wenn völlig klar ist, dass es kein Verhalten gibt, das eine Vergewaltigung rechtfertigt, glaubt man felsenfest daran, dass es die eigene Schuld ist.

Und wenn man sich zunächst vielleicht noch nicht einmal wirklich verabscheut, passiert es spätestens dann, wenn man entsetzt erkennt, dass sich zwar der Verstand vor dem, was einem angetan wird, furchtbar ekelt, der verräterische Körper jedoch auf die monströsen Liebkosungen reagiert. In diesem Moment will man sich nur noch umbringen.

Mit Josh habe ich daraufhin Schluss gemacht. Ich fühlte mich zu schmutzig und zu schuldig; er verdiente etwas Besseres. Dann fing ich an, mich durch viele Betten zu schlafen, um die Erinnerung an den Kontakt mit Pete zu löschen. Es hat nicht funktioniert. Ich habe mich unterwegs selbst verloren.

Mittags reißt mich die Türklingel aus meinen Gedanken. Überrascht blicke ich auf, puste mir eine Haarsträhne aus dem Gesicht und öffne die Tür.

»Hey!«

Ich gebe mir Mühe, ungezwungen zu erscheinen, auch wenn sich mein Magen beim Anblick meiner unerwarteten Gäste verknotet. Vor mir stehen Andrew und Josh und lächeln mich verlegen an. Meine Vergangenheit höchstpersönlich; die beiden Männer meines Lebens. Ich schlucke, reiße mich aber sofort zusammen:

»Hallo, Loser. Hi, Josh.«

»Azalea. Schön, dich wiederzusehen.«

Wirklich?, würde ich gern fragen.

Aber ich nicke und erwidere das Kompliment. Nachdem der erste Schreck vorbei ist, trete ich zurück und öffne die Tür weit, um sie hineinzulassen. Nach meiner Rückkehr nach Charleston hätte ich Beleidigungen oder höchstens Gleichgültigkeit erwartet. Aber sicher kein so herzliches Willkommen.

»Welchem Umstand verdanke ich diese Ehre?«, scherze ich. »Lasst mich raten. Ihr habt gehört, dass die Nutte vom Bishop zurück ist, und wolltet es mit eigenen Augen sehen. Ich warne euch, in den vier Jahren sind die Preise gestiegen.«

Okay, das war geschmacklos. Andrew verzieht keine Miene und hält sich wie immer im Hintergrund, während Josh bei der Erwähnung meines alten Spitznamens zusammenzuckt. Beide schweigen – ein Zeichen dafür, dass es ihnen unangenehm ist. Meinen eigenwilligen Humor versteht ohnehin nie jemand …

»Josh wollte vorbeikommen und Hallo sagen«, antwortet Andrew schließlich. »Und sehen, wie es dir geht.«

Mein ehemaliger bester Freund setzt sich auf einen der Hocker vor der Küchenzeile, während Josh stehen bleibt. Ich beobachte ihn heimlich. Er hat sich kein bisschen verändert. Immer noch ringeln sich die gleichen zerzausten Locken über den dunkleren Augenbrauen, allerdings trägt er jetzt einen Dreitagebart. Er steht ihm gut.

»Wollt ihr etwas trinken?«

Ich hole zwei Cola, die sie annehmen, und Andrew wirft einen neugierigen Blick auf die Papiere, die sich auf der Theke stapeln.

»Also?«, fahre ich fort und verschränke die Arme. »Was ist aus dem erotischsten Quarterback aller Zeiten geworden? Ehrlich gesagt wundere ich mich, dass du immer noch in diesem Kaff bist.«

Josh lächelt verhalten und trinkt einen Schluck Limo, ehe er die Schultern zuckt.

»Ich studiere Jura. Eigentlich wollte ich weggehen, aber … na ja, ich habe mich verliebt.«

Aha,inderTat. Ich bemerke, dass Andrew mich anstarrt. Das ärgert mich. Glaubt er, er könne mich beeinflussen? Natürlich werde ich Josh immer lieben, aber es ist diese sanfte Zuneigung, die wir nur unserer ersten Liebe vorbehalten. Schließlich war ich diejenige, die ihn wie einen schmutzigen Lappen weggeworfen hat. Ich habe kein Recht, eifersüchtig zu sein.

»Wer ist die Unglückliche?«

»Alyssa. Ein wunderbares Mädchen. Sie ist Kellnerin im Royal American am Morrison Drive.«

»Sie heiraten im September«, mischt sich Andrew ein.

»Ihr heiratet?« Schockiert schnappe ich nach Luft. »Ist es so ernst?«

Josh grinst. Wow, das hätte ich nie gedacht. Josh heiratet. So jung! Am liebsten würde ich ihm sagen, er solle noch einmal darüber nachdenken, und dass es doch sicherlich nicht so eile, aber ausgerechnet von mir wäre das ziemlich unangebracht. Also gratuliere ich ihm von ganzem Herzen.

»Und was machst du so, Aze?«

Als ich höre, wie er mich bei meinem Kosenamen nennt, lächele ich innerlich. Es tut so gut.

»Ich backe Cupcakes in einem New Yorker Café. Meine Geschäftsgrundlage sind Rentner und reiche Stadtbewohner, die Pyjama-Partys im Blair-Waldorf-Stil organisieren.«

Josh lächelt und scheint sich an gemeinsame Erlebnisse zu erinnern. Ich weiß noch sehr gut, wie er mich manchmal anflehte, ihm Banana-Cheesecakes zu machen. Schwach wie ich war, habe ich mich stets überreden lassen.

»Das überrascht mich nicht. Du hast immer gern gegessen. Obwohl ich dich eigentlich eher als Sängerin gesehen hätte.«

Ich grinse.

»Ich habe übrigens einen Freund, der auch Texte schreibt. Du würdest ihn mögen. Die Band seines Bruders tritt im Royal American auf. Du solltest mal vorbeikommen, sie sind ziemlich gut.«

»Ach ja, das Royal American …«, entfährt es mir nostalgisch. »Ich hielt mich immer für ungeheuer erwachsen, wenn ich dort mit meinem gefälschten Ausweis abhing.«

Ich breche ab, als ich feststelle, dass Josh mir nicht zuhört. Im Gegenteil, er scheint an etwas sehr Ernstes zu denken. Ich sehe ihn mit hochgezogenen Brauen an, als er mit skeptischem Blick die Augen zusammenkneift.

»Aze, suchst du vielleicht gerade einen Job?«

»Äh, ich habe schon einen Job.«

»Ja, aber in New York. Alyssa arbeitet im Royal American und sie suchen dort eine Aushilfe für die Zeit der Sommerferien. Wenn du willst, rede ich mit Trent, dem Besitzer. Er ist cool. Du könntest dir etwas dazuverdienen, ehe … ehe du wieder gehst«, schließt er leiser.

Überrascht von seiner Aufmerksamkeit denke ich über den Vorschlag nach. Ich habe keine Ahnung, wie lange ich bleiben werde, und es stimmt, dass meine Ersparnisse nicht ewig halten werden. Außerdem würde ein Job mich beschäftigt halten …

»Das wäre echt nett. Danke, Josh.«

Er schenkt mir ein strahlendes Lächeln und scheint sich zu freuen, dass ich sein Angebot annehme. Seltsame Situation. Warum ist er so freundlich?

»Prima. Ich rede so bald wie möglich mit Alyssa und Trent.«

Ich lächele, ohne sein Verhalten zu begreifen. Dass Andrew sauer auf mich ist, sehe ich sofort. Er war noch nie gut darin, seine Gefühle zu verbergen. Aber Josh … Josh ist wirklich ein Schatz.

Die beiden sind zu gut für mich. Das waren sie schon immer.

Zehn Minuten später brechen sie wieder auf.

»Ich bin wirklich froh, dass es dir gut geht. Bis später, Azalea!«, verabschiedet sich Josh augenzwinkernd. »Schön, dass du wieder bei uns bist.«

Andrew bleibt stehen und schaut mich lange an, ehe er zu Josh sagt:

»Geh schon mal vor, ich komme gleich nach.«

Josh lässt sich nicht lang bitten und geht nach draußen. Den Ausdruck auf Andrews Gesicht kenne ich nur zu gut. Er ist im Begriff, etwas zu tun, das ihm peinlich ist, und weiß nicht genau, wie er anfangen soll. Ich verschränke meine Arme und warte mit hochgezogenen Augenbrauen. So war es auch früher schon. Er wagte nie, mir die Wahrheit ins Gesicht zu sagen; dazu war er zu freundlich.

»Andrew! Wenn du meine Preise erfahren willst, rede nicht um den heißen Brei herum.«

Er wirft mir einen wütenden Blick zu. Ich verdrehe die Augen. Mann, schon gut! Schließlich bin ich diejenige, die wegen dieser Gerüchte beleidigt sein sollte, aber offenbar bin ich die Einzige, die darüber lacht. Sie sind einfach nur blöd.

»Du kannst darüber scherzen, soviel du willst, ich weiß, dass es dir etwas ausmacht.«

Bei diesem Satz erlischt mein Lächeln sofort. Andrew ist tatsächlich immer noch derselbe. Er kümmert sich um Dinge, die er nicht versteht und die ihn obendrein nichts angehen. Das ist zwar nett von ihm, aber ich habe ihn nicht darum gebeten.

»Du hast vielleicht gelernt, deine Klamotten allein zu kaufen, aber dein Benehmen lässt immer noch zu wünschen übrig.«

Mag sein, dass er übers Ziel hinausgeschossen war, aber dumm ist er nicht. Als er feststellt, dass ich dem Problem ausweiche, schüttelt er enttäuscht den Kopf.

»Dann hat sich also nichts verändert?«

»Warum sollte ich mich ändern?«

»Du warst meine Freundin, Aze. Die beste Freundin auf der ganzen Welt«, sagt er leise. »Auch wenn du dich die meiste Zeit wie ein Biest benommen und mir vieles verschwiegen hast. Das war schon so, als du nach und nach populär wurdest, aber nach unserem sechzehnten Geburtstag … Ich habe es einfach nicht verstanden. Erinnerst du dich an Regina in ›Girls Club – Vorsicht bissig!‹? Ungefähr so.«

Wie bitte?! Sprachlos starre ich ihn an. Er hat keine Ahnung, was ich durchgemacht habe oder warum ich mich mit einem Panzer umgeben musste. Natürlich ist das ganz allein meine Schuld, logisch, aber ich war immer zu feige, um darüber zu reden.

Und jetzt ist es zu spät dazu.

»Na und?«, antworte ich beiläufig. »Hast du geglaubt, du findest die freundliche Azalée unserer Kindheit wieder? Tja, da hast du dich wohl getäuscht. Tut mir leid, wenn ich eine Enttäuschung für euch bin, aber leider bin ich nun mal nicht wie Josh und lasse mir mit zweiundzwanzig den Strick um den Hals legen! Im Ernst, ist seine Freundin schwanger oder was?«

Andrew ist offenbar sprachlos. Verwirrt schüttelt er den Kopf und presst die Lippen zusammen.

»Warum musst du dich unbedingt so ekelhaft verhalten?«, fragt er mich unvermittelt.

Heute bekomme ich aber wirklich gehörig eins auf den Deckel. Biest und ekelhaft – wie nett von ihm. Ich sollte Tori sagen, dass sie das auf meinen Grabstein schreiben soll.

»Mein ekelhaftes Verhalten hat mich gerettet, okay? Hätte ich mich auf der Schule nicht so verhalten, wäre ich wahrscheinlich schon längst nicht mehr am Leben.«

Er verdreht die Augen, als hätte ich maßlos übertrieben. Wenn er wüsste …

»Weißt du, was ich denke?«

»Ich fürchte, das geht mir am Arsch vorbei.«

Mit angespanntem Kiefer schaut er mich an, sein Blick ist voller Härte. Ich bin überrascht, dass er mir derart die Stirn bietet. Auch wenn es mich ärgert, stelle ich fest, dass ich stolz auf ihn bin.

»Ich denke, du gibst dich biestig, damit man dir nicht zu nahe kommt. Du drehst durch bei dem Gedanken, jemand könnte deine kostbare Mauer durchbrechen«, fügt er hinzu und schaut mir direkt in die Augen. »Aber eines Tages wird genau das passieren, Azalea. Mach dich also bereit.«

4

Juni 2018

Azalée

Willkommen bei Dear Patriarchy,

Breaking news: Männer weinen. Frauen masturbieren. Männer können sich schminken. Frauen mögen Pornos. Männer können andere Männer lieben. Frauen können andere Frauen lieben. Männer können die Farbe Rosa mögen. Frauen können sich entschließen, sich nicht zu rasieren. Männer können Absätze tragen. Frauen können sich mit Wissenschaft auskennen. Männer müssen nicht muskulös sein. Frauen müssen keine bestimmten Körperformen haben. Männer müssen Sex nicht mögen. Frauen müssen nicht schlank sein.

Ich habe es immer geliebt, am Strand zu leben.

Es ist schön, friedlich und man ist sofort am Wasser. Ich habe eine herrliche Aussicht, sowohl morgens beim Aufwachen als auch abends beim Schlafengehen. Als Kind konnte ich schwimmen gehen oder Lagerfeuer machen, wann immer ich wollte.

Ganz zu schweigen von mitternächtlichen Bädern.

Nachdem die Sonne untergegangen ist, beschließe ich, meine alten Gewohnheiten wieder aufleben zu lassen. Entschlossen verlasse ich das Haus. Frechdachs liegt in seinem Korb und hebt überrascht den Kopf, bewegt sich aber ansonsten nicht. Wahrscheinlich ist er sauer, weil ich ihn heute nicht gefüttert habe.

Ich überquere den Bootssteg, ziehe mich schon im Gehen aus und stehe nur mit einem Stringtanga bekleidet in der dunklen Nacht. Zitternd tauche ich meinen Fuß in das kalte Wasser, zögere eine Sekunde, ziehe dann auch den Tanga aus und stürze mich ins Meer, bevor ich Zeit habe, meine Meinung wieder zu ändern.

Das Wasser ist eisig und lähmt mich für einen Moment, doch ich versuche, mich intensiv zu bewegen, um warm zu bleiben. Die folgende Stunde verbringe ich mit Schwimmen und damit, an nichts zu denken. Ich weiß, dass niemand mich sehen kann, denn außer meinem Nachbarn und mir wohnt hier niemand.

Andrews Worte kommen mir in den Sinn, aber ich verdränge sie sofort wieder. Ich brauche keine moralischen Lektionen, auch wenn er es gut meint. Ich brauche niemanden.

Das Leben hat mich gelehrt, dass ich mich ohnehin auf niemanden verlassen kann. Man ist allein, egal wie viele Freunde man auf Facebook hat.

Als die nächtliche Brise stärker und mir kalt wird, schwimme ich zum Strand, um meine Klamotten einzusammeln. Doch mich trifft fast der Schlag.

»Scheiße. Nein. Nein, nein, nein …«