Balkongärtnern im Klimawandel - Ulrike Windsperger - E-Book

Balkongärtnern im Klimawandel E-Book

Ulrike Windsperger

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Beschreibung

Spätestens nach dem letzten Hitzesommer ist klar: Die Auswirkungen des Klimawandels sind in den Städten am intensivsten spürbar. Häuser, Dächer und Straßen heizen sich auf, auch nachts gibt es kaum Abkühlung. Gärtnern in der Stadt wird so zu einer immer größeren Herausforderung. Höchste Zeit, Balkone und Terrasse klimafit zu machen! Die erfahrene Gartenbauexpertin Ulrike Windsperger zeigt, wie selbst kleine Balkone in windstillen Hinterhöfen zur kühlen Oase werden. Mit einigen Kniffen gelingen üppige Ernten im Naschgarten, und es entstehen kleine Biotope, die Insekten und Vögel anlocken. Ein Ratgeber voller Inspiration für experimentierfreudige Selbstversorger*innen und kreative Gärtner*innen. Alles über - robuste und trockenheitsresistente Pflanzen - Strategien für kluges Wassermanagement, - geschickt eingesetzte Schattenspender und - Fassadenbegrünung als natürliche Klimaanlage.

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Ulrike Windsperger
Balkongärtnernim Klimawandel
Von der kühlen Oase bis zumNaschbalkon
Alles über Schattenspender, robustePflanzen und kluge Bewässerung
Nachhaltigkeitskodex des oekom verlagshttp://datenbank2.deutscher-nachhaltigkeitskodex.de/Profile/CompanyProfile/9023/de/2015/dnk
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek: Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über www.dnb.de abrufbar.
© 2023, oekom verlag Münchenoekom – Gesellschaft für ökologische Kommunikation mbH, Waltherstraße 29, 80337 München
Redaktion: Sigrun Hannemann, www.bergblumengarten.deKorrektorat: Maike Specht
E-Book: SEUME Publishing Services GmbH, Erfurt
Alle Rechte vorbehaltenISBN 978-3-98726-214-2
Vorwort
EinführungWas der Klimawandel für uns bedeutet
Klima, Wetter, Klimawandel – wie lässt sich das unterscheiden? • Die Auswirkungen des Klimawandels auf Pflanzen und Tiere • Wieso sind Städte und damit Balkone und Terrassen in besonderer Weise betroffen? • Chancen und Probleme für Menschen, Pflanzen und den eigenen Anbau • Klimawandel und Artenvielfalt
Kapitel 1Pflanzenwissen Klimagewinner und -verlierer
Die richtige Pflanzenwahl: robust, hitzeverträglich, trockenheitstolerant • Die Standortwahl entscheidet • Wurzelwissen • Perfekte Pflanzkombinationen • Integration von Wildkräutern und ihre positive Wirkung für Kulturpflanzen
Kapitel 2Basiswissen Gärtnern »ohne Boden«
Optimale Erde, optimales Substrat • Die richtigen Gefäße (Größe, Material) • Ein Hochbeet anlegen • Bodenpflege und Bodenaufbereitung • Pflanzen stärken, schützen, düngen
Kapitel 3Neue Chancen für die Selbstversorgung
Veränderte Bedingungen bringen auch Vorteile • Schönheit, Genuss und Sinnesfreuden mit Blumen, Stauden und Kräutern • Eigenes Obst vom Naschbalkon • Nutzung und Vorteile alter Sorten
Kapitel 4Cleveres Wassermanagement
Gießen will gelernt sein • Die besten Bewässerungsstrategien für die Urlaubszeit
Kapitel 5Kühle Oasen schaffen
Wie die Hitze Mensch, Tier und Pflanzen zu schaffen macht • Schattenspender: Sonnensegel, Markise & Co. • Grüne Beschattung • Fassadenbegrünung zur Klimaregulierung
Kapitel 6Wildtierfreundlich gärtnern
Bestäuber anlocken mit ihren Lieblingspflanzen • Vogelbad und Bienentränke • Miniteich anlegen
Auf ein Schlusswort
Der große Überblick
Literatur und Internetquellen
Bezugsadressen
Bildnachweise

Vorwort

Meine Eltern hatten immer einen Garten, in dem wir die Wochenenden und die Ferien verbrachten. Der nahe Baggersee, in dem es viele Fische und Frösche gab, war für die Erwachsenen wie für uns Kinder ein großer Genuss. Man ging barfuß durch die hohen Wiesen und konnte wunderschöne Blumensträuße pflücken. Wie ein roter Faden ziehen sich das gärtnerische, einfache, naturnahe und später das umweltpolitische Thema durch mein Leben. Ich fühle mich – so weit ich zurückdenken kann – dem Garten und der Natur verbunden.
Wichtig ist und war mir immer, Menschen für die Schönheit und Integrität der Natur und den damit verbundenen eigenen Zauber begeistern zu können. Betörende Düfte von Pflanzen oder die wunderbare Luft nach einem Regenschauer, Vogelgesänge, die spürende Leichtigkeit beim Betrachten von zarten Moospolstern im Wald, die unterschiedlichsten Grüntöne von Gräsern und Blättern, wunderbare Spinnennetze zwischen den Pflanzen zu entdecken oder die Schönheit von Schmetterlingen zu bewundern, können ein Leben lang Freude vermitteln und begeistern mich immer wieder aufs Neue.
In zunehmend heißen und trockenen Sommern zeigt sich, dass das Gärtnern und der Umgang mit der Natur nicht mehr so funktionieren, wie wir es seit Jahrzehnten gewohnt sind. Es ist eine große Herausforderung, aber auch eine Chance, mit den veränderten klimatischen Bedingungen zurechtzukommen.
Das Gärtnern in Zeiten des Klimawandels erfordert neue Herangehensweisen, um auf Balkonen, Terrassen oder in Kleingärten in der Stadt erfolgreich Obst, Gemüse und Kräuter anpflanzen und ernten zu können. Auch die Landwirtschaft wird sich verändern müssen, will sie auf Dauer überleben. Bei wochenlangen hohen Temperaturen über 30 °C und ganztägiger Sonneneinstrahlung heizen sich nicht zuletzt Balkone und Terrassen übermäßig auf. Steigen die Temperaturen auf über 35 °C, leiden alle Pflanzen unter Trockenheitsstress. Besonders in Kästen, Kübeln oder Hochbeeten haben es die Wurzeln schwer, ihre Funktion zu erfüllen. Pflanzen stellen dann das Wachstum ein, werfen ihre Blätter ab oder bilden vorzeitig sogenannte Notblüten. Jede Pflanze will überleben und sorgt mit einer vorzeitigen Blüten- und Samenbildung für Nachkommen.
Dieses Buch will bewusst machen, dass Gärtnern überall funktioniert. Dafür braucht man keinen großen Garten. Der geschützte Raum eines Balkons ist die Chance, die veränderten Wetterbedingungen auszunutzen. Höhere Temperaturen rund ums Jahr verlängern die Anbauzeiten und lassen neue Sorten besser wachsen. Auf kleinsten Flächen entstehen mit der richtigen Bepflanzung und Gestaltung wichtige Lebensräume für Wildtiere. Trotz zunehmender Klimaveränderungen können Balkon und Terrasse zum grünen Wohnzimmer werden. Mit entsprechenden Maßnahmen wie Sonnensegel, Verschattungen und horizontalen und vertikalen Anbaumethoden lässt sich ein angenehmes Mikroklima für den Aufenthalt schaffen.
Mediterrane Terrassenträume – aufgrund des Klimawandels bald auch bei uns möglich?
Gärtnern macht uns glücklich. Viele Studien beweisen, wie entspannend es ist, sich mit Pflanzen zu beschäftigen. Frisch geerntetes Gemüse und Obst schmeckt meistens viel besser als aus dem Supermarkt. Von Balkon, Terrasse oder Fensterbrett können wir uns ganzjährig mit frischen Salaten, Kräutern und Gemüse gesund selbst versorgen.
Ökologisches ganzjähriges Gärtnern trägt zu einer positiven Klimabilanz bei, weil wir mit dem Selbstanbau weniger Energie verbrauchen, Transporte vermeiden und damit Ressourcen schonen.
Völlig unterschätzt wurde bisher der Faktor, der durch die Verdunstung von Pflanzen entsteht; der Abkühlungseffekt von üppiger Vegetation kann einen großen positiven Beitrag zum Klimawandel bzw. zu seiner Reduktion beitragen. Dieses Potenzial soll beim Balkongärtnern genutzt werden: üppige Bepflanzung – Artenreichtum – viel Verdunstung – kein Hitzestau – gute Ernte – angenehmes Wohlfühlklima.
Ulrike Windsperger,Winter 2022
Einführung
Was der Klimawandel für uns bedeutet
Länger anhaltende Hitze und Dürre, dazwischen intensivere Niederschläge – das ist es, was der Klimawandel für uns bereit halten wird. Wir Gärtnerinnen und Gärtner können unseren Beitrag gegen die Erderhitzung und für mehr Biodiversität leisten – auch indem wir als Zivilgesellschaft auftreten und mehr Klimaschutz einfordern.
Mit dem Erscheinen von Rachel Carsons Buchs »Der stumme Frühling« 1962 und der Veröffentlichung des Berichts an den Club of Rome »Die Grenzen des Wachstums« im Jahr 1972 wurden die ökologischen Probleme unserer Wirtschaftsweise und unseres Umgangs mit der Natur weltweit ins öffentliche Bewusstsein gebracht. Seither deutet alles darauf hin, dass die Zerstörung der Wälder, der Verlust von Böden, deren Versiegelung sowie das Ausbleiben von Niederschlägen, Dürren und Trockenheit und zugleich Überschwemmungen und Starkniederschlägen in riesigen Ausmaßen weltweit zugenommen haben. Diese zeitgleich auftretenden Ereignisse können das regionale Klima, aber auch weiter entfernte Regionen beeinflussen.
Längst sind die Zusammenhänge der sich gegenseitig beeinflussenden Faktoren und Probleme, seien es das individuelle Konsumverhalten, Tourismus, Energieverbrauch, Auswirkungen der konventionellen Landwirtschaft, Verlust der Artenvielfalt von Flora und Fauna, Boden- und Humusverluste, sinkende Grundwasserpegel, Müll und Kunststoffe in Meeren, Pestizide in der Arktis und Antarktis u. v. m., erkannt. Es gibt nicht nur einen Verursacher, wir alle sind Verursacher*innen und tragen durch unseren überzogenen Konsum und unseren Lebensstil zum Klimawandel bei.
Niedrigwasser in Köln: das »neue Normal« in Zeiten heißer, trockener Sommer?
Ein politischer Appell zu Beginn
Die Politik hat es immer verstanden, Themen und Aufgaben wie Umwelt-, Boden-, Klima- und Artenschutz als nachrangig zu behandeln, trotz aller Warnungen, dass immer mehr Arten verschwinden und sich das Klima zum Nachteil der gesamten Welt verändert.
Das beginnt bereits mit der Sprache: Klimawandel suggeriert, dass es sich um einen natürlichen, langsam verlaufenden Prozess handelt, so der Umweltwissenschaftler Nils Meyer-Ohlendorf. Daraus ließe sich schließen, dass der Klimawandel etwas sei, das man nicht fürchten muss, teils, weil er ohnehin »woanders« stattfindet. Ehrlicher wäre es, das Kind beim Namen zu nennen, nämlich Klimakrise bzw. Klimakatastrophe. Was manchen immer noch als wunderbare Sommerzeit erscheinen mag, hat gravierende Auswirkungen auf die gesamte Natur, auch auf unsere. Wir mögen die lauen Abende genießen, die längere warme Jahreszeit, doch extrem hohe Temperaturen sind auch für uns Menschen belastend, warme Nächte lassen uns nicht mehr entspannt schlafen.
Seit 1881 steigen die Temperaturen stetig an, der Klimawandel lässt sich nicht mehr leugnen.
Mittlerweile ist die Klimakrise auch bei uns spürbar. Innerhalb der letzten 20 Jahre gab es sechs sogenannte Jahrhundertsommer, Sommer also, die es statistisch nur einmal in hundert Jahren geben dürfte. Das Jahr 2021 war das wärmste seit Beginn der Wetteraufzeichnungen 1881. Doch selbst jetzt, in Zeiten, in denen Dürre, Wassermangel und absterbende Wälder im Fokus der Politik stehen müssten, wird von vielen Seiten immer noch gebremst und verharmlost.
Als Gärtnerinnen und Gärtner sind wir nicht nur Liebhaber*innen von Pflanzen und Tieren; wir sind auch Teil der Zivilgesellschaft und können der Politik klarmachen, dass eine engagiertere Vorsorge- und Anpassungspolitik nötig sind, für uns, aber auch und vor allem für die nachfolgenden Generationen.

Klima, Wetter, Klimawandel – wie lässt sich das unterscheiden?

Die Weltorganisation für Meteorologie (WMO) definiert Klima als Statistik des Wetters über einen Zeitraum, der lang genug ist, um diese statistischen Eigenschaften bestimmen zu können. Während Wetter den physikalischen Zustand der Atmosphäre zu einem bestimmten Zeitpunkt an einem bestimmten Ort beschreibt, ist Klima erst dann richtig gekennzeichnet, wenn die Wahrscheinlichkeiten für Abweichungen vom Mittelwert angegeben werden können, also auch Extremwerte. Dazu werden meist 30 Jahre währende Untersuchungen herangezogen.
Der Begriff »Klimawandel« bezeichnet also langfristige Veränderungen der Temperaturen und Wettermuster. Diese Veränderungen können natürlichen Ursprungs sein und beispielsweise durch Schwankungen in der Sonnenaktivität entstehen. Doch seit dem 19. Jahrhundert ist der Klimawandel hauptsächlich auf menschliche Tätigkeiten zurückzuführen, allen voran auf die Verbrennung fossiler Brennstoffe wie Kohle, Erdöl und Erdgas. Bei der Verbrennung fossiler Brennstoffe entstehen Treibhausgasemissionen, die sich wie ein Mantel um die Erde legen und so die Sonnenwärme zurückhalten und die Temperaturen ansteigen lassen. Die Treibhausgaskonzentrationen sind so hoch wie seit zwei Millionen Jahren nicht mehr. Und die Emissionen steigen weiter. Infolgedessen ist die Erde heute um 1,1 °C wärmer als zum Ende des 19. Jahrhunderts. Das vergangene Jahrzehnt (2011–2020) war das wärmste seit Beginn der Aufzeichnungen.
Wärmere Sommer, angenehme Temperaturen – das wird von vielen als Klimawandel verstanden. Aber Temperaturen bis 40 °C und mitunter bis zu 45 °C bedeuten große Belastungen für Mensch und Natur. Ausgetrocknete Flüsse wie der Po zeigen die Auswirkungen, die das dichte Geflecht von Wasserführung, -verbrauch und -verschwendung, Veränderungen und Eingriffe in die Landschaft, Verrohrungen von Wasserläufen sowie die Trockenlegungen von Mooren mit sich bringen. Jedes System greift in ein anderes ein.
Aktuell spricht man immer häufiger von der Klimakrise, in der wir uns befinden. Extremwetter und Katastrophen häufen sich, Ernteerträge verringern sich, und globale CO2-Emissionen legen weiter zu. Viele Menschen werden durch die Klimakrise zur Flucht gezwungen. Es handelt sich um eine ökologische, politische und gesellschaftliche Krise, die menschengemacht ist.
Die Verbrennung fossiler Treibstoffe facht den Klimawandel weiter an.

Die Auswirkungen des Klimawandels auf Pflanzen und Tiere

Übermäßige Hitze und Trockenheit bedeuten für die meisten Pflanzen und Tiere Stress. Trocknen die Böden für längere Zeit bis in tiefere Schichten aus, sterben Mikroorganismen und andere Bodenlebewesen, die eine ständig feuchte Umgebung benötigen. Regenwürmer, Asseln und andere Bodenlebewesen ziehen sich bei Trockenheit in tiefere Bodenschichten zurück oder verfallen gar in einen Dürreschlaf. Wenn kein totes Material mehr abgebaut wird, verliert der Boden seinen Humusgehalt und verdichtet sich. Dadurch wird der Ertrag geringer und muss unter großem Aufwand wieder mit neuen Nährstoffen versorgt werden.

Gestörter Kreislauf bei Wassermangel

Werden Pflanzenwurzeln nicht ausreichend mit Wasser versorgt, vertrocknen sie, und die Pflanze stirbt. Man könnte auch sagen, wenn nicht genügend Wasser vorhanden ist, verhungern oder verdursten die Pflanzen, da bei ungenügender Wasserversorgung das Kreislaufsystem der Pflanze unterbrochen wird. Es erfolgt dann weder die notwendige Wasseraufnahme noch die Versorgung mit den im Wasser gelösten Mineralien. Die Aufnahme durch die Pflanzenwurzeln und der Transport bis in die Pflanzenspitzen sind unterbrochen. Die Pflanze schließt ihre Spaltöffnungen, die sogenannten Stomata, um nicht zu vertrocknen. So erfolgt weder Verdunstung noch die Versorgung mit Nährstoffen und Wasser. Sind die Stomata geschlossen, können auch die Pflanzenwurzeln nicht aktiv sein. Werden wiederum die Wurzeln nicht ausreichend mit Wasser versorgt, kann die Pflanze keine Photosynthese betreiben – das Wachstum, die Fruchtbildung oder -reife stagniert.
Wasser, dringend benötigt, v. a. wenn Erde brach liegt
Abhängig ist das ganze System vom sogenannten Turgor, dem Zellsaftdruck. Je größer der Turgor ist, umso stabiler ist die Zellwand. Wenn eine Pflanze zu wenig Wasser erhalten hat, ist der Turgor gering, die Pflanze schlappt, die Blätter und Stängel hängen. Sobald sie gegossen wird, kann man zusehen, wie die Pflanze ihre Blätter schnell wieder aufrichtet und im Blatt erneut eine Spannung erkennbar ist. Mittels des Turgors kann die Pflanze ihre Stomata bei ausreichend Wasser wieder öffnen oder bei Wassermangel schließen.

Lebendiger Boden

Die Pflanzenwurzeln stehen in direktem Austausch mit den Bodenlebewesen, den Mikroorganismen und der Mykorrhiza, den Bodenpilzen. Pflanzenwurzeln und Bodenpilze bilden eine Symbiose, eine Lebensgemeinschaft. Beide versorgen sich gegenseitig. Die Pflanze gibt u. a. Zuckerstoffe an die Mykorrhiza ab, und die Pflanze erhält im Gegenzug verwertbare Nährstoffe wie Stickstoff und Phosphor. Die Mykorrhiza schützt einerseits die Pflanzenwurzeln vor Pilzen und Krankheiten, erhöht andererseits die Trockenresistenz der Pflanzen. Eine weitere wichtige Eigenschaft der Mykorrhiza ist, dass sie Mineralstoffe und Wasser besser aus dem Boden lösen kann und für die Pflanzen zur Verfügung stellt.
Ein lebendiger Boden muss also immer genügend Feuchtigkeit aufweisen, damit Pflanzen unter- und oberirdisch gut gedeihen können. Werden Boden und Pflanzen nicht ausreichend mit Wasser versorgt, leiden die Pflanzen und sind dadurch krankheitsanfällig.
Humusreicher Boden als Grundlage des Lebens

Tiere leiden unter der Hitze

Auch für Tiere, vor allem für Insekten wie Hummeln, Wildbienen, Honigbienen und Schmetterlinge, sind temperaturbedingte Klimaveränderungen problematisch.
Der Klimawandel führt bereits zu einem starken Rückgang von Hummeln. Während Honigbienen Sonnentiere sind, die nur bei Sonnenschein und ab 12 °C einen Ausflug zu den Blüten unternehmen, fliegen Hummeln, wie andere Wildbienen auch, bereits bei wesentlich niedrigeren Temperaturen.
Im Frühjahr, wenn die Tagestemperaturen bei 6 °C liegen, kann man noch keine Honigbienen beobachten. Hummeln sind deshalb als Bestäuber unersetzlich. Nicht nur im Frühjahr, auch an kalten und regnerischen Tagen fliegen nur Hummeln und Wildbienen zur Pollen- und Nektarsuche auf die Blüten.
Zunehmend höhere Temperaturen machen den Hummelvölkern zu schaffen. Sollten die Temperaturen in den Sommermonaten weiterhin steigen, kann es sein, dass viele Hummelarten, die ohnehin stark gefährdet sind und auf der Roten Liste stehen, bei uns verschwinden werden.
Steinhummel
Klimaveränderungen wirken sich auf die Artenvielfalt von Schmetterlingen aus. Sie sind wechselwarme Tiere und können keine eigene Körperwärme erzeugen und sind deshalb von ihrer Umgebungswärme abhängig. Besonders größere Schmetterlinge mit dunkleren, bunten Flügeln wie z. B. der Admiral (Vanessa atalanta) leiden unter zu hohen Temperaturen und haben mehr Schwierigkeiten, ihre Körpertemperatur zu kontrollieren.
Die Bedeutung des Wassers für Bienen
Wie alle Lebewesen benötigen auch Insekten Wasser. Ein Bienenvolk z. B. braucht pro Jahr ca. 120 Liter Wasser, die in das Volk von den Arbeiterinnen eingetragen werden. Das Wasser ist zum einen für die Aufzucht der Brut notwendig, zum anderen regulieren die Bienen damit die Wärme im Bienenstock. Im Bienenstock ist die Temperatur immer gleichmäßig bei ca. 32 °C. Die verdeckelte Brut benötigt hingegen eine Temperatur von ca. 36 °C. Ein Bienenvolk wendet allein für die Klimaregulierung, für Abkühlung oder Erwärmung etwa 40 Prozent ihres gesamten Energiehaushalts auf.
Bei großer Hitze oder wenn Bienenstöcke der Sonne ausgesetzt sind, verteilen die Bienen Wassertröpfchen, die von den Flugbienen eingetragen wurden, auf den Bienenwaben im Bienenstock. Mit der Methode der Verdunstungskälte reduzieren sie damit die Wärme im Stock. Nur dadurch können sie vermeiden, dass das Bienenwachs, aus dem die Waben bestehen, schmilzt. In den Waben ziehen sie ihre Brut auf und lagern dort die Honigvorräte. Bienenvölker sind mit dieser Methode in der Lage, selbst bei Außentemperaturen von über 40 °C den Innenraum so stark herunterzukühlen, dass die Brutwaben nie wärmer werden als 36 °C.
Die »Stockbienen« imitieren außerdem den kühlen Luftstrom eines Ventilators auf natürliche Weise: Man sieht sie an heißen Tagen am Flugloch mit ihren Flügeln schlagen; damit fächeln sie einen Luftstrom in den Bienenstock.
Um Verluste und Stress zu vermeiden, benötigen auch Bienen schattige Unterkünfte mit ausreichenden Wassersammelstellen.
Natürlich gestaltete Bienentränke
INFO
Bienen können nicht besonders gut schwimmen, deshalb in aufgestellte Wasserschalen unbedingt Korken, Hölzer, Stängel oder Moose legen, auf die sich die Bienen retten können.
Schmetterlinge mit weißen oder hellen Flügeln wie der Große Kohlweißling (Pieris brassicae) und der Zitronenfalter (Gonepteryx rhamni) können sich am besten gegen Temperaturschwankungen der Umwelt schützen. Laut Forschung richten sie ihre reflektierenden Flügel im Verhältnis zur Sonne aus und lenken die Sonnenwärme so entweder auf ihren Körper oder davon weg. Diese Arten verfügen entsprechend über stabilere bzw. wachsende Populationen.
Admiral
Aufgrund der Wechselbeziehungen der Nahrungsnetze führt der klimawandelbedingte Rückgang der Insekten gleichzeitig zum Rückgang der Arten, die von den Insekten leben. Besonders auffällig wird das beim Verschwinden verschiedener Vogelarten, die Raupen und Insekten als Nahrung für ihre Brut benötigen.
Bei Zugvögeln wandern durch die klimabedingte Temperaturerhöhung Vögel wie der Bienenfresser aus dem Süden zu uns ein, und andere wie die Weißstörche ändern ihr Zugverhalten komplett. In einigen Gebieten Deutschlands mit besonders hohem Vorkommen an Störchen ziehen nur noch die Jungstörche in den Süden. Die Altvögel finden noch genug Nahrung in den milden Wintern und verteidigen lieber ihre Nester.
Bienenfresser fühlen sich im wärmeren Klima wieder wohl.
Vogelarten, die besonders von feuchten Lebensräumen wie Mooren und Feuchtwiesen abhängig sind wie Kiebitz, Brachvogel und Bekassine, werden ihre Brutgebiete immer mehr verlieren.

Wieso sind Städte und damit Balkone und Terrassen in besonderer Weise betroffen?

Ländliche Gegenden haben häufig eine um mehrere Grad Celsius geringere Temperatur als Innenstädte. Dieses Phänomen zeigt sich sommers wie winters. Büsche, Sträucher, Bäume, Wiesen und eine Vielzahl an Pflanzen verdunsten große Mengen Wasser, was zu einem angenehmen Abkühlungseffekt führt. Bäume und andere Gehölze spenden angenehmen Schatten. Aufgrund der Verdunstungskälte der Pflanzen fühlt man sich selbst bei hohen Temperaturen in schattigen Gärten, Parkanlagen und besonders in Wäldern wohl.
In den meisten Innenstädten fühlt man sich im Sommer bei Hitze und Trockenheit sehr unwohl. Ein Hauptgrund dafür ist die zu dichte Bebauung. Riesige Hauswände absorbieren die Sonnenwärme und geben diese sogar nachts noch ab. Die warme Luft staut sich zwischen den Häusern, wenn die Luft nicht ausreichend zirkulieren kann.
Städte leiden unter enormer Bodenversiegelung und dem damit in Verbindung stehenden geringen Grünflächenangebot. Alle Straßen, Fußgängerwege und Plätze sind mit Steinplatten belegt, die zur Aufheizung und zu Hitzeinseln beitragen.
Betonwüsten werden zu Hitzefallen (oben), Grün hilft: fassadennahe Bepflanzung und Baumallee (unten).
Dadurch wird in den Städten einerseits die Regenwasseraufnahme und die Grundwasserbildung erschwert, andererseits führt Starkregen häufig zu Überschwemmungen. Jede Grünanlage in der Stadt kann einen Beitrag zum Klimaschutz leisten. Parkplätze, Flachdächer, Schulhöfe – hier gibt es noch ein großes Potenzial.
Darüber hinaus fehlt es in Städten an Fassaden- und Dachbegrünungen. Das am meisten verwendete Baumaterial Beton speichert Wärme besonders gut und gibt diese nur langsam wieder ab. Immer größere Fenster- und Glasflächen bei Neubauten tragen durch Reflexion zur Wärmeentwicklung bei.
Stadtbäche, die mit ihrem kühlenden Wasser der Hitze Abhilfe schaffen könnten, wurden in den letzten Jahrzehnten und Jahrhunderten überwiegend verrohrt. Auch viele Brunnen wurden – oft aus Kostengründen – stillgelegt. Sie standen in früheren Zeiten als Trinkwasserquelle zur Verfügung.

Balkone

Balkone, vor allem südseitige, sind in heißen Sommern wie kleine Wärmeinseln, die sich bis auf 50 bis 60 °C aufheizen können. Als Material der Balkonumrandung wird oft Beton verwendet, der die Wärme gut speichert und nur langsam wieder abgibt. Auch die Balkonböden sind entweder aus Beton gegossen, mit Klinkerplatten belegt, manchmal auch aus Metall, die ebenfalls so viel Wärme speichern, dass sie barfuß nicht zu betreten sind.
Wenn die gesamte städtische Umgebung schon unangenehm aufgeheizt ist, staut sich die Wärme überall. Insbesondere Balkone in oberen Stockwerken haben meist keine natürliche Beschattung, z. B. von Bäumen; diese hätten aufgrund ihrer Verdunstung einen angenehm kühlenden Effekt. Schatten spendende Markisen anzubringen ist vor allem in großen Wohneinheiten nicht immer erlaubt.
Diese Balkone schreien förmlich nach Begrünung.

Dachterrassen

Es ist ein besonderes Privileg und Vergnügen, auf einer Dachterrasse gärtnern zu können. Dachterrassen sind ein wahrer Sommertraum und bereichern und verschönern das Leben unendlich. Da sie jedoch meist keine natürliche Beschattung von Gehölzen oder Bäumen haben, heizen sie sich enorm auf und können ohne Sonnenschutz nicht genutzt werden.
Um die Wärmestrahlung abzuhalten, ist es wichtig, auf Dachterrassen Verschattungselemente wie Segel oder Markisen, die auch bei starkem Wind nicht gefährdet sind, einzuplanen (siehe Abschnitt »Schattenspender: Sonnensegel, Markise & Co.«). Auch über entsprechend üppige Bepflanzungen (siehe Abschnitt »Grüne Beschattung«) kann ein angenehmes Klima erreicht werden.
Üppig bepflanzte und schattenspendende Dachterrasse

Terrassen

Erdgeschossige Terrassenflächen bzw. Terrassenböden können sich in den Sommermonaten sehr aufheizen. Zwar bilden sie keine geschlossene Einheit wie Balkone. Wenn sie aber zwischen engen und hohen Häuserzeilen liegen und die Sonne südseitig stark einwirken kann, wird die Wärme auch dort gespeichert und kann nicht abfließen.
Bei Erdgeschossterrassen muss man unterscheiden, ob sie sich unterhalb eines Balkons befinden oder frei und ohne Überdachung am Haus. Bei Mehrfamilienhäusern sorgen die enge Bebauung, Sichtschutz zum Nachbarn und ein Balkon über der Terrasse oft für einen Wärmestau. Ist die Terrasse nach Süden ausgerichtet wird es dort schnell unerträglich. Auf Terrassen, die sich frei am Haus befinden, kann die Luft meistens besser zirkulieren, aber ohne zusätzlichen Sonnenschutz wird es im Sommer auch dort zu heiß.

Chancen und Probleme für Menschen, Pflanzen und den eigenen Anbau

Es gibt viele Möglichkeiten, das Klima in der Stadt zu verbessern. Durch die Anlage von Grünflächen und Parkanlagen, die Pflanzung von Straßenbäumen, Innenhof-, Dach- und Fassadenbegrünungen verändert sich jedes Stadtklima positiv, die Luftqualität verbessert sich, und Wärme wird reduziert.
Fachkundige Beratungen für den Erhalt und die Förderung der biologischen Artenvielfalt und Biodiversität vor allem zu klimaangepassten Pflanzen, Gehölzen und Bäumen könnten für den Neubau von Industrie-, Gewerbebauten und für Privathaushalte sinnvoll sein.
Rooftop Gardening oder schon Urban Farming?
Einige Grünflächen sollten, wie das bereits in manchen städtischen Parks zu sehen ist, extensiv gepflegt werden. Das zwei- bis dreimal jährliche Mähen mit Sense oder Balkenmäher im Gegensatz zu dem am häufigsten zum Einsatz kommenden Mulchmähen fördert den Erhalt wichtiger Lebensräume für Insekten. An weniger exponierten Flächen wird sogar eine Mahd nur alle zwei Jahre empfohlen.
Dachbegrünung zur Klimaregulierung
Es gibt ein riesiges, bisher kaum genutztes Potenzial für Dachbegrünung in Städten: die Flachdächer von Hochhäusern. Diese Fläche beträgt in Deutschland sage und schreibe 1,2 Milliarden m², das sind 120.000 Hektar! Darauf ließen sich u. a. folgende Nutzungen zielgerichtet planen und umsetzen:
Dachbegrünung mit trockenheitsresistenten Pflanzen
Regenwasserauffangeinrichtungen, um Gießwasser für die Dachgärten zu gewinnen
Dachgärten für Gemeinschaftsgärten
rban Gardening in Kisten und Hochbeeten für den Anbau von Obst und Gemüse
»Supermarkt auf dem Dach« nach dem Vorbild der belgischen Supermarktkette Delhaize, die bereits 2017 in ihrer Filiale einen Dachgarten mit Gewächshaus eröffnet hat. Das am frühen Morgen geerntete Gemüse und Obst vom Dachgarten steht frisch zum Verkauf bereit.
Urban Farming wie auf den Pariser Dachgärten – auch mit Kleintier- und Bienenhaltung.
Die Vielfachnutzung von begrünten Flachdächern verbessert das Klima, führt zu einer höheren Verdunstung und Luftreinigung. Zudem kann das Kanalsystem bei Starkregen entlastet und Überschwemmungen verhindert werden.
Flachdächer sind übrigens keine Erfindung der Neuzeit. Bereits mehr als 3.000 Jahre v. Chr. wurden diese nach Herodots Beschreibung angelegt. Entsprechend den klimatischen Bedingungen, finden wir bis heute in vielen südlichen Ländern Europas, Afrikas, Südamerikas und in Indien Flachdächer. Diese werden als Dachgarten und erweiterter Wohnraum genutzt. Auch Gärten in Innenhöfen entstanden in arabischen Ländern. Die zu den sieben Weltwundern zählenden »Hängenden Gärten der Semiramis« entstanden bereits im 6. Jahrhundert v. Chr.