Ballett bekehrt Herzen - Sissi Kaipurgay - E-Book

Ballett bekehrt Herzen E-Book

Sissi Kaipurgay

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Beschreibung

Ballett ist gut fürs Herz - Der Tänzer Dimitrij Klassisches Ballett. Einer der Tänzer weckt Janus‘ Aufmerksamkeit und sein Herz dreht Pirouetten. Doch dann folgt ein böses Erwachen. Rote Rosen spielen auf dem Weg zum Glück eine tragende Rolle. Solo für Andrej Bernhard ist erst zwei Monate beim Hamburger Ballettensemble. Oft fühlt er sich einsam. Als er nach einer Aufführung die erste rote Rose vor seinem Schminkspiegel findet, bekommt sein Dasein etwas Farbe. Wer ist es? Eine Kollegin? Das wäre übel. Bernhard mag Männer lieber. Ist Ballett gut fürs Herz? - Die Konkurrenz schläft nicht Geo und Austin wollen den gleichen Tänzer, aber will der überhaupt einen von ihnen? Oder gar beide? Die zwei sind sich nicht grün, jedenfalls glauben sie das. Wird Jan sich entscheiden? Und wenn, für welchen der beiden starrköpfigen Kerle? Fragen über Fragen ... Ein bäriger Bodyguard Juri hat das Gefühl verfolgt zu werden. Sein Verdacht fällt auf Marek, den Solisten, der ihm ständig nachstellt. Er weiß nicht mehr ein und aus, vertraut sich seinem Freund Jan an und der hat eine Lösung parat. Sie heißt Bertram und sieht auch so aus: Bärig. Ballett kostet manchmal das Herz - Mareks Zähmung Marek ist frustriert. Er hat alles erreicht, was ein Tänzer erreichen kann. Das Geld wirft er für Luxusgüter raus, um seine innere Leere zu kompensieren. Dann stolpert er über Eike. Der Mann schleicht sich in sein Herz, will aber anscheinend nur das Eine. Aljoschas Einsicht Theo, der Leiter des Ballettensembles der Hamburger Oper, hat schon lange ein Auge auf Aljoscha geworfen. Dessen sexuelle Umtriebigkeit ist kein Geheimnis. Theo ist monogam und wünscht sich nichts mehr, als den verflixten Herumtreiber zu zähmen. Wie soll er das anstellen? Sind im Krieg und in der Liebe wirklich alle Mittel erlaubt?

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Veröffentlichungsjahr: 2024

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Inhaltsverzeichnis

Ballett ist gut fürs Herz - Der Tänzer Dimitrij

Solo für Andrej

Andrejs Beichte

Tänzer sucht ein Herz

Die Hütte

Epilog

Ist Ballett gut fürs Herz? - Die Konkurrenz schläft nicht

Geo wittert Morgenluft

Austin kommt zum Zug

Dilemma

Die Katastrophe

Teilen für Anfänger

Ficken als Opfer für die Liebe

Epilog

Ein bäriger Bodyguard

Tod in Venedig

Der Bär

Breites Bett – kurze Couch

Der Morgen danach

Epilog

Ballett kostet manchmal das Herz - Mareks Zähmung

1.

2.

3.

4.

5.

6.

Aljoschas Einsicht

1.

2.

3.

4.

5.

Epilog

Ballett bekehrt Herzen

Sammelband 1 – 3

Sämtliche Personen, Orte und Begebenheiten sind frei erfunden, Ähnlichkeiten rein zufällig. Der Inhalt dieses Buches sagt nichts über die sexuelle Orientierung des Covermodels aus. Alle Rechte vorbehalten. Nachdruck oder eine andere Verwertung, auch auszugsweise, nur mit schriftlicher Genehmigung der Autorin. Ebooks sind nicht übertragbar und dürfen nicht weiterveräußert werden. Bitte respektieren Sie die Arbeit der Autorin und erwerben eine legale Kopie. Danke!

Text: Sissi Kaiserlos/ Kaipurgay

Foto: shutterstock_1846328656, Silhouette: IStock KI Generator

Kontakt: https://www.sissikaipurgay.de/

Sissi Kaiserlos/Kaipurgay

c/o Autorenservice Karin Rogmann

Kohlmeisenstieg 19

22399 Hamburg

Ballett ist gut fürs Herz - Der Tänzer Dimitrij

Klassisches Ballett. Einer der Tänzer weckt Janus‘ Aufmerksamkeit und sein Herz dreht Pirouetten. Doch dann folgt ein böses Erwachen. Rote Rosen spielen auf dem Weg zum Glück eine tragende Rolle.

Janus konnte kaum glauben, dass der Tänzer wirklich zu ihm hoch lächelte. Über drei Stunden hatte er den Körper des Mannes bewundert und war in einem Zustand, den man nur als knallhart bezeichnen konnte. Das klang ziemlich oberflächlich, aber er war eben visuell veranlagt. Außerdem war er selbst nicht hässlich und mochte Sex nun einmal sehr, besonders mit einem hübschen Mann. Wieder guckte der Kerl ganz eindeutig hinauf zu seiner Loge. Da Janus sich allein darin befand, konnte nur er gemeint sein. Ein leichtes Zwinkern, so fein, dass ausschließlich er es als solches erkannte. Dann fiel der Vorhang endgültig.

Janus wartete vor dem Bühnenausgang, den Kragen seines Jacketts gegen die Kälte hochgeschlagen. Vor einer halben Stunde hatte er dort an die Wand gelehnt Stellung bezogen und seitdem war niemand aus der Tür getreten. Endlich – weitere 15 Minuten später – kamen die ersten Leute aus dem Gebäude. Zu zweit oder in Gruppen gingen sie an ihm vorbei, wobei der eine oder andere neugierige Blick ihn streifte. Plötzlich stand der Tänzer vor ihm.

„Ich Dimitrij. Ficken?“

Das war nicht romantisch, doch damit hatte Janus eh nicht viel am Hut. Er nickte, legte eine Hand zwischen Dimitrijs Schulterblätter und führte ihn zu seinem Wagen.

„Sexy“, murmelte Dimitrij und schmiegte sich in die Lederpolster.

Janus hatte keine Ahnung, ob er den Wagen oder ihn meinte. Eine schmale Hand auf seinem Schenkel gab Auskunft. Als sie höher wanderte und sich unmissverständlich auf seine Mitte legte, musste er mehrfach blinzeln.

„Nicht während der Fahrt“, bat er, wischte die frechen Finger von seinem Schritt und lächelte Dimitrij zu.

„Oki.“

Allein die verruchte Tonlage machte ihn an. Zudem duftete der Kerl wahnsinnig gut. Sicher hatte er gerade geduscht. Ein Hauch von Seife lag in der Luft, dazu jede Menge Testosteron von zwei Männern, die auf Sex aus waren.

Janus stellte den Wagen in der Tiefgarage ab und ging hinüber zur Beifahrertür. Wie eine Diva ließ Dimitrij sich heraushelfen und landete unvermittelt an Janus‘ Brust.

„Kiss me“, bat er und stellte sich auf Zehnspitzen.

Auf der Bühne war Janus der Tänzer viel größer vorgekommen. Allerdings maß er selbst stattliche eins neunzig. Willig kam er den ihm angebotenen Lippen entgegen und wurde jäh von einer lustvollen Welle überschwemmt. Dimitrij küsste virtuos und das Spiel seiner Zunge glich seinem fabelhaften Tanz. Janus war kurz davor, den Mann gegen sein Auto zu pinnen und im Stehen totzuvögeln.

„Very hot“, nuschelte Dimitrij und löste sich von Janus. Er senkte den Blick und leckte sich mit seiner rosa Zungenspitze kurz über die Oberlippe.

Janus‘ Herz stolperte. Dieser verdammte Schuft spielte mit ihm! Machte einen auf unschuldig, um ihn gleich darauf mit Küssen zu einem willigen Idioten zu degradieren. Er verriegelte den Wagen mit der Fernbedienung und schnappte sich Dimitrijs Hand. Eilig steuerte er den Fahrstuhl an und zog in der Kabine die freche kleine Sirene sofort wieder in seine Arme. Erneut betäubte ihn der Kuss und er nahm kaum wahr, dass der Lift hielt und die Türen aufglitten.

„Oh wow“, hauchte Dimitrij, machte sich los und sah sich im Penthouse um. „Bombastic!“

Janus hatte nur Augen für den sexy Kerl, seine hellbraunen Locken und die muskulösen Halbkugeln in der fadenscheinigen Jeans. Er umarmte Dimitrij von hinten und biss ihm leicht in die Halsbeuge. Das brachte ihm die Aufmerksamkeit zurück.

„Bett?“, wisperte der Tänzer und drängte sein geiles Hinterteil provozierend an Janus‘ Mitte.

„Mhm.“Janus‘ Rechte wanderte unter den Stoff des T-Shirts.

Die Haut war seidenglatt und als er die winzigen Knöpfchen auf seiner Brust berührte, stöhnte Dimitrij leise auf. Ohne die Liebkosung zu unterbrechen, dirigierte Janus sie beide langsam in Richtung Schlafzimmer. In Momenten wie diesen liebte er die technischen Spielereien in seiner Wohnung. Ein Bewegungsmelder sorgte dafür, dass eine der Nachttischleuchten den Raum in gedämpftes Licht tauchte. Als er Dimitrij zu sich herumdrehen wollte, wehrte dieser ihn ab, zog das T-Shirt über den Kopf und entledigte sich schnell der restlichen Kleidung.

Etwas anders hatte Janus sich das schon vorgestellt, aber die schnelle Tour war auch gut. Er zog sich ebenso rasch aus, ging zum Nachtschrank und kramte Gleitgel und Kondome aus der Schublade. Währenddessen machte Dimitrij es sich in verführerischer Pose auf dem Bett bequem.

„Very sexy“, schnurrte der geile Kerl und sein lüsterner Blick war eindeutig auf Janus‘ Erektion gerichtet.

Wieso nur fühlte sich die ganze Sache plötzlich so schal an? Janus verstand sich selbst nicht. Er hatte den Mann in eindeutiger Absicht mit nach Hause genommen, was wollte er also noch? Verärgert über sich selbst rollte er ein Gummi über sein steifes Glied und warf sich auf Dimitrij.

Der Sex war gut. Sein Partner reagierte leidenschaftlich und war ordentlich laut. Janus verlor sich in den wilden Küssen und wünschte, er könnte ewig durchhalten. Als er Dimitrijs Hals mit den Zähnen malträtierte, wurde es eng um seinen Schwanz. Dazu noch Dimitrijs ekstatisches Stöhnen, und er kam zum Höhepunkt. Für eine Millisekunde stand die Welt still, bevor sie in tausend Stücke zersplitterte.

„200 okay for you?“, wisperte Dimitrij.

Sein vom Orgasmus noch vernebeltes Gehirn brauchte einen Moment, um die Worte zu verarbeiten. Ein Kübel Eiswürfel über ihm ausgekippt hätte kaum ernüchternder sein können. Der verdammte Tänzer war ein Stricher? Janus zog seinen Schwanz aus dem Kerl und stieg vom Bett. Während er das Gummi abzog, brodelte Enttäuschung und Wut in ihm hoch. Daran konnte auch der wie ein Halbgott nackt daliegende Dimitrij nichts ändern.

„Nimmst du auch Visa?“, schnauzte Janus. „Muss gucken, ob ich so viel Bargeld im Haus habe.“

Er stampfte, vor Empörung am ganzen Körper zitternd, ins Arbeitszimmer. Normalerweise handelten Callboys vorm Sex den Preis aus. Seine Wut wuchs noch, als er sich eingestand, dass er Dimitrij selbst dann mitgenommen hätte. Fahrig grabschte er ein Bündel Geldscheine aus einer Schublade des Schreibtischs.

Dimitrij saß angezogen auf der Bettkante und guckte überraschend bedrückt. Als Janus ihm das Geld reichte, sprang er auf, griff danach und stopfte es achtlos in seine Hosentasche. Den Blick auf den Boden gerichtet, murmelte er: „Thank you.“

„Raus!“, stieß Janus hervor und wies in Richtung Tür.

Einen Moment sah es danach aus, als wenn Dimitrij noch etwas sagen wollte, doch dann presste er die Lippen zusammen und gehorchte. Janus geleitete ihn zum Fahrstuhl und starrte noch lange auf die Lifttüren, nachdem sie sich hinter dem Kerl geschlossen hatten.

Sah er so aus, als wenn er für Sex bezahlen müsste? Und wieso prostituierte sich dieser Tänzer? Oder war dem Mann die Idee erst gekommen, nachdem er begriffen hatte, was für einen reichen Pinkel er sich geangelt hatte? Janus bekam Kopfschmerzen von der Grübelei. Am meisten ärgerte ihn, dass er Dimitrijs Zauber dennoch erlegen war. Es tat weh, dass der Mann sich nicht für ihn interessierte, sondern nur für sein Geld.

 

Am nächsten Abend stand er zur gleichen Zeit wie am Vortag am Bühnenausgang. Es ließ ihm einfach keine Ruhe. Als Dimitrij wiederum als Letzter durch die Tür trat, stellte er sich ihm in den Weg.

„Ficken? 200 Euro?“ Er sprach betont gelassen.

Der Tänzer schüttelte den Kopf und versuchte, seitlich auszuweichen.

„300?“, erhöhte Janus das Gebot und hielt ihn am Arm fest. „500?“

Dimitrij hielt den Atem an. So viel Geld wollte Janus Schneider bezahlen? Einerseits schmeichelte ihm das, andererseits war es irgendwie falsch. Schon gestern war alles schiefgelaufen. Natürlich hatte er das mit seinem Verhalten provoziert, aber am Ende hatte auch Janus ein wenig Schuld. Nicht einmal seinen Namen hatte er genannt. Den kannte Dimitrij nur dank des kleinen Schildchens neben dem Klingelknopf. Aus purer Neugier hatte er danach gesucht, als er gestern das Haus verlassen hatte.

„Noch mehr?“, knurrte Janus und verstärkte den Griff. „600?“

„Not for 10.000“, zischte Dimitrij und befreite sich energisch aus der Umklammerung.

Mit hocherhobenem Kopf ging er davon. Insgeheim hoffte er, dass Janus nicht nachgeben würde. Doch leider konnte er unbehelligt bis zur nächsten U-Bahnstation gelangen. Enttäuscht blieb er stehen und blickte zurück. Ein paar Menschen waren in der Nähe, jedoch kein Janus. Sein Wunschtraum ging also nicht in Erfüllung. Mit hängenden Schultern lief er die Stufen zum Bahnsteig hinunter.

Viele Männer träumten davon, einen muskulösen Tänzer zu ficken. Janus war also auch nur einer von ihnen. Dimitrij hatte sich so sehr gewünscht, dass es diesmal anders wäre. Er wollte umworben werden und … geliebt. Als er während der gestrigen Vorstellung Janus‘ Interesse bemerkt hatte, war sein Herz einfach ausgebüxt und dem Kerl zugeflogen. Aus purer Neugier blieb er oft nach seinem Einsatz hinter dem Vorhang stehen, um das Publikum zu betrachten. Diesmal hatte er nur Augen für die Loge mit dem attraktiven Mann darin gehabt. Noch nie hatte ein so gut aussehender und selbstbewusst wirkender Mann ihm Beachtung geschenkt. Meist waren es alte feiste Kerle gewesen, die ihm Avancen gemacht hatten. Bisher war er noch nie auf solche Anmachen eingegangen. Mit Janus war es das erste Mal.

Wahrscheinlich hatte er es falsch angepackt, aber er war einfach nervös gewesen. Deshalb hatte er auch vorgegeben, kaum Deutsch zu sprechen, obwohl er die Sprache inzwischen nahezu perfekt beherrschte.

Der Zug fuhr ein. Dimitrij stieg in ein Abteil und ließ sich auf einen freien Fensterplatz fallen. So kurz vor Mitternacht befanden sich nur noch wenige Passagiere in der Bahn. Sinnend guckte er aus dem Fenster, ohne etwas wirklich wahrzunehmen.

Vor zehn Jahren war er von St. Petersburg nach Hamburg gekommen, um sein Glück zu machen. Beruflich war ihm das auch gelungen, nur privat nicht. Gelegentlich ging er in Clubs und holte sich dort Befriedigung, doch sein Herz blieb einsam. Dass ausgerechnet ein Typ wie Janus ihm selbiges stahl, war ungerecht! Die Scheiße mit dem Geld … Irgendwie musste er einen Aussetzer gehabt haben. Der Sex war so lieblos abgelaufen, dass er danach vor Frust das nächstbeste gesagt hatte, was ihm einfiel. Tja, und nun hatte er den Salat. Wenigstens würde Janus ihm nicht wieder auflauern. Er hielt ihn für einen Stricher. Irgendwie war er das ja auch. Immerhin hatte er das Geld angenommen.

In dieser Nacht fand er, wie schon in der vergangenen, kaum Schlaf. In den frühen Morgenstunden stand er auf, steckte Janus‘ Scheine in einen Umschlag und fuhr zu dessen Wohnhaus. Nachdem er das Kuvert in den Briefkasten mit der Aufschrift ‚Schneider‘ geworfen hatte, fühlte er sich besser. Zurück in seiner Wohnung, kroch er ins Bett und konnte endlich ruhig schlafen.

Nach der Abendvorstellung, während der er immer wieder die Logen mit Blicken abgesucht hatte, fand er in der Garderobe einen Strauß roter Rosen an seinem Platz. Sicher ein Irrtum. Meist bekam die Primaballerina derartige Aufmerksamkeiten. Zwischen den Blüten steckte eine Karte und als er sie herauszog, las er seinen Namen. Ansonsten war das Blättchen leer. Lächerlich anzunehmen, dass Janus der Absender war. Dennoch pochte Dimitrijs Herz schneller.

Am nächsten Abend saß Janus in der gleichen Loge wie beim letzten Mal. Dimitrij konnte den Blick der dunklen Augen die ganze Zeit spüren. Es fühlte sich wie ein Streicheln an und er musste höllisch aufpassen, nicht breit zu grinsen. Bevor der letzte Vorhang fiel, sah er direkt hoch zu dem Balkon und erwiderte den Blick. Aufgeregt lief er anschließend in die Garderobe, wo erneut rote Rosen auf ihn warteten.

„Da hast du aber eine glühende Verehrerin“, meinte ein Kollege grinsend.

„Mhm“, machte Dimitrij und beeilte sich, aus seinem Kostüm rauszukommen.

Normalerweise ließ er sich Zeit beim Umziehen. Diesmal konnte es ihm gar nicht schnell genug gehen. Umso enttäuschter war er, als niemand vor dem Ausgang auf ihn wartete. Er lief sogar die Straße ein paar Mal hoch und runter. Konnte ja sein, dass Janus irgendwo anders wartete, weil er … Nein, so dumm war der Mann nicht. Nach einer halben Stunde gab Dimitrij auf und fuhr nach Hause.

 

Irgendetwas stimmte an der ganzen Sache nicht. Janus zerbrach sich den Kopf über den sturen Tänzer. Nachdem er den Umschlag mit den 200 Euro im Briefkasten gefunden hatte, ratterte es ununterbrochen in seinem Schädel. Was bezweckte Dimitrij? Und was bezweckte er selbst, indem er dem Mann Rosen schickte?

Seine Augen brannten, während er hinunter auf die Bühne starrte. Es schien, als würde Dimitrij nur für ihn tanzen, was natürlich kompletter Blödsinn war. Wie konnte sich ein vernünftiger Mann wie er nur so in ein Trugbild verrennen? Im Geiste sah er lauter weichgezeichnete Bilder im Romantiklook von Dimitrij, der in seinen Armen lag. Sie küssten sich, liebkosten einander und … Puh! Keine gute Idee, in der Oper solche warmen Gedanken zu hegen. In diesem Moment sah Dimitrij zu ihm hoch und sein Herz machte einen Salto. War das eine Einladung?

Drei Mal änderte er seine Meinung, strebte dem Bühnenausgang zu und kehrte wieder um. Schließlich ging er zu seinem Wagen und saß eine Weile wie betäubt hinter dem Lenkrad. Wie sollte es nun weitergehen?

Eine Woche mied er die Oper, schickte lediglich Rosen, wenn Dimitrij tanzte. Laut Spielplan würde das Stück bald pausieren, weshalb Janus zur letzten Vorstellung erschien. Er hatte zwar inzwischen Dimitrijs vollständigen Namen und Adresse herausgefunden, wollte ihn aber nicht privat stalken. Wenn der Mann Interesse hatte, würde er es an diesem Abend herausfinden. Musste es einfach herausfinden. Die Ungewissheit machte ihn wahnsinnig.

Als Dimitrij die Bühne betrat, fing sein Herz wild zu schlagen an. Ihre Blicke trafen sich und in Dimitrijs lag eine stumme Frage. Wo er denn während der letzten Aufführungen gewesen sei. Wenigstens verstand Janus den Ausdruck so und zuckte verlegen die Achseln. Unsicher bogen sich seine Mundwinkel etwas nach oben und – Oh Wunder! – das Lächeln wurde erwidert. Ab dem Moment kam ihm das Stück doppelt so lang wie sonst vor. Sehnsüchtig klebte sein Blick an Dimitrij, verfolgte jede seiner Bewegungen. Als endlich, nach frenetischem Applaus, der Vorhang ein letztes Mal fiel, stand nicht nur sein Herz in Flammen.

Als einer der Ersten kam Dimitrij durch den Bühnenausgang gestürmt. Janus lehnte an der Wand, die Hände in den Hosentaschen. Seine Beine waren weich und ihm war speiübel. Dimitrij trat auf ihn zu, strich sich die Locken aus der Stirn und guckte erwartungsvoll.

„Will you go out with me?“ Mein Gott! Seine Stimme wackelte sogar.

„Ich bin ziemlich fertig. Das Tanzen, verstehst du? Aber zu einem Drink sage ich nicht nein.“

Andere Tänzer gingen vorbei. Einer rempelte Dimitrij leicht an, da er im Weg stand. Janus griff ihn am Ärmel und zog ihn beiseite. Er war völlig überrascht, dass der Mann so gut Deutsch sprach. Offenbar war er gründlich verarscht worden.

„Sag mal … kannst du mir bitte erklären, was für ein Spiel du mit mir spielst? Erst das Geld, jetzt auch noch deine Sprachkenntnisse …“, zischte er mit wachsender Verärgerung.

„Ich spiel nicht mit dir. Das ist alles ein dummes Versehen“, flüsterte Dimitrij.

„Und? Kannst du es mir erklären?“

„Würde das Sinn machen? Ist da was zwischen uns?“

Janus‘ Verärgerung schmolz angesichts Dimitrijs zerknirschter Miene. Es würde schon eine Erklärung geben und ehrlich gesagt war das eigentlich nebensächlich. Dass Dimitrij etwas für ihn empfand stand im Vordergrund und genau das war offensichtlich. Allein der verzehrende Blick, mit dem er gerade verschlungen wurde!

„Da ist was“, antwortete er rau. „Es ist ungefähr 25 cm lang, 6 cm im Umfang und zeigt genau auf dich.“

„Angeber.“ Dimitrij lachte hell auf, wobei seine Augen zu Janus‘ Mitte huschten. „Ups! Da steht ja wirklich was“, murmelte er verblüfft.

Wie beim ersten Mal versuchte eine freche Hand, Janus‘ Fahrkünste zu beeinträchtigen. Seine Bemühungen, die Finger zu entfernen, wurden mit einem fröhlichen Kichern quittiert. Dimitrij war entzückend, mit dem breiten Grinsen und den funkelnden Augen. Wenn das so weiterging, würden sie es nicht einmal bis ins Penthouse schaffen.

In der Tiefgarage wurden die Angriffe noch massiver. Janus‘ wehrte sich redlich, erlag aber schließlich den Verführungskünsten des wildgewordenen Dimitrij. Mit einem genuschelten ‚will dich trinken‘ stürzte der sexy Kerl sich auf seinen Schwanz und bekam, wonach ihm dürstete. Janus war einfach zu erregt, als dass er lange durchhalten konnte. Die Finger in Dimitrijs Locken gekrallt, wölbte er das Becken hoch und ergoss sich in die himmlisch warme Mundhöhle.

„Wieso nur hab ich gerade Lust auf eine Zigarette? Ich rauche doch gar nicht.“ Grinsend zog er den Kopf des scharfen Kerlchens hoch. „Du bist eine Urgewalt. Ich bin dir total verfallen“, flüsterte er heiser.

Als Janus sah, dass Dimitrij gerührt blinzelte, schwoll sein Herz vor Liebe an. Er küsste die zitternden Lippen und leckte einen salzigen Tropfen von der glatten Wange. Dimitrij warf die Arme um seinen Hals und verstrickte ihn in einen zärtlichen Kuss, aus dem all seine Gefühle sprachen.

„Schaffen wir es jetzt hoch in meine Wohnung, ohne dass du über mich herfällst?“, fragte Janus neckend und kraulte Dimitrijs samtweichen Nacken.

„Ich hatte gehofft, dass du dich revanchierst.“ Murrend kletterte Dimitrij aus dem Wagen und zog eine niedliche Flunsch. „Bläst du mir einen im Fahrstuhl?“ Hoffnungsvoll wackelte er mit den Augenbrauen.

„Mann-Mann-Mann!“, schimpfte Janus, nahm ihn bei der Hand und führte ihn zu den Aufzügen. „Wir sollten mal miteinander reden. Wo bleibt deine Erklärung für die dummen Spielchen?“

Während der kurzen Fahrt mit dem Lift blieb keine Zeit für Erklärungen, außerdem war ein Kuss wichtiger. Im Penthouse angekommen, wollte Janus Dimitrij zur Couch bugsieren, doch der steuerte klar das Schlafzimmer an.

„Nun komm schon! Ich bin so was von scharf“, maulte der Sexgott und zog im Gehen das T-Shirt über den Kopf.

„Reden wird überbewertet, oder was?“, rief Janus ihm hinterher.

„Danach“, kam klar und deutlich die Antwort.

Seufzend holte er eine Flasche Wasser aus dem Kühlschrank und trank einen Schluck. Er wollte sie gerade zurückstellen, als aus dem Schlafzimmer Gesang ertönte.

„Mi Amore, nun komm und mach misch glüklisch. Isch liebe disch und bin schon ganz fickerisch!“

Boah! Was für eine geile Schlampe lag da in seinem Bett! Mit der Flasche in der Hand rannte Janus los, stoppte vorm Bett und staunte eine Sekunde. Wie hingegossen, die Beine weit gespreizt und ein Kissen unterm Arsch, lag sexy Dimitrij da. Mit Schlafzimmerblick plierte das Kerlchen ihn an und gurrte: „Isch vergehe vor Se-he-hensucht.“

„Gib mir eine halbe Minute.“ Janus stellte die Flasche ab, schleuderte die Schuhe weg, riss sich das Hemd vom Körper und stieg aus der Hose. Sein Glied war noch weich, was sich aber schnell änderte, als er mit den Zähnen an Dimitrijs Bein hochknabberte. Bei den entzückenden Hoden angelangt, war seine Erektion dann voll erblüht. Dessen ungeachtet sorgte er dafür, dass Dimitrijs gesamter Schambereich von seinen Küssen feucht glänzte. Schließlich setzte er die Wanderung fort und wurde von kräftigen Armen umfangen. Lippen schnappten nach seinen, während Finger sich um seinen harten Schwanz schlossen.

Er keuchte: „Oh nein!“ Doch Dimitrij ließ sich nicht beirren und zog ihn immer tiefer in sein Inneres. Seine Augen funkelten triumphierend, als ihre Körper ganz miteinander verbunden waren. „Meins“, hauchte er und schlang die Beine um Janus‘ Taille.

Was als sanftes Wiegen begann wurde zu einem fast verzweifelten Akt. Dimitrij bog den Rücken durch und forderte rau nach mehr. Er stemmte die Fersen in Janus‘ Hintern und klammerte sich mit schwitzigen Fingern in dessen Bizepse. Janus gab alles, damit sein Liebster erlöst wurde. Am Ende richtete er sich halb auf, packte Dimitrijs Arschbacken und knallte ihn hart durch. Der Lohn spritzte in Form milchiger Tropfen bis hoch zum Brustbein. Dimitrij brüllte, als würde er abgestochen. Janus wurde mitgerissen.

Lange, atemlose Minuten später rollte er sich von dem schlaff Daliegenden runter. Sie waren beide klitschnass. Zärtlich strich er Dimitrij eine festgeklebte Locke aus der Stirn.

„Mein wilder Hüpfer“, brummte er und schmiegte sich an Dimitrijs Seite.

„Mein geiler Hengst“, kam frech zurück. „Willst du jetzt echt reden? Ich kann dir eine kurze Biografie geben. Reicht das, bevor wir schlafen?“

„Mhm. Okay.“

„Dimitrij Gowtschenko, 28 Jahre, vor zehn Jahren nach Hamburg gekommen. Ballettschule seit ich denken kann, dann Studium hier. Vor ungefähr einer Woche habe ich die Liebe meines Lebens gefunden. Der Kerl ist sexy und eine Granate im Bett. Leider hab ich mich dumm angestellt und ihn erstmal vergrault. Ich wollte ihn nur provozieren, um seine Reaktion zu testen, aber das ist voll danebengegangen. Zum Glück ist der Mann beharrlich und hat mir wohl verziehen. Reicht das?“

„Damit kann ich erst mal leben.“ Lächelnd küsste Janus seine Hüpfdohle und angelte nach der Decke. Nachdem er sie beide damit eingehüllt hatte, streckte er die Hand nach der Nachttischleuchte aus.

„Hey! Und was ist mit dir?“, beschwerte sich Dimitrij.

„Janus Schneider. Überaus vermögend, 35 Jahre und waaaahnsinnig verschossen. Reicht das?“

„Fehlt da nicht was?“ Der lauernde Tonfall ließ Janus grinsen.

„Ein Tänzer hat mir das Herz geklaut und macht mein Bett zu einem Sündenpfuhl. Ich hoffe, er bleibt.“

„Jetzt kannst du das Licht ausmachen“, gestattete Dimitrij gnädig, gähnte und kuschelte sich an Janus‘ Brust. „Weck mich morgen um zehn mit einem geilen Blowjob.“

Oha! Da kamen harte Zeiten auf Janus zu. Er würde sie sehr genießen.

 

ENDE

Solo für Andrej

Bernhard ist erst zwei Monate beim Hamburger Ballettensemble. Oft fühlt er sich einsam. Als er nach einer Aufführung die erste rote Rose vor seinem Schminkspiegel findet, bekommt sein Dasein etwas Farbe. Wer ist es? Eine Kollegin? Das wäre übel. Bernhard mag Männer lieber.

„Ach, deine Verehrerin hat wieder zugeschlagen“, rief Ralf aus und versetzte Bernhard einen spielerischen Hieb gegen die Schulter. „Hoffentlich hat sie Kohle und einen großen Busen“, fügte er grinsend hinzu, ging zu seinem Platz und ließ sich auf den Hocker fallen.

Seit einer Woche stand nach jeder Aufführung eine einzelne Rose in einem Wasserglas vor Bernhards Schminkspiegel. Er war seither dem Spott der Kollegen, die eine Romanze mit einer Kollegin vermuteten, ausgesetzt. Wer sonst hatte während der Vorstellung Zugang zu den Garderoben? Infrage kamen natürlich auch sämtliche anderen Mitarbeiterinnen. Er selbst hatte keinen Schimmer, von wem die Blume kam.

Bernhard würde den Busen gern gegen einen Schwanz eintauschen, mit dem Geld jedoch könnte er leben. Vom Tanzen wurde man nicht reich, es langte gerade mal für ein bescheidenes Auskommen. Jedenfalls dann, wenn man nicht in der Top Liga tanzte. Er gehörte nicht dazu.

Andrej, einer der Solisten, kam herein, gefolgt von Volker. „Hey, was für eine Überraschung! Eine Roooose“, lästerte letzterer. „Und? Immer noch keine Ahnung, wer dafür verantwortlich ist?“

„Mhm, nö“, nuschelte Bernhard, während er sich mit einem Abschminkpad übers Gesicht fuhr.

Der Raum füllte sich nach und nach. Sprüche wurden geklopft und aus dem Duschraum drang Dampf in die Garderobe. Bernhard war erst seit zwei Monaten bei dem Ensemble der Hamburger Staatsoper und damit ein Neuling. Die anderen waren teilweise schon seit Jahren dabei und miteinander vertraut. Zwischen ihnen fühlte er sich oft wie ein Außenseiter. Nur Ralf unterhielt sich stets mit ihm und zeigte echtes Interesse. Am schlimmsten war Andrej, der ihn kaum eines Blickes würdigte. Da der Solist jedoch mit allen so verfuhr, nahm Bernhard das nicht als persönliche Abneigung. Der Typ war eben arrogant und konnte sich das auch noch leisten. Er war der Star und das ließ er alle deutlich spüren.

Bernhard streifte die Tanzkleidung ab, schnappte sich ein Handtuch und ging in den Waschraum. Wie immer beanspruchte Andrej die hinterste Dusche für sich. Natürlich war ausgerechnet der Platz neben dem Arschloch frei und alle anderen besetzt.

Da Andrej ihm den Rücken zukehrte, wagte Bernhard eine kurze Musterung. Die strammen Arschbacken waren ein echter Hingucker. Schnell wandte er den Blick ab, damit sich seine Bewunderung nicht in Form eines Ständers zeigte. Er beeilte sich mit dem Waschen und war noch vor dem Solisten fertig. Während er sich abtrocknete, ging er zurück in die Garderobe. Rasch schlüpfte er in die Straßenklamotten, räumte seinen Platz auf und griff nach der Rose. Ob sie duftete? Leider nicht, genau wie die davor.

Die Tasche über der Schulter, die Blume in der Hand, verließ er das Gebäude. Es war inzwischen halb zwölf und die Straßen nur noch wenig belebt. Da seine Wohnung nicht weit entfernt lag, machte er sich zu Fuß auf den Weg. Das sparte zudem Fahrgeld.

Von wem kamen die ganzen Rosen? Bernhard hoffte sehr, dass keine Kollegin dahinter steckte. Verantwortlich für Liebekummer zu sein, gefiel ihm gar nicht. Es wäre nicht das erste Mal, dass sich eine Frau in ihn verliebte. Er war nicht hässlich und sein Körper in Top-Form. Zudem besaß er Intelligenz und manch einer hatte behauptet, dass sein Lächeln bezaubernd war. Bernhard selbst konnte das nicht einschätzen.

Während er die Treppe zu seiner Wohnung hinaufstieg, ging er im Geiste die Mitglieder des Ensembles durch, die als Rosenkavaliere infrage kamen. Von den weiblichen Kollegen hatte ihm keine auffällige Beachtung geschenkt. Unter den Männern gab es zwei, von denen er annahm, dass sie wie er tickten. Doch auch die beiden benahmen sich normal, beteiligten sich nur nicht an den Frotzeleien.

Ach, was machte er sich Gedanken? So lange der geheimnisvolle Verehrer es nur bei den Rosen beließ, gab es keine Chance, dessen Identität herauszufinden.

Er stellte die Rose zu den fünf anderen in ein Glas und ging ins Schlafzimmer. Der Spaziergang hatte seinen Adrenalinpegel gesenkt, dennoch würde er nicht so bald einschlafen können. Ob er noch ausgehen sollte? In den vergangenen Wochen war er nur zweimal unterwegs gewesen und hatte einen einschlägigen Club aufgesucht. Beide Male war er nach einem Getränk wieder gegangen. Es war eben schwierig, schwul und schüchtern zu sein. Vielleicht sollte er im Internet Kontakte in der Stadt suchen. Einfach nur Freunde, keine Sexpartner.

Bernhard ließ sich aufs Bett fallen, verschränkte die Arme hinter dem Kopf und starrte an die Decke. Als Münchner war es nicht leicht, in Hamburg Fuß zu fassen. Die Menschen wirkten auf ihn kühl, ganz anders als in Bayern. Man sagte, dass sie dafür beständiger wären, wenn sie denn einmal Vertrauen gefasst hatten. So wie Ralf, der ihn vom ersten Tag an in sein Herz geschlossen hatte. Vielleicht sollte er den Kollegen mal fragen, ob sie gemeinsam etwas unternehmen könnten.

Sein Handy summte und kündigte damit den Eingang einer SMS an. Bernhard stand auf, holte es aus der Sporttasche und sah aufs Display.

„Magst du die Rosen?“

„Ja, danke“, tippte er und schickte die Nachricht ab.

Er hockte sich auf die Bettkante, das Gerät in der Hand. Sein Herz schlug so aufgeregt, als hätte er ein Date. Na ja, hatte er ja auch. Nach rund einer Minute summte das Handy erneut.

„Internet? Ich bin Soulkiss33.“ Es folgte die Adresse einer Website.

„Na prima. Und gleich bekomme ich entweder ein Schwanzfoto zu sehen, oder mich lächelt eine Frau an“, murmelte Bernhard vor sich hin, während er ins Wohnzimmer ging und sich an den Schreibtisch setzte.

Innerhalb weniger Sekunden war das Notebook betriebsbereit und die entsprechende Homepage aufgerufen. Zu seiner Erleichterung eine schwule Seite. Natürlich musste er sich erst anmelden und grübelte einen Moment über einen Nickname. Schließlich tippte er Bavaria29 ein, seine Herkunft und sein Alter. Gleich darauf befand er sich im allgemeinen Chat. Es war nicht das erste Mal, dass er solche Seiten besuchte, daher störte er sich nicht weiter an den aktiven Mitgliedern mit bezeichnenden Namen wie SchwanzusLongus25 oder BigPenis17. Soulkiss33 war online, sein Avatar war … Was war das denn?

Bernhard beugte sich vor, bis er fast mit der Nase gegen den Bildschirm stieß. Ein Seil? Ein zusammengerolltes Tau mit einer Margerite darin? Dann ging ihm auf, dass es sich um eine Vorhaut handelte, in deren Mitte die Blüte prangte. Wer kam denn auf solchen Scheiß? Kopfschüttelnd setzte er sich gerade hin.

„Du bist der Rosenkavalier?“, tippte er.

„Du bist Bernhard?“

„Ja. Tanzen wir zusammen?“

„Nein.“

„Woher kennen wir uns dann?“

Der Cursor blinkte, nichts geschah. War Soulkiss33 offline gegangen? Nein. Das grüne Pünktchen in seinem Profil leuchtete. Endlich schrieb der Mann etwas.

„Wir kennen uns gar nicht. Ich würde aber gerne mit dir reden. Nur so. Die Nacht ist so lang und ich kann nicht schlafen.“

„Ich auch nicht. Warum gehst du nicht aus?“

„Nicht mein Ding. Bin kein Szenetyp.“

„Was bist du dann?“

Wieder dauerte es eine ganze Weile, bis Soulkiss33 antwortete: „Keine Ahnung. Eine Couchpotatoe?“

Bernhard unterhielt sich etwa eine Stunde lang mit dem Unbekannten, bis dieser sich verabschiedete. Er selbst war inzwischen auch bettschwer. Trotzdem er den Mann nicht kannte und sie weitestgehend unverfänglich geplaudert hatten, fühlte er sich weniger allein. Schon komisch, dieses Internet.

So ging das in der folgenden Woche weiter. Die Rose nach der Vorstellung und vor dem Schlafengehen der Chat mit Soulkiss33. Natürlich musterte er jeden Kollegen inzwischen genauer und versuchte, irgendetwas Verdächtiges zu entdecken. Er konnte einfach nicht glauben, dass einer der Männer heimlich auf ihn stand.

Die Gespräche mit Soulkiss33 wurden intimer. Der Mann gestand, dass er wahnsinnig einsam und unglücklich war. Dass er sich einen festen Partner wünschte. Bernhard fühlte sich in die Ecke gedrängt. Auf der einen Seite hatte er den gleichen Wunsch, auf der anderen kannte er den Kerl doch gar nicht. Noch nicht einmal Schwanzfotos hatten sie getauscht. Als er das ansprach, kam prompt ein Bild. Auf diese Weise in Zugzwang gesetzt, ließ er die Hosen runter, machte ein Foto und schickte es ab. Soulkiss33 sandte ein ‚Daumen hoch‘, was er erwiderte. Nun waren sie einen Schritt weiter.

In der dritten Woche seiner Chatbeziehung musste Bernhard während der Aufführung in die Garderobe eilen, um einen durchgetanzten Ballettschuh auszutauschen. Als er durch die offenstehende Tür raste, konnte er gerade noch sehen, dass Anja, die Makeup-Künstlerin, eine Rose an seinem Platz abstellte. War Anja Soulkiss33? Sein Blick glitt prüfend über ihren Schoß. Nein. Dort war ganz eindeutig nichts in der Hose, was auch nur annähernd dem Foto ähnelte. Sicher war sie nur die Überbringerin.

„Die ist nicht von mir. Ich bin nur der Bote“, bestätigte sie seine Vermutung.

„Ich kann dich nicht überreden, mir einen Namen zu verraten?“ Bernhard setzte sich hin, zog den ramponierten Schlappen aus und schlüpfte in einen neuen.

„Nein!“ Anja schüttelte vehement den Kopf und verschränkte die Arme vor der Brust.

„Ach komm! Wenigstens den Anfangsbuchstaben.“ Mist! Er musste sich beeilen und sprang auf. „Bitte!“

„Keine Chance.“ Das Biest lachte und folgte ihm aus der Garderobe.

Es fiel Bernhard immer schwerer, seine Neugier im Zaum zu halten. An diesem Abend schrieb er: „Willst du mich denn gar nicht treffen? Wozu das alles, wenn wir uns nicht sehen?“

Er wusste Soulkiss33 Lieblingsfarbe, was er gern aß und dass er dominant war. Dass er nicht aus Deutschland stammte (wodurch sich der Kreis der Verdächtigen auf zehn Männer verringerte) und eine Schwäche für Wodka hatte. Er wusste ganz viel und doch eigentlich überhaupt nichts, da er das alles nicht mit einem Gesicht in Verbindung bringen konnte. Wenn er die Augen schloss und sich das Antlitz des Mannes vorstellte, tauchte Andrejs Visage vor seinem inneren Auge auf. Doch das konnte auf keinen Fall sein.

„Bald ist Saisonende. Dann können wir uns treffen.“

„Was hat das damit zu tun?“

„Ich habe Angst.“

Hallo? Was sollte das bedeuten? Und was hatte die Sommerpause damit zu tun?

„Wovor?“

„Dass du mich auslachst.“

„Vielleicht tue ich das, falls du dich als Andrej entpuppst. Haha! Ein Scherz! Den Kerl würde ich nicht mal mit der Kneifzange anfassen“, tippte Bernhard und drückte auf senden.

Lange Minuten geschah nichts. Er wollte schon nachhaken, als das grüne Lämpchen auf Soulkiss33 Profil plötzlich ausging. Nanu?

Von da an gab es keine roten Rosen und keine Chats mehr. Soulkiss33 blieb offline und Bernhard ertappte sich dabei, dass er Andrej verstärkt beobachtete. Der Mann wirkte wie ein Eisklotz. Auf der Bühne war er dynamisch und leidenschaftlich, doch sobald er aus dem Rampenlicht trat, fiel bei ihm der Vorhang. Er redete mit niemandem, außer wenn er musste. Irgendjemand hatte Bernhard mal gesteckt, dass der Kerl aus der Ukraine stammte. Irgendwie passten ein paar Dinge, die Soulkiss33 geschrieben hatte, genau zu Andrej. Er trug gerne rot, Soulkiss33 Lieblingsfarbe. Wodka? Tranken nicht alle aus dem Osten gern dieses Zeug? Sicher ein Vorurteil und undenkbar, dass er wirklich die ganze Zeit mit dem schweigsamen Kerl gechattet hatte. Nein! Andrej konnte einfach nicht der Gesprächspartner gewesen sein, der ihm so manche Stunde versüßt hatte.

Die Sommerpause rückte näher. Ein Monat frei! Doch was sollte Bernhard mit der Zeit anfangen? Geld für eine Reise hatte er nicht. Die Aussicht, den ganzen Monat in seiner winzigen Bude zu hocken, stimmte ihn missmutig. Hinzu kam, dass er Soulkiss33 vermisste. Die Einsamkeit wog doppelt so schwer, als vor der Zeit ihrer Gespräche. Jeden Abend guckte er nach, ob sein Chatpartner online war und hockte oft über eine Stunde vor dem flimmernden Monitor, ohne dass etwas geschah.

Die letzte Vorstellung der Saison war vorüber. Alle Kollegen redeten wild durcheinander, erzählten, was sie in den nächsten Wochen vorhatten. Bernhard hielt den Mund und war froh, dass Ralf sich an dem Geschwätz beteiligte, anstatt ihn vollzulabern. Im Waschraum waren alle Duschen besetzt. Er musste warten, bis einer der Männer fertig war, bevor er sich unter den erfrischenden Strahl stellen konnte. Wie immer duschte Andrej in der hinteren Ecke. Bernhard betrachtete den muskulösen Rücken und angesichts der straffen Arschbacken musste er sein Urteil von neulich revidieren. Er würde Andrej auch ohne Kneifzange anfassen, am liebsten gleich von oben bis unten ablecken.

Er wusch sich zügig, trocknete sich ab und frottierte im Gehen seine Haare. Als er durch die Tür des Duschraumes trat, sah er gerade noch, wie Ansgar, einer der von ihm als schwul eingeschätzten Kollegen, eine Rose auf seinem Schminktisch ablegte. Der Mann huschte aus der Garderobe, bevor Bernhard etwas sagen konnte. Einige der Anwesenden, die die Aktion mitbekommen hatten, grinsten.

Ralf, sein Platznachbar, hob die Rose hoch und roch daran. „Du und Ansgar? Wie romantisch!“, spöttelte er, jedoch war sein Tonfall neckisch, nicht boshaft.

Schweigend schüttelte Bernhard den Kopf und stieg in seine Shorts. „Bestimmt nicht! Ansgar hat sich nur einen Scherz erlaubt.“ Er zog ein T-Shirt und Jeans an. Als er aufschaute und sein Blick in den Spiegel fiel, entdeckte er Andrejs auf ihn gerichtete Augen. Noch nie hatte der Mann ihn direkt angesehen. Es ging ihm durch und durch. Sicher bildete er sich nur ein, in seinem Blick tiefe Sehnsucht und Einsamkeit zu erkennen. Andrej guckte weg und der Moment war vorbei.

Nach einem herzlichen Abschied von Ralf und einem ‚Bis in einem Monat‘ in die Runde verließ Bernhard die Garderobe. Wie konnte nur ein Blick alles verändern? Andrej war nicht kühl, lediglich zurückhaltend. Am liebsten wäre Bernhard umgekehrt, hätte den Mann geschüttelt und Antworten verlangt. War er Soulkiss33? Mit jedem Schritt, der ihn näher zum Ausgang brachte, wuchs die Gewissheit.

Auf der Straße sog er die frische Nachtluft tief in seine Lunge. Was nun? Er lehnte sich an die Mauer neben dem Bühnenausgang und stellte die Tasche zu seinen Füßen ab. Nach und nach liefen die Kollegen an ihm vorbei, als letzter kam Andrej.

Bernhard hatte den Kerl noch nie so niedergeschlagen gesehen. Kopf und Schultern hingen, die Mundwinkel auch. Als Andrej ihn nach wenigen Schritten entdeckte, blieb er stocksteif stehen.

„Das mit der … mit der Kneifzange war gelogen.“ Bernhard musste schlucken und machte sich fast in die Hose vor Angst, dass der Mann ihn zurückwies oder erschlug. „Ich wäre froh, wenn du Soulkiss33 bist. Bist du es?“

Ein leichtes Zucken in der rechten Wange verriet Andrej, noch bevor er leicht nickte.

„Können wir irgendwo was trinken gehen? Ich vermisse unsere Gespräche?“, fragte Bernhard leise.

„Ich weiß nicht … vielleicht dafür zu spät.“ Der starke Akzent, zusammen mit dem tiefen Timbre, verursachte Bernhard eine Gänsehaut am ganzen Körper. Himmel! Stöhnte Andrej auch so geil, wie er redete?

„Morgen ist frei und es ist doch erst kurz vor zwölf.“

„Darum geht es nicht. Zu spät für das da.“ Andrej wies auf ihn, dann auf sich selbst.

„Aber … Ach, was rede ich.“ Bernhard hob resigniert seine Tasche auf. „Mach’s gut“, murmelte er und bewegte sich von dem Mann weg.

Nach einigen Schritten bemerkte er, dass Andrej ihm folgte. Sicher nur, weil er in die gleiche Richtung musste. Nachdem er zweimal abgebogen war und der Kerl immer noch hinter ihm herlief wurde klar, dass es sich wohl kaum um einen Zufall handeln konnte. Bernhard blieb stehen, drehte sich um und auch Andrej stoppte.

„Hast du es dir überlegt?“

„Will nur sichergehen, dass du heil nach Hause kommst.“ Kurz blitzten weiße Zähne auf, als der Kollege lächelte.

„Na prima. Habe ich also neuerdings einen Bodyguard.“ Bernhard zuckte die Achseln. „Da vorn wohne ich. Kannst also umdrehen. Gute Nacht.“

Er setzte den Weg fort und sogleich erklangen hinter ihm Schritte. Insgeheim musste er grinsen, da Andrej gerade einen überaus eifrigen und in seinen Augen niedlichen Eindruck machte. Puh! Das hatte er doch bitte nicht gerade gedacht? Im Zusammenhang mit dem großen Kerl ein Unding.

„Ich bin jetzt zu Hause. Dankeschön.“ Bernhard zog einen Schlüsselbund aus der Tasche und schloss auf. „Und wer sorgt nun dafür, dass du sicher nach Hause kommst?“, erkundigte er sich leise, wobei er Andrej weiterhin den Rücken zuwandte.

„Bin groß. Es wird gehen.“ Die tiefe Tonlage machte ihn einfach nur scharf. Bisher hatte er Andrej nur selten sprechen gehört und wenn, dann mit dem Choreografen oder wenn er jemand harsch in seine Schranken wies. Allein mit ihm auf der Straße zu stehen und dabei der sexy Stimme zu lauschen, war unglaublich erregend.

„Willst du nicht lieber nachgucken, ob ein Einbrecher in meiner Wohnung lauert?“ Bernhards Herz schlug so schnell, dass er sich atemlos anhörte.

Auf allerliebste Weise legte Andrej den Kopf schief, guckte an dem Haus empor und krauste die Stirn. Schließlich nickte er bedächtig. „Ja. Ist besser.“

Als wäre es kein Spiel, ließ Bernhard ihn in seine Wohnung und machte überall Licht an. Andrej linste ins Bad, Schlafzimmer, Wohnzimmer und zuletzt in die Küche. „Alles sauber“, verkündete er. „Kaffee?“

Während Bernhard Wasser in die Glaskanne laufen ließ, setzte Andrej sich an den winzigen Küchentisch und stellte seinen Rucksack ab. „Schön hier“, lobte er.

„Ach, hör bloß auf. Du wohnst sicher in einem Palast am Elbufer.“ Bernhard seufzte und löffelte Kaffeepulver in die Filtertüte. „Tanzen ist schön und ich liebe es. Der Lohn ist in meiner Klasse zu gering, um zu leben und zu hoch, um zu sterben.“

„Du tanzt klasse.“

Das aufrichtig klingende Lob trieb Röte in seine Wangen. Bernhards Bauch wurde wohlig warm und Andrejs Anwesenheit erschien ihm wie ein Gottesgeschenk. Dass dieser sich dazu noch als liebenswürdiger Mensch entpuppte, setzte dem Ganzen die Krone auf.

„Chatten wir? Dann vieles leichter.“

Er guckte über die Schulter und sah, dass Andrej sein Smartphone hervorgeholt hatte und damit herumwedelte. Wo war der selbstsichere, arrogante Mann hin? Verzagt und voller Hoffnung lag der Blick schokoladenfarbiger Augen auf ihm.

„Du willst …? Okay. Ich geh an mein Notebook.“ Bernhard loggte sich auf der Chatplattform ein und fand eine Nachricht von Soulkiss33.

„Kaffee ist fertig.“

Na super! Das ging ja gut los! Er sprang auf, lief zurück in die Küche und bekam von Andrej einen Becher in die Hand gedrückt. Der Ausdruck, mit dem der Mann ihn dabei anguckte, brachte sein Herz ins Trudeln. Schnell ging er wieder ans Notebook, trank einen Schluck und ließ sich auf seinen Stuhl sinken.

„Du hast mir wehgetan“, schrieb Andrej. „Nun heilt mein Herz.“

Puh! Starker Tobak! Bernhards Mundwinkel bogen sich hoch und er tippte: „Meines schlägt so schnell, dass ich gleich ohnmächtig werde.“

„Was bedeutet das?“

„Dass du mich mit Mund-zu-Mund-Beatmung retten musst.“

„Ich glaube, du magst mich.“

„Ja. Sehr.“ Bernhard lehnte sich zurück und schielte zur Küche, konnte Andrej aber nicht sehen.

„Ich bin nicht gut mit reden, nur mit schreiben. Du bist ein wunderbarer Mensch und ich möchte …“ Hä? Sekundenlang stierte er auf den Monitor, doch nichts geschah. Dann erklangen Schritte, Schuhe polterten im Flur auf den Boden und gleich darauf spürte er Andrej in seinem Rücken.

„Ich möchte küssen und nah sein.“ Das tiefe Timbre kroch in Bernhards Brustkorb. Er drehte sich mit dem Stuhl herum, sah zu Andrej auf und die dunklen Augen fraßen sich direkt in seine Seele.

Keine 15 Minuten später war das Laken komplett zerwühlt, sie völlig verschwitzt und Bissspuren zierten Bernhards Hals. Sie kratzten und küssten sich, rollten übereinander und grabschten gierig aneinander herum. Andrej keuchte die ganze Zeit Worte in einer fremden Sprache, die sich überaus liebevoll anhörten. Es war Bernhard egal, ob sein Liebster ihn gerade auf Ukrainisch als seine geile Stute betitelte. Was zählte war, dass es ihnen beiden gefiel.

„Mehr!“, flehte er, schlängelte sich unter Andrej und spreizte die Beine.

Hektisch schnellte Andrejs Blick zum Nachtschrank. Er entdeckte die Kondome, setzte sich auf, rollte in Rekordtempo ein Gummi über und knallte Gleitcreme darauf. Indem er sich wieder über Bernhard beugte, drängte er sein hartes Glied in ihn. Es war Sex, jedoch auf eine Weise, die sich einfach anders anfühlte. So, als würde Andrej nur ihn wollen. Als wäre das hier einzigartig.

„Bernhard.“ Dieser Akzent, diese Stimme! Es klang sexy, verdammt sexy.

„Andrej.“ Mit diesem deutschen Akzent hörte es sich für Andrej einfach geil an. Er hatte sich gleich in Bernhard verliebt, als der zum Ensemble gestoßen war. Er hatte sich nie Chancen ausgerechnet und nun steckte er in dessen Arsch! Sein Herz stolperte. „Make love with me“, bat der geile Mann.

Das tat er dann. Unter tausend Küssen vögelte er Bernhard das Gehirn und eine Riesenportion Sahne heraus. Sich selbst hielt er dabei eisern unter Kontrolle. Er wollte mehr von dem Kerl und wenn möglich, alles. Was zählte da schon ein schnöder Orgasmus?

„Oh Gott, Andrej.“ Bernhard stöhnte und seine Augen funkelten wie zwei Sterne. „Du bist der Wahnsinn.“

War das gut? Unwillkürlich runzelte Andrej die Stirn, zog seinen harten Schwanz aus dem engen Kanal und streifte das Gummi ab. Da es leer war, warf er es achtlos beiseite und drehte sich mit Bernhard herum. Sein hartes Glied protestierte, wollte Beachtung, doch er ignorierte es schlicht.

„Wahnsinn?“, erkundigte er sich vorsichtig.

„Wahnsinnig sexy, geil, zärtlich und … ich hab dich verdammt lieb.“

Das klang gut. Sehr gut. Nach mehr. Andrej wollte einen Mann an seiner Seite, keinen bloßen Fickpartner. Ja, den auch, doch er hatte gesunde Hände und war darauf nicht angewiesen. Mit Bernhard fühlte es sich an, als gäbe es eine Zukunft. Eine, in der er weniger einsam wäre.

„Sag mal … „ Sein Geliebter linste an ihm runter. „Du bist nicht …?“

„Nicht wichtig“, flüsterte er.

„Aber verdammt hart. Ich kümmere mich darum.“ Bernhard küsste ihm den Verstand heraus und als er danach an ihm runterkrabbelte, hatte Andrej keine Einwände. Im Gegenteil. Er fieberte der Erlösung entgegen und wusste, dass er danach in Bernhards Armen liegen würde. Dafür hielt man doch so einen Blowjob gerne mal aus.

Andrejs Beichte

Andrejs Lippen fühlten sich wund an und ihm war kochend heiß. Ein warmer Körper schmiegte sich an seinen Rücken und ein Arm lag schwer über seiner Brust und das fühlte sich verdammt gut an. Während er langsam wach wurde, fielen ihm die Geschehnisse der Nacht nach und nach wieder ein. Drei Mal hatten sie einander geliebt. Mit Bernhard war das kein purer Sex, sondern sehr viel mehr. Ein Glück, dass der Mann ihn angesprochen hatte. Von sich aus hätte Andrej das niemals gewagt.

Eigentlich hatte er geglaubt, dass sein Herz nicht heilbar wäre. Nachdem Bernhard ihn im Chat so verletzt hatte, fühlte sich dieser Teil seines Körpers völlig taub an. Besonders schlimm war, dass sie einander zuvor so nah gekommen waren und seine Hoffnung sich in schwindelerregende Höhe gesteigert hatte. Kein Wunder, dass der Fall wahnsinnig geschmerzt hatte. Daher hatte er erst nicht auf Bernhards Einladung eingehen wollen, das Misstrauen war einfach zu groß gewesen. Doch irgendetwas in Bernhards Miene hatte ihn überzeugt. Sonst wäre er wohl kaum wie ein Hündchen hinter dem Mann her getrabt und sich letztendlich sogar überwunden, seine Gefühle preiszugeben.

Von klein auf hatte Andrej wenig Liebe erfahren. Sein Vater schlug ihn, die Mutter und Geschwister regelmäßig. Fast alle in seinem winzigen Heimatdorf waren katholisch und es herrschte das Patriarchat. Als er dann auch noch erwischt wurde, als er heimlich vor dem Spiegel getanzt hatte, war der Ofen ganz aus. In jener Nacht prügelte sein Vater ihn blutig und beschimpfte ihn als Schwuchtel und Schwanzlutscher.

Damals war er erst 15 gewesen. Am nächsten Tag schwänzte er die Schule, stahl aus dem väterlichen Schreibtisch Geld und floh zu seinem Onkel nach Kiew. Das war das Beste, was er hatte machen können. Der liberale Mann ermöglichte ihm eine solide Ballettausbildung und sorgte dafür, dass er die Schule beendete. Einziger Wermutstropfen: Nachdem er volljährig geworden war, verlangte der Onkel sexuelle Dienstleistungen. Zwei Jahre machte Andrej mit, da er nicht wusste, wo er sonst hinsollte. Nach ersten Engagements kratzte er sein gesamtes Geld zusammen und floh erneut. Er landete in Berlin und jobbte in Restaurants als Abwäscher, bis es ihm gelang, beim hiesigen Ballett aufgenommen zu werden. Damit begann seine Karriere.

„Mhm? Bist du schon wach?“ Eine Hand fuhr über seinen Bauch nach unten und schloss sich um sein weiches Glied.

„Du bist sexgeil.“ Andrej drehte den Kopf und hoffte auf einen Gutenmorgenkuss, den er auch bekam. Blaue Augen blinzelten verschlafen und die wunderschönen Lippen waren zu einem liebevollen Grinsen gekräuselt. Sein Herz schwoll vor Liebe an.

„Du machst mich eben süchtig.“

Sanfte Küsse auf die empfindlichen Stellen seines Halses ließen ihn leise stöhnen. Bernhard knabberte an den harten Muskelsträngen der Schultern und biss leicht in die Haut. Ein wohliges Kribbeln lief durch Andrejs Körper, sein Schwanz wurde steif. Er drehte sich in der Umarmung und fing Bernhards Lippen zu einem leidenschaftlichen Kuss ein. Eigentlich war ihm Sex seit der Erfahrung mit dem Onkel vergällt, aber Bernhard hatte seine Libido neu entfacht.

„Bin wund“, nuschelte sein Geliebter. „Entweder wir tauschen, oder …“

Finger schlossen sich um sein und Bernhards hartes Glied. Andrej brummte erregt, umfasste die Hand mit der eigenen und bestimmte das Tempo. Zuzusehen, wie Bernhards Augen immer verschleierter wurden, war scharf. Er konnte den Blick nicht abwenden und bannte das Bild für immer auf seine Netzhaut. Als sein Liebster krampfte, dabei die Miene wie im Schmerz verzog, flog er mit ihm zu den Sternen.

„Andrej? Wir sind doch jetzt zusammen, oder?“ Finger strichen über seine Wange und ein unsicherer Blick aus blauen Augen traf ihn mitten ins Herz.

„Ja. Mag dich sehr“, flüsterte er und gab Bernhard einen Kuss, in den er all sein Gefühl legte.

„Ich dich auch“, kam die durch seine Lippen gedämpfte Antwort.

Bald darauf stand er unter der Dusche, während Bernhard in der Küche hantierte. Eigentlich wäre er gern den ganzen Tag im Bett geblieben, doch nachdem sein Magen laut geknurrt hatte, beharrte Bernhard auf ein Frühstück. Andrej bedauerte, die Spuren ihrer Lust abwaschen zu müssen. Allerdings bestand Hoffnung, dass sie diese später erneuern würden. Es schien, als wäre Bernhard genauso versessen darauf wie er. Zum ersten Mal – abgesehen von dem Hochgefühl während seiner Bühnentriumphe – fühlte er sich glücklich.

„Wie magst du dein Ei?“, rief Bernhard, als er über den Flur zum Schlafzimmer ging.

Die Vorlage war gut. Wie gern hätte er etwas Geistreiches geantwortet, aber dazu fehlten ihm die Vokabeln.

„Weich“, erwiderte er, zog eine Shorts über und gesellte sich zu Bernhard.

„Passt du hier auf? Dann gehe ich schnell duschen?“ Sein Liebster wartete nicht auf eine Antwort und ließ ihn vor dem Herd stehen.

Andrej konnte kochen. Daheim hatten alle in der Küche helfen müssen. Bei fünf Geschwistern kein Wunder. Er starrte in den Topf und seine Gedanken wanderten wieder zu seiner Familie. Der schrille Ton der Eieruhr weckte ihn Minuten später aus seiner Versunkenheit. Er goss das kochende Wasser in die Spüle und ließ kaltes nachlaufen. Anschließend schenkte er Kaffee in zwei Becher und setzte sich an den gedeckten Tisch, als auch Bernhard schon hereinkam und ihm gegenüber Platz nahm.

Eine Weile aßen sie schweigend, streichelten sich dabei immer wieder mit Blicken und es fühlte sich an, als hätten sie schon dutzende Male so gesessen. Andrej war hin- und hergerissen zwischen der Angst, dass er alles nur träumte und wilder Euphorie. Fast zwei Monate hatte er gebraucht, um überhaupt zu wagen, Bernhard Avancen zu machen. Anfangs war er von dessen Schwulsein nicht überzeugt gewesen. Erst als sie im Chat aufeinandertrafen, wich der Zweifel der Gewissheit.

„Wohnst du denn nun in einem Palast? Ich weiß eigentlich gar nichts von dir.“ Bernhard lehnte sich zurück, wobei er unter dem Tisch mit Andrejs Zehen spielte.

„Nein.“ Andrej schüttelte den Kopf. „Viel kleiner als hier.“

„Echt? Als Solist müsstest du doch richtig Zaster verdienen.“

„Lange Geschichte. Sofa?“ Der gerade verspeiste Toast verwandelte sich in seinem Magen zu einem Zementblock. Was, wenn Bernhard ihn als coolen Typen sehen wollte? Wenn er nur den harten, arrogant wirkenden Andrej mochte? Niemand kannte seine Vergangenheit. Konnte er Bernhard vertrauen? Würde danach alles noch so sein, wie vor der Beichte? Der dunkle Schatten seiner Vergangenheit holte ihn ein. Die Angst vor Bernhards Reaktion ließ das Blut in seinen Adern gefrieren.

„Ich mag lange Geschichten. Lass uns mit einer Decke auf der Couch kuscheln, dann kannst du mir alles erzählen.“ Bernhard stand auf und räumte die Lebensmittel in den Kühlschrank, während Andrej geistesabwesend das Geschirr in die Spüle stellte. Sein Gehirn arbeitete fieberhaft. Vielleicht sollte er einfach ein paar Details weglassen. Zum Beispiel die Scheiße mit dem Onkel. Doch wie sollten Bernhard und er einander vertrauen, wenn er Dinge verschwieg? Er wollte diese Partnerschaft unbedingt. Irgendwo hatte er mal gelesen, dass eine Beziehung harte Arbeit bedeutete. Nun begriff er, was damit gemeint sein könnte, was die Sache jedoch nicht leichter machte.

„Du siehst aus, als wenn du gerade die Atombombe erfindest.“ Bernhards warme Finger strichen zärtlich über seinen Arm. „Ich besorge eine Decke, wenn du uns frischen Kaffee organisierst.“

Wenige Minuten später saß Andrej auf der Couch, Bernhards Kopf auf seinem Schoß. Er war bis zur Taille in eine Bettdecke gehüllt. Vor ihnen, auf dem Couchtisch, dampfte Kaffee in zwei Bechern. Bernhard selbst war bis zum Kinn zugedeckt. Die frische Luft eines verregneten Augusttags drang durch das geöffnete Fenster. Andrej fröstelte und klemmte sich die Decke unter die Achseln.

Inzwischen hatte er sich dazu durchgerungen, Bernhard alles zu erzählen. Er wollte den hübschen, lieben Kerl so sehr, dass er es einfach tun musste, damit nichts zwischen ihnen stand. „Ich stamme aus kleinem Dorf in Ukraine …“, begann er seine Geschichte.

Bernhard lauschte mit wachsendem Entsetzen. Immer, wenn Andrej verzweifelt nach einem Wort suchte, zog er dessen Gesicht zu sich herunter und küsste ihn zärtlich. Das schien zu helfen. Andrej wurde immer sicherer und als er geendet hatte, setzte Bernhard sich auf und umarmte ihn fest. Er spürte sehr deutlich die wachsende Angst, die Andrej empfand. Jeder einzelne Muskel hatte sich während des Sprechens verhärtet, als wenn er sich gegen einen Schlag wappnete.

„Sch-sch. Alles ist gut. Ich bin für dich da und mag dich nun noch mehr“, wisperte er in Andrejs Ohr, streichelte dessen Rücken und hauchte ihm Küsse auf die Schläfen.

„Ich bin schmutzig. Hab mich nicht gewehrt. Willst du einen dreckigen Mann?“, flüsterte Andrej.

„Du hattest keine Wahl. Und du bist nicht schmutzig, du bist wundervoll.“ Bernhard wusste sich keinen besseren Rat, als Andrej so lange zu küssen, bis sie beide atemlos und erregt waren.

---ENDE DER LESEPROBE---