Arztromane Vol. 15 - Sissi Kaipurgay - E-Book

Arztromane Vol. 15 E-Book

Sissi Kaipurgay

5,0
3,99 €

oder
-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
Beschreibung

Steffen hat sich, obwohl bereits über dreißig, noch lange nicht ausgetobt. Als er erfährt, dass er einen mit seinem Vater befreundeten Arzt heiraten soll, um das Familienunternehmen - die Brinkmann Klinik - zu übernehmen, ist er schockiert. Luis Warburg entpuppt sich jedoch als umgänglicher, toleranter Typ. Vielleicht braucht er seinen Lebensstil gar nicht so stark ändern, um weiter im gemachten Nest zu sitzen. Tatsächlich behält er fast alle Freiheiten. Womit er nicht gerechnet hat ist, sein Herz zu verlieren.

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB

Seitenzahl: 158

Bewertungen
5,0 (1 Bewertung)
1
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Inhaltsverzeichnis

Arztromane Vol. 15 - Des Widerspenstigen Zähmung

1.

2.

3.

4.

5.

6.

7.

8.

9.

10.

11.

12.

13.

14.

15.

16.

17.

18.

19.

Epilog - 4 Jahre später

Arztromane Vol. 15 - Des Widerspenstigen Zähmung

Sämtliche Personen, Orte und Begebenheiten sind frei erfunden, Ähnlichkeiten rein zufällig. Der Inhalt dieses Buches sagt nichts über die sexuelle Orientierung des Covermodels aus. Alle Rechte vorbehalten. Nachdruck oder eine andere Verwertung, auch auszugsweise, nur mit schriftlicher Genehmigung der Autorin.

Anmerkung: Es ist nicht so einfach wie geschildert, Pflegeeltern zu werden. Aus dramaturgischen Gründen wurde der Vorgang verkürzt.

Copyright Texte: Sissi Kaipurgay/Kaiserlos

Fotos: Cover: Shutterstock 189875246, Herz: Depositphotos_4160048_l-2015

Cover-Design: Lars Rogmann

Korrektur: Aschure, dankeschön!

Kontakt:http://www.bookrix.de/-sissisuchtkaiser/, https://www.sissikaipurgay.de/

Sissi Kaiserlos/Kaipurgay

c/o Karin Rogmann

Kohlmeisenstieg 19

22399 Hamburg

Arztromane Vol. 15 - Des Widerspenstigen Zähmung

Steffen hat sich, obwohl bereits über dreißig, noch lange nicht ausgetobt. Als er erfährt, dass er einen mit seinem Vater befreundeten Arzt heiraten soll, um das Familienunternehmen - die Brinkmann Klinik - zu übernehmen, ist er schockiert. Luis Warburg entpuppt sich jedoch als umgänglicher, toleranter Typ. Vielleicht braucht er seinen Lebensstil gar nicht so stark ändern, um weiter im gemachten Nest zu sitzen. Tatsächlich behält er fast alle Freiheiten. Womit er nicht gerechnet hat ist, sein Herz zu verlieren.

1.

Einen Drink in der einen, die andere Hand in der Hosentasche vergraben, schaute sich Steffen im Club um. Es gab einige interessante Kandidaten für einen Besuch des Darkrooms. Noch hatte er sich nicht entschieden. Zwei gefielen ihm ausnehmend gut, schienen aber fest liiert zu sein. Seit er sie erspäht hatte, tanzten sie stets mit dem gleichen Partner. Der dritte in der Rangfolge möglicher Sexgespielen blieb der Tanzfläche fern und guckte finster in die Gegend. Badboys standen bei Steffen hoch im Kurs. Manchmal verbarg sich hinter der rauen Fassade ein leidenschaftlicher Typ. Manchmal griff man allerdings auch voll in die Scheiße und erwischte einen, der genauso brutal war, wie er aussah.

Nachdem er sein Glas geleert hatte, pirschte er sich an den Badboy ran. Der Typ nahm erst vom ihm Notiz, als Steffen direkt vor ihm stand. Mann, was für ein Riese! Mit seinen fast eins achtzig war er nicht gerade winzig, doch der Kerl überragte ihn locker um einen Kopf.

Steffen setzte sein schönstes Verführerlächeln auf. „Hi Großer. Du siehst einsam aus.“

„Und du siehst aus, als müsste dir dringend das Loch gestopft werden“, erwiderte der Riese.

Schade. Offenbar handelte es sich um einen Badboy Kategorie 2. „So dringend ist es auch wieder nicht. Hab noch einen schönen Abend.“

Er drehte sich um, kam aber nicht weit, denn der Typ hielt ihn am Handgelenk fest. „Warte! Hab ich was Falsches gesagt?“

Vielleicht bestand doch noch Hoffnung. Er wandte sich wieder um. „Ich verlange ja keine Liebesschwüre, aber etwas mehr Niveau darf schon sein.“

Ein Mundwinkel des Riesen zuckte zu einem schiefen Grinsen hoch. „Okay. Möchtest du was trinken?“

„Gern. Gin-Tonic bitte.“ Er schwang sich auf einen Barhocker und taxierte sein Gegenüber von oben bis unten. Schätzungsweise zwei Meter trainierte Männlichkeit und anscheinend mit Gehirn ausgestattet. Super! Ein Glücksgriff. Etwas Festes suchte er zwar nicht, aber auch One-Night-Stands durften gern etwas für Auge und Verstand bieten.

Am Montagmorgen spürte er immer noch den Prügel, mit dem Timor, so hieß der Riese, ihm den Arsch versilbert hatte. Sie hätten wohl besser auf die dritte Runde, die, genau wie ihre zweite, in Timors Wohnung stattfand, verzichten sollen. Steffen bereute es trotzdem nicht. Guter Sex wurde immer seltener. Da musste man zuschlagen, wenn welcher im Angebot war.

Glücklicherweise hatte er ein Büro für sich allein. So fiel es keinem auf, dass er seine Arbeit vorwiegend im Stehen verrichtete. Sämtliche Verwaltungsmitarbeiter der Klinik, die seinen Eltern gehörte, verfügten über stufenlos höhenverstellbare Schreibtische. Sein Vater war der Meinung, dass die Gesundheit der Mitarbeiter genauso hohe Priorität besaß wie die der Patienten. Es gab daher auch ausschließlich ergonomische Bürostühle und andere Hilfsmittel, um Rückenleiden vorzubeugen.

Eigentlich sollte Steffen Medizin studieren, um irgendwann die Klinik zu übernehmen. Er hatte sich dagegen gewehrt, weil es überhaupt nicht seiner Neigung entsprach. Ihn interessierten Zahlen mehr als das Innenleben von Menschen. Letztendlich hatten seine Eltern die Entscheidung akzeptiert, genau wie die Tatsache, einen schwulen Sohn zu haben.

Anfangs, als er sich mit zwei Kollegen ein Büro teilte, hatte er sich manchmal, nach einem turbulenten Wochenende wie dem letzten, dumme Sprüche eingefangen. Generell galt zwar ein Diskriminierungsverbot, doch das hinderte einige nicht, spitze Bemerkungen zu machen. Mehmet, der nach seiner Meinung bloß neidisch auf seinen geouteten Status war, tat sich dabei besonders hervor. Mit seinem Aufstieg zum Controller - vorher hatte er in der Buchhaltung gearbeitet und den Posten als Altersnachfolge erhalten - stand ihm endlich ein Einzelbüro zu.

Am späten Nachmittag, gerade rüstete er sich für den Feierabend, rief sein Vater an: „Kannst du kurz rüberkommen, mein Sohn?“

„Bin sofort da.“ Er legte auf, schlüpfte in sein Jackett und begab sich in das Büro am Ende des Flures.

Sein Vater war ein gealtertes Ebenbild von ihm. Die ehemals blonden Haare waren vollständig ergraut und die blauen Augen funkelten nicht mehr unternehmungslustig, wie er es aus früheren Tagen kannte. Im Ganzen hatte sich sein Vater aber sehr gut gehalten. Er würde ihn als Fremder auf Anfang fünfzig statt sechzig schätzen.

„Sonntag bist du zum Mittagessen eingeladen. Wir haben einen Gast, also komm bitte in angemessener Kleidung“, verkündete sein Vater.

„Im vollen Ornat oder reichen Hemd und Sakko?“

„Das reicht. Wir erwarten schließlich nicht den Papst.“

„Wen habt ihr denn eingeladen? Bitte nicht wieder den ollen Peters.“ Bei dem Mann handelte es sich um seinen Vorgänger. Aus Mitleid - kurz nach Renteneintritt war er verwitwet - pflegten seine Eltern verstärkt Kontakt zu Hartmut Peters.

„Keine Sorge. Der ist Samstagmittag bei uns.“ Sein Vater seufzte. „Er ist ziemlich anstrengend, nicht wahr?“

Eine Untertreibung. Peters pflegte ohne Punkt und Komma zu reden. Jede noch so kleine Kleinigkeit beschrieb der Mann bis ins Detail. Ins-Koma-reden nannte Steffen diese Eigenart. „Warum tut ihr euch das an?“

„Er hat doch sonst niemanden. Wenn deine Mutter mal nicht mehr ist, werde ich auch dankbar sein, wenn mich jemand ein bisschen umsorgt.“

Die Hoffnung auf Enkel hatten seine Eltern begraben. Den letzten Worten fehlte daher die Schärfe, die sie vor ihrem Akzeptieren innehatten. „Und wer ist nun euer Gast?“

„Luis Warburg.“

„Wie kommt das denn?“ Mit Warburg hatte sein Vater zwar geschäftlich zu tun, aber noch nie privat.

„Hat sich so ergeben“, brummelte sein alter Herr und begann in den Papieren, die auf dem Schreibtisch lagen, zu wühlen. „Das wär’s dann. Ich hab noch zu tun.“

Merkwürdig. Normalerweise wich sein Vater ihm nie aus. Nachdenklich ging Steffen zurück in sein Büro. Plante sein Vater, an Warburg zu verkaufen? Seine Eltern machten keinen Hehl daraus, sich bald aufs Altenteil zurückziehen zu wollen. In zwei Jahren wurde sein Vater 65, seine Mutter 59. Sie planten, ihren Lebensabend in vollen Zügen zu genießen, was er ihnen von Herzen gönnte. Jahrelang hatten sie sich für die Klinik aufgeopfert. Da war es nur allzu verständlich, dass sie endlich kürzertreten wollten.

Während er den kurzen Fußweg nach Hause - die Klinik lag nur rund zehn Minuten von seiner Wohnung entfernt - zurücklegte, grübelte er über die möglichen Konsequenzen nach einer Übernahme durch Warburg. Bestimmt würde er seinen Posten schnell verlieren. Warburg besaß schließlich eine eigene Verwaltung. Außerdem wäre es schmerzlich, das Familienunternehmen zu verlieren.

Wirklich schade, dass er keine Geschwister hatte, die in die Fußstapfen seiner Eltern treten könnten. Als Einzelkind wog die Verantwortung doppelt schwer. Lange hatte er mit sich gerungen, ob er nicht doch die Medizinerlaufbahn einschlagen wollte. Schlussendlich musste er sich aber der Tatsache stellen, dass ihm dafür das Herzblut fehlte. Das gehörte nun mal zu solchem Beruf, wie eigentlich zu allen. Tat man etwas ohne Enthusiasmus, kam Mist dabei raus.

In den folgenden Tagen entwickelte er verschiedene Verschwörungstheorien bezüglich Warburgs Besuchs. Vielleicht wollte jener erstmal auskundschaften, ob eine Übernahme möglich war oder an vertrauliche Informationen gelangen. Letzteres war allerdings eher unwahrscheinlich, da die Unternehmen in verschiedenen Gebieten praktizierten. Warburg führte ausschließlich Schönheitsoperationen durch, die Brinkmannsche Klinik hingegen nur notwendige Eingriffe. Oder wollte sich seine Mutter unters Messer legen? Sie hatte in letzter Zeit oft - im scherzhaften Tonfall - von einer Gesichtsstraffung gesprochen. Oder strebte Warburg eine Kooperation an, um schiefgelaufene OPs zu vertuschen?

Am Samstagnachmittag recherchierte er im Internet die Quote von verpfuschten Schönheits-OPs in Warburgs Klinik. Nicht alle Patienten waren mit dem Ergebnis zufrieden, aber schwerwiegende Fehler wurden nirgends erwähnt. Übrigens war Warburg auch im Sektor rekonstruktive Chirurgie tätig. Seine Fähigkeiten in diesem Bereich wurden hochgelobt. Das durch einen Unfall entstellte Gesicht einer Frau war von dem Doktor nahezu in den Urzustand versetzt worden, was eine Bildergalerie bewies. Die Dame sah hinterher sogar noch schöner aus als vorher.

Abends traf er sich mit ein paar Kumpels in ihrer Stammkneipe. Da er generell nicht aus dem Nähkästchen plauderte, behielt er seine Sorgen für sich. Völlig ungewohnt für ihn beteiligte er sich nicht an der Unterhaltung, die sich um Sport und Tagespolitik drehte. Als einer der ersten brach er auf, um ein bisschen Vergessen in anonymem Sex zu finden.

Am nächsten Morgen brannte sein Hintern. Timor hatte wieder zugeschlagen, diesmal allerdings nur eine Runde lang, dafür umso heftiger. Ein bisschen Zinksalbe schaffte Abhilfe. Als er sich fürs Mittagsmahl umzog, war das Brennen schon fast Geschichte.

Seine Eltern wohnten nur zwei Häuser entfernt. Sie respektierten gegenseitig ihre Privatsphäre, so dass er nicht mit unangemeldeten Besuchen rechnen brauchte. Andernfalls hätte er sich eine Wohnung am anderen Ende der Stadt gesucht. Nichts gegen Familie, aber bitte nur in geringen Dosen.

Auf sein Läuten hin öffnete seine Mutter und ließ sich auf die Wange küssen, bevor sie zurück in die Küche eilte. Kochen wäre ihr Ausgleich zu dem stressigen Job in der Klinik, behauptete sie stets. So recht konnte Steffen das nicht glauben. Entspannung sah für ihn anders aus, als mit hektisch geröteten Wangen am Herd zu stehen.

Im Wohnzimmer war der Esstisch bereits gedeckt. Seinen Vater fand er im Arbeitszimmer, beziehungsweise der Bibliothek, wie seine Eltern den Raum zu nennen pflegten. Eine Wand war mit Bücherregalen zugestellt, hauptsächlich Fachliteratur. Ansonsten gab es nichts, was diesen Namen rechtfertigte: Nüchterne Büromöbel, weiße Wände und Neonbeleuchtung.

Sein Vater schaute von der Zeitschrift, in der er blätterte, auf und schenkte ihm ein liebevolles Lächeln. „Hallo Sohn. Gut siehst du aus.“

„Danke. Du auch.“ Er zwinkerte seinem Vater zu und strich sich übers glattrasierte Kinn.

„Ach, das Alter nagt an einem.“ Sein Vater klappte das Magazin zu, stand auf und umrundete den Schreibtisch. „Mal gucken, ob Luis mir einen guten Preis für eine Botox-Behandlung macht.“

„Du lässt bitte nicht an dir rumexperimentieren!“ Die Vorstellung seines Vaters mit eingefrorenen Gesichtszügen war entsetzlich.

„Das war nur ein Scherz, mein Schatz.“ Begütigend klopfte sein Vater ihm auf die Schulter. „Lass uns gucken, was deine Mutter treibt.“

Kaum hatten sie das Arbeitszimmer verlassen, da ertönte die Türglocke. Sein Vater steuerte die Haustür an.

Steffen gesellte sich zu seiner Mutter. „Kann ich was helfen?“

„Probier bitte die Sauce“, bat sie und reichte ihm einen Teelöffel.

Er gehorchte. „Lecker!“

„Genug Salz?“

„Auf jeden Fall. Höchstens noch ein bisschen Pfeffer.“

„Ich rufe dich, wenn ich Hilfe brauche. Nun geh und kümmere dich um unseren Gast.“ Sie tätschelte seine Wange.

Als er ins Wohnzimmer trat, richteten sich zwei Paar Augen auf ihn. Von Warburg hatte er sich Fotos im Internet angeschaut, doch sie wurden dem Mann nicht gerecht. In live sah er viel besser aus, was vielleicht an dem charmanten Lächeln lag, das er Steffen zuwarf. Die silbernen Schläfen waren nicht sein Ding, - er hatte keinen Daddy-Komplex - standen Warburg echt gut. Jeans, ein blau-weiß gestreiftes Hemd und farblich passendes Jackett rundeten das Gesamtbild ab.

„Mein Sohn Steffen“, stellte sein Vater ihn vor. „Er leitet das Controlling an unserer Klinik.“

Leiten? Ha-ha! Er war der einzige Mitarbeiter und leitete somit nur sich selbst. „Freut mich, Ihre Bekanntschaft zu machen.“

„Lass uns gleich zum Du übergehen“, bat Warburg, reichte ihm die Hand und musterte ihn eindringlich. „Ich bin Luis.“

Irgendwie kam sich Steffen vor wie auf einer Pferdeauktion. Prüfte Warburg als nächstes sein Gebiss? Die Vorstellung entlockte ihm ein Grinsen.

„Steffen!“, ertönte die Stimme seiner Mutter. „Kommst du bitte mal?“

2.

Beim Essen erfuhr Steffen, dass Warburg einmal pro Monat bei einer Organisation aushalf, die sich um männliche Prostituierte kümmerte. Sie nannte sich Straßenkids e.V. und das Projekt Doktor St. Georg.

„Eigentlich ist es unverantwortlich die Männer zu behandeln, nur damit sie wieder für osteuropäische Zuhälter Geld anschaffen, aber letztendlich geht es um Menschen“, meinte Luis, gefolgt von einem Seufzer. „Ich will damit nicht sagen, dass die osteuropäische brutaler ist als die westliche Sorte. Schwarze Schafe gibt es überall.“

„Sind Zuhälter nicht generell schwarze Schafe?“, mischte sich Steffen, der bisher bloß zugehört hatte, ein.

„Sind sie nicht lediglich die illegale Variante von Zeitarbeitsfirmen und ähnlichen Unternehmen, die Arbeitskräfte vermieten? Man denke nur an den Skandal um diesen Fleischverarbeitungsbetrieb, der solche Menschen ausgebeutet hat und wahrscheinlich immer noch tut“, meinte sein Vater mit grimmiger Miene.

„Also, dieser Braten ...“ Seine Mutter wies mit der Gabel auf den kümmerlichen Rest Lammkeule. „... stammt von einem Bio-Schlachter.“

„Übrigens: Dein Essen ist vorzüglich, liebe Maria“, lobte Luis.

„Finde ich auch“, stimmte Steffen zu.

„Du hast ausgezeichnet gekocht“, flötete sein Vater, beugte sich zu seiner Mutter und küsste sie auf die Wange.

Die weitere Unterhaltung drehte sich um Lebensmittelpreise und bevorzugte Einkaufsquellen für Biokost. Vermutlich sparte sich sein Vater das geschäftliche Gespräch für nach dem Dessert auf. Gegenüber seiner Mutter, die sich sehr viel Mühe mit dem Mittagsmahl gegeben hatte, sehr höflich, doch ungewöhnlich für seinen Erzeuger. Sonst pflegte sein Vater mit der Tür ins Haus zu fallen.

Zum Nachtisch gab es Schokoladeneis mit Birnenkompott. Als alle ihre Schüsselchen geleert hatten und Steffen Anstalten machte, den Tisch abzuräumen, hielt sein Vater ihn auf: „Lass, das mache ich. Luis möchte sich gern unter vier Augen mit dir unterhalten. Führe ihn doch bitte in die Bibliothek.“

Stand sein Kündigungsgespräch schon bevor? Ihm wurde mulmig zumute. Plötzlich fand er Luis‘ Lächeln nicht mehr charmant, sondern haifischähnlich. Die grinsten doch auch so, bevor sie ihr Opfer verspeisten.

„Dann folge mir bitte“, wandte er sich an Luis, erhob sich und ging voran.

Luis betrat das Arbeitszimmer hinter ihm, schloss die Tür, lehnte sich dagegen und schob beide Hände in die Hosentaschen. „Wie stehst du zu Kindern?“

Was sollte das denn? „Ähm ... keine Ahnung. In meinem Lebensplan sind keine vorgesehen.“ Schon mangels Möglichkeiten, jemals schwanger zu werden oder einen anderen Mann zu schwängern.

„Und generell?“

„Warum fragst du?“

Luis stieß sich von der Tür ab, wanderte zum Fenster, guckte kurz hinaus und drehte sich wieder in seine Richtung. „Ich plane, zwei Kinder zu adoptieren, wofür eine Eheschließung hilfreich wäre. Willst du mich heiraten?“

Luis war schwul? Und wollte ihn heiraten? Oder war nicht schwul und wollte ihn trotzdem heiraten. Bestimmt hatte er sich verhört. „Wie bitte?“

„Sorry, dass ich dich damit so überfalle.“ Luis hockte sich auf die Schreibtischkante. „Ich suche einen Ehepartner, der die Kinder mit mir zusammen großzieht. Du erscheinst mir dafür geeignet.“

Mit seinen Ohren stimmte wohl etwas nicht. Hatte Luis echt Ehe und heiraten gesagt?

„Bewahrt dein Vater hier irgendwo Alkoholisches auf? Du siehst aus, als könntest du einen Drink gebrauchen“, stellte Luis fest und schaute sich suchend um.

Ein Drink würde nicht reichen. Er schüttelte den Kopf und ließ sich auf einem Stuhl nieder. „Hast du mir echt gerade einen Heiratsantrag gemacht?“

Luis nickte.

„Also, nimm’s bitte nicht persönlich, aber das wird nichts. Ich bin für die Ehe nicht geschaffen.“

Genau diesen Moment suchte sich sein Vater aus, um in den Raum zu platzen, ein Tablett in den Händen und singsangte: „Kaffee und harte Getränke.“

Deshalb hatte sein Alter so rumgedruckst! Unglaublich! Seine Eltern versuchten, ihm eine Ehe aufzudrängen! Steffen fehlten die Worte.

„Und? Wie hat er’s aufgenommen?“, richtete sein Vater das Wort an Luis und stellte das Tablett auf den Schreibtisch.

Steffen sprang auf. „Diese Unterhaltung ist beendet. Ich gehe.“

„Du bleibst!“, bellte sein Vater, der sonst nie laut wurde, woraufhin er erschrocken zurück auf den Stuhl sank. „Eine Verbindung mit Luis wäre auch zu deinem Vorteil. Mit ihm an deiner Seite könntest du die Klinik leiten. Ohne ihn fehlt dir die Fachkenntnis dafür.“

So sah es also aus: Erpressung. Entweder schluckte er den bitteren Köder, oder die Klinik ging in fremde Hände. „Ich könnte einen Geschäftsführer einstellen.“

„Es braucht einen Mediziner, um das Unternehmen zu führen, keinen Zahlenjongleur“, widersprach sein Vater. „Wer möchte Kaffee?“

„Ich brauche einen Cognac“, brummelte Steffen.

Wortlos reichte sein Vater ihm einen Schwenker, in dem bernsteinfarbene Flüssigkeit schimmerte. Er leerte das Glas in einem Zug. Garantiert handelte es sich um arschteures Gesöff, doch das war ihm scheißegal. Seine Zukunft wurde ihm gerade verbaut. Wie konnte er sich aus der Affäre ziehen?

„Ich glaube, Steffen braucht ein bisschen Bedenkzeit“, beendete Luis das eingetretene Schweigen. „Bräuchte ich an seiner Stelle ja auch. Zu der Ehe möchte ich noch anmerken, dass es sich lediglich um eine Formalie handelt. Daraus ergeben sich keinerlei Verpflichtungen, mit Ausnahme der, nach außen hin den Schein zu wahren. Natürlich auch den Kindern gegenüber. Die sollen ja schließlich in einer heilen Familie aufwachsen.“

„Warum hast du mich nicht vorgewarnt?

---ENDE DER LESEPROBE---