Bankenaufsicht im Dialog 2017 -  - E-Book

Bankenaufsicht im Dialog 2017 E-Book

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Beschreibung

2017 ist ein besonders spannendes Jahr für Bankenregulierung und -aufsicht. Gegenwärtig ist noch immer der Abschluss des Basel-III-Rahmenwerkes eine offene Baustelle. Während wesentliche Teile des neuen Regulierungsrahmens schon fertiggestellt sind, steht bei anderen, gleichwohl zentralen Reformelementen die Einigung noch aus. Insbesondere geht es dabei um die neuen Vorgaben zur Berechnung der risikogewichteten Aktiva als Bestandteil zur Ermittlung der Eigenmittelanforderungen. Im Baseler Ausschuss kommt es nun darauf an, möglichst noch in diesem Jahr die offenen Punkte zu klären und damit Basel III abzuschließen. Basel III ist aber beileibe nicht die einzige Herausforderung, vor der deutsche Banken und Sparkassen stehen – auch das Marktumfeld ist nicht mehr dasselbe wie noch vor der Krise und die Institute müssen sich daran anpassen. Dieser Veränderungsdruck resultiert neben der neuen Regulierung auch aus einem zurzeit vorherrschenden historisch niedrigen Zinsniveau, das Banken und Sparkassen zwingt, ihre Geschäftsmodelle auf den Prüfstand zu stellen. Die zunehmende Digitalisierung des Bankgeschäfts und die damit einhergehenden Veränderungen im Wettbewerb müssen ebenfalls gebührende Beachtung finden. Aber auch wenn das Umfeld sich wandelt, das Ziel sowohl für Aufseher als auch für Banken und Sparkassen bleibt beständig: die Stabilität des Banken- und Finanzsystems. Dieses Ziel gilt es zu bewahren und zu verteidigen. Und bekanntlich können Ziele am besten erreicht werden, wenn alle Beteiligten an einem Strang ziehen. Das setzt aber voraus, dass über die Ziele und die Art und Weise, wie sie zu verfolgen sind, miteinander diskutiert wird. Eine der Gelegenheiten für diesen Diskurs bietet das jährliche Bankensymposium, das die Bundesbank seit vielen Jahren gemeinsam mit der Zeitschrift für das gesamte Kreditwesen ausrichtet. Die Ergebnisse des diesjährigen Symposiums sind in diesem nunmehr dritten Band der Schriftenreihe zusammengefasst.

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Seitenzahl: 190

Veröffentlichungsjahr: 2017

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Schriftenreihe zum Bundesbank Symposium

Herausgegeben von Andreas Dombret

Bankenaufsicht im Dialog2017

Band 3

Besuchen Sie uns auch im Internet unter

www.kreditwesen.de

eISBN 978-3-8314-0882-5

© 2017 by Fritz Knapp Verlag GmbH, Frankfurt am Main

Gestaltung : Service & Agentur H. Nöbel, Hofheim/Ts.

Satz : DASACOM, Dirk Schüler, Hofheim/Ts.

Grußwort

Herausforderungen bleiben bestehen – Bankenaufsicht und Bankenregulierung im Jahr 2017

2017 ist ein besonders spannendes Jahr für Bankenregulierung und -aufsicht. Gegenwärtig ist noch immer der Abschluss des Basel-III-Rahmenwerkes eine offene Baustelle. Während wesentliche Teile des neuen Regulierungsrahmens schon fertiggestellt sind, steht bei anderen, gleichwohl zentralen Reformelementen die Einigung noch aus. Insbesondere geht es dabei um die neuen Vorgaben zur Berechnung der risikogewichteten Aktiva als Bestandteil zur Ermittlung der Eigenmittelanforderungen. Im Baseler Ausschuss kommt es nun darauf an, möglichst noch in diesem Jahr die offenen Punkte zu klären und damit Basel III abzuschließen.

Nach seiner Fertigstellung wird das Basel-III-Abkommen seinen Beitrag dazu leisten, das Finanzsystem als Ganzes stabiler und sicherer zu machen – und dies durch seine internationale Gültigkeit möglichst flächendeckend. Sobald die Einigung des Baseler Ausschusses vorliegt, kommt es für uns in Europa darauf an, die Regeln in die europäische Regulierung zu überführen und umzusetzen.

Dabei ist es von großer Bedeutung für die deutschen Banken und Sparkassen, dass sie die Auswirkungen der Reform gut verkraften. Unsere internen Auswirkungsstudien zeigen, dass die künftigen Anforderungen aus Basel für deutsche Institute zu bewältigen sein werden. Insbesondere ist insgesamt mit keinem wesentlichen Anstieg der risikogewichteten Aktiva und damit der Eigenkapitalanforderungen zu rechnen. Natürlich ist der Handlungsbedarf je nach Institut unterschiedlich und einzelne Institute werden stärker von den Vorschlägen aus Basel betroffen sein als andere. Wenngleich das abschließende Paket zu Basel III für manches Institut also zur Herausforderung wird, sollte diese zu bewältigen sein. Dafür sollen nicht zuletzt lange Übergangsfristen sorgen.

Basel III ist aber beileibe nicht die einzige Herausforderung, vor der deutsche Banken und Sparkassen stehen – auch das Marktumfeld ist nicht mehr dasselbe wie noch vor der Krise und die Institute müssen sich daran anpassen. Dieser Veränderungsdruck resultiert sowohl aus der neuen Regulierung als auch aus dem zurzeit vorherrschenden niedrigen Zinsniveau, das Banken und Sparkassen zwingt, ihre Geschäftsmodelle auf den Prüfstand zu stellen. Die zunehmende Digitalisierung des Bankgeschäfts und die damit einhergehenden Veränderungen im Wettbewerb müssen ebenfalls gebührende Beachtung finden.

Aber auch wenn das Umfeld sich wandelt, das Ziel sowohl für Aufseher als auch für Banken und Sparkassen bleibt beständig: die Stabilität des Banken- und Finanzsystems. Dieses Ziel gilt es zu bewahren und zu verteidigen. Und bekanntlich können Ziele am besten erreicht werden, wenn alle Beteiligten an einem Strang ziehen. Das setzt aber voraus, dass über die Ziele und die Art und Weise, wie sie zu verfolgen sind, miteinander diskutiert wird. Eine der Gelegenheiten für diesen Diskurs bietet das jährliche Bankensymposium, das die Bundesbank seit vielen Jahren gemeinsam mit der Zeitschrift für das gesamte Kreditwesen ausrichtet.

Die Ergebnisse des diesjährigen Symposiums sind in diesem nunmehr dritten Band der Schriftenreihe zur Dokumentation der Bankensymposien zusammengetragen und sollen einen Überblick über aktuelle Themen von Bankern und Bankenaufsehern geben.

Das nächste Bundesbank Symposium wird am 7. März 2018 in Frankfurt am Main stattfinden. Ich freue mich, Sie dann wieder in Frankfurt begrüßen zu dürfen.

Frankfurt am Main, Juni 2017

Andreas Dombret

Inhaltsverzeichnis

Grußwort

Kapitel 1:Finalisierung von Basel III

Basel III – das Ziel vor Augen

von Andreas Dombret

Finalisierung von Basel III

von Stefan Ingves

Möglichkeiten und Grenzen globaler Bankenregulierung

von Felix Hufeld

Anmerkungen zu Basel III aus Sicht eines Instituts

von Marcus Schenck

Kapitel 2:Kapital, Puffer, Leverage, SREP und Liquidität: Herausforderungen der Institutssteuerung unter multiplen Mindestanforderungen

Herausforderungen der Institutssteuerung

von Erich Loeper

Podiumsdiskussion mit:

Herbert Hans Grüntker, Erich Loeper, Hermann J. Merkens, Andreas Pfingsten, Marcus Schenck und Philipp Otto (Moderator)

Kapitel 3:Bankenaufsicht und Digitalisierung

Bankenaufsicht und Digitalisierung

von Jens Spahn

Kapitel 4:Geschäftsmodelle auf dem Prüfstand – fit für die Zukunft?

Geschäftsmodelle auf dem Prüfstand – die Geschäftsmodellanalyse des SSM

von Rolf Klug

Podiumsdiskussion mit:

Andreas Dombret, Wolfgang Kirsch, Rolf Klug, Jan Pieter Krahnen, Robert Restani, Carola Gräfin von Schmettow und Philipp Otto (Moderator)

Anhang

Programm Bundesbank Symposium 2017

Teilnehmerverzeichnis

Kapitel 1

Finalisierung von Basel III

Dr. Andreas Dombret

Mitglied des VorstandesDeutsche Bundesbank

Andreas Dombret

Basel III – das Ziel vor Augen

1.Einführung

Vor genau einer Woche machte eine Sensationsmeldung die Runde. Nein, der Baseler Ausschuss hat nicht etwa pünktlich zu unserem Symposium das Reformpaket Basel III fertiggestellt. So groß ist der Einfluss dieses Symposiums dann leider doch nicht …

Ich spreche von einem Sensationsfund in Ägypten: Dort haben Forscher eine sieben Tonnen schwere und neun Meter große Statue von Ramses dem Zweiten entdeckt.

Aber was hat Ramses der Zweite mit Basel der Dritten zu tun? Diese Frage möchte ich erst ganz am Schluss beantworten.

2.Ziel erreicht? Der aktuelle Verhandlungsstand

Wir stehen davor, die Baseler Reformen abzuschließen. Und je näher das Ende rückt, desto mehr Gedanken machen wir uns darüber, was die Reformen bedeuten werden. Und dabei geraten viele Institute in Sorge, nicht zuletzt in Deutschland. Wie wird das Gesamtpaket am Ende aussehen? Werden die neuen Standards zu streng sein? Und wie können die neuen Anforderungen erfüllt werden?

Das alles sind Fragen, die gestellt werden, und sie werden völlig zu Recht gestellt. Immerhin haben Banken und Sparkassen seit der Finanzkrise sehr weitreichende Reformen erlebt. Und sie fürchten, dass die Reformen noch weitergehen und sie vielleicht sogar überfordern. Deshalb wird die Reform ja auch oft „Basel IV“ genannt …

Aber wie begründet sind diese Befürchtungen? Lassen Sie uns dabei auf die Fakten schauen. Auf welchem Stand befinden sich die Verhandlungen und was ist zu erwarten?

Zunächst möchte ich eines in Erinnerung rufen: Basel III ist zu einem großen Teil bereits vollständig verhandelt und umgesetzt. Richtig ist aber auch, dass die letzten Teile noch fehlen. Das betrifft insbesondere die neuen Vorgaben zur Berechnung der risikogewichteten Aktiva. Darum geht es in den noch laufenden Verhandlungen.

Seit Ende letzten Jahres haben wir in Basel echte Fortschritte gemacht. Es ist uns im Ausschuss gelungen, in fast allen offenen Punkten einen Konsens zu erzielen. Dabei wurden nicht zuletzt wichtige Anliegen berücksichtigt, die von deutscher Seite eingebracht wurden.

Nehmen wir das Beispiel der Immobilienkredite – ein wichtiges Geschäftsfeld für Banken, nicht nur in Deutschland. Hier hat sich die deutsche Seite erfolgreich dafür eingesetzt, dass regionale Unterschiede besser berücksichtigt werden. Denn während in den meisten anderen Ländern weniger strenge Standards zum Einsatz kommen, erfolgt die Wertermittlung für Immobiliensicherheiten in Deutschland besonders konservativ. Wir waren immer der Ansicht, dass diese unterschiedlichen Methoden in den Baseler Standards nicht gleichbehandelt werden dürfen. Alles andere würde den globalen Wettbewerb verzerren – und solche Institute bestrafen, die Risiken aus Immobilienfinanzierungen besonders vorsichtig bewerten.

Ein weiteres Beispiel sind die internen Modelle zur Schätzung der Kreditrisiken. Die Bundesbank hat sich stets gegen eine allzu weitreichende Einschränkung dieser Modelle gestellt. Denn die Verwendung von Modellen ist immer risikosensitiver als die Berechnung des Eigenkapitals mit dem Standardansatz. Auch hier konnten wir einen ausgewogenen Kompromiss auf den Tisch legen. Das Gleiche gilt für die Messung des operationellen Risikos und für die Details der Verschuldungsobergrenze.

Bei der Finalisierung von Basel III ist mir besonders wichtig, dass wir bei aller Begrenzung der internen Modelle die Risikosensitivität weiterhin im Blick behalten. Denn beide Extreme – sowohl eine von den Risiken unabhängige Unterlegung mit Kapital als auch eine unbeschränkte bankeigene Modellierung von Risiken – haben Nebenwirkungen, die wir nicht wollen.

Wir können mit dem aktuellen Verhandlungsstand im Großen und Ganzen recht zufrieden sein. Ich möchte dabei aber nicht verhehlen, dass es noch einige offene Punkte gibt. Einer davon ist der Vorschlag, eine neue Untergrenze für die risikogewichteten Aktiva einzuführen, den sogenannten Output Floor. Dieser wäre von den Instituten anzuwenden, die interne Modelle verwenden – also vor allem von den großen Häusern.

Ich verrate kein Geheimnis, wenn ich sage, dass die deutsche Aufsicht diesen Vorschlag kritisch gesehen hat. Die Untergrenze dient dazu, die übermäßigen Schwankungen bei der Berechnung der risikogewichteten Aktiva zu begrenzen. Allerdings muss sie mit Bedacht festgelegt werden; eine zu hohe Hürde setzt schlicht falsche Anreize. Denn die Modellberechnungen sind aus guten Gründen so angelegt, dass höhere Risiken mehr Kapital erfordern und geringere Risiken weniger. Würde dieser einfache Grundsatz durch eine zu hohe Untergrenze ausgehebelt, ginge das zu Lasten der Risikosensitivität. Damit würden die Anreize für eine risikoorientierte Steuerung im Bankgeschäft abnehmen. Im Übrigen verwenden in Deutschland weniger als 50 Banken interne Modelle – von insgesamt knapp 1900 Instituten, die wir beaufsichtigen. Damit ist die Anzahl der Institute, die von einem Output Floor betroffen sind, vergleichsweise gering, auch wenn dies natürlich besonders relevante Institute sind.

Hinzu kommt, dass wir mit der Verschuldungsobergrenze – der Leverage Ratio – heute bereits eine schlagkräftige Verteidigungslinie haben. Sie stellt zusätzliche Mindestanforderungen an das Eigenkapital, die verhindern, dass interne Modelle für ein „Kleinrechnen“ des Kapitalbedarfs missbraucht werden. Dieser Schutz ist gut und stellt gegenüber den aktuellen Bestimmungen der europäischen Regulierung eine Verbesserung dar.

In den Verhandlungen werden wir deshalb weiterhin dafür einstehen, dass kein zu hoher Output Floor eingeführt wird. Dafür besteht keine Notwendigkeit – und es wäre sogar schädlich. Ein zu hoher Output Floor ist mit uns schlicht nicht zu machen.

Die Verhandlungen sind alles in allem auf einem guten Weg. Wie geht es nun weiter?

Im Baseler Ausschuss herrscht Einigkeit, dass wir weiter daran arbeiten werden, Klarheit und Planungssicherheit für alle Marktteilnehmer zu schaffen. Und das möglichst bald. Aber auch, weil sich mit den USA gerade ein wichtiger Verhandlungspartner neu formiert, werde ich mich nicht auf einen Zeitplan festlegen. Wir für unseren Teil bleiben am Verhandlungstisch und sind zu jeder Zeit bereit, nach Gemeinsamkeiten zu suchen. Dabei müssen wir aber natürlich berücksichtigen, dass die Bankensysteme in Europa und den USA unterschiedlich sind und dass alle Verhandlungspartner mit den neuen Regeln leben können müssen. Schließlich geht es um weltweite Mindeststandards – um nicht mehr und nicht weniger.

Entscheidend ist auch nicht die Geschwindigkeit. Entscheidend ist vielmehr das Verhandlungsergebnis. Und ein gutes Ergebnis haben wir nach meiner Auffassung dann erreicht, wenn es die übermäßigen Schwankungen bei der Berechnung der risikogewichteten Aktiva reduziert, ohne dabei den Grundsatz der Risikosensitivität aufzugeben.

3.Nicht über das Ziel hinaus: Die Auswirkungen auf deutsche Institute sind begrenzt

Zum Erfolg gehört aber auch, dass Banken und Sparkassen die Auswirkungen der Reform verkraften können und ihnen der Übergang in die neue Regulierungswelt gelingt.

Unsere internen Auswirkungsstudien zeigen ganz klar, dass die künftigen Anforderungen aus Basel für deutsche Institute zu bewältigen sind, sofern wir die Reform wie beabsichtigt abschließen. Ich werte es aus deutscher Sicht als Verhandlungserfolg, dass ein Regelwerk, das die Besonderheiten in 28 Ländern und Gemeinschaften zu berücksichtigen hat, ein so hohes Maß an regionaler Ausgewogenheit herstellt.

Welche Auswirkungen erwarten wir im Detail für die deutschen Banken und Sparkassen? Um verlässliche Aussagen darüber machen zu können, haben wir die letzten Zahlen des Baseler Ausschusses herangezogen und um eigene Berechnungen ergänzt. Unsere Szenarien bilden damit den aktuellen Verhandlungsstand ab.

Im Ergebnis sehen wir für die meisten teilnehmenden Institute keinen wesentlichen Anstieg der risikogewichteten Aktiva und damit der Eigenkapitalanforderungen. Konkret bedeutet das für Deutschland für viele Banken geringe Anstiege von im Mittel unter 5 Prozent. Mitunter sehen wir sogar einen Rückgang der Kapitalanforderungen. Befürchtungen über starke Anstiege der Eigenkapitalanforderungen im gesamten deutschen Finanzsystem kann ich nicht bestätigen – im Gegenteil. Die Panik, die mitunter zu spüren war, ist also nicht mehr angemessen. Um es ganz deutlich zu sagen: Es ist an der Zeit, dass Kritiker, statt bei Basel III auf die Barrikaden zu gehen, den Blick nach vorn richten.

Ich möchte dabei eines nicht kleinreden: Je nach Institut gibt es natürlich unterschiedlichen Handlungsbedarf. Einzelne Institute sind durchaus von den Vorschlägen aus Basel betroffen. Auf diese besonders betroffenen Institute können sehr wohl erhöhte Eigenkapitalanforderungen zukommen, in wenigen Ausnahmefällen sogar mehr als 20 Prozent. Das liegt vor allem am angedachten Output Floor. Dieser ist für die Mehrheit der großen deutschen Banken bindend, allerdings in einem sehr unterschiedlichen Ausmaß. Dies bedeutet aber auch, dass gerade die Sparkassen und Genossenschaftsinstitute, die in erster Linie den Standardansatz verwenden, kaum betroffen sind und teilweise von Basel III sogar profitieren.

Basel III zu erfüllen, ist für die am meisten betroffenen Institute zweifellos eine nicht zu unterschätzende Herausforderung. Doch auch für sie – und es handelt sich um eine überschaubare Anzahl von Instituten – halte ich die Reformauswirkungen für tragbar. Erstens lehrt die Erfahrung, dass Vorabrechnungen die tatsächlichen Anforderungen eher überals unterschätzen. Das liegt schon daran, dass wir die Bankbilanz zu einem bestimmten Stichtag betrachten und Reaktionen der Bank, wie zum Beispiel Umstrukturierungen auf der Aktivseite, nicht berücksichtigen. Hier sehe ich aber nennenswerten Spielraum für einige Institute. So ist die Eigenkapitalquote deutscher Banken und Sparkassen seit September vergangenen Jahres um über einen halben Prozentpunkt auf nunmehr 16,2 Prozent gestiegen. Und das lag insbesondere am Abbau risikogewichteter Aktiva.

Zweitens werden die neuen Regeln nicht über Nacht kommen. Geplant sind längere Umsetzungsfristen, die allen Instituten einen angemessenen Spielraum für den Übergang lassen. Dadurch verlängert sich der Zeitraum, in dem Institute beispielsweise Gewinne einbehalten können, um ihre Eigenkapitalbasis zu stärken. Auch die Aufnahme frischen Kapitals gelingt womöglich leichter, wenn ein gutes Marktumfeld abgewartet werden kann. Und nicht zuletzt bieten die Übergangsfristen genügend Zeit, Geschäftsmodelle auf Herz und Nieren zu prüfen. Als deutscher Vertreter im Baseler Ausschuss werde ich mich für ausreichende Übergangsregelungen einsetzen.

Während die einen Institute nacharbeiten müssen, wird die Mehrheit der deutschen Institute kaum Handlungsbedarf haben. Dies trifft insbesondere auf kleine und mittlere Banken zu.

4.Das Ziel im Blick behalten: Basel III im Zusammenhang

Damit möchte ich von den unmittelbaren zu den längerfristigen Auswirkungen der Basel-III-Reformen übergehen. Denn das Regelwerk hat den anspruchsvollen Auftrag, globale Standards für das Bankensystem festzuschreiben – möglichst über viele Jahre hinweg.

Das bekommen die Banken natürlich ganz konkret zu spüren; auf unterschiedliche Art und Weise. Denn die Institute werden unterm Strich unterschiedlich beoder auch entlastet. Und das ist kein unerwünschter Nebeneffekt der Reform, sondern ihre wesentliche Leistung. Bei den Baseler Reformen soll es schließlich darum gehen, Anreize für ein verantwortliches Bankmanagement zu setzen. Und das erfolgt am besten über Risikogewichte. Solche Anreize funktionieren natürlich in beide Richtungen: Sie verteuern bestimmte Aktivitäten und machen andere attraktiver. Insgesamt, so bin ich überzeugt, profitieren alle von der in Zukunft faireren Verteilung der Kapitalanforderungen innerhalb der Branche.

Zudem kann die erfolgreiche Umsetzung des Reformpakets dazu beitragen, dass sich die Märkte weiter beruhigen. Das wird sich sicherlich auszahlen – schließlich konnten wir im vergangenen Jahr zunehmend Ängste vor einer Unterkapitalisierung europäischer Banken beobachten, wodurch deren Risikoprämien immer weiter stiegen.

Basel III ist nicht dazu gedacht, den Instituten Steine in den Weg zu legen. Im Gegenteil: Langfristig, davon bin ich überzeugt, profitiert die Branche von besseren Regeln.

Die neuerdings in den USA geführte Debatte um Deregulierung bereitet mir daher Sorge. Sollten die USA Basel III nicht einführen, werden wir in Europa die neuen Regeln sicherlich nicht einseitig einführen – die ganze Welt ist dann die Leidtragende. Diese Lektion aus Basel II haben wir gelernt. Ich habe natürlich Verständnis dafür, dass die vielen regulatorischen Änderungen der letzten Jahre einen großen Aufwand bedeuten, den insbesondere kleinere Institute stark zu spüren bekommen. Und ich bin fest überzeugt davon, dass Basel III nicht in allen Einzelheiten für die Regionalbank von nebenan gelten muss.

Daher begrüße ich es, dass in Europa die Debatte um mehr Verhältnismäßigkeit in der Regulierung an Fahrt gewonnen hat. Wir sollten unvoreingenommen prüfen, ob hierzulande das komplette Basel-III-Rahmenwerk wirklich auf alle Banken und Sparkassen angewendet werden soll oder ob nicht etwas mehr Leichtigkeit in Form von Ausnahmen für kleinere Institute sinnvoll ist. Damit meine ich in erster Linie Ausnahmen bei den operativen Anforderungen. Bei Kapital- und Liquiditätsanforderungen hingegen kann und darf es auch künftig keine Ausnahmen geben.

Doch das ist letztlich eine andere Debatte. Sie darf nicht als Deckmantel benutzt werden, um Basel III auszuhebeln. Denn weil das Finanzsystem von heute keine Grenzen kennt, brauchen wir starke globale Standards in der Regulierung und in der Aufsicht. Sie sind entscheidend für die globale Finanzstabilität. Die Erfahrungen aus der Finanzkrise sollten uns dabei eine Lehre sein.

5.Fazit

Ich möchte abschließend drei Punkte hervorheben und dabei auch noch den Bogen zu unserem alten Pharao schlagen.

Erstens, und das ist vielleicht die wichtigste Botschaft: Wenn wir in der kommenden Zeit in Basel einen Kompromiss erzielen können, der die deutschen Positionen hinreichend aufgreift, dann sind die Auswirkungen für die deutschen Institute verkraftbar. Ich habe ausgeführt, dass wir keinen wesentlichen Anstieg der Eigenkapitalanforderungen in Deutschland wollen. Im Mittel sprechen wir hierzulande von geringen Anstiegen von unter 5 Prozent. Und wir treten von deutscher Seite dafür ein, dass dies auch so bleibt. Für die wenigen Banken, für die wir Anstiege von zum Teil mehr als 20 Prozent errechnet haben, werden die Übergangsregelungen genug Zeit bieten, auf die neuen Anforderungen zu reagieren.

Zweitens: Die Ramses-Statue ist nicht nur ein Kunstwerk, sondern auch handwerklich von allerhöchster Qualität; nicht nur deshalb konnte sie drei Jahrtausende überdauern. Solch einen Anspruch müssen wir im übertragenen Sinne auch für das Baseler Reformpaket haben. Es geht nicht nur um einheitliche und konsistente Regeln – unsere Richtschnur ist auch deren Risikosensitivität. Deshalb setzen wir uns in den Verhandlungen dafür ein, dass ein höheres Risiko mit höheren Eigenkapitalanforderungen einhergeht.

Drittens: Wie die Bergung der Ramses-Statue erfolgt die Fertigstellung des Baseler Reformpakets in mehreren Etappen. Einige davon sind sehr anfällig und daher auf die Zusammenarbeit aller Beteiligten angewiesen. Alle Seiten müssen vertretbare Kompromisse machen. Während der letzte Teil der Ramses-Statue in den kommenden Tagen mit einem Kranwagen aufwendig geborgen wird, sollten wir nun alle Anstrengungen darauf verwenden, Basel III zu einem guten Abschluss zu bringen: Auch wenn wir hierbei nicht unter Zeitdruck stehen, wissen wir letztlich alle um den Wert globaler Standards und profitieren von einer Einigung. Sowohl Aufsicht als auch die Institute brauchen Klarheit in der Regulierung. Dass eine Einigung aber nicht um jeden Preis erfolgen kann und wird, sondern einen für uns tragbaren Kompromiss darstellen muss, versteht sich von selbst.

Ich war und bleibe zuversichtlich, dass wir in Basel ein gutes Verhandlungsergebnis erzielen und ein rundes Gesamtpaket schnüren können, das dann im Bankensektor seine Wirksamkeit entfalten kann. Denn es ist in niemandes Interesse, dass Basel III in 3000 Jahren in ungenutzten Einzelteilen von Archäologen ausgegraben wird.

Dr. Stefan Ingves

Gouverneur der Sveriges Riksbank undVorsitzender des Baseler Ausschussesfür Bankenaufsicht

Stefan Ingves

Finalisierung von Basel III

1.Einführung

Vielen Dank für die Einladung, bei dem heutigen Bundesbank-Symposium zur Bankenaufsicht zu Ihnen zu sprechen.

Ich wurde gebeten, mich in meiner Ansprache mit der Finalisierung von Basel III zu befassen. Inzwischen liegt der Beginn der globalen Finanzkrise schon fast zehn Jahre zurück. Beinahe ein Jahrzehnt ist vergangen, und trotz bedeutender Fortschritte in wichtigen Bereichen – sowohl in der Weltwirtschaft als auch an den Finanzmärkten – sind Wachstum, Arbeitslosigkeit und Inflation immer noch in vielen Ländern Anlass zur Sorge. In Schweden wie auch in Deutschland und den übrigen europäischen Ländern hatte die Finanzkrise eindeutig negative Auswirkungen auf das BIP. Und dies nicht nur während der Krise, sondern auch in den Jahren danach. Das ist nicht verwunderlich. Wenngleich das Wirtschaftswachstum in den meisten Fällen wieder anzieht, führen Krisen tendenziell zu einem lang andauernden und nachhaltigen Rückgang des BIP, der nur sehr langsam wieder aufgeholt werden kann – wenn überhaupt. Idealerweise wollen wir es also gar nicht erst zu einer Krise kommen lassen.

Ich werde die Ursachen und Auslöser der Krise nicht im Detail erörtern, da sie den Zuhörern im Saal ganz gewiss bestens bekannt sind. Es sei aber kurz angemerkt, dass das Risikomanagement vieler Banken vor und während der Krise schlichtweg nicht angemessen war. Darüber hinaus deckten die damals gültigen Regelungen nicht alle Bankrisiken ab. Und auch die systemische Komponente der Risikoübernahme bezogen sie nicht vollständig mit ein.

Die umfangreiche Arbeit des Basler Ausschusses ist ein zentraler Bestandteil der Antwort auf die Krise. Der Ausschuss hat den regulatorischen und aufsichtlichen Rahmen umfassend überarbeitet – mit dem Ziel, mehr Sicherheit und Stabilität im Finanzsektor zu gewährleisten.

Davon ausgehend möchte ich das, was wir im Rahmen von Basel III erreicht haben, Revue passieren lassen und dabei ein besonderes Augenmerk auf die aktuellen Änderungen richten.

2.Hintergrund

Der Basler Ausschuss besteht seit 1974 und hat in dieser Zeit viele globale Standards und Leitlinien veröffentlicht.

Im Jahr 2004 galt die Basel-II-Rahmenvereinbarung als Meilenstein für die Verbesserung des Risikomanagements. Sie ermöglichte den Banken, interne Modelle für die Berechnung ihrer regulatorischen Eigenkapitalanforderungen zu verwenden. Der Grundgedanke bestand darin, eine stärkere Verbindung zwischen den tatsächlichen Risiken und den Eigenkapitalanforderungen der jeweiligen Bank herzustellen. Zuvor hatte die Basel-I-Eigenkapitalvereinbarung als Grundlage der Kapitalanforderungen eine Reihe von Risikogewichten vorgesehen, die einer standardisierten Tabelle entnommen waren, ohne dabei bankspezifische Faktoren zu berücksichtigen. Die Einführung interner Modelle in der Basel-II-Rahmenvereinbarung war somit eine Möglichkeit, zu einer risikogerechteren Eigenkapitalregelung zu gelangen.

Dann kam die Finanzkrise. Es wurde deutlich, dass die Eigenkapitalausstattung der Banken im Verhältnis zu ihren Risiken zu gering war. Und ein Teil des vorhandenen Eigenkapitals war aufgrund seiner schlechten Qualität für die Deckung von Verlusten nicht geeignet. Zudem waren die Liquiditätsrisiken zu hoch und im Regulierungsrahmen wurde ihnen nicht angemessen Rechnung getragen. Die Schwierigkeiten einiger Banken wie Bear Sterns und Lehman Brothers führten zu der „Too-big-to-fail“-Problematik, das heißt zu der Frage, wie man mit sehr großen und systemrelevanten Instituten, die in Schieflage geraten sind, umgehen sollte.

Der Fall Lehman Brothers zeigte auch, wie leicht die Schwierigkeiten einer Bank auf andere Banken sowie auf die Finanzmärkte und die Wirtschaft insgesamt übergreifen können. Eine weitere zentrale Lehre aus der Krise war die Erkenntnis, dass es mehrere, oft miteinander verbundene Risikoquellen gibt.

3.Kernelemente der Basel-III-Rahmenregelungen

Die ursprüngliche Basel-III-Rahmenvereinbarung wurde im Dezember 2010 veröffentlicht. Sie war das Ergebnis umfassender Arbeiten des Basler Ausschusses mit dem Ziel, ein Reformpaket zu schnüren, das den Lehren aus der Finanzkrise Rechnung trägt. Basel III soll das Risikomanagement sowie die Führungsund Überwachungsmechanismen verbessern und eine größere Transparenz und vermehrte Offenlegung der Banken herbeiführen. Darüber hinaus spiegelt das Reformpaket die Bemühungen des Ausschusses in Bezug auf den Umgang mit systemrelevanten grenzüberschreitend tätigen Banken wider.

Grundsätzlich besteht Basel III aus drei wesentlichen Teilen: verbesserten Standards für die Eigenkapitalunterlegung, einer Höchstverschuldungsquote und Liquiditätsanforderungen.

Erstens geht es bei Basel III vor allem darum, sicherzustellen, dass die Banken besser mit verlustabsorbierendem Kapital ausgestattet sind. Wir haben daher für die Eigenkapitalausstattung der Banken striktere Mindeststandards in Bezug auf Quantität, Qualität und Risikodeckung eingeführt.

Zweitens erarbeitete der Ausschuss eine Definition einer globalen Höchstverschuldungsquote, der sogenannten Leverage Ratio. Eine übermäßige Verschuldung ist bei den meisten Finanzkrisen festzustellen. Eine klare und eindeutige Regelung für die Höchstverschuldungsquote ist daher eine wichtige Ergänzung der risikobasierten Eigenkapitalregelung. Sie trägt dazu bei, den Aufbau übermäßiger Verschuldung im Bankensektor einzuschränken, und hilft dem Finanzsektor, die äußerst destruktiven Schuldenabbauprozesse, die während der vergangenen Krise zu beobachten waren, zu vermeiden.

Drittens umfasst das Basel-III-Reformpaket auch bahnbrechende Arbeiten zu den Liquiditätsanforderungen