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Paul Heyse

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Beschreibung

Paul Heyse's Werk "Beatrice" präsentiert eine fesselnde Geschichte über Liebe, Leidenschaft und Verlust. Der Roman, der im 19. Jahrhundert spielt, zeigt Heyse's talentierten Schreibstil, der reich an lebendigen Beschreibungen und emotionalen Nuancen ist. Die Geschichte von Beatrice, einer jungen Frau aus einfachen Verhältnissen, die in eine verbotene Liebe verwickelt wird, fesselt den Leser von Anfang bis Ende. Heyse verwebt geschickt die Themen von Klassenunterschieden und Sehnsucht, um ein fesselndes und herzergreifendes Werk zu schaffen. Als wichtiger Vertreter des literarischen Naturalismus hat Heyse mit "Beatrice" ein Werk geschaffen, das sowohl literarisch anspruchsvoll als auch emotional berührend ist. Die sorgfältig ausgearbeiteten Charaktere und die lebendige Darstellung der Gesellschaft machen dieses Buch zu einem Meisterwerk der Romantik-Literatur und unterstreichen Heyse's Talent als Schriftsteller. Fans von historischer Literatur und emotionalem Drama werden von Heyse's "Beatrice" begeistert sein und sich von der packenden Handlung und den vielschichtigen Charakteren mitreißen lassen.

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Paul Heyse

Beatrice

 
EAN 8596547074328
DigiCat, 2022 Contact: [email protected]

Inhaltsverzeichnis

Cover
Titelblatt
Text
"

(1867)

Wir hatten bis in die tiefe Nacht hinein geplaudert, unser drei, bei einigen Flaschen Astiweins, die wir durch einen glücklichen Zufall aufgetrieben hatten und nun im kühlen Gartenhaus auf das Wohl des eben aus Italien heimgekehrten Freundes leerten. Er war der älteste von uns und schon ein fertiger Mann, als wir ihn vor zwölf Jahren auf einer Reise im Süden kennenlernten. Auf den ersten Blick hatte uns seine männliche Gestalt, der Adel seines Wesens und eine gewisse melancholische Anmut seines Lächelns für ihn eingenommen. Sein Gespräch, seine ungewöhnliche Bildung und die Bescheidenheit, mit der er sie geltend machte, gewannen uns vollends, und die drei Wochen, die wir miteinander in Rom zubrachten, befestigten eine so warme Freundschaft, wie sie nur je zwischen Ungleichaltrigen bestanden hat. Dann mußte er plötzlich nach Genf, seiner Heimat, zurück, wo er an der Spitze eines ansehnlichen Handlungshauses stand. Aber in den folgenden Jahren hatten wir keine Gelegenheit versäumt, uns wiederzusehen, und auch jetzt war ihm der Umweg über unsere Stadt nicht zu weit gewesen, um uns wenigstens auf vierundzwanzig Stunden zu begrüßen.

Wir fanden ihn in seinem Aussehen unverändert; er war noch immer ein schöner Mann, das Haar kaum mit dem ersten Grau angesprengt, die hohe Stirn glatt und weiß. Aber er schien uns schweigsamer als bei unserem letzten Begegnen, manchmal so in sich versinkend, daß er unsere Fragen überhörte, während er minutenlang unverwandt die Perlen des Weins im Glase aufquellen sah oder ein Stück Eis langsam am Kerzenlicht zertauen ließ. Wir dachten ihn gesprächig zu machen, wenn wir ihn nach seiner letzten Reise ausfragten. Aber als auch dieses Lieblingsthema nicht sonderlich einschlug, ließen wir ihn gewähren und sprachen unter uns, froh, daß wir ihn wenigstens leiblich bei uns hatten, und ruhig abwartend, wann er auch geistig zu uns zurückkehren würde.

Indessen kramte ich allerlei Gedanken aus, die mich seit kurzem lebhaft beschäftigt hatten und die, unreif und schroff, wie ich sie hinwarf, den Widerspruch unseres Freundes, der ein scharfer Dialektiker war, zu jeder anderen Zeit gereizt haben würden. Der Zustand des Theaters in Italien hatte den Anstoß gegeben. Ich behauptete, es sei durchaus nicht wunderbar, daß es die Italiener, so pathetisch und leidenschaftlich sie sich gebärdeten, nicht zu einer tragischen Literatur gebracht hätten, die sich neben die griechische, englische und deutsche stellen könnte. Im Grunde sei es bei den Spaniern und Franzosen, trotz ihrer hochberühmten dramatischen Blüteperioden, nicht viel besser damit bestellt. Denn das Temperament der Romanen, ihre Natur wie ihre Kultur, seien nun einmal so streng an das Konventionelle gebunden, daß die eigentlichsten tragischen Probleme, die alle auf der Selbstherrlichkeit des Individuums beruhten, ihnen kaum verständlich würden; dazu komme noch, daß sie auch in der Form sich nie zu befreien und die rücksichtslosen Naturlaute anzuschlagen wagten, die allein den tragischen Schauder in uns erregen könnten? Wie jedes ästhetische Gespräch, das nicht bloß an der Schale herumtastet, führte auch dieses bald in die rätselhaften Tiefen der Menschennatur, und während Amadeus scheinbar teilnahmslos mit seinem silbernen Stift Figuren in den verschütteten Wein zeichnete, nahm Otto lebhaft Partei für das, was ich als Konvention zu verdammen schien, er aber als das strengwaltende Sittengesetz auch in der Dichtung obenan stellte. Mein Satz schien ihm gefährlich, daß jeder tragische Fall das Naturrecht der Ausnahme gegen das bürgerliche Recht der Regel verherrlichen müsse, daß demnach der Begriff einer tragischen Schuld auf das Verbrechen hinauslaufe, einen Dämon im Busen zu haben, der den einzelnen über die engen Schranken der Alltagssatzung hinaushöbe und ihn darin bestärke, mit nichts sich abzufinden, nichts zu dulden, nichts zu verehren, was dem innersten Gefühl widerstreite. Damit lösest du, sagte er, die ganze Weltordnung, die doch wohl ihre guten Gründe hat, zu Gunsten eines unbegrenzten Individualismus auf und scheinst nur dem wahren Wert für die Poesie zuzuerkennen, was sich außer das Gesetz stellt.—Ich suchte ihn dabei festzuhalten, daß es sich hier nur um die eigentlich tragischen Kollisionsfälle handle, und daß große und starke, mit einem Wort, heroische Seelen den Streit der Pflichten anders zu lösen pflegten als der ängstliche, von kleinen Gewohnheiten und Rücksichten eingeengte Mittelschlag der Philister. Geniale Naturen, sagt' ich, die auf sich selbst beruhten, erweitern durch ihre Handlungen, indem sie das Maß ihrer innern Kraft und Größe als ein Beispiel vorleuchten lassen, ebensosehr die Grenzen des sittlichen Gebiets, wie geniale Künstler die hergebrachten Schranken ihrer Kunst durchbrechen und weiter hinausrücken. Und was an Obermaß und Übermut des Selbstgefühls in jenen heroischen Seelen sich rühren mag, wird es nicht eben durch den tragischen Untergang geläutert und gebüßt? Wenigstens nach der Meinung der Philister, denen das Leben das höchste Gut ist, die also auch schwerlich von Handlungen und Gesinnungen zu verführen sind, auf die nach dem Weltlauf der Tod gesetzt ist. Der Dichter aber und die, die ihn verstehn, wird sich das Recht nicht verkümmern lassen, sich der hohen Erscheinungen zu erfreuen, für welche die üblichen Zollstöcke der Moral nicht passen wollen. Und wer das unsittlich schilt, was bei unseren traurig mangelhaften bürgerlichen Einrichtungen starken und freien Menschen als eine heilige Notwehr übrig bleibt, für den ist Schönes nie geschaffen worden, und vom Guten kennt er nur das Nützliche.

Dieses und ähnliches hatt' ich gesagt, als auf einmal Amadeus aus seinem Hinbrüten zu mir aufsah und mir über den Tisch hinüber die Hand reichte. Ich danke dir, sagte er; du hast da ein gutes Wort gesprochen, das mir wohltut. Unter uns dreien kann ja auch kein Streit darüber sein, daß die Sitte nicht das Maß der Sittlichkeit ist, und daß die höchsten Aufgaben der Poesie an den Grenzen der Menschheit liegen. Aber gegen eins muß ich Einsprache erheben: daß du den Mangel eines wahrhaft großen tragischen Poeten in Italien aus der konventionellen Gebundenheit des Volkscharakters erklären willst. Als ob Gemüts- und Geschmacksanlagen, Sittliches und Ästhetisches sich notwendig Hand in Hand entwickelten, nicht oft genug eins das andere überholte! Wenn den Italienern das große tragische Talent geboren würde, das sie in ihrem Alfieri freilich längst zu besitzen wähnen, —der Genius des Volkes würde ihm auf halbem Wege entgegenkommen, und die akademischen Vorurteile des Stils hielten gegen eine echte Naturkraft so wenig stand, wie alle anerzogene konfessionelle Sitte gegen das Recht und die Pflicht eines freigebornen Gemüts. Nein, fuhr er in sichtbarer Erregung fort, und seine Augen schimmerten feucht, das hohle Pathos ihrer Trauerspiele ist nicht der Grundton, auf den die Seele dieser edlen Nation gestimmt ist. Ich wenigstens darf dies nicht anhören, ohne Verwahrung einzulegen. Denn wenn es je ein Wesen gab, das in seinem Gefühl und Handeln auf sich beruhte und seinem Dämon gehorchte, so war es mein Weib, und mein Weib war eine Italienerin.

Er schwieg und wir saßen in der wunderbarsten Erregung ihm gegenüber, ebenfalls stumm und atemlos vor Überraschung. So gut wir ihn und all seine Verhältnisse zu kennen meinten, zum ersten Male hörten wir heute, daß er verheiratet gewesen sei, mit einer Frau, die er so hoch stellte und die er uns doch verleugnet hatte, wie man eine Verirrung verheimlicht.

Nun stand er auf und ging in dem engen, halbdunkeln Raum eine Weile auf und ab, und wir störten ihn weder mit Fragen noch mit Blicken. Endlich trat er zwischen uns und sagte mit seiner tiefen, klangvollen Stimme: Ich habe es euch nicht erzählt, weil mich die Erinnerung zu sehr übermannt und manchmal, wenn ich es nur mir selbst so recht gegenwärtig machte, mich ein Fieber befiel, das mich eine Woche lang nicht wieder verließ. Und doch ist es mir wie eine Schuld gegen euch vorgekommen, daß ich auf alle eure Neckereien, warum ich keine Frau genommen, nur immer mit Scherzen antwortete. Ihr könnt glauben, hauptsächlich um dies endlich zwischen uns ins klare zu bringen, habe ich diesmal, da ich wieder von ihrem Grabe komme, den Heimweg so eingerichtet, daß ich euch treffen mußte. Laßt mich also alles heraussagen, wie es mir auf die Zunge kommt. Wir wollen erst noch die Fenster nach dem Garten öffnen; es ist hier so schwül, daß man schwer Atem holt. So!—und nun trinkt und raucht, und ich will auf und ab gehen. Ein Vierteljahrhundert ist darüber hingegangen, und doch steht alles wie von gestern neben mir und läßt mich nicht ruhig bleiben.