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»Ich hatte bis heute nicht verstanden, warum es ausgerechnet sie treffen musste.« Zoe liebt ihre kleine Schwester Sky über alles und kümmert sich aufopferungsvoll um sie, denn sie hat eine schlimme Diagnose: Leukämie. Die jahrelange Chemotherapie scheint nicht richtig anzuschlagen, doch Zoe hat Hoffnung, dass Sky wieder gesund wird, denn was würde sie ohne ihre Schwester tun? Und dann ist da noch Jason, der nicht nur in Zoes Klasse geht, sondern auch noch ihr Nachbar ist und sie ständig mit blöden Kommentaren nervt. Verbirgt sich hinter seinem scheinbar arroganten Äußeren vielleicht eine liebenswerte Seite? Kann sich Hass in Liebe verwandeln und die beiden zueinander finden lassen?
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Seitenzahl: 251
Veröffentlichungsjahr: 2022
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KAPITEL 1
KAPITEL 2
KAPITEL 3
KAPITEL 4
KAPITEL 5
KAPITEL 6
KAPITEL 7
KAPITEL 8
KAPITEL 9
KAPITEL 10
KAPITEL 11
KAPITEL 12
KAPITEL 13
KAPITEL 14
KAPITEL 15
KAPITEL 16
KAPITEL 17
KAPITEL 18
KAPITEL 19
KAPITEL 20
Schweigend saß ich im Auto und starrte durch das Fenster nach draußen auf die farbenfrohe Landschaft. Überall waren grüne Bäume und bunte Blumen, welche neben dem kalten, dunklen Asphalt der Straßen standen, um diesen etwas zu beleben. Die Sonne schien auf die Straße und blendete mich ein wenig. Die Natur war zwar schön, konnte mich aber nicht aufheitern. Ich wollte einfach nicht schon wieder umziehen, nicht schon wieder alles stehen und liegen lassen und woanders hingehen. Dorthin wo ich niemanden kannte und wo alles anders und fremd war. Doch es musste sein und das wusste ich auch. Es war nötig und ich konnte nichts dagegen tun. Es lag nicht in meiner Macht, darüber zu entscheiden. Das stand mir nicht zu, denn es ging hierbei nicht um mich. Das alles hatte einen anderen Grund, welchen ich nur allzu gut kannte. Ich hatte keinen Einfluss darauf.
Ich löste meinen Blick von der Außenwelt und blickte zu meiner anderen Seite. Neben mir saß meine kleine Schwester und zeichnete etwas auf ihrem Skizzenblock. Das konnte sie unglaublich gut. Ich beobachtete sie dabei, wie sie den Stift über das Papier führte. Die Linien verbanden sich allmählich und ich konnte ein Gesicht erkennen. Es war unfassbar gut. Sie hatte wirklich ein unglaubliches Talent dafür. So etwas gab es nicht oft. Es war etwas ganz Besonderes. Das war zu gut, als dass man es einfach so verschwenden konnte. Das war einer der Gründe, weswegen ich es nicht verstand. Ich verstand nicht, warum man mir meine Schwester wegnehmen sollte.
Ich würde sie so sehr vermissen. Sie war ein kleiner Engel. Ihre Anwesenheit fühlte sich magisch an. Sie besaß so viel positive Energie, mit der sie alle anderen ansteckte. In ihrer Gegenwart konnte man einfach keine schlechte Laune haben. Es konnte einem nur gut gehen. Sie verzauberte jeden um sich herum mit ihrer wundervollen Art. Sie war ein herzensguter Mensch und jeder, der sie kannte, liebte sie. Auch ich tat das. Ich liebte sie abgöttisch. Es gab keinen Menschen in meinem Leben, zu dem ich größere Liebe empfand als zu ihr. Sie war mein Sonnenschein. Sie war alles, was ich brauchte. Doch ich würde sie wahrscheinlich verlieren und das wusste ich ganz genau. Ich wusste nur nicht, wann es geschehen würde. Ich wusste nicht, wann sie gehen würde. Diese Ungewissheit raubte mir jeden Nerv und dies folterte mich. Ich wollte sie nicht verlieren. Dafür war ich nicht stark genug. Ich war viel schwächer als sie. Sie war trotz allem unglaublich stark. Ich bewunderte sie für diese Stärke, diese Willenskraft. Ich wünschte, ich wäre genauso. Sie war mein Vorbild. Auch wenn sie jünger war als ich, hatte sie schon so viel durchmachen müssen und wie sie das meisterte, machte sie einfach nur bewundernswert. Sie war so unglaublich tapfer. Sie war eine Kämpferin! Sie gab mir jeden Tag Hoffnung, welche ich immer wieder verlor und mich dann dazu zwang, sie nicht aufzugeben, da sie das Einzige war, was mir noch blieb. Ich würde es nicht ertragen, sie zu verlieren. Ich hatte keine Ahnung, was ich machen würde, wenn der Tag gekommen war. Ich wusste nicht, wie ich reagieren würde. Ich hatte Angst. Ich würde sie so sehr vermissen. Es war nicht fair. Sie war der tollste Mensch auf dieser verkorksten Welt und es war nicht gerecht, dass sie diese Welt möglicherweise bald verlassen musste.
Schnell verbannte ich den Gedanken wieder aus meinem Kopf. Daran durfte ich jetzt nicht denken. Ich musste die Zeit, die mir noch mit ihr verblieb, nutzen, ohne ständig daran zu denken, dass es bald zu Ende sein könnte. Ich musste für sie stark bleiben. Ich musste sie beschützen. Wenigstens solange ich es noch konnte. Es gab nicht viel, was ich tun konnte, aber eine Sache gab es: Ich konnte für sie da sein und ihre verbleibende Zeit mit ihr genießen. Vor ihrem Schicksal konnte ich sie leider nicht beschützen. Wenn ich mit ihr tauschen könnte, dann würde ich das sofort tun. Aber das ging nicht. Ich konnte ihr diese Last nicht abnehmen und dafür hasste ich mich. Ich wusste, dass das nicht meine Schuld war und ich nichts dazu konnte, doch ich hasste es nur tatenlos zuzusehen, ohne ihr helfen zu können.
»Schau mal hier, Zoe!«, riss mich meine kleine Schwester aus den Gedanken. Sie hielt mir ihren Zeichenblock vor die Nase und grinste mich fröhlich an. Ich musste lächeln, denn ihr wunderschönes und ehrliches Lachen machte mich einfach glücklich.
»Wow! Das ist wirklich toll, Sky!«, lobte ich sie, als ich das Kunstwerk sah. Sie hatte ein unglaubliches Talent und ich liebte alle ihre Zeichnungen. Es waren alles Meisterwerke und sie kamen aus tiefster Seele.
»Das bist du!« Sie deutete mit ihrem kleinen Zeigefinger auf das Gesicht auf dem Blatt.
Ich sah sie überrascht an. »Ich? Aber ich bin doch gar nicht so hübsch.«
»Doch, du bist das schönste Mädchen, das ich kenne!« Ihre großen Augen strahlten mich bewundernd an und ich musste noch mehr lächeln. Sie war einfach ein Engel, ihre Worte waren ehrlich. Alles, was sie sagte, meinte sie auch so und deswegen berührte es mich auch so sehr. Wir hatten schon immer eine enge Bindung gehabt und ich vertraute ihr bedingungslos.
»Danke schön, das ist lieb von dir, aber du bist viel hübscher als ich!« Ich stupste ihr mit meinem Zeigefinger auf ihre kleine Nase. Als ich mir die Zeichnung genauer ansah, konnte ich tatsächlich Ähnlichkeiten erkennen. Die Zeichnung sah aus wie ich. Sky hatte alle Details getroffen. Es war einfach perfekt.
»Zoe?«, fragte sie dann leise. Ich sah sie an und nickte. »Ich habe dich lieb!« Sie blickte mir in die Augen.
»Ich habe dich auch lieb!« Ich gab ihr einen sanften Kuss auf die Stirn. Ein Lächeln breitete sich auf ihrem Gesicht aus und sie drückte mich einmal ganz fest. Dann widmete sie sich wieder ihrer Zeichnung. Ich steckte mir meine Kopfhörer in die Ohren und hörte für die restliche Autofahrt Musik.
Plötzlich tippte mich jemand an und ich sah mich um, während ich die Kopfhörer aus meinen Ohren fummelte.
»Wir sind endlich da!«, hörte ich die aufgeregte Stimme von Sky. Als ich mich umschaute, erblickte ich ein großes Haus. Es war pastellrot angestrichen und hatte große Fenster. Etwas neugierig stieg ich aus und musterte es näher. Die Haustür war schwarz und sah im Vergleich zu dem Haus eher klein aus. Neben dem Gebäude befand sich ein großer Garten mit ein paar Bäumen und Blumenbeeten voller verschiedener Blumen.
»Kommt mit. Wir schauen uns das Haus von innen an und dann könnt ihr euch eure Zimmer aussuchen«, verkündete unsere Mutter und lief voraus. Ich wollte ihr gerade nachlaufen, als Sky meine Hand nahm und mich ansah. Ich lächelte, schloss meine Finger um ihre und wir gingen zusammen hinein.
Auch von innen war das Haus relativ groß und geräumig und es roch nach Farbe und neuen Möbeln. Ich erkundete die untere Etage, in der unter anderem die Küche, das Esszimmer und das Wohnzimmer lagen. Im Esszimmer stand ein großer Glastisch mit mehreren Stühlen. Die Küche war in hellen Farben gestaltet und auch das Wohnzimmer war sehr einladend. Neben der großen Couch stand ein brauner Blumentopf mit einer Zimmerpflanze. Gegenüber vom Sofa war ein Fernseher an der Wand angebracht. Auch das Schlafzimmer meiner Mutter befand sich im Erdgeschoss. Ich ging wieder zurück in den Flur und nahm die Treppe, welche in die erste Etage führte. Nacheinander betrat ich die einzelnen Zimmer. Auf der linken Seite waren zwei Schlafzimmer, in denen sich jeweils ein großes Bett und ein Kleiderschrank befanden. In einem der Schlafzimmer entdeckte ich Sky und unsere Mutter.
»Zoe! Darf ich dieses Zimmer hier haben?« Sky sah mich mit großen Augen an, während ich den Raum betrat.
»Aber natürlich meine Süße!« Ich schmunzelte und sie lächelte zufrieden. Ich ging weiter in das zweite Schlafzimmer, welches nun meines sein würde. Es war riesig und hatte ein großes Fenster, wodurch ich das Nachbarhaus sehen konnte, welches auch auf dieser Seite ein Fenster hatte, bei dem gerade die Rollläden heruntergelassen waren. Ich ging wieder auf den Flur und fand auf der rechten Seite am Ende ein Badezimmer, daneben ein Arbeitszimmer, in dem meine Mutter arbeiten würde.
Schließlich lief ich wieder hinunter, wo ich draußen vor der Tür einen Umzugswagen erblickte. Ich half meiner Mutter, die Kisten hereinzutragen. Dann suchte ich mir meine heraus und verfrachtete sie in mein Zimmer, wo ich anfing, alles auszuräumen.
Auf einmal hörte ich von unten Skys Stimme. Also lief ich schnell hinunter.
»Kannst du mir helfen?«, fragte sie mich und deutete auf die Kartons.
»Na klar.« Ich half ihr, die Kisten in ihr Zimmer zu schaffen.
»Danke, den Rest schaffe ich allein.« Sie machte sich an den Kartons zu schaffen und ich ging wieder zurück in mein Zimmer. Dort räumte ich alle meine Klamotten in den großen Schrank. Danach bezog ich mein Bett. Schließlich fing ich an, meinen Schreibtisch aufzubauen, was gar nicht so einfach war. Trotzdem schaffte ich es nach einiger Zeit und konnte auch dort meine Sachen platzieren. Als ich fertig war, ging ich wieder zu Sky, die gerade versuchte, ihren Schreibtisch aufzubauen.
»Du musst das doch nicht allein machen, das ist viel zu schwierig für dich. Ich helfe dir«, sagte ich und sie sah mich dankbar an. Daraufhin bauten wir ihn zusammen auf, bis unsere Mutter kam, um sich unseren Fortschritt anzusehen.
Plötzlich klingelte es an der Tür.
»Zoe, kannst du bitte kurz aufmachen?«, bat mich meine Mutter. Ich nickte und lief dann nach unten zur Haustür, um sie zu öffnen. Vor mir stand ein gut aussehender Junge. Seine kurzen dunkelbraunen Haare fielen ihm in die Stirn. Sein enges T-Shirt betonte seine starken Muskeln und seine Hose war weit und hatte ein paar Löcher. Er sah aus wie ein richtiger Badboy.
»Bist du fertig?«, fragte er genervt und verdrehte seine bernsteinfarbenen Augen, wobei er sich jedoch ein Lächeln nicht verkneifen konnte.
»Ähm… wie bitte?«, stotterte ich etwas verwirrt. Erst jetzt fiel mir auf, dass ich ihn die ganze Zeit angestarrt hatte. Ich spürte, wie sich meine Wangen ein wenig röteten. Wie peinlich. Am liebsten wäre ich im Erdboden versunken. Das fing ja gut an. Ich hatte mich direkt blamiert.
»Hier.« Er hielt mir einen Kuchen hin. »Willkommen in der Nachbarschaft.«
Ich nahm ihm den Kuchen ab, der Duft nach Schokolade stieg mir in die Nase. »Danke, das ist wirklich nett von dir.«
»Das war nicht meine Idee. Meine Mutter hat mich dazu gezwungen.« Er sah sich genervt um. Wieso war er so desinteressiert? Der hielt sich wahrscheinlich für etwas Besseres.
Ich wollte ihm gerade die Tür vor der Nase zuschlagen, als meine Mutter hinter mir auftauchte und ihn begrüßte. Er nickte ihr nur zu, als eine Frau hinter ihm auftauchte, welche uns fröhlich begrüßte.
»Mein Sohn hat euch den Kuchen also schon gegeben. Ich bin Patrisha und das ist Jason. Wir wollten euch herzlich willkommen heißen«, stellte sie sich und den Typen vor.
»Das ist sehr nett, vielen Dank. Ich bin Beatrice und das ist meine Tochter Zoe. Meine kleinere Tochter Sky ist gerade noch oben. Wollen Sie vielleicht reinkommen? Es ist zwar noch etwas unordentlich, da wir gerade erst angekommen sind, aber wir könnten zusammen den Kuchen essen«, lud meine Mutter die beiden ein.
»Sehr gerne!« Patrisha nickte euphorisch. Jason wollte gerade gehen, doch seine Mutter hielt ihn zurück und schob ihn ins Haus.
»Zoe, holst du bitte Sky?« Meine Mutter sah kurz zu mir, während sie den Tisch deckte.
Ich lief nach oben in Skys Zimmer und erzählte ihr kurz von unserem Besuch, bevor wir zusammen nach unten gingen, wo meine Mutter sie den Gästen vorstellte. Patrisha lächelte sie warmherzig an, während Jason etwas komisch guckte. Erst als seine Mutter ihm einen warnenden Blick zuwarf, löste er seinen Blick von Skys Glatze und sah zu Boden.
Ich hasste es, wenn Menschen sie anstarrten, als wäre sie eine Außerirdische, nur weil sie keine Haare hatte. Aber die hatte sie leider durch die Chemotherapie verloren. Doch auch ohne Haare sah sie wunderschön aus. Wer war überhaupt auf die bescheuerte Idee gekommen, dass Frauen lange Haare haben mussten? Es war doch total egal, ob oder wie lange Haare man hatte. Außerdem sagte es auch nichts über Schönheit aus, denn auch Leute ohne Haare waren schön. Es brachte auch einige Vorteile mit sich. Beispielsweise musste man so keine Zeit mit dem Haarewaschen verschwenden. Jedoch wusste ich, wie sehr Sky ihre Haare vermisste. Leider war eine Perücke aus echtem Haar sehr teuer, sodass ich sie ihr nicht einfach von meinem Taschengeld kaufen konnte. Doch ich tat alles erdenklich Mögliche, damit sie sich besser fühlte.
Wir setzten uns an den Tisch und aßen den Kuchen. Sky liebte Süßes über alles, weshalb es so etwas auch sehr oft bei uns gab, da meine Mutter und ich sie immer verwöhnten. Da kein anderer Platz mehr frei war, musste ich leider neben Jason sitzen, der mich gekonnt ignorierte. Unsere Mütter hingegen unterhielten sich angeregt. Als sie sich endlich verabschiedeten, schien Jason genauso erleichtert zu sein wie ich. Nachdem sie weg waren, ging ich in mein Zimmer, wo ich noch ein bisschen las. Bevor ich schließlich schlafen ging, wünschte ich Sky noch eine gute Nacht.
Der Tag heute war sehr anstrengend gewesen, da ich die ganzen Sachen ausräumen musste. Dieser Typ von nebenan war echt komisch. Er kam mir total eingebildet vor, doch ich musste leider zugeben, dass er echt gut aussah. Trotzdem wollte ich nicht weiter über ihn nachdenken, da er einfach nur arrogant war und ich keinen Gedanken mehr an ihn verschwenden wollte. Ich hatte schon genug Probleme und er zählte definitiv nicht dazu. Ich musste mich auf meine kleine Schwester konzentrieren, die weitaus wichtiger war als irgend so ein Macho.
Als ich am nächsten Morgen aufwachte, ging ich als erstes duschen und zog mich dann in meinem Zimmer an. Ich war gerade dabei, mir ein Shirt auszusuchen, als ich kurz einen Blick aus dem Fenster warf, wo ich Jason erblickte, der in dem gegenüberliegenden Haus vor dem Fenster stand. Anscheinend war sein Zimmer direkt gegenüber von meinem. Er hatte nur Boxershorts an und man konnte sein definiertes Sixpack und seinen Bizeps sehen. Ich musste zugeben, dass das schon echt heiß aussah. In diesem Moment sah auch er aus dem Fenster und schaute mich an. Ein leiser Schrei entfuhr mir und ich hielt mir schnell mein Shirt vor meinen Körper, da ich nur einen BH anhatte. Er lachte nur und drehte sich dann weg. Schnell zog ich mich an und ging dann nach unten in die Küche.
»Guten Morgen«, nuschelte ich.
»Guten Morgen! Das Frühstück ist gleich fertig. Kannst du bitte Sky wecken?« Meine Mutter wendete gerade die Pancakes in der Pfanne.
Ich nickte und lief dann wieder nach oben zu meiner Schwester. Ich klopfte an ihre Tür, doch niemand antwortete. Also öffnete ich sie leise und betrat das Zimmer. Sky lag noch in ihrem Bett und schlief. Ich zog die Rollladen hoch und rüttelte leicht an ihr, bis sie die Augen öffnete.
»Aufstehen Süße! Die Pancakes sind gleich fertig.« Ich lächelte sie fröhlich an. Verschlafen sah sie zu mir. Dann schälte sie sich langsam aus dem Bett. »Wir warten unten auf dich.« Ich gab ihr einen Kuss auf die Stirn, bevor ich wieder nach unten ging, um den Tisch zu decken.
Nach wenigen Minuten kam auch Sky die Treppe hinuntergerannt. Nachdem sie unsere Mutter begrüßt hatte, setzte sie sich neben mich an den Tisch. Gierig nahm sie sich einen Pancake, denn sie liebte diese über alles.
Als wir fertig waren, verkündete unsere Mutter, dass wir gleich mit Patrisha die Stadt besichtigen würden. Also ging ich nach oben, um ein paar Sachen einzupacken. Als ich alles hatte, was ich brauchte, lief ich wieder nach unten und steckte mir noch schnell etwas zu trinken ein. Dann ging ich nach draußen, wo die anderen beiden schon auf mich warteten. Zusammen gingen wir rüber zu Patrisha, welche uns schon erwartete.
»Jason!«, rief sie ins Haus herein und wenige Sekunden später erschien ein sehr schlecht gelaunter Jason in der Tür.
»Muss ich wirklich mitkommen?«, brummte er genervt. Patrisha nickte nur und sah ihn ernst an. Dann schob sie ihn nach draußen und schloss die Tür. Sie steuerte auf ein Auto zu und deutete uns einzusteigen. Meine Mutter setzte sich neben sie auf den Beifahrersitz, während Sky, Jason und ich uns nach hinten quetschten. Ich musste neben ihm in der Mitte sitzen. Die ganze Autofahrt über schwiegen wir nur, unsere Mütter hatten sich jedoch viel zu erzählen. Als wir schließlich in der Stadt ankamen, suchte Patrisha einen Parkplatz und wir stiegen aus.
Es war eine relativ große Stadt, in der Patrisha uns herumführte und uns alles Wichtige zeigte. Mittags aßen wir etwas und danach gingen wir noch ein bisschen shoppen. Jason hatte augenscheinlich gar keinen Bock darauf, doch das interessierte mich nicht wirklich. Es geschah ihm recht, so arrogant wie der war. Als wir uns schließlich, ganz zu Jasons Erleichterung, wieder auf den Rückweg machten, unterhielt ich mich mit Sky. Jason verbrachte seine Zeit damit, auf sein Handy zu starren, wobei er hin und wieder zu uns rüber schielte, was mich aber nicht weiter störte.
»Freust du dich schon auf die neue Schule?«, fragte ich Sky.
Sie nickte und sah mich an. »Ich hoffe, ich finde da ein paar neue Freunde.«
»Bestimmt wirst du das! Die wären doch alle dumm, wenn sie dich nicht mögen würden«, versicherte ich ihr. Sie lächelte. Ich wünschte mir so sehr für sie, dass sie schnell jemanden finden würde. Sie war einfach ein herzensguter Mensch, der nur das Beste verdient hatte.
Schließlich steckte ich mir meine Kopfhörer in die Ohren und hörte Musik. Als wir angekommen waren, stieg ich aus, verabschiedete mich schnell und ging dann ins Haus. In meinem Zimmer angekommen fiel mir auf, dass ich noch nicht fertig mit Einräumen war. Also beendete ich das schnell und machte dann Abendessen.
»Ich kann dich morgen leider nicht zur Schule bringen, da ich früh arbeiten muss. Aber ich habe mit Patrisha gesprochen und sie wird dich mitnehmen, da Jason auf die gleiche Schule geht«, sagte meine Mutter schließlich an mich gewandt. Ich nickte nur. Morgen würde ich auf eine neue Schule kommen, wo ich niemanden außer Jason kannte, der sich aber bestimmt nicht mit mir abgeben würde. Ich hoffte, dass es nicht allzu schwer werden würde, neue Freunde zu finden. Da ich ausgeschlafen sein wollte, ging ich früh ins Bett.
Am nächsten Morgen machte ich mich schnell fertig und packte meine Schulsachen. Dann ging ich wie verabredet pünktlich rüber zu Patrisha, welche mich freundlich begrüßte. Nachdem Jason auch da war, fuhr sie uns zur Schule. Viele Schüler standen vor dem riesigen Gebäude und Jason sprang schnell aus dem Auto, um seine Freunde zu begrüßen. Ich bedankte mich schnell und stieg auch aus. Dann suchte ich mir meinen Weg durch die Schülermenge und betrat das große Schulgebäude. Zum Glück war alles gut ausgeschildert, sodass ich das Sekretariat schnell fand und mich dort anmelden konnte. Eine nett aussehende Lehrerin nahm mich mit zu meinem Klassenraum. Sie stellte sich mir als Frau Smith vor.
Im Klassenzimmer angekommen, schob sie mich hinein und sorgte dann für Ruhe. Ich ließ derweil meinen Blick durch die Klasse schweifen, wobei ich Jason erkannte, der offenbar auch in meiner Klasse war.
»Guten Morgen, ihr Lieben. Das ist eure neue Mitschülerin Zoe Walker«, stellte sie mich vor. Alle starrten mich an, was ich gar nicht mochte. Mein Herz schlug ein wenig schneller und ich schluckte die aufkommende Hitze herunter. »Setz dich doch bitte neben Jason.« Sie deutete auf den einzigen freien Platz. Na toll. Das fing ja schon einmal sehr gut an. Ich hatte eigentlich echt keine Lust auf ihn, nickte aber dennoch und setzte mich auf den Platz. Dann holte ich meine Sachen heraus. Wir hatten Mathe, was ich eigentlich ganz gut konnte. Jason aber anscheinend nicht, denn als wir Aufgaben bearbeiten mussten, blieb sein Heft leer.
»Du kannst das anscheinend sehr gut. Das ist sehr schön, dann kannst du es Jason erklären!«, ertönte plötzlich Frau Smiths Stimme hinter mir. Ich zuckte kurz zusammen und bejahte dann. Als sie wieder weg war, sah ich Jason an und begann ihm die Aufgaben zu erklären. Er starrte mich nur unverständlich an.
Als die Stunde endlich vorbei war, stürmten alle nach draußen, nur ich blieb zurück. Also trottete ich allein raus und setzte mich auf eine leere Bank.
»Hey«, hörte ich plötzlich eine Stimme hinter mir. Ich drehte mich um und erblickte ein blondes Mädchen. »Ich bin Alison«, stellte sie sich vor.
»Hallo«, begrüßte auch ich sie und lächelte. Sie setzte sich neben mich und fing an, mit mir zu reden. Ich war erleichtert und froh darüber, dass sie mit mir sprach, denn sie wirkte wirklich sehr nett. So war ich nicht mehr komplett allein, denn sie war auch in meiner Klasse und wir verstanden uns auf Anhieb gut.
Als der Schultag vorbei war, holte Patrisha mich und Jason ab.
»Und wie war dein erster Tag?«, fragte sie mich neugierig, als wir im Auto saßen.
»Ganz gut. Ich habe ein nettes Mädchen aus meiner Klasse kennengelernt«, antwortete ich.
»Das ist schön. War Jason auch nett zu dir?«, wollte sie dann wissen. Ich sah zu ihm und bemerkte, dass er seine Mutter böse anschaute.
»Warum soll ich denn bitte nett zu ihr sein?«, fragte er genervt und sie sah ihn streng an.
»Dich habe ich nicht gefragt«, erwiderte sie nur trocken.
»Ja, er war ganz nett«, beantwortete ich dann ihre Frage.
»Weißt du, Zoe, Jason kann manchmal ein wenig, wie soll ich sagen… schwierig sein. Er tut immer ganz cool, aber in seinem Inneren ist er eigentlich ein ganz lieber Mensch«, erzählte sie mir.
»Hör auf über mich zu lästern und so eine Scheiße zu erzählen«, beschwerte sich Jason und ich konnte mir ein Lächeln nicht verkneifen. Auch Patrisha musste lächeln. Jason sah mich nur böse an und wandte sich dann seinem Handy zu.
Als wir schließlich zu Hause angekommen waren, verabschiedete ich mich und lief hinein ins Haus. Sky und unsere Mutter waren schon da und Sky erzählte mir aufgeregt von ihrem Tag. Sie hatte auch schon ein paar Freunde gefunden, was mich sehr freute. Den restlichen Tag verbrachte ich mit meiner kleinen Schwester, was ich immer sehr gerne tat, schließlich wusste ich nicht, wie lange sie noch da sein würde, weshalb ich jede Sekunde mit ihr genoss.
Am nächsten Tag holte mich meine Mutter zusammen mit Sky ab, da meine kleine Schwester einen Arzttermin hatte. Bis jetzt war ich immer mitgekommen, da ich ihr beistehen wollte. Sie war das Wichtigste für mich, weshalb es für mich selbstverständlich war, sie immer zu begleiten.
Wir nahmen im Wartezimmer Platz, bis wir schließlich aufgerufen wurden. Ein junger Arzt begrüßte uns und führte uns in sein Büro.
»Hallo Sky. Wie geht es dir?«, fragte er meine kleine Schwester und lächelte sie an.
»Ganz gut«, antwortete sie.
»Ich habe deine Krankenakte von deinem vorherigen Arzt bekommen. Ich würde gerne einen Bluttest machen, um zu sehen, wie sich alles entwickelt hat. Wenn wir die Ergebnisse haben, können wir schauen, wie wir weiter vorgehen und die Behandlungsmöglichkeiten besprechen«, erklärte er uns. Meine Mutter nickte. »In Ordnung. Dann werde ich dir jetzt Blut abnehmen, Sky. Das kennst du ja wahrscheinlich schon«, wandte er sich wieder an meine Schwester. Diese nickte. »Dann leg dich bitte auf die Liege«, erwiderte er und Sky stand auf. Ich setzte mich auf den Stuhl neben sie und nahm ihre Hand. Der Arzt zog sich seine Handschuhe an und holte die Utensilien für die Blutabnahme. »Bist du bereit?«, fragte er sie dann und Sky nickte. Sie zog ihren Ärmel hoch und der Arzt legte den Stauschlauch an. Anschließend desinfizierte er ihre Armbeuge. Sky kicherte leise und ich sah sie lächelnd an.
»Das kitzelt«, sagte sie und auch der Arzt musste lächeln. Mit einem Tupfer wischte er die Stelle ab und nahm dann die Nadel. Gekonnt stach er sie in die Vene und befestigte die Kanüle daran. Sky zuckte kurz ein wenig zusammen, doch ließ sich nichts anmerken. Sie war so tapfer, das war echt bewundernswert. Sie hatte das schon etliche Male hinter sich gebracht und noch viel schlimmere Sachen durchgestanden. Der Arzt befestigte ein Blutröhrchen und ich konnte sehen, wie das Blut hineinfloss. Schließlich löste er das Röhrchen wieder und entfernte den Stauschlauch. Dann zog er die Nadel heraus und presste einen Tupfer auf die Einstichstelle.
»Das hast du sehr gut gemacht«, lobte er meine kleine Schwester und sie lächelte. Er gab die Blutproben einer Arzthelferin und wandte sich dann wieder an uns. »Das Labor wird die Proben schnell auswerten und wir sehen uns morgen wieder, um die Ergebnisse zu besprechen.« Schließlich verabschiedete er sich und wir fuhren wieder nach Hause.
Am nächsten Tag begleitete ich Sky nachmittags zum Arzt. Nachdem er uns begrüßt hatte, setzten wir uns und er begann zu reden.
»Ich habe leider keine guten Neuigkeiten für Sie«, fing er an und ich musste schlucken. Mit einem Mal lag eine Schwere auf meiner Brust. Ich hatte so sehr gehofft, dass es endlich einmal positive Nachrichten gäbe, doch ich wurde enttäuscht. »Der Leukozytenwert ist sehr stark erhöht, höher als bei der letzten Untersuchung. Ich hatte ehrlich gesagt gehofft, dass der Wert ein wenig runtergegangen wäre, doch dies ist leider nicht der Fall. Deswegen empfehle ich weitere Chemotherapien. Wir müssen die kranken weißen Blutkörperchen zerstören. Sie wissen bestimmt schon, dass die kranken Blutzellen die gesunden verdrängen und da Leukämie eine Erkrankung des blutbildenden Systems ist und unser Blut durch den ganzen Körper fließt, können diese kranken Zellen auch das Nervensystem und die Organe befallen, was die Behandlung schwieriger macht. Ich weiß, dass du schon einige Chemotherapien hinter dir hast, jedoch ist das momentan die einzige Möglichkeit. Eine andere Behandlung wäre eine Knochenmarktransplantation, jedoch sieht dies kritisch aus, da es momentan keinen passenden Spender gibt. Das kann sich natürlich jederzeit ändern, jedoch können wir nicht darauf warten, weshalb ich die Durchführung einer Chemotherapie empfehle«, klärte er uns auf.
Ich sah zu meiner Mutter, die niedergeschlagen dasaß. Auch Sky schien ein wenig traurig, doch sie war eine Kämpferin und ließ sich von nichts und niemandem unterkriegen. Ich wünschte mir so sehr, dass ich ihr helfen konnte, doch das ging nicht. Ich hatte mich direkt nach ihrer Diagnose testen lassen, ob ich eine geeignete Spenderin wäre, doch dies war bedauerlicherweise nicht der Fall gewesen.
»Am besten wäre es, wenn wir zeitnah damit anfangen.« Der Arzt sah uns ernst an.
»Sky, Schätzchen, ist das in Ordnung für dich?«, fragte meine Mutter sie. Sky nickte. »In Ordnung. Dann werden wir das machen«, wandte meine Mutter sich an den Arzt.
»Okay, wir werden einen Portkatheter einsetzen. Das ist eine kleine Kammer mit einem Schlauch, welcher in eine herznahe Vene mündet. Dadurch müssen wir nicht immer wieder jedes Mal neu in eine Vene stechen, sondern du kannst die Medikamente und die Chemotherapie direkt dadurch bekommen. Das ist deutlich schonender für dich und deine Venen. Hattest du schon einmal einen Portkatheter?« Der Arzt sah meine Schwester an.
»Ja, aber der wurde nach der letzten Behandlung wieder entfernt«, erzählte sie ihm.
»Okay, dann werden wir einen Termin machen, um einen neuen Port einzusetzen. Dafür führen wir eine kleine Operation durch. Diese wird ambulant sein und du brauchst keine Vollnarkose, außer du möchtest gerne eine«, erklärte er. Sky schüttelte den Kopf.
»Darf ich bei der OP dabei sein?« Ich sah ihn abwartend an.
Er überlegte kurz. »Das müsste eigentlich funktionieren. Solange du die passende OP-Kleidung trägst, dürfte das keine Hürde darstellen.« Er lächelte. »Dann machen Sie am besten direkt einen Termin, damit wir so schnell wie möglich starten können.«
Meine Mutter nickte und die beiden unterhielten sich noch kurz, bis der Arzt sich verabschiedete. Dann vereinbarten wir noch einen Termin, bevor wir uns wieder auf den Weg nach Hause machten.
Auf der Fahrt schwiegen alle. Meine Mutter hatte sich genau so viel Hoffnung gemacht wie ich, dass es Sky besser gehen würde. Doch leider war dies nicht der Fall. Sie musste erneut diese Tortur durchmachen, die sie bereits einige Male hinter sich hatte.
Zuhause angekommen bereitete meine Mutter das Abendessen vor. Ich folgte Sky in ihr Zimmer und setzte mich auf ihr Bett.
»Geht es dir gut?« Ich sah sie besorgt an.
Sky nickte. »Ist schon okay. Ich wusste, dass es wieder so kommen würde. Das ist in Ordnung. Bitte sei nicht traurig.« Sie legte ihre kleinen Arme um mich. Ich drückte sie fest an mich und schloss die Augen. Ihre Umarmungen taten so gut. »Schau mal, Zoe. Ich habe ein neues Bild gemalt.« Sie lief zu ihrem Schreibtisch, wo sie ihren Zeichenblock hervorholte. Ich betrachtete das Kunstwerk und erkannte eine weite Blumenlandschaft mit so vielen Details, welche es sehr realistisch aussehen ließen.
»Das ist wunderschön«, lobte ich sie.
»Das ist für dich.« Sie lächelte und gab es mir.
»Aber ich habe doch schon so viele Bilder von dir bekommen. Du darfst die auch gerne behalten.« Ich sah sie mit großen Augen an.
Doch Sky schüttelte den Kopf. »Ich möchte aber, dass du sie hast.« Sie sah mich mit ihrem zuckersüßen Lächeln an.
»Danke, das ist wirklich toll.« Ich nahm das Bild entgegen. »Ich muss noch Hausaufgaben machen. Möchtest du mit in mein Zimmer kommen oder willst du hierbleiben?«
»Ich bleibe hier, bis gleich«, antwortete sie und ich ging in mein Zimmer. Dort angekommen legte ich das Bild auf mein Bett und setzte mich an meinen Schreibtisch.
Als meine Mutter mich zum Abendessen rief, lief ich schnell nach unten, um ihr beim Decken des Tisches zu helfen. Sie sah etwas fertig aus und ich wusste genau, woran das lag.
»Mum, wir müssen positiv bleiben. Es gibt noch Hoffnung! Sie kann das schaffen. Wir müssen einfach abwarten. Wir können leider nichts anderes tun«, redete ich auf sie ein.