Begin To Love - Sara Cox - E-Book

Begin To Love E-Book

Sara Cox

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Beschreibung

Niemals hätten Emily Victoria Anderson und Liam Harvey gedacht, dass Liebe so schmerzhaft sein kann. Als Emily in einem Café in New York auf Liam trifft und er einen Flirtversuch startet, zeigt sie keinerlei Interesse an ihm. Doch das ändert sich mit der Zeit. Emily beginnt damit, sich Hals über Kopf in Liam zu verlieben. Aber den beiden stellen sich immer mehr Probleme in den Weg, die ihnen eine gemeinsame Zukunft scheinbar unmöglich machen. Trotzdem wollen sie gemeinsam durch dick und dünn gehen, was aber gar nicht so leicht ist, wie gedacht.

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Seitenzahl: 303

Veröffentlichungsjahr: 2023

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Sara Cox

Begin To Love

Sara Cox

Begin

To

Love

Roman

Gib das, was dir wichtig

ist nicht auf, nur

weil es nicht einfach ist!

Inhalt

1.Liam

2.Emily

3.Liam

4.Emily

5.Liam

6.Emily

7.Liam

8.Emily

9.Liam

10.Emily

11.Liam

12.Emily

13.Liam

14.Emily

15.Liam

16.Emily

17.Liam

18.Emily

19.Liam

20.Emily

21.Liam

22.Emily

23.Liam

24.Emily

25.Liam

26.Emily

27.Liam

28.Emily

29.Liam

30.Emily

31.Liam

32.Emily

33.Liam

34.Emily

35.Liam

36.Emily

37.Liam

38.Emily

39.Liam

40.Emily

41.Liam

42.Emily

43.Liam

Epilog

Danksagung

Gib das, was dir wichtig

ist nicht auf, nur

weil es nicht einfach ist!

1. Liam

New York City, USA

Ich war gerade auf dem Weg zu meinem besten Freund Marco, da er heute Geburtstag hatte und mit seinen Freunden feiern wollte. Ich lief gemütlich durch die Stadt und die Sonne verschwand langsam hinter den Wolken. Hinter dunklen Wolken. Ich hoffte sehr, dass es nicht gleich anfing zu regnen, obwohl es egal gewesen wäre, da mein T-Shirt von meinem Schweiß ohnehin schon so nass war, dass es fast zu tropfen begann. Okay, vielleicht war das ein bisschen übertrieben, aber man konnte deutlich mein Sixpack sehen, weil das T-Shirt so eng an meiner Haut klebte.

Plötzlich klingelte mein Handy, weshalb ich es aus meiner Hosentasche holte und im selben Moment rempelte mich jemand an. Ein Mädchen.

»Sorry!«, konnte ich sie noch rufen hören. Am liebsten hätte ich ihr den Mittelfinger gezeigt, doch die Arbeit hatte ich mir erspart, da sie es sowieso nicht gesehen hätte und weil es sehr kindisch gewesen wäre. Also ging ich ganz entspannt weiter und ließ mein Handy wieder in der Hosentasche verschwinden, ohne nachzusehen, warum es geklingelt hatte.

»Hey, Marco, alles Gute zum Neunzehnten!«, begrüßte ich meinen besten Freund.

»Danke! Komm rein, du bist der Letzte. Wo warst du so lange?«, fragte er mich und ich hatte den Eindruck, dass er jetzt schon betrunken war. Warum konnten die nicht auf mich warten? Eigentlich darf man in Amerika erst mit 21 Alkohol trinken, aber das war uns egal. Solange wir nicht dabei erwischt wurden, konnten wir es ja machen.

»Ich habe nur einen entspannten Spaziergang durch die Stadt gemacht«, antwortete ich Marco. Als ich eintrat, saßen die zwei anderen Jungs bereits am Tisch, wo ich einige Flaschen mit alkoholischen Getränken sehen konnte. Vermutlich hatten sie gerade ein Trinkspiel gespielt.

»Hallo, Liam«, begrüßte mich Alex.

»Guten Tag! Ich hoffe, ihr habt mir auch was übriggelassen?«, fragte ich etwas spöttisch in die Runde.

»Natürlich! Wir haben noch zwei Flaschen hochprozentigen Schnaps und ein paar Flaschen Tequila«, gab Charlie zurück.

Ich kannte Alex und Charlie schon seit der ersten Klasse und sie waren gute Freunde von mir. Marco, meinen besten Freund, kannte ich sogar schon seit dem Kindergarten.

»Also, spielen wir jetzt weiter?«, erkundigte sich Marco.

»Klar! Aber ich glaube wir müssen es Liam erst erklären«, wandte Alex ein. »Oder kennst du Bounce, Bam, Boule bereits?«

»Nein, das müsst ihr mir erklären«, ließ ich die anderen wissen.

Sie erklärten es mir und um ehrlich zu sein, es war sehr lustig. Es ging darum, dass man einen imaginären Ball weitergeben musste. Am Anfang im Uhrzeigersinn und dann bestimmten die Spieler wie es weiter ging. Sie sagten Bounce, damit der Ball zum nächsten Spieler hüpfte, Bam, damit er die Richtung wechselte und Boule, damit der nächste Spieler ausgelassen wurde. Wer etwas sagte, obwohl er den Ball nicht hatte, musste etwas trinken.

Danach spielten wir Wahrheit oder Pflicht. Charlie drehte die Flasche und diese zeigte auf Alex.

»Wahrheit oder Pflicht?«, fragte Charlie gespannt.

»Ich will ja kein Spielverderber sein, deswegen nehme ich Pflicht.« Alex sah ihn herausfordernd an.

»Zeig uns ein Foto vom letzten Mädchen, mit dem du Kontakt hattest!« Charlie wartete geduldig auf das Foto, das Alex uns wenige Sekunden später auf seinem Handy präsentierte. Irgendwie kam mir das Mädchen sehr bekannt vor. Ich überlegte eine Weile, woher ich sie kannte bis es mir einfiel. Sie war das Mädchen, dass heute gegen mich gerannt war. Komisch, dass mir ihre Schönheit nicht gleich aufgefallen war. Sie war das schönste Mädchen, das ich jemals gesehen hatte. Sie hatte lange blonde Haare, wunderschöne türkisblaue Augen, war sehr schlank und hatte ein wenig Make-Up im Gesicht. In dem Moment als ich das Foto sah, wusste ich eines ganz genau: Ich wollte sie unbedingt kennenlernen. Hoffentlich war sie nicht mit Alex zusammen.

Ein paar Stunden später, ungefähr um vier Uhr nachts, ging ich nach Hause. Ich war so müde und betrunken, dass ich es gerade noch geschafft hatte meine Schuhe und Jacke auszuziehen, bevor ich mich auf mein

Bett fallen ließ und einschlief.

2. Emily

So ein Stress! Ich musste so schnell wie möglich zur Bushaltestelle kommen, die ich mit meiner Geschwindigkeit in etwa fünf Minuten erreichen würde. Aber der Bus kam schon in zwei Minuten. Vielleicht hatte ich ja Glück und der Bus verspätete sich um ein paar Minuten. Wenn ich den Bus nicht erwischen würde, müsste ich eine halbe Stunde auf den Nächsten warten. Das war natürlich kein Weltuntergang, aber ich hatte keine Lust noch eine halbe Stunde sinnlos in der Stadt zu verbringen. Ich war am Ende mit meinen Nerven. Ich wollte einfach nur nach Hause!

Plötzlich blieb ich mit meinem Arm an einem Jungen hängen, der mir verärgert hinterherschaute.

»Sorry!«, rief ich ihm nach, bevor mir mein Handy aus der Hand fiel. Ich drehte mich um und hob es auf. Na toll! Das Display hatte hunderte von Rissen, aber immerhin funktionierte es noch. Ich packte es in meine Handtasche, damit es nicht noch einmal herunterfallen konnte und rannte weiter.

Noch ungefähr zwei Minuten dauerte es, bis ich die Bushaltestelle erreicht hatte. Der Bus kam gerade an und ich war völlig außer Atem. Ich hielt diesen Stress bald nicht mehr aus!

Als ich zu Hause ankam schmiss ich mich auf mein Bett, das unter meinem Gewicht knarrte. Ich zog mein Handy aus meiner Handtasche und rief meine beste Freundin Alice an.

»Hey, Emmi! Hab dich schon vermisst. Warum hast du dich so lange nicht gemeldet?«, hörte ich Alice besorgt fragen.

»Hey, ich hab dich auch vermisst. Heute ist etwas ganz schlimmes passiert!« Ich war den Tränen nahe.

»Erzähl!«, befahl sie mir.

»Tyler hat mit mir Schluss gemacht. Er hat mich in die Stadt gebeten und mir dann einen ewig langen Vortrag gehalten, dass er ein anderes Mädchen kennengelernt hat und sie einfach besser zu ihm passen würde als ich.«

»Was für ein Idiot! Weißt du was? Ich bin in fünfzehn Minuten bei dir und wir machen uns einen gemütlichen Filmeabend, okay?«

»Super Plan!« Ich legte auf und begann zu heulen. Ich war so verdammt traurig und ich war sehr wütend auf Tyler. Eine schöne Erinnerung nach der anderen kam mir in den Kopf und machte mich noch trauriger. Ich erinnerte mich daran, wie ich ihn vor zwei Jahren kennengelernt hatte. Er hatte mich in einem Restaurant, in dem ich zusammen mit Alice gegessen hatte, beobachtet. Als wir gerade mit dem Essen fertig waren, hatte sie eine Nachricht von Henry, ihrem Freund, bekommen, der mit ihr ins Kino gehen wollte. Alice rannte vor Freude so schnell aus dem Restaurant, dass man sie nicht mehr aufhalten konnte. Sie hatte es gerade so noch geschafft, sich von mir zu verabschieden. Kaum war sie weg, wurde mir ein Erdbeereis serviert, das ich nicht bestellt hatte. Aber ich musste nicht lange auf eine Erklärung warten, da Tyler sich auf den Stuhl mir gegenüber fallen ließ und mir beichtete, dass er das Eis für mich bestellt hatte. Wir hatten uns stundenlang unterhalten und wir hatten uns auch nach diesem Tag noch einige Male getroffen, bis er den ersten Schritt auf mich zu gemacht hatte und mich gefragt hatte, ob ich mit ihm gehen wollte und natürlich hatte ich ja gesagt. Seitdem waren wir das glücklichste Pärchen in ganz Amerika gewesen. Bis zu diesem Tag.

Ich heulte, bis ich ein Klingeln hörte. Ganz schnell wischte ich mir die Tränen weg und öffnete die Tür. Alice stand davor und hatte wahrscheinlich die Hälfte ihrer gesamten Klamotten dabei.

»Hast du vor hier einzuziehen?«, erkundigte ich mich.

»Zumindest für heute Nacht, um dich zu trösten. Dafür sind doch beste Freunde da!«, bekam ich als Antwort. Gemeinsam gingen wir ins Wohnzimmer und packten die Taschen aus, die Alice mitgebracht hatte.

»Ich finde es so cool, dass du eine eigene Wohnung hast. Du bist viel selbständiger als ich.« Alice fand meine Wohnung richtig schön, aber ich konnte mir überhaupt nicht erklären, warum. Ich musste viel renovieren, bevor ich einziehen konnte, da die Wohnung schon ungefähr zwanzig Jahre alt war, aber jetzt sah sie ziemlich okay aus. Ich war eingezogen, nachdem ich vor einem halben Jahr meinen High-School Abschluss bekommen hatte. Normale Menschen gehen direkt nach der High- School auf eine Uni, aber ich war nicht normal. Leider! Ich wusste nicht, was ich in den nächsten Jahren machen wollte, aber ich wollte definitiv nicht nach Hause zurück, da ich nicht umsonst nach der High-School von Zuhause abgehauen war. Aber das war jetzt nicht weiter wichtig.

»Naja, so cool ist es auch wieder nicht. Du bekommst hin und wieder leckere Gerichte aufgetischt, die du nicht selbst kochen musst. Ich muss immer selbst kochen. Außerdem bin ich immer alleine und kann mit niemandem reden.« Ich war am Anfang total begeistert gewesen, alleine wohnen zu können, aber schon nach wenigen Monaten fand ich es blöd immer alleine zu sein.

»Hast du eigentlich schon was gegessen?«, fragte ich Alice und spürte wie mein Magen beim Gedanken an Essen zu knurren begann.

»Nein, habe ich nicht. Wir könnten ja Pizza bestellen«, schlug sie vor.

»Ja, Pizza ist super!« Ich versuchte fröhlich zu klingen, doch plötzlich schossen mir Tränen in die Augen. Ich versuchte sie zurück zu halten, doch das funktionierte überhaupt nicht.

»Emmi, du weißt doch, dass du dich bei mir nicht verstellen musst, oder? Du kannst bei mir lachen, weinen, vor Wut um dich schlagen, ich werde immer für dich da sein, ich hoffe dir ist das klar.« Alice umarmte mich und versuchte mich zu trösten.

»Danke Alli. Ich bin dir so dankbar für alles, was du für mich bis jetzt getan hast.« Ich konnte den Satz gerade noch beenden, bevor sich ein Kloß in meinem Hals bildete und ich kaum noch Luft bekam.

»Bestellen wir jetzt Pizza? Ich habe verdammt viel Hunger«, fragte ich meine beste Freundin, nachdem ich mich wieder beruhigt hatte.

»Unbedingt. Ich verhungere auch gleich. Welche Pizza willst du?« Sie nahm ihr Handy in die Hand und öffnete eine Website, die PizzaExpress hieß.

»Salami bitte«, antwortete ich.

»Okay, die Pizza kommt in etwa zwanzig Minuten. Soll ich gleich einen der fünf Filme, die ich mitgebracht habe, anschalten?«

»Ja, wir können ja auf der Couch essen.«

»Super! Ich habe keine Liebesfilme mitgenommen, weil ich mir dachte, dass du da jetzt sicher keine Lust drauf hast.«

»Du kennst mich einfach zu gut.«

»Ich weiß. Aber welchen Film schauen wir an?«

»Wie wäre es mit einem Horrorfilm?«

»Da hätte ich Smile im Angebot.«

»Klingt gut!« Ich nickte und Alice legte den Film ein. Als es an der Tür klingelte, stand sie auf, öffnete sie und kam mit zwei Pizzakartons zurück. Wir genossen die Pizzen und als wir sie aufgegessen hatten, holte Alice zwei Tafeln Schokolade, die sie in ihrer Handtasche verstaut hatte. Sie kannte mich wirklich viel zu gut. Sie wusste immer, was ich gerade am meisten brauchte und gab es mir – oder versuchte es zumindest.

Als der Film zu Ende war, schaute ich auf mein Handy, um nachzusehen, wie spät es war.

»Was hast du bitte mit deinem Handy angestellt, dass dein Display so zerstört ist?«, fragte Alice leicht geschockt. »Hast du es Tyler vor Wut an den Kopf geschmissen?«

»Nein, du weißt doch, dass ich nicht scharf bin auf Gewalt. Da ist was ganz anderes passiert, was aber nur wegen Tyler passieren konnte.«

»Was denn?«, wollte sie wissen.

»Es ist keine spannende Geschichte. Ich bin nur so schnell durch die Stadt zur Bushaltestelle gelaufen, dass ich einen Jungen angerannt habe, und dann ist mein Handy aus meiner Hand gefallen.«

»Warum rennst du durch die Stadt und warum hältst du dein Handy dabei in der Hand?«

»Wegen Tyler. Er wollte sich mit mir in der Stadt treffen und nachdem er seine Ansprache beendet hatte, wollte ich so schnell wie möglich nach Hause. Mein Handy hatte ich in der Hand, weil ich den Bus Plan angeschaut habe.«

»Okay… Also ich finde, dass Tyler dir ein neues Handy schuldet«, entgegnete Alice mir ironisch.

»Nein, ganz ehrlich, ich will nichts mehr mit diesem Typen zu tun haben, also lassen wir Tyler einfach in Ruhe, okay?«

»Okay, er ist dein Ex und es ist deine Entscheidung, ob du noch mit ihm reden möchtest oder nicht.«

»Danke!« Ich war so verdammt müde, dass ich wenige Minuten nach diesem Gespräch auf der Couch einschlief.

3. Liam

Ich wachte auf und ein stechender Schmerz in meinem Kopf ließ mich stöhnen. Ich hatte gestern wahrscheinlich zu viel getrunken. Aber es war so lustig gewesen und ich wollte auch kein Spielverderber sein. Ich kroch aus dem Bett und holte mir erstmal eine Kopfschmerztablette. Nach ungefähr zehn Minuten ließen die Schmerzen zum Glück etwas nach.

Ich bemerkte einen kleinen blauen Fleck an meinem Oberarm und überlegte, woher der kommen könnte, bis mir einfiel, dass gestern Nachmittag Emily gegen mich gelaufen war. Ich hatte allerdings nicht erwartet, dass das zu einem blauen Fleck führen konnte. Aber es war ja auch egal. Wichtig war nur, dass Emily das schönste Mädchen der Welt war, weshalb ich sie unbedingt wiedersehen wollte. Also nahm ich mein Handy vom Nachttisch und rief Alex an.

»Liam?«, hörte ich ihn mit verschlafener Stimme fragen. Scheiße! Ich hatte nicht daran gedacht, dass er vielleicht noch geschlafen hatte. Es war erst sieben Uhr und ich war ein Frühaufsteher. Kein Wunder, dass er noch nicht wach gewesen war. Aber jetzt war es auch schon egal.

»Hey, sorry wenn ich dich aufgeweckt habe, aber ich muss dich was ganz Wichtiges fragen.« Ich hoffte sehr, dass er jetzt nicht zu genervt war, denn sonst würde ich vermutlich keine einzige Information aus ihm herausbekommen.

»Du könntest zwar nächstes Mal auch ein bisschen später anrufen, aber wenn es so wichtig ist, dann schieß los!« Er klang leicht genervt, aber immerhin schrie er mich nicht durch das Handy an.

»Es geht um Emily…«, fing ich an, doch Alex unterbrach mich sofort.

»Vergiss es Liam!«

»Warum? Ist sie deine Freundin? Und warum lässt du mich nicht ausreden? Du weißt doch gar nicht, worauf ich hinauswill!«

»Stimmt, ich weiß es nicht, aber ich kann es mir denken, und ich sage dir, dass du gleich aufgeben solltest. Und nein, sie ist nicht meine Freundin. Wir sind nur Freunde.«

»Und was hast du dann dagegen, wenn ich mehr über sie erfahren möchte?«, fragte ich verwirrt und leicht genervt.

»Sie hat einen Freund und ich glaube nicht, dass die beiden in der nächsten Zeit Schluss machen werden.«, erklärte Alex mir.

»Aber vielleicht macht sie Schluss, wenn sie mich erstmal richtig kennt«, warf ich ein.

»Das bezweifle ich.« Alex klang noch sehr müde und ich glaubte kurz, dass er eingeschlafen war, da er nichts mehr sagte.

»Alex? Bist du eingeschlafen?«

»Nein, bin ich nicht, aber ich weiß bei dir einfach nicht mehr, was ich sagen soll. Wenn du dir etwas in den Kopf setzt, dann willst du das unbedingt erreichen und dann ist dir immer komplett egal, ob du andere Menschen dabei verletzt oder nicht.« Alex brachte mich zum Nachdenken. Und er hatte sowas von recht. Ich war viel zu egoistisch. Mir waren immer nur meine eigenen Bedürfnisse wichtig. Die Gefühle der anderen Menschen waren mir immer egal gewesen, aber das durfte ich natürlich nicht zugeben.

»Kannst du mir bitte trotzdem verraten, wo ich Emily finden kann?«, fragte ich hoffnungsvoll.

»Nein«, sagte er schlicht und legte auf.

Na toll! Wo bekam ich meine Informationen jetzt her? Alex war der Einzige, von dem ich wusste, dass er Emily kannte.

Ich schrieb Marco eine WhatsApp-Nachricht und fragte, ob er Lust hätte, heute mit mir in die Stadt zu gehen. Insgeheim hoffte ich, Emily zu treffen, aber das schrieb ich nicht dazu, weil er dann vermutlich nicht mitkommen würde. Ich wusste nur zu gut, dass er keine Lust auf solche Verfolgungsjagten hatte, da wir das wegen mir schon einmal gemacht hatten und er war deswegen von mir total genervt gewesen.

Wir trafen uns um drei Uhr nachmittags vor einem Café und wollten gerade reingehen, als wir Alex bemerkten. Das hatte natürlich noch gefehlt. Der war bestimmt voll genervt von mir.

»Hey, Marco, hey, Liam.« Er klang zu meiner Überraschung ziemlich gut gelaunt. Vielleicht war er heute Morgen einfach genervt gewesen, weil es noch so früh gewesen war.

»Hey, Alex«, sagten Marco und ich gleichzeitig.

»Liam, du wirst mir nicht glauben, was ich heute Nacht geträumt habe«, sagte Alex. »Du hast mich angerufen, und gefragt, ob ich dir ein paar Fragen über Emily beantworten kann. Verrückt oder?« Alex war scheinbar nach unserem Telefonat nochmal eingeschlafen und hielt es jetzt für einen Traum.

»Das war kein Traum«, erklärte ich ihm. »Das ist wirklich passiert.«

Alex musterte mich überrascht. »Du stehst wirklich auf Emily?«

»Ich kann doch nichts dafür, dass ich sie hübsch finde«, versuchte ich mich rauszureden.

»Naja, so hübsch ist sie zwar nicht, aber ist ja auch egal«, warf Marco ein. »Gehen wir jetzt ins Café, oder bleiben wir hier draußen stehen?« Marco war schon immer ungeduldig.

»Ja, lasst uns reingehen«, antwortete ich ihm.

4. Emily

Alice und ich saßen in einem Café, als ich ihr meine besten Nachrichten verkündete. »Ich fliege in zwei Monaten nach Europa!«

»Oh mein Gott, wie cool ist das denn? Nimmst du mich bitte, bitte, bitte mit?«, bettelte sie. Es war ja nicht so, dass ich sie nicht gerne dabeigehabt hätte, das Problem war nur, dass ich vor etwas davonlief, denn wie gesagt ich war kein normales Mädchen. Europa war meine einzige Chance, vor dem davon zu laufen, was mich schon mein ganzes Leben lang gefangen gehalten hatte. Ich war zwar schon von meinem Geburtsland – welches Kanada ist – nach Amerika geflohen, aber ich lebte hier schon ein halbes Jahr und würde vermutlich bald gefunden werden. Also musste ich mich zumindest solange verstecken, bis hier schon alles abgesucht war.

»Ich würde dich liebend gern mitnehmen, aber es geht nicht. Tut mir leid. Außerdem ist diese Reise sehr teuer.«

»Das Geld bekomme ich schon irgendwie zusammen…«

»Du kannst nicht mitkommen! Ich mache da keinen Urlaub. Ich werde dir alles erklären, wenn ich in der Lage bin, es zu erklären.«

»Was machst du dann da, wenn du keinen Urlaub machst? Und was willst du mir erklären?«

»Ich will dir erklären, warum du nicht mitkommen kannst und warum ich in Europa keinen Urlaub mache. Aber noch nicht jetzt.«

»Na gut. Themenwechsel. Eine nicht so schöne Geschichte… Mein Bruder sitzt im Jugendknast.«

»Warum das denn?«

»Er ist bei unseren Nachbarn eingebrochen und hat 200 Dollar gestohlen.«

Alice hatte einen kleineren Bruder, der immer wieder Probleme machte. Ich glaube er war im Moment siebzehn Jahre alt, aber so genau konnte man das nicht einschätzen bei ihm, da er immer mit Jungs in unserem Alter oder älter abhing.

»Wie kommt der immer auf so bescheuerte Ideen?«, fragte ich Alice.

»Vermutlich, weil er doch immer mit Achtzehn- und Neunzehnjährigen rumhängt und die kommandieren ihn wahrscheinlich herum, weil er der Jüngste ist und noch nicht ins richtige Gefängnis muss.«

»Aber wir sind doch auch schon achtzehn und wir machen nicht solche Sachen.«

»Ich kann mir vorstellen, dass das daran liegt, dass wir Mädchen sind. Jungs sind doch immer so aufgedreht. In jedem Alter.«

Plötzlich bemerkte ich eine Gruppe Jungs, die direkt auf uns zu kam.

»Schau mal da rüber! Der Junge mit den schwarzen verwuschelten Haaren, den Tattoos und den Piercings ist der, den ich letztens angerannt habe«, machte ich Alice auf die Jungs aufmerksam.

»Hallo Emily«, begrüßte mich Alex, einer der drei Jungs. Ich kannte ihn schon seit ein paar Monaten. Unsere erste Begegnung war auch hier im Café.

»Hey, Alex!« Ich hatte gerade echt keine Lust auf ihn, weil er immer so ewig lange Gespräche führte. Normalerweise war das ja kein Problem für mich, aber im Moment wollte ich nicht mit Jungs reden, auch wenn Alex einer meiner besten Freunde war. Ich musste zuerst die Trennung mit Tyler verdauen. Trotz meiner schlechten Laune versuchte ich nett zu Alex zu sein, denn er konnte ja nichts dafür, dass Tyler eine Bessere gefunden hatte.

»Was ist los Emmi? Warum strahlst du nicht so wie sonst immer?«, fragte er besorgt. Na toll! Er hatte meine schlechte Laune wohl doch schon bemerkt. Dann musste ich ihm wohl die Wahrheit sagen.

»Tyler hat Schluss gemacht. Er hat eine Bessere gefunden.«, erklärte ich ihm.

»Das tut mir leid.« Er machte ein mitleidiges Gesicht.

»Das muss es nicht, du kannst ja nichts dafür. Aber mal was Anderes, wer sind die zwei Jungs da?«, versuchte ich das Thema zu wechseln.

»Das sind Liam und Marco.« Alex zeigte zuerst auf den Jungen, den ich angerempelt hatte und danach auf den dritten.

»Hallo Emily«, sagte Liam. »Du hast mich doch vor ein paar Tagen angerannt, erinnerst du dich noch an mich?«

»Hallo Liam, ja ich erinnere mich noch an dich.«

»Hallo, Emily«, begrüßte mich nun auch Marco.

»Ich bin übrigens Alice«, meldete sich Alice zu Wort.

»Oh, dich hab ich ja total vergessen, sorry Alli!«, entschuldigte sich Alex.

»Darf ich mich zu euch setzten?«, erkundigte sich Liam mit strahlendem Gesicht.

»Nein, ich bin mit Alice hier, weil ich mit ihr Zeit verbringen wollte, und nicht mit einem dahergelaufenen Typen.« Ich wollte auf keinen Fall, dass sich Liam jetzt neben mich setzte, aber er schien den letzten Satz einfach überhört zu haben, denn er zog einen Stuhl raus und setzte sich neben mich.

5. Liam

Als ich mich neben Emily setzte, musterte sie mich mit finsterem Blick. Aber mich störte das nicht. Mein Herz schlug viel zu schnell, seit sie erzählt hatte, dass ihr Freund Schluss gemacht hatte. Ich würde das schon hinbekommen, dass sie gleich nicht mehr so wütend war, aber ich hatte sie total falsch eingeschätzt. Ich dachte, sie würde mich jetzt beschimpfen und dann würde ich sie beruhigen können, indem ich ihr einen Drink ausgebe. Aber zu meiner Verwunderung stand sie einfach auf und ging.

»Sie hat heute einfach einen schlechten Tag, tut mir leid!«, entschuldigte sich Alice für ihre Freundin.

Allmählich wurde mein Puls wieder normal und ich war ein bisschen enttäuscht. Marco und Alex hatten sich das Schauspiel angeschaut und grinsten mich jetzt schief an.

»Was glotzt ihr so?«, fauchte ich sie an. Dann fingen die beiden an zu lachen. Ich verstand überhaupt nicht warum.

»Seit wann bist du denn so nett zu anderen?«, brachte Marco hervor.

»Das kannst du dir gleich sparen, bei Emily wirst du nie eine Chance haben.« Alex‘ Gesicht war schon rot vor Lachen.

»Wenn ich was will, dann bekomme ich das auch«, erklärte ich und merkte erst, als ich es gesagt hatte, dass es klang, als hätte es ein Sechsjähriger gesagt.

»Liam, ist dir eigentlich bewusst, wie kindisch das gerade klang? Daran glaubt höchstens ein Sechsjähriger noch.« Marco fiel vor Lachen fast vom Stuhl.

»Ach, lasst mich doch einfach in Ruhe!«, sagte ich genervt.

»Verstehst du keinen Spaß?«, fragte Alex etwas spöttisch.

»Doch, natürlich verstehe ich Spaß, aber nicht, wenn über mich gelacht wird!«, zischte ich meine beiden Freunde an. Aber im Moment bezweifelte ich, dass wir weiterhin Freunde bleiben konnten, wenn sich die beiden mir gegenüber so verhielten. Sogar mein bester Freund Marco! Ich konnte es einfach nicht glauben.

»Wir meinen es doch nicht böse!«, verteidigte Marco sich und Alex.

»Wenn ihr es wirklich nicht böse meint, hört ihr jetzt sofort auf zu lachen!« Ich sah die beiden wütend an. Marco und Alex wechselten einen Blick.

»Okay, sorry!«, sagten die beiden gleichzeitig. Allmählich beruhigten sie sich wieder und ich spürte, wie meine Wut nachließ. Ich bemerkte erst jetzt, als mein Herz sich wieder beruhigte, dass es so schnell gerast war, als wäre es einen Marathon gelaufen. Aber diesmal vor Wut. Jetzt hatte ich auf einmal keinen Grund mehr auf meine Freunde wütend zu sein. Vermutlich hatte ich einfach überreagiert. Plötzlich war es mir sogar peinlich, dass ich da gerade eben nicht drüber gestanden hatte. Normalerweise interessierte es mich nämlich herzlich wenig, wenn jemand über mich lachte. Verlegen ließ ich meine Hand durch meine schwarzen, verwuschelten Haare gleiten.

»Schon gut, ich glaube, ich habe einfach

überreagiert.« Ich beschloss, den beiden zu verzeihen, denn sie hatten das Recht über mich zu lachen. Mein Verhalten gerade eben war wirklich kindisch gewesen und wenn ich so weitermachte, war ich bald nicht mehr der coolste Junge aus meinem Bekanntenkreis.

»Aber jetzt mal im Ernst«, begann Alex. »Wenn du wirklich eine Chance bei Emily haben willst, musst du Geduld haben. Sie ist ein eher schüchternes Mädchen. Zumindest, wenn sie jemandem noch nicht vertraut und wenn sie jemandem vertraut, ist sie verrückt. Sehr verrückt sogar! Also musst du es erst schaffen, dass sie dir vertraut, damit du ihr wahres-Ich kennenlernen kannst. Aber damit dir das gelingt, solltest du sie vielleicht nicht so drängen, sie muss jetzt erstmal über ihren Ex hinwegkommen und dass kann etwas dauern, denn sie hat ihn wirklich sehr geliebt.«

»Alex du kennst mich, Geduld ist absolut nicht meine Stärke!«, erinnerte ich Alex. Ich hatte – genau wie Marco – noch nie viel Geduld gehabt, aber wenn es um Liebesdinge ging, war ich besonders ungeduldig, allerdings konnte ich mir nicht erklären warum.

»Wenn du Emily wirklich dazu bringen willst, dass sie etwas Zeit mit dir verbringt, musst du geduldig sein, es geht nicht anders!« Alex musste sich eindeutig konzentrieren, nicht die Kontrolle zu verlieren.

»Na gut, ich versuch es.« Ich wusste, dass es mir nicht leicht fallen würde, aber wenn es nicht anders ging, würde ich die Geduld dafür eben aufbringen müssen.

»Du könntest die Zeit aber vielleicht etwas verkürzen«, warf Alex nachdenklich ein.

»Wirklich? Wie?«, fragte ich hoffnungsvoll.

»Du könntest einfach nett zu ihr sein, aber du musst aufpassen! Du darfst nicht zu aufdringlich wirken und du solltest auf keinen Fall wie ein Stalker wirken, sonst kann das ganz schnell in die falsche Richtung laufen.« Alex sprach in einem sehr eindringlichen Ton.

»Okay, ich werde es versuchen«, gab ich zurück.

»Wie lange wollt ihr jetzt noch Pläne schmieden, um Mädels zu verarschen?«, meldete sich Marco zu Wort.

»Wir verarschen Emily doch nicht!«, verteidigte ich mich.

»Was ist das dann? Du willst unbedingt an sie rankommen und was sie will, ist dir völlig egal«, gab Marco zu bedenken.

»Emily wird das glücklichste Mädchen von allen sein, wenn sie mit mir zusammen ist! Und wenn sie es nicht freiwillig möchte, muss ich sie eben zu ihrem Glück zwingen!« Es war sehr schwer für mich, mich zu beherrschen.

»Ach Liam, es ist bei dir doch auch immer das Gleiche mit den Mädels! Du stehst auf ein Mädchen, gestehst ihr deine ewige Liebe und kaum hast du bekommen was du wolltest, machst du mit ihr Schluss und brichst ihr damit das Herz!«, erinnerte mich Marco an meine letzten Freundinnen.

»Das stimmt nicht! Bei Emily ist es anders! Ich liebe sie wirklich und ich breche ihr ganz bestimmt nicht das Herz!«, beteuerte ich.

»Wir werden sehen.« Marco klang genervt.

»Können wir uns nicht einfach wieder vertragen? Ich habe echt keine Lust jetzt zu streiten.«

»Meinetwegen. Ich will ja keine Zicke sein«, erklärte Marco immer noch etwas genervt.

6. Emily

»Dieser Liam ist echt der größte Volltrottel, den ich je getroffen habe«, ließ ich Alice wissen.

»Findest du? Also ich finde ihn schon süß, er hat es doch nur nett gemeint«, verteidigte sie Liam.

»Dann versuch du es doch bei ihm!«

»Auf welche Ideen kommst du denn? Ich bin doch mit Henry zusammen! Hast du das vergessen?«

»Nein, das hab ich natürlich nicht vergessen. Ich würde sagen, dass wir dem Typen einfach aus dem Weg gehen, sollten wir ihn jemals wiedersehen.«

»Ich versteh dich nicht! Du könntest doch zumindest mal etwas Zeit mit ihm verbringen und ihn besser kennenlernen. Aber wenn du es so willst, dann gehen wir ihm eben aus dem Weg«, sagte Alice.

Ich hatte ganz vergessen, warum wir eigentlich in der Stadt waren. Wir wollten einen Shoppingtag gegen meinen Liebeskummer machen, aber bis jetzt waren wir noch nicht zum Shoppen gekommen.

»Wollten wir nicht eigentlich Shoppen gehen?«, erinnerte ich Alice an unseren ursprünglichen Plan.

»Stimmt, wollten wir. Lass uns einfach in den nächsten Klamottenladen gehen, den wir finden«, schlug sie vor.

»Super Idee!«, stimmte ich freudig zu und meine Stimmung verbesserte sich schlagartig.

Nachdem wir ungefähr eine Stunde in dem Laden verbracht hatten, verließen wir mit jeweils zwei Tüten voller Klamotten das Geschäft. Wir hatten uns gegenseitig Outfits zusammengestellt, uns aber auch selbst Klamotten ausgesucht. Doch als wir wieder draußen in der heißen Nachmittagssonne waren, entdeckten wir drei Jungs, die aussahen wie Alex, Liam und Marco und als ich sie genauer betrachtete, musste ich leider feststellen, dass sie es wirklich waren. Sie kamen gerade aus dem Café, dass sie scheinbar nicht verlassen hatten, seit wir sie dort getroffen hatten. Ich hätte nicht gedacht, dass Jungs sich auch so lange unterhalten konnten, aber vermutlich wollte ich gar nicht wissen, über was sie geredet hatten.

»Emmi, wir müssen schnell hier weg, da drüben sind die Jungs!« Alice schob mich schon in die Richtung der Bushaltestelle, die allerdings noch ziemlich weit weg war. Wir mussten uns also beeilen, damit die Jungs uns nicht bemerkten. Alice und ich rannten nun so schnell wir konnten, doch leider war meine Kondition nicht die Beste, weshalb ich schon nach ungefähr dreißig Metern aus der Puste kam. Mein Herz raste und das Blut rauschte viel zu schnell in meinen Adern.

Und dann geschah es! Mein Fuß knickte um und einen Schmerzensschrei konnte ich mir nicht verkneifen. Alice drehte sich um und half mir wieder hoch. Ich versuchte weiterzulaufen, doch mein Fuß schmerzte zu sehr. Jeder Schritt fühlte sich an als würde mein Fuß gleich auseinander brechen.

»Hey, Emily, warte doch!«, hörte ich Liam schon von weitem rufen. Scheiße! Die Jungs mussten meinen Schrei gehört haben. Ich ignorierte Liam und versuchte einfach weiterzulaufen. Doch es ging nicht! Nach wenigen Schritten brach ich zusammen. Ich gab dem Schmerz nach und ließ mich auf den Boden fallen. Und da lag ich nun, versuchte mich auf den Rücken zu drehen, um leichter Atmen zu können, mein Herz raste noch immer wie verrückt. Mein Kopf schmerzte, als wären fünf Ziegelsteine darauf gefallen und meine Knie brannten. Vermutlich bluteten sie. In diesem Moment wünschte ich, ich hätte eine lange Hose angehabt und keinen Rock, denn dann hätten meine Knie zumindest ein bisschen Schutz gehabt. Ich spürte auch, wie meine Hände anfingen zu brennen. Wahrscheinlich hatte ich mich mit ihnen aufgefangen und dann waren meine Ellenbogen weggeknickt und ich war mit dem Kopf auf den harten Boden geknallt. Ich versuchte mich wachzuhalten, doch nach einer gefühlten Ewigkeit gab ich mich den Schmerzen hin und meine Augenlieder wurden ganz schwer. Die Geräusche in meiner Umgebung wurden immer dumpfer.

»Emmi was ist los?«, glaubte ich Alice sagen zu hören. Ich wollte ihr eine Antwort geben, doch ich konnte nicht. Meine Lippen bewegten sich zwar, aber es kam kein Ton heraus. Ich kam mir so hilflos vor wie noch nie zuvor. Hoffentlich kam Alice nicht auf die Idee, den Rettungswagen anzurufen, denn das würde vermutlich das Ende meiner Freiheit bedeuten. Die Menschen in den Krankenhäusern würden mich bestimmt erkennen, wenn sie mein Make-Up entfernten, warum auch immer sie das tun sollten. Aber das war im Moment meine größte Angst. Wenn mich jemals jemand ohne Make-Up sehen würde, würde ich zurück zu meiner Familie geschickt werden und dürfte wahrscheinlich nie wieder in die Öffentlichkeit. Das durfte nicht passieren! Ich hatte alles so schön geplant, ich wäre nach Europa geflogen, wo mich ohnehin niemand kannte, da ich ja auf einem anderen Kontinent wäre und danach hätte ich irgendwo studiert. Doch wenn ich Pech hatte, würden alle meine Pläne zerstört werden! Das wäre eine Katastrophe…

Ich wusste nicht, wie viel Zeit inzwischen vergangen war, oder ob ich geschlafen hatten, oder ob ich bewusstlos gewesen war. Jedenfalls schlug ich die Augen auf und blickte in vier besorgte Gesichter.

»Emmi! Sag doch endlich was!« Alice klang höchst besorgt. Dann erkannte ich Liam.

»Emily! Ich dachte schon du wachst gar nicht mehr auf!« Er klang sehr aufgebracht. Ich versuchte mich aufzurichten, doch die Schwerkraft gab nicht nach.

»Was ist passiert?«, presste ich mühsam hervor.

»Du warst bewusstlos, aber keine Sorge, wir haben schon einen Rettungswagen gerufen«, erklärte Alex.

»Nein! Nicht der Rettungswagen!«, schrie ich, ohne darüber nachzudenken, dass Alice und die Jungs auch nicht wissen durften, wer ich war. Ich musste mir jetzt ganz schnell einen Grund überlegen, warum ich nicht ins Krankenhaus wollte, sonst müsste ich verraten, wer ich wirklich war, oder ich würde für geisteskrank gehalten werden.

»Warum? Was ist so schlimm daran? Die wollen dir doch nur helfen!« Alice war zurecht sehr verwundert.

»Ich weiß, aber… äh…«, fing ich an zu stottern. Ich versuchte mich erneut aufzurichten und diesmal klappte es auch. Ich stand zwar etwas wackelig auf den Beinen und mein Fuß schmerzte immer noch sehr, aber ich musste weg von hier. Ich machte einen Schritt nach dem anderen.

»Seht ihr, ich muss gar nicht ins Krankenhaus!«, versuchte ich die anderen zu überzeugen.

»Nein, du bleibst hier!«, befahl Alex mir.

»Nein, tu ich nicht!«, entgegnete ich, schnappte mir meine Tüten voll Klamotten und humpelte so schnell ich konnte weg. Aber natürlich war Alice viel schneller als ich. Sie holte mich ein und hielt mich fest.

»Hör zu! Der Krankenwagen ist schon unterwegs und die werden dich auch untersuchen, aber wenn du Glück hast, musst du gar nicht ins Krankenhaus«, versuchte sie mir zu erklären, aber ich wollte nicht untersucht werden! Ich musste hier weg. Und dann kam mir eine Idee.

»Hey, Liam, du siehst ziemlich stark aus. Könntest du mir vielleicht einen Gefallen tun? Könntest du mich so schnell wie möglich zur Bushaltestelle tragen? Das wäre sehr nett«, rief ich Liam zu.

»Klar, warte kurz«, entgegnete er, kam auf mich zu gerannt und nahm mich wie ein kleines Baby in seine muskulösen Arme. Wow! Liam konnte echt schnell rennen. Ich sah Alice nach, sie hatte sehr große Mühe mit uns mit zu halten und wir entfernten uns immer weiter von ihr. Nach ungefähr drei Minuten erreichten wir die Bushaltestelle. Und eine Minute später kam auch schon der Bus nach Hause. Ich stieg ein.

»Dankeschön!«, rief ich Liam hinterher.

»Bitteschön!«, entgegnete er mir.

Als der Bus an der Haltestelle direkt vor meinem Haus anhielt, stieg ich aus. Ich hoffte sehr, dass der Busfahrer nicht einfach weiterfuhr, denn mein Fuß schmerzte noch immer sehr und ich konnte nur sehr langsam laufen. Aber der Busfahrer war geduldig genug, um nicht zu früh loszufahren. Ich ging also auf die Haustür des Hochhauses zu und machte sie auf. Als ich zum Aufzug lief, entdeckte ich einen Zettel, auf dem Stand »Aufzug defekt!«. Na toll. Jetzt konnte ich erstmal elf Stockwerke mit meinen verletzten und schmerzenden Füßen nach oben laufen.

Nach einer gefühlten Ewigkeit hatte ich dann endlich das elfte Stockwerk erreicht und schloss die Tür zu meiner Wohnung auf. Ich legte mich auf die Couch und dachte über den heutigen Tag nach. Inzwischen war es schon früher Abend geworden, aber als wir aus dem Kleidungsgeschäft gekommen waren, war es erst früher Nachmittag gewesen. Wie lange war ich wohl ohnmächtig gewesen? Ich überlegte, ob es richtig war, vor meiner besten Freundin wegzulaufen und ob es okay war, dafür einen unschuldigen Jungen auszunutzen. Ich war es Alice zumindest schuldig eine Entschuldigungsnachricht zu schreiben. Ich nahm mein Handy aus meiner Handtasche und öffnete auf WhatsApp den Chat von Alice und mir. Kurz überlegte ich, was ich ihr schreiben sollte.

Sorry für mein Verhalten vorher. Ich weiß, dass esnicht okay war davonzulaufen, aber werde es dir erklären. Genauso wie ich dir das mit der Europareise erklären werde, aber zum jetzigen Zeitpunkt ist es noch nicht möglich.

Ich überprüfte nochmal ob nicht noch ein Tippfehler drin war. War es nicht, also schickte ich die Nachricht ab.