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Die metallene Stimme der hölzernen Wanduhr schlug exakt vier Mal, zerriss dabei die bleierne Ruhe wie ein dünnes Blatt Papier. Der letzte Schlag verhallte, stumm eroberte sich die Stille ihre ungeteilte Aufmerksamkeit zurück. Goldfarbene Glitzerstreifen durchzogen das anmutig jungfräulich schneeweiße Wanddekor und funkelten im hellen Mondlicht. Letzte Wolkenfetzen zogen sich zurück und präsentierten einen wundervollen Sternenhimmel. So friedlich... so erhaben, als wachten die Götter persönlich über diesen wundervollen Moment... Der grausame Sturm war längst vorüber. Der alte bequem gepolsterte Schaukelstuhl stand am geöffneten Fenster, seinem vertrauten Lieblingsplatz und lauschte dem Rauschen des Meeres. Immer noch einsam und allein wippte er im Takt der Zeit, geölte Buche knarzte auf matt schimmerndem Eichenparkett, verlor dabei langsam an Kraft und stand bald regungslos da. Des Erdtrabanten bleiches Licht ergoss sich über die scheinbar schlafende, nackte Gestalt darauf, sie rührte sich nicht. Weit aufgerissene Augen starrten flehenden Blickes zur bleichen Nachtsonne empor, bettelten um Gnade. Der offene Mund mit den gespenstisch blass-bläulich schimmernden Lippen schrie jammernd und weinerlich stumm um Hilfe. Jedoch... jede rettende Hand würde längst zu spät kommen.
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Seitenzahl: 229
Veröffentlichungsjahr: 2016
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Kapitel 1 Morgendämmerung
Kapitel 2 Das süße Nichtstun
Kapitel 3 Der Plan
Kapitel 4 Traumhaft
Kapitel 5 Verschwörungstherorien III
Kapitel 6 Seelensammlerin
Kapitel 7 Ein Geschenk
Kapitel 8 Süßer Verdienst
Kapitel 9 Der Umzug
Kapitel 10 Das verlorene Präsent
Kapitel 11 Nekrophilie der Seele
Kapitel 12 Das Schicksal nimmt seinen Lauf
Kapitel 13 An der Bunkeranlage
Kapitel 14 Wahrheiten
Kapitel 15 Die Bombe
Kapitel 16 Das Ende ist der Anfang
Teil II
Die Geschichte geht weiter
Der Weltenherrscher strahlt im tausendjährigem Schein, kalt verbranntes Leben, gebar Schmerz und Pein...
Von des Himmels Tränen gewaschene Welt, unsichtbare Macht, die die Dunkelheit erhellt.
Im endlosen Universum geboren, zum Kreator des Lebens erkoren, doch war nicht die Menschheit längst verloren?
Feuerringe frassen Leben, dunkelroter Aderlass, ein ewig wutgetränkter Seelenhass...
Sechzehn hieß des Schicksals Zahl. Auserwählte ohne Wahl.
Und fern des Lichts im Kampf der Welten... kein kreischend tosend Freudgeheul.
Trohne in Trümmern, ein Feuer entfacht. Die dunkle Einheit erstickt an Gier und Macht.
Das Zeitentor verschloss den Feuertanz...
und das Grauen starb im Morgenglanz.
Die metallene Stimme der hölzernen Wanduhr schlug exakt vier Mal, zerriss dabei die bleierne Ruhe wie ein dünnes Blatt Papier. Der letzte Schlag verhallte, stumm eroberte sich die Stille ihre ungeteilte Aufmerksamkeit zurück.
Goldfarbene Glitzerstreifen durchzogen das anmutig jungfräulich schneeweiße Wanddekor und funkelten im hellen Mondlicht. Letzte Wolkenfetzen zogen sich zurück und präsentierten einen wundervollen Sternenhimmel. So friedlich... so erhaben, als wachten die Götter persönlich über diesen wundervollen Moment...
Der grausame Sturm war längst vorüber.
Der alte bequem gepolsterte Schaukelstuhl stand am geöffneten Fenster, seinem vertrauten Lieblingsplatz und lauschte dem rauschen des Meeres. Immer noch einsam und allein wippte er im Takt der Zeit, geölte Buche knarzte auf matt schimmerndem Eichenparkett, verlor dabei langsam an Kraft und stand bald regungslos da.
Des Erdtrabanten bleiches Licht ergoss sich über die scheinbar schlafende, nackte Gestalt darauf, sie rührte sich nicht.
Weit aufgerissene Augen starrten flehenden Blickes zur bleichen Nachtsonne empor, bettelten um Gnade.
Der offene Mund mit den gespenstisch blass-bläulich schimmernden Lippen, schrie jammernd und weinerlich stumm um Hilfe.
Jedoch... jede rettende Hand würde längst zu spät kommen.
XXX
01 Juli 07:35 Uhr Helgoland
Das Blumenarrangement auf dem Frühstückstisch verhinderte eine visuelle Kommunikation bereits im Ansatz und Christian Albrecht platzierte das überdimensionierte florale Gebinde kurzerhand auf den unbesetzten Nachbartisch neben ihnen. Sie waren allein im Frühstücksraum, nur hin und wieder erschien wie aus dem Nichts eine Servicekraft und sah kurz nach ob etwas fehlte.
>Jetzt bin ich in der Lage dich endlich anzusehen... ein hübsches Gesicht am warmen Morgen, die aufgehende Sonne, was gibt es schöneres...< sprach Chris und lächelte seine Kommissarin erheiternd an.
>Genau, sag Hallo zu meinen Augenringen... und sagte man nicht, lasst Blumen sprechen?< antwortete Bettina Witte mit vollem Mund und schluckte den Brötchenbrei mit einem Schluck Kaffee hinunter.
>Und mit vollem Mund spricht man nicht, auch eine Binsenweisheit.< witzelte Chris oberlehrerhaft.
>Na prima, dass wir das geklärt haben... sag mal, hast du gut geschlafen? Warum hast du mich so früh geweckt?< fragte Bettina sanft, fuhr sich mit der rechten Hand durch das Haar.
>Alte Gewohnheit meine liebste Kommissarin, alte Gewohnheit, und geschlafen habe ich ausgezeichnet.
Ich musste raus aus den weißen Laken, konnte einfach nicht mehr liegen.
Die Narbe quälte mich auch, spannt, zwickt, wollte wohl gesalbt werden...< Chris lehnte sich zurück, legte die Hände hinter den Kopf, die Morgensonne schien ihm direkt ins Gesicht und er schloss genießend die Augen.
Es schmatzte als Bettina sich die mit Erdbeermarmelade beschmierten Finger ableckte.
>Das ist schön für Dich... ich habe Albträume, kann mich leider nur teilweise daran erinnern... sie halten mich wach, habe schon beinahe Angst einzuschlafen...< sie seufzte ausgiebig.
>Ich kann dich verstehen... vielleicht solltest du den Alkohol weg lassen, dass habe ich dir auch schon Tausend Mal gesagt.< erwiderte Chris ohne die Augen zu öffnen.
>Das Zeugs hält mich im Moment am Leben... lässt mich vergessen, auch wenn es nur nur für einen Augenblick lang ist... bei dir sind es die Schmerzmittel, das Eine oder das Andere, jeder hat sein Betäubungsmittel, dass solltest du am besten wissen. Außerdem bist du nicht meine Mutter...< kommentierte sie frech.
Chris beugte sich vor, die Silberkette mit der stark deformierten Kugel daran, die aus seinem Bauch geholt wurde, kam zum Vorschein.
>Das Stückchen Blei hier, hat mir sämtliche Eingeweide zerrissen und es schmerzt immer noch. Ständig und immer wieder spüre ich wie das heiße Stück Metall in mich fährt... ich weiß was es heißt zu leiden.
Aber Alkohol macht es nicht besser, lass es dir gesagt sein und du bist dir dessen auch bewusst...< flüsterte Chris heiser aber bestimmt.
>Ja, schon gut, nicht wieder das endlose Alkohol Thema. Ich bin drei mal sieben und weiß mich zu beherrschen. Wo wir schon bei Vorwürfen sind, du könntest gelegentlich mal zum Friseur gehen, für einen Zopf würde es ja schon reichen...< sie putzte sich mit der blütengelben Serviette den Mund ab, warf das Stück Papier auf den brötchenverkrümelten Teller.
>Sorry, war nicht so gemeint... und die Haare bleiben so... hat mir bisher Glück gebracht... seitdem ich „ihm“ von der Sense gesprungen bin lass ich sie einfach wachsen...< er winkte ab.
Die rundlich gebaute Servicedame des Hotels schwebte herbei, füllte den Semmelkorb auf und brachte zwei weitere Kannen Kaffee zum Büfett.
Der Oberkommissar stand auf und wechselte den Kaffeebehälter ein weiteres Mal aus, er setzte sich wieder, schenkte nach und fing an zu lachen.
>Was ist?...< Bettina zog die Stirn in Falten.
>Lachst du über mich?<
>Nein, nein... ich musste gerade an etwas denken... kannst du dich an die nette Krankenschwester erinnern, die junge Frau mit den dunkelbraunen kurzen Haaren, sie dachte wirklich du wärst meine Mutter...< er lachte erneut laut auf.
>Hör mir bloß mit der Tante auf, ich deine Mutter, ist ja wohl nicht zu fassen... so eine Frechheit... < Bettina lachte mit ihm und die kleine Meinungsverschiedenheit Sekunden zuvor war schnell beigelegt.
>Ich habe es immer noch vor meinen Augen, in jeder Nacht sowieso. Meine Güte, die Wunde, die Naht, sie haben dich zusammengenäht wie ein Truthahn zu Weihnachten...< Die Kommissarin hielt die Luft an, wartete ein paar Sekunde bis sie weiter sprechen konnte.
>Du warst so lang im Koma, ich habe deine Hand gehalten... deine Stirn gekühlt, deine Lippen gewässert... ich hatte solche Angst um dich...< sie bedeckte ihre Augen mit den Händen und schluchzte.
>Hey Betty, dass habe ich nicht gewollt, keine bösen Erinnerungen, eigentlich wollte ich dich aufheitern. Es ist doch alles wieder gut. Wir leben, dass ist wichtig...< er langte über den Tisch, streichelte ihr weiches Haar. Sie fasste nach seiner Hand, spürte seine Wärme, berührte jeden Finger kurz mit ihren zarten Lippen. Keiner sprach für Sekunden ein Wort.
Chris ertappte sich beim starren auf ihre Brüste, Bettina trug bei der morgendlichen Wärme nur ein enges, blickdichtes Baumwollshirt, einen Büstenhalter erkannte er nicht, dafür zwei versteifte Brustwarzen die wagemutig gegen das Shirt drückten. Ein wahrlich erotischer Anblick.
Trotzdem, irgendwie war es nicht wie früher. Es löste nichts in ihm aus. Kein Verlangen weiter zu starren oder sich etwas anderes auszumalen... im Gegenteil, Scham stieg in ihm auf.
Ein unangenehmes Gefühl beschlich ihn, als säße seine eigene Schwester vor ihm, er sah erschreckt auf und blickte ihr in die Augen.
>Trockne deine Tränen süße Kommissarin, lass uns nicht mehr an den Mist denken. Es geht weiter, und die Jungs im Präsidium warten auf uns... und du überleg es dir noch mal...< flüsterte er, und beobachtete das geordnete Chaos was entstand, als er sich etwas Milch in den Kaffee goss.
>Meine Beurlaubung vom Dienst werde ich auskosten...< sie schnäuzte in das gelb gemusterte Papiertuch.
>Vielleicht bleibe ich, vielleicht schmeiß ich alles hin, oder auch nicht, dass entscheide ich wenn es soweit ist.<
>Tu das...< brummelte Chris.
>Meine Gründe kennst du, ich verstehe nicht warum du so weiter machen kannst. Ohne Unterstützung, wir waren auf uns gestellt, es hätte nicht passieren müssen. Jennifer Gerland, der gute Kommissario. Ok, es sind alle wieder halbwegs genesen, dennoch und da weiche ich keinen Millimeter von ab, uns fehlte die weitere Unterstützung und wem haben wir das zu verdanken? Den Mittelkürzungen.
Die Sparerei kostet Leben, auch Walter weilte noch unter uns, wäre sie zu zweit gefahren. Zum kotzen ist das doch...<
>Bettina, ich mache weiter, um genau diese Punkte die du angesprochen hast auszumerzen.
Keiner unserer Kollegen unserer Freunde, darf jemals wieder in so eine Situation kommen, dass bin ich ihnen schuldig, dass bin ich Walter schuldig. Ja, in Italien waren wir auf uns gestellt. Es ging alles so schnell. Dann Raphael, nie im Leben hätte ich glauben können das er auf uns schießt. Doch jetzt den Kopf in den Sand stecken, einfach weglaufen? Sich verstecken? Die Irre Mörderin rennt da draußen irgendwo rum... Vielleicht steckt sie noch in Italien oder hat es geschafft nach Deutschland ein zu reisen. Wer weiß das schon.<
>Das ist eben deine Meinung lieber Chris, ich kann nicht erwarten das du mich verstehst. Ich habe auf dein Verständnis gehofft, verlangen werde ich es nicht.<
Betty schüttelte den Kopf und sprach weiter.
>Die Kollegen habe ich nicht vergessen, nur können die Kameraden auf sich selbst aufpassen, uns stand auch niemand zur Seite. Und außerdem, ich habe mit Katharina Gerland noch ein Häschen zu häuten, so leicht kommt sie nicht davon. Das weißt du besser als jeder andere. Lass uns den Urlaub hier beendet haben, dann suche ich mir die Dame, ich werde sie finden, irgendwann... ob mit oder ohne Dienstmarke...<
Christian erkannte die Entschlossenheit in Bettinas Augen und es war für ihn nicht möglich sie umzustimmen. Die Kommissarin musste ihren Weg allein finden, er mochte sich nicht mehr Einmischen.
Der gemütlich eingerichtete Frühstückssaal des Hotels füllte sich langsam und die einhergehende Geräuschkulisse nahm stetig zu.
>OK, dann lass uns den Kaffee austrinken, danach werde ich mich dringend zur Toilette verabschieden und ab an den Strand die Sonne genießen. Wenn du magst reden wir später noch einmal, aber ich denke deine Meinung steht unerschütterlich fest, oder?< fragte er und zog eine Braue in die Höhe.
>So ist es... liebster Kommissar...<
XXX
01 Juni 10:25 Uhr Helgoland
Einfach wundervoll...
dieses süße Nichtstun...
Diese grenzenlose Ferne...
Wundervolle Wolkenstrukturen, es schien als würden sie von innen heraus leuchten... dann wieder als Kontrast tief graue Dunsthaufen, die schwer und träge am Himmel vorüber zogen.
Die Augen nun fest geschlossen, um doch besser die Bilder zu sehen die in ihrem Hirn herumgeisterte, vor sich hinzudämmern, und zu träumen. Zu fühlen wie sich der Brustkorb bei jedem Atemzug hob und wieder senkte, sich die Lungen mit der salzigen, warmen Seeluft füllte.
Die harte, hölzerne Bank auf der Bettina saß, die spürte sie nicht, ein Gefühl des Schwebens, ja... irgendwie schwerelos...
Ein Traum den sie immer wieder träumte drängelte sich in den Vordergrund, der Vorspann lief bereits und der „Hauptfilm“ konnte beginnen...
XXX
Der mannshohe Spiegel in dem sie blickte, schuf eine perfekte Kopie ihres makellosen, nackten und sehr gut gebauten Körpers. Ein weit entferntes helles Licht ließ nur ihre Erscheinung erstrahlen, der Raum an sich blieb im verborgenem. Sie fuhr sich immer wieder sanft mit beiden Händen durch ihr langes goldblondes Haar, ließ es zwischen ihren Finger gleiten und nickte zufrieden mit dem Kopf. Sie lächelte, ein paar kleine, zarte Fältchen an den Augen, aufregende Grübchen an den Mundwinkeln, dass machte ihr Gesicht nur noch Attraktiver wie sie fand.
Sie berauschte, erregte sich an den Anblick der schlanken weißen Gestalt vor ihr, ihrer seidigen Weichheit, dem aufsteigenden Duft ihrer Weiblichkeit, Licht und Schatten schufen Lustvolle Rundungen.
Ihr Zeigefinger glitt zitternd aus ihrem Augenwinkel über den Wangenknochen abwärts bis an ihr Kinn, weiter hinunter ihren Hals entlang, zwischen ihren Brüsten berührte den Bauchnabel und weiter abwärts... noch viel weiter abwärts...
Eine schattenhafte Bewegung in der Finsternis.
Aus dem dunkel des Raumes tauchten muskulöse, schwarz behaarte Arme auf und umschlangen ihre langen zarthäutigen Beine. Große, grobe, warme Hände umfassten ihre festen Waden, fuhren langsam tastend zu den Oberschenkel bis zur Hüfte hinauf, berührten den Rippenbogen, glitten weiter aufwärts und ruhten nun regungslos auf ihren weichen Brüsten.
Seidige Lippen berührten ihren Nacken, ihre Schultern, heißer Atem strich streichelnd über ihre Haut. Sie erschauderte und stöhnte wohlig. Eine muskelbepackte männliche Gestalt baute sich da hinter ihrem Rücken zu voller Größe auf, überragte sie dabei um über einen Kopf.
Doch dabei blieb es nicht.
Wie von unsichtbaren Fäden gezogen hoben sich ihre Arme weit und hoch über ihren Kopf, legten sich wie magnetisch geladen ihre Handballen aneinander, aus dem Nichts erschien eine gelblich-weiß leuchtende Kordel die sich um ihre Handgelenke wickelte und etwas zog an ihnen so das sich ihr Körper weiter straffte, sie dabei zwang sich auf ihren Zehenspitzen zu stellen und ihre Schenkel ein wenig zu öffnen...
Ihre Erregungskurve schoss weiter in die Höhe als Sie spürte, wie sich nun etwas heißes, hartes, fleischiges zwischen ihren Beinen zu schlängeln versuchte, sie so furchtbar sanft an ihrer intimsten Stelle berührte und dort pochend verweilte.
Eine glühende Woge heißer Lust ließ ihr Blut verdampfen und sie sehnte sich nach den nächsten Sekunden, weiter, weiter, nur nicht aufhören... bitte...
Ein noch ferneres, unnatürlicheres warmes Licht schenkte nun der schwarzen Silhouette der Gestalt hinter ihr ein Gesicht. Es kam näher und näher.
Ein kantiges, markantes, nicht fremdes Gesicht...
Ihre Augen wurden groß. Der Mann der ihre Brüste hielt war ein guter Bekannter...
Raphael Carvallo...
XXX
Bettina zuckte kurz zusammen, ihr Herz überschlug sich, sie riss die Augen auf... sah das schäumende Meer, die Realität, die Wirklichkeit und beruhigte sich im nächsten Augenblick wieder. Ein Traum, es war doch nur ein böser Traum, der sich zwar ständig wiederholte, sie aber nicht mehr so ängstigte wie noch zu Beginn.
Immer wieder holte sie die jüngste Vergangenheit ein.
Chris saß neben ihr und sprach kein Wort. Schlief er? Sie fühlte ihn neben sich, ein unsichtbares Band zwischen ihnen, es übertrug die Gefühle des jeweils Anderen... in jeder Sekunde.
Ob er spürte was in ihr vor ging? War er deswegen so still, sprach kaum mit ihr, war er selbst gefangen in den Nachwehen der Ereignisse?
Er war immer so ein lustiger Mensch, Humorvoll, nichts vermag seine gute Laune zu verderben, immer ein Scherz auf den Lippen, ein Menschenbeobachter, ein Kommentator des Lebens, seine Sprüche besaßen oft komedialen Charakter.
Diesen Chris gab es nicht mehr.
Die Brandung schlug wieder und wieder tosend gegen die steinernen, stachelartig geformten Wellenbrecher weit vor ihnen, der Wind spielte mit ihrem Haar, legte eine salzige Kruste auf ihren Lippen, ließ Bettina erschaudern.
Ihre Gedanken verfingen sich wieder an Raphael.
Sie musste sich eingestehen, dass sie jeden Tag den sie mit diesem Irren zusammen verbrachte, immer wieder an nur an Chris denken musste.
Es gab schöne Tage mit Raphael, sie musste sich zwar anstrengen und lang überlegen aber auch das war nicht zu leugnen.
Jede Berührung von Carvallo, jeder Kuss, sie fühlte sich im Nachhinein in jedem dieser Momente schuldig, als wäre sie Fremdgegangen, würde Chris Betrügen und verraten, obwohl sie in der Zeit längst nicht mehr zusammen waren.
Ausgenutzt, Carvallo hatte sie ausgenutzt... er tat Dinge mit ihr... nun, es gehören ja immer zwei dazu.
Sie ertappte sich oft dabei diese unzüchtigen, wilden Spielchen zu mögen, zu wollen... sich ausnutzen zu lassen. Einfach dazuliegen wie ein warmes zuckendes Stück Fleisch beim Metzger, ihm zu gehorchen, zu stöhnen zu quieken zu jammern und er vergaß sich dabei komplett. Das machte ihn an, und total verrückt.
Vielleicht mochte sie es auch deshalb, weil Chris so nicht mit ihr umging... sie tanzten stundenlang um den „heißen Brei“ berührten, küssten sich zärtlich, spielten miteinander, aber genau „Das“ vermisste Betty jetzt so furchtbar. Der respektvolle Umgang, bitte und ein Dankeschön.
Eine frische Brise zerwühlte wieder ihr Haar, sie hielt ihre Augen weiterhin geschlossen, lächelte und ihr leiser Seufzer wurde vom rauschen des Meeres geschluckt als sie an diesen Typ dachte.
Carvallo dagegen, nun er war eben ein Schwein.
Raphael machte eigentlich immer was er wollte mit ihr, ihre eigenen Wünsche und Vorlieben waren ihm egal, Betty lies es einfach geschehen, ließ sich erniedrigen und genoss sein herbes, beinah brutales Vorgehen.
Er wollte sie, überall und immer wieder, Tag oder Nacht, in der Öffentlichkeit oder der Abgeschiedenheit der eigenen vier Wände. Fetzen der Erinnerung schoben sich in den Vordergrund. Nicht selten packten seine großen Hände zu, zwang sie grob sich auszuziehen, sich nackt auf den Küchentisch zu legen, sich auf die Seite zu drehen, hielt ihre Hände an den Handgelenken zusammen, drückte ihre Knie aufwärts so das ihr Po über den Rand des Tisches hing, so wunderbar zur Geltung kam und benahm sich wie ein ungezähmtes, wildes Tier, was die wöchentliche Fütterung verpasste.
Oh... sie selbst kam bei diesen Abenteuern selbstverständlich auch nicht zu kurz, manches Mal auch mehrmals...
Sie lächelte süffisant bei dem Gedanken und drückte ihre Oberschenkel fest zusammen.
Bettina spürte wie eine Hand sich um ihren Nacken legte und weiche Fingerkuppen streichelnd ihre erhitzte Haut berührten, wieder stellten sich ihre feinen Härchen aufrecht und sie konnte nichts dagegen tun.
>Hey süße Träumerin... was denkst Du, was träumst du? Du lächelst unentwegt... verrätst du mir deine fesselnden Gedanken?<
>Ach Chris... du weist es doch... der eine Moment lässt mich Lachen, der nächste Moment zwingt mich zum Weinen. Ein ewiges Hin und Her, wir haben zu viel erlebt und längst nicht alles verarbeitet, kannst du mich verstehen. Du bist bei mir, du bist mein Glück, mein Seelenheil, dass ist ein wunderschöner Neuanfang für uns zwei...< sie sah ihn blinzelnd an und lächelte.
>Ja, so geht es mir auch, mit dir zusammen fühle ich mich stark... meine Wunden heilen schneller wenn du in meiner Nähe bist und es tut mir so weh, dass ich dir im Moment nicht mehr geben kann als zärtliche Umarmungen... es geht einfach nicht...< er löste seine Hand von Bettinas Nacken und sah traurig zu Boden.
>Nein nein, tu dir das nicht an... es ok so wie es ist... ich wäre die letzte Frau die es nicht verstehen würde.< Sie streichelte sanft sein Haar und fühlte sich schuldig nach den Worten, so war es doch ein wenig gelogen, oder ein wenig mehr...
Bettina sehnte sich nach etwas körperlichem, sie wollte mehr. Das Warten auf Zärtlichkeiten wurde langsam zur Qual. Oder doch nicht? „Was ist nur los mit mir verdammt...“ Und musste sich ablenken...
>Hey Chris, wir haben jetzt so viel Zeit... der Augenblick wird kommen wo du dich wieder fallen lassen kannst.
Glaube mir... ich dränge dich zu nichts... zu gar nichts... ich warte auf dich... ich liebe dich...<
Bettinas Stimme zitterte bei den letzten drei Worten und es hörte sich irgendwie an als formulierte sie eine Frage.
>Ich liebe dich auch mein Schutzengel... wo wäre ich ohne dich... so völlig hilflos und wie gelähmt lag ich da im Dreck dieser Ruinen und konnte nichts machen... konnte dir nicht helfen, ich musste dich allein lassen... es hätte auch anders ausgehen können, dieses irre Abenteuer...< Sie nahmen sich in den Arm, umklammerten sich fest als wären sie miteinander untrennbar verschmolzen.
>Autsch, Vorsicht Süße... der Doc hat mich zwar gut zusammengeflickt, es ist aber noch nicht alles verheilt und an der richtigen Stelle angekommen...< jammerte Chris.
>Natürlich, entschuldige bitte, nur... es ist so furchtbar schön dir so nah zu sein, außerdem riechst du gut... Was bin ich doch für ein Grobian...<
>Nein, bist du nicht... kennst mich doch, bin eben ein Jammerlappen... lass uns noch etwas die Stille genießen,
dann ein kleines Mittagessen? Ich glaube du bist dran mit Zahlen oder?<
>Da könntest du recht haben, also was das Bezahlen angeht. Halten wir nun noch ein wenig die Nase in den Wind und lauschen den Möwen. Ich fühle mich wohl, in diesem Moment, da wo du bist ist mein Zuhause, ich könnte hier ne ganze Woche mit dir sitzen oder einfach bis in die Ewigkeit, Tausend Jahre und Tausend mehr...< Bettina lehnte sich an Chri`s Schulter, schloss wieder ihre Augen und begann erneut zu Träumen...
XXX
Samstag 01.07 15:30 Uhr Helgoland
Tief Durchatmen.
Strahlend blauer Himmel, kein Wölkchen in Sichtweite. Die helle Sonnenscheibe strahlte mit aller Kraft, jedoch der auffrischende Wind verhieß nichts Gutes.
Dieses Geschaukel und Gewippe. Hin und Her, ein Auf und Ab, mit einer erschreckenden Regelmäßigkeit die einem Großstadtbewohner den Magen malträtierte und schon gerne mal auf den Kopf stellte.
Die überschaubare Insel tauchte am Horizont auf, wurde größer und größer. Wer nun dachte dass das Schiff in den Hafen einfuhr, vor Anker ging, alle Passagiere die Fähre verließen, stolz die Gangway passierten und gemütlich von Bord flanierten, der irrte gewaltig. Das Schlimmste kam ja noch... das Ausbooten oder wie man es hier auch nannte. Sie hörte an Land davon und hätte doch gern darauf verzichtet, ließ es aber lethargisch und kommentarlos über sich ergehen, denn seit einer guten Stunde schon kämpfte Katharina gegen die immer präsenter werdende Übelkeit an und gewann doch letztendlich.
Kathi streckte sich ausgiebig.
Die Luft schmeckte nach ekeligen Dieselabgasen und legte sich wie ein seidiger, klebriger Schimmelteppich über ihre Zunge.
Der ablandige Wind blies den schwarzen Qualm, der dickwolkig aus den Schiffsschornsteinen quoll, quer über die Insel Luftkurort mit Industriecharme...
Irgendwo musste doch die kleine Karte mit der Wegbeschreibung stecken, Kathi kramte tief in ihrer schwarzen Ledertasche und fand das zerknitterte Stück Papier. Ihre Pension lag auf dem sogenannten Oberland.
Sie packte den Griff ihres Rollkoffers etwas fester und steuerte den nächsten und einzigen Aufzug an den es hier auf Helgoland gab.
Mit dem schweren Koffer in der Hand war an einem Treppenlauf nicht zu denken, und Treppen, ja... davon gab es hier eine Menge.
Der geräumige Aufzug war brechend voll mit Reisenden verschiedenster Altersklassen, den dazugehörigen Gerüchen und vollgestopften Koffern. Schnell waren sie alle oben angekommen und platzten beinahe gleichzeitig aus dem Lift.
Menschen begegneten ihr auf dem weiteren Weg zur Pension auf dem Oberland.
„Ihr seit doch schon alle tot“ dachte Kathi und lächelte jedem einzelnen von ihnen wissend an.
Ihre Freude wurde groß als Katharina Gerland endlich ihrer Behausung entdeckte. Pension „Möwenschiet...“ sie musste schmunzeln. Was für eine gekonnte, gut getroffene Namensgebung.
Der Prospekt des Hauses ließ gutes erwarten, nur... die Einrichtung war ihr letztlich egal. Ein langer Aufenthalt war nicht geplant.
Auch freute sie sich auf das Treffen zum späten Abend. Ein gewisses Kribbeln auf ihrer Haut, dass spürte sie schon länger. Das letzte Date war einfach schon viel zu lang her... ihre Gefühle und Sehnsüchte mussten heraus.
Kathi fand schnell ein williges männliches Exemplar für ihre Gelüste und bestellte sich ihm kurzerhand auf diese Insel. Für diesen Menschen bestimmt ein belustigtes Abenteuer, für Katharina jedoch ein kühl geplantes Vorhaben. Vorher mochte sie sich noch ein wenig ausruhen, die Überfahrt steckte ihr tief in den Knochen.
Die Reise ihres Lebens näherte sich dem Ende, das Ziel kam in Sicht, war zum Greifen nah...
Was mit den Menschen auf dieser Insel passierte, daran verschwendete Kathi keinen Gedanken.
Alles war ihr egal. Diese brennende Wut in ihren Eingeweiden ließ sie immer wieder erzittern und beinahe ersticken. Sie musste sich zusammennehmen um nicht auf jeden loszugehen der ihr begegnete. Sie hasste die Ignoranz dieses ungläubigen Volkes.
Ihre Tochter, ihr Meister... sie kamen nicht wieder zurück, wurden dem Leben entrissen ohne nachzudenken. Verhindern konnte sie diese Gräueltaten nicht, dass machte sie fix und fertig. Blinder Hass legte sich auf ihrer Seele und wurde zu einem alles beherrschenden Gedankengut. Nichts war ihr wichtiger als endlich Rache zu nehmen.
Katharina wollte, nein musste zu ihm, irgendwie. Doch sie würde nicht allein gehen, ihre Begleiter standen längst fest.
Das Schicksal erkor sie aus und machte sie allesamt zu Kandidaten des Übergangs, in eine andere, bessere Welt. Es mochte brutal sein, doch sie empfand sich als eine Art Körperbefreierin. Das Trennen von Körper und Geist, ihre primäre Aufgabe. So war doch der Geist allein, ein reines Wesen, mit klaren Gedanken und Motivationen.
Und nicht nur die Mörder ihrer großen Liebe, nein... noch mehr Menschen hatte Kathi im Sinn. Verzweifelte Menschen voller Lebensangst, von der Liebe verlassen oder diejenigen, die sich auf der Suche nach Liebe befanden. Ihnen die Last der Verzweiflung zu nehmen, diese Aufgabe gab es zu erfüllen, ihre letzte Aufgabe in diesem irdischen Leben und eine Botschaft sollte es sein, an diejenigen, die nicht in der Lage waren zu Glauben.
Es gab eine Strategie... sie kicherte als sie daran dachte. Dieser Plan war einfach perfekt. Nicht das perfekte Verbrechen, nein, dass leider nicht. Die Ausführung war vielleicht nicht gerade das gelbe der Sonne, aber ab und an heiligt doch der Zweck die Mittel.
Ihre alte Vorgehensweise musste überdacht werden, sie selbst, ihre Person, war einfach zu auffällig geworden und man würde parallelen ziehen, dazu brauchte man kein Kriminalist sein. Zeit war ein wichtiger Faktor und ein treuer Verbündeter, so war es doch die menschliche Natur selbst, dass allmählich die Erinnerung an ihre Taten und ihr Gesicht verblassten, aus den Augen, aus dem Sinn, dass hoffte sie jedenfalls.
Wochenlang überlegte Katharina, machte sich Gedanken, marterte ihr Hirn. Dann präsentierte er sich... der gewaltige Geistesblitz.
Die Idee raubte ihr den Atem, haute sie förmlich um. Im Internet gab es über eine ähnliche Story etwas zu lesen.
Schon ein paar Jahre her, dennoch sehr präsent und es könnte jederzeit wieder passieren und dafür würde Katharina schon sorgen. Ihre Mundwinkel verzogen sich erneut zu einem wissenden Lächeln.
Das „Warum“ war klar, dass „Wie“ und „Wo“ stand auch irgendwie fest... nur „Woher“ bekam sie es?
Kathi stand auf dem kleinen übersichtlichen Balkon ihrer für zwei Wochen gebuchten Pension.
Ihre bleichen knochigen Finger umklammerten die kalte Balkonbrüstung und sie streckte ihre schlanke Stupsnase in den Wind, der mittlerweile gedreht hatte, nun aus Nord-Ost heran wehte und dabei dicke, klumpige schwarze Wolken vor sich her trieb.
„Das wird sicher ein handfestes Gewitter geben, wenn nicht noch schlimmer...“
Das „Woher“ also...
Doch auch für diese noch unbeantwortete Frage gab es eine Lösung.
Dario Mascarello, ihres Meisters engster Vertrauter besaß sehr gute Kontakte. Kontakte die bis nach Sizilien reichten. Ein sehr langer Arm...
Er war es auch, der für ein gutes Versteck sorgte, damit Katharina vorerst von der Bildfläche verschwand.
Der Wind frischte noch weiter auf, spielte mit ihrem Haar, zerrte an ihrer weißen Bluse und trocknete den feuchten Schweißfilm auf ihrer Haut, ließ sie dabei erschaudern. Sie zog sich zurück, ging in das kleine Wohnzimmer ihrer Ferienresidenz, legte sich auf die Couch und dachte weiter über ihren Plan nach und ihre Flucht kam ihr wieder in den Sinn.
Das restliche Benzin in dem gestohlenen roten „Fluchtauto“ reichte nicht sehr lang. Außerdem war das Fahrzeug den Behörden ja bekannt. Es musste gewechselt und gegebenenfalls entsorgt werden.
Sie lachte kurz auf als sie an den unglaublichen Zufall dachte. Der Schlüssel des Fahrzeugs steckte im Zündschloss, einfach unfassbar.
Katharina sah es als ein Zeichen um weiter zu machen, sich nicht dem Schicksal zu beugen. Im Gegenteil, sie wollte sich dem Schicksal entgegen stellen bis zum Schluss, dass war nun ihre Aufgabe.
Als Parkmöglichkeit oder vielmehr als Entsorgungsmöglichkeit, bot sich für ihr Fluchtfahrzeug der nahe gelegene Bolsenasee an. Eine gewaltige Umweltsauerei, doch das war in diesem Fall egal. Sie flüchtete nicht ohne Ziel. Dario, der sehr gute Bekannte ihres Meister war ihre erste Anlaufstelle. Ein Zufluchtsort wenn etwas nicht vorhergesehenes geschah, und dieser Moment war gekommen.