Berlin Wolfsburg - Manuela Kuck - E-Book

Berlin Wolfsburg E-Book

Manuela Kuck

4,9

Beschreibung

Fünf Polizisten, die sich innerhalb von drei Monaten in Berlin, Wolfsburg und Peine das Leben nehmen, rufen BKA-Kommissarin Johanna Krass auf den Plan. Bei den ersten Ermittlungen finden sich keine Hinweise auf Fremdeinwirken, aber als lange zurückliegende Fälle der Polizisten geprüft werden, zeigt sich ein erschreckendes Muster: Die Kollegen waren korrupt und manipulierten im Auftrag einer Terrorgruppe seit Jahren gezielt Ermittlungen. Doch warum wurden sie selbst zu Opfern?

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Manuela Kuck, Jahrgang 1960, ist freie Autorin. Die gebürtige Wolfsburgerin hat Germanistik und Kunstgeschichte in Berlin studiert, als Fotosetzerin und im kaufmännischen Bereich gearbeitet. Sie lebt heute in der Hauptstadt und veröffentlicht Romane, Kurzgeschichten und Krimis. Im Emons Verlag erschienen »Tod in Wolfsburg«, »Wolfstage« und »Ostbahnhof«.

Dieses Buch ist ein Roman. Handlungen und Personen sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder toten Personen sind nicht gewollt und rein zufällig.

© 2012 Hermann-Josef Emons Verlag Alle Rechte vorbehalten Umschlagfoto: photocase.de / Susann Städter Umschlaggestaltung: Tobias Doetsch eBook-Erstellung: CPI – Clausen & Bosse, LeckISBN 978-3-86358-103-9 Kriminalroman Originalausgabe

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Prolog

Bis jetzt war immer alles gut gegangen. Es würde auch diesmal gut gehen. Daran zweifelte sie keinen Augenblick. Vielleicht empfand sie einen ebenso flüchtigen wie winzigen Moment der Überraschung, in die sich jedoch weder Verunsicherung noch Irritation mischte, geschweige denn Ängstlichkeit – allenfalls Neugier. Alles hatte seine ganz eigene und manchmal verblüffend aufregende Ordnung. Seit beinahe zwanzig Jahren.

Der Mann hatte hellblaue, bemerkenswert traurige Augen, schmale Lippen und ein blasses Gesicht. Er sah aus wie jemand, der selten an der frischen Luft war. Aber das konnte täuschen. Auch Großvater Manfred war, trotzdem er als Dachdecker bei fast jedem Wetter draußen gearbeitet hatte, immer sehr blass gewesen. Bis zu jenem Morgen, als es ihn vom Scheunendach gefegt hatte. Vor Schreck. Er war tot gewesen, bevor der Aufprall verklungen war. Wie schnell sich das Leben davonmacht, hatte Sarah erstaunt gedacht, damals ein Kind von zehn Jahren. Nur einmal mit den Fingern geschnippt – und weg. Sie hatte im Halbdunkel hinter der angelehnten Scheunentür gestanden und auf den sonnenüberfluteten Kiesweg geblickt, um dem satten, dumpfen Geräusch nachzufühlen, das kein Echo zurückwarf. Nur der Tod konnte so klingen. Eine Blutlache kroch in das frisch geharkte Blumenbeet.

Sarah würde das Geräusch nie vergessen, und auch nicht, wie das Blut metallisch in der Sonne geschimmert hatte und ihre Großmutter kurz darauf aus dem Haus gestürzt war, um neben ihrem Mann niederzuknien. Verwirrend lange andächtig schweigend. Dann hatte sie plötzlich hochgeblickt, und ein glückseliges Lächeln war über ihr Gesicht gehuscht. Sarah hatte sich kaum an ihm sattsehen können. Alles war gut. Schließlich war sie langsam und lautlos in das Innere der Scheune zurückgewichen und hatte die Fetzen des zerplatzten Luftballons eingesammelt. Es war ein roter Ballon gewesen. Am Tag nach der Beerdigung hatte ihr die Großmutter einen neuen und noch viel schöneren Ballon gekauft, über ihr Haar gestrichen und leise »Mein kleiner Engel« geflüstert.

Sarah tauchte aus ihren Erinnerungen wieder auf, als der Mann den Stuhl zurückschob, auf dem bis vor wenigen Minuten eine Kommissarin gesessen und sie zu den Geschehnissen am Schlachtensee befragt hatte – zum zweiten Mal, seit Mark Bäumer nach der feucht-fröhlichen Betriebsfeier tot am See aufgefunden worden war. Er hatte mit dem Gesicht nach unten im Wasser gelegen. Mit zwei Komma acht Promille Alkohol im Blut sprach alles für ein tragisches Unglück. Als man ihn fand, war er schon seit über zwei Stunden tot. Keiner hatte sein versoffenes Gegröle vermisst.

»Kaum einer Ihrer Kollegen oder Kolleginnen in der Baufirma scheint ihn gemocht zu haben«, hob der blasse Mann an, als er sich gesetzt hatte, und Sarah war erstaunt über seine tiefe, wohlklingende Stimme, die sie eher bei einem kraftvollen, dunklen Typen vermutet hätte. »Das jedenfalls ist unser Eindruck nach den ersten Befragungen, und wir sind ein bisschen stutzig geworden – sonst wäre der Fall längst zu den Akten gelegt worden.«

Er lächelte plötzlich, was sein Gesicht unerwartet weich machte, aber die Augen kaum erreichte. »Entschuldigen Sie, Frau Mohn, ich habe mich noch gar nicht vorgestellt: Ich bin der leitende Staatsanwalt Robert Scheidner und habe zu entscheiden, wie es weitergeht.«

Sarah nickte. »Sie überprüfen, ob jemand nachgeholfen haben könnte.« Ihr Ton war sachlich und interessiert, sie sprach leise und sah dem Staatsanwalt offen ins Gesicht. Sie spürte, dass ihm ihre Art gefiel.

»So ist es. Wir haben genug zu tun und reißen uns nicht um zusätzliche Arbeit.« Er lächelte erneut. »Aber wenn sich ein solcher Verdacht einstellt, müssen wir das Geschehen natürlich von allen Seiten beleuchten. Haben Sie eine Erklärung, warum der Mann so unbeliebt war? Oder kennen Sie vielleicht sogar den Grund?«

Sarah überlegte nicht lange. »Es hat ihm Spaß gemacht, andere zu unterdrücken und zu quälen. Insbesondere Frauen.«

Staatsanwalt Robert Scheidner lehnte sich zurück und musterte sie nachdenklich. Wenn sie nicht alles täuschte, war er von ihrer Direktheit beeindruckt. Es sah aus, als lausche er ihr nach.

»Sie auch?«, fragte er schließlich.

»Nein.«

»Warum nicht?«

»Ich arbeite im Büro und hatte selten mit ihm zu tun. Außerdem werde ich meistens übersehen – auch von Männern wie ihm. Oder gerade von Männern wie ihm.«

Scheidner schwieg nachdenklich. »Können Sie deutlicher werden? Was hat er getan?«

Sie zwinkerte. »Nein, das kann ich nicht. Über Einzelheiten bin ich nicht im Bilde. Schließlich war ich nicht dabei.«

»Es wäre wichtig …«

Sie schüttelte energisch den Kopf, und er brach sichtlich irritiert ab.

»Wenn Sie etwas wissen oder vermuten, was im Zusammenhang mit den Geschehnissen stehen könnte, sind Sie verpflichtet, die Behörden darüber zu unterrichten«, fuhr er nach kurzer Pause betont förmlich fort, aber seine Stimme klang plötzlich seltsam matt. Der Widerspruch berührte sie.

»Wie Sie schon bemerkten: Niemand hat ihn gemocht, und niemand wird ihn vermissen«, entgegnete sie schließlich. »Solche Typen gibt es – alle sind froh und die Welt atmet auf, wenn sie fort sind, weil sie nur Schaden anrichten. Aber die wenigsten geben das zu, schon gar nicht, wenn die Polizei nachfragt.«

Sarah wagte ein winziges Lächeln. Es gab keine Anhaltspunkte für ein Gewaltverbrechen, keinerlei Spuren einer Straftat, geschweige denn Zeugen, sonst hätte die Polizei längst andere Geschütze aufgefahren. Es war nicht auszuschließen, dass zwei, drei oder mehr Kollegen und Kolleginnen mitbekommen hatten, wie Bäumer abseits ins Gebüsch getorkelt war, sich dort ausgekotzt und dann hingelegt hatte, und die die Gefahr, dass er halb bewusstlos ins Wasser rollen könnte, zwar registriert, aber schlichtweg ignoriert hatten. Sarah hielt das sogar für sehr wahrscheinlich, und dass Staatsanwalt Scheidner diesen Missklang nicht nur wahrnahm, sondern zu den wenigen Menschen gehörte, die ihrem Gespür vertrauten und ihm nachgingen, beeindruckte sie.

Sie gab seinen forschenden Blick unbeirrt zurück, und als er sie wenige Minuten später verabschiedete, wusste sie, dass sie den Mann mit den hellblauen traurigen Augen wiedersehen würde.

1

Magdalena Grimich hatte vor einigen Tagen ihren Urlaub angetreten, und Kommissarin Johanna Krass hoffte inständig, dass ihre Vorgesetzte dem Bundeskriminalamt mindestens drei Wochen fernbleiben würde, besser noch vier, und dass nichts Weltbewegendes geschah, das sie vorzeitig zum Dienst zurückrief. Nach Johannas Ansicht müsste das mindestens ein Terroranschlag sein oder die Neuerrichtung der Berliner Mauer – passend zum kürzlich in epischer Breite begangenen fünfzigsten Jahrestag – oder Vergleichbares. Aber Grimich würde garantiert nicht nach ihrer Meinung fragen.

Seit die Autozündler wieder vermehrt ihr Unwesen trieben, fürchtete Johanna nicht um ihren Wagen, sondern dass Grimich ihren Urlaub sausen ließe und unvermutet vor der Tür stünde, um die Einsatzkräfte und den Staatsschutz nach besten Kräften zu unterstützen und dem angeblich vorrangig jugendlichen Terror kurz entschlossen ein Ende zu bereiten. Wer wollte schon Londoner Verhältnisse? Noch dazu wenige Wochen vor den Berliner Wahlen zum Abgeordnetenhaus.

Obwohl die Zusammenarbeit in den letzten Jahren entspannter verlaufen war, wozu Johannas erfolgreiche Arbeit als Sonderermittlerin in Niedersachsen, genauer gesagt: in ihrer Geburtsstadt Wolfsburg und Umgebung, beigetragen haben dürfte, vermisste niemand Grimich weniger als sie. Johanna hielt jede Wette, dass es ihrer Chefin ähnlich ging und sie höchstens einen Gedanken an ihre stets aus jedem Rahmen fallende Mitarbeiterin verschwendete, um darüber nachzugrübeln, wann sie der Krass einen weiteren Einsatz außerhalb der Hauptstadt aufdrücken konnte.

Grimichs Urlaubsvertretung hatte ein junger smarter Typ übernommen, der kaum die vierzig erreicht haben dürfte und dabei war, die Karriereleiter in hektischem Tempo heraufzufallen, wie es im Hause hieß – von manchen skeptisch, von vielen neidisch und einigen wenigen bewundernd angemerkt. Udo Samthof wies bemerkenswerte äußerliche Ähnlichkeit mit dem »gutten« Karl-Theodor auf, reagierte aber äußerst ungehalten auf entsprechende Bemerkungen und Witzeleien, wie sich ebenfalls herumgesprochen hatte. Humor schien nicht sein zweiter Vorname zu sein.

Johanna nahm sich fest vor, der Zusammenarbeit mit Samthof keine unnötigen Steine in den Weg zu legen, als sie sich nach einem Anruf seiner Sekretärin am Montagmorgen ohne besondere Eile auf den Weg in sein Büro machte. Sie war zwar dafür bekannt, kein Blatt vor den Mund zu nehmen und sich deshalb im Laufe ihrer Karriere selbigen oft genug verbrannt zu haben, aber auch Vorgesetzte bekamen zunächst einmal eine Chance bei ihr – Urlaubsvertretungen von Grimich erst recht.

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