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Besinnt euch! ist Gerhart Baums leidenschaftliches Plädoyer dafür, die Demokratie nicht rechtsextremen Systemverächtern und größenwahnsinnigen Tech-Milliardären zu opfern. Stattdessen zeigt er Wege für eine freiheitliche Demokratie der Zukunft auf und appelliert an uns alle, uns einzumischen, um das hohe Gut der Freiheit zu retten und zu erhalten.
Gerhart Baum war zwölf, als er die Bombennacht von Dresden überlebte. Die Empörung über die Katastrophe des 20. Jahrhunderts, den Zivilisationsbruch der Nazis, hat sein lebenslanges Engagement für Freiheit, Demokratie und Menschenrechte entfacht. Das Fundament für eine gesunde Demokratie war für ihn ein empathischer Liberalismus. Ein Liberalismus, der auf Bürger- und Menschenrechte achtet, auf Eigenverantwortung wie auf Sozialstaatlichkeit. Es ging ihm nicht um die Freiheit und Würde der Privilegierten, sondern um Freiheit und Menschenwürde möglichst vieler. Schon sehr früh hatte er vor einem Epochenbruch gewarnt und sich immer wieder in öffentliche Debatten eingemischt. Bis zuletzt hat er an diesem Appell für den gesellschaftlichen Zusammenhalt gearbeitet.
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Seitenzahl: 49
Veröffentlichungsjahr: 2025
Gerhart Baum
Besinnt Euch!
Unter Mitarbeit von Uli Kreikebaum
Mit einem Vorwort von Renate Liesmann-Baum
Suhrkamp
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eBook Suhrkamp Verlag Berlin 2025
Der vorliegende Text folgt der 1. Auflage des suhrkamp taschenbuchs 5498.
Originalausgabe © Suhrkamp Verlag GmbH, Berlin, 2025
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Umschlaggestaltung: Rothfos & Gabler, Hamburg
eISBN 978-3-518-78495-2
www.suhrkamp.de
Cover
Titel
Impressum
Inhalt
Informationen zum Buch
Cover
Titel
Impressum
Besinnt Euch!
Vorwort . Damit die Demokratie weiter atmen kann
Besinnt Euch!
Besinnen wir uns auf die Menschenrechte
Besinnen wir uns auf Europa
Besinnen wir uns auf Zusammenhalt
Besinnen wir uns auf das Gute
Die Hütte brennt
Die Stärke des Rechts gegen das Recht des Stärkeren
Die Naziideologie der AfD
Der Dämon Angst
Das Bürgertum hat schon einmal tatenlos zugesehen
Wandel wagen!
Ich möchte der Jugend zurufen: Ihr könnt die Welt verändern!
Parlamente müssen entscheiden, nicht Digitalkonzerne
Wir brauchen die Vielfalt der Presse
Die Kunst, Tochter der Freiheit
Verteidigen wir unsere Grundrechte!
Stehen wir jenen bei, die für die Freiheit kämpfen
Wir können gemeinsam Geschichte schreiben
Lebenslauf
Literatur
Bücher von Gerhart Baum (Auswahl)
Informationen zum Buch
Besinnt Euch!
Damit die Demokratie weiter atmen kann
»Und morgen machen wir den Text fertig.« Das waren die letzten Worte, die mir mein Mann Gerhart Baum beim abendlichen Abschied im Krankenhaus wenige Stunden vor seinem Tode zuflüsterte. »Den Text« – das zielte auf den Entwurf zu diesem Büchlein, das heute hier vorliegt und das in den letzten Wochen seines Lebens äußerst wichtig für ihn war. Es ist anders gekommen. Er musste Abschied nehmen, auch von diesem Projekt. Er hat es uns überlassen, mir und dem Journalisten Uli Kreikebaum, der ihm bei der Umsetzung helfen sollte. Gearbeitet hat mein Mann an dieser Streitschrift buchstäblich bis zuletzt. Er lag im Herzzentrum der Kölner Uniklinik, war sehr müde und aß kaum noch etwas, aber er wollte diesen leidenschaftlichen Aufruf unbedingt noch auf dem Weg wissen. Vier Tage vor seinem Tod saß Uli Kreikebaum mit mir an seinem Bett, mein Mann musste immer wieder Pausen einlegen. Wir lasen ihm vor, er griff ein. »Positiver, optimistischer!«, sagte er. Oder: »Engagement reicht hier nicht, leidenschaftliches und stetiges Engagement muss es heißen.« »So machen wir es!«, sagte er zum Abschied.
Vor einem Niedergang der freiheitlichen Demokratien hatte er oft gewarnt. »Es handelt sich nicht mehr nur um eine Zeitenwende, sondern um einen Epochenbruch«, äußerte er immer wieder voller Zorn. Mein Mann war zwölf, als er die Bombennacht von Dresden überlebte. Die Empörung über die Katastrophe des 20.Jahrhunderts, den Zivilisationsbruch der Nazis, hat sein lebenslanges Engagement für Freiheit, Demokratie und Menschenrechte entfacht. Sein Frühwarnsystem war sehr sensibel, seine Sorge vor einem neuen autokratischen Zeitalter und einem Dritten Weltkrieg in seinen letzten Monaten groß wie nie zuvor. Aber niemals resignativ!
Am Ende seines Lebens wollte er seine Warnungen in die Zukunft wenden: »Wir können als Gesellschaft Geschichte schreiben, wenn wir es schaffen, rechtsextreme Systemverächter und größenwahnsinnige Tech-Milliardäre in ihre Schranken zu weisen!«, sagte er. Den Sauerstoffinhalator hatte er zur Seite gelegt. Er wollte weniger Drohkulissen aufbauen angesichts täglich neuer Schreckensmeldungen und mehr Möglichkeiten skizzieren für eine freiheitliche Demokratie der Zukunft. Zwischendurch nahm er einen Stift und kritzelte Anmerkungen ins Skript.
»Ich möchte neue Fenster öffnen, damit die Demokratie weiter atmen kann«, hatte Gerhart einige Tage zuvor in einem Gespräch mit Kreikebaum gesagt. Wenig später hörte er selbst auf zu atmen. Die Schwester in der Kölner Uniklinik hatte das Fenster weit geöffnet. »Das macht man so, damit die Seele ins Freie fliegen kann«, erklärte mir meine Freundin Christiane Dahrendorf, Witwe von Ralf Dahrendorf und Ärztin, die mich an diesem schwarzen Tag in meinem Leben liebevoll begleitet hat. Mich tröstet diese Vorstellung. Und mich tröstet, dass diese Schrift als Gerhart Baums Vermächtnis erscheint.
Besinnt Euch! Den Titel hat mein Mann in Anlehnung an das Büchlein Empört Euch! des französischen Widerstandskämpfers und Holocaust-Überlebenden Stéphane Hessel gewählt. Gerhart hat mit Stéphane Hessel in Menschenrechtsgremien der Vereinten Nationen eng zusammengearbeitet. Auch ich durfte ihn kennenlernen. Hessel war ein unbestechlicher und mutiger, hochgebildeter und empathischer Weltbürger, der sich nicht vor einfachen Worten scheute. Sich empören und sich engagieren waren für Stéphane Hessel wie für Gerhart Baum zwei Seiten der gleichen Medaille. Duckmäusertum und Gleichgültigkeit waren ihnen zuwider. Wut und Empörung seien gut als Energiequelle – aber darauf müssten immer Besinnung, Konzepte, Taten folgen.
Stéphane Hessel – Jahrgang 1917 – war Jude, Franzose mit deutschem Hintergrund, er überlebte das Konzentrationslager Buchenwald. Gerhart Baum war Deutscher mit russischer Mutter, er überlebte den Feuersturm von Dresden. So wenig ihre Biografien zu vergleichen sind: Die eigene Geschichte hat sich beiden tief eingeschrieben und dazu geführt, dass sie sich noch mit weit über 90 Jahren für Freiheit, Demokratie und Zusammenhalt jenseits von Parteigrenzen und Identitätsdebatten starkgemacht haben.