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Der Vorgängerband Bester Sex brachte überraschende Erkenntnisse: Frauen wollen nicht romantisch bei Kerzenlicht mit Ölmassagen verführt werden, sondern von einem selbstbewussten Lover leidenschaftlich mitgerissen werden, es soll gefälligst so richtig zur Sache gehen, so ein Fazit der Autorinnen Ina Küper und Marlene Burba. In den 33 neuen, garantiert echten und spannenden Storys erfährt man detailreich, in welchen Situationen sich die erotischsten Abenteuer anbahnen lassen und woran man einen Mann erkennt, der zwischen den Laken überraschen kann. Frauen erzählen von amourösen Begegnungen an ungewöhnlichen Orten, von fesselnden Abenteuern mit dem eigenen Geschlecht, aber auch von atemberaubend zärtlichen Liebesnächten mit dem langjährigen Geliebten. Mit dem großen Erfolg des SPIEGEL-Bestsellers Bester Sex war eines bewiesen: Über fulminant guten Sex kann man tolle Geschichten erzählen, die gleichzeitig unterhalten und motivieren. Zahlreiche begeisterte Leserzuschriften verlangten nach einer Fortsetzung, und hier sind sie nun, die nächsten 33 echten erotischen Erlebnisse aus der Sicht der Frauen von heute. Die in diesem Buch versammelten Geschichten sind nicht nur unterhaltsam und aufschlussreich, sondern auch anregend - wer nach dieser Lektüre nicht auf herrlich dumme Gedanken kommt, sollte dringend seinen Puls checken. Absolutes Bestsellerpotenzial!
Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:
Seitenzahl: 450
Veröffentlichungsjahr: 2013
Das Autorinnen-Allstar-Team
»Liebe ist die Antwort,
aber während man auf die Antwort wartet,
entstehen durch Sex einige
hübsche Fragen.«
Woody Allen
»Sex ist in Bewegung umgesetztes Gefühl.«
Mae West
Das Vorwort
Alle träumen von tollem Sex, jeder will es erleben: das eine unvergessliche Mal. Und natürlich sind auch alle neugierig, was für andere richtig guter Sex ist. Das beweist der Erfolg des ersten Bandes von Bester Sex, in dem 33 Frauen ihre aufregendsten Abenteuer erzählt haben. Seitdem wissen wir, dass Frauen es nicht nur romantisch mögen, dass guter Sex auch schnell sein kann und dass man das beste Mal sowohl mit einem leidenschaftlichen Lover als auch mit dem festen Freund haben kann. Die Geschmäcker sind eben verschieden. Es gibt kein Sex-Drehbuch, an das man sich halten kann, um den Gipfel der Lust zu erklimmen.
Und das ist gut so, sonst gäbe es in diesem Buch 33-mal die gleiche Geschichte zu lesen. Stattdessen können wir 33 neue authenthische Geschichten von echten Frauen präsentieren. Aufgeschrieben von Autorinnen, die sich auskennen mit dem Thema Lust und Liebe: Ina Küper, Marlene Burba, Mia Ming, Annika Hennebach, Marie Sommer, Kira Licht und viele andere. Sie geben ihr persönliches Bester-Sex-Erlebnis preis oder erzählen von den erotischen Erfahrungen ihrer Freundinnen. Dabei stellt sich heraus, dass phänomenaler Sex überall und zu jedem Zeitpunkt passieren kann: in der Mittagspause, zu Weihnachten, zu Hause, im Hotel, auf dem Balkon, im Park, im Wasser, auf einer Party, auf Reisen oder, ja, im berüchtigten Fahrstuhl. Diese Vielfalt macht das Leben aufregend und die folgenden Geschichten so lesenswert!
Viel Spaß und ein anregendes Leseerlebnis wünscht das Autorinnen-Allstar-Team!
Christiane Hagn
Es ist Montag, 12.10 Uhr in Deutschland und ich kann nicht glauben, dass ich schon seit über drei Stunden vor diesem Rechner sitze und eine Excel-Tabelle erstelle. Montage sind das Letzte! Man hat das ganze Elend einer kompletten Arbeitswoche vor sich. Heute ist wieder so ein verdammter Tag. Mein Chef liebt Excel-Tabellen, nicht nur montags.
»Frau Stein«, begrüßt er mich heute Morgen mit drei dicken Aktenordnern unter dem Arm, »seien Sie doch so gut und übertragen Sie diese Ergebnisse in eine Excel-Tabelle.« Ergebnisse in eine Excel-Tabelle zu übertragen ist eine überflüssige, stupide und daher sehr deprimierende Angelegenheit. Die Ergebnisse stehen ja schon da. Es entsteht keinerlei Mehrwert. Aber es liest sich eben schöner in Tabellenform, wie Herr Doktor findet. Der Alte hat einen Excel-Fetisch und ich muss das ausbaden.
Dafür habe ich nicht studiert, du Arschloch, denke ich. »Gerne, Herr Doktor Bruderlich«, sage ich. Mein Chef, Dr. Anton Magnus Bruderlich, hat einen Doktortitel und er besteht darauf, auch mit Doktor angesprochen zu werden. Ich habe mir vorgenommen, so oft »Herr Doktor Bruderlich« zu ihm zu sagen, bis ihm das Blut aus den Ohren läuft. Aber der Alte ist zäh.
»Was steht denn heute für mich an?«, fragt er, als ich ihm seinen Filterkaffee serviere, schwarz, versteht sich, ganz auf Parteilinie. Schau doch einfach in deinen Outlook-Kalender, den ich jeden Tag für dich anlege, fauler alter Mann! Mist, wieder nur gedacht. Mit einem charmanten Lächeln lege ich ihm wortlos seinen Tagesplan vor, in Form einer Excel-Tabelle selbstverständlich.
Bereits im Rausgehen drehe ich mich noch einmal um. »Ach, ich sollte Sie noch an Ihre Konzertkarten erinnern, Herr Dr. Bruderlich!« Klischee hin oder her, als wissenschaftliche Mitarbeiterin und erste Assistentin des Herrn Doktor muss ich auch seine Privattermine im Kopf haben. Immerhin muss ich nicht seine Hemden aus der Reinigung holen. Aber ich bestelle den Kurier, der sie abholt. Ich besorge auch nicht das Geburtstagsgeschenk für seine Frau, aber ich recherchiere Wellness-Resorts und liste meine Ergebnisse in Tabellenform auf. Außerdem haben der Doktor und ich kein sexuelles Verhältnis – um mit einem weiteren Klischee zu brechen. Aber vielleicht würde das helfen. Doktorspielchen! Bestimmt steht er auf Rollenspiele. Wir könnten Chef und Sekretärin spielen. »Ups, mir ist mein Bleistift zwischen Ihre Beine gefallen!« Ich sehe mich schon im kurzen Rock auf allen vieren unter seinem Schreibtisch knien. Ich blase, während er eine Excel-Tabelle als Wichsvorlage benutzt. Na toll, jetzt ist mir schlecht.
Dass ich von seinem Verhältnis mit Frau Yellnikoff weiß, der blonden langbeinigen Frau Kulturattaché der russischen Botschaft, die auch eine Vorliebe für Wellness hat, ist ihm klar, aber wir sprechen nicht darüber. Vermutlich, weil es nicht in eine Excel-Tabelle passt. Erwähnte ich schon, dass ich Excel überhaupt nicht beherrsche?
Wie konnte ich nur so auf die schiefe Bahn geraten und in der Politik landen? Bestimmt weiß Dr. Excel auch nicht mehr so genau, warum er mich eingestellt hat. Vermutlich hat er sich von meinen guten Noten und meinem phänomenalen Aussehen blenden lassen. Ich wiederum habe mich von dem völlig übertriebenen Gehalt blenden lassen und meinen Idealismus für einen kurzen Moment unter den Tisch fallen lassen, den Arbeitsvertrag mit geschlossenen Augen unterschrieben und mich für die nächste Legislaturperiode verpflichtet. Ich bin den Bund mit dem Teufel eingegangen. Ich habe meine Seele verkauft. Zumindest für die nächsten vier Jahre. Meine einzige Rettung wäre ein Sturz der Regierung.
Der ersehnte Putsch ist bis heute ausgeblieben. Jetzt arbeite ich hier schon seit über sieben Monaten. Mein ursprüngliches Vorhaben war es, mit Kunst die Welt zu verändern. Aber jetzt versuche ich, gekünstelt Politik zu machen. Tagtäglich, mit der Kunst des Verstellens. Denn froh gesinnte Menschen wie ich werden in unserer Partei nicht geduldet. Das merkt man schon an der strengen Kleiderordnung. Während der Sitzungswochen zwänge ich mich in unbequeme Kostümchen, hohe Schuhe und Blazer. Außerhalb der Sitzungswochen dürfte ich auch mal in Jeans kommen, aber die vorwurfsvollen Blicke blieben mir nicht verborgen. Bunt fällt auf, kurz fällt auf, bequem fällt auf, eigentlich alles, was Spaß macht. Abgesehen von diesen Äußerlichkeiten muss ich auch noch durchgehend demütig sein. Widerworte werden als aufmüpfig empfunden. Und so etwas nennt sich Demokratie! Das ist allerhand.
Also habe ich angefangen, mich anzupassen. Sobald ich mein Büro betrete, bin ich eine andere. Ich bin demütig und ernst. Wenn ich dringend mal lachen will, rufe ich eine Freundin an oder schreibe für Herrn Doktor eine seiner Reden. Das macht mir Spaß, egal zu welchem Anlass. Leider sorgt sein nicht vorhandenes rhetorisches Vermögen dafür, dass auch die bestgeschriebene Rede ziemlich fad rüberkommt. Und sei es auch nur die Rede zur Segnung eines neuen Feuerwehrhauses oder zur Eröffnung irgendeines Gurkenfasses im Wahlkreis. Er kann es einfach nicht. Kein Wunder, dass dieser Mann Politiker geworden ist.
Manchmal spiele ich mit dem Gedanken, als weibliches Pendant zu Günter Wallraff einen Enthüllungsroman über den Bundestag zu schreiben. Titel: Wo eine Kuppel, da ist immer Zirkus. Aber sogar dafür bin ich zu frustriert. Kein Wunder. Schließlich werfe ich Tag für Tag mit Perlenkette um den Hals Perlen vor die Säue! Wie Peter Licht so schön singt: »Hier muss ich nicht sein, hier möcht’ ich nicht mal fehlen.«
Der schönste Moment des Tages ist, wenn abends der Uhrzeiger auf 6 Uhr steht. Der zweitschönste Moment, wenn der Zeiger auf 12 Uhr 30 steht. Mittagspause. Es ist jetzt 12 Uhr 29 und ich stelle das Telefon auf mein Handy um. Für Montage nehme ich mir immer was ganz Besonderes für meine Mittagspause vor, um einen letzten Funken Glück an diesem Tag zu bewahren. Heute bin ich mit Markus, einem ehemaligen Studienfreund, zum Sushi-Essen verabredet. Wir haben zusammen Kunstgeschichte studiert, aber Markus hat den »theoretischen Scheiß« bald abgebrochen. Er bezeichnet sich als Künstler und versetzt die Berliner Galeristen mit seinen »Vernissagen« regelmäßig in Aufruhr. Einmal hat er die weißen Wände einer Galerie schwarz überstrichen, samt Stuck. Ein andermal ein Lagerfeuer entzündet und darüber Spiegeleier gebraten. Kunst ist eben ein weites Feld. Die angerückten Feuerwehrmänner zeigten allerdings keinerlei Kunstverständnis.
»Kann ich noch etwas für Sie tun, Herr Dr. Bruderlich?«, frage ich, als ich die farbig ausgedruckte Excel-Tabelle auf seinen Schreibtisch lege. Er wirft einen flüchtigen Blick auf das Papier, macht einen Kaffeefleck drauf und entlässt mich ohne weiteren Kommentar in meine Pause. Ein »Danke« wäre schön gewesen. Aber kein Kommentar ist hier schon das höchste Lob!
An der Pforte zeige ich beim Verlassen des Gebäudes meinen Ausweis vor. Das müsste ich eigentlich nicht. Nur beim Betreten ist es Pflicht. Da ich diesem Pförtner seit sieben Monaten jeden Morgen meinen Ausweis vorzeige und er jedes Mal so tut, als würde er mich nicht kennen, halte ich ihm auch beim Verlassen immer demonstrativ meinen Ausweis unter die Nase. Reine gegenseitige Schikane.
Ich freue mich richtig, als Markus in seinem grünen Saab um die Ecke biegt, springe auf den Beifahrersitz und drücke ihm einen Kuss auf seine stopplige Wange.
»Wie siehst du denn wieder aus?«, lautet seine Begrüßung.
»Sitzungswoche!«, lautet meine schlichte Antwort.
»Oh Mann, Katinka, was ist nur aus dir geworden? Du bist zur dunklen Seite der Macht übergelaufen!«
»Hallo Markus. Ich freue mich auch, dich zu sehen. Danke. Du siehst auch sehr gut aus. Und ich bin nicht zur dunklen Seite übergelaufen, sondern ich höhle das System von innen aus! Ganz subversiv, mit Excel-Tabellen.« Markus muss lachen.
»Oje, hat dich der Doktor wieder mit seinem Fetisch gequält?« Ich nicke.
»Das Gurkenfass ist am Überlaufen! Fehlt nur noch, dass ich in seinen Tagesplan eintragen muss, wann er sein Geschäft zu verrichten hat. Mit einer Spalte für die Uhrzeit und Zeilen mit ›groß‹ oder ›klein‹. Vielleicht sollte ich auch noch eine tägliche Masturbation einbauen. Ein bisschen Wichsen zur Entspannung.« Markus findet, das sei eine ganz große Idee. Wir könnten daraus ein Kunstprojekt machen: »Sexcel-Life«, oder so ähnlich.
»Wo ist denn nun dein Sushi-Restaurant, Kati? Früher haben wir uns von Kunst, Zigaretten und Hotdogs ernährt. Heute gehen wir Sushi essen. Das ist das Ende!«
»Sushi essen macht schön und glücklich.« Das habe ich zumindest mal gehört. Ich deute auf die nächste Straßenkreuzung. »Hier vorne, am Eck!« Markus seufzt.
»Süße, wo soll ich hier denn parken?« Er hat recht. Es ist nahezu unmöglich, um diese Zeit in der Friedrichstraße einen Parkplatz zu bekommen. Außerdem ist mir eh der Appetit vergangen. Heute kann nicht mal Sushi helfen, mich glücklich zu machen. »Ach Markus, wir können auch in deine Galerie fahren, rauchen und über unsere wilde alte Zeit plaudern.« Markus findet, das sei mein bisher bester Vorschlag, und fährt mit Vollgas weiter Richtung Checkpoint Charlie.
Seine »Galerie« ist eigentlich eine Erdgeschosswohnung in der Kochstraße. Eine schmutzige, unmöblierte Erdgeschosswohnung. Wir parken im Innenhof und Markus eilt um das Auto, um mir die Beifahrertür zu öffnen. Jetzt komme ich mir ein bisschen blöd vor in meinem Kostümchen neben Markus. Er trägt Jeans und Trainingsjacke wie immer. Seine braunen Locken sind ungewaschen und sein Bart ist älter als fünf Tage. Aber Markus sieht immer gut aus. Er ist keine Schönheit, aber ein Typ. Seine Nase ist etwas zu groß, seine Zähne leicht schief, aber er hat wunderschöne dunkelbraune Augen. Er sieht genauso aus, wie man sich einen Berliner Performancekünstler eben so vorstellt. Schmutzig, aber adrett. Anziehend.
Markus öffnet mir die Wohnungstür und ein stechend scharfer Farbgeruch dringt in meine Nase. Ich liebe es, wenn es nach Farbe riecht. Es riecht nach Renovierung, nach Neubeginn. Mein Blick fällt sofort auf eine Bleistiftzeichnung auf dem Schreibtisch. Es ist eine nackte Frau, die Saxofon spielt.
»Das ist gut«, sage ich. »Ich wusste gar nicht, dass du wirklich zeichnen kannst.«
»Ich wusste auch nicht, dass du was von Politik verstehst«, gibt Markus zurück.
»Ach Schatz, wir sind uns eben sehr ähnlich. Wir verdienen beide unser Geld damit zu verbergen, dass wir von unserer eigentlichen Arbeit überhaupt keine Ahnung haben.«
Ich betrachte weiter das Bild. Markus tritt hinter mich, legt seine Arme um meine Hüfte und flüstert in mein Ohr: »Du siehst irgendwie scharf aus in den Spießerklamotten!« Ich bekomme eine Gänsehaut auf meiner kompletten linken Körperhälfte. »Erinnerst du dich noch, wie ich ohne aussehe?« Markus steht ganz dicht an mir dran und ich spüre seine Erektion an meinem Po.
»Nicht mehr genau.« Er fängt an, mich am Hals zu küssen. Es ist bestimmt zwei Jahre her, dass Markus und ich zusammen waren. Es war nur ein Monat. Wir hatten drei Wochen tollen Sex und haben dann beschlossen, doch besser nur Freunde zu bleiben, um uns gegenseitig nicht umzubringen. Wir sind uns einfach zu ähnlich.
Ich drehe mich um und küsse Markus auf den Mund. Er schmeckt vertraut. Wir küssen uns heftiger und Markus beißt etwas zu fest in meine Unterlippe. Ich spüre, dass ich feucht werde. Ich habe richtig Lust auf ihn, jetzt und hier, in dieser Künstlerabsteige.
»Markus, ich habe noch vierzig Minuten Mittagspause. Lass das Schmusen und zieh dich aus!« Markus lächelt mich an.
»Da ist sie ja wieder, meine alte Katinka! Du willst ficken, Schatz? Dann ficken wir.« Markus befreit sich umgehend von seinen Klamotten. Ich muss lachen und ziehe mich dabei komplett aus.
Wir stehen nackt voreinander. Markus nimmt meine Brüste fest in seine Hände und sieht sie ganz genau an. »Ohne Klamotten siehst du immer noch am schönsten aus.« Bei Markus fühle ich mich immer wunderschön. Vielleicht weil ich weiß, dass er meinen Körper liebt. Jetzt will ich nicht mehr reden. Ich will eine schnelle, versaute Nummer und gehe Richtung einziges Möbelstück in dieser Butze: eine schäbige Matratze, die im Eck auf dem Boden liegt, ohne Laken. Typisches Künstlerklischee, aber gerade genau richtig.
Ich lege mich auf den Rücken und strecke meine Hand nach Markus aus. Er kniet sich vor mich.
»Fass dich ein bisschen an!«, fordert er mich auf.
»Markus, ich hab nicht mehr viel Zeit.«
»Komm schon, nur kurz. Ich will dir ein bisschen zusehen, wie du es dir machst.« Na schön. Aber nur, weil er so lieb fragt. Ich lege meinen rechten Zeigefinger auf meinen Kitzler und massiere ihn in kreisenden Bewegungen. Mit der anderen Hand streichle ich meine Brüste. Markus greift sich an seinen erigierten Schwanz und fängt an, ihn zu reiben. »Das ist schön, Katinka. Hör nicht auf!« Ich befeuchte meinen linken Mittelfinger und lasse ihn langsam nach unten wandern, zwischen meine Beine, bis ich ihn mir ganz genüsslich in meine Muschi schiebe. Markus stöhnt auf. Ich schiebe ihn ganz langsam rein und wieder raus. Es macht mich an, Markus zuzusehen, wie er immer geiler wird, sich sein Oberarmmuskel beim Wichsen anspannt, seine Adern auf der Stirn hervortreten. Markus stöhnt schon gefährlich laut. Ich will nicht, dass er ohne mich kommt.
Ich höre auf, mich zu streicheln, drehe mich um und präsentiere mich ihm auf allen vieren. Ich werfe Markus einen auffordernden Blick über meine Schulter zu. »Fickst du mich jetzt?« Markus lässt seinen Schwanz los und streichelt mich zwischen meinen Pobacken. Dann schiebt er mir seinen Finger in die Muschi und reibt weiter an seinem Schwanz. Endlich greift Markus mit beiden Händen nach meiner Hüfte und dringt mit einem Ruck in mich ein. Ich stöhne auf und genieße seine vorsichtigen Bewegungen in mir drin. Er fickt mich mit ganz langsamen Stößen. »Fester!« Markus gehorcht. Seine Bewegungen werden schneller, energischer. Ich greife durch meine Beine und nehme seine Hoden in meine Hand. Es erregt mich, ihn an dieser Stelle festzuhalten. Ihn auch. Markus fickt mich noch heftiger. Ich brauche wieder beide Hände, um mich abzustützen, und stöhne laut auf. Markus’ Hoden klatschen an meinen Po, seine Fingernägel krallen sich in meine Hüfte. Wir kommen gleichzeitig.
Wenn Markus kommt, fängt er an zu lachen. Das war schon immer so. Er kann nicht anders. Kein Orgasmus ohne Lachanfall. Anfangs hatte mich das irritiert, aber schon bald musste ich mitlachen. So auch heute. Wir liegen selig nebeneinander und lachen.
»Danke«, sagt Markus.
»Dafür nicht«, gebe ich zurück. »Wenn ich schon meine Seele verkauft habe, muss ich mich doch wenigstens um meinen Körper kümmern!« Ein Blick auf die Digitaluhr neben der Matratze lässt mich aufspringen. »Ich hab nur noch zwanzig Minuten!« Markus seufzt.
»Ach Katinka, dass du immer so Stress machen musst!«
»Beeil dich. Ich muss noch ›Beischlaf der Assistentin‹ in den Excel-Tagesplan integrieren. Vielleicht bekomme ich dann eine Gehaltserhöhung.«
Markus lässt mich vor dem Eingang aussteigen und gibt mir einen Kuss auf die Wange. »Weißt du, ich bin irgendwie froh, dass es da drin so Leute wie dich gibt. Aber wenn ich doch noch einen Putsch in die Wege leiten soll, sag mir einfach Bescheid! Dann trommle ich meine Jungens zusammen.« Markus greift auf die Rückbank und drückt mir eine Papierrolle in die Hand. »Für dich! Und jetzt ab zu deinem perversen Doktor!« Ich nehme sein Geschenk an und küsse ihn zum Abschied auf den Mund.
»Ich bin sehr glücklich über die schlechte Parksituation in Berlin-Mitte. Danke für die schöne Bumspause. Das sollten wir öfter machen.«
Mit einem Lächeln zeige ich dem gemeinen Pförtner meinen Ausweis, fahre mit dem Aufzug in den fünften Stock und mache noch einen Abstecher auf die Toilette, um meinen Spießerlook zu überprüfen. Ich rücke meine etwas durchgebumste Frisur zurecht und stöckle zurück an meinen Schreibtisch. Punkt 13 Uhr 30 leite ich die Anrufe wieder auf die Zentrale um und beglückwünsche mich innerlich zu diesem perfekten Timing. Ich bin sehr hungrig, aber auch sehr zufrieden. Dann entrolle ich Markus’ Geschenk. Es ist die Bleistiftzeichnung der nackten Frau mit dem Saxofon. Ich hänge sie an die Wand gegenüber und spüre, wie mir Markus’ Sperma gerade in mein Höschen läuft.
In diesem Moment kommt der Doktor aus seinem Zimmer, gefolgt von Frau Yellnikoff, der blonden Frau Kulturattaché. Die Dame im Kostüm hat ganz rosige Wangen.
»Das ist aber eine außergewöhnliche Zeichnung, Frau Stein.« Ich spüre, wie ich rot werde. Irgendwie fühle ich mich ertappt.
»Ist es Ihnen lieber, wenn ich sie nicht aufhänge, Herr Doktor Bruderlich?« Er schüttelt den Kopf. »Nein, nein, bitte. Nur zu. Ich finde diese Zeichnung außergewöhnlich …«, der Doktor überlegt, »interessant!«
»Finde ich auch«, lächle ich ihn an und lasse das »Dr. Bruderlich« einfach mal weg. Dann knurrt mein Magen. Er knurrt wirklich sehr laut. Das ist kein Knurren, eher ein Brüllen. Mein Doktor sieht mich fragend an. »Waren Sie nicht gerade Mittag essen?«
»Nein. Ich wollte mit einem Freund Sushi essen, aber wir haben keinen Parkplatz gefunden.« Soll ich jetzt weitererzählen? Und dann haben wir eben in seiner Galerie gebumst. Es gab auch Eiweiß, aber anders. Ach, das wäre so lustig. So lustig! Und ich wäre diesen verdammten Job endlich wieder los, wegen Unzucht am Arbeitsplatz.
»Nun, ich gehe jetzt eh etwas essen«, unterbricht der Doktor meine Gedanken. »Ich bringe Ihnen einfach noch was mit. Pasta? Übrigens, hervorragende Rede, die von gestern.«
Das war ein Lob! Das war eben ganz eindeutig ein Lob. Die beiden verlassen mein Büro und ich sehe ihnen schmunzelnd hinterher. Ob ich der Yellnikoff sagen soll, dass sie ihren Rock auf links trägt?
Kira Licht
Laurenz war der Shootingstar unserer Literaturgruppe: scharfsinnig, belesen und unglaublich gutaussehend. Außerdem war er Frontmann einer ziemlich angesagten Rockband. Zu seinen Markenzeichen gehörten kajalgerahmte Augen und ein beeindruckender Whiskykonsum. Vom Styling her sah er immer ein wenig aus wie Johnny Depp in seiner Paraderolle als Pirat und das Image als Frauenschwarm pflegte er, indem er gekonnt mit jedem weiblichen Wesen flirtete. Verständlicherweise rankten sich um ihn die wildesten Sagen, die er wiederum eher pflegte als dementierte. Insgeheim waren wir alle eine bisschen verschossen in ihn. Seit ich vor einem Vierteljahr der Gruppe beigetreten war, knisterte es heftig zwischen uns. Ehrlich gesagt stand ich ziemlich auf ihn und ich glaube, er auch ein bisschen auf mich.
Unsere Gruppe traf sich immer dienstags am frühen Abend in einem der Seminarräume des Publizistikinstituts. Eines Abends gingen wir alle nach der Sitzung auf ein kleines Sit-in in meine Wohnung. Ich war nun schon seit einem Jahr Single und hatte mir den wilden Laurenz für einen heißen, unverbindlichen One-Night-Stand ausgesucht. Das sollte doch auch okay für ihn sein, meinte ich, denn einem Typen wie ihm traute ich nicht wirklich zu, sich längerfristig und ernsthaft binden zu wollen.
Obwohl Laurenz noch nie bei mir gewesen war, folgte er mir wie selbstverständlich in die Küche, während der Rest der Mannschaft sich in mein winziges Wohnzimmer quetschte. Der alte Kühlschrank wackelte ein wenig, als mein gut aussehender Gast schwungvoll die Tür aufriss.
»Och, Baby«, schnurrte er und hob mit leicht angewidertem Blick ein paar der Flaschen an, die sorgsam aufgereiht in der Seitentür parkten. Allein seine tiefe, melodische Stimme schickte mir wohlige Schauer über den Körper.
»Milch? Gemüsesaft? Himbeersirup? Kinderpunsch?«
»Geh doch einfach wieder, wenn dir was nicht passt«, erwiderte ich frech und schenkte ihm einen gekonnten Augenaufschlag. Er ließ den Kühlschrank Kühlschrank sein und kam langsam auf mich zu, nur um sich dann ziemlich nah vor mich zu stellen.
»Weißt du, was ich an dir mag?«
»Dass ich so viel Alkohol im Haus habe?«, riet ich.
»Ja, das auch, du kleine Schnapsdrossel, aber vor allem …«, er lehnte sich zu mir herüber und seine Lippen berührten fast mein Ohr, als er sprach, »dass du dir nie Mühe gibst, nett zu mir zu sein.«
»Warum auch?«, antwortete ich scheinbar gelassen, doch mein Herz klopfte bis zum Hals. Er hatte es echt raus mit Frauen! Ich wollte mir nicht vorstellen, wie viele vor mir er schon mit dieser Masche flachgelegt hatte. Sein Mund war mittlerweile in Richtung meiner Halsbeuge gewandert, doch er hielt sich zurück und berührte mich nicht. Leise hörte ich ihn lachen und sein Atem streifte warm über meine Schulter.
»Und nun? Tee? Oder vielleicht ein Glas Gemüsesaft?«, fragte ich, um ihn noch ein bisschen weiter zu ärgern. Er hob den Kopf und richtete sich zu voller Größe auf. Der Blick seiner dunklen Augen war gleichermaßen resigniert wie belustigt.
»Tee wäre toll, Baby«, antwortete er schließlich. Ich drehte mich daraufhin schwungvoll Richtung Wasserkocher um und gab ihm so genügend Zeit, einen ausgiebigen Blick auf meinen Hintern werfen zu können. Er machte ebenfalls keinen Hehl daraus, dass er dieser Aufforderung nachgekommen war — das merkte ich, als ich mich wieder umdrehte.
»Welche Sorte?«
»Hm?« Fast etwas unwillig sah er zurück in mein Gesicht.
»Tee. Du. Welche Sorte?«
»Egal.«
»Okay.«
»Aber keinen schwarzen!«
»Gut.«
»Und keinen Pfefferminz.«
»Okay.«
»Und nichts mit Früchten.«
»Und was bleibt da noch als Alternative übrig?«
Er zuckte die Schultern und seine Augen blitzten amüsiert. »Ingwertee? Vanilletee? Grüner Tee? Zum Beispiel.«
Ich schnaufte empört. »Sehe ich aus wie ein Teegeschäft?«
Er lehnte sich erneut zu mir herüber, wobei er die rechte Hand auf der Arbeitsplatte hinter meinem Rücken abstützte.
»Du siehst in erster Linie toll aus«, sagte er dann. Oh Mann, ich schwöre, bei jedem anderen Kerl hätte ich diesen Satz als plump und dumpfbackig abgetan, bei ihm jedoch ließ er meinen ganzen Körper prickeln. Doch um unser Spielchen fortzuführen, überging ich seine Schmeichelei.
»Also was für Tee nun?«, fragte ich scheinbar völlig unbeeindruckt.
»Wasser, einfach nur Wasser, wenig Kohlensäure, oder am besten stilles.«
»Schau mal, dort drüben steht ein ganzer Kasten, nimm dir einfach eine Flasche und ich geb dir ein Glas dazu, ja?«
Laurenz’ Blick folgte meinem ausgestreckten Arm, dann machte er einen großen Schritt zum Tisch, unter dem der Kasten stand. Er hatte sich kaum eine Flasche herausgeangelt, da hielt ich ihm schon das Glas hin. Laurenz warf mir noch einen schmachtenden Blick und ein »Danke« zu, dann verschwand er aus der Küche. Ich sah ihm hinterher und zwang energisch meinen Puls zurück in den Keller.
Nach zweieinhalb alkoholfreien Stunden brachen die Ersten auf, nach drei Stunden waren nur noch Laurenz und ich übrig. Er schien nicht gehen zu wollen und ich hatte auch keinerlei Absicht, ihn rauszuschmeißen. Er hatte den ganzen Abend weiter mit mir geflirtet, aber wirklich eindeutig war er nicht geworden. Mit einem leidenden Gesichtsausdruck ließ er den Blick über die vielen leeren Teetassen auf meinem niedrigen Wohnzimmertisch schweifen. »Das Ende eines Kindergeburtstages«, brummte er.
Ich kniff spontan in seine knackigen Oberarme. »Du bist unmöglich.«
»Magst du meine Muskeln?«, fragte er mich völlig am Thema vorbei.
»Was denn für Muskeln?«
»Ja meine eben.«
»Du hast doch gar keine.«
»Wie bitte?«
»Ja dann zeig!«, forderte ich ihn heraus.
»Von mir aus …« Mit einem gekonnten Griff zog er sich sein T-Shirt über den Kopf.
»Oha«, raunte ich beifällig. Seine appetitlichen Brustmuskeln konnten sich wirklich sehen lassen.
»Rasierst du dich da?«, fragte ich und tippte auf seine nackte Haut.
»Auf Stahl wachsen keine Haare«, flüsterte er. Ich nickte entzückt und versank in seinen dunklen Jack-Sparrow-Augen.
»Soll ich dir eigentlich aufräumen helfen?«
»Nein nein nein nein«, erwiderte ich hastig und schüttelte dabei zur Bekräftigung heftig mit dem Kopf. Wie konnte er mich jetzt auf so weltliche Dinge wie Geschirr und volle Aschenbecher ansprechen. Ich wollte jetzt an nichts anderes mehr denken als an ihn und seine allzu körperliche Anwesenheit.
»Aber es würde mir wirklich nichts …«
»Lass uns über etwas anderes reden, ja?«, unterbrach ich ihn mit lieblichem Augenaufschlag.
»Alles was du willst«, sagte er, griff nach einer meiner langen Haarsträhnen und drehte sie neckisch um seinen Finger.
»Sollen wir rübergehen?«, flüsterte ich.
»Rüber wohin?«
»Ähm … ich könnte dir mein Schlafzimmer zeigen?«
Laurenz lachte zwar, machte aber keine Anstalten aufzustehen. Ich schaute ihm dabei zu und wusste nicht so recht, was ich davon nun halten sollte. Zwischen uns entstand eine seltsame Stille. Er drehte immer noch an meinen Haaren, ich kaute auf meiner Unterlippe.
»Willst du mich abschleppen oder was?«, fragte er dann.
Mir wurde heiß und kalt zugleich. Sollte ich sagen: »Hey, endlich hast du’s kapiert. Na wie sieht’s nun aus? Rübergehen oder direkt hier auf der Couch?« oder sollte ich sittsam die Augen niederschlagen und mir Mühe geben, wenigstens ein bisschen rot zu werden. Ich entschloss mich für Variante drei: Ich sagte gar nichts. Laurenz gab mein Haar wieder frei, setzte sich sehr aufrecht hin und sah mich weiter forschend an.
»Oder unterstelle ich dir jetzt etwas zu Unrecht?«, durchbrach er ein zweites Mal die Stille, die wie eine klebrige Kaugummiblase zwischen uns hing.
»Fiona?«
Ich zwang mich zu antworten. »Ja?«
»Bist du jetzt beleidigt?«
»Warum?«
»Wegen der Frage, Dummerchen.«
»Nein«, sagte ich und kniff erneut in seine Brustmuskeln. Mir war einfach danach. Und er sah aus wie Spielzeug, ein immerhin halbnacktes Spielzeug, also warum sollte ich ihn nicht anfassen?
»Na, na, na!«, lachte er und wollte mir ausweichen, indem er sich zur Seite drehte.
»Du hast dich freiwillig ausgezogen, denk daran.«
»Na gut, dann gleiches Recht für alle!«, sagte er und wollte mein Shirt hochziehen. Ich spielte mit, indem ich scheinbar empört aufsprang und halb um den niedrigen Couchtisch rannte.
»Hiergeblieben, Feigling!« Mit diesen Worten war Laurenz ebenfalls auf den Beinen. Ich kicherte und rannte Richtung Schlafzimmer, er mir dicht auf den Fersen. Vor meinem Bett hielt ich an und sah ihm zu, wie er mit wehenden Haaren und entblößtem Oberkörper meine Tür passierte.
»Oh, ein Schlafzimmer!«, grinste Laurenz und blieb dicht vor mir stehen.
»Was für ein Zufall«, sagte ich und machte noch einen halben Schritt auf ihn zu, sodass ich direkt vor ihm stand. Er rührte sich nicht und so küsste ich ihn, ohne groß darüber nachzudenken. Es war einfach zu verlockend. Laurenz schlang seine Arme um meine Hüfte und zog mich an seine nackte Brust. Als sich unsere Zungen das erste Mal berührten, flatterte ein bis dato sicher verpuppt gewesener Schwarm Schmetterlinge in meinen Bauch und ich presste mein Becken unwillkürlich gegen seines.
»Du böses Mädchen«, flüsterte Laurenz, als er seine Lippen von meinen löste.
»Ich?«
»Ja, du.«
»Wieso?«
»Na, lässt man denn halbnackte fremde Männer in sein Schlafzimmer?«
Ich zuckte mit den Schultern. »Dann bin ich wohl ein böses Mädchen.«
»Allerdings.«
Ich sah ihn an und wartete. Warum machten wir nicht weiter, wo wir aufgehört hatten. Was sollte das Gelaber? Also machte ich erneut Anstalten, unser Vorhaben in die richtige Richtung zu pushen, doch er hielt mich auf.
»Warte.«
Was denn nun wohl? Ich hob fragend die Augenbrauen. Wieder wurde es still zwischen uns. Ich sah in sein Gesicht und rechnete so ziemlich mit allem. Von »Ich bin heimlich schwul« über »Ich habe eine ansteckende Krankheit« bis »Du bist einfach nicht mein Typ«. Laurenz schien immer noch nach den richtigen Worten zu suchen.
»Ich bin kein Mann für eine Nacht«, platzte es aus ihm heraus.
»Was?« Ich war mir sicher, mich verhört zu haben. Ich sah in sein Gesicht, heimlich davon überzeugt, dass er sich einen Spaß mit mir erlaubte. Er schien es ernst zu meinen. Ich rekapitulierte kurz: Laurenz, unser Flirt-Weltmeister, Prinz Charming persönlich und der Rockstar zum Anfassen, wollte mir gerade weismachen, er lebe im Zölibat? Das fiel ja schon fast unter vorsätzliches Vortäuschen falscher Tatsachen. Ich überlegte ernsthaft, ihn wortlos rauszuschmeißen.
»Sag das noch mal«, flüsterte ich stattdessen.
»Ich bin nicht so für One-Night-Stands«, sagte Laurenz ziemlich ernst. Ich schluckte betroffen.
»Aber du …«, setzte ich an.
»Ja?«
»Alle Leute denken von dir, dass du …«
»Ja, ich weiß. Das ist aber nur mein Image.«
»Ach so. Klar.«
»Weißt du, die Phase habe ich einfach hinter mir«, sagte Laurenz leise. »Man hat Spaß und am nächsten Morgen wacht man noch leerer auf, als man vorher schon war. Dann haut man ab und ist wieder allein. Ist doch einfach nur scheiße.«
»Stimmt«, pflichtete ich ihm bei, ungeachtet der Tatsache, dass ich ihn vorhin zu eben dem genauen Gegenteil hatte verführen wollen. Na toll und was nun? Ich kaute erneut auf meiner Unterlippe herum.
»Du bist so eine Süße«, flüsterte Laurenz und sah mir beim Kauen zu. »Schade, dass du mich nur flachlegen willst.«
Was sollte ich darauf erwidern? Dass ich ihn natürlich nicht nur einfach sexy, sondern auch echt nett fand? Aber dass ich nie damit gerechnet hätte, dass er, der wilde Musiker, bei Frauen an mehr als nur der körperlichen Seite interessiert war? Sollte ich ihm das einfach sagen? Und vor allem: Würde er mir glauben?
»Ich wollte dich schon länger mal fragen, ob wir was zusammen machen wollen, aber irgendwie war die Situation nie da.«
»Ich würde gerne mal was mit dir zusammen machen«, sagte ich. Auf Laurenz’ hübschem Gesicht manifestierte sich ein Grinsen, das von einem Ohr zum anderen reichte. Und dieses Mal wurde ich wirklich rot.
»Also ähm …«, stotterte ich. »Ich meine natürlich etwas anderes als … ähm …«
»Sex«, vervollständigte er den Satz für mich.
»Genau.« Herrje, was für eine peinliche Situation. Meine Wangen glühten, unter meinen Achseln war es feucht und er war immer noch halbnackt. Und dann, wie aus dem Nichts, hatte ich eine revolutionäre Idee.
»Ich habe einen Plan!«, sagte ich triumphierend.
»Toll! Und wofür?«, fragte Laurenz immer noch ziemlich amüsiert.
»Na für uns! Du und ich, wir beide, wir ziehen es von rückwärts auf!«
»Von rückwärts?« Schon wieder dieses Grinsen.
»Laurenz, jetzt sei mal ernst. Wir fangen von rückwärts an! Normalerweise ist es beim Daten ungefähr so: Erstes Treffen Kaffeetrinken, zweites Treffen Spazierengehen, drittes Treffen Abendessen, viertes Treffen Kino, fünftes Treffen Ausgehen und Sex! Und wir fangen von rückwärts an!«
»Also mit Sex, ja? Und dann Kino und dann Abendessen und so weiter.«
»Genau!«
Ich sah, wie er nachdachte, dann lächelte er.
»Ich glaube, das gefällt mir. Ist so unkonventionell. Aber was machen wir, wenn wir beim Kaffeetrinken angekommen sind? Sollen wir ab dann so tun, als würden wir uns nicht kennen?«
»So weit habe ich noch nicht gedacht«, murmelte ich und schaute auf meine Füße. Er nahm dies zur Aufforderung, den Arm auszustrecken und seine Hand in meinen Haaren zu vergraben.
»Denk nicht weiter darüber nach. Ich finde, wir sollten jetzt unbedingt hemmungslos rummachen und dann unsere lustverschwitzten Körper aneinanderreiben«, flüsterte er. Ich sah in seine dunklen Augen und der Rest meines klaren Verstandes verabschiedete sich weitestgehend. Stattdessen rasten seine Worte wie eine Gänsehaut über meinen Körper und starben in einem letzten Kribbeln in meinen Zehen. Nun war ich es, die die Hand ausstreckte und mit dem Zeigefinger die Linie seiner sinnlich geschwungenen Oberlippe nachmalte.
»Dein Mund ist fast zu schade zum Sprechen.«
Laurenz lächelte schief und in dem schummrigen Licht meines Schlafzimmers sah er noch mehr aus wie ein Pirat.
»Dieser Mund kann so manches viel besser als sprechen«, flüsterte er und dann küsste er mich. Sein Kuss war zärtlich und wild zugleich. Mit seiner Zunge eroberte er meinen Mund, ohne lange vorsichtig zu tasten. Seine Hände wanderten über meinen Rücken, schoben sich gierig unter mein Shirt und fuhren an meiner nackten Haut entlang. Dann wanderten sie hinunter zu meinen Hüften, bis sie sich mit festem Griff um meinen Hintern schlossen. Laurenz streichelte nicht, er griff richtig zu, wobei er sein Becken gegen meines presste. Ich spürte deutlich, was sich da an meinen Oberschenkel drückte. Laurenz ließ von meinen Lippen ab und seine Zunge ertastete sich ihren Weg meinen Hals entlang bis zu den zarten Muskeln meiner Schultern. Mit der rechten Hand zog er an dem Bündchen meines Shirts. Als das nicht so richtig klappen wollte, nahm er auch die andere Hand zur Hilfe und zerrte mir das lästige Stück Stoff über den Kopf. Mit einem letzten leisen Rascheln landete es auf dem Fußboden neben uns. Ich ließ ihn machen, weil es mir gefiel, was er da tat und vor allem, wie er es tat. Laurenz warf einen längeren Blick auf meinen BH und dessen Inhalt, dann schnippte er mit einem lässigen Griff den Verschluss auf. Ich schnappte kurz nach Luft, als ein kalter Luftzug meine Brustwarzen streifte. Laurenz schaute erst zu, wie sie hart wurden, dann legte er beide Hände darüber.
»Wow!«, hauchte er mit typisch männlicher Begeisterung.
»Gefallen sie dir?«
»Brüste sind das Beste überhaupt, hätte ich selbst welche, ich würde den ganzen Tag daran herumspielen.«
Ich verdrehte die Augen und Laurenz grinste wie ein kleiner Junge.
»Das ist nur die Wahrheit!«
»Das glaube ich dir sofort.«
Laurenz grinste immer noch, dann wurde sein Blick plötzlich wieder ernst.
»Kann ich dir den Rest auch noch ausziehen? Jetzt sofort?«
»Klar doch.«
Laurenz nickte und legte sofort los. Meine Jeans und mein String rutschten auf meine Füße und ich schlüpfte aus meinen Flipflops. Vorsichtig schob Laurenz mich Richtung Bett, bis meine Kniekehlen den Holzrahmen berührten.
»Hinlegen«, flüsterte er und ich kam seiner Aufforderung nur allzu gern nach. Er folgte mir, indem er sich direkt zwischen meine gespreizten Beine setzte und mit seinen Händen zärtlich meine Oberschenkel hinauf und hinunter strich. Dann senkte er den Kopf und bewies zum zweiten Mal, was sein Mund noch besser konnte, als Worte formen. Während er mit seiner Zunge meine Klitoris sanft bearbeitete, hielt er nur ein Mal kurz an, um Zeige- und Mittelfinger feucht zu machen. Ich ahnte, was er vorhatte, und bog mich ihm entgegen.
»Gefällt es dir?«
»Oh ja …«
Dann schob er die beiden Finger in mich, nicht sofort ganz, sondern mit langsamen, abwechselnd vorstoßenden und wieder zurückweichenden Bewegungen — er hatte seine Hausaufgaben gemacht. Ich gab mich dieser doppelten Stimulation völlig hin und ließ mein Becken zusätzlich noch langsam kreisen. Hin und wieder seufzte ich genussvoll, was Laurenz zu weiterer Zungenakrobatik veranlasste. So würde ich es nicht mehr lange durchhalten.
»Warte mal«, flüsterte ich.
Laurenz hob den Kopf. »Hab ich dir wehgetan?«
»Nein nein.« Ich gab mir Mühe, flüssig zu sprechen. Was machte er nur mit mir? »In meinem Nachttischchen sind Gummis, hol dir doch schon mal eins her.«
Laurenz ließ seine Finger aus mir herausgleiten. »Dass ihr Frauen immer noch so klar denken könnt«, murmelte er und rollte sich Richtung Nachttisch. Dass bei mir zur Zeit eher Gegenteiliges der Fall war, verschwieg ich ihm. Dann war er auch schon wieder da.
»Weitermachen?«
»Ja!«
Laurenz tauchte wieder ab und machte dort weiter, wo er aufgehört hatte, und das nicht minder gekonnt.
»Oh … du meine Güte«, seufzte ich. Laurenz legte sich noch mehr ins Zeug. Keine fünf Minuten später schob ich seinen Kopf von meinem Schoß weg. Er guckte nicht überrascht, was mich nicht wirklich wunderte. Ich hatte selten jemanden erlebt, der so genau wusste, wie er die weibliche Anatomie erkunden musste, um eine Frau in Verzückung zu bringen.
»Hose aus«, murmelte ich. Laurenz zog an seinem Gürtel, der klirrend vom Bett flog. Jeans und Panties landeten achtlos daneben. »Gummi. Schnell«, sagte ich, immer noch leicht benebelt. Laurenz riss die silberne Verpackung auf, während ich schon »komm her« flüsterte.
»Moment noch, Baby.«
Dann endlich war er da.
»Komm her!«, flüsterte ich erneut, während Laurenz sich langsam auf mich legte. Ich griff in seine Haare am Hinterkopf und zog seinen Kopf zu mir herunter. Seine Lippen prallten auf die meinen und mein Kuss war grob und fordernd. Ich knabberte an seiner Unterlippe, während Laurenz keuchte und sein Becken zwischen meinen Beinen suchend kreisen ließ. Dann war er richtig. Mein Körper bog sich ihm entgegen, als er in mich eindrang. Ich war schon vorher knapp davor gewesen zu kommen, sodass es jetzt mit jeder Bewegung fast unerträglich wurde. Meine Hände griffen an seinen Hintern und drückten ihn noch enger an mich, meine Beine schlang ich um seine Hüften, um ihn noch tiefer zu spüren. Laurenz stöhnte und verbiss sich in meinem Hals. Der Schmerz, den seine Zähne auf meiner Haut hinterließen, und das Gefühl zwischen meinen Beinen zogen mich in einen Strudel, in dem ich mich immer schneller um mich selbst drehte. Laurenz hielt seinen konstanten Rhythmus, obwohl es ihm zeitweise schwerzufallen schien. Irgendeine Frau musste ihm viel beigebracht haben.
»Ich glaube, ich …«, stöhnte ich. »Ich werde gleich kommen …«
»Dann los, Baby«, flüsterte Laurenz an meinem Hals. »Lass uns zusammen kommen.«
»Okay …« Ich presste mich noch näher an ihn, seine nackte Haut rieb an meiner Klitoris, sein Schwanz tat das Übrige. Und dann spürte ich, wie ich es nicht mehr aufhalten konnte.
»Jetzt …«
Laurenz wurde noch schneller. »Ja, ich auch!«. Drei Mal noch war er tief in mir, dann kam ich und zwar so gewaltig, dass ich das Gefühl hatte, seinen Schwanz mit meinen Muskeln zerquetscht zu haben. Laurenz guckte auch mindestens genauso gequält, doch dann stöhnt er ekstatisch und ich merkte, dass er soeben auch gekommen war. Ein paar Sekunden später fiel alle Anspannung von seinem Körper ab und sein Kopf lag weich in meiner Halsbeuge.
»Wow …«, hörte ich ihn murmeln.
»Wow trifft es ganz gut«, gab ich ihm recht.
»Und jetzt?«, fragte er und hob den Kopf. »Morgen Kino und übermorgen Abendessen?«
»Warum denn alles so schnell?«, kicherte ich.
»Dann haben wir das Rückwärts schneller durch und können wieder am Ende anfangen!«
»Du bist wirklich unmöglich.«
»Wieso, es war doch dein Plan!«, sagte Laurenz ganz verschmitzt. Und dann machten wir es direkt noch mal.
Mia Ming
Eigentlich hatte ich gar nicht ausgehen wollen. Es war Winter und die meiste Zeit hielt ich mich zu Hause verkrochen. Dort murkste ich an meiner Abschlussarbeit und versuchte, meinen Liebeskummer zu verwinden. Es war nun schon achteinhalb Wochen her, dass mein Freund mich verlassen hatte, und doch war ich noch immer alles andere als gesellschaftsfähig. Die Trennung war nicht etwa überraschend über mich gekommen, nein, der finale Todesstoß erfolgte nach einer langen und zermürbenden Phase der Entscheidungsfindung, von der ich mich nun nur allzu mühsam erholte. Und wenn ich leide, bin ich lieber allein.
»Jetzt reiß dich mal zusammen und komm mit«, hatte meine Freundin gesagt. Das sagte sie zwar schon seit achteinhalb Wochen, doch meist hörte ich nicht darauf. Ich hatte jedoch einen ganz besonders miesen Tag verlebt, mir hatte einfach die Energie gefehlt, mich zu wehren. Also war ich mit ihr ausgegangen und jetzt stand ich noch immer hier im Week End Club an der Bar und diskutierte mit einem fremden Jungen über ein gemeinsames Reiseziel. Und über den Abreisetermin. Mir war ein wenig schwindelig, nicht nur vom Alkohol.
»Wir fliegen einfach irgendwohin. Morgen! Oder lieber heute. Am besten jetzt, komm, wir fahren mit dem Taxi zum Flughafen!«
Ob er das ernst meinte? Und ich? Meinte ich das etwa ernst? Ich kannte ihn doch erst seit heute Abend, also praktisch gar nicht. Meine Freundin war schon nach Hause gegangen, sie hatte sich augenzwinkernd verabschiedet und mir viel Spaß gewünscht. »Na ja, also jetzt finde ich zu früh …«, überlegte ich laut. »Sonntag vielleicht?« Jetzt hätte meine Freundin sicherlich gelacht und mich nicht ernst genommen. Ich bin eigentlich nicht der Typ, der spontan verreist – schon gar nicht mit einer zufälligen Clubbekanntschaft. Aber der Junge gefiel mir. Und das war schon sehr, sehr lange nicht mehr vorgekommen. Er war jünger als ich und lachte viel. Er hatte mich einfach angesprochen, als ich etwas bestellen wolle, denn er kannte den Barmann und bekam die Getränke umsonst. Hatte er zumindest behauptet. Seither unterhielten wir uns: über Berlin, den Winter und wie gut es wäre, auf der Stelle gemeinsam hier zu verschwinden. »Also jetzt sofort geht nicht«, wiederholte ich. »Ich muss ja auch erst mal packen …«
»Quatsch, brauchst du nicht. Ein Kleid reicht völlig.«
»Nein, das geht nicht. Ich muss packen …« Hatte ich nicht nächste Woche auch einen Unitermin, um meine Arbeit zu besprechen? Den würde ich absagen müssen. Und meine Eltern, was würden die denken? Eine Welle des Zweifels schwappte über mich und unentschlossen kaute ich auf meinem Strohhalm herum. Der Junge bemerkte meine Unsicherheit.
»Also hier verpasst du bestimmt nichts.« Er vollführte eine Geste, die sowohl die Tanzfläche als auch den Panoramablick über das nächtliche Berlin einschloss. Ich ließ meinen Blick über die betrunkenen Teenager, die missmutig tanzenden Touristen und die lässig gelangweilten Clubbesucher wandern, über die graue Nacht da draußen und dachte: Eigentlich hat er recht, hier hielt mich nichts.
»Du kannst natürlich auch mit dem Taxi nach Hause fahren, schlafen gehen und morgen wird ein Tag genau wie heute, wie gestern, wie letzte Woche«, fügte er hinzu und nicht zum ersten Mal an diesem Abend fragte ich mich, ob er Gedanken lesen konnte. Ich dachte an heute, an den gestrigen Tag, an die letzte Woche und schauderte.
»Okay«, hörte ich mich sagen und zufrieden nahm er meine Hand, um zur Garderobe zu gehen. Zwanzig Minuten später saßen wir im Taxi und fuhren zu mir, damit ich packen konnte.
»Du hast eine halbe Stunde, dann hol ich dich hier wieder ab.«
»Lass uns lieber mal Nummern tauschen«, sagte ich und kramte in meiner Tasche nach meinem Handy.
»Falls etwas dazwischenkommt?«, fragte er und als ich nickte: »Nein, wir tauschen keine Nummern. Ich möchte nicht, dass etwas dazwischenkommt. Halbe Stunde, bis gleich.«
Als ich ausstieg, hielt er mich am Arm zurück und zog mich zu sich runter. Wollte er mich umarmen? Er hatte bisher noch keinen Versuch in diese Richtung unternommen. Aber nein.
»Mach dir keine Gedanken, das wird toll«, flüsterte er nur, nah an meinem Hals. Ich schloss kurz die Augen, dann machte ich mich los, das Taxameter lief. Da fiel mir doch noch etwas ein: »Ach so, ich heiße Anne. Wie heißt du?«, fragte ich und musste plötzlich lachen. Wir wollten miteinander verreisen und kannten noch nicht einmal unsere Namen.
»Luka«, sagte mein neuer Freund. Das hatte ich noch nie gehört und es passte zu ihm. Ausgezeichnet. Ich stieg schnell aus und lief zu meiner Haustür. Oben warf ich aufgeregt ein paar Kleider, Schuhe und Kosmetika in eine Reisetasche. Bloß nicht nachdenken. Ich wusste, wenn ich jetzt anfange zu überlegen, werde ich nirgendwohin fahren. Plötzlich kam mir ein schrecklicher Gedanke. Was, wenn das alles ein dummer Scherz war? Vielleicht hatte Luka ja vorher bereits alle anderen Mädchen im Club gefragt … Aber nein, wir hatten uns gesehen und beschlossen zusammenzubleiben. Und das sofort, nur wir zwei, egal wo, aber am besten in der Sonne.
Zwanzig Minuten später stand ich schon an der Straße, als Luka mit dem Taxi vorfuhr.
»Da bist du ja«, sagte er erfreut. Und zum Fahrer: »Jetzt bitte zum Flughafen.«
Am Flughafen ging er zielstrebig zum Last-Minute-Schalter und fragte nach freien Flügen. »Wie wäre es mit Gran Canaria? Da ist es immer warm und der Flug geht in anderthalb Stunden.«
So einfach war das? Ich nickte zustimmend, als würde ich so etwas jedes Wochenende machen.
»Sag mal, machst du so etwas jedes Wochenende?«, hörte ich mich fragen, als ich neben Luka zum Check-in-Schalter lief.
»Nein. Nie. Bisher fehlte mir die passende Begleitung, ich hab dich doch gerade erst kennengelernt.« Eine gute Antwort, ich lächelte zufrieden.
»Ich hab ganz dumm gepackt«, sagte ich nervös, als ich meine Reisetasche am Schalter abgab.
»Egal«, antwortete Luka. »Du brauchst wirklich nur ein Kleid und einen Bikini. Wenn du magst, können wir auch den ganzen Urlaub bumsen.« Er lachte.
Wie bitte? Bumsen? Hatte ich mich verhört? Nein. Luka sah mich freundlich an, als hätte er mir gerade einen Kaugummi angeboten. Ich lächelte. So etwas hatte noch nie jemand zu mir gesagt. Meine Mutter hätte das vielleicht anders gesehen, aber plötzlich war ich mir ganz sicher, dass ich das Richtige tat.
»Ist es okay, wenn ich mich einen Moment ausruhe?«, fragte mein Begleiter, als wir im Flieger nebeneinander saßen. Ich nickte, er schloss die Augen und fiel augenblicklich in tiefen Schlaf.
Beeindruckt von dieser Einschlafleistung blätterte ich in der Gala. Und dachte nach. Ich war schon so lange nicht mehr weg gewesen.
Mein letzter Urlaub war die Hölle. Ich hatte meinen Freund überredet, mit mir zu verreisen, weil ich wohl hoffte, so unsere Beziehung kitten zu können. Um mir keine falschen Hoffnungen zu machen, hatte er beschlossen, alles doof zu finden. Ob wir am Strand lagen, durch Gebirgsschluchten wanderten, am kleinen Hafen saßen und Wein tranken – er fand es doof. Das Meer war zu ruhig, das Hotel zu groß, die Leute zu hässlich … besonders das Essen im Hotel war ihm ein steter Quell des Ärgernisses. Als ich ihn in ein teures Restaurant einlud, suchte er angestrengt auf der Karte nach etwas, was er doof finden konnte, und bestellte zur Sicherheit eine Eigenkreation: Reis und Ei. »Schmeckt nicht!«, rief er nach der ersten Gabel zufrieden und schob den Teller angewidert fort, wie ein anorektischer Teenager. Ich hatte geschwiegen. Was hätte ich dazu auch noch sagen sollen?
»Süß oder salzig«, riss die Stimme der Stewardess mich aus meinen Gedanken. Ich wählte zweimal salzig und betrachtete Luka, der noch immer neben mir schlief. Nur seine Lider zuckten ab und an, er träumte wohl. Friedlich sah er aus, wildfremd und doch so vertrauenerweckend. Ich hatte Lust, ihn zu berühren. Doch ich drückte nur seinen Arm, um ihn zu wecken. Er blinzelte mich verschlafen an und fiel dann sofort beherzt über das Frühstück her. Luka gefiel mir. Alles an ihm gefiel mir, sogar seine Papierserviette war schöner als die aller anderen Fluggäste.
Als wir viereinhalb Stunden später aus dem Flieger stiegen, war es bewölkt, aber warm. Ich hatte nur eine Stunde geschlafen, fühlte mich klebrig und zerknittert in meinem verrauchten Kleidchen und den dicken Winterstiefeln. Aber ich war nicht müde, sondern wie elektrisiert. Luka steuerte die Autovermietung an. Ganz selbstverständlich kümmerte er sich um alles und kurze Zeit später fuhren wir in einem kleinen grauen Ka zu einem Strandort, den uns der Sixt-Mann empfohlen hatte. Während der Fahrt blickte ich aus dem Fenster, betrachtete abwechselnd interessiert die Landschaft und verstohlen meinen Fahrer. Luka sah fröhlich aus, ausgeruht und entspannt, so als wären wir schon immer zusammen unterwegs.
»Es wird toll«, sagte er wie beiläufig und ich glaubte ihm.
Wir hielten vor einer Hotelanlage, die mit einem Schild auf freie Zimmer hinwies.
»Hier? Mir ist egal, wohin. Ich will nur Sonne, Strand und ein Zimmer«, wandte sich Luka an mich, ich nickte wieder und wir stiegen aus. Dann blieb er stehen, zog mich an sich. »Stimmt gar nicht. Ich will nur dich.« Er umarmte mich auf dem staubigen Hotelparkplatz und die Welt um mich herum verschwamm. Ich spürte eine Wärme, die sich in mir ausbreitete, seinen Körper, der sich gegen meinen drückte, und plötzlich bekam ich Angst. Ich weiß nicht, was mir das letzte Mal solche Angst gemacht hat, wie diese Wärme, denn wenn sie verging, würde sie Leere hinterlassen, Wehmut. Mein Körper spannte sich an und ich wich zurück.
»Wenn du möchtest, kannst du mich behalten«, sagte Luka an meinem Hals. Mit meinem Lachen verschwand auch die Anspannung. Ich presste mich an ihn, so fest, dass er überrascht keuchte, hielt ihn, während die Wärme sich in mir ausbreitete. Wie lange ich niemanden umarmt hatte! Ich spürte Lukas Hände auf meinem Rücken, seinen Atem an meinem Hals, fühlte, wie sich seine Hüfte gegen mich drückte und er unter der Jeans hart wurde. Mir stockte der Atem und ich hielt ihn noch fester. »Behalt mich«, wiederholte Luka, umfasste mein Gesicht mit den Händen und küsste mich, wie um seine Worte zu besiegeln.
»Ich würde ja eigentlich gern reingehen«, sagte er nach einer Weile und senkte den Blick, »aber so kann ich nicht laufen.« Wir warteten, bis die Schwellung abgeklungen war, dann liefen wir Hand in Hand zur Rezeption.
Kurz darauf schob Luka die Karte ins Schloss und lief vor mir ins Zimmer. Wir warfen unsere Taschen aufs Bett, rissen die Vorhänge zur Seite und betraten den Balkon. Er zog mich an der Hand zum Geländer und küsste mich. »Endlich«, sagte er. Ich hatte eigentlich sofort duschen wollen, mich schön machen, doch plötzlich war mir alles egal, ich wollte nur noch eins: ihn anfassen, spüren.
Ohne mich auch nur ein Mal umzusehen, ließ ich mein Kleid heruntergleiten, während Luka sein T-Shirt über den Kopf zog – endlich seine warme Haut an meiner. Ich küsste seinen Hals, glitt mit den Fingern über seinen Rücken. Meine Augen hielt ich geschlossen, hörte nur das Rauschen des Meeres, Lukas Atem und spürte seine Hände auf meinem Körper. Er streichelte meine Brüste, biss in meinen Hals. Dann kniete er sich vor mich, schmiegte sein Gesicht an meinen Bauch, seine Hände umfassten meinen Po. Langsam schob er seine Hand zwischen meine Oberschenkel, sodass ein Beben durch meinen Körper fuhr. Ich presste mich gegen seine Finger, stöhnte, als er meine Beine etwas weiter auseinanderschob und mit seiner Zungenspitze dazwischenfuhr.
Ich zitterte, wollte ihn in mir spüren, mehr als ich jemals etwas gewollt hatte. Luka glitt nach oben und gierig küsste ich seinen Mund, der nach mir schmeckte. Er drehte mich um, sodass mein Oberkörper auf der Balkonbrüstung lag, ließ seine Hand wieder zwischen meine Beine gleiten, während er in meinen Nacken biss. Meine Augen waren noch immer geschlossen, als er meine Beine noch etwas spreizte. Ich hörte seine Stimme, verstand aber nicht, was er sagte, das Rauschen des Meeres war lauter … oder war das Rauschen nur in meinem Kopf? Ich weiß nicht, aber ich schrie auf, als er sich in mich schob und ganz langsam immer tiefer in mich glitt. Es war, als hätte ich schon immer auf diesen Moment gewartet. Ich hatte noch nie beim Sex geschrien und fast hätte ich über mich selbst gelacht, doch das verschob ich auf später. Luka umfasste meine Hüften, so fest, als wollte er mich am Weglaufen hindern, doch das war nicht nötig. Ich drängte mich gegen ihn.
Die Welt um uns herum existierte nicht mehr, alle meine Sinne waren auf ihn konzentriert, auf ihn in mir. Auch er stöhnte laut, lauter als das Meeresrauschen … doch da war plötzlich noch mehr, ein neues Geräusch, eine Art Schimpfen. Benommen hielt ich inne und auch Luka stockte jetzt. Vorsichtig öffnete ich ein Auge und erstarrte. Ich blickte geradewegs in das aufgebrachte Antlitz eines älteren rotgesichtigen Mannes, der sich auf einem der zahllosen Balkons gegenüber über das Geländer beugte. Schnell sah ich weg. Auf einem anderen Balkon daneben packten zwei Rentner gerade hektisch die Bildzeitung ein, um den Balkon zu verlassen. Ein weiteres Paar war offenbar in Apathie versunken. Es gab also doch noch eine Welt da draußen.
»Ich glaube, wir werden beobachtet«, sagte ich.
»Das macht doch nichts«, antwortete Luka unbekümmert. »Aber vielleicht sollten wir drinnen weitermachen?«
Mit einem Laut des Bedauerns löste er sich von mir und schlenderte ins Zimmer.
»Vielleicht sollten wir das Hotel wechseln?«, schlug ich vor.
»Später«, rief er, »erst kommst du her.«
Und ich folgte ihm. Ins Zimmer und in den besten Urlaub meines Lebens.
Julia Strassburg
Gummiball-ball-ball!«, rufe ich über den Alexanderplatz, als ich Bastian von Weitem sehe. Ich erkenne ihn unter anderem an seinem Gang – dabei hüpft der strubbelige Haarschopf auf seinem Schädel auf und ab und auf und ab. Überhaupt ist sein gesamtes Auftreten sehr ulkig. Erzählt er etwas, hat man das Gefühl, sein ganzer Körper spricht. Deshalb habe ich ihm den Spitznamen »Flummi« verpasst. Bastian macht mir grundsätzlich gute Laune. Selbst wenn er gar nicht lustig sein will, lache ich trotzdem irgendwann. Er mag es, wenn ich lache. Das betont er immer wieder gern.
»Wie Liselotte Pulver lachst du – Lilo, aus der Sesamstraße von früher. Weißte noch?«
Anfangs empfand ich diesen Vergleich als beleidigend, aber YouTube belehrte mich eines Besseren. Liselotte Pulver hatte in der Tat ein wirklich herzerwärmendes Lachen. Damit kann ich leben.
Fest schließe ich meine Arme um den kleinen Männerkörper, drücke ihn an mich. Wir haben ungefähr eine Größe, er und ich. Hohe Schuhe verkneife ich mir, wenn wir uns treffen. Das tue ich nicht seinetwegen, um womöglich sein Ego zu schützen, als vielmehr für mich selbst. Auch mit hohen Schuhen komme ich mir neben ihm wuchtig vor. Das gefällt mir nicht. Dies ist einer der Gründe, weshalb Bastian und ich bloß Freunde sind. Obwohl er sich insgeheim mehr erhofft. Manchmal, während wir gute Gespräche führen, hat er gewisse Momente. »Sarah«, sagt er dann in diesem Ton, viel ruhiger als sonst, »Sarah, wieso sind wir eigentlich kein Paar?«
Ich zucke dann mit den Schultern, lächle verlegen und antworte: »Es ist kompliziert.« Das versteht er, irgendwie zumindest. Was mich jedes Mal wieder stutzig macht.