Bestsellerautorin Susan Mallery - Verzaubert von einem Wüstenprinzen - Susan Mallery - E-Book

Bestsellerautorin Susan Mallery - Verzaubert von einem Wüstenprinzen E-Book

Susan Mallery

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Beschreibung

Sterne der Liebe über Bahania

Im fernen Bahania erwartet Zara ein aufregend neues Leben: Erst jetzt hat sie erfahren, dass sie die Tochter eines Scheichs ist! Doch als sie sich ausgerechnet in dessen Sicherheitsberater verliebt, ist ihr Vater entschlossen, diese Verbindung zu verhindern ...

Zauber der Wüste

In einer heißen Wüstennacht lässt Kayleen sich von Prinz As’ad zur Liebe verführen und ist überglücklich. Bis As’ad entdeckt, dass er ihr erster Mann ist, und ihr sofort einen Antrag macht. Nur aus Pflichtgefühl? Denn die magischen drei Worte sagt er nicht …

Palast der Sinnlichkeit

Um den Verkupplungsversuchen seines Vaters zu entgehen, braucht Scheich Quadir eine Scheinverlobte. Maggie, die Restaurateurin seiner Luxusautos, scheint ihm die richtige dafür zu sein. Bis sie sich im Palastgarten küssen und gegen seinen Willen ein unsagbares Verlangen in ihm erwacht!

In den Armen des Prinzen

Was als Arrangement beginnt, wird schon bald zum heißesten Abenteuer ihres Lebens: Weil ihr Verlobter sie betrogen hat, beginnt Kiley mit dem erfahrenen Liebhaber Prinz Rafiq eine leidenschaftliche Affäre. An lustvollen Sex hat sie gedacht, nicht an Liebe …

Im Palast der sinnlichen Träume

Sechs lange Jahre hat Emma sich nach ihrem attraktiven Mann Scheich Reyhan gesehnt. Nun endlich sieht sie ihn in seinem prunkvollen Palast wieder - und hofft, dass die Leidenschaft zwischen ihnen neu erwacht ...

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Susan Mallery

Bestsellerautorin Susan Mallery - Verzaubert von einem Wüstenprinzen

IMPRESSUM

Sterne der Liebe über Bahania erscheint in der HarperCollins Germany GmbH

Redaktion und Verlag: Postfach 301161, 20304 Hamburg Telefon: +49(0) 40/6 36 64 20-0 Fax: +49(0) 711/72 52-399 E-Mail: [email protected]
Geschäftsführung:Thomas BeckmannRedaktionsleitung:Claudia Wuttke (v. i. S. d. P.)Produktion:Jennifer GalkaGrafik:Deborah Kuschel (Art Director), Birgit Tonn, Marina Grothues (Foto)

© 2002 by Susan Macias Redmond Originaltitel: „The Sheik & The Virgin Princess“ erschienen bei: Silhouette Books, Toronto Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l.

© Deutsche Erstausgabe in der Reihe BIANCABand 1374 - 2003 by CORA Verlag GmbH & Co. KG, Hamburg Übersetzung: Xinia Picado Maagh-Katzwinkel

Umschlagsmotive: Harlequin Books S.A.

Veröffentlicht im ePub Format in 05/2016 – die elektronische Ausgabe stimmt mit der Printversion überein.

E-Book-Produktion: GGP Media GmbH, Pößneck

ISBN 9783733767501

Alle Rechte, einschließlich das des vollständigen oder auszugsweisen Nachdrucks in jeglicher Form, sind vorbehalten. CORA-Romane dürfen nicht verliehen oder zum gewerbsmäßigen Umtausch verwendet werden. Sämtliche Personen dieser Ausgabe sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig.

Weitere Roman-Reihen im CORA Verlag:BACCARA, BIANCA, JULIA, ROMANA, HISTORICAL, MYSTERY, TIFFANY

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1. KAPITEL

„Wer möchte nicht gern eine Prinzessin sein?“, fragte Cleo.

Zara Paxton ignorierte sowohl die Frage als auch ihre Schwester. Am liebsten würde sie einfach davonlaufen. Diese Idee war von Anfang an idiotisch gewesen.

„Die Mosaike an der Ostwand stammen aus dem frühen elften Jahrhundert“, informierte die Reiseleiterin, während sie den Palast besichtigten.

„Diese Szene stellt Lucas Surrat dar“, fuhr die ältere Dame fort. „Der Kronprinz dieser Insel ist seit je ein Mitglied der herrschenden Familie von Bahania.“

„Wieso willst du das nicht wissen?“, fragte Cleo leise. „Komm, Zara, stell dich nicht so an.“

„Du hast gut reden. Um dein Leben geht es ja nicht.“

„Ich wünsche, es wäre so. Für mich wäre es toll, wenn sich herausstellte, dass ich die uneheliche Tochter eines Königs bin.“

Zara mahnte ihre Schwester, still zu sein, und schaute sich um. Hoffentlich hatte niemand die Bemerkungen gehört. Sie zog Cleo am Arm. „Sag bloß nichts. Wir kennen die Wahrheit nicht. Ich habe zwar einige Briefe, aber sie bedeuten noch lange nicht, dass der König mein Vater ist.“

Cleo wirkte nicht überzeugt. „Wenn du nicht an eine wenn auch nur leise Möglichkeit glaubst, was tun wir dann bitte hier?“

Darauf hatte Zara keine Antwort. „Das hier“ war eine Führung durch den berühmten Königspalast von Bahania. Cleo hatte vorgeschlagen, einfach zum Haupttor zu gehen und um Einlass zu bitten. Zara wollte die Sache vorsichtiger angehen und hatte sich erst mal für diese Tour entschieden. Zumindest könnte sie sich auf diese Weise schon einmal umschauen. Ihre Reise nach Bahania war völlig impulsiv gewesen. Was wollte sie eigentlich hier?

„Du machst mich wahnsinnig“, meinte Cleo. „Immer schon wolltest du wissen, wer dein Vater ist. Jetzt hast du endlich Informationen und bist auf einmal feige.“

Zara schüttelte den Kopf. „Du tust so, als ob das alles schon klipp und klar sei. Ich dachte immer, meine Mutter hätte eine Affäre mit einem verheirateten Mann gehabt und deshalb nie mit mir über meinen Vater geredet. Wenn er wirklich König sein sollte, dann wird alles noch komplizierter.“

„Zara, du kannst ein Märchen erleben“, meinte Cleo ungeduldig. „Wie ich schon sagte: Wer von uns will nicht eine Prinzessin sein? Warum um Himmels willen ergreifst du nicht deine Chance?“

„Weil ich …“

„Prinzessin Sabra! Ich wusste nicht, dass Sie schon angekommen sind.“

Beide Frauen drehten sich zu dem Mann, der auf sie zueilte. Er war klein, Mitte dreißig und trug eine Uniform.

„Man hat mir gesagt, dass Sie bald ankommen würden. Ich hatte schon nach Ihnen Ausschau gehalten, muss Sie aber verpasst haben.“

Der Mann blieb vor ihnen stehen und verbeugte sich.

„Ich bitte tausend Mal um Verzeihung.“

Zara blinzelte. „Es tut mir leid, aber ich glaube, Sie verwechseln mich. Ich bin nicht …“

„Ich bin neu hier“, erwiderte der Mann, ohne auf ihre Worte einzugehen. „Seien Sie bitte nicht böse. Folgen Sie mir.“

Noch bevor Zara protestieren konnte, nahm der Mann ihren Arm und führte sie einen langen Flur entlang. Cleo eilte hinter ihnen her.

„Zara? Was ist los?“

„Keine Ahnung.“ Sie versuchte, sich zu befreien, aber der Mann lockerte seinen Griff nicht. „Sie müssen sich irren. Ich bin nicht die, für die Sie mich halten. Ich bin nur eine Touristin, die den Palast besichtigt.“

Missbilligend schaute der Mann sie an. „Sicher, Prinzessin, aber wenn Sie den Palast besichtigen wollen, dann können Sie einfach Ihren Vater fragen, der jetzt auf Sie wartet.“

„Meinen Vater?“ Zaras Magen verkrampfte sich, und ihr wurde ganz mulmig.

Der Mann führte sie durch eine Vielzahl von Gängen, bis sie endlich in eine Halle kamen, in der einige Leute standen.

„Ich habe Prinzessin Sabra gefunden“, verkündete der Mann und ließ Zara endlich los.

Jeder blickte sie an, und die Gespräche verstummten. Zara spürte, dass gleich etwas Schreckliches geschehen würde.

Und ihre Vorahnung war richtig.

Eine Männerstimme brüllte, dass sie Betrügerinnen seien. Von allen Richtungen kamen Menschen auf sie zu. Zara wusste nicht, was sie tun sollte, als ein großer Mann sich auf sie warf. Unsanft landete sie auf dem Boden.

Ihr Kopf stieß an etwas Hartem an, und alles begann sich zu drehen. Im nächsten Moment konnte sie nicht mehr atmen, und ein Gewehr wurde an ihre Schläfe gehalten.

„Reden Sie!“

Zara versuchte, Luft zu holen, aber ihre Lungen versagten den Dienst. Ihr wurde schwindelig, und ein Panikgefühl machte sich breit. Endlich gelang es ihr, mehrmals tief einzuatmen, und da bemerkte sie erst, dass ein großer wütender Mann sie festhielt. Er hatte die kältesten blauen Augen, die sie je gesehen hatte.

Blau war eigentlich immer meine Lieblingsfarbe, dachte sie verwirrt. Es war die Farbe des Meeres und des Himmels. Die Augen dieses Mannes strahlten jedoch alles andere als Wärme aus.

„Wer sind Sie?“, wollte er wissen.

„Zara Paxton“, erwiderte sie.

Sie schluckte, als er den Kolben des Gewehres stärker an ihre Schläfe drückte.

„Bitte, erschießen Sie mich nicht“, bat sie mit zitternder Stimme. Wo war sie hier nur reingeraten?

Bahania, so hatte sie im Reisekatalog gelesen, war ein sicheres fortschrittliches Land. Vielleicht wurde in den Katalogen nicht die Wahrheit gesagt?

„Was machen Sie hier?“, wollte er wissen, ohne auf ihre Frage einzugehen.

„Meine Schwester und ich haben den Palast besichtigt. Plötzlich kam ein Mann auf uns zu, hat uns von der Gruppe weggezogen und darauf bestanden, dass wir mit ihm gehen sollen.“ Sie vermied es zu erwähnen, dass der Mann sie Prinzessin Sabra genannt und den König erwähnt hatte. Plötzlich klang das einfach zu unglaubwürdig.

Mit seinen kalten Augen sah der Bewaffnete sie intensiv an. Sie zweifelte nicht daran, dass er jeden ihrer Gedanken lesen konnte. Der Mann trug traditionelle orientalische Kleidung – nur seine Gesichtszüge verrieten, dass er nicht von hier war. Er sah irgendwie … amerikanisch aus.

Eine seiner Hände lag noch immer an ihrem Hals, wo er sicher den rasenden Puls fühlen konnte.

„Es tut mir leid“, murmelte der Mann, als er aufstand.

„Mir auch“, murmelte sie, als sie sich langsam aufsetzte und sich zögerlich umsah. Zwei stämmige Wachen hielten Cleo fest, bis der Mann mit den blauen Augen ihnen befahl, sie loszulassen.

Vorsichtig stellte Zara sich auf, denn ihr war noch etwas schwindelig. Cleo kam zu ihr und stützte sie.

„Okay, und was passiert nun, Mr …“ Sie unterbrach sich, als ihr auffiel, dass sie nicht wusste, wie der Mann hieß.

„Rafe Stryker.“

Er gab einige Befehle in einer fremden Sprache, und dann entfernten sich die Leute.

„Kommen Sie“, ordnete er an, ohne abzuwarten, ob sie ihm folgen würden.

Zara erwog kurz wegzulaufen – aber wohin? Sie waren in einem riesigen Palast, in dem sie sich nicht auskannten. Dieser Stryker hatte die Wachen weggeschickt, also schien es nicht so, als ob sie verhaftet würden.

In einem kleinen Büro konnten sie sich schließlich setzen.

„Hier liegt ein Missverständnis vor“, erklärte Zara. „Ich habe eben die Wahrheit gesagt. Meine Schwester und ich haben an einer Palastführung teilgenommen, als wir plötzlich weggezogen wurden. Dann haben Sie und diese Wachen uns angegriffen. Was geht hier eigentlich vor?“

Rafe Stryker rieb sich den Kopf. „Das würde ich auch gern wissen. Haben Sie Ihre Pässe bei sich?“

Zara und Cleo sahen sich an. Sollten sie diesem Mann wirklich ihre Pässe geben?

„Hören Sie, ich werde Ihnen Ihre Dokumente nicht wegnehmen, ich möchte nur einige Anrufe machen.“

„Wir haben wohl keine Wahl“, meinte Cleo kleinlaut. Ihr kurzes blondes Haar war noch wirrer als sonst, und ihre Lippen zitterten.

Zara nickte. Als sie darüber gesprochen hatten, nach Bahania zu reisen, hatte sie sich viele Gedanken gemacht, was alles passieren könnte. Aber im Palast angegriffen zu werden hatte definitiv nicht dazugehört.

Sie holten die Pässe hervor und reichten sie Rafe, der sofort mit dem Telefonieren begann.

Fünf Minuten später brachte eine junge Frau ein Tablett mit kalten Getränken und kleinen Sandwiches. Wortlos stellte sie das Tablett auf einem Tisch vor dem Fenster ab, verbeugte sich und ging aus dem Zimmer. Rafe redete noch, deutete aber an, dass sie sich bedienen sollten.

Daraufhin standen die Schwestern auf und gingen zum Fenster. Cleo, die immer hungrig war, beäugte das Essen und griff nach einem Glas. „Limonade. Wunderbar.“

Zara lief das Wasser im Mund zusammen, und sie nahm auch einen Schluck von dem eiskalten Getränk. Während Cleo in ein Sandwich biss, sah sich Zara das Zimmer ein bisschen genauer an.

Der Raum war mit Computer und Fax ausgestattet. Durch das Fenster sah man auf einen Garten mit verschiedenen Blumen und Obstbäumen.

Sie betrachtete den Mann am Telefon. Von seinem Körper war nicht viel zu sehen, da er ein langes Gewand trug. Sie hatte jedoch seine Stärke gespürt, als er sie festgehalten hatte. Nach seinem Akzent zu urteilen, war er Amerikaner. Seine Haut war gebräunt, aber nicht dunkel. Was machte dieser Rafe Stryker im Königspalast von Bahania, und warum bedrohte er arglose Touristen mit dem Gewehr?

Als ob er ihren Blick ahnte, wandte Rafe sich ihr zu. Zara wollte wegschauen, aber sie konnte sich nicht rühren. Ihr Körper erstarrte, ihr Herzschlag verlangsamte sich.

Rafes Gesichtsausdruck und seiner Körpersprache war keine Regung zu entnehmen. Schließlich legte er den Hörer auf. Zara hatte das Gefühl, dass sie von einem Zauber befreit war. Plötzlich zitterte sie und kam sich verletzlich vor.

„Okay, was macht eine nette kleine Lehrerin wie Sie in Bahania?“, wollte Rafe wissen.

Sie schluckte. „Ich bin keine Lehrerin, ich bin Dozentin am College.“

Er zuckte mit den Achseln als wolle er andeuten, dass er darin keinen Unterschied sah.

Cleo seufzte. „Zara hat verdammt hart gearbeitet, um Dozentin zu werden. Da versteht sie keinen Spaß.“

Als Rafe sie scharf anschaute, trat Cleo sofort einen Schritt zurück.

„Sie ist keine ‚kleine Lehrerin‘“, insistierte sie jedoch tapfer. „Und außerdem ist der König wahrscheinlich ihr Vater. Sie wollen doch nicht, dass er sich über Sie ärgert, oder?“

„König Hassan ist Ihr Vater?“

Die Frage klang leicht amüsiert, und Zara zuckte zusammen. Sie stellte ihr Glas ab und nahm eine kerzengerade Haltung ein. Jetzt reichte es.

„Ich sage Ihnen, was hier los ist: Meine Schwester und ich sind amerikanische Staatsbürgerinnen und nahmen an einer Besichtigungstour des Palastes teil. Von dieser Tour wurden wir ohne Erklärung weggezerrt und in den privaten Teil des Palastes gebracht. Dort wurden wir angegriffen. Nun haben Sie unsere Pässe an sich genommen. Ich möchte sie sofort zurückhaben, und dann will ich unverzüglich aus dem Palast gebracht werden.“

„Zara!“ Cleo zog die Stirn in Falten. „Was ist mit dem König?“

„Jetzt ist nicht der richtige Zeitpunkt“, erwiderte sie und schaute nicht ihre Schwester, sondern Rafe an, der von ihrer Rede nicht im Geringsten beeindruckt schien.

Zu ihrer Überraschung gab er ihr die Pässe.

Zara griff nach den Dokumenten und steckte sie in die Handtasche. „Können wir jetzt endlich gehen?“, fragte sie.

„Erst wenn ich die ganze Geschichte gehört habe.“

„Es gibt keine Geschichte.“

„Denk an die Briefe“, warf Cleo ein und wandte sich dann an Rafe: „Zara hat Briefe von König Hassan an ihre Mutter.“

Rafe sah sich die Schwestern genau an. Cleo, die jüngere, war klein und blond und hatte eine kurvenreiche Figur, bei deren Anblick den Männern das Wasser im Mund zusammenlief. Doch Rafe war eher an der großen schlanken Brünetten interessiert.

Er konnte leicht erkennen, warum der Wächter sie für Prinzessin Sabra gehalten hatte. Zara war nur etwas größer. Doch die Farbe ihrer Haut und ihre Züge stimmten exakt mit denen der Prinzessin überein. Beide hatten große braune Augen und die gleiche Gesichtsform. Die Amerikanerin trug jedoch eine Brille, was die Prinzessin nicht tat. Obwohl er mit Prinzessin Sabra schon engen Kontakt gehabt hatte, hatte sein Körper noch nie auf sie reagiert. Die wenigen Momente der Nähe zu Zara Paxton hatten ihn allerdings … fasziniert.

Zara seufzte und holte einen Stapel Briefe aus der Tasche.

„Meine Mutter hat mir nie gesagt, wer mein Vater ist. Es gab keine Fotos oder Erinnerungsstücke von ihm. Sie hat mir auch nicht viel über ihre gemeinsame Zeit erzählt, sodass ich davon ausging, dass er ein wohlhabender verheirateter Mann gewesen war. Meine Mutter war Tänzerin und sehr schön, Männer waren gleich haufenweise an ihr interessiert. Sie hatte einige wertvolle Schmuckstücke. Die meisten verkaufte sie über die Jahre, um unser Auskommen zu sichern. Vor acht Jahren starb sie, und ich dachte, dass damit auch das Wissen um meinen Vater mit ihr gestorben war.“

„Und warum sind Sie jetzt hergekommen?“, unterbrach Rafe sie, während er sich fragte, worum sie bitten wollte. Wann hatte sie gemerkt, dass sie eine starke Ähnlichkeit mit Prinzessin Sabra hatte, und wann hatte sie beschlossen, dies auszunutzen? Stammte der Plan von ihr oder der Schwester?

„Meine Mutter hatte die Briefe mit einigen Andenken bei einem Anwalt hinterlegt. Ich habe erst vor einigen Monaten von ihrer Existenz erfahren, als der Anwalt eine Rechnung für die Aufbewahrung schickte. Ich ließ mir die Gegenstände zusenden und las die Briefe. Da erkannte ich …“

„Dass Sie die Tochter des Königs sein könnten. Darf ich die Briefe sehen?“

Zara schüttelte den Kopf. „Wissen Sie, was ich wirklich möchte?“

Ungefähr fünf Millionen Dollar, dachte Rafe zynisch.

„Ich würde gern in mein Hotel gehen und vergessen, dass dies je geschehen ist.“

„Was?“, rief Cleo empört.

Zara achtete nicht auf sie. „Das alles war ein Irrtum. Ich möchte nach Hause. Können Sie uns aus dem Palast bringen?“

Rafe überlegte. Vielleicht brauchte sie Zeit, um sich eine bessere Geschichte auszudenken? Oder sie bereitete einen Auftritt in den Medien vor. Er sollte die Lady besser nicht allein herumlaufen lassen.

„Kann ich Sie zum Hotel bringen? Sozusagen als Entschuldigung?“

„Zeigen Sie uns nur den nächsten Ausgang, dann kommen wir zurecht.“

„Ich würde Sie lieber begleiten.“

Nicht ganz glücklich stimmte Zara zu. Rafe wollte sich kurz umziehen und in zehn Minuten zurückkommen.

„Was machst du nur?“, fragte Cleo, als sie alleine waren. „Warum willst du ins Hotel zurück? Zara, du hast die Chance, den König zu treffen.“

„Verstehst du denn nicht? So wie Stryker uns angesehen hat, denkt er bestimmt, dass wir Geld wollen.“

Cleo grinste. „Gehört das nicht zu einer Prinzessin dazu?“

„Ich meine es ernst. Er glaubt uns nicht. Der Typ denkt, wir wollen den König erpressen.“

Vor ihrer Reise nach Bahania hatte sie im Kopf sämtliche mögliche Szenen durchgespielt. Sie hatte sich vorgestellt, dass der König ihr sagte, dass sie nicht seine Tochter sei. Oder dass er zugab, ihr Vater zu sein, aber nichts mit ihr zu tun haben wollte. Vielleicht würde er sie auch für verrückt halten. Dass jemand glauben würde, sie wolle Geld herausschlagen, daran hatte sie allerdings nie gedacht.

„Warum konnte Mom sich nicht in einen Banker oder Beamten verlieben? Warum musste es ausgerechnet der König von Bahania sein?“

Cleo schwieg. Zara wusste, dass ihre Schwester nicht verstand, warum sie nicht einfach zum König marschierte und ihm verkündete, dass sie seine Tochter sei. Als ob Zara die Möglichkeit hätte, einem Mitglied der königlichen Familie näherzukommen. Außerdem verstand Cleo nicht ihre zwiespältigen Gefühle. Aus einer Entfernung von fünftausend Meilen hatte alles anders ausgesehen.

Rafe kam zurück. „Sind Sie fertig?“

Cleo blickte zu Zara, die sprachlos war. Mit der traditionellen Kopfbedeckung und dem arabischen Gewand hatte Rafe groß und Furcht einflößend ausgesehen. Aber in diesem gut sitzenden Anzug sah er einfach … fantastisch aus.

Sein goldblondes Haar war wie beim Militär kurz geschnitten, was gleichzeitig seriös und sexy aussah. Sein Kinn war kantig, der Mund perfekt, und der Blick aus seinen kalten Augen wühlte Zaras Innerstes auf.

Noch niemals hatte sie das Gefühl gehabt, in der Gegenwart eines Mannes zu schmelzen, aber jetzt schienen sich ihre Knochen aufzulösen. Sie konnte sich nicht bewegen und keinen klaren Gedanken mehr fassen.

2. KAPITEL

„Cool! Eine Limousine!“

Cleo strahlte, als sie aus einem Seiteneingang des Palastes kamen und das Fahrzeug entdeckten. Doch Zara konnte sich nicht darauf konzentrieren, da sie mit dem bloßen Luftholen beschäftigt war. Die Nähe zu dem gefährlichen und mysteriösen Rafe Stryker raubte ihr den Atem.

Was stimmte nicht mit ihr? Warum reagierte sie so auf den Mann? Natürlich – er hatte sie angegriffen und zu Boden geworfen, das würde jeden aus der Fassung bringen. Aber darüber sollte sie jetzt eigentlich hinweg sein. Vielleicht hatte ihr Gehirn bei dem Sturz einen Schaden erlitten?

Cleo stieg zuerst in den Wagen. Leider setzte sie sich hinter den Fahrer, sodass Zara neben Rafe sitzen musste. Sie rückte so weit es ging von ihm ab, denn sie brauchte Distanz, um klar denken zu können.

„Ich hätte zu Hause bleiben sollen“, platzte sie heraus.

Rafe blickte sie an. „Dafür ist es jetzt zu spät.“

Langsam fuhr der Wagen an. Cleo beugte sich nach vorn und schaute aus dem verdunkelten Fenster.

„Bahania ist ein schönes Land. Mir gefällt es hier“, meinte sie. Sie lehnte sich zurück und berührte das gepflegte Leder. „Hält der König wirklich Dutzende Katzen im Palast?“

Rafe nickte. „Sie gelten als besonderer Schatz.“

„Glückliche Katzen“, meinte Cleo und grinste Zara an.

Zara wollte antworten, aber ihre Kehle war wie ausgetrocknet. Ihr Herzschlag hatte sich endlich normalisiert, aber jetzt musste sie sich auf ihre Atmung konzentrieren.

„Wie haben Sie sich denn informiert?“, erkundigte sich Rafe.

„Hauptsächlich über das Internet. Zara hat in der Universität einige Bücher durchgeforstet, ich habe online gesucht. Es war nicht schwierig, denn es gibt viele Informationen über die Geschichte des Landes und die königliche Familie. Wir haben uns Fotos heruntergeladen.“

Zara fand, dass Cleo die Lage nur noch verschlimmerte, aber das konnte sie ihr schlecht sagen. Nicht vor Rafe, der ja bereits der Auffassung war, sie wären nur des Geldes wegen hier. Jetzt dachte er sicher, sie würden die neuesten Technologien einsetzen, um ihren Plan auszuführen. Nun, sie konnte ihm kaum einen Vorwurf machen, denn von seinem Standpunkt aus gab es sicher keine andere Erklärung.

Sie sollten nach Hause zurückkehren. Es war verrückt, zu glauben, dass die Sache klappen würde. Selbst wenn König Hassan ihr Vater wäre, würde sie kaum mit ihm in Verbindung treten können, weil es zu viele Bewacher gab. Achtundzwanzig Jahre war sie ohne Vater ausgekommen, dann würde ihr das auch weiter gelingen.

Die Limousine hielt vor dem Hotel. Zara bemerkte, dass sie Rafe gar nicht gesagt hatten, wo sie wohnten. Dass er diese Information so schnell herausbekommen hatte, bestärkte sie in ihrem Wunsch abzureisen. Zu Hause war sie sicher, und in Bahania war sie eindeutig fehl am Platze.

Rafe stieg aus und hielt ihnen die Tür auf. Zara zwang sich, freundlich zu lächeln, als sie ihm für die Fahrt dankte.

„Sie waren sehr nett“, meinte sie. „Wir werden Sie nicht mehr belästigen.“

Doch er stieg nicht wieder ein, sondern nahm sie am Arm und führte sie zu dem kleinen Hotel. „Ich glaube, wir haben noch ein bisschen was zu bereden“, meinte er, während Cleo hinterherkam.

Zara wollte sich aus seinem Griff befreien, vergebens. Sicher wollte er sie nur erschrecken, damit sie endlich abreisten. Wenn sie mit ihm allein gewesen wäre, hätte sie ihm mitgeteilt, dass er sich keine Sorgen machen musste. Sie würde mit Cleo so schnell wie möglich in die Staaten zurückkehren.

Sie gingen durch die Lobby zum Fahrstuhl. Zara bemerkte Rafes Blick auf die etwas schäbige Einrichtung.

„Nur weil wir begrenzte Mittel haben, bedeutet das noch lange nicht, dass wir hinter Geld her sind“, sagte sie ärgerlich. „Sie haben kein Recht, mich zu verurteilen.“

Sie begegnete seinem Blick und reckte sich stolz.

Da öffneten sich die Türen des Fahrstuhls, und die Spannung verschwand.

„Mr Stryker, kennen Sie den König persönlich?“, fragte Cleo.

„Ja.“

Cleo lachte. „Sie sind nicht gerade sehr gesprächig, was? Aber egal, wie verärgert Sie auch sein wollen – Zara ist wirklich seine Tochter. Sie hat Briefe und einen Ring. Sie können das gleich persönlich überprüfen. Und danach werden Sie erkennen, dass meine Schwester keine Hochstaplerin ist, sondern die Wahrheit sagt.“

Zum ersten Mal entspannte Zara sich. Vielleicht sollte sie doch noch nicht davonlaufen.

Sie wandte sich an den Mann, der sie immer noch am Arm hielt. „Sind Sie bereit, sich unsere Unterlagen anzusehen? Obwohl Sie schon einen Schluss gezogen haben?“

„Auf jeden Fall.“

„Und wenn Sie feststellen, dass Sie unrecht hatten?“

„Darüber reden wir dann.“

Dreißig Minuten später war Rafe sich in der Tat nicht mehr so sicher, ob das Ganze ein Schwindel war. Er betrachtete das Dutzend Briefe, das er von Zara erhalten hatte. Besonders die Bemerkungen über die Katzen fielen ihm auf. Gut, sämtliche Informationen hätte man durch sorgfältige Nachforschungen erhalten können. Die Handschrift allerdings … sie glich der von Hassan doch auf frappierende Weise. Und auch der Satzbau entsprach der Ausdrucksweise des Königs. Am meisten überzeugte ihn jedoch sein Gefühl.

Jahrelange Erfahrung hatte ihn gelehrt, seinem Instinkt zu folgen. Dadurch hatte er sein Leben schon mehr als einmal retten können. Obwohl er zunächst angenommen hatte, dass Zara und ihre Schwester auf Geld aus waren, konnte es doch sein, dass er sich geirrt hatte.

„Haben Sie sonst noch etwas?“, fragte er und schaute auf die beiden Frauen.

Zara holte ein weiteres Papier aus der Tasche. „Hier ist eine Liste der Schmuckstücke, die meine Mutter verkauft hat. Wahrscheinlich ist sie nicht vollständig, denn vielleicht hat sie schon einiges vor meiner Geburt veräußert oder als ich noch sehr jung war. Dann habe ich noch das hier.“

„Das“ war ein Diamantring mit der Inschrift für immer auf der Innenseite.

Zara hatte die Hände gefaltet und betrachtete Rafe. Sie trug ein leichtes pfirsichfarbenes Baumwollkleid und Sandalen. Das lange Haar fiel ihr über den Rücken. Ihre dunklen Augen und ihr honigfarbener Teint glichen dem von Prinzessin Sabra, der einzigen Tochter des Königs.

Rafe war sich plötzlich sicher. Die Kombination aus der äußeren Ähnlichkeit und dem vorliegenden Beweismaterial ließen den Schluss zu, dass Zara genau die Person war, die sie vorgab zu sein. Himmel, wie würde der König darauf reagieren?

„Was hat Ihre Mutter über Ihren Vater erzählt?“

„Sie hat fast nie über ihn gesprochen. Wenn ich Fragen stellte, antwortete sie mir immer nur, dass sie nicht zusammen sein konnten und dass mein Vater nichts von meiner Existenz wusste. Meistens fragte ich, ob er mich wohl haben wollte, wenn er herausfände, dass er eine Tochter hat. Meine Mutter bejahte das immer, aber ich wusste nie, ob das nur ihre Interpretation war oder ob es wirklich stimmte.“

„Erinnern Sie sich an Geschichten, die Ihre Mutter über Ihren Vater erzählte?“, wollte Rafe nun von Cleo wissen.

Cleo lächelte. „Ich habe nicht das Glück, mit Königen verwandt zu sein. Tut mir leid.“

„Cleo ist meine Pflegeschwester“, erklärte Zara.

„So ist es. Fiona nahm mich zu sich, als ich zehn war. Da ich kein Zuhause hatte, beschloss sie, mich zu behalten.“

Diese Erklärung erfolgte in einem fröhlichen Ton, aber Cleos Augen drückten Traurigkeit aus. Rafe betrachtete ihr hübsches rundliches Gesicht, die großen Augen, das blonde Haar und die vollen Lippen. Sie sah völlig anders aus als Zara.

Zara schaute ihre Schwester an. „Cleo kam als Pflegekind zu uns, wurde aber schnell ein Mitglied der Familie.“

„Sie sind also nicht blutsverwandt.“

„Nein.“ Sie wollte noch etwas sagen, unterbrach sich jedoch sofort und stand auf. „Ach, ich möchte so schnell wie möglich wieder nach Hause“, meinte sie und ging zum Balkon.

Cleo seufzte. „Seit wir Spokane verlassen haben, verhält sich Zara so. Natürlich kann man leicht sagen, dass man den eigenen Vater kennenlernen will, aber wenn es dann geschehen soll, ist es etwas anderes. Das sagt sie zumindest. Für mich wäre es kein Problem, mit der königlichen Familie verwandt zu sein, aber Zara war immer schon die sensiblere von uns beiden.“

Sensibel? Damit hatte Rafe nichts am Hut. Warum zum Teufel musste er vorhin auch anwesend sein, als die Wache Zara brachte? Hätte nicht ein anderer Zara angreifen und für diesen Schlamassel verantwortlich sein können?

Vor sich hin murmelnd, ging auch Rafe auf den kleinen Balkon. Sofort nahm ihn die Hitze draußen in Beschlag. Zara schien davon nichts zu merken, sie starrte in die Ferne.

„Ich möchte nicht, dass Sie dem König etwas von dem allen hier berichten“, forderte sie Rafe auf, ohne ihn anzusehen.

„Das kann ich nicht.“

Nun drehte sie sich zu ihm. „Warum? Es bedeutet doch nichts. Er hat schon eine Tochter und braucht nicht noch eine. Außerdem wäre ich sicher keine gute Prinzessin.“

„Doch, das wären Sie.“

Rafe bewegte sich unruhig. Frauen, die so aussahen, als könnten sie gleich weinen, ging er lieber aus dem Weg.

Sie schluckte. „Glauben Sie, dass er wirklich …“

„Ja, Zara, ich glaube, König Hassan könnte Ihr Vater sein.“

„Ich wollte immer eine komplette Familie haben, Verwandte, väterliche Wurzeln und das alles. Aber so habe ich es mir nicht vorgestellt, nicht … mit einer königlichen Familie. Ich wollte eine ganz normale amerikanische Familie. Eine mit vielen Kindern und zwei oder drei exzentrischen Verwandten.“

Ihr Profil war einfach perfekt. Er blickte auf ihren sanft geschwungenen Mund und ihren schlanken Hals. Etwas regte sich in ihm. Etwas, das nichts mit seinen Überlebensinstinkten zu tun hatte, sondern damit, dass er ein Mann war.

Eine leichte Brise brachte ihm ihren Duft. Den hatte er bereits bemerkt, als er sich auf sie gestürzt hatte.

Sie blickte ihn an. „Was ist, wenn mir das alles zu viel wird?“

„Ich könnte als Vermittler auftreten“, bot er zu seiner Überraschung an. „Die Briefe und den Ring könnte ich dem König unter vier Augen zeigen. Sie müssten nicht dabei sein, und niemand sonst würde davon erfahren.“

„Wenn man einmal anfängt, gibt es kein Zurück. Das gefällt mir nicht.“

„Sie wären doch nicht hierhergekommen, wenn Sie nicht Ihren Vater kennenlernen wollten.“

„Aber etwas zu wollen und es dann zu bekommen sind zwei verschiedene Dinge. Vielleicht sollten Cleo und ich einfach verschwinden.“

„Sollten Sie das tun, dann werden Sie sich später immer fragen, was hätte geschehen können.“

Zara schwieg eine Weile. Schließlich sagte sie: „Sie haben recht. Jetzt bin ich hier und will die Wahrheit erfahren. Es wäre schön, wenn Sie dem König die Briefe zeigen könnten. Ich bin nicht mutig genug, um persönlich abgelehnt zu werden. Wahrscheinlich bekäme ich den König sowieso nicht zu Gesicht.“

Rafe wusste nicht, wie Hassan reagieren würde, aber er war nun ziemlich sicher, dass der König Zaras Vater war. Und er war sicher, dass dies zu vielen Komplikationen führte.

„Den Ring nehmen Sie besser auch mit.“

Sie war zu vertrauensselig. „Woher wissen Sie, dass ich ihn Ihnen zurückgebe?“

„Warum sollten Sie ihn behalten?“

Er stöhnte. „Eigentlich sollten Sie nicht allein reisen.“

„Meine Schwester ist doch bei mir.“

„Blinde, die Blinde führen.“

Nun richtete sie sich auf und starrte ihn an. Ihr Kopf reichte ihm kaum bis ans Kinn, und er schien von ihrer geraden Körperhaltung und dem wütenden Blick nicht beeindruckt zu sein.

„Cleo und ich sind ohne Ihre Hilfe wunderbar zurechtgekommen.“

„Das habe ich gemerkt. Im Palast angegriffen zu werden gehörte sicher auch zu Ihrem Plan.“

„Meine Schuld war das nicht, sondern Ihre.“

„In einer solchen Situation müssen Sie mit allem rechnen.“

„Sehe ich wirklich wie diese Prinzessin Sabra aus?“

„Jedenfalls ist so viel Ähnlichkeit da, dass ein neuer Wachtposten getäuscht wurde.“

„Nur Sie nicht.“

„Nein.“ Er verlagerte sein Gewicht von einem Fuß auf den anderen. „Es tut mir leid, dass ich Sie angegriffen habe.“

„Schon gut. Ihrer Meinung nach ging eine Bedrohung von mir aus.“

Sie hatte ja recht. Auch wenn er das nicht mehr verstehen konnte, wenn er sie jetzt anschaute. Gab es ein sanftmütigeres Wesen als diese Frau?

„Was wissen Sie über Ihren Namen?“, fragte er in die Stille hinein.

„Zara? Nichts. Ich weiß zwar, dass er ungewöhnlich ist, aber wenn Sie meine Mutter je getroffen hätten, wären Sie nicht überrascht. Sie war nicht gerade eine konventionelle Frau.“

„Zara … so hieß die Mutter von König Hassan.“

Plötzlich zitterte sie. Rafe konnte ihr keinen Vorwurf machen. Sie mochte zwar nach Bahania gekommen sein, um ihren Vater zu suchen, aber sie würde mehr bekommen, als sie gedacht hatte.

Nachdem Rafe sie verlassen hatte, ging Zara unruhig in ihrem Hotelzimmer hin und her. „Er hat versprochen, uns sofort anzurufen, nachdem er beim König war“, sagte sie mehr zu sich selbst als zu Cleo, die in einer Zeitschrift las. „Heute Nachmittag will er zu ihm gehen. Welcher Mann kann einfach bei einem König hereinspazieren?“

„Einer mit Verbindungen“, meinte Cleo und grinste sie an. „Süße, du nimmst das alles viel zu ernst. Was kann als Schlimmstes passieren? Dass du nicht Hassans Tochter bist. Dann können wir die restlichen Ferien genießen und wieder nach Hause fahren.“

Wahrscheinlich war es wirklich so einfach, aber Zara hasste den Gedanken, ohne Vater zu sein. Nicht dass sie unbedingt einen König zum Vater wollte.

„So kompliziert hatte ich mir das nicht vorgestellt“, gab sie zu.

„Es ist doch nicht kompliziert. Nichts hat sich verändert.“

Zara sank auf ihr Bett. Doch. Die Dinge hatten sich in dem Moment verändert, als Rafe sie zu Boden geworfen hatte. Seitdem musste sie ständig an diese unglaublich blauen Augen denken und wie sie innerlich bebte, wenn sie in seiner Nähe war.

„Was glaubst du, wer er ist? Rafe war wie ein Scheich gekleidet, aber er ist Amerikaner.“ Zara sprach mehr zu sich selbst als zu ihrer Schwester.

„Das ist doch egal, solange er das tut, was er sagt. Vergiss ihn einfach. Denk lieber an den Palast. Wäre es nicht toll, dort zu leben? Er ist so schön.“ Cleo sah die Sache in der Tat sehr pragmatisch.

„Nein, er ist groß und Angst einflößend.“

„Was soll ich nur mit dir machen“, stöhnte Cleo. „Du hast eine wunderbare Chance und bekommst kalte Füße. Wir reden hier über Prinzessinnen, Zara. Du könntest eine echte Prinzessin sein. Das geschieht Leuten wie uns normalerweise nicht. Bis vor Kurzem konnten wir uns nur altes Brot leisten.“

„Ich weiß.“

„Du könntest reich sein.“

„Aber ich will nicht reich sein. Ich will nur zu einer Familie gehören.“

„All das könntest du haben, und eine Krone noch dazu.“

„Denkst du nur daran?“

Nun lächelte Cleo. „Diamanten sind die besten Freunde eines Mädchens.“

„Ja, ja, du spuckst große Töne, aber in deinem Herzen willst du das Gleiche wie ich, nämlich eine richtige Familie.“

„Vielleicht schon, aber währenddessen hätte ich nichts gegen ein Königreich.“

„Glaubst du, dass Rafe für den König arbeitet?“

Cleo stöhnte. „Ich höre immer nur Rafe, Rafe, Rafe. Hör mir auf mit diesem Typ. Du findest gerade heraus, ob dein Vater der König eines wohlhabenden Landes ist, da hast du keine Zeit für Ablenkungen. Und wenn ich dich daran erinnern darf: Du hast überhaupt kein Glück, wenn es um Männer geht. Also denk nicht mehr an ihn.“

Cleo hatte ja recht. Ihr Pech mit Männern war beinahe schon legendär.

„Ob er wohl verheiratet ist?“

Cleo warf ein Kissen nach ihr. „Hör! Auf! Stell dich lieber darauf ein, bald dem König zu begegnen.“

„Ist ja schon gut.“

Doch als Zara sich auf dem Bett ausstreckte, hatte sie einen großen gefährlich aussehenden Mann vor Augen, der mit seinem Blick in ihre Seele zu schauen schien. Und keinen König.

3. KAPITEL

Anstatt direkt zu König Hassan zu gehen, lief Rafe zuerst in sein Büro. Dort setzte er sich an den Computer. Vielleicht konnte er so herausfinden, ob Zara Paxton tatsächlich die uneheliche Tochter von König Hassan war.

Irgendwie glaubte er ihr, und das verunsicherte ihn. Denn eigentlich sollte er misstrauisch sein – die ganze Geschichte klang einfach zu absurd. Wurde er etwa weich? Oder war es sein untrüglicher Instinkt, der ihm die Wahrheit sagte?

Vierzig Minuten später hatte er eine ungefähre Vorstellung von den Reisen, die der König vor dreißig Jahren unternommen hatte. Offensichtlich war Hassan mehrfach in New York City gewesen. Ob und welche Schmuckstücke er damals gekauft hatte, wollte Rafe den König lieber direkt fragen.

Er holte den Ring aus seiner Tasche und betrachtete ihn. Die Diamanten glitzerten im Sonnenlicht. Noch einmal betrachtete er die Gravur: für immer. Waren die Gefühle des Königs echt gewesen? Hassan hatte es nie lange mit einer Frau oder Geliebten ausgehalten. Nur eine seiner drei Frauen hatte er wirklich geliebt. War Zaras Mutter die andere Frau gewesen, der sein Herz gehört hatte?

Es gab nur eine Möglichkeit, das herauszufinden.

Rafe rief Hassans Privatsekretär an und bat um einen Termin. Glücklicherweise hatte der König sofort Zeit für ihn. Rafe sammelte sämtliche Unterlagen zusammen und ging zu Hassan.

Seine Hoheit, der König von Bahania, war ein gläubiger Verfechter der Theorie, dass allein der erste Eindruck zählt. Sein Büro hatte die Größe eines halben Fußballplatzes, mit Blick auf einen gepflegten Garten, in dessen Mitte ein weißer Brunnen stand. An den Wänden hingen wunderbare kostbare Gemälde und Teppiche. Vier Wachen in Uniform standen vor breiten Türen. Wer in den Saal eingelassen wurde, musste erst an den Festungen von drei Sekretären vorbei, bis er endlich vor dem König stand. Überall spazierten Katzen herum, als würde ihnen der Raum gehören.

Rafe nickte den Wachen zu, die ihm die Tür öffneten. Als er hineinging, kam gerade eine weiße Perserkatze heraus, die sich sofort an seinem Bein rieb und einige weiße Haare auf seiner Hose zurückließ. Rafe biss die Zähne zusammen. Er war nicht gerade ein Katzenfan – er zog Hunde vor. Doch er war schlau genug, niemandem davon zu erzählen, denn der König liebte seine Katzen geradezu abgöttisch.

Akil, ein älterer Mann, der dem König schon seit vielen Jahren diente, begrüßte Rafe lächelnd. „Mr Stryker. Seine Hoheit wartet auf Sie. Gehen Sie hinein.“

Er ging zu der halb geöffneten Tür auf der linken Seite. Als er in die Privaträume des Königs trat, verbeugte er sich.

„Eure Hoheit“, grüßte er und wartete.

König Hassan saß hinter einem beeindruckenden handgeschnitzten Schreibtisch. Während der Arbeitszeit trug der König normalerweise westliche Kleidung. Sein leichter Anzug stammte aus Italien. Das Material war so beschaffen, dass es die Katzenhaare abwies.

„Was führt Sie zu mir, Rafe?“

Rafe entfernte sanft eine dösende Siamkatze von einem Stuhl, bevor er sich setzte.

„Ich muss einen ungewöhnlichen Vorfall melden“, begann er.

Hassan zog die Brauen hoch. Der König war fast sechzig Jahre alt, sah aber jünger aus. Nur wenige graue Haare leuchteten in seinem gepflegten Bart, und in seinem Gesicht zeigten sich kaum Falten. Seine Erscheinung war streng und immer ein wenig distanziert. Rafe kannte den König noch nicht besonders gut, geschweige denn lange. Seit die Nachbarstaaten Bahania, El Bahar und „Die Stadt der Diebe“ beschlossen hatten, eine gemeinsame Luftwaffe zu bilden, hatte Rafe mehr Kontakt zu König Hassan. Er trat als Sicherheitsberater für die „Stadt der Diebe“ auf und hatte in dieser Funktion eine Verbindung zum Herrscher von Bahania bekommen.

Hassan beugte sich vor. „Vorfall? In puncto Sicherheit?“

„Nein, eine persönliche Angelegenheit, die ich noch mit niemandem besprochen habe. Wenn Sie mir befehlen, die Sache für mich zu behalten, werde ich sie nie mehr erwähnen.“

Nun lächelte der König. „Ich bin gespannt. Fangen Sie an.“

„Heute Morgen kam eine junge Frau in den Palast. Sie machte mit einer Gruppe von Touristen eine Führung, als ein Wachtposten sie bemerkte und mit Prinzessin Sabra verwechselte. Ihre Ähnlichkeit ist in der Tat erstaunlich. Ich habe mit der Frau gesprochen.“

Rafe hatte sich schon vorgenommen, über die Details ihrer ersten Begegnung nichts verlauten zu lassen. „Sie hat kürzlich einige Papiere gefunden, die ihrer verstorbenen Mutter gehörten. Es handelt sich um Briefe, von denen sie glaubt, dass Sie sie geschrieben haben.“

„Wer ist diese Frau? Wie alt ist sie?“

„Sie heißt Zara Paxton und ist achtundzwanzig Jahre alt.“

Hassan schnappte nach Luft. Er hielt die Hände auf, und Rafe gab ihm die Briefe. Der König wirkte freudig erregt und verblüfft. Sowohl Name als auch das Alter der Frau schienen eine Bedeutung für ihn zu haben.

Während Hassan jeden Brief langsam öffnete und las, wurde er immer blasser. Schließlich reichte Rafe ihm den Ring. Der König nahm ihn und schloss seine Hand darum.

„Fiona“, flüsterte er und sah Rafe an. „Diese Frau. Wo ist sie?“

„Zara wohnt in einem Hotel in der Stadt. Ihre Mutter starb vor einigen Jahren. Offensichtlich waren die Briefe bei einem Anwalt deponiert. Erst vor einigen Monaten hat Zara davon erfahren. Sie glaubt, dass Sie ihr Vater sein könnten.“

Hassan stand auf und Rafe ebenfalls.

„Sie hat recht, sie ist meine Tochter. Fiona und ich waren mehr als zwei Jahre zusammen … Nach all dieser Zeit ist ihre Tochter hier. Meine Tochter.“ Er schüttelte fassungslos den Kopf. „Sie sagen, sie sieht Sabrina ähnlich?“

„Hautfarbe und Körperbau sind gleich. Zara ist noch etwas größer und schlanker. Außerdem trägt sie eine Brille.“

Hassan lächelte traurig. „Ja. Meine süße Fiona war blind wie eine Fledermaus – und so eitel. Niemals trug sie ihre Brille. Ich musste sie immer führen.“ Schon ging er zur Tür. „Kommen Sie, ich muss Zara sofort sehen.“

Rafe nahm die Briefe, während Hassan immer noch den Ring hielt.

„Eure Hoheit, sollten wir die Sache nicht etwas vorsichtiger angehen?“

Der König blickte ihn an. „Warum?“

„Erstens können Sie nicht sicher sein, dass sie wirklich Ihre Tochter ist.“

„Das stimmt, aber ich vermute es.“

Und er wollte, dass es so war. Rafe las die Wahrheit im sehnsuchtsvollen Blick des Königs. Merkwürdigerweise hatte er das Gefühl, dass er die Frau, die er im Hotel zurückgelassen hatte, beschützen musste.

„Zara Paxton ist etwas nervös. Sie hatte nicht damit gerechnet, dass ihr Vater der König eines großen Landes ist. Denken Sie an die Medien – solange wir nicht genau wissen, wer sie ist, sollten wir sehr diskret vorgehen.“

„Ich verstehe“, antwortete der König. „Was schlagen Sie vor?“

„Ein Treffen an einem neutralen Ort. In einem der großen Hotels. Wir könnten eine Suite benutzen. Ihre Sicherheitsleute könnten Sie in Ruhe in das Hotel bringen, und ich komme mit Zara.“

Hassan schaute auf die Uhr. „Regeln Sie alles bis vier Uhr. Ich möchte nicht länger warten.“

So blieben Rafe weniger als zwei Stunden. „Ja, Eure Hoheit, ich kümmere mich um alles.“

„Ich muss mich gleich übergeben“, seufzte Zara, als sie in dem großen Wohnzimmer der Präsidentensuite des „Bahanian Resort Hotels“ stand.

Links von ihr gaben riesige Fenster den Blick auf das Meer frei. Zara wollte sich auf den Ausblick konzentrieren, um sich zu beruhigen, aber von der Höhe wurde ihr schwindelig.

Allein die Möbel in der Suite machten sie unruhig. Im Wohnzimmer standen fünf Sofas und ein Piano! Dazu kamen mehrere Beistelltische. Und trotzdem war in dem Zimmer immer noch so viel Platz, dass man locker eine Aerobicstunde darin hätte abhalten können.

Cleo und sie hatten sich in der Suite schon zweimal verlaufen, daher unterließen sie weitere Nachforschungen. Schließlich wäre es peinlich, wenn der König käme und sie in einem Schlafzimmerschrank oder einem Bad eingesperrt wären.

„Behalte dein Essen lieber bei dir“, riet Cleo. „Das macht keinen guten Eindruck, wenn du dich gleich übergibst.“

„Danke für den Rat.“ Zara versuchte zu lächeln, aber ihr Gesicht gehorchte nicht. Als ob sie eine Betäubungsspritze beim Zahnarzt erhalten hätte. „Was machen wir hier? Sind wir verrückt geworden?“

„Ich weiß nicht, Zara. Eigentlich habe ich vorher gar nicht darüber nachgedacht, was es tatsächlich bedeutet, dass ein König dein Vater ist. Aber jetzt macht es mir Angst. Das hier ist nicht gerade unsere Welt, oder?“

„Du sagst es.“ Zara setzte sich auf ein Sofa, das nicht in Richtung der Fenster stand. „Wenigstens hat Rafe arrangiert, dass wir den König hier und nicht in unserem Hotel treffen.“

„Ich wette, der König war noch nie in einem stinknormalen Tourihotel. Weiß du eigentlich, dass du die Farbe eines Bettlakens hast?“

„Eigentlich nicht. Ich weiß gar nicht mehr, was ich denken soll.“

„Dann versuch es doch mal damit, dass es schön sein würde, deine Familie zu treffen.“

„Du bist meine Familie“, erinnerte sie Zara. „Alles andere ist unwichtig.“

Cleo verdrehte die Augen. „Ach was. Wenn du tatsächlich eine Prinzessin bist, dann musst du mir versprechen, dass du mir deinen abgelegten Schmuck zuschickst.“

Zara kicherte. „Sicher. Wenn meine Diademe alt und staubig werden, bekommst du sie.“

„Super. Ich könnte sie dann bei der Arbeit tragen.“

Der Gedanke, dass Cleo in ihrem Kopierladen eine Krone tragen würde, erheiterte Zara, und sie war nicht mehr so angespannt. Sie hatte sich gerade kichernd in das Sofa zurückgelehnt, als die Tür zur Suite geöffnet wurde. Sofort machte ihr Herz einen Satz, und sie begann zu zittern.

„Ich kann das nicht“, jammerte sie.

Schon saß Cleo neben ihr und legte den Arm um sie. „Doch. Und wenn du dich übergeben musst, läufst du zu dieser Pflanze, und ich lenke den König ab.“

Zara holte tief Luft und stand auf. Rafe kam in Begleitung des Mannes, den sie von ihren Nachforschungen kannte, in das Wohnzimmer. Der Mann starrte sie an, als wäre sie das erstaunlichste Lebewesen auf diesem Planeten.

Geschah das wirklich? War der attraktive ältere Mann König Hassan von Bahania?

„Eure Hoheit, darf ich Ihnen Miss Zara Paxton vorstellen“, sagte Rafe und zeigte auf Zara.

Sie spürte, dass Cleo sich zurückzog. Zwei weitere Männer kamen in das Zimmer, aber sie konzentrierte sich auf den Mann, der möglicherweise ihr Vater war.

Er war etwas kleiner als Rafe, aber größer als sie. In seinem Anzug sah er sehr westlich aus. Seine Augen waren so braun wie ihre, und als er lächelte, glaubte sie, die Form seines Mundes wiederzuerkennen.

„Meine Tochter“, rief er und breitete die Arme aus. „Das Kind meiner geliebten Fiona. Willkommen zu Hause.“

Und bevor Zara wusste, was ihr geschah, wurde sie vom König herzlich umarmt. Sie wollte die Umarmung erwidern, konnte sich jedoch nicht bewegen. Schon zum zweiten Mal an diesem Tag erstarrte sie wegen eines fremden Mannes.

Beinahe überlegte sie wegzulaufen. Nur Rafe schien ihre Aufregung zu spüren. Er trat vor und löste sie vom König.

„Vielleicht sollten wir uns setzen und über alles reden“, schlug er vor.

„Ja, natürlich.“ Hassan nahm Zaras Hand und setzte sich auf ein Sofa.

Unsicher setzte Zara sich zu ihm. Dieser Mann war König. Sollte sie sich verbeugen? Um Hilfe suchend, blickte sie zu Rafe, aber der griff gerade zum Telefon, um die Erfrischungen zu bestellen.

Zara bemerkte, dass der König sie anstarrte, und sie wurde noch nervöser. Sie zog ihre Hand aus seiner.

„Ich weiß nicht, was ich sagen soll“, gab sie zu. „Mr Stryker hat Ihnen sicher schon von den Briefen berichtet. Ich möchte mich nirgendwo eindrängen und verlange nichts, nur ein paar Informationen.“

Hassan seufzte. „Ich sehe deine Mutter in dir. Sie war eine echte Schönheit. Die prächtigste Rose im Garten der Weiblichkeit.“

Zara blinzelte und schob ihre Brille hoch. Während Fiona immer schön gewesen war, hatte sie nur wenige Äußerlichkeiten von ihr geerbt. Und gar nichts von ihrem Charme.

„Ja, ich bin so groß wie sie.“ Sie blickte zu Cleo. „Oh, Sie haben meine Schwester noch nicht kennengelernt. Das ist Cleo.“

Cleo grinste. „Pflegeschwester“, korrigierte sie. „Obwohl ich nichts dagegen hätte, wenn ich sagen könnte, dass mein Daddy ein König ist.“

Hassan lächelte. „Willkommen in meinem Land. Ist das Ihr erster Besuch hier?“

„Für uns beide. Es ist super hier. Ein wenig heiß, aber wozu wurden schließlich Klimaanlagen erfunden?“ Cleo beugte sich unbefangen vor. „Ich muss zugeben, dass Sie der erste König sind, dem ich begegne. Wie soll ich Sie anreden?“

„Eure Hoheit ist die korrekte Anrede“, warf Rafe schnell ein, als jemand an die Tür klopfte.

Sofort regten sich die Sicherheitskräfte. Einer ging zur Tür, während der zweite ihm Deckung gab. Sie gingen kurz in den Flur und kehrten dann mit einem Wagen voller Getränke und Snacks zurück.

Hassan stellte Cleo noch weitere Fragen. Zara bewunderte ihre Schwester, weil sie trotz der Situation ganz locker blieb. Na ja, für sie stand aber auch weniger auf dem Spiel.

Rafe und die Sicherheitskräfte stellten die Getränke und Snacks auf die Tische zwischen den beiden Sofas. Zara griff nach einer Flasche Cola, aber ihre Hände zitterten so, dass sie sie nicht öffnen konnte. Rafe nahm ihr die Flasche ab und schenkte ihr ein.

„Sie halten sich tapfer“, lobte er sie.

Seine Worte beruhigten sie etwas. Dennoch – ihr Bedürfnis, sich zu übergeben, war noch nicht verschwunden.

Hassan zog nun Fionas Ring aus seiner Jackentasche und hielt ihn ihr hin. „Diesen Ring schenkte ich deiner Mutter zu unserem ersten Jahrestag. Sie sollte mich niemals vergessen.“

„Das hat sie auch nicht“, erwiderte Zara und räusperte sich. „Eure Hoheit, sollten wir nicht erst herausfinden, ob ich wirklich Ihre Tochter bin?“

„Aber das weiß ich schon. Du siehst Sabrina sehr ähnlich.“

„Wem?“

„Prinzessin Sabra. Sie bevorzugt die amerikanische Version ihres Namens.“

Zara dachte an den Wachtposten im Palast. „Okay, ich mag ihr ähnlich sehen, aber das beweist noch gar nichts.“

„Du besitzt das.“ Er gab ihr den Ring. „Ich weiß es, Zara, hier drin.“ Er berührte seine Brust. „Das allein ist wichtig. Deine Mutter war jünger, als du jetzt bist, als wir uns kennenlernten. Auch ich war noch jung. Stolz und selbstsicher. Ich besuchte New York und wollte eine Show auf dem Broadway sehen. Danach traf ich das Ensemble auf einer Party. Deine Mutter war mir vom ersten Moment an aufgefallen, und ich ließ sie mir vorstellen. Sie war charmant und schön, und ich habe mich an diesem ersten Abend in sie verliebt.“

Zara versuchte, ihre Gefühle unter Kontrolle zu bringen, aber es fiel ihr schwer, als der König über die Vergangenheit redete. Fiona hatte selten über diese Zeit geredet, und den Mann, der ihr Kind gezeugt hatte, nie erwähnt.

„Ich habe einige Fotos aus dieser Zeit gesehen“, meinte Zara. „Mom war in der Tat sehr hübsch.“

„Mehr als das. Sie hatte zahlreiche Verehrer, aber zwischen uns war etwas Besonderes. Wir hatten nur Augen füreinander. Immer wenn ich konnte, waren wir zusammen. Ich bat sie, mich zu heiraten, aber sie lehnte ab.“

„Was sagen Sie da?“, platzte Cleo heraus, und hielt dann die Hand vor den Mund. „Tut mir leid.“

Hassan zuckte mit den Achseln. „Ich war auch überrascht, aber … ich hatte schon eine Frau. Fiona wollte nicht, dass ich mich von ihr scheiden ließ. Sie wollte keinen Ärger machen und bezweifelte, dass sie immer nur an einem Ort leben könnte, selbst wenn es das Königreich Bahania war.“

„Meine Mutter zog wirklich gerne um“, meinte Zara etwas verwirrt. Ein König wollte ihre Mutter heiraten, und sie hatte abgelehnt.

„Hat Fiona denn geheiratet?“

„Nein“, antwortete sie schnell. „Wir sind unzählige Male umgezogen. Fiona hatte immer viele Freunde. Es gab jedoch nie einen besonderen Mann in ihrem Leben. Sie sagte immer, dass sie sich einmal richtig verliebt hatte und dass das nicht mehr geschehen sollte.“

Hassan schloss kurz die Augen. „Ja, ich gab ihr mein Herz, und als sie ging, nahm sie es mit. Ich stelle mir gerne vor, dass sie das Gleiche für mich empfand, aber wir werden es wohl nie erfahren. Damals konnte ich nicht begreifen, warum sie verschwunden war. Wahrscheinlich ist sie gegangen, nachdem sie von ihrer Schwangerschaft erfahren hatte. Sie wusste, dass ich auf einer Heirat bestanden hätte. Und selbst wenn wir nicht geheiratet hätten, hätte sie dennoch um ihr Kind gebangt.“

„Das verstehe ich nicht.“

„Das Gesetz von Bahania sieht vor, dass die Kinder des Königs im Palast erzogen werden. Wahrscheinlich befürchtete Fiona, dass ich darauf bestehen würde, dich hier aufwachsen zu lassen. Wenn sie mich nicht heiratete, würde sie dich verlieren. Ich würde gerne glauben, dass ich nicht darauf bestanden hätte, aber ich bin mir nicht sicher. Nachdem ich sie verloren hatte, hätte ich alles gegeben, um wenigstens einen Teil von ihr hier bei mir zu haben.“ Er berührte Zaras Hand. „Und jetzt bist du hier.“

„Ja, und es ist alles sehr merkwürdig. Unreal.“

„Wie hast du mich gefunden?“

Zara berichtete von den Papieren, die der Anwalt ihr geschickt hatte. „Als ich die Briefe gelesen hatte, zog ich das Unmögliche in Betracht.“

„Zara wollte unbedingt die Führung mitmachen“, mischte sich Cleo nun ein. „Ich hätte lieber an der Eingangstür geklopft, aber sie meinte, die Wachen würden uns nicht hineinlassen.“

Der König lächelte. „Selbst eine so bezaubernde Frau wie du hätte Schwierigkeiten, an den königlichen Wachen vorbeizukommen. Obwohl ich vermute, dass du Männer um den Finger wickeln kannst. Ich muss meine Söhne vor dir warnen.“

Cleo machte eine abschätzige Handbewegung. „Von Prinzen habe ich mich losgesagt, Eure Hoheit. Sie sind doch alle gleich. Reich, mächtig … und nach einer Weile wird es langweilig.“

Zara stand auf und ging in Richtung Balkon. Rafe folgte ihr.

„Sind Sie in Ordnung?“, fragte er.

„Wären Sie es, wenn Sie in meiner Lage wären?“

„Wahrscheinlich nicht.“

„Das alles ist so verwirrend.“

„Du brauchst nicht verwirrt zu sein“, verkündete Hassan, als er aufstand. „Nach achtundzwanzig Jahren ist meine Tochter zu mir gekommen.“

„Für Sie klingt das alles so einfach. Aber ich bekomme vor Aufregung kaum Luft.“

Ihr Vater – sie konnte es immer noch nicht glauben, dass er es tatsächlich war – nickte. „Für uns beide ist die Situation neu. Vielleicht sollten wir uns erst mal ein wenig kennenlernen. Ich möchte dir gern meine Welt zeigen. Bahania verfügt über viele Schätze und großartige Menschen. Cleo und du werdet in den Palast ziehen.“

„Selbstverständlich!“ Cleo klatschte in die Hände. „Allmählich gefällt mir der Gedanke, Sie in unserer Familie zu haben“, sagte sie dem König fröhlich.

Zara war sich da nicht so sicher. „Unser Hotel ist sehr bequem“, meinte sie. Hassan und Cleo sahen sie an, als hätte sie den Verstand verloren.

„Du bist meine Tochter“, erinnerte Hassan sie. „Der Palast ist dein Zuhause. Du wirst willkommen geheißen, und wir werden Zeit miteinander verbringen.“

„Eure Hoheit, Ihr solltet das alles wirklich genau überlegen. Fest steht doch nur, dass ich Ihrer Tochter ähnele, dass Fiona meine Mutter ist und Sie ein Verhältnis mit ihr hatten. Sollten wir nicht Bluttests durchführen lassen?“

„Ich weiß, was richtig ist und wer du bist.“ Er trat auf sie zu und umarmte sie. „Nach so vielen Jahren bist du dort, wo du hingehörst. Das ist die Hauptsache. Komm, du packst jetzt deine Sachen und ziehst in den Palast.“

Zara blickte sich nach einem Fluchtweg um. Sie schaute zu Rafe, der ihr im Moment wie der einzig vernünftige Mensch erschien.

„Werden Sie auch im Palast sein? Wohnen Sie dort?“

Rafe nickte. „In den nächsten Wochen auf alle Fälle.“

Hassan schaute ihn an. „Sie haben meinen liebsten Schatz gefunden und zu mir gebracht. Deshalb vertraue ich sie Ihnen an.“

Zara befreite sich aus Hassans Umarmung. „Ich verstehe nicht.“

Rafe machte ein Gesicht, als habe er an einer Zitrone gelutscht. „Eure Hoheit, ich weiß nicht …“

Hassan unterbrach ihn mit einer Kopfbewegung. „Meine Entscheidung steht fest. Ich vertraue Ihnen ihre Sicherheit an.“

„Was vertrauen Sie ihm an?“, fragte Zara.

„Rafe wird dein Leibwächter sein. Er wird dich mit seinem Leben beschützen.“

4. KAPITEL

Rafe unterdrückte ein Stöhnen. Das hatte ihm gerade noch gefehlt. Mitglieder der königlichen Familie zu schützen war an sich nicht schlimm. Schließlich hatte er sich drei Jahre um die Sicherheit von Prinz Kardal gekümmert. Aber die gerade gefundene Tochter des Königs von Bahania zu bewachen entsprach nicht seinen Vorstellungen von einer idealen Aufgabe. Besonders wenn der König noch mehr im Sinn hatte als den bloßen Schutz vor äußeren Gefahren. König Hassan würde sicher nicht wollen, dass irgendwer näher mit Zara zu tun hatte. Und Sex stünde schon gar nicht zur Debatte.

Das bedeutete, dass die körperliche Anziehung, die Rafe für sie empfand, dazu führen könnte, dass er einen Kopf kleiner gemacht würde, wenn er so dumm war, auf seinen Körper und nicht auf den Verstand zu hören. Natürlich würde er das nie zulassen.

„Eure Hoheit“, begann er und versuchte, herauszufinden, wie er am besten mit dem König reden konnte, ohne in Schwierigkeiten zu geraten.

Hassan schien seine Bedenken wegzuwischen, ohne sie überhaupt zu kennen. „Es ist nur vorübergehend, Rafe. Ich bin mir durchaus bewusst, dass Sie gegenüber meinem Schwiegersohn Verpflichtungen haben.“

Verwirrt blickte Zara zwischen beiden hin und her.

„Worüber reden Sie?“

Cleo sprang vom Sofa und fuhr sich durch ihr kurzes Haar. „Dein Vater möchte, dass Rafe dich mit seinem Leben beschützt. Wenn ich von Terroristen entführt und gefoltert würde, würde niemand auch nur einen Finger rühren.“

Da lächelte Hassan sie an. „Rafe wird sich auch um dich kümmern“, versprach er. „Während du mein Gast bist, ist deine Sicherheit von großer Bedeutung. Du bist schließlich die liebe Schwester der Tochter meines Herzens.“

„Könnte ich eine Plakette mit diesem Text bekommen?“, fragte Cleo.

„Vielleicht einen Wandbehang“, erwiderte der König. „Die Weberinnen könnten einen entwerfen und anfertigen.“

„Sie haben Frauen, die weben? Machen sie das den ganzen Tag? Nur weben? Haben Sie …“ Als sie das Lächeln des Königs sah, hielt sie inne. „Sie machen sich über mich lustig.“

„Genau.“

Cleo zuckte mit den Schultern. „Er hat Humor. Wer hätte das gedacht?“

Zara sagte nichts. Sie schien sich in einem Schockzustand zu befinden. Hassan umarmte sie ein letztes Mal.

„Ich lasse dich nun in der Obhut deines Leibwächters. Rafe wird alles arrangieren, damit du in den Palast ziehen kannst. Ich freue mich schon, dich dort zu sehen.“

Danach ging er. Cleo schüttelte den Kopf. „Unglaublich. Es ist wie im Film.“

Rafe wünschte, es wäre so. Dann könnte er mit seinem normalen Leben fortfahren. Stattdessen saß er fest. Natürlich könnte er sich bei seinem Boss beschweren, aber das würde König Hassan verärgern.

Zara kreuzte die Arme vor der Brust. „Das war nicht Ihr Ernst, oder? Sie sollen mein Leibwächter sein?“

„Die nötigen Qualifikationen habe ich.“

„Es geht nicht um Ihre Fähigkeiten, Rafe. Wer sollte mich schon verletzen wollen? Niemand weiß, wer ich bin.“

„Das spricht sich schneller herum, als Sie denken. Am besten, Sie machen gute Miene zu dem Spiel. Es ist ja auch nur vorübergehend.“

„Haben Sie nicht einen richtigen Job, den Sie lieber erledigen möchten?“

„Der muss jetzt wohl warten.“

Prinz Kardal würde die Situation verstehen. Beim jetzigen Stand der Verhandlungen um eine gemeinsame Luftwaffe von Bahania, El Bahar und die „Stadt der Diebe“ wollte niemand König Hassan verärgern. Und wenn das eben bedeutete, dass Rafe in den nächsten Wochen sicherstellen musste, dass Zara kein Haar gekrümmt wurde. Ironie des Schicksals war nur, dass es sich dabei ausgerechnet um die erste Frau seit Jahren handelte, die seine Aufmerksamkeit erregte. Und nicht nur das.

„Sieh es einfach positiv“, meinte Cleo. „Zumindest hat der König dich nicht hinausgeworfen. Er schien wirklich erfreut, dich zu sehen.“

Zara nickte. „Ich weiß zwar nicht, was ich von der Sache halten soll, aber wir fahren jetzt besser zum Hotel und packen.“

Cleo tanzte im Zimmer umher. „Ich werde in einem Palast leben“, sang sie fröhlich. „Und du wolltest lieber in Yellowstone zelten, als hierher zu reisen.“

„Manchmal glaube ich, wir wären besser in Amerika geblieben.“

„Was macht ein Leibwächter?“, fragte Zara, als Rafe mit ihnen zum Hotel ging. „Werden Sie immer bei mir sein?“

„So ziemlich.“

„Tragen Sie auch die Einkäufe, wenn wir in den Supermarkt gehen?“, wollte Cleo wissen.

„Sie werden nicht in den Supermarkt gehen.“

Zara dachte immer noch über die ständige Begleitung nach. „Ich führe kein interessantes Leben. Sicher wird Ihnen schnell langweilig.“

„Ich komme schon zurecht.“

Nun waren sie fast am Hotel angekommen.

„Sie brauchen nicht auf uns zu warten, wir könnten uns doch im Palast treffen“, schlug sie vor. „Meine Schwester und ich können uns ein Taxi nehmen.“

Rafes Schweigen war Antwort genug.

Zara überlegte. Wenn König Hassan ihr Vater sein sollte, brauchte sie wahrscheinlich tatsächlich einen Leibwächter. Ihr Leben hatte plötzlich jeglichen Bezug zur Realität verloren.

Obwohl sie schon eine Ähnlichkeit zwischen sich und dem König festgestellt hatte, spürte sie emotional keinerlei Verbindung. Er war so sicher gewesen, und sie wollte nur nach Hause. Als zehnjähriges Mädchen hatte sie sich immer nach einem Vater gesehnt, der ihr die Stabilität vermittelt hätte, die sie benötigte. Aber jetzt war sie erwachsen und führte ihr eigenes Leben. Sie brauchte niemanden, der ihr Stabilität vermittelte. Und schon gar keinen Monarchen.

Im Hotel begleitete Rafe sie zu ihrem Zimmer. Doch bevor sie und Cleo eintreten konnten, schaute er sich mit gezückter Waffe erst einmal in dem kleinen Zimmer um.

„Wen haben Sie erwartet? Terroristen?“, fragte Zara ihn etwas spöttisch.

„Ich mache nur meinem Job.“

Seine blauen Augen waren immer noch kalt, aber nun fürchtete sie sich nicht mehr davor. Vielleicht, weil Rafe in dieser absurden Situation dennoch die einzige Verbindung zur Normalität darstellte.

„Ich erledige noch einige Anrufe, während Sie packen“, erklärte er und zog ein Mobiltelefon aus der Jackentasche. „Schließen Sie die Tür hinter mir. Lassen Sie außer mir niemanden in Ihr Zimmer.“

„Und woher soll ich wissen, dass Sie es sind, wenn Sie klopfen?“

„Das Kennwort lautet Unruhestifter.“

„Das gefällt mir. Ich war immer ein braves Mädchen.“

„Und es ist meine Aufgabe sicherzustellen, dass sich daran nichts ändert.“

„Arme Cleo. Sie gerät immer in Schwierigkeiten.“

„Cleo geht mich nichts an.“

„Sei’s drum. Was passiert eigentlich, wenn ich mich weigere, im Palast zu leben?“

„Sie werden sich nicht weigern. Wenn Sie Hassans Tochter sind, gehören Sie dorthin.“

Zara wurde plötzlich nachdenklich. „Und dann wird sich mein ganzes Leben ändern, oder?“

Er antwortete nicht, und sie schauten sich einfach nur an. Zara spürte, dass von dem starken Mann vor ihr eine große Wärme ausging. Er war für sie wie ein sicherer Hafen. Komisch, dabei hatte er doch erst heute Morgen ein Gewehr auf sie gerichtet …

Am liebsten hätte sie sich an ihn gekuschelt und seine starken Arme gefühlt. Sie wollte seinen Herzschlag hören, und …

„Besser, Sie packen jetzt“, unterbrach er ihre Gedanken. „In zwanzig Minuten wird unser Wagen vorfahren.“

Offensichtlich hatte nur sie solche Fantasien. Das war etwas ernüchternd, aber keineswegs überraschend. Männer hatten sich noch nie besonders für sie interessiert. Vielleicht lag es an der Brille.

„Ist das nicht unglaublich?“, fragte Cleo, als sie mit Kosmetika beladen aus dem Badezimmer kam. „Wir werden in einem Palast wohnen. Ich wette, dass unsere Zimmer wunderbar sein werden. Zara? Was ist los? Du scheinst dich gar nicht zu freuen.“

„Das alles passiert mir viel zu schnell.“

„Es ist doch super.“

Eigentlich wollte Zara sagen, dass sie nicht dieser Meinung war, aber sie wusste, dass Cleo sie nicht verstehen würde. Für ihre Schwester war alles ganz einfach. Der König von Bahania könnte Zaras Vater sein, also wird eine Party gefeiert. Nur dass Zara überhaupt nicht zum Feiern zumute war. Sie überlegte sich vielmehr, wie sie in ein solches Leben passen würde. Ihre Mutter und sie hatten zwar nie Hunger leiden müssen, aber sie waren nie reich gewesen. Luxus, das hatte für sie bedeutet, in ein Restaurant zu gehen. Mehr war nie drin gewesen. Und jetzt?

„Hör mit dem Grübeln auf, und lass die Dinge auf dich zukommen“, sagte sie zu sich, als sie den Koffer packte.

Als Rafe nach zehn Minuten anklopfte, waren sie fertig.

„Wir können unser Gepäck selbst tragen“, meinte Zara, als er ins Zimmer kam.

Statt zu antworten, öffnete er die Tür noch ein Stückchen weiter, und zwei Männer erschienen, die ihre schweren Koffer wortlos hochhoben und aus dem Zimmer trugen. Cleo schaute ihre Schwester an.

„Okay. Wenn die Adligen und Reichen anders leben, dann passe ich mich gerne an.“

Zara war nicht überrascht, als draußen eine Limousine auf sie wartete.

„Ist ein einfaches Auto nicht gut genug?“, fragte sie, als sie sich auf den Rücksitz setzte.

„Ich wusste nicht, wie viel Gepäck Sie dabeihaben“, antwortete Rafe.

Die beiden Männer stellten das Gepäck in den Kofferraum und kamen nach vorne. Einer von ihnen zog die Jacke aus, und Zara sah, dass er eine Waffe bei sich trug.

„Sie sind bewaffnet?“, fragte sie Rafe und merkte, wie ihr der Atem stockte.

„Standardmaßnahme.“