Beyond Now - Abby Brooks - E-Book

Beyond Now E-Book

Abby Brooks

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Beschreibung

Im Kindergarten verliebte ich mich in Maisie Brown und mit sechs Jahren machte ich ihr einen Heiratsantrag. Doch in der siebten Klasse zog sie in einen anderen Bundesstaat und ich habe sie nie wiedergesehen. Bis heute. Denn Maisie ist zurück. Für genau eine Woche. Aus dem schüchternen kleinen Mädchen ist eine hinreißende, erfolgreiche Frau geworden. Und aus unserer Kinderfreundschaft wird nun eine Explosion der Leidenschaft. Aber meine Familie, mein Geschäft, meine Geschichte – alles ist fest in Key West verwurzelt und ihr neues glamouröses Leben spielt in Los Angeles.

Wenn diese Woche zu Ende geht, endet wohl auch alles, was zwischen uns ist - zusammen mit meiner Chance, mein Versprechen aus Kindertagen einzulösen ...

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Liebe Leserin, lieber Leser,

Danke, dass Sie sich für einen Titel von »more – Immer mit Liebe« entschieden haben.

Unsere Bücher suchen wir mit sehr viel Liebe, Leidenschaft und Begeisterung aus und hoffen, dass sie Ihnen ein Lächeln ins Gesicht zaubern und Freude im Herzen bringen.

Wir wünschen viel Vergnügen.

Ihr »more – Immer mit Liebe« –Team

Über das Buch

Im Kindergarten verliebte ich mich in Maisie Brown und mit sechs Jahren machte ich ihr einen Heiratsantrag. Doch in der siebten Klasse zog sie in einen anderen Bundesstaat und ich habe sie nie wiedergesehen. Bis heute. Denn Maisie ist zurück. Für genau eine Woche. Aus dem schüchternen kleinen Mädchen ist eine hinreißende, erfolgreiche Frau geworden. Und aus unserer Kinderfreundschaft wird nun eine Explosion der Leidenschaft. Aber meine Familie, mein Geschäft, meine Geschichte – alles ist fest in Key West verwurzelt und ihr neues glamouröses Leben spielt in Los Angeles.

Wenn diese Woche zu Ende geht, endet wohl auch alles, was zwischen uns ist - zusammen mit meiner Chance, mein Versprechen aus Kindertagen einzulösen ...

Über Abby Brooks

Abby Brooks ist amerikanische Romance Autorin und lebt mit der Liebe ihres Lebens und ihren drei Kindern in einer Kleinstadt in Ohio. Sie liebt es, in der Küche zu tanzen, zu lachen und bis spät in die Nacht zu lesen. 

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Abby Brooks

Beyond Now

Caleb und Maisie

Aus dem Amerikanischen von Sabine Neumann

Übersicht

Cover

Titel

Inhaltsverzeichnis

Impressum

Inhaltsverzeichnis

Titelinformationen

Grußwort

Informationen zum Buch

Newsletter

Prolog: Caleb

Kapitel 1: Maisie

Kapitel 2: Caleb

Kapitel 3: Maisie

Kapitel 4: Caleb

Kapitel 5: Maisie

Kapitel 6: Caleb

Kapitel 7: Maisie

Kapitel 8: Maisie

Kapitel 9: Caleb

Kapitel 10: Maisie

Kapitel 11: Caleb

Maisie

Kapitel 12: Maisie

Kapitel 13: Caleb

Kapitel 14: Maisie

Kapitel 15: Maisie

Kapitel 16: Caleb

Kapitel 17: Maisie

Kapitel 18: Maisie

Kapitel 19: Caleb

Kapitel 20: Maisie

Kapitel 21: Maisie

Kapitel 22: Caleb

Kapitel 23: Maisie

Kapitel 24: Maisie

Kapitel 25: Caleb

Kapitel 26: Caleb

Kapitel 27: Maisie

Kapitel 28: Caleb

Kapitel 29: Maisie

Kapitel 30: Caleb

Kapitel 31: Caleb

Kapitel 32: Maisie

Kapitel 33: Caleb

Kapitel 34: Maisie

Kapitel 35: Caleb

Kapitel 36: Maisie

Epilog: Maisie

Impressum

Lust auf more?

Prolog

Caleb

Ich werde dich heiraten, Maisie Brown.«

Als ich diese Worte zum ersten Mal sagte, waren Maisie und ich noch im Kindergarten. Als ich diese Worte das letzte Mal sagte, war ich zehn Jahre alt, aber das heißt nicht, dass ich aufgehört hätte, daran zu glauben. Ich hatte es nur satt, ständig dafür ausgelacht zu werden, dass ich mir dessen so sicher war.

Maisie hat mich nie ausgelacht. Weder für meinen Schwur, sie zu heiraten, noch für irgendetwas anderes. Das war einer der Gründe, warum ich sie so sehr liebte. Sie und ich verstanden einander. Ich mit meinem dürren Körper – schon immer zu groß und zu schmal – und sie mit ihren altmodischen Klamotten und den abgewetzten Schuhen. Ihre Familie hatte nie Geld, was bedeutete, dass Maisie nie so richtig dazugehörte. Kindliche Grausamkeit hatte dazu geführt, dass sie ihr Leben damit verbrachte, von außen zuzuschauen und sich zu wünschen, dazuzugehören.

Dabei gehörte sie doch immer dazu …

… zu mir. Als ich endlich alt genug war, ihr das zu sagen, legte sie den Kopf auf meine Schulter und stimmte mir stumm zu.

Als ich sechs war, wusste ich nicht, dass sie arm war. Ich sah nur ihr schüchternes Lächeln. Diese blonden Zöpfe, die auf dem Spielplatz hinter ihr herflogen. Wie ihre Augen aufleuchteten, wenn ich sie zum Lachen brachte. Ich brachte sie gern zum Lachen. Es sprudelte in ihr hoch, und ihr Gesichtsausdruck war dabei immer überrascht, als wäre sie es nicht gewohnt, so frei zu sein.

Als ich merkte, dass sie nicht immer etwas zu Mittag aß, begann ich, etwas zu essen für sie von zu Hause in die Schule zu schmuggeln. Mom kam mir auf die Schliche, und nachdem ich es ihr erklärt hatte, gab sie mir immer zwei Pausenbrote mit, damit Maisie nie wieder hungern musste. Auf diese Weise erfuhr ich, wie es aussah, wenn jemand aufrichtig dankbar war. Wenn sich Gesichtszüge entspannten. Augen sich mit Tränen füllten. Erstaunt und freudig zugleich.

Wenn die anderen Kinder mich wegen meiner spindeldürren Arme auslachten, nahm Maisie meine Hand und sagte mir, ich wäre genau richtig und einfach perfekt. Und wenn einer unserer Väter im Suff etwas Schlimmes sagte oder tat, erzählten wir uns flüsternd unsere Geschichten, die Köpfe zusammengesteckt und händchenhaltend, mit offenen Herzen.

Als ich zehn war, sagte ich meiner Mutter, dass ich Maisie heiraten würde. Mom sah mich seltsam an und zerstrubbelte mir das Haar. Danach sagte ich es nie wieder. Aber ich glaube, nachdem Maisie eines Abends zum Essen bei uns gewesen war, sah meine Mutter, was ich sah.

Maisie und ich waren füreinander bestimmt.

Unsere Haare hatten den gleichen aschigen Blondton. Unsere Augen das gleiche tiefe Blau. Wir waren beide groß und dünn, auch wenn es bei mir an den Genen lag und bei ihr daran, dass sie nie genug zu essen hatte. Wir lachten über dieselben Witze. Wir mochten das gleiche Essen. Und wir beide schworen, wir würden Piraten werden, wenn wir mal groß wären.

Aber unsere Verbindung ging noch tiefer. Sie war etwas, was ich damals noch nicht begreifen oder fassen konnte. Rückblickend waren die Zeichen allerdings zu sehen. Mit zehn wusste ich nur, dass ich mich nicht wie ich selbst fühlte, solange Maisie und ich nicht zusammen waren. Mom erlaubte, dass sie mich nach der Schule besuchte, und machte ihr immer etwas zu essen. Dad machte mich zur Schnecke, weil meine beste Freundin ein Mädchen war.

»Das ist das Letzte, was Caleb braucht«, sagte er oft, während er den Whisky in seinem Glas schwenkte. »Mit Mädchen herumzuhängen, wird ihn nur noch schwächer machen, als er sowieso schon ist.«

Die siebte Klasse war hart. Maisies abgetragene Klamotten fielen nun noch mehr auf, da die anderen Mädchen anfingen, Wert auf ihre Outfits zu legen. Das Hänseln wurde schlimmer, vor allem, wenn Aiden Stuart dabei war. Mein ältester Bruder Lucas sagte, Aiden wäre in Maisie verknallt, aber ich glaubte ihm nicht. Niemand konnte so gemein zu jemandem sein, den er gernhatte.

Ich war groß, aber Aiden war KRÄFTIG. Nur zwei oder drei Zentimeter kleiner als ich, aber gut und gerne fünf Kilo schwerer. Fünf Kilo pure Boshaftigkeit. Und er zeigte schon Ansätze eines Bartflaums. Eines Tages kam ich in die Schulkantine und sah, wie er sich vor Maisie aufgebaut hatte. Er machte sich über ihre Haare lustig und hänselte sie, und mir brannten die Sicherungen durch.

Ich ließ mein Mittagessen fallen, stürmte durch ein Meer johlender Kids hindurch, während diese Ziegelwand von einem Jungen meine beste Freundin verspottete. »Rosen sind rot, Veilchen sind blau …«, skandierte er.

Maisie versuchte, an ihm vorbeizukommen, aber das Arschloch hatte sie in die Ecke gedrängt, seine gackernden Kumpane an seiner Seite. »Hör auf damit, Aiden.«

»Maisie ist eine flachbrüstige Sau!«, schrie Aiden den Rest seines Gedichts, warf den Kopf zurück und bellte sein grausames Lachen, während seine Kumpels losgrölten.

Ich packte ihn an der Schulter und riss ihn herum, ohne darüber nachzudenken, welche Schmerzen ich mir einhandeln würde. Ich wusste nur, dass Maisie meine Hilfe brauchte.

Aiden starrte mich mit loderndem Blick an. »Hey, die Bohnenstange hier glaubt, er darf mich anfassen.« Er drehte sich zu seinen Freunden um und sah dabei aus wie der Teufel in Person. »Habt ihr das gesehen?«

Ich richtete mich zu voller Größe auf und straffte die Schultern in der Hoffnung, so größer auszusehen, als ich tatsächlich war. »Lass Maisie in Ruhe!«

Aiden kräuselte die Lippen. »Nö.« Dann drehte er mir den Rücken zu, als wäre er fertig mit mir. Aber ich war nicht in der Stimmung, mich abfertigen zu lassen.

Ich packte ihn erneut an der Schulter. Hatte immer noch keinen Plan. Ihn so lange ablenken, bis ein Lehrer auftauchte? Ihm in den Bauch boxen? Nach Maisies Hand greifen und sie in Sicherheit bringen? Irgendwie stand alles davon zur Diskussion.

Aiden wirbelte herum und nutzte den Schwung, um mir einen heftigen Fausthieb zu versetzen. Er landete mitten in meinem Gesicht, ließ meinen Kopf zurückfliegen und zündete ein Feuerwerk aus Schmerzen in meinem Mund. Ich war mit Brüdern aufgewachsen und hatte mehr als ein- oder zweimal Prügel einstecken müssen, aber niemals einen Schlag wie diesen.

Ich sah Sterne.

Schmeckte Blut.

Und zu meiner eigenen Überraschung holte ich selbst zum Schlag aus. Meine Faust traf Aidens Schläfe. Hart. Mit benebeltem Blick sackte er auf den Boden der Cafeteria.

Das Lachen verstummte. Jemand murmelte: »Oh, scheiße«, während jemand anderes schrie: »Caleb hat Aiden umgehauen!« Der Schrei hallte durch die Kantine, verbreitete sich wie ein Lauffeuer und klang nach Triumph, aber bevor ich michs versah, packte mich eine unerbittliche Hand am Arm und zerrte mich in Richtung Schulleitungsbüro.

Der Rest des Tages verschwamm zwischen Gesprächen mit dem Schulleiter, der Ankunft meiner entsetzten Mutter, nachdem ich suspendiert worden war, und der mehr als deutlichen Verachtung meines Vaters, als sie zu Hause darüber diskutierten, was zu tun war. Mom plädierte für Privatschule oder Hausunterricht. Bei dem Gedanken, was mit Maisie passieren würde, wenn tatsächlich eines der beiden Dinge eintreffen sollte, stieg Panik in mir auf.

Während ich mit geschwollener Lippe neben meinen drei Brüdern am Esstisch saß, schnaubte mein Vater verächtlich. »Um Himmels willen, Rebecca. Hör auf, den Jungen zu verhätscheln. Er muss sich ein dickeres Fell zulegen.«

Ich beobachtete, wie der Whisky gegen sein Glas schwappte, und nickte zustimmend – vielleicht stimmte ich an diesem Tag meinem Vater zum letzten Mal zu. »Ich will nicht auf eine andere Schule.« Dank meiner dicken Lippe klangen die Worte undeutlich, und Mom beeilte sich, den Eisbeutel auszutauschen.

Diesen Augenblick suchte sich meine Schwester Harlow aus, um mit einem Korb voller miauender Kätzchen in die Küche gehüpft zu kommen.

»Guckt mal, was ich gefunden habe!« Sie sah hoch, und die Freude wich ihr schlagartig aus dem Gesicht, als sie merkte, dass sie sich in Schussweite von Dad befand, der bereits stinksauer war.

Er stürzte den Rest seines Whiskeys hinunter und knallte das Glas auf den Tisch. »Keine Kätzchen«, bellte er, woraufhin Harlow zusammenzuckte und den Korb fester an sich drückte.

Den Tränen nahe wandte sie sich an unsere Mom. »Aber …«

»Keine Kätzchen! Wir betreiben ein gottverdammtes Hotel, keine Tierpension.« Dad stieß ein lang gezogenes Knurren aus und überließ es Mom, sich mit Harlows Tränen auseinanderzusetzen, indem er aus dem Zimmer stapfte.

Am Tag nachdem meine Suspendierung geendet hatte, war Maisie nicht in der Schule. Am Tag darauf auch nicht. Ich versuchte, sie anzurufen, aber ihr Telefonanschluss war nicht erreichbar. Angst legte ihre kalten Hände auf meine Schultern, und ich verbrachte den Tag damit, meine Brüder mit meinen Sorgen über all die potenziellen Probleme zu nerven, die ihr zugestoßen sein konnten. Schließlich überredete Wyatt Lucas, mich zu ihrem Haus zu fahren, und was mich dort erwartete, tat mehr weh als meine kaputte Lippe.

Ihr Haus war immer schon ein bisschen gruselig gewesen. Klein und heruntergekommen, mit einer maroden Regenrinne und kaputten Jalousien, die wahllos geschlossen oder offen waren, war es das genaue Gegenteil meines Elternhauses. An jenem Tag waren die Jalousien weg, und ein Berg Möbel türmte sich am Ende der geschotterten Auffahrt. Der rostige Truck von Mr. Brown war völlig überladen mit Matratzen und Bettgestellen, und Maisie saß auf den Stufen vor dem Haus und hatte das Gesicht in den Händen vergraben.

Ich sprang aus dem Auto, bevor es zum Stehen kam, und rannte über den ungemähten Rasen. »Maisie!«

Als sie den Kopf hob, fuhr mir der Schreck in die Glieder, und ich blieb wie angewurzelt stehen. Ihre Augen waren rot und geschwollen, und Tränen liefen ihr über die Wangen. Nie in all den Jahren, die ich sie kannte, hatte ich sie so traurig gesehen, und das sagte einiges.

»Caleb!« Sie sprang von der Treppe und fiel mir schluchzend in die Arme. Unbeholfen strich ich ihr mit der Hand über den Rücken. Sie weinte und weinte, während sie mir erklärte, dass sie umziehen würden. Ihr Dad habe einen Job in einem Steinkohlebergwerk in Kentucky gefunden und sei sich sicher, dass dort alles besser werden würde. »Aber es wird nicht besser werden«, schloss sie. »Er wird einfach weitertrinken, bis er diesen Job auch verliert. Und in Kentucky bin ich ohne dich.«

Der Gedanke an ein Leben ohne Maisie kam mir so absurd vor, dass ich ihn nicht verarbeiten konnte. Seit ich sechs Jahre alt war, hatte ich sie mir an meiner Seite vorgestellt, bis ich alt und grau sein würde.

»Ich dachte schon, ich würde dich gar nicht mehr sehen, bevor wir fahren.« Sie schniefte und wischte sich mit dem Handrücken die Nase ab. »Sie haben das Telefon abgestellt, bevor ich mich verabschieden konnte.« Ihre Eltern kamen nicht gerne zu uns nach Hause. Ich wusste nie genau, warum, aber Lucas war der Meinung, es habe etwas mit Geld zu tun.

Ich war zu jung, um zu wissen, was ich sagen sollte, als meine beste Freundin sich die Tränen vom Gesicht wischte, und ich war zu verletzt, um etwas anderes tun zu können, als in Schockstarre dazustehen, als ihre Eltern aus dem Haus kamen und die Tür zum letzten Mal hinter sich abschlossen. Mrs. Brown umarmte mich und dankte mir für all die Male, die ich mich im Laufe der Jahre für Maisie eingesetzt hatte. Mr. Brown roch, als habe er getrunken, und mir wurden vor Erleichterung die Knie schwach, als sich seine Frau hinters Steuer setzte.

»Weißt du noch, wie du immer gesagt hast, du würdest mich heiraten?«, fragte Maisie, erneut den Tränen nahe. »Ein Teil von mir hat dir das immer geglaubt. Tja, da bin ich wohl die Angeschmierte.«

Ich hob die Schultern, als sie in den Truck kletterte, um sich zwischen ihre Eltern zu quetschen. »Sei dir da nicht so sicher.« Ich setzte eine Miene auf, von der ich hoffte, dass sie unerschrocken wirkte, und behielt sie bei, während sie rückwärts aus der Einfahrt fuhren.

Maisie und ich blieben eine Weile in Kontakt, bis eines Tages aus heiterem Himmel unter ihrer Nummer niemand mehr zu erreichen war. Eine Woche lang versuchte ich jeden Tag, sie anzurufen. Dann wartete ich eine Woche und versuchte es ein letztes Mal. Es ging immer noch niemand dran.

Und so verschwand Maisie aus meinem Leben.

Kapitel 1

Maisie

Es war halb sieben an einem Freitag, und mein Plan, aus dem Büro zu entkommen, ohne meinem Chef zu begegnen, drohte so richtig zu scheitern. Jedes Mal, wenn ich dachte, jetzt könnte ich endlich zusammenpacken und mich rausstehlen, klingelte das Telefon. Oder es kam eine E-Mail. Oder es hatte irgendjemand eine Frage, die nicht warten konnte, weil ich am nächsten Tag in den dringend benötigten Urlaub starten würde. Das Schicksal schwebte ganz sicher irgendwo da oben über mir und kicherte in sich hinein, während es mir ein Hindernis nach dem nächsten in den Weg schleuderte.

Oooh, sieh an! Maisie ist schon halb zur Tür raus! Schnell! Ein Anruf von einem wütenden Klienten! Hmmm … das war noch nicht genug, um sie fertigzumachen. Bumm! Kollege mit einer sinnlosen Story! HAHAHAHA!

Als sämtliche Anrufe, E-Mails und Fragen schließlich hinreichend beantwortet waren, ließ ich mein Handy in meine Tasche fallen und plante meinen Rückzug. Ein Teil von mir fragte sich, warum es sich wie eine Straftat anfühlte, nach einem Zehn-Stunden-Arbeitstag das Büro zu verlassen, aber ich hatte keine Zeit, zuzuhören. Wenn ich hier wirklich entkommen wollte, war jetzt der Zeitpunkt gekommen, zur Tür zu sprinten. Auftritt Brighton Bennett aka meine beste Freundin bei der Paradigm Shift Talent Agency und die einzige Agentin mit einer Erfolgsbilanz, die meiner glich. Sie kam in mein Büro geschlendert und hatte anscheinend überhaupt keine Angst vor einer weiteren Predigt von Jacob Lombardi. ›Hochzeit hin oder her – dass ihr beide den großartigen Staat Kalifornien zur selben Zeit verlasst, ist für mich eine absolute Katastrophe. Bla, bla, bla …‹

Ohne sich um mein genervtes Seufzen zu kümmern, trat Brighton an mein Regal und betrachtete eingehend das einzige Überbleibsel meiner Vergangenheit, das noch einen Platz in meinem neuen Leben hatte – ein gerahmtes Foto von mir und meinem Kindheitsfreund Caleb Hutton. Er hatte mir seinen spindeldürren Arm um die Schultern gelegt, und wir grinsten beide wie Honigkuchenpferde. Die Aufnahme war so abgeschnitten, dass die Bruchbude, die meine Eltern als ihr Zuhause bezeichneten, hinter uns nicht zu sehen war. Wir hatten beide blonde Haare und Sommersprossen, und auf unseren schmutzigen Gesichtern spiegelte sich das pure Glück wider, das wir empfanden, wenn wir zusammen waren.

Nachdem meine Eltern mich aus Florida herausgerissen und nach Kentucky geschleift hatten, war alles immer schlimmer geworden. Dad war komplett zusammengebrochen und hatte Mom mit sich in den Abgrund gerissen. Ohne Caleb, der auf mich aufpasste, hatte ich für mich selbst einstehen müssen, wenn ich nicht in ihre Fußstapfen treten wollte.

Jedes Mal, wenn etwas schiefging, vor jeder Entscheidung, mit der ich im Leben konfrontiert wurde, fragte ich mich, was Caleb tun würde, und dann tat ich genau das. Ich formte mich selbst nach seinem Vorbild, trug seine innere Kraft wie einen Schild und schaffte es so, mich dieser kleinen Bergwerksstadt und der trostlosen Zukunft, die mit dem Nachnamen Brown auf mich wartete, zu entziehen. In gewisser Hinsicht hatte ich ihm mein glänzendes neues Leben zu verdanken. Hätte er nicht all die Jahre für mich gekämpft, hätte ich nie gelernt, für mich selbst zu kämpfen, und ganz sicher hätte ich nie gelernt, für andere zu kämpfen.

Als wir Kinder waren, hatte Caleb immer gesagt, er würde mich heiraten, und ehrlich gesagt, hatte ich ihm immer geglaubt. Während das Schicksal andere Pläne für uns hatte (Oooh, sieh an! Sie hat die Liebe ihres Lebens schon im Kindergarten gefunden! Schnell! Sie muss in einen anderen Bundesstaat ziehen! MUAHAHAHA!), wurde seine Prophezeiung gewissermaßen Wirklichkeit – nur nicht im wörtlichen Sinn. Sein Einfluss war in allen Bereichen meines Lebens sichtbar, und mein Herz würde immer ihm gehören. Was auch immer das Schicksal noch für mich auf Lager haben würde – und wenn die vereitelten Versuche, aus dem Büro zu entkommen, ein Gradmesser waren, hatte es noch so einiges auf Lager –, ich würde niemals aufhören, ihn zu lieben.

Unser Foto hatte einen Ehrenplatz auf dem Regal. Als das einzige persönliche Erinnerungsstück stach es in meinem aufgeräumten und professionellen Büro deutlich hervor, und Brighton stellte sicher, dass sie mich jedes Mal daran erinnerte, wenn sie es sah.

»Was für ein kleines Schmuddelkind du warst.« Sie nahm den Rahmen vom Regal und studierte das Foto, als hätte sie es noch nie zuvor gesehen.

Resigniert wappnete ich mich für das nun unausweichliche Zusammentreffen mit Lombardi, hockte mich auf die Kante meines Schreibtischs und widerstand dem Drang, auf die Uhr zu schauen. »Ist das nicht Sinn und Zweck der Kindheit?«

Brighton lachte ihr sorgloses, unbekümmertes Lachen, das mich gleichzeitig beruhigen und die Frage in mir aufkommen lassen sollte, ob sie etwas wusste, was ich nicht wusste. »Meiner nicht.« Ihr Lächeln hätte einem Triathleten einen Insulinschock verpassen können. »In dem Alter ging es bei mir nur um Kleider, Schleifchen und Rosa, Rosa, Rosa.« Ihr Blick wanderte zu Calebs breitem Grinsen hinüber. »Und um Jungs auch, wobei mein Typ immer ein bisschen … maskuliner war.«

Eine Welle der Loyalität durchströmt mich, und ich öffnete den Mund, um den Jungen auf dem Foto mit einer bissigen Entgegnung zu verteidigen. Aber wenn ich mich jetzt mit Brighton anlegte, würde ich auch nicht früher aus dem Büro kommen, also strich ich mir die Haare zurück, schlug ein Bein über das andere und wippte mit dem Fuß, der in einem Louboutin-Killer-High-Heel steckte.

Brightons Verlobter war nicht gerade das, was man als maskulin bezeichnen würde, aber trotz des Hipster-Vibes, den er ausstrahlte, triefte er vor Macht, Stolz und Geld, als hätte er ein Leck. Jeder, der es schaffte, so etwas zustande zu bringen, bekam von mir höchsten Respekt. Was Sawyer in Sachen Alphamännchen der alten Schule fehlte, machte er mit Protzigkeit und Leidenschaft wieder wett, wodurch er perfekt zu Brighton passte. Ich selbst hingegen fühlte mich zu wilderen Draufgängertypen hingezogen. Mit zerzaustem Haar. Knackigen Muskeln. Einem Beschützerinstinkt, der meinen Drang nach Unabhängigkeit übertrumpfte.

»Sawyer hat ein Schweineglück, eine Frau wie dich zu heiraten.«

Brighton wandte sich von dem Bild ab, zog eine Augenbraue hoch und versuchte, in meiner Aussage Spuren von Sarkasmus zu finden. Nur fürs Protokoll: Es gab keine, aber in L. A. sagte nie jemand, was er meinte, also konnte ich ihre Reaktion nachvollziehen. »Hast du gepackt? Morgen geht es los nach Key West.«

»Ich bin so was von bereit«, log ich und versuchte mich an einem aufrichtigen Lächeln. Brighton hatte keine Ahnung, wie nahe wir dem Ort sein würden, an dem ich aufgewachsen war, und genau so sollte es auch bleiben – meine Vergangenheit war mein Geheimnis.

Eines Abends, nach zu vielen Martinis, hatte Brighton die grandiose Idee gehabt, sich für ihre Hochzeit »unter das gemeine Volk zu mischen«. Dabei kicherte sie hinter ihrer Hand, als wäre es der Witz des Jahrhunderts. Sawyer, der stets dabei war, wenn es darum ging, seine wunderschöne Braut zufriedenzustellen, verpasste der Reise sein »grandios ironisches« Prüfsiegel. Wer würde schließlich von einer der einflussreichsten Agentinnen in L. A. erwarten, auf einer winzigen Insel wie Key West zu heiraten?

Und so würde Maisie Brown nach Hause zurückkehren.

Wir wechselten das Gesprächsthema und sprachen über die aufstrebenden Autoren, Sänger, Schauspieler und Musiker, die um unsere Aufmerksamkeit wetteiferten. Auch wenn ich mir noch immer schmerzhaft bewusst war, dass meine Fluchtpläne immer mehr in den Hintergrund gerieten, leuchteten meine Augen auf, als sie Collin West erwähnte, einen Sänger, der gerade kurz davor war, ganz groß rauszukommen. Größer als Liam McGuire, bevor er seine Ecken und Kanten verlor und sich irgendwo im Nirgendwo von Ohio niederließ.

Collins Geschichte war die beste überhaupt. Als Kind war er arm und dürr und rothaarig gewesen, seine Mitschüler hatten sich über ihn lustig gemacht, weil er von Ikonen wie Freddie Mercury und David Bowie besessen war. Als er Anfang des Jahres seinen Durchbruch hatte, standen plötzlich überall Rothaarige im Rampenlicht.

Wende des Schicksals, Baby.

Es gibt nichts Besseres.

Egal, ob es um Bücher, Filme oder Biographien ging – das waren eindeutig meine Lieblingsgeschichten.

Ein Beweis dafür, dass von dem, wer wir sind oder wie wir leben, nichts in Stein gemeißelt ist? Immer her damit!

Geschichten, die zeigen, dass man, ganz egal, wie schwierig der Start war, durch die richtige Kombination aus harter Arbeit, Disziplin, Opferbereitschaft und Glück alles schaffen kann? Ich bin dabei!

Mit seiner riesigen Fensterfront und seiner makellosen Einrichtung erinnerte mich mein Eckbüro bei Shift täglich an meine eigene Schicksalswende.

An alles, wofür ich gekämpft hatte.

An alles, was ich gewonnen hatte.

An die Person, die ich geworden war, und die, die ich mir geschworen hatte nie wieder zu sein.

Das kleine Mädchen mit knurrendem Magen? Mit schlecht sitzenden Klamotten und einem Haus auf den Florida Keys ohne Klimaanlage? (Das müsst ihr einen Augenblick sacken lassen. Florida Keys. Ohne Klimaanlage.)

Das hungrige, verschwitzte kleine Mädchen war verschwunden. Ich war aus ihr herausgewachsen und zu der Person geworden, die ich heute war. Ich verbrachte meine Tage vor dem Laptop, das Telefon am Ohr, und kämpfte im Schützengraben, um die Träume meiner Kunden Wirklichkeit werden zu lassen. Ich wusste, wenn ich es für mich selbst erreichen konnte, dann konnte ich es auch für andere schaffen.

Klar, ich trieb Raubbau mit meinen Kräften. Und klar, ich hatte kein Privatleben, aber dieses Opfer war das Ganze wert. Es war mir egal, dass ich mehr Zeit im Büro verbrachte als zu Hause, denn die Aussicht war phantastisch.

»Seid ihr Mädels startklar?« Die Frage kam von der Tür, und als ich aufsah, stand dort Jacob Lombardi – der Mann, der Shift im Alleingang zu dem gemacht hatte, was es heute war. Der Chef, dem ich heute eigentlich um jeden Preis aus dem Weg gehen wollte. Sein grau meliertes Haar passte perfekt zu seinem teuren Anzug, und sein blendendes Lächeln erinnerte uns daran, dass seine Meinung mehr wert war als die von irgendjemandem sonst in unserer Branche.

Zur Hölle.

Ich wappnete mich für einen weiteren Vortrag darüber, was er doch für ein Engel war, uns zu erlauben, die Urlaubstage auch tatsächlich zu nehmen, die wir horteten wie Drachen einen Haufen Gold. Das Verrückte daran war ja, dass – so dringend ich Urlaub nötig hatte – diese Reise kein wirklicher Urlaub für mich werden würde. Als Trauzeugin war es meine Aufgabe, die kommende Woche für die Braut so angenehm wie möglich zu gestalten.

»Das wissen Sie doch«, erwiderte Brighton. Ich nickte, während mir die Tasche den Arm herunterrutschte, weil darin mein Handy vibrierte. Ein Anruf, den ich ignorieren musste.

Lombardi reckte das Kinn vor. »Gut. Schwingt eure Hintern da runter, habt viel Spaß, und seid euch bewusst, dass es keine andere Situation gibt, in der ich zustimmen würde, euch beide gleichzeitig eine Woche gehen zu lassen.« Er grinste, während er uns eine neue Version der gleichen Leier präsentierte, die er bereits seit einem Monat ständig wiederholte. »Also macht das Beste daraus, denn es wird nicht wieder vorkommen.« Wir alle lachten, und er gratulierte Brighton zur bevorstehenden Eheschließung, bevor er wieder verschwand, um zu tun, was auch immer er den ganzen Tag Wichtiges tat.

Kaum war er weg, verabschiedete sich auch Brighton und folgte ihm aus dem Büro. Ich rief noch ein paar Kunden zurück, checkte die unzähligen Social Media Accounts, die ich betreute, und versorgte dann die Pflanze, die auf dem Regal neben Caleb wohnte, mit Wasser. Sie war das einzige Lebewesen, das auf mich angewiesen war, und ein zähes kleines Ding. Zum Glück. An manchen Tagen konnte ich froh sein, wenn ich daran dachte, selbst etwas zu essen und zu trinken. Wie sollte ich da ein anderes Lebewesen am Leben halten?

»Ich bin nicht lange weg«, versprach ich. »Nur eine kurze Reise in die Vergangenheit, und dann bin ich wieder da, genau hier, wo ich hingehöre.« Aus irgendeinem Grund, vielleicht, weil ich mit einer Pflanze redete, als wäre sie eine Freundin, verspürte ich einen Anflug von Traurigkeit, die in meiner schönen neuen Welt so fehl am Platze war.

Ich hatte keinen Grund, traurig zu sein. Überhaupt keinen.

Ich hatte alles, was ich immer haben wollte, und noch viel mehr.

Kapitel 2

Caleb

Die Sonne glitzerte auf dem Wasser, während ich das Boot über die Wellen lenkte. Der Geruch von Sonnenmilch mischte sich mit der salzigen Meeresluft, das Dröhnen des Motors mit dem Gelächter und den Gesprächen der Touristen, die dagegen antranken, seekrank zu werden. Seit ich am Morgen die Augen geöffnet hatte, haftete dem Tag ein Gefühl der Erwartung an. Das Gefühl, dass etwas Großes auf mich wartete. Ich hatte keine Ahnung, was das sein könnte, aber ich beschloss, die Augen offen zu halten, damit ich es nicht verpasste.

Als Ausflugsbootbetreiber im wunderschönen Key West war ich immer von Menschen umgeben, aber nie so, dass mehr von mir gefordert wurde, als zu lächeln und zu winken. Ich verbrachte meine Tage an der frischen Luft. Blieb meinem Bedürfnis nach Ruhe und Unbeschwertheit treu. Im besten Fall sorgte ich dafür, dass die Menschen eine sensationelle Urlaubserinnerung mit nach Hause nahmen. Im schlimmsten Fall war die Erinnerung aufgrund schlechten Wetters nicht so toll, aber das machte ich dann wett, indem ich ihnen einfach mehr Drinks anbot.

Konnte das Leben noch besser sein?

Wenn ich draußen war, war ich glücklich.

Wenn ich Leuten ein Lächeln auf das Gesicht zaubern konnte, war ich glücklich.

Also war ich die meiste Zeit einfach nur glücklich.

Dadurch, dass ich genau wusste, wer ich war und was ich aus meinem Dasein auf dieser Erde machen wollte, hatte ich mir das perfekte Leben erschaffen. Ich verbrachte meine Tage auf dem Wasser und meine Abende in Bars oder indem ich meinen Brüdern bei dem einen oder anderen Projekt im The Hut half – dem Hotel, das meine Familie bereits seit meiner Kindheit besaß und betrieb.

Eine Blondine im Bikini mit den weißesten Beinen, die ich je gesehen hatte, stolperte auf mich zu. Ihr Tequila Sunrise (heute mehr Sunrise als Tequila, denn die Sonne schien, und Gewinn war wichtig) schwappte in einem billigen Plastikbecher hin und her. In der anderen Hand hielt sie ihr Handy.

»Hey Käpt’n«, säuselte sie und nahm das Telefon in die andere Hand, um mich am Arm zu fassen. Dann sah sie überrascht auf ihre manikürten Finger hinunter, während sie meinen Oberarm drückte. »Sie sind so stark.« Sie drückte erneut zu. »Und muskulös.« Sie leckte sich über die vollen Lippen. »Ich bekomme noch nicht mal meine Finger um Sie herum.« Sie schenkte mir ein verruchtes Lächeln und wartete darauf, dass ich auf ihre super clevere (das heißt: überhaupt nicht clevere) Anmache reagierte.

Ich erwiderte ihr Lächeln und sah ihr auf eine intensive Art und Weise in die Augen, die die meisten Menschen heutzutage gar nicht mehr zustande brachten. Sie zuckte zurück und zog einen Vorhang vor ihr wahres Ich, indem sie den Blick wieder auf meinen Arm senkte.

»Vielen Dank«, sagte ich und betonte dabei meinen Südstaatendialekt absichtlich, bevor ich meine Aufmerksamkeit wieder dem Wasser widmete. In Florida spricht man eigentlich keinen richtigen Südstaatendialekt, aber die Touristen – besonders die in Bikinis – kümmerten sich nicht um solche Details.

Das Mädchen zerfloss zu meinen Füßen förmlich zu einer Pfütze und fragte dann, ob sie ein Selfie mit mir machen dürfe, was sie bereits tat, bevor ich überhaupt antworten konnte. Sie knipste gleich mehrere hintereinander mit geschürzten Lippen. Dann öffnete sie den Mund und machte ein Peace-Zeichen und begann im Anschluss sofort, die Bilder auf ungefähr dreihundert sozialen Netzwerken zu posten, während ich das Boot über die Wellen zu unserem Schnorchelgebiet navigierte.

Manchmal wünschte ich mir, ich würde in einem anderen Jahrhundert leben. In einer Ära ohne Smartphones und der Sucht, ständig online zu sein. In einer weniger schnelllebigen Zeit, in der niemand nur aufgrund der schockierenden Größe seines Hinterns eine Instagram-Berühmtheit wurde. Ich wertschätzte harte Arbeit und Augenblicke, in denen man von Angesicht zu Angesicht eine Verbindung zueinander aufbauen konnte. Ich war ganz und gar unzeitgemäß, was manchmal bedeutete, dass ich einsamer war, als ich sein wollte.

Wenn man die einzige Person war, deren Augen nicht ständig an einem Bildschirm klebten, wurde einem erst so richtig bewusst, wie viele Menschen tatsächlich glaubten, sie würden gerade so richtig wichtige Dinge tun, dabei waren sie einfach nur verklärte Zombies, die überhaupt nicht viel zustande brachten. Witzig, wie dieser eine Unterschied es schwierig machte, sich mit mir zu identifizieren. Aber ich hatte mich schnell damit abgefunden und mich auf die Beziehungen konzentriert, die wirklich wichtig waren – die zu meinen Brüdern, meiner Schwester und meiner Mutter.

Als meine beschwipste Touristin fertig war mit dem Posten ihrer Fotos, hatte sie anscheinend vergessen, warum sie überhaupt zu mir herübergekommen war, und machte sich auf den Weg zurück zu ihren Freunden für eine weitere Runde alberner Selfies. Ich war froh, dass sie nicht noch einmal zu mir kam. Diese super blassen Beine erzählten mir alles, was ich wissen musste. Das Mädchen war nicht von hier. Wenn ihre Handy-Besessenheit noch nicht reichte, um sie vollkommen unattraktiv für mich zu machen, dann war es ihr Verfallsdatum.

Ich war nicht für kurzfristige Techtelmechtel zu haben. Ich suchte nach Tiefe in einer Welt, die in seichten Gewässern umherdümpelte. Meine engsten Freunde waren die Sonne und das Meer, mehr Tiefe konnte man sowieso nicht finden.

Wir erreichten unseren Schnorchelplatz, und ich zog mein übliches Programm durch. Zeigte meiner Horde Vergnügungssüchtiger, wie man die Ausrüstung benutzte, und sah dann zu, wie sie ins Wasser gingen. Ich war versucht, ebenfalls ins kühle Nass zu springen. Sehnte mich nach dem plötzlichen Druckanstieg des Augenblicks, wenn sich das Meer über meinem Kopf schloss, die Blasen, die an meiner Haut vorbeizogen, während ich in eine geheime Welt eintauchte, fasziniert von der plötzlichen Stille unter Wasser. Aber heute war ich Käpt’n Caleb Hutton, Nautikexperte, Touristenattraktion für alle, die sich nur zu gerne ablenken ließen. Meine Rolle gefiel mir, und ich spielte sie gut.

Plötzlich zog ein Tumult im Wasser meine Aufmerksamkeit auf sich. Platschen. Geschrei. Unruhe. Inmitten des Tumults entdeckte ich eine Frau, die in konzentrischen Kreisen um sich herum Panik verbreitete. Sie trug eine Rettungsweste, also hatte ich keine Sorge, dass sie unterging, aber das hieß nicht, dass sie tatsächlich in Sicherheit war. Es war möglich, dass irgendetwas unter Wasser ihre Panik ausgelöst hatte – was bedeutete, dass ich so schnell wie möglich zu ihr musste. Ohne zu zögern, zog ich mein Shirt aus und sprang vom Boot. Bahnte mir mit kräftigen Zügen den Weg durch das Wasser zu ihr und schlang einen Arm um ihre Taille.

Ich stellte Blickkontakt her. »Alles okay. Ich habe Sie.«

Sie erwiderte meinen Blick, unter der Taucherbrille erkannte ich meine Selfie-Queen von vorhin. Sie nickte mit panisch aufgerissenen Augen, und wir machten uns auf den Weg zurück zum Boot. Obwohl sie diejenige von uns war, die eine Rettungsweste trug, machte ich den Großteil der Arbeit, und als wir wieder zurück an Bord waren, brannte meine Lunge, und meine Arme fühlten sich an, als würden sie in Flammen stehen. Ich half ihr aus ihrer Ausrüstung heraus und ging dann in die Knie. Salzwasser tropfte in meine Augen.

»Alles okay?« Ich musterte sie, um herauszufinden, womit sie in Berührung gekommen war. Eine Qualle? Ein Hai? Ein Rochen? Es gab keine offensichtlichen Zeichen, dass sie medizinische Hilfe brauchte.