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Was ist das Proprium, das "Eigene", eines christlichen Krankenhauses? Für Patienten und Angehörige ist das christliche Profil einer Klinik wesentlich auf der Beziehungsebene erfahrbar: In den alltäglichen Begegnungen mit den Krankenhausmitarbeitern entscheidet es sich, ob ein Krankenhaus als "christlich" wahrgenommen wird. Eine entscheidende Vorarbeit hierzu wird im Bereich des Personalmanagements geleistet. Die vorliegende Arbeit verknüpft betriebswirtschaftliche Erkenntnisse aus dem Bereich des Strategischen Personalmanagements mit theologischen Leitlinien einer trinitarisch geprägten Beziehungswirklichkeit. Anstöße zur profilorientierten Gestaltung des Personalmanagements sind das Ergebnis - Anstöße, die im christlichen Krankenhaus zugleich zukunftsichernd zum strategischen Erfolgsfaktor werden können.
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Seitenzahl: 458
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Wolfgang Schell
Beziehungswirklichkeit im Personalmanagement
des christlichen Krankenhauses –
Proprium und strategischer Erfolgsfaktor
Studienzur Theologie und Praxisder Caritas und Sozialen Pastoral27
Herausgegeben vonHeinrich Pompey und Ursula Nothelle-Wildfeuerin Verbindung mitAlois Baumgartner, Isidor Baumgartner,Stephan E. Müller, Norbert Glatzel,Lothar Roos
Wolfgang Schell
D 25
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbliothek
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über <http://dnb.d-nb.de> abrufbar.
© 2012 Echter Verlag GmbH, Würzburg
www.echter-verlag.de
Druck und Bindung: Difo-Druck GmbH, Bamberg
ISBN 978-3-429-03496-2 (Print)
ISBN 978-3-429-04639-2 (PDF)
ISBN 978-3-429-06049-7 (ePub)
Vorwort
Eine wissenschaftliche Arbeit, die das Personalmanagement im christlichen Krankenhaus in näheren Augenschein nimmt, bedarf der Anregungen und Inspirationen aus Theorie und Praxis sowie aus Theologie und Betriebswirtschaft. Zahlreichen Personen und Institutionen darf ich daher anlässlich dieser Veröffentlichung für ihre Impulse und ihre Unterstützung danken.
Die vorliegende Arbeit wurde im Sommersemester 2011 von der Theologischen Fakultät der Albert-Ludwigs-Universität, Freiburg im Breisgau, als Dissertation angenommen. Herrn Professor Dr. Heinrich Pompey sowie Frau Professorin Dr. Ursula Nothelle-Wildfeuer danke ich sowohl für die Betreuung des Dissertationsprozesses als auch für die Möglichkeit, die Arbeit in der von ihnen herausgegebenen Reihe der „Studien zur Theologie und Praxis der Caritas und Sozialen Pastoral“ zu veröffentlichen. Bei der Entwicklung der inhaltlichen Grundlinien der Arbeit waren mir die kritischen Rückmeldungen und der kollegiale Rat in den regelmäßigen Treffen des caritaswissenschaftlichen Kolloquiums in Freiburg eine wichtige Hilfe. Ich darf den Mitgliedern und Professoren des Kolloquiums hierfür herzlich danken, insbesondere Herrn Dr. Dieter Fuchs und Herrn Professor Dr. Ralf Haderlein. Herrn Professor Dr. Walter A. Oechsler von der Universität Mannheim gilt mein Dank für den Einblick in die Welt des Strategischen Personalmanagements und den interdisziplinären Diskurs zwischen Theologie und Ökonomie. Für die Impulse zur trinitätstheologischen Aufarbeitung der Beziehungsthematik und für die hilfreichen Gespräche und Rückmeldungen sei Herrn Professor Dr. Karlheinz Ruhstorfer und Herrn Dr. Arno Zahlauer herzlich gedankt. Ein Wort des Dankes richtet sich auch an die Fakultät, vertreten durch Herrn Dekan Professor Dr. Klaus Baumann, für die Annahme der Arbeit und an Herrn Dr. Franz Josef Klasen für die hervorragende Begleitung von Seiten des Prüfungsamtes.
Die Erstellung dieser Arbeit, die versucht Brücken zwischen Theorie und Praxis zu schlagen, wurde auch von praktischer Seite her tatkräftig unterstützt: Ich danke meinen Arbeitgebern, die den Entstehungsprozess der Dissertation begleitet und mich dabei immer wieder ermutigt haben. Dem Orden der Barmherzigen Schwestern vom heiligen Vinzenz von Paul, Freiburg, sei hier ebenso gedankt wie der Kongregation der Schwestern vom Göttlichen Erlöser (Niederbonner Schwestern) und der Krankenhausstiftung der Niederbronner Schwestern, Speyer und Ludwigshafen. Mein Dank gilt den Trägervertretern, den Verantwortlichen in den Krankenhausleitungen und vor allem den zahlreichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die mir durch ihr Vorbild, ihre Fragen und durch viele Gespräche wertvolle Einblicke in den Alltag christlicher Krankenhäuser gegeben haben.
Danken möchte ich sodann auch herzlich allen Freundinnen und Freunden, die mich während des Dissertationsprozesses motivierend, hinterfragend und bereichernd begleitet haben. Stellvertretend für viele andere seien hier Herr Dr. Dr. Christian Würtz, Herr Jan Gühne, Herr Albrecht Kollefrath und Frau Sabine Müller genannt. Der Katholischen Hochschulgemeinde Mannheim gilt mein Dank für die gastfreundliche Aufnahme an zahlreichen Studientagen. Meiner Familie danke ich für das Mitgehen und Mittragen, zu guter Letzt und in größter Dankbarkeit und Liebe meiner Frau Beate, die das Entstehen dieser Arbeit durch ihre Unterstützung und ihre Begleitung erst möglich gemacht hat.
Eppelheim/ HeidelbergAdvent 2011
Wolfgang Schell
Inhaltsverzeichnis
Vorwort
Inhaltsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
I. Das christliche Krankenhaus und sein Proprium
1. Ausgangspunkt „Christliches Krankenhaus“
2. Spannungsfeld Theologie – Ökonomie
3. Hypothese: zentrale Bedeutung der Beziehungswirklichkeit
4. Zwei theoretische Zugänge zur Beziehungswirklichkeit: Personalmanagement und Trinitätslehre
5. Zwei Teilaspekte der Beziehungswirklichkeit: Personalität und Communialität
6. Gang der Untersuchung
II. Personalmanagement im Krankenhaus – Mitarbeiter in Beziehung
1. Ansatzpunkte zum Verständnis des „Mitarbeiters“ in der Personalwissenschaft
1.1 „Human Resource Management“
1.1.1 Wurzeln des HRM: Scientific Management und Human-Relations-Bewegung
1.1.2 Zentraler Ausgangspunkt des HRM: der Mitarbeiter als Vermögensanlage
1.2 „Strategie“ – strategische Ausrichtung des Personalmanagements
1.2.1 Zum Begriff der „Strategie“
1.2.2 Zentraler Ausgangspunkt des SHRM: der Mitarbeiter als „strategischer Erfolgsfaktor“
1.2.3 Das Zueinander von Unternehmens- und Personalstrategie
1.2.4 Funktionen eines Strategischen Personalmanagements
1.3 Der Ansatz des SHRM nach Walter A. OECHSLER
1.3.1 Integrative Abstimmung der Elemente Strategie, Struktur, HRM
1.3.2 Der Human-Resource-Kreislauf
2. Elemente des Strategischen Human Resource Managements im Krankenhaus
2.1 Umweltkontext
2.1.1 Politische Einflüsse
2.1.2 Wirtschaftliche Einflüsse
2.1.3 Kulturelle Einflüsse
2.2 Strategie
2.2.1 Strategisches Management im Krankenhaus
2.2.2 Strategieentwicklung und Leitbilder
2.2.3 Beispiel Führungsgrundsätze
2.3 Struktur
2.3.1 Organisationsstruktur des Krankenhauses
2.3.2 Organisationsentwicklung
2.3.3 Beispiel Führungssysteme und Mitarbeiterorientierung
2.4. Human Resource Management
2.4.1 Personal als strategischer Erfolgsfaktor
2.4.2 Beispiel Führungsstil
2.4.3 Unternehmenskultur und Betriebsklima
3. Der Human-Resource-Kreislauf im Krankenhaus
3.1 Personalauswahl – Anforderungen und Kompetenzen
3.2 Dienstleistungsprozesse
3.3 Personalbeurteilung
3.4 Personalbelohnung
3.5 Personalentwicklung
4. Resümee: Beziehungswirklichkeit im Ansatz des SHRM
4.1 Zielbestimmung
4.2 Personalität
4.3 Communialität
III. Theologischer Grund – Beziehung in Gott
1. „Deus caritas est“ – aktuelle Anstöße für das christliche Krankenhaus
2. Beziehungswirklichkeit –Ansatzpunkte der theologischen Anthropologie
2.1 Gottebenbildlichkeit des Menschen
2.2 Würde und Gefährdung des Menschen
3. Beziehungswirklichkeit und Aspekte der Trinitätstheologie
3.1 Trinitätslehre – zwischen geschichtlicher Erfahrung und negativer Theologie
3.1.1 Ausgangspunkt: geschichtliche Erfahrungen
3.1.2 Ausweglosigkeit der Auswege
3.1.3 Trinitätslehre als Grenzaussage
3.2 Positive Elemente einer Trinitätslehre
3.2.1 Einheit und Vielheit
3.2.2 Das Wesen des Personbegriffs
3.2.3 Die Absolutheit des Relativen
4. Leben in Beziehung – trinitarische Prinzipien des gelebten Christentums
4.1 Prinzip „Sein-Von“
4.2 Prinzip „Sein-Für“
4.3 Prinzip „Sein-Mit“
4.4 Zusammenschau: Prinzip „Liebe“
5. Trinitarische Beziehungswirklichkeit – Maßstab für das caritative Engagement der Kirche
5.1 Caritative Diakonie als Ausdruck der trinitarischen Liebe
5.2 Zwei Wirkelemente trinitarischer Beziehungswirklichkeit: Personalität und Communialität
5.3 Trinitarische Beziehungswirklichkeit und sozialethische Orientierung
5.4 Sozialethische Grundlage: Kulturethisches Dreieck und SHRM
IV. Trinitarische Beziehungswirklichkeit im Personalmanagement des christlichen Krankenhauses
1. Trinitarische Beziehungswirklichkeit und SHRM – Versuch einer Zusammenschau
1.1 Zielbestimmung – Unterscheidungen und mögliche Übereinstimmungen
1.2 Personalität – Unterscheidungen und mögliche Übereinstimmungen
1.3 Communialität – Unterscheidungen und mögliche Übereinstimmungen
2. Stärkung des christlichen Profils – Trinitarische Beziehungswirklichkeit und SHRM im christlichen Krankenhaus
2.1 Äußere Bedingungen für die Strategiewahl „Christliches Profil“
2.1.1 Politische Umwelteinflüsse
2.1.2 Wirtschaftliche Umwelteinflüsse
2.1.3 Kulturelle Umwelteinflüsse
2.1.4 Religiöse Umwelteinflüsse
2.2 „Sein-Von“ und Strategie – Beziehungswirklichkeit als Proprium
2.2.1 Strategie Ganzheitlichkeit
2.2.2 Leitbildarbeit – christliche Strategieentwicklung
2.2.3 Dynamisierung des christlichen Propriums
2.3 „Sein-Mit“ und Struktur des christlichen Krankenhauses
2.3.1 Organisationsstruktur und christliches Proprium
2.3.2 Organisationsentwicklung im christlichem Krankenhaus
2.4 „Sein-Für” und Human Resource Management
2.4.1 Der Mitarbeiter als strategischer Erfolgsfaktor im christlichen Krankenhaus
2.4.2 Beziehungswirklichkeit und Führung
2.4.3 Unternehmenskultur und christliches Proprium
3. Aspekte eines christlichen Profils im Human-Resource-Kreislauf
3.1 Christliches Profil und Personalauswahl
3.2 Christliches Profil und Dienstleistungsprozesse
3.3 Christliches Profil und Personalbeurteilung
3.4 Christliches Profil und Personalbelohnung
3.5 Christliches Profil und Personalentwicklung
V. Beziehungswirklichkeit – Proprium und strategischer Erfolgsfaktor
VI. Anhang
Abbildungsverzeichnis
Literaturverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
ÄrzteBefrG
Gesetz über befristete Arbeitsverträge mit Ärzten in der Weiterbildung
AGG
Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz
ArbZG
Arbeitszeitgesetz
AVR
Arbeitsvertragliche Richtlinien
BetrVG
Betriebsverfassungsgesetz
BPersVG
Bundespersonalvertretungsgesetz
BPflV
Bundespflegesatzverordnung
CiV
Enzyklika „Caritas in veritate“ (2009)
DCE
Enzyklika „Deus caritas est“ (2006)
DRG
Diagnosis Related Group
DH
DENZINGER, Heinrich (Begr.); HÜNERMANN, PETER (HRSG.): Enchiridion Symbolorum, Definitionum et Declarationum de rebus fidei et morum (Kompendium der Glaubensbekenntnisse und kirchlichen Lehrentscheidungen). 37. Aufl., Freiburg : Herder, 1991
GG
Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland
GS
II. Vatikanisches Konzil: Pastoralkonstitution über die Kirche in der Welt von heute („Gaudium et spes“)
GSG
Gesundheitsstrukturgesetz
HRM
Human Resource Management
ISO 9000ff.
Bündel aus Leitfäden, Normen und QM-Modellen nach DIN
JArbSchG
Jugendarbeitsschutzgesetz
Kap.
Kapitel
KrPflG
Krankenpflegegesetz
KHG
Krankenhausfinanzierungsgesetz
KTQ
Kooperation für Transparenz und Qualität im Gesundheitswesen
LG
II. Vatikanisches Konzil: Dogmatische Konstitution über die Kirche („Lumen gentium“)
LThK
Lexikon für Theologie und Kirche
MAV
Mitarbeitervertretung
MAVO
Mitarbeitervertretungsordnung
MitbestG
Mitbestimmungsgesetz
MuSchG
Mutterschutzgesetz
OE
Organisationsentwicklung
pCC
proCum Cert
QA
Enzyklika „Quadragesimo anno“ (1931)
QM
Qualitätsmanagement
SEP
Strategisches Erfolgspotential
SGB V
Sozialgesetzbuch, Fünftes Buch
SHRM
Strategisches Human Resource Management
SRS
Enzyklika „Sollicitudo rei socialis” (1987)
SPS
Enzyklika „Spe salvi” (2007)
TQM
Total Quality Management
TVöD
Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst
UR
II. Vatikanisches Konzil: Dekret über den Ökumenismus („Unitatis redintegratio“)
Aus Gründen der besseren Lesbarkeit und der Textökonomie wurde auf die weibliche Form von Personsubstantiven weitgehend verzichtet und nur die männliche gebraucht – gemeint und angesprochen sind jedoch stets beide Geschlechter.
Das Gesundheitswesen in Deutschland und der deutsche Krankenhausmarkt sind im Umbruch begriffen. Der Krankenhaussektor sieht sich mit einer Vielzahl organisatorischer, medizinisch-technischer und ökonomischer Herausforderungen konfrontiert1. Demographische Entwicklung, medizinischer Fortschritt und die durch die Abrechnung nach Fallpauschalen hervorgerufenen Budgetveränderungen bilden hierbei nur die Spitze enormer Wandlungsprozesse. Unter dem Druck der erforderlichen Anpassungen verändert sich auch das Bild der deutschen Krankenhauslandschaft: bisher selbständige Krankenhäuser fusionieren oder müssen geschlossen werden, zunehmend werden private Investoren auf dem Klinikmarkt aktiv, und der Wettbewerb zwischen den Krankenhäusern nimmt zu.
Über ein Drittel der deutschen Krankenhäuser befindet sich in freigemeinnütziger Trägerschaft2 – der größte Teil dieser fast 700 Krankenhäuser weist eine kirchliche Trägerschaft auf. Diese christlichen Krankenhäuser stehen hierbei vor denselben Herausforderungen wie der gesamte Krankenhausmarkt. Gleichzeitig bringen sich christliche Krankenhäuser auf spezifische Weise im heutigen Gesundheitswesen ein. Christliches Engagement im Krankenhausbereich versteht sich als gelebte Nächstenliebe und knüpft an eine über Jahrhunderte gepflegte Tradition des Helfens aus dem Glauben heraus an. Unter den Anforderungen der Gegenwart stehen christliche Krankenhäuser der Frage gegenüber, wie ihr spezifisches christliches Proprium heute bewahrt und erfahrbar gemacht werden kann.
Krankenhäuser gleich welcher Trägerschaft haben auf die veränderten Rahmenbedingungen heute zu reagieren, um ihr Überleben zu sichern. Die qualitätsorientierte und zugleich wirtschaftliche Führung eines Krankenhauses erfordert hierbei sowohl zeitgemäße Organisations- und Rechtsformen als auch Managementkonzepte, die den Anforderungen der Zeit entsprechen. Darüber hinaus sind z.B. neue Formen der Qualitätspolitik und der Wettbewerbsorientierung sowie Offenheit für verschiedenste Kooperationen von Nöten. Auf diese Veränderungsanforderungen sollte ein Krankenhaus mit langfristiger Planung und mit einer strategischen Ausrichtung des Krankenhausmanagements reagieren. Solch eine strategische Positionierung eines Krankenhauses erfordert den Aufbau und die Pflege von so genannten strategischen Erfolgsfaktoren. Unter strategischen Erfolgsfaktoren werden hierbei Marktleistungen oder Ressourcen verstanden, die einem Krankenhaus dazu verhelfen, zu überleben und langfristig erfolgreich zu sein.
Christliche Krankenhäuser haben sich hierbei einer doppelten Herausforderung zu stellen: Zum einen gilt es als Krankenhaus zu überleben – d.h. das wirtschaftliche Überleben einer Einrichtung zu sichern, auch im Hinblick auf medizinische, personelle und organisatorische Entwicklungen. Zum zweiten jedoch stellt sich die drängende Aufgabe, als christliches Krankenhaus bestehen zu bleiben. Das Proprium der Christlichkeit wird zur Gabe und Aufgabe: Gelingt es, die christliche Gestalt eines Krankenhauses zu bewahren und für alle Anspruchsgruppen einer Klinik erlebbar und spürbar zu machen, so kann das wiederum auch Auswirkungen auf die wirtschaftliche Entwicklung eines Hauses haben. Im Falle des christlichen Krankenhauses kann sich gerade die vom christlichen Glauben getragene Beziehungswirklichkeit und ein für Patienten, Angehörige und Mitarbeiter erfahrbares christliches Profil, das Patienten anspricht und anzieht, als wichtiger strategischer Erfolgsfaktor erweisen, der dazu beitragen kann, den Erfolg und das Überleben eines Krankenhauses zu sichern.
Unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten kommt in diesem Prozess der strategischen Positionierung dem Personalmanagement im Krankenhaus eine besondere Bedeutung zu. Ein Krankenhaus als Erbringer personalintensiver und personennaher Dienstleistungen benötigt Mitarbeiter mit hoher fachlicher, kommunikativer und sozialer Kompetenz. Auch auf der Kostenseite ist die Gestaltung der Personalkosten – mit einem durchschnittlichen Anteil von 60-70 % der Gesamtkosten – entscheidend für das wirtschaftliche Überleben eines Krankenhauses. Für die Zukunft wird es für Kliniken ausschlaggebend sein, die konkrete Personalarbeit mit der strategischen Ausrichtung des Krankenhauses zu verknüpfen und so eine Verbindung herzustellen zwischen Unternehmensstrategie auf der einen und Personalstrategie auf der anderen Seite.
Für ein christliches Krankenhaus bedeutet dies, dass gerade im Bereich des Personalmanagements intensiv über die Gestaltung einer christlich geprägten Beziehungswirklichkeit nachgedacht werden muss. Es stellt sich hierbei die Frage, wie das Personalmanagement des christlichen Krankenhauses positiv auf die Entwicklung, Kultivierung und Erhaltung des christlichen Propriums einwirken kann. Personalmanagement im christlichen Krankenhaus wird sich auf diesem Hintergrund einer strategischen Ausrichtung verpflichtet wissen, die auf ein christliches Profil hinarbeitet. Dieser Weg führt hin zu einem strategischen Personalmanagement, wie es in verschiedenen Ansätzen des Strategischen Human Resource Managements vertreten wird. Eine Verknüpfung des Strategischen Human Resource Managements mit krankenhausspezifischen Problemstellungen kann daher ein wichtiger Beitrag sein für die Entwicklung eines stärker strategieorientierten Krankenhausmanagements – insbesondere im christlichen Krankenhaus.
Es zeigt sich, dass für ein christliches Krankenhaus Aspekte aus Wirtschaft und Theologie von Bedeutung sind – die vorliegende Arbeit stellt sich dieser immer wieder aufs Neue notwendigen interdisziplinären Begegnung. Hinführend soll im Folgenden zunächst auf die Ausgangsfrage nach dem „Christlichen Krankenhaus“ eingegangen werden. Das spannende und spannungsreiche Zueinander von Theologie und Ökonomie ist des Weiteren zum Verständnis des interdisziplinären Ansatzes relevant. Zentral für die Gestaltung des christlichen Krankenhauses und seines erfahrbaren Propriums ist – so die hier vertretene These – die Beziehungsdimension der Wirklichkeit. Diese beziehungstheologische Grundlage soll erläutert werden, bevor schließlich der Gang der Untersuchung vorgezeichnet wird.
1 Vgl.: DAMKOWSKI, Wulf; MEYER-PANNWITT, Ulrich; PRECHT, Claus: Das Krankenhaus im Wandel : Konzepte – Strategien – Lösungen. Stuttgart : Kohlhammer, 2000, v.a. S. 15ff.
2 Vgl. zur Krankenhausstatistik 2008: DEUTSCHE KRANKENHAUSGESELLSCHAFT (Hrsg.): Eckdaten der Krankenhausstatistik 2008. www.dkgev.de/dkg.php/cat/62/aid/6628/title/Krankenhausstatistik_2008_%28Grunddaten%29 (download 15.05.2010).
Das Werk der christlichen Nächstenliebe ist nicht nur Aufgabe der einzelnen Christinnen und Christen sondern ebenso der kirchlichen Gemeinschaft als Ganzer. Schon in der Frühzeit der Kirche entstanden daher Einrichtungen für Kranke. Hospitäler und Krankenanstalten, getragen von Gemeinden, Bischöfen oder Klöstern, waren fester Bestandteil des caritativen Engagements der Kirche und entwickelten sich über die Jahrhunderte hinweg weiter bis hin zu den heutigen modernen Krankenhäusern.3 Die in der Krankensorge praktizierte Nächstenliebe wurde so „ein entscheidendes Kennzeichen der christlichen Gemeinde, der Kirche“ (DCE 24). Im christlichen Krankenhaus nimmt die Liebe Gottes zum Menschen eine konkrete Gestalt an – Kirche wird transparent als „Zeichen und Werkzeug“ (vgl. LG 1) für die innigste Vereinigung der Menschen mit Gott und untereinander. Damit wird deutlich, dass die Praxis christlicher Nächstenliebe zum zentralen Lebensvollzug der Kirche gehört.4 Die erste Enzyklika von Papst BENEDIKT XVI. „Deus caritas est“5 weist ausdrücklich auf den dreifachen Auftrag der Kirche hin (vgl. DCE 25). Das Wesen der Kirche drückt sich in ihren drei Grundvollzügen aus:
• Die Feier der Gottesdienste und der Sakramente (Liturgie)
• Die Verkündigung des Wortes (Martyria/Katechese)
• Der Dienst der tätigen Nächstenliebe (Caritas/Diakonie)
Diese drei Aufgaben bedingen sich gegenseitig und lassen sich nicht voneinander trennen. Keine dieser drei Ausdrucksweisen von Kirche kann einfach vernachlässigt werden. Für den Bereich der Caritas/Diakonie bedeutet dies: „Der Liebesdienst ist für die Kirche nicht eine Art Wohlfahrtsaktivität, die man auch anderen überlassen könnte, sondern er gehört zu ihrem Wesen, ist unverzichtbarer Wesensausdruck ihrer selbst“ (DCE 25). In diesem Sinne können und müssen sich christliche Krankenhäuser als „opus proprium“ (DCE 29), als wesentlicher Teil der Kirche verstehen und als deren Lebens- und Wesensäußerung.
Was unterscheidet aber nun ein Krankenhaus in christlicher Trägerschaft von einer Klinik, die von öffentlicher oder privater Hand geführt wird? Zahlreiche christliche Krankenhäuser sehen sich gegenwärtig mit der Frage konfrontiert, was denn (noch) ihr spezifisch „Christliches“ ausmache? Was ist das Proprium, das „Eigene“, eines christlichen Krankenhauses?6 Die Frage nach dem christlichen Profil treibt nicht nur christliche Krankenhäuser um, sondern ist eine in den vergangenen Jahren stark diskutierte Thematik aller caritativer Verbände und Einrichtungen im deutschsprachigen Raum. Neben der Diskussion von Profilfragen wurden in dieser Zeit zahlreiche Leitbildprozesse angestoßen. Darüber hinaus wurden verschiedene christlich spezifizierte Qualitätsmanagementmodelle aufgebaut und weiterentwickelt. Neue Anstöße hat die Frage nach dem Proprium christlichen Helfens auch durch die Enzyklika von Papst B XVI. „Deus caritas est“ erfahren. Die Enzyklika enthält „visionäre, energetisierende Perspektiven“ für die inhaltliche Ausrichtung der Caritas und gibt wichtige Hinweise für die Konkretisierung des christlichen Propriums – Anregungen auf die im Zuge der vorliegenden Arbeit an zentralen Stellen zurück zu kommen sein wird.
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