Bianca Exklusiv Band 268 - Lois Faye Dyer - E-Book
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Bianca Exklusiv Band 268 E-Book

Lois Faye Dyer

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Beschreibung

ALLE SORGEN SIND VERGESSEN von DYER, LOIS FAYE
Wie Aschenputtel auf dem Ball fühlt sich Allison auf der Wohltätigkeitsgala des Krankenhauses. Und ihr Prinz ist Staatsanwalt Jorge Perez, dessen Flirt sie stürmisch erwidert. In seinen Armen stürzt sie sich in eine Nacht, in der sie alle Sorgen vergessen will …

SAG JA ZUM LEBEN, SAG JA ZUM GLÜCK von BELISLE, LISETTE
Nur weil sie behauptet, seine Frau zu sein, darf Abby den verletzten Jack ins Krankenhaus begleiten. Obwohl sie den attraktiven Freund ihres Bruders kaum kennt, fühlt Abby sich ungemein von ihm angezogen. So sehr, dass ihr Verlobter sie vor die Wahl stellt: er oder ich.

ENDLICH GEBORGEN BEI DIR von KAY, PATRICIA
Die junge Frau, die Kevin Callahan orientierungslos auf der Straße gefunden hat, erinnert sich langsam wieder. Stockend erzählt sie ihm ihre Geschichte und ihren Namen - Laura. Und er erfährt, dass er nicht nur Gefahr läuft, sein Herz zu verlieren, sondern auch sie ...

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Lois Faye Dyer, Lisette Belisle, Patricia Kay

BIANCA EXKLUSIV BAND 268

IMPRESSUM

BIANCA EXKLUSIV erscheint in der HarperCollins Germany GmbH

Redaktion und Verlag: Postfach 301161, 20304 Hamburg Telefon: +49(0) 40/6 36 64 20-0 Fax: +49(0) 711/72 52-399 E-Mail: [email protected]
Geschäftsführung:Thomas BeckmannRedaktionsleitung:Claudia Wuttke (v. i. S. d. P.)Produktion:Jennifer GalkaGrafik:Deborah Kuschel (Art Director), Birgit Tonn, Marina Grothues (Foto)

Erste Neuauflage by HarperCollins Germany GmbH, Hamburg, in der Reihe: BIANCA EXKLUSIV, Band 268 – 2016

© 2003 by Harlequin Books S.A. Originaltitel: „Practice Makes Pregnant“ erschienen bei: Silhouette Books, Toronto Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l. Übersetzung: Patrick Hansen Deutsche Erstausgabe 2004 by CORA Verlag GmbH & Co. KG, Hamburg,in der Reihe BIANCA, Band 1424

© 2003 by Lisette Belisle Originaltitel: „His Pretend Wife“ erschienen bei: Silhouette Books, Toronto Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l. Übersetzung: Tatjána Lénárt-Seidnitzer Deutsche Erstausgabe 2004 by CORA Verlag GmbH & Co. KG, Hamburg,in der Reihe BIANCA, Band 1413

© 2003 by Patricia A. Kay Originaltitel: „Annie And The Confirmed Bachelor“ erschienen bei: Silhouette Books, Toronto Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l. Übersetzung: Ines Schubert Deutsche Erstausgabe 2008 by CORA Verlag GmbH & Co. KG, Hamburg,in der Reihe BIANCA, Band 1614

Abbildungen: Premium RF / Masterfile, alle Rechte vorbehalten

Veröffentlicht im ePub Format in 02/2016 – die elektronische Ausgabe stimmt mit der Printversion überein.

E-Book-Produktion: GGP Media GmbH, Pößneck

ISBN 9783733732691

Alle Rechte, einschließlich das des vollständigen oder auszugsweisen Nachdrucks in jeglicher Form, sind vorbehalten. CORA-Romane dürfen nicht verliehen oder zum gewerbsmäßigen Umtausch verwendet werden. Sämtliche Personen dieser Ausgabe sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig.

Weitere Roman-Reihen im CORA Verlag:BACCARA, JULIA, ROMANA, HISTORICAL, MYSTERY, TIFFANY

Alle Sorgen sind vergessen

1. KAPITEL

„Du wirst heute Abend mit uns auf diese Party gehen.“

Allison Baker reagierte nicht auf Zoes Ankündigung. Stattdessen nahm sie einen Schluck Eistee, streckte die Beine aus, legte die bloßen Füße auf das gelbe Sitzkissen des freien Küchenstuhls und lächelte ihre Freundin liebenswürdig an.

Zoe Armbruster hörte auf, in der Küche hin und her zugehen, stemmte die Hände in die Seiten und sah Allison wütend an. „Spar dir dein süßes Lächeln. Ich weiß, du denkst dir gerade tausend Ausreden aus, um nicht hingehen zu müssen. Und ich nehme dir nicht eine einzige davon ab.“

Allison zeigte auf die zahlreichen juristischen Fachbücher, Zeitschriften, Kugelschreiber und losen Blätter, die auf dem kleinen Tisch verstreut waren. „Zoe, ich würde ja gern mit dir und Jack ausgehen, aber ich muss für meinen Kurs in der nächsten Woche noch einen Schriftsatz fertig stellen.“

Zoe hob die Rechte. „Nein. Keine Ausreden. Nichts da.“ Sie ergriff Allisons Hand und zog sie vom Stuhl, dann drehte sie die Freundin um und schob sie entschlossen in Richtung Schlafzimmer. „Du lebst wie eine Nonne – nur Arbeit, kein Vergnügen. Heute Abend werden wir beide unsere Jobs vergessen und ordentlich Spaß haben.“

Lachend ließ Allison sich von Zoe ins Schlafzimmer befördern. Wenn die kleine Brünette so in Form war, konnte man ihr nur schwer widerstehen. Allison wusste, dass sie eigentlich nach einem Vergleichsfall suchen sollte, um ihre Argumente im Schriftsatz zu untermauern. Aber die Aussicht auf einen Abend ohne Fachbücher oder Übungsaufgaben war äußerst verlockend.

„Ich habe absolut nichts, was ich zu einem Wohltätigkeitsball anziehen könnte, Zoe.“ Sie setzte sich ans Fußende des Betts und beobachtete, wie ihre Freundin den Schrank öffnete und die darin hängenden Sachen durchsah. Allison schaute an ihrer eigenen, schlanken Gestalt hinab, dann wieder zu ihrer viel kleineren und üppiger geformten Freundin hinüber. „Und ich kann unmöglich etwas von dir tragen.“

Mit gerunzelter Stirn starrte Zoe auf ein maßgeschneidertes schwarzes Business-Kostüm und schob es zur Seite. „Wir werden schon das Richtige finden. Notfalls machen wir eins meiner Kleider enger.“

Allison lachte. „Das würde die ganze Nacht dauern. Wir würden die Party verpassen.“

Zoe verschwand halb im Schrank, und ihre Stimme klang gedämpft. „Du wirst auf diesen Ball gehen, und wenn ich dir ein Kleid stehlen muss!“

„Oh, großartig“, erwiderte Allison. Sie schüttelte den Kopf und strich sich eine rötlichbraune Locke aus dem Gesicht. „Du bist bereit, eine Straftat zu begehen, nur damit ich auf eine Party gehen kann?“

„Ja.“ Zoes nachdrücklicher Antwort folgte ein zufriedener Laut. Mit einer durchsichtigen Hülle, in der ein schwarzes Abendkleid hing, tauchte sie aus dem Schrank auf. „Aha!“

Allison straffte sich. Das Designerkleid hatte sie völlig vergessen. Sie hatte ihre Eltern in Beverly Hills besucht und mit ihrer Mutter einen Einkaufsbummel gemacht. Sie hatte es nie getragen, denn sie war einen Tag früher nach New York zurückgeflogen, um ihre Eltern nicht zu einer Filmpremiere begleiten zu müssen. Sie hasste den Medienrummel, den die beiden auslösten, wenn sie auf einer ihrer geliebten Hollywood-Partys auftauchten.

Seit Allison siebzehn war, hatte sie es geschafft, diese glamourösen Anlässe zu meiden. Jene katastrophale Nacht auf der Party nach einer Filmpreisverleihung hatte bei ihr ein unauslöschliches Trauma hinterlassen.

Zoe zog die Hülle auf und nahm das Abendkleid heraus. Ihre Augen wurden groß. „Mann, das ist ja wunderschön. Und absolut perfekt für heute Abend.“ Sie warf Allison einen Blick zu. „Hast du Schuhe, die dazu passen?“

„Ja. Ich glaube, die stehen in dem Regal hinter dem Stapel Winterpullover.“

„Toll! Hier.“ Zoe warf Allison das Kleid zu und verschwand erneut im Schrank.

Allison strich mit der Handfläche über den mit feiner Spitze besetzten Satin und befühlte den kühlen Stoff.

Zoe kam wieder zum Vorschein. Triumphierend ließ sie ein Paar schwarzer Sandaletten an einer Hand baumeln. „Hier sind sie.“ Sie blieb vor Allison stehen. „Gehst du jetzt duschen und ziehst dich um, oder muss ich dich dazu zwingen?“

„Nein, ich gebe auf.“ Allison musste über das schelmische Lächeln ihrer Freundin lachen. „Ich gehe auf die Party.“

Eine Stunde später betrachtete Allison sich in dem Spiegel, der an der Schlafzimmertür hing. Verschwunden war die arbeitsame Assistentin, die in Abendkursen Jura studierte. Die Person, die sie vor sich sah, war eine ganz andere als die, die jeden Morgen brav zur Arbeit ging und sich nach Feierabend weiterbildete. Das elegante Kleid schmiegte sich um ihre schlanken Kurven und betonte die sanft geschwungenen Brüste unterhalb des weiten, an den Schultern ansetzenden Ausschnitts.

Der schmale, knöchellange Rock war seitlich geschlitzt und gab bei jedem Schritt den Blick auf das schlanke, in Seide gehüllte Bein frei, bis hinab zu den schwarzen Sandaletten mit spitzen Absätzen.

Sie drehte sich vor dem Spiegel und schaute über die Schulter. Die schwarze Spitze umschloss Hüften und Po und ließ ihre Figur auf diskrete Weise verführerisch erscheinen. Sie hatte ihr Haar mit schlichten goldenen Kämmen hochgesteckt und nur an den Schläfen und am Nacken ein paar zarten Locken die Freiheit gelassen. Um den Hals trug sie eine einfache goldene Kette, während die filigran geflochtenen Ohrringe aus Gold ihr einen Hauch von Exotik verliehen.

Dezenter Mascara und goldbrauner Lidschatten gaben den Augen etwas Geheimnisvolles, was vom Rouge und dem sorgfältig abgestimmten Lippenstift noch betont wurde.

Die Frau im Spiegel wirkte nicht vorsichtig. Nicht brav oder arbeitsam. Und auch nicht schüchtern und introvertiert. Sie sah ganz anders aus als die Allison, die die meisten Leute kannten.

Aber, so fand Allison, sie sah aus wie eine Frau, die selbstbewusst und kontaktfreudig war und sich nicht unterkriegen ließ.

Zögernd verzog sie den Mund zu einem Lächeln. Die Frau im Spiegel lächelte zurück.

Allisons Lächeln wurde noch breiter.

Nur heute Abend, erklärte sie ihrem ungewohnten Spiegelbild. Dieses eine Mal würde Allison so wie die Frau im Spiegel sein. An diesem Abend würde sie lachen und flirten und sich amüsieren, ohne an gestern oder morgen zu denken.

„Wahnsinn! Du siehst atemberaubend aus!“ Zoes Spiegelbild erschien neben dem von Allison. „Zwei Prinzessinnen vor dem Ball.“

Zoe trug ein purpurrotes Cocktailkleid, und mit ihrem dunklen Haar und Teint gab sie einen idealen Kontrast zu Allisons schwarzer Spitze, der hellen Haut und dem rötlichbraunen Haar ab.

Allison hakte sich bei ihr ein und legte den Kopf von links nach rechts, als würde sie die beiden Spiegelbilder kritisch mustern. „Nicht schlecht für eine Sekretärin und eine Kellnerin, was?“

Zoe wedelte mit der Hand. „Ich bin keine Kellnerin, ich bin eine ‚Barista‘. Und du bist nicht Sekretärin, sondern eine Chefassistentin, aus der bald eine brillante Anwältin wird. Und heute Abend sind wir beide elegante Damen der Gesellschaft“, fügte sie hinzu.

Es läutete. „Oh, das wird Jack sein.“

Zoe zog ihre Freundin aus dem Badezimmer, und auf dem Weg zur Tür schaffte Allison es gerade noch, sich ihre winzige Abendtasche und den Mantel zu schnappen.

Der Ballsaal war so voll, dass Allison schon nach wenigen Minuten von Zoe und ihrem Begleiter getrennt wurde. Aber dieses Mal machte es ihr nichts aus, sich allein inmitten einer Menschenmenge zu befinden. In das schützende Outfit einer selbstbewussten, attraktiven Frau gehüllt, plauderte sie ohne jede Scheu mit einem viel jüngeren Mann, der neben ihr am Büffet stand. Ganz offenbar interessierte er sich für sie, und als sie nach dem kurzen Gespräch davonging, war ihre Zuversicht gewaltig gewachsen.

Ich bin eine vollkommen andere Person, dachte sie lächelnd. Und das hier macht riesigen Spaß.

Decke und Wände des Ballsaals waren mit blauem Chiffon verhängt, durch den goldgelbes Licht drang, was die Illusion einer Unterwasserwelt schuf. Rund um den Raum waren Fotos und Figuren von Walen in ihrer natürlichen Umgebung platziert. Davor drängten sich Gäste um Fachleute, die Namensschilder trugen und alle Fragen sachkundig beantworteten. Allison nippte an ihrem Champagnerglas, während sie von Gruppe zu Gruppe schlenderte, überaus fasziniert vom Wissen und der Begeisterung der Professoren.

Sie lauschte gerade einem Meereskundler, der beschrieb, wie er zusammen mit Kollegen ein verwaistes Waljunges ausgewildert hatte, als sie zusammenzuckte. Empört fuhr sie herum, um denjenigen zur Rede zu stellen, dessen Finger sie gerade an ihrem Nacken gespürt hatte.

Sie stand am Rand der Gruppe, doch obwohl es um sie herum von Menschen wimmelte, war niemand ihr so nahe, dass er sie hätte berühren können.

Seltsam. Verwirrt drehte sie sich wieder zu dem Wissenschaftler um.

Doch kurz darauf fühlte sie das federleichte Streicheln wieder. Stirnrunzelnd schaute sie über die Schulter. Aber auch dieses Mal hatte sich ihr niemand auf Armeslänge genähert.

Nervös ließ sie ihren Blick durch den Raum wandern und erstarrte.

Auf der anderen Seite des Ballsaals lehnte ein Mann an einer Marmorsäule und beobachtete sie.

Allison fühlte es so deutlich, als hätte er den Arm um ihre Taille gelegt und sie an sich gezogen. Er war groß und gebräunt, hatte kurzes, schwarzes Haar und Augen, die so dunkel waren, dass sie geradezu schwarz wirkten.

Erst als einige Gäste sich zwischen sie schoben und den Blickkontakt unterbrachen, schnappte Allison nach Luft und gestand sich ein, dass sie den Fremden angestarrt hatte. Hastig nippte sie am Champagner, sah sich verlegen um und stellte erleichtert fest, dass niemand es bemerkt zu haben schien. Verwirrt und plötzlich erhitzt eilte sie so unauffällig wie möglich durch die offene Flügeltür auf die Terrasse.

Dort hielt sie sich am Geländer fest, atmete mehrmals tief durch, um sich zu beruhigen, und starrte auf die Lichter der Stadt.

Der letzte Ort, an dem Jorge Perez sich an einem heißen Samstagabend im August aufhalten wollte, war ein Wohltätigkeitsball für eine Organisation, die sich für die Rettung der Wale einsetzte. Nicht, dass er etwas gegen die großen Meeressäuger hatte. Nur zu gern hätte er einen Scheck ausgeschrieben und ihn der guten Sache gespendet. Was ihn störte, das war die Party selbst.

Er ging selten zu derartigen Anlässen und zog es vor, auch am Wochenende zu arbeiten. Doch sein Chef hatte ihn gebeten, ob er ihn vertreten könnte, und Jorge hatte nicht ablehnen können. Er mochte Ross und seine beiden Kinder. Als Ben und Sarah ihn anflehten, für Ross hinzugehen, damit ihr Vater mit ihnen zum Segeln gehen konnte, hatte er sich schnell breitschlagen lassen.

Also war er jetzt hier, in einem Smoking von Armani statt in verwaschenen Jeans, plauderte mit Stadträten, beantwortete Fragen eines Reporters nach seinem letzten Mordfall und wehrte die nicht gerade dezenten Avancen eines Hollywood-Starlets ab, das in der Begleitung eines örtlichen Hotelmagnaten gekommen war.

Was für eine langweilige Art, das Wochenende zu verbringen!

Jorge warf einen Blick auf seine Rolex. Er schätzte, dass er noch etwa eine halbe Stunde bleiben sollte, bevor er sich von der Gastgeberin verabschieden konnte, ohne unhöflich zu erscheinen.

Als hinter ihm das glockenhelle Lachen des Starlets ertönte, hätte er beinahe genervt aufgestöhnt. Ohne über die Schulter zu blicken, umrundete er die fröhlich lachende Gruppe vor ihm, nahm sich vom Tablett eines vorbeikommenden Kellners ein Glas Champagner und flüchtete in den hinteren Teil des Raums. Dort lehnte er sich mit der Schulter gegen eine Marmorsäule und ließ seinen Blick durch den Ballsaal schweifen.

Er kannte viele der Gäste aus der Zeit, in der seine Exverlobte ihn mehrmals in der Woche auf Partys wie diese geschleppt hatte. Die Verlobung hatte nicht lange gehalten, und seitdem ging er nur dann zu solchen Anlässen, wenn es sich absolut nicht vermeiden ließ.

Gelangweilt sah er sich um und zählte insgeheim die Minuten. Die Menge teilte sich und gab plötzlich den Blick auf eine Frau frei, die auf der anderen Seite des Saals stand. Schlagartig verflog Jorges Langeweile, denn ihr Anblick faszinierte ihn. Das rötlichbraune Haar schien im goldenen Licht zu schimmern, und ihr schlanker Körper steckte in einem perfekt sitzenden Kleid aus schwarzer Spitze. Sie kehrte ihm den Rücken zu, und er wünschte, sie würde sich umdrehen. Er musste ihr Gesicht sehen.

Komm schon, drängte er stumm. Dreh dich um.

Und als sie es schließlich tat, hielt er unwillkürlich den Atem an …

Sie war unglaublich schön. Selbst inmitten der eleganten, manikürten, juwelenbehangenen, perfekt gestylten Damen der Gesellschaft in ihren sündhaft teuren Designerroben fiel sie auf. Schwarze Spitze umschmeichelte Schultern, die wie poliertes Elfenbein über dem weiten Dekollete schimmerten und den Blick auf einen schlanken, anmutigen, von einer schlichten Goldkette noch betonten Hals lenkten. Rötlichbraune Locken kringelten sich an Schläfen, Wangen und Nacken, während der Rest des selbst aus der Ferne seidenweich aussehenden Haars locker hochgesteckt war und nur darauf zu warten schien, dass es sich endlich wieder auf die Schultern ergießen durfte.

Sie wandte sich ab, und dabei gab der Schlitz in ihrem Rock für den Bruchteil einer Sekunde den Blick auf Oberschenkel und Wade frei.

Wer zum Teufel mochte die Frau sein? Jorge kannte die meisten Leute im Ballsaal, einige persönlich, die Mehrzahl von Fotos oder vom Bildschirm. Er war sicher, dass er diese Frau noch nie gesehen hatte. Daran hätte er sich erinnert.

Erneut schoben sich Gäste zwischen sie und ihn.

Los, bewegt euch, bat er im Stillen. Er starrte auf den schmalen Streifen aus rötlichbraunem Haar und schwarzer Spitze, bis die lachende, plaudernde Menge weiterwogte.

Jetzt kam sie wieder in Sicht. Gebannt wartete er darauf, dass sie sich umdrehte und ihn ansah. Sie schaute über die Schulter, eine winzige Falte zwischen den Brauen, während sie nach jemandem zu suchen schien.

Ihre Blicke trafen sich. Jorge spürte es wie einen schwachen Stromschlag. Er konnte nicht erkennen, welche Farbe ihre Augen hatten, aber er sah, wie sie sich weiteten und ihr Körper mitten in der Bewegung innehielt.

Er unterdrückte einen Fluch, als die Menge ihm die Sicht nahm, und stieß sich vom Pfeiler ab, um den Raum zu durchqueren. Als er sich der Gruppe näherte, bei der sie gestanden hatte, registrierte er, dass sie gegangen war. Sein geradezu verzweifelter Blick in die Runde fiel auf ihr rötlichbraunes Haar, als sie gerade auf der Terrasse verschwand. Hastig wechselte er die Richtung und nahm einem freundlichen Kellner eine noch fast volle Flasche Champagner und zwei Gläser ab, bevor er ihr nach draußen folgte.

Langsam ging er auf sie zu und nutzte die Gelegenheit, sie genauer zu betrachten, bevor sie ihn bemerkte.

„Zu schade, dass wir die Sterne nicht sehen können.“

Sie erstarrte. Dann drehte sie den Kopf und sah ihm entgegen.

Ihre Augen waren bernsteinfarben und erfüllt von einem Misstrauen, das so gar nicht zu ihrem Kleid und der raffinierten Frisur passte.

Schlagartig wurde Jorge klar, dass einer der bewährten Anmachsprüche bei ihr völlig fehl am Platz wäre.

Noch bevor sie ihn gesehen hatte, wusste Allison, dass die tiefe Stimme dem Mann aus dem Ballsaal gehörte. Einen Moment lang drohte die Panik sie zu lähmen. Doch dann lächelte er, und in seine fast pechschwarzen Augen trat eine Wärme, die ihr die Angst nahm.

Er blieb zwei Schritte vor ihr stehen, als würde er spüren, welchen Sicherheitsabstand sie brauchte, und sah zum Himmel hinauf.

„Luftverschmutzung“, bemerkte er nur.

„Luftverschmutzung?“

Sein Blick traf sich kurz mit ihrem, bevor er wieder den Kopf hob und auf die Großstadt um sie herum und das funkelnde Kristall der beiden Gläser in seiner Hand zeigte.

„Vielleicht sollte ich lieber ‚Lichtverschmutzung‘ sagen.“ Er kam näher, lehnte sich mit einer Hüfte gegen das Geländer, reichte ihr ein Glas und füllte es. „Wussten Sie, dass die Astronauten die Nacht auf der Erde nur sehen können, wenn sie sich über dünn besiedelten Bundesstaaten wie North Dakota oder Montana befinden? Die Ostküste ist so dicht besiedelt und so hell erleuchtet, dass die Nacht von dort oben wie Tag aussieht.“

„Wirklich?“ Allison nippte am Champagner und fühlte, wie sich entspannte, weil er keine Anstalten machte, sich ihr weiter zu nähern. Er war groß, weit über ein Meter achtzig, die Schultern breit in dem schwarzen Smoking.

„Wirklich.“ Er lächelte mit leicht nach oben gezogenen Mundwinkeln, und seine Augen lachten sie an. „Interessieren Sie sich für Astronomie?“

„Nun ja …“ Allison wurde bewusst, dass sie auf seine Lippen gestarrt und keine Ahnung hatte, was er gerade gesagt hatte. „Wie bitte?“

„Astronomie“, wiederholte er sanft. „Interessieren Sie sich dafür?“

„Als Kind schon, aber seit ich nach New York umgezogen bin, fehlt mir die Zeit, um nach den Sternen zu schauen“, erwiderte sie und konnte den Blick noch immer nicht von seinem Gesicht losreißen.

„Und wie lange ist das her?“

„Einige Jahre.“ Plötzlich ging ihr auf, dass er ihr Fragen stellte und sie gar nicht über die Antworten nachdachte, weil er sie so faszinierte. Er brauchte nur zu lächeln, schon fühlte sie den Puls an ihrem Hals und die erotische Wirkung, die von ihm ausging. Zum ersten Mal in ihrem Leben ertappte sie sich dabei, einen Mann körperlich anziehend zu finden. Aber noch verwirrender war, dass sie überhaupt keine Angst hatte. In seiner Nähe fühlte sie sich absolut sicher. Der perfekte Mann für einen Flirt, dachte sie und erinnerte sich daran, was sie vorhin zu der Frau im Spiegel gesagt hatte: Heute Abend werde ich flirten und mich amüsieren.

Sie lächelte unwillkürlich, und er lächelte zurück, doch sein Blick wurde eindringlicher.

„Ich fürchte, ich habe vergessen, mich vorzustellen“, sagte sie höflich und streckte die Hand aus. „Mein Name ist Allison Baker.“

„Ich freue mich, Sie kennen zu lernen, Allison.“ Er trat näher und nahm ihre Hand in seine. „Ich bin Jorge Perez.“

Seine Finger umschlossen ihre, ein wenig rau, aber warm, und ein Kribbeln durchlief ihren ganzen Körper.

„Hallo.“ Ihre Stimme klang heiser.

Seine Augen verdunkelten sich, der Druck seiner Finger wurde fester. „Also, Allison Baker.“ Er strich mit dem Daumen über ihren Handrücken. „Was macht ein nettes Mädchen wie Sie an einem Ort wie diesem?“

Er zog eine Augenbraue hoch, und Allison lachte.

„Sie meinen, auf dieser Terrasse oder bei einem Ball zur Rettung der Wale?“

„Egal. Vor allem frage ich mich, ob sie eine besondere Beziehung zu Walen haben?“

„Aha, Sie wollen wissen, ob mich etwas zu großen Säugetieren hinzieht?“, entgegnete sie.

Er schmunzelte, doch bevor er antworten konnte, flog hinter ihnen die Tür auf, und eine Gruppe von Gästen betrat die Terrasse. Die Musik folgte ihnen, und mehrere Paare begannen zu tanzen.

Jorge schaute über die Schulter. „Ich glaube, die Party hat uns gefunden.“ Er nahm ihr das Glas aus der Hand und stellte es zusammen mit seinem und der fast leeren Flasche ab. „Es wäre eine Schande, die Musik nicht zu nutzen. Sollen wir?“

Als Allison nickte, legte er einen Arm um ihre Taille und zog sie behutsam an sich. Dann nahm er ihre rechte Hand und begann sich mit ihr zu drehen.

Wieder fühlte sie das, was sie im Ballsaal durchzuckt hatte, als ihre Blicke sich trafen. Ihr Oberteil streifte sein Hemd, und ihre linke Hand lag auf der breiten Schulter, nur Zentimeter von seinem schwarzen Haar entfernt. Jedes Mal, wenn sie Luft holte, atmete sie den unaufdringlichen Duft seines Rasierwassers mit ein. Würzig und männlich verband sich dieser Duft mit der unglaublichen Ausstrahlung dieses Mannes zu einer berauschenden Kombination, die ihr zu Kopf stieg.

„Sagen Sie mir, Allison, was tun Sie, wenn Sie nicht gerade auf Wohltätigkeitsbällen für große Säugetiere fremde Männer verzaubern?“

Sie legte den Kopf zurück und erwiderte sein Lächeln. Sollte sie ihm von ihrem Job bei Manhattan Multiples erzählen? Nein, entschied sie, nicht heute Abend. Heute Abend war sie ein anderer Mensch. „Ich studiere.“

„Tatsächlich? Was studieren Sie denn?“

„Jura.“

„Noch etwas, was wir gemeinsam haben.“ Die Musik wurde langsamer, und er legte ihre rechte Hand auf seine Schulter, um ihre Taille zu umschließen und sie fester an sich zu ziehen.

„Sie studieren auch Jura?“, fragte Allison.

„Nein. Jetzt praktiziere ich Jura.“

Erfreut strahlte sie ihn an. „Sie sind Anwalt? Wie schön. Welches Fachgebiet?“

„Strafrecht.“

„Dann müssen Sie viel zu tun haben“, vermutete sie trocken. „Die Kriminalitätsrate in Amerika ist erschreckend.“

„Halt, langsam!“ Er lachte. „Das ist nicht meine Schuld. Ich tue, was ich kann, um die Situation zu verbessern.“

Ein Kellner ging mit einem Tablett voller Häppchen umher, und Jorge vermied geschickt einen Zusammenstoß, indem er Allison an sich drückte. Ihre Körper berührten sich von den Schultern bis zu den Oberschenkeln, und ihr stockte der Atem, so gewaltig war das Verlangen, das schlagartig in ihr aufstieg. Spontan legte sie die Hände in seinen Nacken.

Allison nahm nur am Rande wahr, dass die Musik und das Lachen um sie herum leiser wurden, während sie den Kopf wieder nach hinten legte, um in seine Augen zu sehen. Sie glitzerten unter halb gesenkten Lidern, als ihr Haar seinen Hals und das Gesicht streifte.

Dann bedeckte sein Mund ihren, und die erotische Spannung, die von Anfang an zwischen ihnen geherrscht hatte, explodierte geradezu. Allison schwindelte, ihr Herz schlug immer heftiger, und eine erregende Hitze durchströmte sie.

Schon bald ließ der Kuss die Zaghaftigkeit einer ersten Umarmung hinter sich und wurde leidenschaftlich. Jorge legte eine Hand um ihren Hinterkopf und tastete mit der Zunge nach ihrer. Ungeduldig empfing Allison sie und fühlte die Berührung im ganzen Körper. Sie schmiegte sich an ihn und seufzte auf, als seine Finger über eine Brust strichen und die feste Spitze fanden. Aus dem Schreck wurde jedoch sofort reine Lust, als er sie sanft gegen die Wand drängte und einen seiner muskulösen Schenkel zwischen ihre Beine schob.

Sie rieb sich an ihm, wollte mehr von ihm fühlen. Einen ekstatischen Moment lang erwiderte er es, doch dann erstarrte er, und die kräftigen Muskel seiner Arme spannten sich, bevor er den Mund von ihrem löste.

„Allison, hier geht das nicht“, sagte er schwer atmend. „Komm mit mir nach oben.“

Sie starrte ihn an, denn noch war sie unfähig, einen klaren Gedanken zu fassen.

„Ich habe ein Zimmer. Ross hat es für sich und seine Frau gebucht. Als er mich bat, ihn heute zu vertreten, hat er mir den Schlüssel gegeben, für den Fall, dass ich hier übernachten will. Komm mit mir nach oben, Liebling. Bitte!“ Er erkannte seine eigene Stimme kaum wieder.

„Ich tue so etwas nicht“, brachte sie schließlich heraus.

„Ich auch nicht.“

Allison hatte noch nie Leidenschaft gefühlt und hatte nicht geglaubt, es jemals zu können. Nicht, nachdem ihr mit siebzehn Gewalt angetan worden war. Dies war ihre erste und vielleicht einzige Chance, mit einem Mann zu schlafen. Durfte sie diesen Moment ungenutzt verstreichen lassen?

Nur heute Abend, dachte sie. Nur dieses eine Mal.

„Ja“, flüsterte sie.

In seinen Augen schien es aufzublitzen, während er wortlos zurücktrat und einen Arm um sie legte, als ihre Beine nachzugeben drohten.

Sie zögerte und strich sich übers Haar. „Müssen wir durch den Ballsaal?“, murmelte sie. Erst als sie sich nervös umsah, bemerkte sie, dass eine breite Säule sie vor neugierigen Blicken schützte.

„Nein.“ Er zog ihr Oberteil ein Stück höher. „Es gibt einen anderen Weg.“

Er führte sie durch eine versteckt liegende Tür am Ende der Terrasse in einen für Gäste nicht zugänglichen Korridor, der hinter dem Saal verlief. Erstaunt folgte Allison ihm durch zahllose Türen, bis sie endlich den Fahrstuhl erreichten.

„Woher kennst du dich in diesem Hotel so gut aus?“, wollte sie wissen, als die Kabinentür sich hinter ihnen schloss.

„Es ist vor zwei Jahren beraubt worden. Ich habe in dem Fall die Anklage vertreten und viel Zeit hier verbracht, um herauszufinden, wie die Beschuldigten sich Zugang verschafft haben.“

Sie nickte, obwohl sie ihm gar nicht richtig zuhörte, sondern auf seine Lippen starrte. Sie sehnte sich danach, sie wieder an ihren zu spüren.

„Hör auf“, verlangte er mit belegter Stimme und sah ihr in die Augen. „Ich fasse dich hier nicht an. Denn wenn ich das tue, schaffen wir es nicht bis ins Zimmer.“

Allison brachte gerade ein „Oh“ heraus, und Jorge legte den Arm fester um ihre Schultern, während die Anspannung in der engen Kabine noch wuchs.

Als der Fahrstuhl endlich hielt, führte er sie hinaus und den Korridor entlang. Er nahm seine Schlüsselkarte heraus, und Sekunden später waren sie in seinem Zimmer. Behutsam schob er Allison gegen die Tür, die er gerade hinter ihnen geschlossen hatte, küsste sie und tastete nach dem Reißverschluss ihres Kleides. Sie half ihm und zog die Schultern ein, als er es ihr abstreifte. Noch bevor der schwarze Stoff ganz nach unten geglitten war, gab er ihren Mund frei und fand eine der festen Spitzen ihrer Brüste.

Als er sie mit den Lippen umschloss und daran sog, schrie sie leise auf und presste die Hüften an seine.

Scheinbar mühelos hob er sie auf und trug sie zum Bett. Mit zitternden Fingern zog er erst sich, dann sie aus, streifte ein Kondom über und legte sich zu ihr, um sie mit Mund und Händen zu liebkosen.

Nach einer Weile hob er den Kopf, das schwarze Haar zerzaust, der Blick besitzergreifend. „Ist es sicher?“

Seine Stimme war rau und belegt, und Allison verstand nur das letzte Wort. Was hatte er gefragt? Ob sie sich sicher fühlte? Ja, das tat sie. Zum ersten Mal in ihrem Leben fühlte sie sich bei einem Mann sicher. Sie nickte, und dann dachte sie nicht mehr an Sicherheit, denn er kam ganz zu ihr, und sie fühlte nur noch ihn und das, was er in ihr auslöste.

Mit gerunzelter Stirn schlug Allison ein zweites Mal in dem Kalender auf ihrem Schreibtisch nach.

Das konnte nicht sein!

Nichts führte jedoch an der Tatsache vorbei, dass der Tag, an dem sie das Ende ihrer Periode mit einem roten Sternchen markiert hatte, sechs Wochen her war.

Oder war das die vorletzte Regel gewesen, und sie hatte vergessen, die letzte einzutragen?

Nein, sie hatte es nicht vergessen. Das tat sie nie. Seit dem Sommer, in dem sie dreizehn geworden war, machte sie die kleinen Zeichen in ihrem Kalender.

Hastig überflog sie die Eintragungen zwischen dem letzten Sternchen und dem heutigen Datum. Etwa in der Mitte zwischen den beiden Tagen stutzte sie bei einem Datum, um das sie einen roten Kreis gemalt hatte. Sie hatte nichts eingetragen, aber sie wusste auch so, dass es der Samstag war, an dem sie mit Zoe und Jack zum Ball gegangen war. Der Ball, den sie mit Jorge Perez verlassen hatte.

Ihr wurde heiß, und sie schloss die Augen, als eine Flut von Erinnerungen über sie hereinbrach. Sie hatten Stunden miteinander verbracht. Ich hätte nicht mit ihm schlafen dürfen, dachte sie verzweifelt.

Allison schlug die Hände vors Gesicht und stöhnte auf.

Wie hatte sie nur so dumm sein können? Was hatte sie sich bloß gedacht.

Sie hatte gar nichts gedacht, das gestand sie sich jetzt ein. Genau das war das Problem. Ab dem Moment, an dem sich ihre Blicke im Ballsaal getroffen hatten, hatte sie keinen vernünftigen Gedanken mehr fassen können. Und als er sie in die Arme nahm und die sexuelle Anziehung unwiderstehlich wurde, gab es in Allisons Kopf nur noch ihn.

Erst als sie im Morgengrauen neben ihm erwachte, fragte sie sich, wie es weitergehen sollte. Dann war sie in Panik aus dem Bett und seinem Hotelzimmer geflüchtet. Seitdem hatte sie ihn nicht wiedergesehen, aber das hatte sie auch nicht erwartet. Er wusste nicht, wo sie wohnte oder arbeitete, und in einer so riesigen Stadt wie New York war es unwahrscheinlich, dass er sie finden würde. Selbst wenn er sich überhaupt die Mühe machte, was sie bezweifelte.

Sie schlug das heutige Datum auf und schrieb mit roter Tinte sechs Wochen darunter.

Hoffentlich setzt meine Periode nicht ausgerechnet an diesem Wochenende ein, dachte sie. Sie hatte jede Menge Hausaufgaben zu erledigen und konnte es sich nicht leisten, mit Krämpfen im Bett zu liegen.

Sie starrte auf die roten Buchstaben, die sie gerade in das weiße Quadrat geschrieben hatte. Sechs Wochen? Natürlich, dachte sie, warum denn nicht?

Aber ihre Periode war immer regelmäßig gewesen. Ihre Hand erstarrte, und die Spitze des Füllfederhalters hinterließ einen langsam größer werdenden roten Fleck auf dem makellos weißen Papier des Terminkalenders. Allison nahm ihn gar nicht wahr, während ihre Augen sich weiteten und der Atem schneller ging.

Sechs Wochen – ihre Periode war seit zwei Wochen überfällig! Konnte es sein, dass sie schwanger war?

Das war durchaus möglich. Sie nahm die Pille nicht und hatte auch nicht auf andere Weise verhütet. Die Nacht mit Jorge war das erste Mal gewesen, dass sie sich zu so etwas hatte hinreißen lassen, und sie war vollkommen unvorbereitet gewesen.

Sie wusste, dass Kondome nicht hundertprozentig sicher waren. Und wenn sie tatsächlich schwanger geworden war, konnte sie es Jorge nicht vorwerfen. Er hatte wenigstens daran gedacht, eins zu benutzen. Sie war diejenige, die so verantwortungslos gewesen war, sich nicht doppelt abzusichern.

Allison ließ den Füllfederhalter auf den Kalender fallen, lehnte sich zurück und fuhr sich mit zitternden Fingern durchs Haar.

Was sollte sie tun, wenn sie tatsächlich schwanger war?

Instinktiv legte sie eine Hand auf ihren Bauch.

Die eine Nacht voller unglaublicher Leidenschaft mit Jorge konnte Folgen haben, die ihr Leben für immer veränderten. Und ihren Körper.

Sie schaute an sich hinab – der Bauch war so flach wie immer.

Aber wenn sie wirklich schwanger war, würde er das nicht mehr lange bleiben. Bei Manhattan Multiples, einem Beratungszentrum für Frauen, die Zwillinge oder mehr Babys erwarteten, sah sie jeden Tag Schwangere. Daher wusste sie nur zu gut, was aus ihrer schlanken Figur werden würde, wenn sie tatsächlich Jorges Baby in sich trug.

Jorge. Sie erblasste. Würde sie es ihm sagen müssen?

Natürlich musste sie. Er wäre der Vater.

Andererseits, wie konnte sie? Würde er sich freuen? Oder wütend sein? Würde er das Kind regelmäßig besuchen wollen? Oder gar das Sorgerecht beanspruchen?

Allison presste eine Hand an die Brust, fühlte, wie ihr Herz klopfte, und atmete mehrmals tief durch, um ruhiger zu werden.

Sie zwang sich, logisch zu denken, obwohl sie am liebsten schreiend aus dem Haus gerannt wäre. Bevor sie sich den Kopf über all die Fragen zerbrach, musste sie wissen, ob sie tatsächlich schwanger war. In der Mittagspause würde sie sich einen Test aus der Apotheke holen.

Sie warf einen Blick auf die Uhr. Noch zwei Stunden bis zur Mittagspause.

Entschlossen schob sie den Terminkalender in eine Ecke des Schreibtischs, zog eine Akte heran und schlug sie auf. Sie zwang sich zur Konzentration, rief auf dem PC die entsprechende Datei auf und machte sich wieder an die Arbeit.

Anstatt wie geplant mit einer Kollegin zu Mittag zu essen, ging sie in die Apotheke und kehrte mit einem Schwangerschaftstest zurück.

Als der Tag bei Manhattan Multiples sich dem Ende näherte, wurde es in den Büros lauter. Schubladen knallten, Ordner wurden in Regale zurückgestellt.

„Arbeiten Sie nicht zu lange, Allison!“

Allison hob den Kopf. In der Tür stand Eloise Vale, ihre Chefin, Tasche über der Schulter und Aktenkoffer in der Hand.

„Das werde ich nicht.“

„Gut. Sie verbringen nämlich zu viele Abende im Büro“, tadelte Eloise lächelnd.

„Heute nicht. Das verspreche ich.“

„Ich nehme Sie beim Wort.“ Eloise sah auf die Uhr. „Oh, ich muss los. Bis morgen dann.“

Allison rief ihr „Gute Nacht“ nach, als die Gründerin von Manhattan Multiples davoneilte. Dann wartete sie, bis es still wurde und die letzte Kollegin sich verabschiedet hatte. Vorsichtshalber ließ sie noch zehn Minuten verstreichen, bevor sie ihre Tasche nahm und in den Waschraum ging.

Sie durchquerte ihn und sah in den drei Kabinen nach. Als sie sicher sein konnte, dass sie allein war, stellte sie die Tasche ab und holte die braune Papiertüte mit dem Schwangerschaftstest heraus.

Mit einem lauten Knall flog die Tür auf. Sie zuckte zusammen, wirbelte herum und starrte den weißhaarigen Hausmeister an, der sie genauso überrascht ansah wie sie ihn.

„Du meine Güte!“ Er schnappte nach Luft. „Es tut mir leid, Ma’am. Ich wusste nicht, dass jemand hier ist. Ich komme später wieder …“

„Nein.“ Allison rang sich ein unbeschwertes Lächeln ab. „Ich bin fertig.“

Sie schob sich an dem älteren Mann und seinem Wagen mit Reinigungsmitteln vorbei und ging in ihr Büro zurück. Dort schaltete sie den Computer ein und schaute auf den Monitor, ohne ihn wirklich wahrzunehmen. Die Minuten krochen vorbei, bis sie endlich hörte, wie der Hausmeister den Waschraum verließ. Sie wartete, bis die Eingangstür von Manhattan Multiples sich hinter ihm schloss und absolute Stille herrschte.

Allison nahm ihre Tasche, steuerte zum zweiten Mal den Waschraum an und holte den Schwangerschaftstest heraus.

Wenige Minuten später starrte sie gebannt auf den Streifen. Es gab zwei Fenster, eins mit einem Kreis, das andere mit einem Viereck. Beide wiesen einen pinkfarbenen Strich auf. Das Ergebnis war positiv.

Ich bin schwanger, dachte sie entsetzt.

Sie konnte nicht aufhören, die Striche in ihren winzigen Fenstern anzustarren. Unwillkürlich legte sie eine Hand auf ihren Bauch, und wie von selbst folgte ihr Blick der Bewegung.

Nichts. Ihr Körper sah so aus wie immer.

Auch wenn es unsinnig war, sie fragte sie sich, ob sie die Schwangerschaft einfach ignorieren sollte.

Na, großartig. Toller Plan. Ihr Verstand machte sich über die Idee lustig.

Sie hob den Kopf, sah in den Spiegel und versuchte zu begreifen, dass sie in gut acht Monaten ein Kind zur Welt bringen würde.

Sie musste einen Plan entwickeln. Wie sollte sie mit einem Baby umgehen? Sie hatte keine Ahnung davon, wie es war, Mutter zu sein. Und wie sollte sie tagsüber im Büro arbeiten, abends Jura studieren und sich zugleich um ein Kind kümmern? Wie sollte sie sich und das Kind ernähren, wenn sie ihr Studium nicht abschloss? All die Fragen waren mehr, als sie im Moment verkraften konnte.

Sie stützte die Ellbogen aufs Waschbecken und senkte den Kopf. Das Haar streifte die Wangen, und sie schloss die Augen, bis der Schwindelanfall vorüberging.

Irgendwann wagte sie es, ihr Gesicht im Spiegel zu betrachten. Das indirekte Licht war schmeichelhaft, aber es war nicht zu übersehen, wie blass sie war. Allison schluckte mühsam und strich sich mit zitternden Fingern das Haar nach hinten.

Sie konnte jetzt keine Entscheidungen treffen. Alles, was sie wusste, war, dass sie das Baby behalten würde. Wie zur Bestätigung hob sie das Kinn und strich sich über den noch flachen Bauch. Sie würde sich ein paar Tage freinehmen, um in Ruhe zu überlegen, was sie jetzt tun sollte.

An dem Tag, an dem Allison erfuhr, dass sie schwanger war, machte Jorge Überstunden und kam erst gegen zweiundzwanzig Uhr nach Hause.

Er nahm eine Flasche Wasser aus dem Kühlschrank und ging in sein Arbeitszimmer. Dort warf er den Aktenkoffer und die Anzugjacke auf den Sessel und schaltete den Laptop auf dem Schreibtisch ein. Kurz darauf erschien der Briefkopf der Bretton Detective Agency auf dem Bildschirm, und erwartungsvoll überflog er die Nachricht.

Die Detektei hatte sie gefunden. Das Foto, das sie mitgeschickt hatte, war unscharf, aber die Frau, die gerade über die Schulter schaute, war eindeutig Allison Baker. Und sie wohnte nicht nur hier, sie arbeitete auch in New York!

Jorge warf einen Blick auf die Uhr und fluchte. Es war zu spät, um unangemeldet vor ihrer Tür zu stehen.

Aber er wusste, wo sie arbeitete. Am nächsten Morgen würde er sie dort aufsuchen.

Manhattan Multiples. Er fragte sich, in was für einer Firma Allison Chefassistentin war. Der Bericht der Detektei enthielt dazu keine Angaben.

Er schrieb der Detektei eine kurze Nachricht und bat um eine Abschlussrechnung. Die Suche war teuer, das wusste er, aber Allison zu finden war es ihm wert. Er hätte die Polizei bitten können, ihren Namen in den Computer einzugeben, aber er hätte einen Grund dafür nennen müssen.

Wenn ich sie wiedersehe, dachte er grimmig, wird sie mir erklären müssen, warum sie einfach davongerannt ist.

Er hatte in jener Nacht etwas Seltenes gefühlt, und bis sie ihm ins Gesicht sagte, dass sie es nicht ebenfalls empfunden hatte, würde er nicht aufgeben.

2. KAPITEL

Am Morgen nach ihrem positiven Schwangerschaftstest saß Allison pünktlich am Schreibtisch. Doch anstatt den üblichen Becher Kaffee zu leeren, starrte sie auf das dampfende Gebräu und stellte es wieder ab, ohne es anzurühren.

Schadete es dem Baby, wenn sie Koffein zu sich nahm?

Sie hatte keine Ahnung.

In der Mittagspause würde sie sich ein paar Ratgeber besorgen. Sie schob den Becher von sich, warf einen letzten, sehnsüchtigen Blick darauf und schlug eine Personalakte auf.

„Guten Morgen, Allison.“

Allison sah auf. Eloise stand in der Tür, einen Becher in der einen, Akten in der anderen Hand.

„Guten Morgen, Eloise.“ Ihr entging nicht, wie ihre Chefin sich kurz auf dem Korridor umsah, bevor sie hereinkam und sich setzte. „Was gibt es denn?“, fragte sie neugierig.

„Jemand vom Personal ist schwanger.“

Allison spürte, wie ihre Augen groß wurden. Sie brachte kein Wort heraus, sondern starrte Eloise nur an.

„Schwanger?“, wiederholte sie schließlich. „Wie kommen Sie denn darauf?“

Eloise beugte sich vor. „Ich habe im Waschraum einen benutzten Schwangerschaftstest gefunden. Er ist positiv.“

„Oh!“ Hektisch versuchte Allison sich zu erinnern, ob sie dort noch etwas vergessen hatte. Wie hatte sie nur so unvorsichtig sein können?

„Ich kann mir nicht vorstellen, wer es ist. Sie vielleicht?“

Zum Glück ließ Eloise ihr keine Zeit für eine Antwort.

„Leah kann es nicht sein, die ist schon schwanger.“ Sie spitzte die Lippen. „Aber wo anfangen? Wir haben fast zwanzig Mitarbeiterinnen, nicht wahr?“

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

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