Big Ideas. Das Chemie-Buch: - John Farndon - E-Book

Big Ideas. Das Chemie-Buch: E-Book

John Farndon

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Beschreibung

Anschauliche Einführung in die Grundlagen & Geschichte der ChemieWarum reagieren Chemikalien? Wie wird Kunststoff aus Pflanzen hergestellt? Das innovative Nachschlagewerk beantwortet diese und viele weitere Fragen mit informativen Diagrammen und originellen Grafiken – klar und leicht verständlich. Es beleuchtet über 95 Theorien und bahnbrechende Entdeckungen der Chemie – von Antibiotika über Düngemittel bis hin zur Erfindung von mRNA-Impfstoffen. Der neue Titel aus der DK Erfolgsreihe "Big Ideas"! Das große Chemie-Buch zum Nachschlagen – Grundlagen, Zusammenhänge & Biografien kurzweilig und einfach aufbereitet: • Über 95 wichtige Meilensteine: Dieses Buch erzählt die Geschichte der Chemie und erläutert zentrale Theorien und Entdeckungen, die für die Chemie und ihre Nachbardisziplinen bedeutsam sind – von Diagnostik in der Antike und im Mittelalter über die ersten Erkenntnisse zur Blutzirkulation und Impfungen bis zur modernen Medizintechnologie.• Chemiewissen grafisch auf den Punkt gebracht: Anschauliche Infografiken sowie originelle Illustrationen und beeindruckende Fotografien visualisieren komplexe chemische Abläufe und erleichtern auf kreative Weise den Zugang zur facettenreichen Welt der Chemie.• Kurzporträts über die führenden Chemiker*innen wie die Nobelpreisträger*innen Marie Curie, Alexander Fleming, Linus Pauling und Osamu Shimomura rücken die Menschen ins Rampenlicht, die hinter den großen Entdeckungen der Chemie stecken.• Die Geschichte der Chemie in 8 großen Kapiteln: Praktische Chemie; Zeitalter der Alchemie; Chemie der Aufklärung; Chemische Revolution; Industriezeitalter; Maschinenzeitalter; Atomzeitalter; Die Welt im Wandel. Chemie entdecken und verstehen: Ein spannender Überblick zu einer Naturwissenschaft, die jeden unserer Lebensbereiche durchdringt – Basiswissen zum Studieren, Informieren oder Nachschlagen!

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Seitenzahl: 525

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INHALT

EINLEITUNG

PRAKTISCHE CHEMIE

Wer das Bier nicht kennt, weiß nicht, was gut ist

Bierbrauen

Süßes Öl, der Duft der Götter

Reinigung von Stoffen

Fett vom Schafbock, Asche vom Feuer

Seifensieden

Düsteres Eisen schläft an dunklen Orten

Metallgewinnung aus Erz

Wäre es nicht so zerbrechlich, hätte ich es noch lieber als Gold

Glasherstellung

Geld ist von Natur Gold und Silber

Edelmetallraffination

Die Ursprünge aller Dinge sind Atome und Leeres

Welt aus Atomen

Feuer, Wasser, Erde und der Luft unendliche Höhe

Die vier Elemente

ZEITALTER DER ALCHEMIE

Der Stein der Weisen

Versuche der Goldherstellung

Das ganze Haus brannte nieder

Schwarzpulver

Allein die Dosis machts, dass ein Ding kein Gift sei

Neue chemische Arzneimittel

Etwas weitaus Subtileres als ein Dampf

Gase

Unter Elementen verstehe ich … vollkommen unvermischte Körper

Korpuskeln

Ein überaus mächtiges Instrument, entflammend, glühend, heiß

Phlogiston

CHEMIE DER AUFKLÄRUNG

Diese besondere Art Luft … ist für alle Tiere tödlich

Fixe Luft

Das Gas ging mit einem ziemlich lauten Knall los!

Brennbare Luft

Diese Luft ist von erhabener Natur

Sauerstoff und das Ende des Phlogistons

Ich habe das Licht gepackt

Anfänge der Fotochemie

Bei allen künstlichen und natürlichen Vorgängen wird nichts erschaffen

Erhaltung der Masse

Ich wage von einer neuen Erde zu sprechen

Seltene Erden

Die Natur weist feste Verhältnisse zu

Stoffmengenverhältnisse

Chemie ohne Katalyse wäre ein Schwert ohne Griff

Katalyse

CHEMISCHE REVOLUTION

Jedes Metall hat eine bestimmte Kraft

Die erste Batterie

Anziehende und abstoßende Kräfte heben die elektive Affinität auf

Elementgewinnung mit Strom

Das relative Gewicht der kleinsten Teilchen

Daltons Atommodell

Die chemischen Zeichen sollten Buchstaben sein

Symbolschreibweise

Gleich, aber ungleich

Isomerie

Ich kann Harnstoff ohne Nieren machen

Harnstoffsynthese

Sofortige Vereinigung von schweflig-saurem Gas mit Sauerstoff

Schwefelsäure

Die Menge des zerlegten Stoffes ist proportional der Menge der Elektricität

Elektrochemie

Das halbe Volumen Luft hat die doppelte Sprungkraft

Ideales Gasgesetz

Damit lässt sich jedes Objekt kopieren

Fotografie

Die Natur schuf Gruppen von Atomen, die sich verhalten wie Elemente

Funktionelle Gruppen

Ach, vortrefflicher Luftsack!

Anästhesie

INDUSTRIEZEITALTER

Dieses Gas würde unserer Erde eine hohe Temperatur verleihen

Der Treibhauseffekt

Kohle-Blaufarben

Synthetische Farben und Pigmente

Starke Sprengstoffe haben wunderbare Leistungen ermöglicht

Sprengstoffchemie

Das Atomgewicht herleiten

Atomgewichte

Helle Linien in einer Flamme

Spektralanalyse

Notation für die chemische Position der Atome

Strukturformeln

Eine der Schlangen erfasste den eigenen Schwanz

Benzol

Eine periodische Wiederholung der Eigenschaften

Das Periodensystem der Elemente

Die gegenseitige Anziehung der Moleküle

Intermolekulare Kräfte

Links- und rechtshändige Moleküle

Stereoisomerie

Die Entropie der Welt strebt einem Maximum zu

Warum Reaktionen ablaufen

Jedes in Wasser gelöste Salz ist teilweise in Säure und Base dissoziiert

Säuren und Basen

Jede Änderung ruft eine Gegenreaktion hervor

Prinzip von Le Chatelier

Hitzebeständig, bruchsicher, kratzfest

Borosilikatglas

Die neue Atomkonstellation

Koordinationschemie

Ein herrliches gelbes Leuchten

Edelgase

Das Molekulargewicht soll fortan ein Mol heißen

Das Mol

Proteine, verantwortlich für die Chemie des Lebens

Enzyme

Träger negativer Elektrizität

Elektronen

MASCHINENZEITALTER

Aufgetrennt in die verschiedenen Komponenten wie Lichtstrahlen im Farbspektrum

Chromatografie

Die neue radioaktive Substanz enthält ein neues Element

Radioaktivität

Moleküle schwingen bei bestimmten Frequenzen wie Gitarrensaiten

Infrarotspektroskopie

Material von tausend Zwecken

Kunststoffe

Der am häufigsten bestimmte chemische Parameter

Die pH-Skala

Brot aus der Luft

Düngemittel

Vollkommen unerwartete und überraschende Strukturen sehen

Röntgenstrukturanalyse

Gas zum Verkauf

Cracken von Erdöl

Die Kehle war zugeschnürt

Chemische Kampfstoffe

Außen identisch, innen verschieden

Isotope

Jede Linie entspricht einem Atomgewicht

Massenspektrometrie

Das Größte, was die Chemie gemacht hat

Polymerisation

Die Entwicklung von Motorkraftstoffen ist essenziell

Verbleites Benzin

Pfeile sind zum Elektronenzählen praktisch

Schreibweise für Reaktionsmechanismen

Form und Variation der räumlichen Struktur

Verbesserte Atommodelle

Penicillin begann als Zufallsbeobachtung

Antibiotika

Aus dem Atomzerstörer

Künstlich erzeugte Elemente

Jeder kommt fast jeden Tag mit Teflon in Kontakt

Antihaftpolymere

Mit einer Bombe will ich nichts zu tun haben!

Kernspaltung

Chemie beruht auf den Grundsätzen der Quantenmechanik

Die chemische Bindung

ATOMZEITALTER

Wir erschufen Isotope, die es am Tag zuvor nicht gab

Transurane

Diese zarte Bewegung, die all den gewöhnlichen Dingen innewohnt

Kernmagnetische Resonanzspektroskopie

Der Ursprung des Lebens ist relativ einfach

Urstoffe des Lebens

Die Sprache der Gene hat ein einfaches Alphabet

Die DNA-Struktur

Chemie rückwärts

Retrosynthese

Neue Verbindungen durch molekulare Akrobatik

Antibabypille

Lebendiges Licht

Grün fluoreszierendes Protein

Polymere, die Kugeln abstoppen

Hochfeste Polymere

Die gesamte Struktur vor den Augen ausgebreitet

Proteinkristallografie

Die betörende Anziehung von magischen Kugeln

Rationales Wirkstoffdesign

Dieses Schild ist zerbrechlich

Das Ozonloch

Die Macht, die Natur zu verändern

Pestizide und Herbizide

Wenn es die Zellteilung blockiert, ist das gut gegen Krebs

Chemotherapie

Arbeitstiere des Handyzeitalters

Lithium-Ionen-Batterien

Wunderbar präzise Kopiermaschinen

Polymerasekettenreaktion

60 Kohlenstoffatome schlugen uns entgegen

Buckminsterfulleren

DIE WELT IM WANDEL

Dinge aus einzelnen Atomen aufbauen

Kohlenstoffnanoröhren

Warum nicht die Evolution zum Proteindesign nutzen?

Enzym-Engineering

Negative Emission ist gut

Kohlenstoffabscheidung

Biobasiert und biologisch abbaubar

Erneuerbare Kunststoffe

Die Magie des flachen Kohlenstoffs

Zweidimensionale Materialien

Erstaunliche Bilder von Molekülen

Rasterkraftmikroskopie

Ein besseres Werkzeug zum Manipulieren von Genen

Genom-Editierung

Wissen, wo Materie nicht mehr sein kann

Ist das Periodensystem vollständig?

Die Menschheit gegen die Viren

Neue Impfstofftechnologien

ANHANG

GLOSSAR

ZITATNACHWEIS

DANK UND BILDNACHWEIS

EINLEITUNG

Von ihrer Definition her ist die Chemie das Studium der Stoffe, aus denen wir und die Welt um uns herum bestehen, sowie der Reaktionen, mit denen sich diese Stoffe ineinander umwandeln. Was diese recht einfache Definition weniger vermittelt, ist der Aspekt des Geheimnisvollen, Wunderbaren – einer der wichtigsten Gründe, warum sich die Menschen seit Jahrtausenden mit der Chemie beschäftigen.

Chemie ist die Wissenschaft des Machens und des Schauens. Zwei farblose Flüssigkeiten miteinander vermischt, und es formen sich blumige Wolken eines hellgelben Niederschlags. Ein kleines, glänzendes Metallstückchen in eine Schale Wasser geworfen, zerspringt dramatisch in einer hell-lila Flamme. Ohne Erklärung mag dies wie Zauberei erscheinen. Anders als die Zauberei hat die Chemie über die Jahrhunderte hinweg die Geheimnisse solcher Vorgänge gelüftet – selbst wenn dafür zuweilen komplexe Werkzeuge nötig waren. So wie sich unser Wissen über die Chemie weiterentwickelte, so änderte sich auch die Wahrnehmung dieser Wissenschaft.

»Es ist die große Schönheit unserer Wissenschaft, der Chemie, dass ihre Fortschritte … uns ein erweitertes und umfassenderes Wissen ermöglichen.«

Michael Faraday

Alchemie

Was einmal zur Chemie werden sollte, begann als praktisches Trennen und Bearbeiten von Stoffen. Die Menschen wussten, dass die Bestandteile eines Gemisches andere Eigenschaften haben als die Verbindung. Um etwas zu destillieren oder zu veredeln, bauten Handwerker im alten Babylon, in China, in Ägypten und in der Türkei spezielle Apparaturen, von denen manche in modifizierter Form immer noch im Gebrauch sind.

Im Mittelalter versprach die Kunst der Alchemie Reichtum und Unsterblichkeit. Unermüdlich suchten die Alchemisten nach dem legendären Stein der Weisen, einem mythischen Stoff, der unedle Metalle in Gold verwandeln kann und dabei hilft, ein Unsterblichkeit verleihendes Elixier zu brauen. Obwohl sie diese hochgesteckten und heute etwas zweifelhaft erscheinenden Ziele nie erreichten, legten die Alchemisten die Grundlage für die moderne Experimentalkunst und entdeckten sogar neue Elemente.

Im 18. Jahrhundert entstanden die Grundzüge der modernen Chemie. Alchemistische Lehren wurden verworfen, und im Zuge eines neuen chemischen Denkens begann man zu verstehen, wie und warum Substanzen immer nur in bestimmten Verhältnissen miteinander reagieren. Im 19. Jahrhundert entwarfen Physiker und Chemiker erste Atommodelle, und die Chemie erhielt ihr bislang prägendstes Anschauungsobjekt, das Periodensystem der Elemente. Eine Fülle von großtechnischen Anwendungen machte aus der einstigen Wissenschaft und Lehre eine gestaltende, innovative Disziplin.

Die Innovationen manifestierten sich im 20. Jahrhundert in Produkten, ohne die wir uns das Leben nicht mehr vorstellen können. Kunststoffe, Düngemittel, Antibiotika und Batterien sind Teil unseres Alltags, und wenige Erfindungen haben die Gesellschaft so fundamental beeinflusst wie die Antibabypille. Warnungen gab es aber auch: Dass Chemie gleichzeitig segensreich und verheerend sein kann, zeigen unter anderem die neurologischen Auswirkungen von verbleitem Benzin, der Abbau der Ozonschicht durch FCKW und der Einsatz von Atomwaffen.

Heute ist unser Verhältnis zur Chemie kompliziert. Nach wie vor bringt sie uns lebenswichtige Produkte und neues Wissen. Ein jüngstes Beispiel sind die COVID-19-Impfstoffe, die auf Grundlage der Chemie entwickelt wurden. Sorgen machen aber die chemischen Substanzen, die unsere Gesundheit, das Klima und den Planeten schädigen. Ironischerweise werden wir nur aus der Chemie selbst in Verbindung mit anderen Wissenschaften die Lösungen für diese chemischen Probleme beziehen können.

Bereiche der Chemie

Es hat sich eingebürgert, die moderne Chemie in drei große Teilbereiche zu gliedern: physikalische Chemie, organische Chemie und anorganische Chemie.

Den Grenzbereich zwischen Physik und Chemie besetzt die physikalische Chemie, in der man mathematische und physikalische Konzepte einsetzt, um chemische Phänomene zu verstehen. Dazu gehört etwa die Thermodynamik, mit deren Hilfe sich die Stabilität von Verbindungen sowie der Ablauf und die Geschwindigkeit von chemischen Reaktionen erklären lässt.

»Die Chemie ist nicht nur ein geistiges Fach, sondern bietet auch Abenteuer und ästhetische Erfahrung.«

Sir Cyril Hinshelwood

Die organische Chemie befasst sich mit der Analyse von Kohlenstoffverbindungen. Anders als jedes andere Element bildet Kohlenstoff riesige Verbindungsnetzwerke aus Kohlenstoff und anderen Elementen wie Sauerstoff, Wasserstoff und Stickstoff. Biologische Substanzen, darunter unsere DNA, und viele Arzneimittel sind organisch. Organische Chemiker versuchen die Strukturen und Reaktionen dieser Verbindungen zu verstehen und neue zu bauen.

Gegenstand der anorganischen Chemie sind alle nicht-organischen Stoffe, darunter Metalle und ihre Verbindungen, sowie die Untersuchung ihrer Strukturen und Reaktionen. Erkenntnisse daraus führten zu neuen Farbstoffen, Pigmenten, Hochleistungsmaterialien und auch zu der allgegenwärtigen Lithium-Ionen-Batterie.

Selbst wenn Lehrbücher und Hochschulen die Einteilung beibehalten, verschwimmen die Grenzen zwischen den Teilbereichen immer mehr. Dasselbe gilt für die Chemie, die Biologie und die Physik. Die größten wissenschaftlichen Leistungen der vergangenen Jahre – die Entdeckung neuer Elemente mit Teilchenbeschleunigern, die Genom-Editierung und die Entwicklung der COVID-19-Impfstoffe – entstammen einer vereinten Forschung aus allen Naturwissenschaften gleichermaßen.

Mit ihren vielen Schnittstellen zu anderen Wissenschaften spielt die Chemie bei der Entwicklung neuer Forschungsergebnisse heute eine zentrale Rolle. Dieses Buch zeichnet die Geschichte der Chemie nach, von den praktischen, vorzeitlichen Anfängen über die Entstehung der modernen Chemie aus der Alchemie heraus bis zu einer Wissenschaft, die Einfluss auf nahezu jeden Aspekt der modernen Welt hat.

PRAKTISCHE CHEMIE

FRÜHZEIT BIS 800 N. CHR.

UM 7000 V. CHR.

Spuren von vergorenen Getränken belegen Brautechniken in frühen Kulturen.

UM 1200 V. CHR.

Tapputi-Belatekallim, die erste namentlich bekannte Chemikerin, stellt Parfüm durch Destillation und Filtration her.

UM 500 V. CHR.

In Lydien werden Methoden zur Raffination von Edelmetallen entwickelt.

UM 2800 V. CHR.

In Sumer wird aus tierischem Fett, Holz und Wasser Seife hergestellt.

UM 650 V. CHR.

In Assyrien entsteht das erste Handbuch zur Glasherstellung.

UM 460 V. CHR.

Leukipp und Demokrit regen an, dass alle Dinge aus winzig kleinen und unsichtbaren Teilchen aufgebaut sind.

UM 300 V. CHR.

Aristoteles fügt Empedokles’ Elementen den »Äther« als fünftes Element hinzu.

UM 475 V. CHR.

Chinesische, südamerikanische und afrikanische Metallurgen gewinnen mit ersten Hochöfen Eisen aus Eisenerz.

UM 450 V. CHR.

Empedokles führt den Aufbau allen Seins auf die vier »Urstoffe« Erde, Luft, Feuer und Wasser zurück.

Den Anstoß, erste Streifzüge in die Chemie zu unternehmen, gaben praktische Anwendungen. Gern vereinnahmt die westliche Welt die Geschichte der Chemie für sich. Praktisch-chemische Verfahren übten aber alle frühen Kulturen aus.

Zunächst stellten die Menschen mit chemischen Methoden Gebrauchsgegenstände wie Seifen, Töpferwaren, Stofffarben und Baumaterialien her.

Aus archäologischen Funden wissen wir, dass Fermentation eines der ersten biochemischen Verfahren ist, mit denen unsere Vorfahren experimentierten, um Brot zu backen und Getränke herzustellen. Im heutigen China wurden Reis, Honig und Früchte zu Reiswein vergärt. Obwohl es auch dort schon früh Destillationsverfahren gab, hat diese Technik ihren Ursprung wahrscheinlich im alten Indien. Mehrere indigene Zivilisationen in Nord- und Südamerika sowie in Afrika südlich der Sahara sind ebenfalls für die Erfindung von eigenen alkoholischen Getränken bekannt.

Kunsthandwerk

Die Destillation diente nicht nur der Alkoholproduktion. In Babylon (dem heutigen Irak und Syrien) trennten Kunsthandwerker Stoffgemische in speziell gebauten Apparaturen, indem sie die Eigenschaften der einzelnen Bestandteile ausnutzten und entsprechende Verfahren entwickelten, um zum Beispiel Parfüm herzustellen.

In Babylon wirkte auch die erste bekannte Chemikerin Tapputi-Belatekallim. Wie sie auf Tontafeln dokumentierte, stellte sie mit Verfahren der Extraktion, Destillation und Filtration Parfüme für medizinische und rituelle Zwecke her.

Die Glasherstellung war ein weiteres chemisches Verfahren mit Anwendungen im Handwerk und in der Schmuckkunst. In Assyrien, das Teile des heutigen Irans, Iraks, Syriens und der Türkei umfasste, wurde in der Bibliothek von König Aschurbanipal das erste Handbuch zur Glasherstellung entdeckt – gleichwohl archäologische Funde bereits frühere Erfahrungen in der Glasfertigung im alten Ägypten, China und Griechenland belegen. Aus dem Glas fertigte man Waffen, dekorative Objekte und Gefäße, auch wenn echte Hohlgefäße erst nach Entdeckung der Glasbläserei im 1. Jahrhundert n. Chr. hergestellt werden konnten.

Metallurgie

Auch Metallressourcen konnten dank früher chemischer Verfahren erschlossen werden. Edelmetalle wie Gold und Silber waren leichter zu gewinnen als andere Metalle, die oft nur in Verbindung mit anderen Elementen vorkommen. In Lydien (heutige Türkei) entwickelte man basierend auf der Raffination von Gold und Silber ein erstes Standard-Münzsystem.

Bedeutender waren Techniken, um Metalle aus ihren Erzen zu lösen, in denen sie mit anderen Elementen verbunden sind. Im alten China gewann man in ersten Hochöfen Eisen und es gibt Hinweise auf Kupferverhüttung in indigenen Zivilisationen Südamerikas. Diese Verfahren markierten den Übergang vom rein dekorativen Gebrauch der Metalle hin zu ihrem Einsatz in einer Reihe praktischer Anwendungen, auch für Waffen.

Elemente

Vor etwa 2500 Jahren wandten sich die Denker des alten Griechenlands der stofflichen Materie ihrer Umwelt zu. Ihre Philosophie setzte den theoretischen Rahmen für das Studium der materiellen Welt, der sich über die folgenden Jahrhunderte hinweg nicht mehr ändern sollte.

Die Philosophen Leukipp und Demokrit führten das Konzept der Atome als feste, unteilbare Materieteilchen ein, aus denen alles um uns herum aufgebaut ist. Demokrit postulierte außerdem, dass verschiedenartige Atome verschiedene Stoffe aufbauen und dass sich Atome auf verschiedene Weise miteinander verbinden können. Zur selben Zeit schlug Empedokles vor, dass jeder Stoff aus einer Kombination der vier Urstoffe Erde, Luft, Feuer und Wasser besteht. Platon soll der erste griechische Philosoph gewesen sein, der diese Urstoffe als »Elemente« bezeichnete. Aristoteles definierte dann die Elemente als nicht weiter teilbare Körper unterschiedlicher Form. Er ordnete ihnen auch Primärqualitäten zu, um die Eigenschaften der Stoffe zu erklären. Bis ins 17. Jahrhundert hielt sich seine Lehre. Abgelöst wurde sie durch die Entdeckung der physikalischen Elemente. Umgekehrt wurde die Lehre von den Atomen im 18. Jahrhundert wiederentdeckt.

Diese klassischen Ideen sowie die von den verschiedenen frühen Kulturen erfundenen Techniken und Apparaturen schufen die Grundlage der modernen Chemie.

WER DAS BIER NICHT KENNT, WEISS NICHT, WAS GUT IST

BIERBRAUEN

IM KONTEXT

SCHLÜSSELFIGUREN

Unbekannte Braumeister (Um 11 000 v. Chr.)

FRÜHER

Um 21 000 v. Chr. Nahe dem See Genezareth bauen Jäger und Sammler Reisighütten mit Feuerstelle, festem Boden und Schlafplätzen und lagern dort Samen und Beeren.

SPÄTER

Um 6000 v. Chr. Spuren von Wein überdauern in Trinkgefäßen nahe dem heutigen Tiflis in Georgien.

Um 1600 v. Chr. Altägyptische Schriften weisen um die 100 medizinische Heilanwendungen von Bier auf.

Um 100 v. Chr. Im Südwesten der USA verwenden die Papago in Ritualen Wein aus dem Saguaro-Kaktus.

Um 1000 n. Chr. In Deutschland verarbeiten Bierbrauer große Mengen von Hopfen.

Alkohol ist seit den frühesten schriftlichen Aufzeichnungen mit sozialen – religiösen und profanen – Aktivitäten verbunden. Seine Herstellung gehört zu den ältesten belegten chemischen Verfahren.

Anstich

Wie die Menschen den Alkohol ursprünglich entdeckten, ist nicht bekannt. Fermentieren, Brauen und Gären waren jedoch entscheidende erste Ausflüge in die Chemie. Wahrscheinlich ergaben sich die ersten Erfahrungen mit Alkohol zufällig, zum Beispiel durch den Genuss vergorener Früchte. Es gibt einige Hinweise darauf, dass bereits vor dem Beginn des Ackerbaus vor etwa 11 000 Jahren Alkohol produziert wurde.

Diese Wandmalerei aus dem alten Ägypten (2500–2350 v. Chr.) dekoriert eine Grabkapelle im oberägyptischen Abydos-Nord mit einer Brauereiszene.

Das erste Bier der Welt braute möglicherweise das neolithische Volk der Natufier, das um das östliche Mittelmeer von etwa 15 000 bis 11 000 v. Chr. lebte. In Rückständen aus Steinmörsern von 11 000 v. Chr., die in Gräbern in der Nähe des heutigen Haifa in Israel gefunden wurden, entdeckten Archäologen Spuren von vergorenem Getreide und Hinweise auf die Lagerung von Lebensmitteln. Demnach gingen die Natufier nach einem dreistufigen Brauverfahren vor, wobei sie zuerst Weizen oder Gerste in Wasser keimen ließen und die Stärke zu Malz verarbeiteten, das sie dann lagerten. Als Nächstes wurde durch Erhitzen Maische hergestellt und die Maische der Gärung überlassen. Dabei verwandelte die natürlich in der Luft vorkommende Wildhefe den Getreidezucker zu Ethanol (Alkohol). Das Ergebnis ähnelte eher einem »Bierbrei« als dem heute gewohnten Getränk.

Am Anfang des Brauvorgangs wird Gerste zum Keimen gebracht, sodass Gerstenmalz entsteht. Es enthält Zucker, Stärke, aber auch Enzyme, die Amylasen und Proteasen. Fünf weitere Brauschritte schließen sich an.

Vermutlich brauten bis 7000 v. Chr. bereits viele alte Zivilisationen alkoholhaltige Getränke. Zumindest stammen aus dieser Zeit die ältesten chemischen Belege. Auf Keramikgefäßen, die in Jiahu in Nordostchina gefunden wurden, entdeckten Archäologen Rückstände mit Spuren eines fermentierten Getränks aus Honig, Reis und Früchten. Analysen von Gefäßresten an mehreren archäologischen Fundstätten legen nahe, dass in dieser Region Menschen mit einem Getreideansatz namens Qu eine Art Bier herstellten, was zur Datierung der Frühzeit der Pflanzenkultivierung um etwa 7000 v. Chr passt. Wie bei den Natufiern stammen auch diese Gefäße von Orten, an denen Menschen bestattet wurden. Wahrscheinlich spielte das rituelle Trinken bei den Begräbnisfeierlichkeiten eine Rolle.

Brot und Bier

Die älteste schriftliche Aufzeichnung der Bierproduktion kennen wir von einer 6000 Jahre alten Tafel aus dem alten Mesopotamien (eine historisch bedeutsame Region zwischen den Flüssen Euphrat und Tigris, die Teile des heutigen Syriens und der Türkei sowie den größten Teil des Iraks umfasste). Sie gilt als Zeugnis der alten Sumerer, die in der Gegend des heutigen Iraks lebten und eine Schutzgöttin des Brauens namens Ninkasi hatten. Das älteste erhaltene Bierrezept, das die Herstellung von Bier aus Gerstenbrot beschreibt, ist in einem 3900 Jahre alten Lobgedicht auf diese Göttin zu finden.

Ägypten war einer der größten Wein- und Bierproduzenten der antiken Welt. Tatsächlich stand die älteste bekannte Brauerei der Welt (um 3400 v. Chr.) in der Stadt Hierakonpolis und produzierte heutigen Berechnungen zufolge mehr als 1100 Liter Bier am Tag. Zwischen ägyptischen Brauereien und Bäckereien gab es oft Bezüge. Sowohl beim Brauvorgang als auch beim Backvorgang ist man auf die Aktivität von Hefe angewiesen, um Zucker aus Getreide wie Gerste und Emmer in Ethylalkohol und Kohlendioxid (CO2) umzuwandeln. Der Unterschied liegt darin, dass für die Bierbrauer der Alkohol das gewünschte Produkt ist, während Bäcker das CO2 benötigen, um das Brot zu heben und zu säuern. Es erscheint wahrscheinlich, dass unsere Vorfahren zuerst Bier brauten, bevor sie Brot buken. Heute wird häufig Hefe, die aus dem Brauvorgang übrig geblieben ist, zur Herstellung von Brot weiterverwendet.

SÜSSES ÖL, DER DUFT DER GÖTTER

REINIGUNG VON STOFFEN

IM KONTEXT

SCHLÜSSELFIGUR

Tapputi-Belatekallim (um 1200 v. Chr.)

FRÜHER

Um 4000 v. Chr. Im Tigristal fertigen Handwerker bauchige Gefäße an, die Teil einer Destillationsanlage sein könnten.

Um 3000 v. Chr. Im Industal werden mit Destillationsapparaturen höchstwahrscheinlich ätherische Öle hergestellt.

Um 2000 v. Chr. Auf Zypern ist eine riesige Parfümfabrik in Betrieb.

SPÄTER

9. Jh. n. Chr. Der arabische Philosoph al-Kindi führt in seinem Buch über die Chemie des Parfüms und der Destillationen mehr als 100 Rezepte und Methoden auf.

11. Jh. Der persische Gelehrte Ibn Sina erfindet ein Destillationsverfahren, um aus Blüten feinere Düfte zu extrahieren.

Die Destillation ist ein Verfahren zur Abtrennung von Flüssigkeiten, entweder aus Feststoffen, wie bei der Extraktion von Alkohol aus fermentierten Stoffen, oder aus einem Gemisch von Flüssigkeiten mit unterschiedlichen Siedepunkten. Ein Beispiel für Letzteres ist Erdöl, aus dem man durch Destillation unter anderem Butangas und Benzin gewinnt.

Erste Technologien

Eine der ersten technologischen Entdeckungen war die Gewinnung von Birkenpech durch Destillation von Birkenrinde. Birkenpech ist ein teerartiger, natürlicher Klebstoff, mit dem die Menschen Werkzeuge zusammensetzten und Steinklingen an den Holzgriffen von Äxten, Speeren und Hacken befestigten. In europäischen Fundstätten aus dem mittleren Paläolithikum entdeckte man Pechperlen, die weit vor der Ankunft des modernen Homo sapiens in Westeuropa vor etwa 150 000 Jahren von Neandertalern hergestellt wurden. Um das Pech zu extrahieren, erhitzten die Neandertaler höchstwahrscheinlich die Rinde in der Glut eines Feuers.

Aus einer (relativ) jüngeren Zeit stammt die Parfümdestillation. Hieroglyphen weisen diese Kunst altägyptischen Priestern zu, die schon vor mindestens 5000 Jahren aromatische Harze in ihren Ritualen verwendeten. Zur Parfümherstellung müssen zunächst duftende ätherische Öle aus Pflanzen gewonnen werden, was vor allem durch Destillation gelingt.

Destillen

In Mesopotamien (Westasien) wurden Brennkessel (Destillen) bereits 3500 v. Chr. zum Destillieren und Filtern von Flüssigkeiten benutzt. Es waren doppelrandige Tongefäße mit Deckel. Die Flüssigkeit wurde im Gefäß erhitzt und das Kondensat (Flüssigkeit, die sich durch Kondensation bildet) sammelte sich im wassergekühlten Deckel. Von dort lief es in eine aus dem Doppelrand des Gefäßes gebildete Mulde, wo es aufgefangen wurde. Aufgrund seiner Ineffizienz musste das Verfahren oft mehrmals wiederholt werden, um die erforderlichen Konzentrationen zu erreichen.

Die erste Chemikerin

Tontafeln mit Keilschrift aus der Zeit um 1200 v. Chr. beschreiben Parfümerien im alten Babylon (einer Stadt im südlichen Mesopotamien, dem heutigen Irak), in denen man bereits destillierte. Eine babylonische Parfümherstellerin, auf den Tafeln Tapputi-Belatekallim genannt, ist die erste namentlich bekannte Chemikerin. »Belatekallim« bedeutet »Aufseherin«, und Tapputi überwachte die königliche Parfümerie. Die Tafeln beschreiben, wie sie Parfüme herstellte und für religiöse Rituale, Arzneien und den königlichen Haushalt filterte und destillierte. Obwohl es bereits lange vor Tapputi Destillen gab, bezeugen die Tafeln zum ersten Mal die Art ihrer Verwendung.

»Parfümeurinnen entwickelten die chemischen Techniken der Destillation, Extraktion und Sublimation.«

Margaret Alic

Hypatia’s Heritage (1986)

Parfümhersteller wie Tapputi arbeiteten zudem mit einer Vielzahl weiterer Geräte, die größtenteils von Haushaltsgegenständen entlehnt waren, darunter Töpfe und Becher aus Keramik und Steingut, Gewichte und Maße, Siebe, Stößel und Mörser, Filtertücher sowie Öfen, die einen großen Temperaturbereich abdeckten.

Eine weitere erhaltene Tontafel beschreibt Schritt für Schritt, wie Tapputi aus Wasser, Blüten, Öl und Calamus (möglicherweise Zitronengras) eine Salbe für den Königshof herstellte. Die Beschreibung der Raffination der Zutaten ist der älteste dokumentierte Verweis auf diese Technik. Die Zutaten wurden zuerst mit Wasser und dann mit Öl aufgeweicht und gekocht, wobei sich die freigesetzten Essenzen an den Wänden des Brennkessels sammelten. Das aufgefangene Destillat konnte dann wie heutige Parfüme in einer Mischung aus Wasser und Alkohol verdünnt werden.

Der Alembik, wie er hier in einem arabischen Text aus dem 18. Jh. abgebildet ist, soll von der ägyptischen Alchemistin Maria der Jüdin im 2. Jh. n. Chr. erfunden worden sein. Das Kondensat fließt vom Kühlgefäß in ein Auffanggefäß.

Destillation und Sublimation

Flüssigkeiten, die bei verschiedenen Temperaturen sieden, können sehr wirkungsvoll durch Destillation getrennt werden. Die flüchtigste Komponente verdampft bei der niedrigsten Temperatur. Der Dampf durchläuft einen Kondensator, kühlt ab und wird als flüssiges Destillat aufgefangen. Durch Anpassen der Temperatur lassen sich somit verschiedene Flüssigkeiten aus einem Flüssigkeitsgemisch trennen. Eine andere Trennmethode ist die Sublimation: Ein Feststoff geht beim Erwärmen sofort in die Gasphase über. Gefrorenes Kohlendioxid (Trockeneis) sublimiert zum Beispiel bei Raumtemperatur. Jod, Kampfer und Naphthalin werden beim Erwärmen gasförmig und lassen sich durch Abkühlen ähnlich wie ein Destillat als festes Sublimat auffangen und rückgewinnen.

FETT VOM SCHAFBOCK, ASCHE VOM FEUER

SEIFENSIEDEN

IM KONTEXT

SCHLÜSSELFIGUREN

Seifenmacher aus Sumer (Um 2800 v. Chr.)

SPÄTER

Um 600 v. Chr. Aus Ziegentalg und Holzasche stellen die Phönizier Seifen her.

79 n. Chr. Beim Ausbruch des Vesuvs geht in Pompeji offenbar auch eine Seifenmanufaktur unter.

700 Arabische Chemiker stellen mit Olivenöl und anderen pflanzlichen Ölen die ersten festen Seifenstücke her. Sie sind gefärbt und duften durch Essenzen, etwa von Thymian.

12. Jh. Eine islamische Schrift nennt als Hauptbestandteil von Seife al-Qaly, also »Asche«. Das ist der Ursprung des chemischen Begriffs »alkalisch«.

1791 Nicolas Leblanc eröffnet in Frankreich eine Fabrik für Natriumcarbonat (Soda), um Seife preisgünstiger produzieren zu können.

Womöglich war Seife das erste echte chemische Präparat, eine bewusst hergestellte Mischung aus zwei oder mehr Chemikalien. Tontafeln von 2500 v. Chr., die in der sumerischen Stadt Girsu (im heutigen Irak) gefunden wurden, dokumentieren eine Methode zur Herstellung eines seifenähnlichen Stoffes. Archäologen halten es jedoch für wahrscheinlich, dass Seife schon mindestens 300 Jahre zuvor im Gebrauch gewesen ist.

Die Chemie der Seifenherstellung war in allen Kulturen ähnlich. Das Seifenrezept aus Girsu, einem Zentrum der Textilproduktion, bezog sich auf das Waschen und Färben von Wolle. Die Sumerer entfetteten die Wolle mit einem Holzasche-Wasser-Gemisch, um sie anschließend färben zu können. Priester reinigten sich möglicherweise vor Ritualen mit einem ähnlichen Gemisch.

Alkalische Asche

Das Holzasche-Wasser-Gemisch wirkt, weil alkalische Substanzen in der Asche mit dem Öl reagieren und es in Seife umwandeln. (Alkalische Substanzen ergeben mit Wasser eine Lauge, also eine basische Lösung, und Basen sind das chemische Gegenteil von Säuren.) Die Seife löst dann das restliche Öl und den Schmutz. Solche Seifen waren durch Aufkochen (Sieden) von Asche und tierischem Fett oder Öl relativ einfach herzustellen und wurden als Reinigungslösungen für Textilien wie Wolle oder Baumwolle verwendet.

»Dieses Wasser weiht die Himmel, es reinigt die Erde.«

Hymne an Kusu

(3. Jt. v. Chr.)

Am menschlichen Körper schien Seife seltener als Reinigungsmittel zu dienen, sondern vielmehr zur Behandlung von Hautbeschwerden. Ein sumerischer Text von etwa 2200 v. Chr. beschreibt die Anwendung von Seife bei einer Person mit einem nicht identifizierten Hautleiden. Die alten Ägypter behandelten mit ähnlich produzierten Seifen Hautkrankheiten und Wunden, wuschen sich aber auch damit. Der Papyrus Ebers von 1550 v. Chr., einer der ältesten bekannten medizinischen Schriften, dokumentiert die Herstellung von Seife durch Mischen von tierischen und pflanzlichen Ölen mit alkalischen Salzen.

In China entdeckten die Menschen der Zhou-Dynastie (etwa 1000 v. Chr.), dass sich die Asche bestimmter Pflanzen zur Fettentfernung eignet. Ein Bericht, der gegen Ende der Dynastie verfasst wurde, dokumentiert eine Verbesserung der Reinigungsmischung durch die Zugabe von zerkleinerten Muscheln. Das dadurch hergestellte alkalische Gemisch diente zur Entfernung von Flecken aus Geweben.

Seifensaga

Im alten Rom und in Griechenland reinigten die Menschen ihre Körper, indem sie Öl in die Haut einmassierten und dann den Schmutz mit einem Metall- oder Holzstriegel abkratzten. Frühe Beispiele dafür finden sich in Schriften aus dem 5. Jahrhundert v. Chr.

Zum ersten Mal dokumentiert wurde der Begriff »Seife« im 1. Jahrhundert n. Chr. durch den römischen Autor und Naturforscher Plinius den Älteren. In seiner Historia naturalia, einer naturgeschichtlichen Enzyklopädie, erläuterte er die Herstellung von Sapo aus Talg (Rinderfett) und Asche. Das Produkt sei gegen »skrofulöse Wunden« anzuwenden.

Im 2. Jahrhundert n. Chr. beschrieb der einflussreiche griechische Arzt Galen eine Seifenherstellung mit Lauge (Kaliumhydroxid und Natriumhydroxid aus Holzasche). Das Produkt verschrieb er seinen Patienten zur Reinigung von Körper und Kleidung.

Moderne Seifen

Als Seifenfett verwendet man heute meist Kokosöl, Sonnenblumenöl, Olivenöl, Palmöl oder Talg. Das Fett bestimmt die Eigenschaften der Seife: Tierische Fette ergeben sehr harte, unlösliche Seifen, während Kokosöl lösliche Seifen bildet. Wichtig ist auch die Base: Natriumseifen sind hart, Kaliumseifen weicher.

Viele moderne Waschmittel enthalten zusätzlich Enzyme (biologische Katalysatoren), um Fette, Eiweiße und Stärke zu entfernen, die in Lebensmittelrückständen und anderen Flecken vorkommen.

Seifenmoleküle haften mit ihrem hydrophoben Schwanz an Ölmolekülen auf der Haut und schließen sie in Mizellen ein. Die Mizellen werden abgewaschen.

Chemie der Seife

Öle oder Fette, die man aus Pflanzen oder Tieren gewinnt, enthalten Triglyceride, die wiederum aus Glycerin und drei langen Fettsäureketten aufgebaut sind. Die Fettsäuren sind an das Glycerinmolekül chemisch gebunden, werden aber in einer stark alkalischen Lösung abgetrennt. Diesen Vorgang bezeichnet man als Verseifung. Übrig bleiben Glycerin als Alkohol sowie Fettsäuresalze als seifenaktive Substanzen. Der Kopf des Fettsäuresalzes ist hydrophil (wasseranziehend) und damit löslich, der lange Schwanz dagegen hydrophob (wasserabweisend) und unlöslich.

Als oberflächenaktive Substanzen bilden Fettsäuresalze an der Wasseroberfläche einen Film. Im Wasser aggregieren sie zu Kügelchen, den Mizellen, wobei der hydrophile Teil nach außen, der hydrophobe Teil nach innen weist. Die Mizellen können Fette, Öle und andere hydrophobe Moleküle im Inneren einschließen. Da die Mizelle selbst wasserlöslich ist, lässt sie sich leicht wegwaschen.

DÜSTERES EISEN SCHLÄFT AN DUNKLEN ORTEN

METALLGEWINNUNG AUS ERZ

IM KONTEXT

SCHLÜSSELFIGUREN

Anatolische Metallurgen (um 2000 v. Chr.)

FRÜHER

Um 5000 v. Chr. In Minen in Südosteuropa und im Iran wird nachweislich gezielt Kupfer gewonnen.

Um 4000 v. Chr. Kupferbeile belegen Schmelz-, Gieß- und Verarbeitungstechnologien für Metalle auf dem Balkan.

SPÄTER

Um 400 v. Chr. Indische Metallurgen erzeugen Stahl durch Schmelzen von kohlenstoffhaltigem Schmiedeeisen.

12. Jh. n. Chr. In Durstel in der Schweiz entstehen die ersten Hochöfen in Westeuropa.

Die Entdeckung der Metallgewinnung war ein gewaltiger technologischer Fortschritt. Damit konnten die Menschen Werkzeuge, Schmuck und andere Gegenstände aus Metall fertigen. Die ersten derartig verwendeten Metalle waren Kupfer, Silber und Gold, die in ihrem metallischen (nativen) Zustand natürlich vorkommen. Die meisten anderen Metalle sind zusammen mit anderen Mineralien in einem Erz gebunden. Ihre Gewinnung aus dem Erz (Ausschmelzen oder Verhütten) erfordert hohe Temperaturen.

Kupfergewinnung

Das Ausschmelzen von Metallen wurde wahrscheinlich zuerst von Töpfern entdeckt. Vielleicht beobachteten sie beim Entwickeln von neuen Brennverfahren, wie plötzlich ein Rinnsal von geschmolzenem Metall aus dem Ofen tropfte. Um Kupfer auszuschmelzen, muss das Erz auf über 980 °C erhitzt werden. Über einem offenen Holzfeuer ist dies kaum möglich, dafür braucht man Öfen.

Bronzezeitliche Metallproduktion in künstlerischer Darstellung. Eine zuvor in einem Ofen eingeschmolzene Legierung aus Kupfer und Zinn wird in eine Form aus Sand gegossen. Derweil inspiziert ein Arbeiter eine frisch gegossene Schwertklinge.

»Gold und Eisen sind in der heutigen Zeit – wie schon im Altertum – die Herrscher der Welt.«

William Whewell

Vortrag zum Fortschritt in Kunst und Wissenschaft (1851)

Auf dem Balkan und auf der Sinai-Halbinsel in Ägypten befinden sich 6000 Jahre alte Schächte zur Kupfererzförderung. Die frühen Bergleute brachen das Gestein mithilfe innovativer Brandtechniken auf, um an das Erz zu gelangen. Durch Erhitzen dehnte sich der Fels aus. Er wurde dann mit kaltem Wasser übergossen, um das sich wieder zusammenziehende Gestein aufzusprengen. Archäologen fanden nahe der Minen Tiegel (feuerfeste Tongefäße, die zum Schmelzen von Mineralien einschließlich Metallen verwendet wurden), was auf ein Aufschmelzen der Erze direkt am Standort hinweist.

Legierungen

Kupfer selbst ist ein relativ weiches, für Werkzeuge nur bedingt geeignetes Metall. Vor etwa 5000 Jahren entdeckten die Menschen, dass sie durch Vermischen von Kupfer mit anderen Materialien, also der Bildung einer Legierung, ein festeres Metall erzeugen konnten. Durch Erhitzen von Kupfersulfiderzen mit glühenden Kohlen erzeugten sie eine arsenhaltige Kupferlegierung, die härter war als reines Kupfer. Die ersten Kupfer-Zinn-Legierungen erzeugten die Metallurgen wahrscheinlich durch Beimischen von Zinnerz während des Ausschmelzens. Die neue Kupfer-Zinn-Legierung (Bronze) war viel härter als die Reinmetalle und auch leichter zu gießen. Ihre Herstellung begann um 3000 v. Chr. in Mesopotamien im Delta von Euphrat und Tigris. Von dort verbreitete sie sich rasch durch den Handel. Die Bronzezeit hatte begonnen.

Viel Eisen

Das erste Eisen wurde wahrscheinlich um 2000 v. Chr. in Anatolien (heutige Türkei) durch zufällige Beimischungen von Eisenerz beim Kupferschmelzen gewonnen. Eisen lässt sich nur über heiß brennender Holzkohle aufschmelzen. Die Kohle reagiert chemisch mit dem Eisen, was Verunreinigungen aus dem Erz entfernt. Mit dem neu erfundenen Faltenbalg konnte man Luft und damit Sauerstoff in den Ofen blasen und so die Temperatur weiter erhöhen. Dennoch erreichten diese sogenannten Rennöfen nicht die zum Schmelzen von Eisen erforderliche Temperatur. Vielmehr entstand eine Eisenblüte aus fast reinem Eisen und anderen Materialien, die dann durch wiederholtes Erhitzen und Hämmern veredelt wurde. Auf diese Weise erzeugtes Eisen nennt man Schmiedeeisen.

Eisen ist das vierthäufigste Element auf der Erde und leichter in großen Mengen zu gewinnen als Kupfer und Zinn. Rasch verbreiteten sich zwischen 1200 und 1000 v. Chr. das Wissen über die Eisenbearbeitung und der Handel mit landwirtschaftlichen Geräten und Waffen im ganzen Mittelmeerraum und dem Nahen Osten. In China entwickelte Hochöfen machten die Produktion effizienter.

Der Hochofen

Im Hochofen werden Eisen und auch andere Metalle verhüttet. Während von unten Luft eingeblasen wird, um die Versorgung mit Sauerstoff zu gewährleisten, werden im oberen Teil kontinuierlich Erz und Brennstoff zugeführt. Durch chemische Reaktionen entstehen in der gesamten Reaktionskammer flüssiges Metall und Schlacke. Beides wird am Boden abgezogen (abgestochen), während Rauchgase nach oben hin entweichen.

Funde von gusseisernen Werkzeugen in ganz China belegen, dass die Hochofentechnologie dort bereits im 5. Jh. v. Chr. fest etabliert war. Die Öfen hatten Lehmwände, und phosphorhaltige Mineralien wurden zugesetzt, um den Schmelzpunkt des Metalls zu senken. Im 1. Jh. n. Chr. entwickelte der chinesische Ingenieur Du Shi eine wasserradgetriebene Gebläsetechnik, die den Arbeitsaufwand reduzierte und die Effektivität steigerte. In Europa kannte man zu der Zeit nur Rennöfen, mit denen man Schmiedeeisen produzieren konnte.

WÄRE ES NICHT SO ZERBRECHLICH, HÄTTE ICH ES NOCH LIEBER ALS GOLD

GLASHERSTELLUNG

IM KONTEXT

SCHLÜSSELFIGUREN

Glasmacher Mesopotamiens (um 2500 v. Chr.)

FRÜHER

Um 5000 v. Chr. Schneidewerkzeuge aus Naturglas belegen den Gebrauch von Glas in vorzeitlichen Gesellschaften.

SPÄTER

Um 1500 v. Chr. Ende des Bronzezeitalters erreicht die Glasherstellung Ägypten und Griechenland.

7. Jh. v. Chr. In der Bibliothek von König Assurbanipal (685–631 v. Chr.) von Assyrien (jetzt Nordirak) finden sich vielfältige Glasmacherrezepte.

1. Jh v. Chr. Die Phönizier erfinden das Glasblasen: Sie stellen durch Einblasen von Luft durch ein Eisenrohr in einen Klumpen aus geschmolzenem Glas Hohlgefäße her.

1. Jh. n. Chr. Die Römer klären Glas mit Manganoxid und verwenden Fensterglas.

Glas ist ein nicht-kristallines, in der Erdkruste natürlich vorkommendes Material. Der dunkle Obsidian bildet sich aus rasch erkaltender Lava und kann zu äußerst scharfen Kanten für Messer, Sägen und Speerspitzen geschliffen werden.

Die ältesten bekannten Glasobjekte sind Glasperlen aus Mesopotamien, die um 2500 v. Chr. hergestellt wurden. Das Verfahren entwickelten möglicherweise Töpfer, die Keramiken bei hohen Temperaturen mit einer undurchlässigen Glasur versahen. Glas besteht aus drei Inhaltsstoffen: Kieselsäure (SiO2, normalerweise Sand); Soda (Natriumhydroxid, NaOH) oder Pottasche (Kaliumhydroxid, KOH), die als Flussmittel zum Senken der Schmelztemperatur von Sand dienen, und Kalk (Calciumhydroxid, Ca(OH)2) zur Stabilisierung. Um die Rohstoffe zu schmelzen, müssen Temperaturen von über 1000 °C erreicht werden, was nur wenige Öfen schaffen. Wegen der aufwendigen Herstellung waren Glasobjekte heiß begehrt.

Geschmolzenes Glas kann geformt werden. Um 1600 v. Chr. stellten die mesopotamischen Glasmacher kleine Glasgefäße her, indem sie ein Stück Lehm oder Dung an einem Metallstab befestigten, es in eine Glasschmelze tauchten und den Kern nach Abkühlen des Glases entfernten.

Im 5. Jahrhundert v. Chr. wurde der Flammofen mit Brennraum und Schlot entwickelt. Darin konnten mehrere Tonnen Rohstoffe auf einmal geschmolzen werden, was die Produktivität erheblich erhöhte.

»Glas wird wie Kupfer in einer Reihe von Schmelzöfen eingeschmolzen, woraus sich mattschwarze Klumpen bilden.«

Plinius der Ältere

Naturkunde (um 77 v. Chr.)

GELD IST VON NATUR GOLD UND SILBER

EDELMETALLRAFFINATION

IM KONTEXT

SCHLÜSSELFIGUR

Krösus, König von Lydien (Regierungszeit um 560–546 v. Chr.)

FRÜHER

Um 7000 v. Chr. Steinzeitliche Gemeinschaften hämmern Kupfer für Werkzeuge. Früheste Funde solcher Kupferwerkzeuge stammen aus Ostanatolien (heutige Türkei).

Um 3000 v. Chr. In Ägypten ist der erste bekannte Goldschmuck in Gebrauch.

SPÄTER

Um 300–500 n. Chr. In Panama und Costa Rica werden Ornamente und Königsinsignien aus der Gold-Kupfer-Legierung Tumbaga gefertigt.

1867 Mit einem neuen Raffinationsverfahren erreicht Francis Bowyer Miller eine Reinheit von Gold von 99,5 Prozent.

Die ersten vom Menschen bearbeiteten Metalle waren Kupfer und Gold, wie 8000 Jahre alte Kupferperlen aus dem Nordirak belegen, während es Golddekor wahrscheinlich schon früher gab. Bis 4000 v. Chr. waren sieben Metalle bekannt: Kupfer, Gold und Silber, die nativ direkt zur Verfügung standen, sowie Blei, Eisen, Zinn und Quecksilber, die durch Ausschmelzen aus ihren Mineralerzen gelöst wurden.

Die nativen Metalle waren nicht immer rein. Im 7. Jahrhundert v. Chr. schürften die Lydier in Anatolien Elektrum – eine natürliche Legierung aus Gold und Silber – in Flusssand und begannen mit Prägungen. Um 600 v. Chr. führte König Krösus von Lydien die ersten Goldmünzen der Welt mit standardisierter Reinheit als Bezahlmittel ein.

Um das Gold für die Münzen zu reinigen, schlugen die Goldschmiede das Elektrum flach und legten es in Steinguttöpfe zwischen Salzschichten. Beim längeren Erhitzen auf eine Temperatur unter dem Schmelzpunkt von Gold reagierte der Silberanteil mit dem Salz zu Silberchlorid, das vom »Trägerton« in den Ofenziegeln oder Behältern aufgenommen wurde.

Goldmünze aus der Zeit des Königs Krösus mit eingehämmerter Darstellung eines Löwen und eines Bullen. Diese Münze gehört zu den ersten bekannten Goldmünzen der Welt.

Um das Silber zurückzugewinnen, wurden die Trägertone mit Kupfer oder Blei aufgeschmolzen und dadurch das Silber abgetrieben. Um die hohen Temperaturen zu erreichen, wurden Blasebälge verwendet. Das gebildete Kupferoder Bleioxid wurde vom Tiegel absorbiert und das Silber für weitere Münzen verwendet.

DIE URSPRÜNGE ALLER DINGE SIND ATOME UND LEERES

WELT AUS ATOMEN

IM KONTEXT

SCHLÜSSELFIGUR

Demokrit (Um 460–370 v. Chr.)

FRÜHER

Um 475 v. Chr. Der griechische Philosoph Leukipp entwickelt die erste Theorie des Atomismus, dass alles aus unsichtbar kleinen Elementen zusammengesetzt ist.

SPÄTER

11. Jh. n. Chr. Der islamische Philosoph al-Ghazali beschreibt Atome als die einzigen materiellen Dinge, die fortwährend bestehen bleiben.

1758 Der kroatische Gelehrte Rudjer Boskovic veröffentlicht die erste allgemeine mathematische Theorie des Atomismus.

Die Vorstellung, dass alle Materie aus Atomen besteht, geht auf den griechischen Philosophen Demokrit zurück, der im 5. Jahrhundert v. Chr. lebte. Demokrit berief sich auf den fast zeitgleich lebenden Anaxagoras, der glaubte, dass Materie unendlich teilbar sei, und auf seinen Lehrer Leukipp, der sagte, dass alle Materie aus einer unendlichen Anzahl von unsichtbar kleinen, unteilbaren Teilchen bestünde.

Ewig atomos

Demokrit wusste, dass beim Zerschneiden eines Steins neue Steine entstehen, die immer die gleichen Eigenschaften wie der ursprüngliche Stein hatten. Wenn man also den Stein immer weiter teilte, entstünden immer winzigere Stückchen, bis so kleine Teilchen erreicht wären, dass es physisch unmöglich sei, sie weiter zu teilen. Diese unendlich kleinen Teilchen nannte er atomos, also »unteilbar« – woraus wir das Wort »Atome« ableiten. Atome bestünden ewig, könnten nicht zerstört werden, würden sich aber ständig neu zu verschiedenen Substanzen zusammenfügen.

»Denn auch das Kleine war eben unendlich … «

Anaxagoras

(5. Jh. v. Chr.)

Demokrits Atome waren fest und besaßen keine innere Struktur. Sie kamen in verschiedenen Größen, Gewichten und Formen vor, sodass jedes Material von einer bestimmten Form von Atomen abstammte – demnach waren die Atome eines Steins einzigartig und unterschieden sich beispielsweise von den Atomen einer Feder. Die Beschaffenheit eines Materials ergab sich aus der Form der zugrunde liegenden Atome und der Art und Weise, wie diese Atome sich zusammenfügten; zum Beispiel verhakten sich die gezackten Eisenatome während die glatten Wasseratome über- und gegeneinander rollten.

Demokrits Welt

Nach Demokrits Vorstellung gab es eine Welt, die schon immer existierte und immer existieren wird und deren Strukturen sich durch zufälliges Zusammenstoßen der Atome zu größeren Körpern formten. Dabei entstanden Wirbel, in denen Atome nach der Masse unterschieden werden.

Die Natur der Atome, ihre Bewegung und die Art ihrer Packung beherrschten die Welt. Demokrit wendete also mathematische Gesetze auf die Natur an, die Atombewegung gehorchte der Mathematik. Für Demokrit war die Natur eine Maschine.

Demokrit kam zu seinen Ansichten nicht durch Experimente, sondern durch Logik. Andere Philosophen, insbesondere Aristoteles, stimmten nicht mit ihm überein. Aristoteles führte Empedokles’ Lehre der vier Urstoffe Feuer, Luft, Erde und Wasser weiter. Außerdem bemängelte er, dass nach Demokrit die Atombewegung schon immer stattgefunden habe und dass es keinen Anfang dafür gebe.

Demokrit zufolge hatten die Atome verschiedener Materialien unterschiedliche Formen: Die Atome des Wassers waren glatt und glitten oder rollten leicht umeinander, die des Eisens waren zerfranst und verhakten sich zu einem Feststoff.

Spätere Entwicklungen

Im 4. Jahrhundert v. Chr. verfolgte der griechische Philosoph Epikur den Atomismus weiter, sprach sich aber gegen Demokrits Konzept eines mechanischen, deterministischen Universums aus. Da er einen freien Willen gelten lassen wollte, sah er ein gelegentliches, zufälliges »Abweichen« der Atome von ihren sonst vorgegebenen Bahnen vor. Dieses Zufallselement führt dann zu neuen Ereignisketten. Der römische Philosoph Lukrez schrieb im 1. Jahrhundert v. Chr. in Über die Natur der Dinge, dass »alle Natur aus Atomen erschaffen sei«, aus kleinen Teilchen, die sich ständig mit sehr hoher Geschwindigkeit bewegten. Der Atomismus war in Europa jahrhundertelang vergessen, bis islamische Gelehrte Aristoteles’ Schriften übersetzten. Aristoteles verwarf jedoch den Atomismus gegenüber seiner Lehre der vier Elemente. Die christliche Kirche hielt den Atomismus für zu materialistisch und ihren Lehren widersprechend. Erst in der Aufklärung wurde die Atomlehre wieder aufgenommen und vom britischen Chemiker John Dalton im frühen 19. Jahrhundert als fundiertes Atommodell weiterentwickelt.

Demokrit

Wegen seiner heiteren, gleichmütigen Lebenssicht auch »lachender Philosoph« genannt, wurde Demokrit um 460 v. Chr. wahrscheinlich in Abdera in der griechischen Provinz Thrakien geboren, vielleicht aber auch in Milet in der heutigen Westtürkei. Über sein Leben ist wenig bekannt, und keine seiner Schriften blieb erhalten. Was er dachte, ist in Fragmenten von Aristoteles überliefert und durch Anekdoten, die der griechische Biograf Diogenes Laërtius im 3. Jh. n. Chr. aufschrieb.

Demokrit soll viel gereist sein – ziemlich sicher nach Ägypten und Persien und vielleicht auch nach Äthiopien und Indien. In den Ländern lernte er die großen Gelehrten seiner Zeit kennen und tauschte sich in Griechenland mit den Naturphilosophen aus. Er wurde Schüler des Leukipp von Milet und übernahm von ihm die Theorie des Atomismus.

Die Umstände von Demokrits Tod sind unklar. Angeblich wurde er 90 Jahre alt, was bedeuten würde, dass er um 380 v. Chr. starb. Andere Autoren nehmen sogar ein Alter von 109 Jahren an.

FEUER, WASSER, ERDE UND DER LUFT UNENDLICHE HÖHE

DIE VIER ELEMENTE

IM KONTEXT

SCHLÜSSELFIGUREN

Empedokles (492–432 v. Chr.)

Aristoteles (384–322 v. Chr.)

FRÜHER

6. Jh. v. Chr. Der griechische Philosoph Thales von Milet hält alle Erscheinungen für natürlich und mit Vernunft begründbar.

SPÄTER

8. Jh. n. Chr. Der arabische Alchemist Dschabir Ibn Hayyan erweitert die Lehre von den vier Elementen durch eine Theorie der Metalle mit Schwefel und Quecksilber.

1661 Der anglo-irische Naturphilosoph und Chemiker Robert Boyle ersetzt die Vier-Elemente-Lehre durch die Theorie, dass sämtliche Materie aus Korpuskeln (Körperchen) besteht.

Woraus besteht die Welt? Zum ersten Mal sollen sich die Philosophen des alten Griechenlands diese Frage gestellt haben. Nach Aristoteles’ Metaphysik sah Thales von Milet Wasser als den Ursprung aller Dinge (Arché) an. Heraklit hielt hingegen das Feuer für den Arché, bei Anaximenes von Milet war es die Luft.

Wurzeln von allem

Der in Sizilien geborene Philosoph Empedokles erklärte im 5. Jh. v. Chr., dass alle Materie, auch die lebendige, aus vier Urstoffen oder »Wurzeln« (griech. Rhizomata) aufgebaut sei – Luft, Erde, Feuer und Wasser. Alle nicht reinen Substanzen seien Kombinationen der Urstoffe und ihr Mengenverhältnis bestimme den Charakter der jeweiligen Substanz. In seinem System bewirkten zwei Mächte Veränderungen, die Liebe (Philotes), die verschiedene Arten von Materie zusammenbrachte, und der Streit (Neikos), der sie trennte. Empedokles glaubte auch an eine Art Bewusstsein von lebendiger und nicht lebendiger Materie.

Empedokles in der vom deutschen Humanisten Hartmann Schedel herausgegebenen Nürnberger Weltchronik. Das Bildnis zeigt seinen großen Einfluss auf die mittelalterlichen Gelehrten.

Empedokles’ System war nicht auf experimentelle Befunde, sondern auf Philosophie gegründet. Angeblich führte er aber vor, dass Luft nicht nur nichts ist. An einer Klepsydra – einer Wasseruhr, die den Wasserfluss durch ein Gefäß mit zwei Löchern misst – zeigte Empedokles, dass sich das Gefäß mit Wasser füllte, wenn er das untere Loch unter Wasser hielt. Wenn er davor seinen Finger über das obere Loch legte, kam kein Wasser ins Gefäß, erst nach Wegnehmen des Fingers. Entsprechend musste, so schlussfolgerte Empedokles, die Luft im Gefäß das Eindringen des Wassers verhindern.

»Elemente sind als ursprünglich Erstes in den Körpern enthalten.«

Aristoteles

Sich ergänzende Qualitäten

Als Erster verwendete der Athener Philosoph Platon im Timaios (360 v. Chr.) den Begriff »Element« (Stoicheion, was die kleinste Teilung einer Sonnenuhr oder Buchstaben des Alphabets bedeutete). Sein Schüler Aristoteles lieferte in Über den Himmel eine Definition: »Ein Element sei der Körper, in welchen die übrigen Körper zerlegt werden … und welcher selbst nicht mehr in andere … geteilt werden kann.«

Aristoteles glaubte, dass alle Substanzen aus Materie und Form gebildet werden: Materie war das eigentliche Material, das erst durch die Form seine Struktur, Eigenschaften und Funktion erhielt. Mit Empedokles stimmte er darin überein, dass Substanzen sich aus verschiedenen Mengenverhältnissen der Elemente bildeten; aber er glaubte, sie existierten zunächst nur als Möglichkeit, bis sie Gestalt annahmen.

Aristoteles wies den vier Elementen unterschiedliche Qualitäten zu: Feuer war heiß und trocken, Luft heiß und nass, Erde kalt und trocken und Wasser kalt und nass. Den vier Elementen von Empedokles fügte er ein fünftes hinzu, Quintessenz oder Äther genannt – eine göttliche Substanz, aus der sich Sterne und Planeten bildeten.

Im erdzentrierten Weltbild des Aristoteles war Äther das leichteste Element und bildete die äußerste Schicht des Kosmos, dann kamen in absteigender Reihenfolge Feuer, Luft, Wasser und Erde. Jedes Element war bestrebt, zu seinem natürlichen Stand zurückzukehren – so fiel der Regen aus der Luft auf die Erde, und die Flammen stiegen von der Erde auf in den Feuerstand.

Lange währender Einfluss

Die Vier-Elemente-Lehre bildete das Fundament der Alchemie und beeinflusste die Medizin. In seiner Schrift Von der Natur des Menschen verknüpfte Hippokrates, der griechische »Vater der Medizin«, um 400 v. Chr. die Elemente mit vier Lebens-»Säften« im Körper: Blut (Luft), Schleim (Erde), gelbe Galle (Feuer) und schwarze Galle (Wasser).

Die Elementelehre verbreitete sich später in der islamischen Welt und kam von dort zurück nach Europa. Sie dominierte das Denken im Mittelalter und darüber hinaus. Erst als Wissenschaftler des 17. und 18. Jahrhunderts wie Galileo Galilei und Robert Boyle Experimente und Beobachtung über die Philosophie stellten, wurden die vier Elemente des Aristoteles endgültig abgelöst.

Dieses über Jahrhunderte entwickelte Diagramm versinnbildlicht die ähnlichen und gegensätzlichen Qualitäten der Elemente. Im Zentrum stehen Symbole für die aufwärts oder abwärts gerichtete Energie, die mit jedem Element verbunden ist.

Aristoteles

Geboren 384 v. Chr. in Makedonien (Nordgriechenland), trat Aristoteles 367 v. Chr. als Schüler in Platons Akademie ein, wo er später selbst unterrichtete. Nach Platons Tod 347 v. Chr. gründete er 335 v. Chr. in Athen seine eigene Schule, das Lykeion. Die Legende, er habe den jungen Alexander den Großen unterrichtet, ist wahrscheinlich falsch, obwohl er sich eine Zeit lang am Hof von Alexanders Vater König Philipp aufhielt. Aristoteles starb 322 v. Chr. mit 62 Jahren.

Aristoteles wollte die physikalischen Erscheinungen einzig mit Naturgesetzen erklären. Er schrieb über Philosophie und Logik, Astronomie und Biologie bis hin zu Wirtschaft, Poesie und Drama. Fast 2000 Jahre, bis zur Naturwissenschaft des 17. Jh., beherrschten seine Thesen die westliche Wissenschaft und Philosophie.

Hauptwerke

Metaphysik

Über Werden und Vergehen

Um 350 v. Chr.Über den Himmel

ZEITALTER DER ALCHEMIE

800–1700

UM 800

Der islamische Alchemist Dschabir Ibn Hayyan entwickelt die Schwefel-Quecksilber-Theorie der Metalle, um zu erklären, wie sich Metalle in der Erde bilden.

UM 900

Der persische Arzt Mohammad Ibn Zakariya al-Razi entwickelt ein Klassifizierungssystem für eine Reihe von natürlichen Substanzen.

UM 1040

In China gibt Zeng Gongliang die frühesten bekannten schriftlichen chemischen Rezepte für Schießpulver heraus.

UM 1310

Das unter dem Pseudonym »Geber« veröffentlichte Buch Summa Perfectionis Magisterii fasst einen Großteil des Wissens arabischer Alchemisten zusammen.

1538

Paracelsus’ Erkenntnis, dass die Menge eines eingenommenen Stoffes darüber entscheidet, ob etwas giftig ist oder nicht, läutet eine neue Ära der chemischen Medizin ein.

1597

Die Alchymia des deutschen Arztes Andreas Libavius gilt als eines der ersten Lehrbücher für Chemie.

1648

Johan Baptista van Helmont definiert flüchtige Substanzen, die sich von der Atemluft unterscheiden, als »Gase«.

1661

Robert Boyle veröffentlicht das Buch The Skeptical Chymist, in dem er die These entwickelt, dass alle materiellen Substanzen aus winzigen Teilchen bestehen.

UM 1669

Beim Versuch, Gold aus Urin zu gewinnen, isoliert Hennig Brand versehentlich Phosphor.

1697

Georg Ernst Stahl erklärt, was man beobachtet, wenn man Substanzen mit einer unsichtbaren Substanz namens Phlogiston verbrennt.

Das Zeitalter der Alchemie wird manchmal etwas herablassend als eine Zeit bezeichnet, in der Pseudowissenschaft und Okkultismus den Fortschritt des chemischen Denkens blockierten. Natürlich sind die großen Ziele der westlichen Alchemisten, wie etwa die Umwandlung der Basismetalle in Gold und die Entdeckung des Geheimnisses ewigen Lebens, nie in Erfüllung gegangen. Die Alchemisten für verblendete Okkultisten oder sogar Betrüger zu halten, würde jedoch ihren engagierten Experimentalismus verleugnen, mit dem sie Wissen und Erfahrung sammelten, auf die sich die moderne Chemie gründet.

Geheimnisvolle Kunst

Die Wahrnehmung der Alchemie wurde weiter durch die scheinbar mystische Sprache getrübt, mit der die frühen Alchemisten ihre Verfahren und Entdeckungen beschrieben. Alchemistische Rezepte sind übersät mit obskuren Verweisen wie »Grüner Löwe, der die Sonne verschlingt«, »Grauer Wolf« und »Samen des Drachens«. Doch einmal entschlüsselt, entpuppen sich diese verblüffenden Anspielungen als detaillierte Beschreibungen von chemischen Reaktionen und zeigen damit, dass die Autoren einige der Prozesse, die sie erforschten, genau verstanden haben.

Die Ursprünge der Alchemie

Der genaue Ursprung der Alchemie ist unklar, und an verschiedenen Orten der Welt bildeten sich unterschiedliche Traditionen heraus. Einige Aspekte wie das Streben nach einem »Lebenselixier« finden sich in alten chinesischen und indischen Schriften wieder. Die Wurzeln der westlich geprägten Alchemie können im alten Ägypten aus der Zeit der griechischen Vorherrschaft identifiziert werden, als griechisches Denken mit ägyptischen Praktiken wie die Einbalsamierung der Toten verschmolz. Dabei wurden auch seit Jahrhunderten genutzte Apparate und Techniken für praktische Zwecke wie Destillation und Filtration verfeinert.

Im späten Römischen Reich geriet die Alchemie aus dem Blickfeld, wurde aber gegen Ende des 1. Jahrtausends n. Chr. von den Alchemisten der islamischen Welt neu belebt. Praktiker wie der berühmte Dschabir Ibn Hayyan (»Geber«) entwickelten Klassifizierungssysteme für Substanzen jenseits von Erde, Luft, Feuer und Wasser der alten Griechen, und begannen mit systematischen Untersuchungen der Eigenschaften verschiedener Substanzen. Zur Zeit der Kreuzzüge von 1095 bis 1291 brachte der Kontakt zwischen den Kulturen, vor allem aber um 1200 die Übersetzung der arabischen Werke ins Lateinische, die Alchemie zurück nach Westeuropa.

Elemente und Lüfte

Die unermüdliche Suche nach dem Stein der Weisen führte indirekt zu wichtigen Entwicklungen. So isolierten Alchemisten im 13. und 17. Jahrhundert Arsen beziehungsweise Phosphor. Im 16. Jahrhundert erlangten Ärzte durch die Anwendung alchemistischer Konzepte auf die Medizin ein neues Verständnis zur Wirkung chemischer Stoffe auf lebende Organismen.

Die Alchemisten analysierten die chemische Komplexität der stofflichen Welt. Im 17. Jahrhundert erkannte der flämische Chemiker Johan Baptista van Helmont als einer der Ersten, dass flüchtige Dämpfe aus chemischen Reaktionen nicht einfach verschiedene Arten von Luft waren, sondern noch unbekannte Stoffe – die er »Gase« nannte. Darauf aufbauend sollte die Zusammensetzung der Luft in den folgenden Jahrhunderten gründlich analysiert werden.

Feuer und Phlogiston

Gegen Ende der Epoche wandten sich die Alchemisten einer Frage zu, die jahrhundertelang für Verwirrung gesorgt hatte: Was bringt Feuer zum Brennen? Im Jahr 1697 schlug der deutsche Arzt Georg Ernst Stahl vor, dass eine Substanz, die er Phlogiston nannte, das Feuer entfachte und unterhielt. Die Phlogiston-Theorie blieb bis zum Ende des 18. Jahrhunderts ein Streitthema, bis sie der französische Chemiker Antoine Lavoisier durch seine Entdeckung des Sauerstoffs als »unbegründetes Prinzip« zu Grabe trug.

Aus moderner Perspektive werden Phlogiston wie auch die Ziele der Alchemisten oft als pseudowissenschaftlich belächelt. Allerdings führten die alchemistischen Methodiken und die Erforschung der vermeintlichen Substanz Phlogiston zu detaillierteren quantitativen Experimenten und damit schließlich zur Entdeckung anderer Luftbestandteile. Das Phlogiston-Konzept markiert somit eine entscheidende Entwicklung von der Alchemie zur Chemie.

DER STEIN DER WEISEN

VERSUCHE DER GOLDHERSTELLUNG

IM KONTEXT

SCHLÜSSELFIGUR

Dschabir Ibn Hayyan (Um 721–815)

FRÜHER

Um 3300 v. Chr. In Sumer, der ältesten Hochkultur in Mesopotamien, entwickeln Metallurgen ein Verfahren, um aus Kupfer und Zinn Bronze zu schmieden.

Um 450 v. Chr. Der griechische Philosoph Empedokles erklärt, dass alle Dinge aus vier Urstoffen gebildet seien: Feuer, Erde, Luft und Wasser.

SPÄTER

1623 In seiner Veröffentlichung De Augmentis Scientiarum (Über den Fortgang der Wissenschaften) beschreibt der englische Philosoph Francis Bacon experimentelle Methoden.

1661 Der anglo-irische Chemiker Robert Boyle zieht in The Sceptical Chymist (Der skeptische Chemiker) eine Grenze zwischen Alchemie und moderner Chemie.

»Dies ist ein Stein, Und nicht ein Stein …«

Ben Jonson

Englischer Dramatiker (1572–1637)

Das Gemälde Der Alchemist von David Teniers dem Jüngeren von 1650 zeigt einen Alchemisten mit seinem Assistenten inmitten von Gerätschaften wie Blasebalg, Waagen und Retorten.

Bis ins 18. Jahrhundert galt die Alchemie, deren Wurzeln in der Antike liegen, als wesentliche Methode, um die Welt zu studieren. Heute oft als Pseudowissenschaft belächelt, war sie eigentlich eine Protowissenschaft, auf der sich die Chemie als moderne Wissenschaft gründete.

In der alchemistischen Praxis sind Esoterisches (spirituelles oder mystisches Wissen) und Exoterisches (praktische Anwendungen) miteinander verwoben. Das letztendliche Ziel oder »große Werk« war die »Transmutation« von Metallen, insbesondere die Umwandlung von unedlen Metallen in Gold oder Silber. Die Alchemisten glaubten, dass sie dies mit so etwas wie dem »Stein der Weisen« erreichen könnten. Die Transmutation war ihrer Vorstellung nach auch ein symbolisches Gegenstück zu den Praktiken zur Reinigung der Seele.

Ägyptischer Ursprung

Die Praktiken, aus denen sich die westliche Alchemie entwickelte, entstanden im alten Ägypten unter griechischer Herrschaft (305–330 v. Chr.). Tatsächlich leitet sich das Wort »Alchemie« vom griechischen Wort chymeia (Gießkunst, Zusammengießen) ab; es könnte sich auch aus der ägyptischen Kunst der khemeia bei den Ritualen der Einbalsamierung ableiten. Die Praktizierenden von Khemeia galten als Magier, ihre Künste dehnten sich auch auf die Metallurgie und die Glasmacherkunst aus.

Die spätmittelalterlichen Alchemisten behaupteten, ihre Praxis gehe auf Hermes Trismegistos (der Dreimalgrößte) zurück, einer Symbiose des griechischen Gottes Hermes mit dem ägyptischen Gott Thot. Die ihm zugeschriebene Philosophie war die Hermetik. Nach hermetischer Lehre ließ sich der Stein der Weisen herstellen, indem man ein Gemisch von Stoffen in ein Glasgefäß gab, das man dann durch Verschmelzen des Halses versiegelte. Auf dieses als »Siegel des Hermes« bekannte Vorgehen geht der Ausdruck »hermetisch verschlossen« zurück, der einen luftdichten Abschluss beschreibt.

Der Stein der Weisen

Um 300 n. Chr. entstand aus der Feder des griechisch-ägyptischen Alchemisten Zosimos aus Panopolis die Cheirokmeta (Handgefertigtes), das älteste bekannte Werk über Alchemie, das auch erstmals den Stein der Weisen erwähnt. Beschrieben wird eine Art chemisches Verfahren zur Umwandlung von Grundmetallen in Gold. Beteiligt ist auch ein Katalysator, den Zosimos als Tinktur bezeichnet.

Zosimos’ detaillierte Beschreibungen von Experimenten sowie die sorgfältige Aufzeichnung der Ergebnisse sind als Vorläufer der modernen wissenschaftlichen Vorgehensweise zu werten. Zosimos beschreibt auch Apparate für Verfahren wie Destillation und Filtration, die größtenteils aus angepassten Werkzeugen und Kochutensilien bestanden. Er beruft sich auf Schriften von Vorgängern wie Maria der Jüdin, die im 1. Jahrhundert n. Chr. in Alexandria gelebt haben soll. Ihr schreibt er die Entwicklung von neuen Apparaten und Techniken zu. So soll sie die sanfte Erwärmung von Reaktionsgefäßen in einem Bad aus heißem Wasser anstatt der Erwärmung über offener Flamme erfunden haben; das heute von Köchen verwendete Bain-Marie ist nach ihr benannt.

Der römische Kaiser Diokletian verbot die Alchemie im gesamten Römischen Reich, da er befürchtete, dass eine plötzliche Flut von alchemistischem Gold die Wirtschaft ruinieren würde. Mehrere Jahrhunderte lang war die westliche Alchemie aus dem Blickfeld geraten, bis sie von den Muslimen im 7. Jahrhundert n. Chr. wiederbelebt wurde. Deren Einfluss erkennen wir noch heute an arabisch abgeleiteten Wörtern wie »Alkohol« (al-kuhl), »alkalisch« (al-qali) und natürlich »Alchemie« (al-kimiya).

»So haben die Suche und die Bemühungen, Gold herzustellen, viele nützliche Erfindungen und lehrreiche Experimente ans Licht gebracht.«

De Augmentis Scientiarum

(1623)

Alchemie in der muslimischen Welt

Einer der renommiertesten arabischen Alchemisten war Dschabir Ibn Hayyan. Er war Anhänger der Vier-Elemente-Lehre des griechischen Philosophen Empedokles, nach der alle Materie aus den vier Elementen Feuer, Luft, Erde und Wasser bestand sowie der aristotelischen Erweiterung, dass diese Elemente Qualitäten besaßen: Feuer war heiß und trocken, Erde kalt und trocken, Wasser kalt und feucht und Luft heiß und feucht. Zu diesen Elementen fügte Dschabir Schwefel hinzu, der das Prinzip der Brennbarkeit verkörperte, sowie Quecksilber als idealisiertes Prinzip der metallischen Eigenschaften.

Dschabir glaubte, dass alle Metalle in der Erde aus Schwefel und Quecksilber gebildet würden und man durch Variation der jeweiligen Schwefel- und Quecksilberanteile die Metalle ineinander umwandeln könne (siehe Abb. S. 40). Dafür benötige man einen Katalysator, der nach dem griechischen Wort Xerion für »Wundtrockner« al-iksir genannt wurde – daher stammt das Wort »Elixier« –, und dieses Elixier sei aus dem Stein der Weisen zu gewinnen. Dschabirs Elixier sollte dann nicht nur Metalle umwandeln helfen, sondern erhielt allgemein den Ruf als Allheilmittel und sogar »Lebenselixier«, das Unsterblichkeit und ewige Jugend verleiht.

Fußbodenmosaik von 1488 im Dom von Siena. Hermes Trismegistos ist zu sehen, wie er die »Buchstaben und Gesetze« der Ägypter an Gelehrte anderer Länder überreicht.

»Denn, wie es in den Büchern heißt, sind alle Erze auf verschiedene Art und Weise in den Minen der Erde aus Quecksilber und Schwefel entstanden.«

Jean de Meun

Französischer Schriftsteller und Dichter (um 1240–1305)

Das Elixier wurde nie entdeckt. Dschabir erforschte aber systematisch die Eigenschaften von Substanzen wie Ammoniumchlorid (NH4Cl) und destillierte Essigsäure (CH3COOH). Aus Salpetersäure (HNO3) bereitete er Salpeter (Kaliumnitrat, KNO3) zu. Er soll auch das Königswasser (HNO3 + 3 HCl) erfunden haben, das aus Salpetersäure und Salzsäure (HCl) besteht und eine der wenigen Chemikalien ist, die Gold auflösen kann.

Aufbauend auf klassischem Wissen suchten muslimische Alchemisten weiter nach dem Stein der Weisen. Insbesondere entwickelte der persische Alchemist Muhammad Ibn Zakariya al-Razi im 9. Jahrhundert ein Klassifizierungssystem für natürliche Substanzen wie Salze, Metalle und Alkohole und beschrieb eine Reihe von Verfahren und Geräten, die in der Alchemie über Jahrhunderte verwendet werden sollten.

Weitere Entdeckungen

Während im christlichen Europa das »heidnische« griechisch-römische Lernen jahrhundertelang unterdrückt wurde, praktizierte man die alchemistischen Künste in anderen Teilen der Welt weiter. Im 4. Jahrhundert n. Chr. brachten christliche Ketzer alchemistisches Wissen nach Persien. In China entwickelte sich spätestens ab dem 2. Jahrhundert v. Chr. eine eigene alchemistische Tradition; auch die chinesischen Alchemisten wollten aus unedlen Metallen Gold machen und das Elixier des Lebens finden. Das Wissen über die Alchemie kehrte im 12. Jahrhundert während der Kreuzzüge gegen die Muslime nach Westeuropa zurück. Europäische Gelehrte studierten die Werke der arabischen Alchemisten und der Griechen, insbesondere von Aristoteles. Im 13. Jahrhundert verknüpfte der deutsche Mönch Albertus Magnus aristotelisches Denken mit praktischen Experimenten, und er soll Arsen entdeckt haben. Albertus’ englischer Zeitgenosse, der Mönch Roger Bacon, war zwar von der hermetischen Philosophie geprägt, betonte aber die Bedeutung des Experiments für das Verständnis der materiellen Welt.

Nach der Quecksilber-Schwefel-Lehre wandeln sich »Erdrauch« (Dukhan) und »Wasserdampf« (Bukhar) am Boden in Schwefel und Quecksilber um. Je nach ihren einzelnen Mengenanteilen entstehen aus beiden die bekannten Metalle.

Wie viele Handwerker wollten die Alchemisten ihre Praktiken Laien nicht zugänglich machen. Ihr theoretisches und spirituelles Wissen verbargen sie in einem System von Symbolen und Metaphern und folgten dabei den alten ägyptischen Praktiken, die angeblich durch die Hermetik überliefert wurden.

Viele Alchemisten suchten den Stein der Weisen. Im Frankreich des 14. Jahrhunderts destillierte der Franziskanermönch und Alchemist Johann von Rupescissa Wein und nannte das Produkt Quinta essentia (»Quintessenz«). Es biete eine perfekte Balance der Elemente und sei als Allheilmittel zu verwenden. Der deutsche Apotheker Hennig Brand wählte im 16. Jahrhundert eine weniger angenehme Methode: Er kochte 50 Eimer abgestandenen Urin ein und erhitzte den Sud mit Sand und Kohle. Das Ergebnis war eine weiße, wachsartige Substanz, die im Dunkeln leuchtete. Brand nannte den neuen Stoff »Phosphor«, aus dem griechischen Wort für »Lichtträger«. Phosphor war das erste Element, das seit der Antike entdeckt wurde, und Brand war so der erste bekannte Mensch, der ein chemisches Element entdeckte.

Die Alchemisten schützten ihr Wissen durch Verwendung einer Symbolsprache, wie diese Illustration »Allegorie der Destillation« aus dem Buch der alchemistischen Formeln von Claudio de Domenico Celentano di Valle Nove (1606) zeigt.

Die Alchemie blieb bis ins späte 17. Jahrhundert bestimmend. Isaac Newton, der berühmte englische Mathematiker und Naturphilosoph, war praktizierender Alchemist und wollte auch den Stein der Weisen finden. Der anglo-irische Naturphilosoph Robert Boyle reichte 1689 erfolgreich beim englischen Parlament eine Petition gegen das Verbot der Goldherstellung ein, weil er weiter die Kräfte des Steins der Weisen erforschen wollte. Letztlich führten aber die immer präziseren Methoden der Alchemisten zu Beginn des 18. Jahrhunderts zu den Entdeckungen der Aufklärung und damit zum Ende der Alchemie als ernsthafte Wissenschaft.

Obwohl sich die Ansichten der Alchemisten als unwahr erwiesen, trugen sie in vielen Bereichen wie Metallurgie und Produktion von Farben und Pigmenten zu wichtigen Methoden und Kenntnissen bei. Die Alchemie beeinflusste auch Physik und Medizin und führte zu Verfahren wie der Destillation und der chemischen Metallbehandlung, die Grundlagen der modernen Wissenschaft der Chemie wurden.

Dschabir Ibn Hayyan

Ob der in Europa als Geber bekannte Dschabir wirklich gelebt hat, ist nicht ganz klar. Er soll Sohn des Apothekers Hayyan al-Azdi gewesen sein, der Anfang des 8. Jahrhunderts im Irak wirkte, aber vor den Umayyaden-Kalifen nach Iran floh. Dschabir wurde angeblich um 721 n. Chr. in der Stadt Tus im Nordostiran geboren.

Nach seiner Rückkehr in den Irak soll Dschabir beim Imam Jafar al-Sadiq Philosophie, Astronomie, Alchemie und Medizin studiert haben. Dschabir wurde Hofalchemist beim Kalif Haroun Al-Rashid und Leibarzt des obersten Ministers (Wesirs). Dschabir wird auch als Autor von Hunderten von Büchern zur Alchemie und Philosophie genannt, wobei viele davon wohl von seinen Anhängern verfasst wurden. Sehr wenige Werke erreichten das mittelalterliche Europa. Dschabir starb vermutlich zwischen 806 und 816 n. Chr.

Hauptwerke

Kitab al-Rahma al-kabir (Großes Buch der Gnade) al-Kutub al-sab un (Die siebzig Bücher)