Big Magic - Elizabeth Gilbert - E-Book
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Big Magic E-Book

Elizabeth Gilbert

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Beschreibung

Für alle, die EAT PRAY LOVE geliebt haben: das neue Buch von Weltbestsellerautorin Elizabeth Gilbert Eine Liebeserklärung an die Macht der Inspiration und Kreativität Elizabeth Gilbert hat eine ganze Generation von Leserinnen geprägt: Mit EAT PRAY LOVE lebten wir Dolce Vita in Italien, meditierten in Indien und fanden das Glück auf Bali. Mit Big Magic schenkt uns die Autorin eine begeisternde Liebeserklärung an die Macht der Inspiration, die aus jedem von uns einen kreativen Menschen machen kann. Warum nicht endlich einen Song aufnehmen, ein Restaurant eröffnen, ein Buch schreiben? Elizabeth Gilbert vertraut uns die Geschichte ihres Lebens an – und hilft uns dadurch, endlich an uns selbst zu glauben.

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Seitenzahl: 271

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ELIZABETHGILBERT

BIG MAGIC

Nimm dein Leben in die Hand und es wird dir gelingen

Aus dem Amerikanischen von Britt Somann

FISCHER E-Books

Inhalt

WidmungMottoMutEin verborgener SchatzKreatives Leben, eine DefinitionEine intensivere ExistenzAngst, Angst, AngstDeine Schwäche verteidigenAngst ist langweiligDie notwendige und die überflüssige AngstDie ReiseWarum es sich lohntVerzauberungEine Idee erscheintWie Ideen funktionierenWas passiert, wenn du nein sagstWas passiert, wenn du ja sagstEin anderer WegEine Idee wächstEine Idee gerät auf AbwegeEine Idee geht wegZaubereiWas zum Teufel?Eine kleine EinordnungEigentumGleichzeitige EntdeckungenDer Schwanz des TigersHarte Arbeit vs. FeenstaubGefangen unter FelsLass ihn kommen und gehenEin überwältigtes HerzErlaubnisWeg mit dem KummerkastenDeine ErlaubnisVerziere dichBerechtigungOriginalität vs. AuthentizitätMotiveAusbildungVersuch’s einmal soDeine LehrerDie Fat KidsWerner Herzog schaltet sich einEin TrickSchubladendenkenZerrspiegelWir waren nur eine BandKanarienvögel für StrahlungHoher Einsatz vs. niedriger EinsatzTom Waits schaltet sich einDas zentrale ParadoxonBeharrlichkeitGelübdeLernenEin EinspruchDer leere EimerScheiße schluckenDein BrotjobBemale deinen OchsenHab eine AffäreTristram Shandy schaltet sich einAngst in High HeelsMarc Aurel schaltet sich einNiemand macht sich Gedanken über dichGeschafft ist besser als gutEin Lob auf schiefe HäuserErfolgKarriere vs. BerufungElchgeflüsterDas schöne BiestZu guter Letzt diesVertrauenLiebt sie dich?Schlimmste Freundin aller ZeitenSüchtig nach LeidenEin abschreckendes BeispielDen Schmerz lehrenUnsere besseren EngelEntscheide dich, worauf du vertraustSturer FrohsinnEntscheide dich für deine VerblendungDer Märtyrer vs. der TrickserTrickser-VertrauenEin guter Trickser-TrickWerde lockererEs ist nicht dein BabyLeidenschaft vs. NeugierHingabe an die WissbegierdeDie SchnitzeljagdDas ist ja interessantHungergeisterMach etwas anderesBemale dein FahrradGlühendes VertrauenGeh mit erhobenem HauptGöttlichkeitZufällige AnmutZum SchlussDanksagung

Für Dich, Rayya

F: Was ist Kreativität?

A: Die Beziehung zwischen einem Menschen und den Geheimnissen der Inspiration.

Mut

Ein verborgener Schatz

Es war einmal ein Mann namens Jack Gilbert, der nicht mit mir verwandt war – bedauerlicherweise.

Jack Gilbert war ein großer Dichter, aber keine Sorge, falls du noch nie von ihm gehört hast. Es ist nicht deine Schuld. Er machte sich nicht viel daraus, bekannt zu werden. Ich aber hatte von ihm erfahren, und aus gebührendem Abstand liebte ich ihn sehr, deshalb will ich von ihm erzählen.

Jack Gilbert kam 1925 in Pittsburgh zur Welt und wuchs inmitten von Rauch und Lärm der Industrie dieser Stadt auf. Als junger Mann arbeitete er in Fabriken und Stahlwerken, aber schon früh verspürte er den Drang zur Poesie. Er folgte ihrem Ruf ohne Zögern. Er fand in der Dichtung, was andere Menschen im Kloster suchen: eine Praxis der Hingabe, einen Akt der Liebe und eine lebenslange Verpflichtung, nach Anmut und Transzendenz zu streben. Ich vermute, es gibt keinen besseren Weg, um Dichter zu werden. Oder überhaupt etwas zu werden, das von Herzen kommt und dich zum Leben erweckt.

Jack hätte berühmt werden können, aber das war nicht sein Ding. Er verfügte über genug Talent und Charisma, aber Ruhm interessierte ihn nicht. Seine erste Gedichtsammlung, die 1962 erschien, wurde mit dem renommierten Yale Younger Poets Prize ausgezeichnet und war für den Pulitzerpreis nominiert. Darüber hinaus gelang es ihm, das Publikum für sich zu gewinnen, nicht nur die Kritiker, was für einen Dichter in der modernen Welt keine leichte Sache ist. Er hatte etwas an sich, das die Menschen anzog und fesselte. Er war attraktiv, leidenschaftlich, sexy und glänzte auf der Bühne. Für die Frauen war er ein Magnet und für die Männer ein Idol. Die Vogue brachte Fotos von ihm, zum Niederknien schön und romantisch. Die Leute waren verrückt nach ihm. Er hätte ein Rockstar sein können.

Stattdessen verschwand er. Er wollte sich von der ganzen Aufregung nicht ablenken lassen. Später bekannte er, dass ihn sein Ruhm gelangweilt habe – nicht, weil er unmoralisch oder korrumpierend gewesen wäre, sondern weil es einfach jeden Tag dasselbe war. Er suchte nach etwas Reicherem, Vielschichtigerem, Wechselvollerem. Also stieg er aus. Er ging nach Europa und blieb zwanzig Jahre dort. Eine Weile lebte er in Italien, eine Weile in Dänemark, aber die meiste Zeit verbrachte er in einer Schäferhütte auf einem griechischen Berg. Dort dachte er über die ewigen Mysterien nach, verfolgte den Wechsel des Lichts und schrieb im stillen Kämmerlein seine Gedichte. Er erlebte Liebesgeschichten, Widrigkeiten und Siege. Er war glücklich. Er kam zurecht und verdiente sich mal hier, mal da seinen Lebensunterhalt. Er brauchte nur wenig. Er ließ zu, dass sein Name in Vergessenheit geriet.

Zwei Jahrzehnte später tauchte Jack Gilbert wieder auf und veröffentlichte einen weiteren Band mit Gedichten. Wieder lag ihm die literarische Welt zu Füßen. Wieder war ihm der Ruhm sicher. Wieder verschwand er – diesmal für zehn Jahre. Das würde sein Muster bleiben: Isolation, gefolgt von der Publikation eines erhabenen Werks, gefolgt von Isolation. Er war wie eine seltene Orchidee, die nur im Abstand von vielen Jahren blüht. Er tat nicht das Geringste, um sich selbst zu verkaufen. (In einem seiner seltenen Interviews wurde er gefragt, inwiefern seine Distanz zur Verlagswelt seine Laufbahn beeinflusst habe. Er lachte und sagte: »Nun, das war vermutlich tödlich.«)

Dass ich irgendwann von ihm hörte, lag einzig daran, dass er spät in seinem Leben nach Amerika zurückkehrte und – aus Gründen, die ich nie erfahren werde – einen befristeten Lehrauftrag für Kreatives Schreiben an der Universität von Tennessee in Knoxville annahm. Im Jahr darauf, 2005, war es ganz zufällig an mir, diesen Lehrauftrag zu übernehmen. (Auf dem Campus fing man an, die Stelle scherzhaft den »Gilbert-Lehrstuhl« zu nennen.) Ich fand Jack Gilberts Bücher in meinem Büro – dem Büro, das zuvor seins gewesen war. Es schien, als wäre der Raum noch immer warm von seiner Gegenwart. Ich las seine Gedichte und war überwältigt von ihrer Größe und davon, wie sehr mich sein Schreiben an Whitman erinnerte. (»Wir müssen Freude riskieren«, schrieb er. »Wir müssen die Sturheit besitzen, im gnadenlosen Glutofen dieser Welt unseren Frohsinn zuzulassen.«)

Wir teilten denselben Nachnamen, wir hatten dieselbe Stelle gehabt, im selben Büro gearbeitet und viele derselben Studenten unterrichtet, und nun hatte ich mich in seine Worte verliebt; natürlich wurde ich zutiefst neugierig auf ihn. Ich fragte herum: Wer war Jack Gilbert?

Studenten berichteten mir, er sei der außergewöhnlichste Mann gewesen, den sie je getroffen hätten. Er schien nicht ganz von dieser Welt zu sein, sagten sie. Er schien sich in einem Zustand ununterbrochenen Staunens zu befinden, und er ermutigte sie, es auch so zu halten. Er habe sie nicht gelehrt, wie man Gedichte schreibt, sondern war-um: aus Freude. Aus sturem Frohsinn. Er hielt sie an, so kreativ zu leben, wie sie nur konnten – als Mittel, sich dem gnadenlosen Glutofen dieser Welt entgegenzustemmen.

Vor allem aber forderte er seine Studenten auf, unerschrocken zu sein. Ohne Unerschrockenheit würden sie nie in der Lage sein, das sie umspannende Ausmaß ihrer Fähigkeiten zu realisieren. Ohne Unerschrockenheit würden sie die Welt nie in all dem Reichtum erkennen, den zu erkennen sie sich von uns ersehnt. Ohne Unerschrockenheit bliebe ihr Leben klein – viel kleiner, als sie sich ihr Leben wohl wünschten.

Ich bin Jack Gilbert nie persönlich begegnet, und nun lebt er nicht mehr – er starb 2012. Ich hätte es vermutlich zu meiner Mission machen können, ihn zu Lebzeiten aufzuspüren und zu treffen, aber ich wollte das eigentlich nie. (Die Erfahrung hat mich gelehrt, mir von der Begegnung mit meinen Helden nicht allzu viel zu versprechen; so etwas kann schrecklich enttäuschend ausfallen.) Wie auch immer, mir gefiel die Art und Weise, wie er als mächtige, starke Präsenz in meiner Vorstellung lebte, erschaffen aus seinen Gedichten und den Geschichten, die ich über ihn gehört hatte. Also beschloss ich, ihn nur auf diese Weise zu kennen – in meiner Vorstellung. Und da ist er bis heute geblieben: immer noch lebendig, vollkommen verinnerlicht, fast so, als hätte ich ihn mir erträumt.

Aber ich werde nie vergessen, was der echte Jack Gilbert jemand anderem erzählte – einer wirklichen Person aus Fleisch und Blut, einer schüchternen Studentin der Universität von Tennessee. Diese junge Frau schilderte mir, wie Jack sie eines Nachmittags nach seinem Lyrik-Kurs zur Seite nahm. Er lobte ihre Arbeit und fragte sie, was sie mit ihrem Leben vorhabe. Zögerlich gestand sie, dass sie vielleicht schreiben wolle.

Er lächelte das Mädchen unendlich gütig an und fragte: »Hast du den Mut dazu? Hast du den Mut, dieses Werk hervorzubringen? Die Schätze, die in dir verborgen liegen, hoffen darauf, dass du ja sagst.«

Kreatives Leben, eine Definition

Dies scheint mir die Kernfrage zu sein, von der jedes kreative Leben abhängt: Hast du den Mut, die Schätze, die in dir verborgen liegen, hervorzubringen?

Zugegeben, ich habe keine Ahnung, was in dir verborgen liegt. Woher sollte ich das wissen? Du weißt es vielleicht selbst kaum, obwohl ich vermute, dass du zumindest einen flüchtigen Blick darauf erhascht hast. Ich kenne deine Fähigkeiten, deine Bestrebungen, deine Sehnsüchte, deine geheimen Talente nicht. Aber ganz sicher steckt irgendwo in dir etwas Wundervolles. Ich sage das voller Überzeugung, denn ich glaube zufällig daran, dass wir alle so etwas wie wandelnde Lagerstätten verborgener Schätze sind. Ich glaube, dass dies einer der ältesten und großzügigsten Streiche ist, den das Universum uns Menschen spielt, sowohl zu seinem eigenen als auch zu unserem Vergnügen: Tief in uns allen versteckt es unbekannte Edelsteine und tritt dann einen Schritt zurück und verfolgt, ob wir sie finden.

Die Jagd danach, die Juwelen zu bergen – das ist kreatives Leben.

Der Mut, sich überhaupt auf diese Jagd zu begeben – das ist es, was eine alltägliche Existenz von einer magischeren unterscheidet.

Die oft überraschenden Ergebnisse dieser Jagd – sie sind das, was ich Big Magic, die große Magie, nennen möchte.

Eine intensivere Existenz

Wenn ich hier von »kreativem Leben« spreche, so meine ich damit nicht unbedingt ein Leben, das sich professionell oder ganz ausschließlich den Künsten widmet. Ich behaupte nicht, dass man zum Dichter auf einem griechischen Berg werden muss oder in der Carnegie Hall auftreten sollte oder die Goldene Palme in Cannes gewinnen muss. (Wenn du allerdings irgendetwas davon versuchen möchtest, bitte, leg los. Ich schaue liebend gerne zu, wenn Menschen zum großen Wurf ausholen.) Nein, wenn ich von »kreativem Leben« spreche, fasse ich den Begriff etwas weiter. Ich spreche von einem Leben, das von Neugier getrieben ist und weniger von Angst.

Eins der coolsten Beispiele für ein kreatives Leben, das ich in den letzten Jahren gesehen habe, gab meine Freundin Susan ab, die im Alter von vierzig Jahren mit Eiskunstlauf anfing. Schlittschuh laufen konnte sie schon, denn sie war als Kind bei Eiskunstlauf-Wettbewerben angetreten und hatte es geliebt, aber als Jugendliche hatte sie den Sport aufgegeben, als deutlich wurde, dass sie für die ganz großen Siege nicht talentiert genug war. (Ach, allerliebste Adoleszenz – wenn die »Talentierten« offiziell von der Herde getrennt werden, so dass die ganze Last der kreativen Träume einer Gesellschaft auf den schmalen Schultern nur einiger weniger auserwählter Seelen ruht, während alle anderen zu einem banaleren, inspirationslosen Leben verdammt werden! Was für ein System …)

In den darauffolgenden fünfundzwanzig Jahren hielt sich meine Freundin Susan vom Eiskunstlauf fern. Was sollte das auch, wenn sie nicht die Beste sein konnte? Dann wurde sie vierzig. Sie war lustlos. Sie war rastlos. Sie fühlte sich blass und schwer. Sie fing an, in sich zu gehen, so wie man das zu runden Geburtstagen macht. Sie fragte sich, wann sie sich zum letzten Mal wirklich leicht, freudvoll und – ja – kreativ gefühlt hatte. Schockiert stellte sie fest, dass das Jahrzehnte zurücklag. Tatsächlich hatte sie sich zuletzt als Teenager so gefühlt, damals beim Eiskunstlaufen. Sie war entsetzt darüber, dass sie sich dieses lebensbejahende Tun so lange versagt hatte, und neugierig, ob sie es immer noch mögen würde.

Also folgte sie ihrer Neugier. Sie kaufte sich ein paar Schlittschuhe, fand eine Eisbahn, engagierte einen Trainer. Sie ignorierte die innere Stimme, die ihr einflüsterte, dass es schamlos und lächerlich sei, so verrückt zu sein. Ihr war es peinlich, als Frau mittleren Alters unter lauter zarten, federleichten Neunjährigen zu sein, aber sie unterdrückte das Gefühl.

Sie zog es einfach durch.

Dreimal die Woche stand Susan schlaftrunken vor Morgengrauen auf und ging vor ihrem anspruchsvollen Arbeitstag zum Eislaufen. Und lief und lief und lief. Und ja, sie liebte es, so wie eh und je. Sie liebte es sogar noch mehr, vielleicht, weil sie aus der Perspektive einer Erwachsenen nun auch den Wert ihrer eigenen Freude erkannte. Beim Eislaufen fühlte sie sich lebendig und alterslos. Sie fühlte sich nicht länger als bloße Konsumentin, als die bloße Summe ihrer täglichen Aufgaben und Pflichten. Sie machte etwas aus sich, sie machte etwas mit sich.

Es war eine Revolution. Im wahrsten Sinne des Wortes eine Revolution, als sie auf dem Eis zurück ins Leben wirbelte – Drehung um Drehung um Drehung …

Dabei muss man wissen, dass meine Freundin nicht etwa ihren Job hinschmiss, ihr Haus verkaufte, all ihre Beziehungen kappte und nach Toronto zog, um siebzig Stunden die Woche bei einem anspruchsvollen Olympia-Coach zu trainieren. Und nein, diese Geschichte endet auch nicht damit, dass sie Medaillen gewinnt. Muss sie gar nicht. Tatsächlich endet diese Geschichte überhaupt nicht, denn Susan geht immer noch mehrmals die Woche morgens zum Eiskunstlauf – aus dem einfachen Grund, weil das Eislaufen immer noch die beste Methode für sie ist, in ihrem Leben eine bestimmte Art von Schönheit und Transzendenz zur Entfaltung zu bringen, an die sie auf andere Art und Weise nicht heranzukommen scheint. Und sie möchte so viel Zeit wie möglich in einem Zustand der Transzendenz verbringen, solange sie noch auf dieser Erde weilt.

Das ist alles.

Das ist es, was ich kreatives Leben nenne.

Während sich die Pfade und Ergebnisse eines kreativen Lebens von Person zu Person stark unterscheiden werden, kann ich eins garantieren: Ein kreatives Leben ist ein intensiveres Leben. Es ist ein größeres Leben, ein glücklicheres Leben, ein erweitertes Leben und ein verdammt viel interessanteres Leben. Auf diese Weise zu leben – kontinuierlich und stur die Juwelen hervorzuholen, die in dir verborgen liegen –, ist eine Kunst, in sich und für sich.

Denn ein kreatives Leben ist der Ort, an dem die große Magie immer zu Hause sein wird.

Angst, Angst, Angst

Nun lass uns über Mut reden.

Wenn du bereits den Mut hast, die Juwelen, die in dir verborgen liegen, hervorzuholen – wunderbar. Dann stellst du wahrscheinlich schon lauter interessante Dinge mit deinem Leben an und brauchst dieses Buch nicht. Weiter so.

Aber falls du den Mut nicht hast, dann lass uns versuchen, dir welchen zu machen. Denn ein kreatives Leben verlangt nach Unerschrockenheit. Das wissen wir alle. Und wir wissen auch: Wenn der Mut versiegt, schwindet mit ihm die Kreativität. Wir wissen alle, dass Furcht ein trostloser Friedhof ist, auf dem unsere Träume in der heißen Sonne verdorren. Das ist Common Sense; wir wissen nur manchmal nicht, was wir dagegen tun können.

Lass mich einmal auflisten, auf welch vielfältige Weise du Angst davor haben könntest, ein kreativeres Leben zu führen:

Du hast Angst davor, kein Talent zu haben.

Du hast Angst, dass man dich ablehnen, kritisieren, lächerlich machen oder missverstehen könnte oder – schlimmer noch – dass man dich ignorieren könnte.

Du hast Angst, dass es für deine Kreativität keinen Markt gibt und es deshalb keinen Sinn hat, sie auszuleben.

Du hast Angst, dass jemand anders es schon besser gemacht hat.

Du hast Angst, dass alle es schon besser gemacht haben.

Du hast Angst, dass jemand deine Ideen klauen könnte, deshalb ist es sicherer, sie für immer im Dunkeln zu belassen.

Du hast Angst, dass man dich nicht ernst nehmen wird.

Du hast Angst, dass deine Arbeit politisch, emotional oder künstlerisch nicht wichtig genug ist, um das Leben eines anderen zu verändern.

Du hast Angst, dass deine Träume peinlich sind.

Du hast Angst, dass du eines Tages auf deine kreativen Unternehmungen zurückblicken und sie als reine Verschwendung von Zeit, Anstrengung und Geld erkennen wirst.

Du hast Angst, dass du nicht die nötige Disziplin hast.

Du hast Angst, dass es dir an dem richtigen Arbeitsort oder finanziellen Spielraum oder freien Stunden mangelt, um dich auf deine Schöpfung oder Erkundung zu konzentrieren.

Du hast Angst, dass du nicht die richtige Ausbildung oder den richtigen Abschluss hast.

Du hast Angst, dass du zu dick bist. (Ich habe keine Ahnung, was genau das mit Kreativität zu tun hat, aber aus Erfahrung weiß ich, dass die meisten von uns Angst haben, zu dick zu sein, also lass es uns einfach auf die Liste setzen, nur zur Sicherheit.)

Du hast Angst, dass man dich als Auftragsarbeiter, Dummkopf, Amateur oder Narzisst bloßstellen könnte.

Du hast Angst, deine Familie mit deinen mutmaßlichen Enthüllungen zu erschüttern.

Du hast Angst vor der Reaktion deiner Freunde und Kollegen, wenn du deine dir eigene Wahrheit laut aussprichst.

Du hast Angst, dass du deine innersten Dämonen entfesseln könntest, und deinen innersten Dämonen möchtest du wirklich nicht begegnen.

Du hast Angst, dass dein Meisterwerk schon hinter dir liegt.

Du hast Angst, dass von Anfang an kein Meisterwerk in dir steckt.

Du hast Angst, dass du deine Kreativität so lange abgelehnt hast, dass du sie nie wieder wachrufen kannst.

Du hast Angst, dass du zu alt bist, um anzufangen.

Du hast Angst, dass du zu jung bist, um anzufangen.

Du hast Angst, weil einmal in deinem Leben etwas geglückt ist, so dass nie wieder etwas glücken kann.

Du hast Angst, weil noch nie etwas in deinem Leben geglückt ist, also warum solltest du es überhaupt probieren?

Du hast Angst davor, ein One-Hit-Wonder zu sein.

Du hast Angst davor, kein One-Hit-Wonder zu sein …

Hör mal, ich habe nicht den ganzen Tag Zeit, also werde ich nicht weiter Ängste aufzählen. Die Liste ist sowieso endlos und deprimierend noch dazu. Ich kann es auch so zusammenfassen: ANGST, ANGST, ANGST.

Alles macht so verdammt Angst.

Deine Schwäche verteidigen

Du musst verstehen, dass ich nur so entschieden über Furcht sprechen kann, weil ich sie selbst kenne. Ich kenne sie in- und auswendig. Mein ganzes Leben lang war ich ängstlich. Ich bin schon voller Angst zur Welt gekommen. Ich übertreibe nicht; alle in meiner Familie werden dir bestätigen, dass ich ein außergewöhnlich panisches Kind war. Zu meinen ersten Erinnerungen gehört Angst, genau wie zu so ziemlich allen Erinnerungen danach.

Als ich aufwuchs, hatte ich nicht nur vor all den allgemein anerkannten und berechtigten Kindheitsgefahren Angst (der Dunkelheit, Fremden, dem tiefen Ende vom Schwimmbecken), sondern auch vor einer langen Liste vollkommen harmloser Dinge (Schnee, sehr netten Babysittern, Autos, Spielplätzen, Treppen, der Sesamstraße, dem Telefon, Brettspielen, dem Lebensmittelladen, scharfen Grashalmen, jeder neuen Situation, allem, was es wagte, sich zu bewegen, usw., usw., usw.).

Ich war ein sensibles und leicht zu traumatisierendes Wesen, das in Weinkrämpfe ausbrach, sobald es in seinem Kraftfeld irgendeine Art von Störung gab. In seiner Verzweiflung nannte mich mein Vater »bedauernswerte Perle«. Als ich acht Jahre alt war, fuhren wir im Sommer an die Küste von Delaware, und das Meer brachte mich so aus der Fassung, dass ich versuchte, meine Eltern dazu zu bewegen, dass sie sämtliche Leute am Strand von einem Bad in der Brandung abhielten. (Ich hätte mich so viel wohler gefühlt, wenn alle einfach ruhig auf ihren Handtüchern geblieben wären und gelesen hätten, war das denn zu viel verlangt?) Wenn es nach mir gegangen wäre, hätte ich den gesamten Urlaub – eigentlich meine gesamte Kindheit – drinnen verbracht, im Dämmerlicht in den Schoß meiner Mutter gekuschelt, am liebsten noch mit einem kühlen Waschlappen auf der Stirn.

Es ist furchtbar, so etwas zu sagen, aber hier kommt’s: Ich wäre vermutlich begeistert gewesen, eine von diesen schrecklichen Münchhausen-Stellvertreter-Syndrom-Müttern zu haben, die mit mir zusammen vortäuscht, dass ich unendlich krank, schwach und dem Tode geweiht sei. Ich hätte mit so einer Mutter bereitwillig an der Erschaffung eines vollkommen hilflosen Kindes gearbeitet, hätte ich nur annähernd die Gelegenheit dazu gehabt.

Aber so eine Mutter bekam ich nicht.

Nicht im Entferntesten.

Stattdessen bekam ich eine Mutter, die mir nichts durchgehen ließ. Sie ließ mir nicht eine Minute meines Dramas durchgehen, was vermutlich das Beste war, was mir passieren konnte. Meine Mom war auf einer Farm in Minnesota aufgewachsen, als der ganze Stolz tougher skandinavischer Einwanderer, und sie würde ganz sicher keine kleine Heulsuse aufziehen. Nicht mit ihr! Meine Mutter hatte einen Plan, wie sie meine Ängste in ihr Gegenteil verkehren würde, der in seiner Direktheit fast komisch war: An jedem Scheideweg ließ sie mich genau das tun, wovor ich mich am meisten fürchtete.

Du hast Angst vorm Meer? Na, dann rein mit dir!

Du fürchtest dich vor Schnee? Dann schipp mal den Weg frei!

Du kannst nicht ans Telefon gehen? Dann bist du hiermit offiziell damit beauftragt, in diesem Haus die Anrufe entgegenzunehmen!

Es war keine besonders ausgefeilte Strategie, aber sie war konsequent. Und glaub mir, ich habe mich gewehrt. Ich weinte und schmollte und versagte absichtlich. Ich weigerte mich, Erfolg zu haben. Ich hinkte hinterher, humpelte und zitterte. Ich tat so ziemlich alles, um zu beweisen, dass ich emotional und körperlich vollkommen schwach war.

Wozu meine Mom sagte: »Nein, bist du nicht.«

Ich verbrachte Jahre damit, gegen das unerschütterliche Vertrauen meiner Mutter in meine Stärke und Fähigkeiten anzukämpfen. Bis ich eines Tages, irgendwann in der Pubertät, endlich begriff, dass das eine wirklich seltsame Schlacht war, die ich da schlug. Meine Schwäche verteidigen? Dafür war ich ernsthaft bereit, alles zu geben?

Wie heißt es doch gleich: »Finde Gründe für deine Grenzen, und du darfst sie behalten.«

Warum sollte ich meine Limitierungen behalten wollen?

Wollte ich gar nicht, wie sich herausstellte.

Und ich will auch nicht, dass du deine behältst.

Angst ist langweilig

Ich habe mich oft gefragt, was mich letztlich bewogen hat, die Rolle der »bedauernswerten Perle« beinahe über Nacht abzulegen. Sicher haben viele Faktoren zu dieser Entwicklung beigetragen (der Toughe-Mom-Faktor, der Erwachsen-Werden-Faktor), aber ausschlaggebend war wohl dies: Mir wurde endlich klar, dass meine Angst langweilig war.

Für alle anderen war meine Angst wohlgemerkt immer langweilig gewesen, aber erst mitten in der Pubertät wurde sie schließlich sogar mir langweilig. Sie wurde mir vermutlich aus demselben Grund langweilig wie Jack Gilbert sein Ruhm: Es war einfach jeden Tag dasselbe.

Ungefähr mit fünfzehn kam ich darauf, dass meine Angst keinerlei Abwechslung kannte, keine Tiefe, keine Substanz, keine Struktur. Mir fiel auf, dass sich meine Angst nie veränderte, dass sie nie ein Vergnügen, eine überraschende Wendung oder ein unerwartetes Ende bot. Meine Angst war ein Lied mit einer einzigen Note – vielmehr mit einem einzigen Wort –, und dieses Wort lautete »STOPP!«. Meine Angst hatte nie etwas Interessanteres oder Subtileres im Angebot als dieses eine nachdrückliche Wort, das in voller Lautstärke in einer Endlosschleife lief: »STOPP, STOPP, STOPP, STOPP!«

Was bedeutet, dass meine Angst sehr vorhersehbare, langweilige Entscheidungen traf, als hätte man ein Buch, bei dem man das Ende selbst bestimmen kann, aber dieses Buch endete immer gleich: mit nichts.

Mir wurde auch klar, dass meine Angst langweilig war, weil sie exakt den Ängsten der anderen entsprach. Das Lied der Angst hatte bei allen denselben ermüdenden Text: »STOPP, STOPP, STOPP, STOPP!« Zugegeben, die Lautstärke mochte sich von Person zu Person unterscheiden, aber das Lied selbst änderte sich nie, weil wir Menschen alle mit dem gleichen Basispaket aus Angst ausgestattet wurden, als wir uns im Bauch unserer Mütter einnisteten. Und nicht nur wir Menschen: Wenn du mit der Hand über eine Petrischale fährst, in der sich eine Kaulquappe befindet, so wird die Kaulquappe unter deinem Handschatten zusammenzucken. Die Kaulquappe kann keine Gedichte verfassen, sie kann nicht singen, und sie wird niemals Liebe oder Eifersucht oder Triumphe erfahren, denn ihr Gehirn hat die Größe eines Satzzeichens, aber sie weiß verdammt genau, wie man Angst vor dem Unbekannten hat.

Tja, genau wie ich.

Wie wir alle. Aber daran ist nichts wirklich reizvoll. Verstehst du, was ich meine? Was ich sagen will, ist: Man bekommt keine besondere Anerkennung dafür, dass man versteht, sich vor Unbekanntem zu fürchten. Angst ist ein Urinstinkt und in evolutionärer Hinsicht ungemein wichtig … aber sie ist nicht unbedingt klug.

Meine gesamte ängstliche Jugend über war ich auf meine Furcht fixiert, als wäre sie das Interessanteste an mir, wo sie doch eigentlich das Banalste war. Meine Angst war vermutlich sogar das einzig hundertprozentig Banale an mir. In mir steckte Kreativität, die originell war; in mir steckte eine Persönlichkeit, die originell war; in mir gab es Träume und Ansichten und Ziele, die originell waren. Aber meine Angst war kein bisschen originell. Meine Angst war kein seltenes kunsthandwerkliches Objekt, sie war Massenware, in jedem austauschbaren Verbrauchermarkt im Angebot.

Und darauf wollte ich meine gesamte Identität gründen?

Auf den langweiligsten Instinkt, der mir eigen war?

Den Angstreflex der dümmsten inneren Kaulquappe?

Nein.

Die notwendige und die überflüssige Angst

Nun glaubst du wahrscheinlich, ich wollte dir erzählen, du müsstest furchtlos werden, um kreativ zu leben. Aber das werde ich nicht, denn ich glaube nicht, dass das stimmt. Kreativität ist der Pfad der Unerschrockenen, ja, aber nicht der Pfad der Furchtlosen, und auf den Unterschied kommt es an.

Unerschrockenheit bedeutet, etwas zu tun, das beängstigend ist.

Furchtlosigkeit bedeutet, überhaupt nicht zu verstehen, was das Wort beängstigend heißt.

Wenn es dein Lebensziel ist, furchtlos zu werden, dann bist du meiner Meinung nach schon auf dem falschen Weg, denn die einzigen vollkommen furchtlosen Menschen, die mir begegnet sind, waren reine Soziopathen und ein paar außergewöhnlich waghalsige Dreijährige – und die sind für niemanden ein gutes Vorbild.

Tatsächlich braucht man seine Angst, schon aus reinem Überlebenswillen. Die Evolution hat gut daran getan, uns mit dem Angstreflex auszustatten, denn ohne Angst würden wir nur ein kurzes, verrücktes, dummes Leben leben. Wir würden vor Autos rennen. Wir würden uns im Wald verirren und von Bären gefressen werden. Wir würden uns vor Hawaii in eine Mordsbrandung werfen, obwohl wir schlechte Schwimmer sind. Wir würden den Typen heiraten, der beim ersten Date sagt: »Ich glaube eigentlich nicht, dass der Mensch für die Monogamie gemacht ist.«

Insofern brauchen wir unsere Ängste unbedingt, damit sie uns vor wirklichen Gefahren wie den eben genannten beschützen.

Aber im Reich des kreativen Schaffens braucht man keine Angst.

Wirklich nicht.

Nur bedeutet das natürlich nicht, dass sich deine Angst nicht trotzdem zeigt. Glaub mir, sie wird sich immer zeigen – besonders dann, wenn du versuchst, einfallsreich und innovativ zu sein. Kreativität wird sie geradezu herausfordern, denn sie verlangt, dass du dich in Gefilde mit ungewissem Ausgang vorwagst, und Angst hasst es, wenn etwas ungewiss ist. Deine Angst – von der Evolution darauf geeicht, superwachsam und über die Maßen beschützend zu sein – wird immer davon ausgehen, dass ein ungewisser Ausgang nur zu einem schrecklichen blutigen Tod führen kann. Deine Angst ist im Grunde wie ein Wachmann im Einkaufszentrum, der sich für einen Elitesoldaten hält: Er hat tagelang nicht geschlafen, ist vollgepumpt mit Red Bull und läuft Gefahr, auf seinen eigenen Schatten zu schießen, in dem absurden Bemühen, für »Sicherheit« zu sorgen.

Das ist alles vollkommen natürlich und menschlich.

Nichts, wofür man sich schämen müsste.

Es ist allerdings etwas, dem man sich dringend stellen muss.

Die Reise

Und so habe ich gelernt, mit meiner Angst klarzukommen: Schon vor langer Zeit entschied ich, dass, wenn Kreativität Teil meines Lebens sein soll – und das soll sie –, ich auch der Angst Raum geben muss.

Viel Raum.

Ich kam zu dem Schluss, dass ich mir eine ausreichend große Innenwelt schaffen müsste, in der meine Angst und meine Kreativität friedlich nebeneinander existieren können, denn es sah ganz danach aus, dass sie sich nicht trennen lassen würden. Tatsächlich kommt es mir so vor, als wären meine Angst und meine Kreativität siamesische Zwillinge – was sich daran zeigt, dass meine Kreativität keinen einzigen Schritt tun kann, ohne dass meine Angst neben ihr her marschiert. Angst und Kreativität teilen sich eine Gebärmutter, sie kommen zur gleichen Zeit zur Welt, und sie teilen sich lebenswichtige Organe. Deshalb müssen wir vorsichtig mit unserer Angst umgehen – ich habe es schon erlebt, dass Menschen beim Versuch, ihre Angst auszumerzen, versehentlich auch ihre Kreativität zur Strecke brachten.

Deshalb versuche ich nicht, meine Angst zu töten. Ich bekämpfe sie nicht; ich gebe ihr Raum. Viel Raum. Jeden Tag. Auch genau jetzt, in diesem Moment, gebe ich meiner Angst Raum. Ich erlaube meiner Angst, zu leben, zu atmen, es sich bequem zu machen. Je weniger ich meine Angst bekämpfe, desto weniger scheint sie zurückzukämpfen. Wenn ich mich entspannen kann, entspannt sich auch meine Angst.

Tatsächlich ist meine Angst herzlich eingeladen, mich überallhin zu begleiten. Ich habe sogar eine kleine Begrüßungsrede für sie, die ich immer dann halte, wenn ich mich an ein neues Projekt oder Abenteuer mache.

Sie lautet in etwa so:

»Liebste Angst, die Kreativität und ich werden zu einer Reise aufbrechen. Ich weiß, dass du uns begleiten wirst, denn das tust du immer. Ich erkenne an, dass du glaubst, in meinem Leben eine wichtige Aufgabe zu erfüllen, und dass du deine Aufgabe ernst nimmst. Anscheinend besteht diese Aufgabe darin, mich in schiere Panik zu versetzen, wann immer ich irgendetwas Interessantes tun will – und, wenn ich das sagen darf, du machst deine Sache hervorragend. Also bitte, erfülle deine Aufgabe, wenn du es für nötig hältst. Aber ich werde auf dieser Reise auch meine Aufgabe erfüllen, die darin besteht, hart zu arbeiten und konzentriert zu bleiben. Und die Kreativität wird ihre Aufgabe erfüllen, die darin besteht, anregend und inspirierend zu sein. Im Wagen ist Platz genug für uns alle, also mach es dir bequem, aber lass dir gesagt sein: Die Einzigen, die hier Entscheidungen treffen werden, sind die Kreativität und ich. Ich erkenne und respektiere, dass du zur Familie gehörst, deshalb werde ich dich nie von unseren Ausflügen ausschließen, aber dennoch – deine Vorschläge werden niemals angenommen werden. Du darfst gern Platz nehmen, und du darfst dich gern äußern, aber du darfst nicht mit abstimmen. Du darfst die Karte mit der Route nicht berühren, du darfst keine Umwege vorschlagen, du darfst nicht an der Klimaanlage rumspielen. Süße, du darfst noch nicht mal ans Radio. Aber vor allen Dingen, meine liebe alte gute Freundin, ist es dir vollkommen untersagt, ins Steuer zu greifen.«

Dann brausen wir los – ich und die Kreativität und die Angst, für immer Seite an Seite an Seite, und dringen einmal mehr ins furchterregende, aber wunderbare Reich des ungewissen Ausgangs vor.

Warum es sich lohnt

Es ist nicht immer angenehm oder leicht, deine Angst auf dieser großen und ehrgeizigen Reise mitzuschleppen, aber es lohnt sich in jedem Fall, denn wenn du nicht lernst, gelassen an ihrer Seite unterwegs zu sein, wirst du niemals in der Lage sein, interessante Orte zu bereisen oder interessante Dinge zu tun.

Und das wäre schade, denn dein Leben ist kurz und außergewöhnlich und verblüffend und wundervoll, und solange du hier bist, willst du wirklich interessante Dinge tun und wirklich interessante Dinge hervorbringen. Ich weiß, dass du das willst, denn ich will das für mich auch.

Wir alle wollen das.

In dir verbergen sich Schätze – außerordentliche Schätze –, genau wie in mir, genau wie in uns allen. Diese Schätze hervorzubringen erfordert Arbeit und Vertrauen und Mut und Stunden der Hingabe, und die Uhr tickt, und die Welt dreht sich, und wir haben einfach keine Zeit mehr, uns so klein zu halten.

Verzauberung

Eine Idee erscheint

Nun, da wir genug über Angst gesprochen haben, können wir endlich über Magie reden.

Zu Beginn will ich dir von der magischsten Sache erzählen, die mir je passiert ist.

Es geht um ein Buch, das zu schreiben mir nicht gelang.

Meine Geschichte nimmt ihren Anfang im Frühling 2006. Eat Pray Love war gerade veröffentlicht worden, und ich versuchte herauszufinden, was ich in kreativer Hinsicht als Nächstes tun sollte. Mein Instinkt sagte mir, es sei an der Zeit, zu meinen literarischen Wurzeln zurückzukehren und eine Geschichte zu erfinden – etwas, das ich seit Jahren nicht getan hatte. Tatsächlich hatte ich schon so lange keinen Roman mehr geschrieben, dass ich fürchtete, ganz vergessen zu haben, wie es geht. Ich hatte Angst, dass ich die Sprache der Fiktion nicht länger beherrschte. Aber nun hatte ich eine Idee für einen Roman – eine Idee, die ich unglaublich aufregend fand.