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''Bildungsgerechtigkeit'' ist zu einem Schlüsselbegriff der Bildungsdebatte in Deutschland geworden. Eine angemessene Tiefenschärfe hat das Thema aber bislang weder in der politischen noch in der wissenschaftlichen Diskussion gewonnen. Die Aufmerksamkeit konzentriert sich im Gefolge der Pisa-Studien auf die Unterschicht- und Migrationsproblematik. Aus dem Blick geraten sind dagegen die Fragen nach der Gerechtigkeit im Klassenzimmer, einem Urthema der Schulpädagogik, ebenso wie das Problem der behinderten Kinder in der Schule. In der Bildungswirklichkeit stellt sich das Problem jedenfalls vielschichtiger dar als in der Bildungsdiskussion; und die ebenso alte wie einfache Frage ''Was ist Gerechtigkeit?'' muss vor dem Hintergrund einer differenziert geführten internationalen Diskussion neu gestellt werden. Die Neupositionierung der Problemlage öffnet den Blick für Handlungsoptionen jenseits der Ratlosigkeit, mit denen Politik und Pädagogik bislang auf die Gerechtigkeitsfrage im Bildungswesen reagieren.
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Seitenzahl: 185
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''Bildungsgerechtigkeit'' ist zu einem Schlüsselbegriff der Bildungsdebatte in Deutschland geworden. Eine angemessene Tiefenschärfe hat das Thema aber bislang weder in der politischen noch in der wissenschaftlichen Diskussion gewonnen. Die Aufmerksamkeit konzentriert sich im Gefolge der Pisa-Studien auf die Unterschicht- und Migrationsproblematik. Aus dem Blick geraten sind dagegen die Fragen nach der Gerechtigkeit im Klassenzimmer, einem Urthema der Schulpädagogik, ebenso wie das Problem der behinderten Kinder in der Schule. In der Bildungswirklichkeit stellt sich das Problem jedenfalls vielschichtiger dar als in der Bildungsdiskussion; und die ebenso alte wie einfache Frage ''Was ist Gerechtigkeit?'' muss vor dem Hintergrund einer differenziert geführten internationalen Diskussion neu gestellt werden. Die Neupositionierung der Problemlage öffnet den Blick für Handlungsoptionen jenseits der Ratlosigkeit, mit denen Politik und Pädagogik bislang auf die Gerechtigkeitsfrage im Bildungswesen reagieren.
Prof. Dr. Peter J. Brenner lehrte bis 2009 an der Universität zu Köln und ist jetzt in der Wissenschaftsadministration tätig.
Praxiswissen Bildung Herausgegeben von Peter J. Brenner
Peter J. Brennerr
Bildungsgerechtigkeit
Alle Rechte vorbehalten © 2010 W. Kohlhammer GmbH Stuttgart Umschlagmotiv: © Anja Greiner-Adam – Fotolia.com Gesamtherstellung: W. Kohlhammer Druckerei GmbH + Co. KG, Stuttgart
Print: 978-3-17-021096-7
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978-3-17-022856-6
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978-3-17-027802-8
mobi:
978-3-17-027803-5
Einleitung
1 Bildung und Gerechtigkeit
1.1 Chancengleichheit, Bildungsgerechtigkeit, Bildungsarmut
1.2 Disparitäten im Bildungswesen
1.3 Bildungsverlierer
1.4 Wer ist arm?
1.5 Migrationshintergrund
1.6 Gerechtigkeit im Klassenzimmer
2 Was ist Gerechtigkeit?
2.1 Grundfragen der Gerechtigkeit
2.2 Sphären der Gerechtigkeit
2.3 Begründungsprobleme in der Gerechtigkeitsdiskussion
2.4 Gruppengerechtigkeit
2.5 Gerechtigkeit und Bildung
2.6 Ungleichheit und Egalitarismus
3 Historische Dimensionen: Epochen der Bildungsgerechtigkeit
3.1 Aufstieg durch Bildung
3.2 Bildung als Menschenrecht
3.3 „Der Weimarer Kompromiß“
3.4 Neuanfang und Kontinuität
3.5 Sprache und Curriculum
3.6 Individualisierung
4 Gerechtigkeit für Außenseiter: Behinderte in der deutschen Schule
4.1 Internationale Impulse für eine fällige Debatte
4.2 Sonderschulen
4.3 Ökonomie
4.4 Pädagogik und Normalität
4.5 Sonderschule oder Regelschule?
4.6 Sonderpädagogische Ethik
4.7 Diversity und Inklusion
4.8 Die pädagogische Grenzsituation
5 Der Staat und die Schule
5.1 Steuerung des Schulwesens
5.2 Schulstrukturen
5.3 Der Staat und die Migranten
5.4 Soziale Herkunft
5.5 Bildung, Erziehung, Betreuung
5.6 Das Bildungssystem in einer pluralistischen Gesellschaft
Literatur
Die amerikanische Kleinstadt Little Rock, im Südstaat Arkansas gelegen, wurde 1957 an den Rand des Bürgerkriegs gebracht. Nationalgardisten hinderten unter Androhung von Waffengewalt sieben Schülerinnen und Schüler daran, zum Schuljahresbeginn die örtliche Mittelpunktschule zu besuchen. Die Jugendlichen waren schwarz. Im Jahr zuvor hatte der oberste amerikanische Gerichtshof entschieden, dass auch die Südstaaten der USA die Rassentrennung in öffentlichen Einrichtungen aufzuheben hätten und entsprechend schwarze und weiße Kinder gemeinsam die Schulen besuchen sollten. Diesem Gerichtsurteil waren Klagen von historischer Bedeutung vorausgegangen: Rosa Parks hatte in Atlanta in einem Bus ihren Sitzplatz nicht für einen Weißen frei gemacht und wurde dafür zu zwei Jahren Gefängnis verurteilt; 1956 hatte der Vater eines schwarzen Grundschulkindes dagegen geklagt, dass seine Tochter einen wesentlich weiteren Schulweg machen musste, um eine schwarze Schule besuchen zu können, die ihr als einzige offen stand. Der Vater hatte Recht bekommen.
Dieses Gerichtsurteil war der unmittelbare Anlass für die Ereignisse in Little Rock. Die amerikanische Bundesregierung hatte die Südstaaten angewiesen, einen Plan für die zügige Umsetzung des Gerichtsurteils zu entwickeln und die Integration von schwarzen und weißen Schülern zu realisieren. Der Gouverneur von Arkansas setzte auf Verschleppung und Verzögerung dieses Prozesses, so dass es zur Eskalation am 23. September 1957 kam. Der amerikanische Präsident Eisenhower musste Bundestruppen nach Little Rock schicken, um den Schulbesuch der schwarzen Kinder gegen die örtliche Nationalgarde durchzusetzen. Es war die einzige große Krise in der Amtszeit Eisenhowers, die seine Präsidentschaft zeitweise gefährdet hat. Die weitere Entwicklung ist bekannt. In einem unendlich zähen Prozess wurde die Rassentrennung in amerikanischen Bildungseinrichtungen Schritt für Schritt zurückgedrängt. Militärgewalt wurde später nicht mehr dazu benötigt, aber immer wieder mussten die Gerichte Einzelfallentscheidungen treffen und mussten von staatlicher Seite Programme, meist in Form von Quotenregelungen, aufgelegt werden, um schwarzen Schülern und Studenten den gleichberechtigten Zugang zu Bildungseinrichtungen zu ermöglichen.
Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!
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