Bis zum letzten Huf - G.F. Wego - E-Book

Bis zum letzten Huf E-Book

G.F. Wego

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Beschreibung

Der Autor steht für einen unverwechselbaren Schreibstil. Er versteht es besonders plastisch spannende Revolverduelle zu schildern und den ewigen Kampf zwischen einem gesetzestreuen Sheriff und einem Outlaw zu gestalten. Er scheut sich nicht detailliert zu berichten, wenn das Blut fließt und die Fehde um Recht und Gesetz eskaliert. Diese Reihe präsentiert den perfekten Westernmix! Vom Bau der Eisenbahn über Siedlertrecks, die aufbrechen, um das Land für sich zu erobern, bis zu Revolverduellen - hier findet jeder Westernfan die richtige Mischung. Lust auf Prärieluft? Dann laden Sie noch heute die neueste Story herunter (und es kann losgehen). Er trägt eine verwaschene graue Leinenjacke, eine Cordhose und dazu fleckige braune Stiefel. Das ehemals blaue und nun ausgebleichte Hemd ist am Hals offen. Den Hut hat Jason Brent nach hinten geschoben. Auf sein Gesicht mit dem eckigen Kinn, dem schmalen Mund und den hellen Augen scheint die Sonne. Sein Hengst, und man weiß, daß dieser Gaul seine tausend Dollar wert ist, geht langsam. So kommt Brent in die Stadt und sieht die Leute, wie sie ihn sehen. Der Haß spiegelt sich im Blick manchen Mannes. Abweisung und Verachtung liest Brent in den Augen der Frauen. Sie bleiben stehen, als er an ihnen vorbeireitet. Er grüßt niemanden, auch Ottemeyer nicht, den Schmied, der einmal über tausend Pferde für Jason Brent beschlagen hat. In Ottemeyers Hof stehen drei Pferde. Eins beschlägt John Ottemeyer gerade. Als er hochsieht, weil einer der drei Leute, die ihre Pferde gebracht haben, losflucht, erkennt er Jason Brent. John sieht ihn an, aber Brent blickt starr geradeaus. »Der Hundesohn«, sagt der eine Mann neben der Tür der Schmiede. »Warum findet sich keiner, der Brent die Strafe gibt, die ein schmutziger Verräter verdient? Bohrs, sag mir, warum man es ertragen soll, daß ein stinkender Verräter am Tag und stolz aufgerichtet wie ein eitler Pfau durch diese Stadt reiten darf? Weißt du es?« »Nein«

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Die großen Western – 274 –

Bis zum letzten Huf

G.F. Wego

Er trägt eine verwaschene graue Leinenjacke, eine Cordhose und dazu fleckige braune Stiefel. Das ehemals blaue und nun ausgebleichte Hemd ist am Hals offen.

Den Hut hat Jason Brent nach hinten geschoben. Auf sein Gesicht mit dem eckigen Kinn, dem schmalen Mund und den hellen Augen scheint die Sonne. Sein Hengst, und man weiß, daß dieser Gaul seine tausend Dollar wert ist, geht langsam.

So kommt Brent in die Stadt und sieht die Leute, wie sie ihn sehen.

Der Haß spiegelt sich im Blick manchen Mannes. Abweisung und Verachtung liest Brent in den Augen der Frauen. Sie bleiben stehen, als er an ihnen vorbeireitet.

Er grüßt niemanden, auch Ottemeyer nicht, den Schmied, der einmal über tausend Pferde für Jason Brent beschlagen hat.

In Ottemeyers Hof stehen drei Pferde. Eins beschlägt John Ottemeyer gerade. Als er hochsieht, weil einer der drei Leute, die ihre Pferde gebracht haben, losflucht, erkennt er Jason Brent. John sieht ihn an, aber Brent blickt starr geradeaus.

»Der Hundesohn«, sagt der eine Mann neben der Tür der Schmiede. »Warum findet sich keiner, der Brent die Strafe gibt, die ein schmutziger Verräter verdient? Bohrs, sag mir, warum man es ertragen soll, daß ein stinkender Verräter am Tag und stolz aufgerichtet wie ein eitler Pfau durch diese Stadt reiten darf? Weißt du es?«

»Nein«, erwiderte Bohrs. »Ich weiß nur, daß ihm schon ein Dutzend Leute vor die Stiefel gespuckt haben sollen. Im Palace Saloon schenkt man ihm keinen Drink aus, und im General Store verkauft man ihm nichts. Sieh ihn dir an, besonders seine Hüfte, Junge.«

Sie brauchen nicht hinzusehen, sie wissen es. Und vielleicht sind die Leute darum so mutig. Jason Brent trägt keinen Revolver. Würde er einen tragen, dann liefen sicher einige Großmaultypen mit blitzenden Hacken davon.

»Ein Feigling ist er«, meldet sich Cooler, der Mann, dessen Pferd John Ottemeyer gerade beschlägt. »Er stinkt vor Feigheit, der Schweinebuckel, der verdammte. So was wie den, den möchte ich mal allein treffen und ihm das Gesicht massieren. Unsere guten Söhne sind gestorben, weil sie ihre Pflicht gegen die Yankees getan haben, und er hat für die Yankees gefochten. Verräter, schmutziger.«

John Ottemeyer hebt langsam den Kopf, dehnt einmal die gewaltigen Schultern und streicht sich mit dem Handrücken über den Mund, ehe er die Raspel weglegt.

Die haben immer noch Krieg, denkt John bitter, sie werden noch in hundert Jahren daran kauen, daß sie diesen Krieg verloren haben.

Ich möchte wissen, was Jason Brent ihnen getan hat. Es gibt einige Leute hier, die sagen, er hätte nicht anders handeln können, wenn er seine Leute nicht in der Gefangenschaft verrecken lassen wollte.

Für die Yankees gekämpft hat er, aber gegen die Indianer. Na, und was soll dabei sein? Schließlich brachten Indianer seine Verlobte um, und tausend andere Familien starben, als die Apachen, Kiowas und Shoshonen in Texas einfielen.

»Cooler, du brauchst nur hinzugehen und Brent zu sagen, daß du ihn mal allein haben willst«, sagt John ganz freundlich. »Versuch’s doch mal. Er ist jetzt in der Stadt, mein Freund. Ich wette hundert Dollar, daß du nicht auf ihn zu warten brauchst, er wird kommen und dich fragen, was du willst. Cooler, was würdest du dann tun?«

Cooler fährt herum, starrt John groß an und verzieht den Mund.

»Was schon? Ihm meine Faust ins Gesicht knallen.«

»Wirklich?« fragt John spottend. »Wie wolltest du das denn anfangen?«

Die anderen beiden sehen von ihm zu Cooler und grinsen.

»Zum Teufel«, knurrt Cooler, »John, wenn du meinst, daß ich vor Brent kneifen würde, dann laß dir gesagt sein…«

Nun lachen die anderen beiden auch noch laut los. Cooler fährt herum und ballt wütend die Hände.

»Hört auf, ihr Narren. Ich würde ihn aus dem Hemd stoßen.«

Der dicke Stevens erwidert: »Er will ihn aus dem Hemd pusten.«

»Totschlagen müßte man ihn!« brüllt Cooler voller Wut. »Wie einen wilden Hund, klar? Ein Verräter hat keinen Platz in Texas.«.

Und dann fühlt er Johns große, rußige Hand auf seiner Schulter.

»Mach mal ganz langsam, Sid«, sagt John Ottemeyer mit tiefer Stimme. »Jetzt werde ich euch mal was sagen, ihr Armleuchter: Brent war Captain, Südstaatencaptain. Und dann kam er in Gefangenschaft. Mit ihm kam der Rest seiner Eskadron hinter Draht und Zäune, aber nicht im selben Camp.

Die sollen halb verhungert sein, seine Leute, meine ich. Zur selben Zeit aber fielen die Indianer in Texas ein und machten alle Weißen nieder.

Die Yankees suchten Freiwillige unter den gefangenen Rebellen. Sie fanden genug, die aus dem verfluchten Lager wollten, um lieber gegen Indianer zu kämpfen, als darin zu verhungern. Die Indianer brachten auch Brents Braut und deren Familie um. Und zufällig habe ich gehört, wollten Brents ehemalige Männer Brent als Führer haben. Brent hat es erst nicht machen wollen, aber dann – na gut, er hat sie schließlich geführt. In Yankeeuniform, Cooler, wenn du so willst. Hätte er sie vielleicht im Nachthemd anführen sollen?«

»Für die Yankees ist er geritten, mehr brauche ich nicht zu wissen«, keucht Cooler. »Ein Renegat ist er geworden, ein stinkender Verräter. Davon bringt mich keiner ab.«

»Auch nicht, wenn er dadurch vielen Familien, Frauen und Kindern das Leben gerettet hat?« fragt John grimmig. »Zum Teufel, du hast ein Gehirn wie ein Papagei, kannst auch nur nachplärren, was andere dir vorbeten. Damit ihr es wißt: Ich kenne Jason besser als jeder andere hier. Jason war immer ein feiner Bursche, und wer ihn in meinem Beisein noch mal einen Verräter und schmutzigen Renegaten nennt, der kann sein Pferd woanders beschlagen lassen. Verstanden…?«

»Ah«, zischt Cooler, »so ist das? Ich weiß, du hast immer gut verdient an den Pferden, die er dir gebracht hat. Darum hältst du ihm die Stange, was? In Ordnung, mach meinen Gaul fertig. Es gibt noch andere Schmieden in der Gegend. Mach ihn fertig, ich bin das letzte Mal bei dir gewesen.«

»Dann nimm das Vieh so mit«, knirscht John zornig. »Hau ab, sonst zeig ich dir, wer hier wen aus dem Hemd stoßen kann, du Großmaul. Und ihr zwei, wenn ihr mitgehen wollt, dann macht es ganz schnell. John Ottemeyer hat lange genug den Mund gehalten. Jetzt reicht’s mir. Also?«

Sie sehen ihn an und mustern seine Muskelpakete an den Armen. Es gibt keinen besseren Schmied als John, das weiß jeder.

»Nun sei doch friedlich«, erklärt Stevens gepreßt. »Man redet viel, wenn der Tag lang ist. Natürlich bleiben wir hier und Cooler auch. Möchte nur wissen, was er hier will, denn ihm verkauft doch keiner was. Wo reitet er hin? He, sieh mal nach, Bohrs.«

Der geht los und blickt um den Schuppen.

»Er reitet zu Don Ashburn«, meldet er. »Mann, was will er denn dort? Ash­burn hat gesagt, er würde ihm etwas verkaufen, sollte er sich bei ihm melden: einen Sack voll Prügel.«

*

Der Mann steht am Tresen und wendet den ergrauten Kopf. Dann erstarrt er wie jemand, den man bei schneidender Kälte mit Wasser übergossen und an einen Baum gebunden hat. In den Augen, die von dichten Brauen überschattet werden, taucht jäh eisige Ablehnung auf.

»Hallo!« sagt Jason Brent und tritt an den Tresen. »Hallo, Sam!«

Der grauhaarige, riesige Mann blickt durch ihn, als sei Brent aus Glas, verzieht nur den Mund. Verachtung drückt diese Geste aus, sonst nichts.

Samuel O’Neil, der reichste Rancher in der Nähe von San Angelo in Texas, verzeiht nie. So sagt man. Der einzige Sohn ist gefallen, irgendwo bei Gettysburg liegt sein Grab.

Vielleicht gleichen sie sich, der alte O’Neil und Don Ashburn, der Besitzer des größtes Stores in der Stadt. Auch Don Ashburn hat seine Erben verloren, zwei Söhne, die für Texas gekämpft haben.

Schritte kommen aus dem Gang hinten. Ashburn erscheint, den Kneifer auf der Nase. Als er Brent erkennt, bleibt er stehen. Seine Lippen werden zu zwei schmalen Strichen, seine Augen glänzen nicht mehr.

»Hallo!« sagt Brent noch einmal. »Hallo, Don, ich wollte einige Dinge bestellen, Stricke und Eisenstangen für einen Fangzaun.«

Ashburn rührt sich immer noch nicht. Vielleicht denkt er an die Zeit vor dem Krieg, als Brent ihm manchmal für mehrere hundert Dollar Ware abgenommen hat. Dann blickt Ashburn den alten O’Neil an.

In dieser Sekunde ist Brent sicher, daß auch O’Neil vergessen haben wird, welches Pferd er reitet, wie viele seiner Pferde einmal von Jason Brent geliefert worden sind. Vielleicht hat O’Neil sogar vergessen, daß Brent ihm zweimal seine Herde nach den Fleischtöpfen in Kansas getrieben hat.

Sie wechseln einen Blick – der alte O’Neil, dieser Riese, dessen rotes Haar grau geworden ist, und Don Ashburn.

»Hallo«, erwiderte Ashburn dann. »Du willst also Pferde fangen, Brent? Nun gut. Ich hörte da so einige Dinge, aber ich habe dir früher immer etwas verkauft. Ich werde dir auch heute etwas verkaufen.«

Er hat es also nicht vergessen, denkt Brent. Schließlich haben seine Söhne unter mir gedient, ich habe sie begraben und dann einen Brief geschrieben. Nun gut.

»Danke, Don.«

Don Ashburn zieht die Schultern hoch und sieht zu Boden.

»Bedanke dich erst, wenn du es bekommen hast«, sagt er mürrisch. »Im Schuppen auf dem Hof liegt das Zeug noch, die letzte Sendung, die ich für dich vor sechs Jahren bestellte, ehe das verdammte Morden begann. Im Schuppen, sieh es dir an. Ich habe hier noch zu tun.«

Brent geht los, kommt durch den Gang und aus der Haustür. Dann überquert er den Hof und erreicht den Schuppen, dessen Tür offensteht.

In den Regalen sieht er die Seilrollen mit den Haken liegen. In einer Ecke stehen gebündelt jene Eisenstangen, mit denen man ein Tal absperren oder einen Corral in Minutenschnelle errichten kann.

In der Ecke ist es so düster, daß Jason die Stangen ins Licht schaffen muß, um nachzusehen, ob sie nicht zu verrostet sind. Das Eisen klirrt.

Brent denkt an seine Männer, die mit ihm aus der Gefangenschaft gekommen sind. Sie werden nun alle zu Hause sein und darauf warten, daß er ihnen Nachricht schickt, daß sie kommen und ihm beim Pferdefang helfen sollen. Fünfzehn harte, eiskalte Burschen warten auf sein Kommando.

Daran denkt er. An den alten Don Ashburn und O’Neil nicht mehr.

Erst als sich der Türrahmen verdunkelt, hebt er den Kopf und sieht drei Männer breitbeinig dastehen. Sie stehen nebeneinander und sagen nichts, als er sie erschrocken anblickt. Da ist Alamos, ein Riese, der für O’Neil reitet und ihn starr betrachtet.

Der nächste Mann ist Billy the Hocknose, ein Schlagetot, dem jemand einmal das Nasenbein gebrochen hat. Billy ist Fuhrmann und arbeitet für Ashburn. Und dann ist da noch Lester Marpy, dessen Bruder einmal zu Brents Fangmannschaft gehört hat. Lesters Bruder ist im ersten Kriegsjahr gefallen.

Hinter ihnen tauchen die beiden Alten auf: Samuel O’Neil und Don Ashburn.

Und dann sagt Ashburn in wildem Zorn und nicht mit jener Gleichgültigkeit, der er sich vorhin bediente: »Ich sagte, ich würde dir etwas verkaufen, Brent. Jetzt bekommst du es, du Renegat und Verräter! Marpy, Billy, macht ihn fertig!«

Und O’Neil zischt: »Alamos, schlag ihm alle Knochen entzwei und wirf ihn dann auf die Straße. Das ist ein Befehl, Alamos!«

In der nächsten Sekunde gehen sie los. Alle haben die Fäuste gesenkt.

Jeder von ihnen ist groß und gewaltig, hart und bekannt dafür, es in einer Prügelei mit fünf Gegnern aufnehmen zu können.

Das also, denkt Brent, wollte er mir verkaufen.

Er ist ganz zurückgewichen, steht an der Wand, sieht Marpy an. Er kennt sie schließlich alle, sie haben oft mit ihm getrunken, sind mit ihm geritten. Aber es ist Jahre her, und Jahre verändern die Menschen, sagt man.

»Marpy, gebt es auf«, sagt Brent heiser. »Es kann rauh werden, mein Freund.«

Marpy sagt nichts, lauert auf eine Bewegung Brents. Der wird ihn angreifen, weil er das schwächste Glied dieser Dreierkette bildet.

Die anderen beiden haben sich leicht gedreht. Auch für sie scheint klar zu sein, daß Marpy der erste Mann ist, den Brent angehen wird. Sie warten, sind bereit, sofort zuzuspringen und Brent in die Zange zu nehmen.

»Marpy, ich sage dir, es wird…«

Und dann springt Brent los, aber nicht auf Marpy zu. Er fliegt herum und nimmt Alamos an.

Der Riese Alamos reagiert zu spät. Den Bruchteil einer Sekunde sind sie alle drei verwirrt. Im nächsten Augenblick ist Brent schon an seinem Mann und schlägt zweimal blitzschnell zu.

Alamos sieht ein Feuerwerk.

Dann kippt er hintenüber. Seine Hände suchen nach einem Halt. Sie finden ihn im Stoff von Brents Hose.

Das entscheidet es, denn Brent kommt nicht schnell genug an Alamos vorbei.

Billy the Hocknose ist da mit seinem fürchterlich langen Greifgestell. Billy schlägt zu, nicht eben sanft. Seine Faust knallt dem stolpernden Brent in den Nacken. Marpy springt Brent mit hochgerissenen Knien an.

Vielleicht hätte Brent die Eisenstangen doch besser in der Ecke gelassen.

Als Brent nach dem Genickschlag vornüberschießt und Marpys Knie ihm in die Seite prallen, fliegt er auf die Stangen zu. Mit dem Kopf knallt er dagegen und sieht Feuer.

Als er liegt und sich wälzen will, die Beine anzieht und wegstößt, trifft er zwar Marpy, der fliegt mit einem heiseren Schrei zurück und bleibt am Boden liegen. Billy the Hocknose aber hockt plötzlich auf Brent und beginnt zu trommeln. Die Fausthiebe donnern auf Brent herab.

Keuchend rafft sich Alamos auf. Dann ist er wieder klar und stürzt sich wie Billy auf den liegenden Brent. Jetzt ist Alamos richtig wütend, obwohl ihm die Sache anfänglich gar keinen Spaß machen wollte.

»Hundesohn – Verräter – Yankeeknecht!«

Vier, fünf, sechs wilde Hiebe. Dann packen seine großen Fäuste Brent am Kragen und reißen ihn hoch. Billy knallt die Fäuste heraus, trifft Brent über dem rechten Auge und am Kinn.

Es ist aus, ehe es richtig angefangen hat. Nur Marpy stöhnt wimmernd, steht aber auf.

»Genug, Boß?« fragt Alamos, an dessen gewaltigen Fäusten Brent wie eine Puppe hängt.

O’Neil sieht ihn an, tritt zur Seite. »Prügelt ihn bis in die Mitte der Straße. Verstanden?«

Marpy holt Wasser, gießt es über Brent aus, dessen Hemd von oben bis unten zerfetzt ist. Als Brent sich bewegt, hebt der alte Sam die Hand.

»Hörst du mich, Brent?« fragt er heiser. »Dies ist das letzte Wort, das ich mit dir rede, du Yankeekuli. Verlaß das Land, solange du noch Zeit hast. Du hast sie alle verraten, meinen Jungen, der an dich wie an einen kleinen Gott geglaubt hat, die anderen alle, die mit dir geritten waren. Scher dich zum Teufel, sonst wirst du erleben, daß ich jemanden schicke, der dir eine Kugel mitbringt. Dies ist die erste und letzte Warnung, Brent. Und nun, Alamos, mach weiter.«

Mein Gott, denkt Brent, dieser Haß, dieser ungeheure, närrische Haß. Was habe ich ihnen denn getan? Ich mußte meine Leute aus der Gefangenschaft bringen, ich konnte sie nicht verrecken lassen.

Alamos und Billy sind gleichzeitig da. Der erste Haken schleudert Brent sechs Schritte weit. Dort hat Marpy sich hingestellt und reißt ihn hoch. Alamos gleicht einem anstürmenden Ochsen, der Brent über den Haufen rennen will. Alamos keilt aus, Brent saust davon. Er landet dicht vor dem Außentor zur Straße. Billy hat, an den anderen vorbeilaufend, das Tor besetzt und fängt Brent sozusagen auf.

Dann prügeln sie ihn hinaus.

Anscheinend hat es die ganze Stadt gewußt, was bei Don Ashburn auf Brent warten würde, denn überall stehen jetzt die Leute. Sie bilden ganze Trauben jenseits der Straße und rechts und links neben dem Hoftor.

Billy und Alamos packen Brent an den Armen. Sie schleifen ihn bis zur Mitte der Straße und stellen ihn zwischen sich.

Marpy kommt nun. Alle Leute blicken stumm auf das Schauspiel. Drüben in der Tür der Bodega steht Lazare Quirone, ein halber Mexikaner. Quirone macht die Augen zu, als die drei Männer Brent bis in die Mitte der Straße schleifen.

Quirone denkt an seinen Neffen Agostino. Der war vor vier Tagen hier zu Besuch und hat seinem Onkel Lazare Quirone etwas erzählt, etwas aus der Gefangenschaft und dem Lager, in dem er steckte, um langsam zu sterben. Agostino ist einer der Männer gewesen, die mit Brent gegen die Indianer gezogen sind.

Oh, mamma, denkt Lazare Quirone, sie schlagen ihn tot. Dabei sollten sie ihm auf den Knien danken, daß er wenigstens einige gerettet und Dutzende von Familien vor dem Tod bewahrt hat. Sie schlagen Jason Brent tot, diese Tiere.

Lazare hat die Bodega und den kleinen Store, in dem er Hemden und mexikanische Handarbeiten seiner Verwandtschaft verkauft, schon viele Jahre. Er kennt Brent so gut wie jeder hier, aber sicher nicht so gut wie der Mann, der neben ihm an der Wand lehnt und die Lippen zusammenpreßt: Johnny Baldham.

Johnny bläst die Luft scharf durch die Nasenlöcher. Johnny hat sich einmal Brents Freund genannt, sein bester Freund. Aber das war vor dem Krieg. Und heute ist Brent ein Verräter.

»Johnny«, flüstert Lazare und ist bleich bis in die Lippen. »Johnny, sie töten ihn.«

Johnny friert, obwohl die Sonne es mit Texas immer schon gut gemeint hat. Johnny schweigt wie ein Grab.

Dafür redet der alte O’Neil. Es gibt niemanden, der auch nur ein Wort dagegen sagen wird, sobald O’Neil etwas bestimmt. Die Macht des Alten ist ungebrochen, sein Einfluß in diesem County ungeheuer.

»Macht ein Ende«, sagt der alte Mann dröhnend. »Laßt ihn im Staub liegen, den verdammten Verräter.«

Marpy holt aus. Brent fliegt weg und bleibt liegen, wie es Samuel O’Neil gesagt hat: im Staub.